Repetitorium B: Lagrangesche Mechanik

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Fakultät für Physik
T1: Klassische Mechanik, SoSe 2016
Dozent: Jan von Delft
Übungen: Benedikt Bruognolo, Sebastian Huber,
Katharina Stadler, Lukas Weidinger
http://www.physik.uni-muenchen.de/lehre/vorlesungen/sose_16/T1_theor_mechanik/
Repetitorium B: Lagrangesche Mechanik
Mo-Fr, 26-30.09.2016; Tutor: Max Bollmann
(b)[2](E/M/A) bedeutet: Aufgabe (b) zählt 2 Punkte und ist einfach/mittelschwer/anspruchsvoll
Aufgabe 1: Abrissbirne [12]
Punkte: (a)[4]; (b)[1]; (c)[4]; (d)[3]
z
( − x 1 , − z1 )
L/2
(0, 0)
( x2 , z2 )
L/2
( x1 , z1 )
Ein masseloser Stab der Länge L ist an seinem Mittelpunkt mittels einer Achse an einer Stütze
befestigt. Er kann in der x-z-Ebene um die Achse kippen, mit Winkel α relativ zur x-Achse. An
seinem linken Ende ist eine Punktmasse m befestigt, an seinem rechten Ende ein ebenes Pendel,
bestehend aus einem masselosen Stab der Länge l (mit l L) und einer Punktemasse m am
anderen Ende. Das Pendel kann in der x-z-Ebene frei schwingen, mit Winkel β relativ zur zAchse. In einem kartesischen Koordinatensystem mit Ursprung an der Spitze der Stütze seien die
Koordinaten der linken und rechten Punktmassen durch (x1 , z1 ) bzw. (x2 , z2 ) gegeben, mit
x1 = −(L/2) cos α ,
z1 = −(L/2) sin α ,
x2 = (L/2) cos α + l sin β ,
z2 = (L/2) sin α − l cos β .
(1)
(2)
(a) Wählen Sie α und β als verallgemeinerte Koordinaten. Wie lautet die Lagrange-Funktion
L(α, β, α̇, β̇)?
(b) Nennen Sie unter Begründung eine Erhaltungsgrösse des Systems.
(c) Zeigen Sie, dass die Bewegungsgleichungen für die Winkel α und β wie folgt lauten:
l
[β̈ sin (α − β) − β̇ 2 cos (α − β)] = 0 ,
L
L
g
β̈ − [α̈ sin (α − β) + α̇2 cos (α − β)] = − sin β .
2l
l
α̈ −
Hinweis: sin (α − β) = sin (α) cos (β) − cos (α) sin (β),
cos (α − β) = cos (α) cos (β) + sin (α) sin (β).
1
(3)
(4)
(d) Wir initialisieren das System mit kleinen Winkeln α 1, β 1. Linearisieren Sie unter
Annahme dieser Anfangskonfiguration die Bewegungsgleichungen in α, α̇, α̈ und β, β̇, β̈.
Diskutieren Sie anhand der Differentialgleichungen das qualitative Verhalten des Systems zu
einem späteren Zeitpunkt.
Aufgabe 2: Zentralpotential [9]
Punkte: (a)[2]; (b)[1]; (c)[1]; (d)[1]; (e)[2]; (f)[2]
Wir betrachten ein Teilchen der Masse m in 3 Dimensionen, das sich unter dem Einfluss eines
Zentralpotentials U (r) bewegt.
(a) Erklären Sie in ein bis zwei Sätzen warum sich das Teilchen in einer Ebene bewegt. Diese Ebene
parametrisieren wir duch Polarkoordinaten (ρ, φ). Bestimmen Sie die Lagrange-Funktion des
Teilchens.
(b) Zeigen Sie, dass φ zyklisch ist und bestimmen Sie die zugehörige Erhaltungsgröße `.
(c) Begründen sie ferner warum die Energie erhalten ist und zeigen sie, dass sie von der Form
1 `2
1
+ U (ρ)
E = mρ̇2 +
2
2 ρ2 m
(5)
ist.
(d) Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung für ρ. Vereinfachen Sie diese mit Hilfe von ` und
bringen Sie sie auf die Form
mρ̈ = −∂ρ Veff (ρ) = −∂ρ (U (ρ) + D(ρ)) ,
wobei D(ρ) die Drehimpulsbarriere darstellt.
(e) Nehmen Sie im Folgenden an, dass U (ρ) von der Form U (ρ) = α ρ1n ist. Für welche Wertebereiche von α und n ist es einem Teilchen mit Energie E und Drehimpuls ` möglich, bis zum
Ursprung zu gelangen?
Hinweis: Am Ursprung selbst treten Aufgrund der Singularität des Potentials stetig behebare
Definitionslücken in Drehimpuls und Energie auf. Für unsere Fragestellung hier, sowie für
Teilaufgabe (e), führen diese Lücken aber zu keinen Problemen und können ignoriert werden.
(f) Nehmen Sie nun an, dass man für ein solches
Potential, das das Durchlaufen des Zentrums
erlaubt, nebenstehende Trajektorie erhält, d.h.
das Teilchen läuft auf einer Kreisbahn mit Mittelpunkt M durch den Ursprung O. Eine Parametrisierung hierfür ist gegeben durch ρ(φ) =
2a cos(φ). Hieraus folgt insbesondere, dass ρ̇ =
−2aφ̇ sin φ.
Für U (ρ) = α ρ1n ist eine solche Trajektorie nur für eine besondere Wahl der Potenz n und der
Energie E mit dem Energieerhaltungssatz (5) verträglich. Finden sie diese besonderen Werte
von n und E.
2
Aufgabe 3: 2-Dimensionaler harmonischer Oszillator [10]
Punkte: (a)[1]; (b)[1]; (c)[3]; (d)[1]; (e)[2]; (f)[2]
Ein Punkt der Masse m bewegt sich in der xy-Ebene in einem zweidimensionalem harmonischen
Potenzial
mit ω = konst.
V (x, y) = 12 mω 2 x2 + y 2 ,
Seine Energie sei E, sein Drehimpuls bezüglich des Ursprungs sei L. Verwenden Sie im Folgenden
Zylinderkoordinaten, mit x = ρ cos φ und y = ρ sin φ.
(a) Geben Sie die Lagrange-Funktion L(ρ, φ) des Massenpunkts an.
(b) Nutzen Sie Euler-Lagrange-Gleichung für die Winkelvariable φ(t), um φ̇ durch den erhaltenen
Drehimpuls L auszudrücken.
(c) Nutzen Sie Energieerhaltung, um eine Differenzialgleichung für die Radialvariable ρ(t) aufzustellen. Geben Sie das effektive Potential Veff (ρ) für die Radialbewegung explizit an, und
skizzieren Sie es.
(d) Zeigen Sie, dass die Umkehrpunkte der Bewegung, ρ1 und ρ2 , durch folgenden Ausdruck
gegeben sind:
2 i
p
E h
ρ1
2 ω 2 /E 2 .
1
±
1
−
L
=
ρ22
mω 2
(e) Bestimmen Sie, welchen Wert das Verhältnis E/L haben muß, damit die Bahnkurve perfekt
kreisförmig ist. Bestimmen Sie den entsprechenden Kreisradius ρ◦ und die Winkelgeschwindigkeit φ̇ als Funktionen von E, m und ω.
(f) Zeigen Sie, dass sich für Kreisbahnen die Werte von E/L, ρ◦ und φ̇ auch alternativ auf folgende Weise bestimmen lassen: Für Kreisbahnen ist die Geschwindigkeit entlang der Bahnkurve
durch v = ρ◦ φ̇ gegeben. Ferner wird die radiale Komponente der Kraft Fρ genau durch die
Zentrifugalkraft Fcf kompensiert. Bestimmen Sie, ausgehend von |Fρ | = Fcf , zunächst φ̇ als
Funktionen von ω, danach ρ◦ als Funktion von L und ω, und setzen Sie die Ergebnisse in E
ein. Was bekommen Sie nun für E/L?
Aufgabe 4: Pendel an parabolischem Draht [10]
Punkte: (a)[2]; (b)[3]; (c)[3]; (d)[2]
Im Schwerefeld der Erde sei eine Punktmasse m [mit Koordinaten (x2 , z2 )] über einen masselosen Faden der Länge l [mit
Ausschlagswinkel θ] an einer Punktmasse 3m [mit Koordinaten
(x1 , z1 )] aufgehängt, die sich reibungsfrei auf einer Parabel der
Form z1 = 2l1 x21 bewegt (siehe Skizze). Ziel dieser Aufgabe ist
es, die Eigenfrequenzen kleiner Schwingungen dieses Systems zu
bestimmen. Betrachten Sie somit im Folgenden ausschliesslich
den Limes θ 1, und wählen Sie q1 := x1 und q2 := lθ als
verallgemeinerte Koordinaten.
(x 1, z 1)
3m
z
x
θ l
(x 2, z 2)
m
(a) Drücken Sie x1 , z1 , x2 und z2 sowie ẋ1 , ż1 , ẋ2 und ż2 durch q1 und q2 sowie q̇1 und q̇2 aus.
Hinweis: Entwickeln Sie sin θ und cos θ bis zu (und einschließlich!) der zweiten Ordnung in θ.
3
(b) Zeigen Sie, dass die Lagrangefunktion L(q1 , q2 , q̇1 , q̇2 ) im Limes kleiner Schwingungen folgende
Form hat:
mit Ω2 = g/l .
(6)
L = 21 m 4q̇12 + 2q̇1 q̇2 + q̇22 − Ω2 (4q12 + q22 − 2l2 ) ,
Hinweis: Terme höherer als quadratischer Ordnung in q1 , q2 , q̇1 und q̇2 (d.h. Produkte von
mehr als zwei dieser Variablen) sollten vernachlässigt werden.
(c) Nutzen Sie Matrixnotation, um die Eigenfrequenzen ω1 und ω2 des Systems zu finden.
(d) Berechnen Sie die entsprechenden Eigenmoden und skizzieren Sie qualitativ die Eigenschwingungen als Funktion der Zeit für jede der beiden Eigenmoden.
Aufgabe 5: Perle an schwingendem Reifen [8]
Punkte: (a)[3]; (b)[2]; (c)[3]
Im Schwerefeld der Erde sei ein Ring der Masse M
und des Radius R, so aufgehängt, dass er frei in
der Ringebene schwingen kann (siehe Skizze). Das
Trägheitsmoment IP des Ringes bezüglich der Rotation um den Aufhängepunkt P ist durch IP = 2M R2
gegeben. Eine Perle der Masse m kann reibungslos
entlang des Rings gleiten.
P
M
θ1 R
Q
R
θ2
m
(a) Finden Sie die Lagrange-Funktion des Systems. Wählen Sie dazu die in der Skizze angedeuteten Winkel θ1 und θ2 als verallgemeinerte Koordinaten.
(b) Zeigen Sie, dass die Bewegungsgleichungen im Limes kleiner Schwingungen folgende Form
haben:
0 = θ¨1 + Aθ1 + B θ¨2
0 = θ¨1 + Cθ2 + θ¨2
M +m g
m
g
mit A =
, B=
und C = .
2M + m R
2M + m
R
(7)
(8)
Hinweis: Zur Herleitung der Bewegungsgleichungen können Sie bereits die Lagrangefunktion
im Limes kleiner Schwingungen betrachten.
(c) Nehmen Sie nun m = M an. Finden Sie die Eigenfrequenzen ω1 und ω2 des Systems. Berechnen und skizzieren Sie die entsprechenden Eigenmoden.
Aufgabe 6: Geladener Massepunkt im Magnetfeld eines geraden Leiters [6]
Das Magnetfeld außerhalb eines unendlich langen, geraden, von einem Strom I durchflossenen
Leiters hat die Form B(r) = c(x22I+y2 ) (−y, x, 0)T .
4
− Ic
x2 +y 2
R2
(0, 0, 1)T eine mögliche Wahl für das entsprechende
(a) Zeigen Sie, dass A(r) =
log
Vektorpotential darstellt, wobei R eine beliebige Länge ist.
(b) Die Lagrange-Funktion eines geladenen Massenpunktes (Masse m, Ladung q) lautet L (r, ṙ) =
m 2
ṙ − A · ṙ. Drücken Sie diese in Zylinderkoordinaten (ρ, φ, z) aus.
2
(c) Zeigen Sie, dass Rotationen um die z-Achse, Translationen in z-Richtung und Zeittranslationen Symmetrien des Systems sind. Wie lauten die entsprechenden Erhaltungsgrößen Lz , pz
und E?
(d) Drücken Sie φ̇ und ż in dem Ausdruck für die Energie E durch Lz und pz aus und reduzieren
Sie das Problem effektiv auf ein eindimensionales Problem mit dem Freiheitsgrad ρ.
(e) Finden Sie die effektive potentielle Energie für die radiale Bewegung, Veff (ρ). Skizzieren Sie
diese als Funktion von ρ und diskutieren Sie die möglichen Bewegungsarten.
(f) Welcher Bewegung im 3-dimensionalen Raum entspricht es, wenn der Massenpunkt im Minimum der effektiven potentiellen Energie ruht?
Aufgabe 7: Teilchen in Schüssel [10]
Punkte: (a)[2]; (b)[1]; (c)[3]; (d)[3]; (e)[1]; (f)[1](Bonus)
Die Innenseite einer rotationssymmetrischen Schüssel habe die Höhe h(ρ),
wobei ρ der Abstand zur Symmetrie-Achse und h(ρ) eine glatte, monoton
steigende Funktion ist (siehe Skizze). Eine Punktmasse m gleite reibungsfrei in der Schüssel.
(a) Zeigen Sie, dass die Lagrange-Funktion für die Punktmasse durch
L = 12 m ρ̇2 (1 + h0 (ρ)2 ) + ρ2 φ̇2 − mgh(ρ),
(9)
gegeben ist, wobei φ den Polarwinkel des Teilchens bezeichnet.
(b) Finden Sie die zyklische Variable und bestimmen Sie die zugehörige Erhaltungsgrösse `.
(c) Bestimmen Sie die aus (9) resultierenden Bewegungsgleichungen. Zeigen Sie, dass diese Bewegungsgleichungen für h(ρ) = ρn /ρn−1
, mit n ∈ N, n ≥ 1 und ρ0 > 0, eine Kreisbahn als
0
Lösung zulassen und bestimmen Sie die Abhängigkeit des Radius dieser Kreisbahn von `.
(d) Nun sei n = 1, d.h. die Schüsselinnenseite sei kegelförmig. Zeigen Sie, dass der Radialteil der
Bewegung als die eindimensionale Bewegung eines Teilchens der Masse m̃ = 2m in einem
effektiven Potential, definiert via m̃ρ̈ = −∂ρ Veff (ρ), aufgefasst werden kann. Bestimmen Sie
dazu Veff (ρ) und zeigen Sie, dass für die Energie des Systems gilt: E = 21 m̃ρ̇2 + Veff (ρ).
(e) Die Energie des Systems sei nun durch E = 2mgρ0 gegeben. Für welche Drehimpulse liegt
einer der Umkehrpunkte der radialen Bewegung des Teilchens bei ρextremal = ρ0 ?
(f) [Bonus] Handelt es sich bei diesem Umkehrpunkt um das Minimum oder das Maximum der
radialen Bewegung? Begründen Sie ihre Antwort!
[Gesamtpunktzahl Aufgaben: 65]
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