Argumentationstheorie

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Zirkelschluss – petitio principii
Argumentationstheorie
11. Sitzung
Prof. Dr. Ansgar Beckermann
Wintersemester 2004/5
Ein Zirkelschluss ist ein Schluss, in dem die Konklusion – in offener oder versteckter Form – schon in den
Prämissen auftaucht.
Ein Zirkelschluss hat also ungefähr die Form:
(P1)
A
(P2)
B
(P3)
C
(K)
B
Solche Schlüsse sind natürlich deduktiv gültig.
(Denn wenn B wahr ist, muss B wahr sein.)
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Zirkelschluss – petitio principii
Frage
Ist es nicht so, dass in jedem gültigen Argument die
Konklusion schon in den Prämissen enthalten ist?
Ja, in gewisser Weise ist das richtig.
Wenn eine Konklusion deduktiv aus den Prämissen
folgt, dann sind die Wahrheitsbedingungen der
Konklusion in dem Sinne in den Wahrheitsbedingungen der Prämissen enthalten, dass in allen
Fällen, in denen die Prämissen wahr sind, auch die
Konklusion wahr ist.
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Zirkelschluss – petitio principii
Frage
Ist es nicht so, dass in jedem schlüssigen Argument
die Konklusion schon in den Prämissen enthalten ist?
Trotzdem
Nicht alle deduktiv gültigen Schlüsse sind zirkulär!
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Zirkelschluss – petitio principii
Beispiel 1
Zirkelschluss – petitio principii
Aber wie steht es mit den folgenden Beispielen?
(P1)
p und q
(P1)
Wenn p, dann q
(K)
p
(P2)
p
Hier kann man sicher mit Fug und Recht von einem
Zirkelschluss sprechen.
(K)
q
(P1)
p oder q
Die Konklusion ist in der Prämisse enthalten.
(P2)
nicht p
(K)
q
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Zirkelschluss – petitio principii
Aber wie steht es mit den folgenden Beispielen?
Zirkelschluss – petitio principii
(P1)
p und q
p
(P1)
Alle F sind G
(K)
(P2)
a ist F
(P1)
Wenn p, dann q
(K)
a ist G
(P2)
p
(K)
q
Kann man nur feststellen, ob die Prämissen wahr
sind, indem man zuvor feststellt, ob die Konklusion
wahr ist?
(P1)
p oder q
(P2)
nicht p
Wenn das der Fall ist, ist das Argument zirkulär!
(K)
q
Entscheidend ist die folgende Frage:
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Zirkelschluss – petitio principii
(P1)
Alle F sind G
(P2)
a ist F
(K)
a ist G
(P1)
wenn p, dann nicht p
(K)
nicht p
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Infiniter Regress
Hier handelt es sich um eine Argumentationsform, die
in gewisser Weise der reductio ad absurdum ähnelt.
Das Ziel ist zu zeigen, dass eine bestimmte Annahme
falsch sein muss, da aus ihr ein unendlicher Regress
folgt.
(Dabei wird natürlich vorausgesetzt, dass ein unendlicher
Regress etwas Unmögliches ist.)
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Infiniter Regress
Infiniter Regress
Agrippas Trilemma
Agrippas Trilemma
These
1. Die Kette der Gründe bricht irgendwann ab.
Letzten Endes ist keine Annahme wirklich begründet.
Begründungen bestehen darin, dass man Gründe
anführt, die ihrerseits begründet sind.
Wenn A auf einem Grund beruht,
der selbst nicht begründet ist, ist
auch A nicht begründet.
Und dabei gibt es nur drei Möglichkeiten.
A
B
C
D
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Infiniter Regress
Infiniter Regress
Agrippas Trilemma
2. Die Kette der Gründe führt in einen
Zirkel.
Wenn C auf dem Grund D beruht
und D seinerseits auf dem Grund
C, sind weder C noch D begründet.
Agrippas Trilemma
A
B
3. Die Kette der Gründe bricht nie ab.
Dann liegt ein infiniter Regress vor,
und A ist auch nicht begründet.
A
B
C
C
D
D
…
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Infiniter Regress
Infiniter Regress
Was ist eine willentliche Handlung?
Was ist eine willentliche Handlung?
These
These
Eine willentliche Handlung ist eine Handlung, die durch
einen Willensakt hervorgerufen wurde.
Gilbert Ryle: Das kann nicht sein.
Denn eine durch einen Willensakt hervorgerufene
Handlung ist offenbar nur dann willentlich, wenn auch
der Willensakt willentlich war.
Also muss der Willensakt, der die Handlung hervorruft,
auf einem weiteren Willensakt beruhen.
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Eine willentliche Handlung ist eine Handlung, die durch
einen Willensakt hervorgerufen wurde.
Gilbert Ryle: Das kann nicht sein.
Und dieser ist nur willentlich, wenn er durch einen
dritten Willensakt hervorgerufen wurde. Usw., usw.
Nach der These kann also eine Handlung nur willentlich sein, wenn ihr eine unendliche Kette von Willensakten vorhergeht, und das ist unmöglich.
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Infiniter Regress
Zenon und die Unmöglichkeit von Bewegung
These
Niemand kann sich auch nur einen Meter bewegen.
Denn bevor er die Ein-Meter-Marke erreicht, muss er
die Halb-Meter-Marke erreichen, und davor die ViertelMeter-Marke, und davor die Achtel-Meter-Marke usw. …
Bevor er die Ein-Meter-Marke erreicht, muss er also
unendlich viele andere Marken erreichen, und das ist
unmöglich.
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