[RHP-MLAN-MGER ... 19.08.09] Name:2_NACHGEFRAGT Format: Autor:ITSCHNW 17.08.09 16:34 In den Topf kommt nur, was man kennt NACHGEFRAGT: Ute Mangold über das Bestimmen, das fachgerechte Sammeln und Zubereiten von Wildkräutern Germersheim. Im Rahmen der Ausstellung „Der Duft des Orients – Kräuter und Gewürze“ im Deutschen Straßenmuseum hält die Diplom-Biologin Ute Mangold am 25. August einen Vortrag über „Wilde Kräuter – würzige Heilpflanzen". Noch vor der Entdeckung des mit Jakobskreuzkraut verunreinigten Rukola hatte das Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz in einer Pressemitteilung geraten, bei der Zubereitung von unbekannten Pflanzen Vorsicht walten zu lassen. Waltraud Itschner fragte die Wildkräuter-Expertin nach den Gefahren beim Kräutersammeln. Sie machen bei Ihren Kräuterwanderungen Mut, auch Pflanzen, die der Laie gewöhnlich als „Unkraut“ bezeichnet, zur Zubereitung von Gerichten zu verwenden. Ist das angesichts der jüngsten Erfahrungen nicht brandgefährlich? Nein, denn Wildkräuter sind unglaublich gesund, dazu schmackhaft, und, wie beispielsweise das Gänseblümchen, auch noch sehr dekorativ. Wussten Sie, dass die gewöhnliche Brennnessel etwa 25mal so viel Vitamin C enthält wie Kopfsalat? Acht Salatköpfe entsprechen da einer Handvoll Brennnessel. Man braucht also gar nicht viele Wildkräuter und auch keine großen Mengen, um gesund zu leben. Ein gemischter Salat, gewürzt mit ein paar Brennnessel-, Giersch oder Schafgarbenblättchen, darüber ein paar dekorative Gänseblümchen- oder Borretschblüten, das deckt schon den Tagesbedarf an Vitaminen und Mineralstoffen, sieht lecker aus uns schmeckt würzig und aromatisch. Doch warne ich bei meinen Wildkräuterwanderungen auch vor giftigen oder gefährlichen Pflanzen. Wichtig ist es, die Pflanzen genau zu kennen, ganz ähnlich wie bei den Pilzen. Es gilt die Devise: „Was man nicht genau kennt, sollte man nicht essen". Dies gilt vor allem für die Doldenblütler. Da gibt es harmlose Varianten wie den Wiesenkerbel, die Wilde Möhre, den Dill und die Petersilie. Zum Verwechseln ähnlich sehen ihre nahen Verwandten aus: die Hundspetersilie, der Kälberkropf und – der Schierling, dessen Blüten schon in geringen Mengen absolut tödlich wirken Für einen Laien ist er fast nicht vom Wiesenkerbel zu unterscheiden, und auch ich lasse die Finger von diesen Pflanzen, sofern ich sie nicht eindeutig bestimmen spielsweise sollte man Schafgarbeoder Rainfarnblättchen nicht in zu großen Mengen genießen. Beide Pflanzen enthalten giftiges Thujon. Doch weil sie bitter sind, isst man ohnedies nicht zuviel davon. Auch Rosmarin und Basilikum enthalten Thujon, genau wie Oregano, Beifuß und ähnliche Gewürzkräuter. Mit diesen „Wild“-Kräutern hat man mittlerweile in der Küche Erfahrung gesammelt und es sind keine Vergiftungsfälle bekannt. Hier gilt der Satz des Paracelsus „Die Dosis macht das Gift". kann. Brandgefährlich wird die Wildkräutersammelei dann, wenn große Mengen an Wildkräutern von unerfahrenen Kräften für den Lebensmittelhandel gesammelt werden. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Bärlauch. Produkte aus diesem würzig nach Knoblauch riechenden Wildkraut waren früher eine seltene Rarität, die es nur im Bioladen gab. Heute ist er so präsent, dass er mittlerweile als „Mainstream-Wildkraut“ durchgeht. Sogar beim Discounter gibt es Bärlauchpesto, Bärlauchnudeln, Bärlauchfrischkäse, Bärlauchwurst und so weiter. Dazu muss der Bärlauch mit der Sense abgemäht werden, und dann läuft man Gefahr, dass durchaus auch ein giftiges Maiglöckchen mit in das Pesto geraten kann. Dabei sind Bärlauch und Maiglöckchen leicht am Geruch zu unterscheiden. Der Bärlauch riecht aromatisch mit leichtem Knoblauchduft, das Maiglöckchen riecht nach gar nix. Auch seine Blätter sind viel fester als die des Bärlauchs. Auch für das aktuell im Rukola gefundene giftige Jakobskreuzkraut gilt die Geruchsregel, vor allem, wenn nur Blätter und noch keine Blüten erschienen sind. Der Rukola strömt einen intensiv, aromatischen Duft aus – das Jakobskreuzkraut riecht nach nichts. Wie intensiv muss man sich mit dieser Materie beschäftigen, um sicher sein zu können, dass man nichts Giftiges in den Kochtopf wirft? Reicht ein Tageskurs oder sollte man besser Biologie studieren? Man muss die Pflanzen, die man sammelt, schon kennen. Ein Tageskurs kann ein Einstieg sein, doch dann sollte man sich anschließend vor allem im Selbststudium mit Pflanzenbestimmungsbüchern auf den Weg machen. Pflanzen, bei denen man nicht ganz sicher ist, sollte man zu Hause nochmal nachbestimmen. Empfehlen kann ich dazu das Standardwerk von Dietmar Aichele: „Was blüht denn da“, erschienen im Kosmos Verlag. Durch ständige Übung und Praxis wird man mit der Zeit immer sicherer, bis man die Pflanzen auch schon im frühen Frühjahr, im Jugendstadium erkennt. Ein Biologie-Studium braucht man definitiv nicht, dort nimmt die Pflanzenbestimmung nur einen verschwindend geringen Teil ein. Natürlich hat mein Botanik- und Ökologie-Studium die Grundlagen für meine heutige Tätigkeit gegeben und liefert mir viel Hintergrundwissen. Doch die Praxis, das Erkennen und den Umgang mit den Pflanzen, habe ich mir selbst beigebracht und über die Jahre durch das Kochen und Experimentieren mit Wildkräutern verfeinert. Welche garantiert ungiftigen und dazun noch schmackhaften Wildkräuter wachsen hier in den Rheinauen oder auf Wiesen und in Wäldern der Region? Ja, sehr viele, dazu gehören, wie erwähnt, der Giersch, der Löwenzahn, die Vogelmiere und die Brennnessel, die überall zu finden sind. Die Brennnessel, auch Königin der Wildkräuter genannt, ist eines meiner Lieblingskräuter. Sie enthält viel Vitamin C und viele andere Vitamine, dazu wichtige Mineralstoffe wie Eisen, übrigens doppelt so viel wie Spinat, dazu noch Magnesium, Kalium, Kalzium sowie die für Haare, Haut und Nägel wichtige Kieselsäure und das Glückshormon Serotonin. Auch der schon erwähnte Giersch und die Vogelmiere sind in den Rheinauen, Wiesen und Wäldern der Region in großen Mengen zu finden. Und im Frühjahr findet man hier Bärlauch und Wiesenlauch. Im milden Klima der Pfalz finden sich viele Pflanzen, die eigentlich in südlicheren Regionen beheimatet sind wie der Rukola, der hier ganz gewöhnlich an Straßenrändern wächst. Gibt es Wildkräuter, mit denen man garantiert nichts falsch machen kann? Ja, die gibt es sogar reichlich: Beispielsweise die Brennnessel, der Giersch, die Vogelmiere, das Gänseblümchen und der Löwenzahn. Bei den erstgenannten sollte man die jungen Blätter ernten, bei letzteren sind vor allem die Blüten interessant, aus denen sich ein herrlich duftendes Gelee herstellen lässt. Die Brennnessel kann wie Spinat zu den unterschiedlichsten Gerichten verarbeitet werden, der Giersch riecht wie eine Mischung aus Karotte und Petersilie und wird in der Wildkräuterküche auch so eingesetzt. Bei vielen anderen Kräutern muss man in der Tat mit der Dosis aufpassen. Bei- Wie soll man die Kräuter pflücken, transportieren und aufbewahren? Zur Zubereitung eines leckeren Wildkräutersalats oder einer Suppe braucht man keine großen Mengen an Wildkräutern. Geerntet werden meist die Blätter, und zwar möglichst im Jugendstadium, das heißt entweder junge, zarte Blättchen im Frühjahr oder nach der ersten Mahd im Spätsommer. Alte ausgereifte Blätter lagern meist Bitterstoffe ein und sind dann eher im getrockneten Zustand als Tee oder Heilkraut zu genießen. Für das Sammeln empfehle ich „Zip-loc“-Tüten oder große Gefrierbeutel; das Sammelgut sollte mit einem feuchten Handtuch abgedeckt werden. So bleiben die Kräuter feucht und kühl und halten sich im Kühlschrank tagelang. Ernten sollte man, mit einem Messer oder von Hand, immer nur die zartesten, hellgrünen Blätter von der Triebspitze; keinesfalls die Wurzel ausreißen. Vom Löwenzahn erntet man die Blüten möglichst bei vollem Sonnenschein, denn dann sind sie am süßesten. Die Brennnessel wird am besten mit Handschuhen geerntet. Die Brennhaare können ganz einfach zerstört werden, indem man eine Folie auf die Blättchen legt und mit dem Wellholz sanft darüber rollt. So bleiben alle wertvollen Inhaltsstoffe erhalten und die Pflanze ist auch roh genießbar. Auch kurzes Blanchieren hilft. Welches Gericht aus oder mit Wildkräutern würden Sie gerade zu dieser Jahreszeit empfehlen? Der Hochsommer ist die Zeit der Heil- und Gewürzkräuter. Zarte junge Pflänzchen sind selten geworden, stattdessen finden sich nun reife, aromatische Pflanzen mit Blüten und erste Früchte des Sommers. Spontan fallen mir dazu Gerichte mit Dost, Mädesüß und Weinbergspfirsichen ein. Unser heimischer Dost ist eng verwandt mit dem mediterranen Oregano und dem Majoran. Und wie dieser kann er auch in der Küche eingesetzt werden. Ernten sie ihn am besten um die Mittagszeit von 11 bis 13 Uhr, wenn der Morgentau abgetrocknet ist und die Pflanze genügend Aromastoffe eingelagert hat. Sehr lecker beispielsweise zu Grillgerichten und Lamm mit Kräuterhülle. Als Einstieg in das Menü empfiehlt sich eine kalte Sauerkirschsuppe mit Mädesüßblüten und als Dessert eingelegte Weinbergspfirsiche mit Vanilleeis. INFO/KONTAKT — Vortrag „Wilde Kräuter – Würzige Heilpflanzen“, Dienstag, 25. August, 19 Uhr, Deutsches Straßenmuseum. Im Eintrittspreis von 5 Euro ist ein Blütensirupsekt–Cocktail und der Eintritt ins Museum enthalten. Um Voranmeldung per E-Mail an die Adresse [email protected] oder unter Telefon 07274 500500, Fax 07274 500505 wird gebeten. Karten gibt es auch an der Museumskasse. — Die nächste Wildkräuterwanderung bietet Ute Mangold am Sonntag, 6. September, im Rehbachtal bei Rheingönheim an. Anmeldung: (0175) 20 53 640, E-Mai. [email protected]