Pressemitteilung zur Eröffnung des offiziellen

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Pressemitteilung der Philosophischen Fakultät zur Eröffnung des Ehrenpromotionsverfahrens für Edward Snowden
Die Philosophische Fakultät hat sich in der Fakultätsratssitzung am 09.04.2014 mit
17 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen entschieden, ein Ehrenpromotionsverfahren für Edward Snowden zu eröffnen. Der Antrag auf Verleihung der Ehrendoktorwürde an Edward Snowden ist durch die Fakultät und ihre Prüfkommission
außerordentlich sorgfältig und unter Einbeziehung eines hochkarätigen internationalen Gutachtergremiums geprüft und bewertet worden. Die sieben Gutachter waren
die Professoren Noam Chomsky (USA), Ulrich Beck, Wolfgang Hoffmann-Riem,
Claus Leggewie, Harald Müller, Micha Brumlik sowie Dr.Thilo Weichert. Durch die
Einbeziehung renommierter Wissenschaftler aus ganz unterschiedlichen Fachdisziplinen hat die Fakultät Beistand gesucht bei der Klärung der Frage, ob Snowdens Enthüllungen wissenschaftlich relevant sind und für welche Disziplinen sie in welcher
Weise bedeutsam sind. Auf eindrucksvolle Weise arbeiten alle Gutachten die wissenschaftliche Bedeutung des von Snowden aufgedeckten Wissens heraus und empfehlen einstimmig die Verleihung einer Ehrendoktorwürde durch die Philosophische
Fakultät der Universität Rostock. Die Enthüllungen von Edward Snowden stellen im
Blick der Gutachter sowie der Prüfkommission insofern eine herausragende wissenschaftliche Leistung im Sinne des § 24 der Promotionsordnung der Philosophischen
Fakultät dar.
Edward Snowden wird in den Gutachten und von der Fakultät vor allem auch als
Aufklärer gewürdigt, der seine eigene bürgerliche Existenz geopfert hat, um auf gravierende gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen. Er steht damit in der
großen Tradition amerikanischer Bürgerrechtler, die sich im Dienst einer höheren
Moral auch für den zivilen Ungehorsam gegenüber der eigenen Regierung entscheiden. Ein Ehrendoktor für Edward Snowden ehrt einen amerikanischen Patrioten, der
sich für Amerika, die Werte der amerikanischen Verfassung und die weltweiten
Menschenrechte einsetzt und sich dabei auf uramerikanische Werte und Traditionen
beruft. Die moralische Integrität und die ethische Dimension der Zivilcourage und
des Mutes dieses jungen Mannes, gerade auch in ihren gobalen und kosmopolitischen Dimensionen, stehen somit außer Frage. Mit einer Würdigung dieser Leistung
durch den Titel eines Doktors „honoris causa“ möchte die Fakultät gleichermaßen
die Zivilcourage Edward Snowdens und seinen substanziellen Beitrag zu einem neuen globalen Diskurs über Freiheit, Demokratie, Kosmopolitismus und die Rechte des
Individuum in einer global vernetzten digitalen Welt würdigen. In der Perspektive
einer geisteswissenschaftlichen Fakultät, das heben die Gutachter explizit hervor, ist
dies auch ein deutliches Zeichen des Humanismus und der Solidarität für den Schutz
und die Freiheit eines bedeutenden Aufklärers unserer Zeit.
Dem Beschluss über die Eröffnung eines Ehrenpromotionsverfahrens schließt sich
nach den Regeln der Promotionsordnung später noch ein weiterer Beschluss der Fakultät über die Verleihung des Titels an. Bis dahin wird sich die Fakultät bemühen,
Kontakt zu Edward Snowden aufzunehmen und zu erfahren, ob er mit der Verleihung einer Ehrendoktorwürde einverstanden ist.
Prof. Dr. Hans-Jürgen von Wensierski – Dekan
Prof. Gesa Mackenthun – Prodekanin für Forschung
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Die Plädoyers der Gutachter zur Frage der Ehrendoktorwürde (Auszüge).
Alle Gutachter äußern sich eindeutig positiv gegenüber den Aktivitäten von Edward
Snowden. Unisono wird die ungeheure gesellschaftliche, politische und wissenschaftliche Dimension dieses Skandals herausgearbeitet und gewürdigt. Ausnahmslos jeder Gutachter zollt der Zivilcourage und dem Mut des jungen Mannes Respekt,
die alle ausdrücklich für auszeichnungswürdig halten. Nicht alle Gutachter plädieren
explizit für einen Ehrendoktor. Wolfgang Hoffmann-Riem und Noam Chomsky
wurden explizit um gutachterliche Stellungnahmen gebeten, die insbesondere auf die
Analyse des Kontextes zielten: Zum einen die Bedeutung der Enthüllungen für Verfassung und Demokratie (Hoffmann-Riem); zum anderen für Demokratie und Zivilgesellschaft (Chomsky). Beide Gutachter plädieren gleichwohl für „höchste Auszeichnungen“ gegenüber Edward Snowden.
Alle anderen fünf Gutachter plädieren aber nicht nur für die Würdigung von
Edward Snowden durch eine Auszeichnung, sondern – jeweils nach außerordentlich
ausführlichen Analysen – explizit für die Verleihung der Ehrendoktorwürde. Die
Gutachter sollen an dieser Stelle für sich selbst sprechen:
„Die moralische Dignität seiner Aktion, ihre Bedeutung für die Wissenschaften in
fachlicher Hinsicht (Internet, Demokratie, Globalisierung), (...) und für den Anstoß
wissenschaftsethischer und –politischer Fragen ist kaum zu bestreiten. Wir können
Snowden dankbar sein. (...) Jenseits solcher politisch-symbolischen Aspekte sind
aber die direkten und indirekten Verdienste von Edward Snowden für die Wissenschaft aus meiner Sicht ausschlaggebend, die Verleihung der Ehrendoktorwürde an
Edward Snowden ohne jeden Einwand zu unterstützen und die Philosophische Fakultät für ihre Initiative zu beglückwünschen.“ (Claus Leggewie)
„Für seinen Mut, erfolgreich und sehr folgenreich über die Freiheitsgefahren der
totalen Überwachung aufzuklären, hat Edward Snowden den Friedensnobelpreis im
Jahre 2014 verdient. Die Vergabe des Doctor honoris causa an ihn würde nicht nur
ihn ehren. Es wäre zugleich auch eine Auszeichnung für die Universität Rostock, die
in diesen Zeiten der Verwirrung einerseits exemplarisch für die Werte der Aufklärung eintritt, andererseits für die Unabhängigkeit der Universität gegenüber Staat und
Politik, einer Politik, die aus kleinmütigem Opportunismus das auf der Hand liegende verweigert, nämlich dem in seiner Freiheit und Existenz bedrohten Verteidiger der
Demokratie gemäß dem Geist des deutschen Grundgesetzes politisches Asyl zu gewähren.“ (Ulrich Beck)
„Bildungsphilosophie und Aufklärung stehen seit ihren Anfängen bei Immanuel
Kant in einer unauflöslichen Verbindung. Deren Prinzip aber sei, so Kant in seiner
1784 publizierten Schrift „Was ist Aufklärung“ der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Da es indes um eine selbstverschuldete Unmündigkeit geht, bedarf es für Kant einer alles andere als selbstverständlichen charakterlichen Haltung, des Mutes: „Sapere aude“ – wage zu wissen, sei der Wahlspruch der Aufklärung. Edward Snowden wagte nicht nur zu wissen, sondern auch,
sein Wissen zu publizieren, so dass nun eine politische und wissenschaftliche Öffentlichkeit sich ihrer Grundannahmen zu personaler Autonomie und rechtlicher Freiheit
unter bisher nicht entsprechend bedachten Bedingungen neu versichern kann. Daher
ist Edward Snowden eines „Doctor honoris causa“ der Universität Rostock würdig.“
(Micha Brumlik)
„Mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde würde die Universität Rostock ein
Zeichen setzen – für den aufrechten Gang ebenso wie für die Dankbarkeit. Edward
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Snowden hat sich um die Wissenschaft verdient gemacht, indem er ihr eine Fülle
forschungsrelevanter Daten zur Verfügung gestellt hat, die Bearbeitung neuer oder
erweiterter Fragestellungen in mehreren Disziplinen ermöglicht hat und ihr die
Grundlage für eine neue Standortbestimmung gegeben hat. Das rechtfertigt die Verleihung der Ehrendoktorwürde an ihn im Rahmen der bestehenden Praxis allemal.
(...) Die Verleihung der Ehrendoktorwürde wäre ein klares, exemplarisches Signal,
wo die Universität Rostock im nie endenden Einsatz für die Demokratie und die von
ihr garantierte Freiheit und Integrität der Wissenschaft steht.“ (Harald Müller)
„Edward Snowden hat mit der Veröffentlichung der Praktiken von Geheimdiensten, insbesondere der NSA und des GCHQ, einen zentralen Beitrag zur Fortentwicklung des Rechtes auf Datenschutz hin zu einem globalen Menschenrecht geleistet,
weshalb ihm die Ehrendoktorwürde gebührt. (...) Insofern steht er in der Tradition
großer Aufklärer und kann als bisher wichtigster Aufklärer im globalen Informationszeitalter angesehen werden. Sein Vorgehen beschränkt sich nicht auf einen wissenschaftlichen Erkenntnisbeitrag, sondern ist zugleich Gegenstand gesellschaftlicher und politischer Erkenntnis. (...) Das Vorgehen von Snowden ist zugleich ein
Fall musterhaft praktizierter, Kultur- und Rechtskreise übergreifender, demokratischer Kommunikation. Damit ist sein Vorgehen als Experimentierfeld für die Entwicklung weltweiter gemeinsamer neuer Werte in der globalen Informationsgesellschaft anzusehen.“ (Thilo Weichert)
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