Einblicke in die Teilchenphysik 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Einführung Beschleuniger Detektoren Bewegungsgleichungen und Symmetrien Das Quark-Modell und die CKM-Matrix CP-Verletzung im Standardmodell Proton- und Photonstrukturfunktionen Elektroschwache Präzisionsmessungen Das Higgs-Boson Neutrino-Massen und Neutrino-Oszillationen Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 1 Die C- und P-Transformationen - eine Erinnerung − C und P sind die Operatoren der Ladungskonjugation und der Paritätstransformation. Sie überführen Teilchen in Antiteilchen (C) und spiegeln die Ortskoordinaten (P ). − Die Operatoren C und P sind unitär, d.h. 1 = UU† mit U = C, P . Zweimalige Anwendung liefert den Ausgangszustand, U 2 | f i = | f i. U −1 = U = U † . Daraus folgt dann − Die Eigenwerte zu C und P sind multiplikative Quantenzahlen. C| f i = | f¯ i − Für geladene Fermionen und Antifermionen gilt: und C| f¯ i = | f i. − Ungeladene Zustände ohne flavour-Quantenzahl können Eigenzustände zum Ladungs- operator sein, z.B. C| π+ π− i = | π− π+ i und − Für geladene Fermionen und Antifermionen gilt − Für S = 0 Mesonen folgt: C| π0 π0 i = | π0 π0 i. P | f i = | f i und P | f¯ i = −| f¯ i. P | qq̄ i = 1 · (−1) · (−1)l | qq̄ i = −| qq̄ i für l = 0. − Wenn C und P Erhaltungsgrößen sind, gilt: [ S, C ] = 0 , [ S, P ] = 0 und [ S, CP ] = 0. − Die Übergangsamplitude ist: h f |S| i i = h f |(CP )† (CP )S(CP )† (CP )| i i. Bei CP-Erhaltung und Eigenzuständen folgt: h f |S| i i = ηC P (i)ηC P (f)h f |S| i i. Das heisst, bei CP-Erhaltung haben entweder | i i und | f i identische CP-Eigenwerte, oder die Amplitude h f |S| i i muss verschwinden. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 2 Die CP-Verletzung und die CKM-Matrix d0 − Die CKM-Matrix s0 b0 d Vud = V · s = Vcd b Vtd Vus Vcs Vts Vub d Vcb · s rotiert Vtb b die down-type Quarks. − Die CKM-Matrix hat 4 reelle Parameter, (4 = 18 − 9 [V † V = 1] − 5 [Quarkphasen]): λ, A, ρ, η . Eine Rotation hat drei relle Winkel ⇒ Es gibt eine komplexe Phase. − Es lässt sich zeigen, dass im Standardmodell CP-verletzende Amplituden proportional ∗ V )|, mit i 6= k, j 6= l sein müssen. zu JC P = |Im(Vij Vil∗ Vkj kl ∗. − Dieses Produkt ist die doppelte Fläche des Dreiecks mit den zwei Seiten Vij Vil∗ und Vkj Vkl CP-Verletzung ist also mit nicht verschwinden Flächen der Unitaritätsdreiecke verbunden. − In der Wolfenstein-Parametrisierung bedeutet dies, dass η 6= 0 sein muss. − Die Dreiecke sehen sehr verschieden aus, haben aber alle die gleiche Fläche. ? ? V ? 0 = Vus ud + Vcs Vcd + Vts Vtd ? ? ? V 0 = Vub ud + Vcb Vcd + Vtb Vtd ? ? ? V 0 = Vub us + Vcb Vcs + Vtb Vts mit mit mit 0 = O(λ1 ) + O(λ1 ) + O(λ5 ). 0 = O(λ3 ) + O(λ3 ) + O(λ3 ). 0 = O(λ4 ) + O(λ2 ) + O(λ2 ). Die verschiedenen Formen haben Auswirkungen auf die Größe der CP-verletzenden Effekte. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 3 Die CP-Verletzung im frühen Universum − Wir leben in einem Universum, in dem es mehr Baryonen als Antibaryonen gibt. − Im Big-Bang, im thermischen Gleichgewicht, sind Teilchen und Antiteilchen in gleicher Anzahl entstanden. Damit muss es einen Effekt geben, der diese Asymmetrie erzeugt hat. − Sakharov hat 1967 drei Bedingungen für die Entstehung dieser Asymmetrie aufgestellt: 1) Die Existenz Baryonenzahl-verletzender Zerfälle. 2) Das Auftreten von Reaktionen die C- und CP-verletzend sind. 3) Die Abweichung vom thermischen Gleichgewicht. − Betrachten wir den Zerfall eines Teilchens X unter Änderung der Baryonenzahl, ∆B 6= 0. Die Zerfallsrate sei f = Γ(X → Y (∆B)) und damit f¯ = Γ(X → Y (−∆B)). − Die Differenz der Baryonenzahl durch die Zerfälle von X und X ist Bnet mit: ¯ · ∆B ⇒ Bnet 6= 0 nur für f 6= f¯ und ∆B 6= 0. Bnet = f · ∆B + f¯ · (−∆B) = (f − f) − Im thermischen Gleichgewicht ist die Lebensdauer des Gesamtsystems unendlich groß im Vergleich zu den Reaktionszeiten. Deswegen würde sich nach einiger Zeit, trotz der unterschiedlichen Zerfallsraten, die gleiche Population der Zustände Y und Y einstellen. Die CP-Verletzung ist essentiell zum Verständnis der Baryonenasymmetrie im Universum. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 4 Drei mögliche Arten von CP-Verletzung im Standardmodell − Im Standardmodell gibt es drei Möglichkeiten zum Auftreten von CP-verletzenden Phasen: 1) CP-Verletzung im Zerfall von Teilchen, z.B. im Zerfall K1 → 2π . Dies wird auch direkte CP-Verletzung genannt. 2) CP-Verletzung in Teilchen-Antiteilchen-Oszillationen z.B. in B0 ↔ B0 - Oszillationen. Dies wird auch indirekte CP-Verletzung, oder CP-Verletzung in der Mischung, genannt. 3) CP-Verletzung durch eine Interferenz von Oszillations- und Zerfallsamplituden, z.B. in der Reaktion B0 B0 → J/ψKS + Xflav . − Historisch erfolgte zuerst die Entdeckung der CP-Verletzung im Kaon-System durch Christenson, Cronin, Fitch und Turlay (1964). − Danach wurde das Kaon-System mit großer Präzision vermessen. Die Experimente NA48 am CERN und KTeV am FermiLab haben die CP-Verletzung sowohl in K0 ↔ K0 Oszillationen als auch die Interferenz eindeutig nachgewiesen. − Heute konzentriert man sich auf das System der neutralen B-Mesonen, bei denen die CP-verletzenden Effekte wesentlich größer sind. − Die Experimente BaBar am SLAC und Belle bei KEK haben die CP-Verletzung im B0 B0 -System in der Interferenz nachgewiesen. Die Verifizierung der CKM-Phase als Hauptquelle der CP-Verletzung dauerte etwa 30 Jahre. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 5 CP-Verletzung und Pseudoskalare Mesonen − Die Transformationseigenschaften sind: − Man studiert die Übergänge Pseudoskalarer Mesonen P 0 in CP-Eigenzustände fC P . CP | P 0 i = −| P 0 i und CP | P 0 i = −| P 0 i. − Das bedeutet, dass weder | P 0 i noch | P 0 i ein CP-Eigenzustand ist. − Die Linearkombinationen: ´ ³ 1 0 p| P i + q| P 0 i und | P2 i = | P1 i = √ 2 1 √ 2 ³ p| P 0 ´ i − q| P 0 i mit p, q ∈ C sind CP-Eigenzustände falls p = q = 1 ⇒ CP | P1 i = −| P1 i, und CP | P2 i = | P2 i. − Zum Auftreten der CP-Verletzung braucht man die Interferenz zweier Übergangs- Amplituden: 1) Im Zerfall: 1 +A 2 |A | ≡ |A | 6= 1, mit Ai ≡ h fC P |Si | P 0 i. A A +A 1 2) In der Oszillation: | pq | 2 6= 1. 3) Interferenz zwischen Oszillation und Zerfall: Imλ = Im h p A q A i 6= 0. Alle drei Spielarten der CP-Verletzung wurden experimentell untersucht. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 6 Die Entdeckung der CP-Verletzung - das Kaon-System − Die Kaonen, K0 = (s̄d) mit S = 1 und K0 = (sd̄) mit S = −1, werden in der starken Wechselwirkung als Zustände definierter Strangeness erzeugt. − Die Transformationseigenschaften von K0 und K0 sind: C| K0 i = | K0 i und P | K0 i = −| K0 i C| K0 i = | K0 i und P | K0 i = −| K0 i ⇒ ⇒ CP | K0 i = −| K0 i CP | K0 i = −| K0 i Das bedeutet, dass weder | K0 i noch | K0 i ein CP-Eigenzustand ist. − Die allgemeine Form der Linearkombinationen ist: ´ ³ 1 0 | K1 i = √ q| K i + p| K0 i und | K2 i = 2 1 √ 2 ³ q| K0 ´ i − p| K0 i . − Aber es lassen sich auch CP-Eigenzustände durch Linearkombinationen erzeugen: ³ ´ 1 0 0 | K1 i = √ |K i + |K i ⇒ CP | K1 i = −| K1 i (CP | 3π i = −| 3π i). 2 ³ ´ | K2 i = √1 | K0 i − | K0 i ⇒ CP | K2 i = | K2 i (CP | 2π i = | 2π i). 2 − Dies sind dann orthonormierte Zustände, im Kaon Raum und damit gilt z.B.: h K1 | K1 i = 1 und h K1 | K2 i = 0. Das Kaon System wurde als erstes auf CP-Verletzung untersucht. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 7 Die Entdeckung der CP-Verletzung - der Formalismus − Man kannte die K-short, KS , und K-long, KL , Mesonen. Sie sind die Eigenzustände der schwachen Wechselwirkung mit festen Massen, m(KS ) = 497.7 MeV, und Lebensdauern. − Es gibt einen minimalen, aber sehr wichtigen, Massenunterschied: ∆m/m(KS ) ≈ 10−14 , ∆m = m(KL ) − m(KS ) ≈ 3.5 · 10−6 eV, also aber einen riesigen Unterschied in den Lebensdauern: τ (KL )/τ (KS ) = 5 · 10−8 s/9 · 10−11 s, also τ (KS )/τ (KL ) ≈ 580. Der kleinere Phasenraum für den Zerfall in drei Pionen lässt KL länger leben. − Die Zeitentwicklung der Zustände, z.B. des KL in seinem Ruhsystem ist: | KL (t) i = e−iM L t e−Γ L t/2 | KL (0) i. |h KL (t) | KL (0) i|2 = |e+iM L t Damit folgt z.B. das Zerfallsgesetz: √ · e−Γ L t/2 · h KL (0) | KL (0) i|2 = e−Γ L t . − Wenn KL und KS mit K1 und K2 identisch sind, dann kann bei CP-Erhaltung KL nur in drei und KS nur in zwei Pionen zerfallen. Die neutralen Kaonen sind dann: | K0 i = 1 √ 2 (| KL i + | KS i) und | K0 i = 1 √ 2 (| KL i − | KS i). Die unterschiedlichen Lebensdauern von KL und KS erzeugen einen interessanten Effekt. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 8 Teilchen-Antiteilchen Oszillationen W d − In der schwachen Wechselwirkung sind K0 ↔ K0 s K0 u,c,t K0 u,c,t mit ∆S = 2 möglich. W s Oszillationen durch Austausch zweier W-Bosonen d − Ein bei t = 0 erzeugter K0 Strahl unterliegt den K0 ↔ K0 Oszillationen und den KL und KS Zerfällen: |h K0 (t) | K0 (0) i|2 = 1 |h KL (t) | KL (0) i − h KS (t) | KS (0) i|2 = 4 ¢ ¡ −Γ t 1 L + e−Γ S t − 2 cos(∆m t)e−(Γ L +ΓS )t/2 , e 4 − Wegen 6 einem τK S τ (K L ) ≈ 580 ist nach einiger Zeit τ (K S ) K0 -Strahl ein KL -Strahl geworden: aus − Aus ∆m = 3.5 · 10−6 eV folgt Tosz = 0.12 ps. − e−Γ S,L ·10τ S = 5 · 10−5 (0.98) für KS (KL ). Teilchen-Antiteilchen Oszillationen erfordern eine endliche Massendifferenz. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 9 Die Entdeckung der CP-Verletzung - das Experiment − Brookhaven AGS Beschleuniger, mit 30 GeV p auf Be-Target. Der Strahl neutraler Kaonen wird unter 30◦ zum p-Beam extrahiert. − Im Experiment von Christenson et al. wurde der Zerfall KL → π+ π− mit einer Rate von (2.0 ± 0.4) · 10−3 gemessen. − Dies ist die CP-Verletzung in der Mischung: 1 1+|²| 2 √ 1 2 1+|²| | KL i = √ ( | K1 i + ²| K2 i) | KS i = (²| K1 i + | K2 i) − Dies bedeutet, dass das KL mit einem kleinen Anteil ² in 2π zerfallen darf. Die zwei Amplituden sind 2π(I = 0) und 2π(I = 2). Dies war der Start zu 30 Jahren Messung der CP-Verletzung. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 10 Die Interferenz von Oszillation und Zerfall − Nach der CP-Verletzung in der Oszillation wurde auch nach CP-Verletzung im Zerfall − Die Amplitudenverhältnisse sind: η+− = und nach der Interferenz gesucht. η00 = h π + π − |S | K L i h π + π − |S | K S i = ² + ²0 h π 0 π 0 |S | K L i h π 0 π 0 |S | K S i = ² − 2² 0 wobei η+− und η00 komplexe Zahlen sind, und ² 0 6= 0 ⇔ h 2π |S| K1 i, was eine CP-Verletzung im Zerfall bedeutet. − Experimentell wurde das Doppel-Verhältnis der Raten analysiert: ¯2 ¯2 ¯¯ + − ¯ ¯2 ¯ 0 0 ¯ η 00 ¯ ¯ h π π |S | K L i ¯ h π π |S | K L i ¯¯ ¯ ¯η ¯ = ¯ h π 0 π 0 |S | K i ¯ / ¯ h π + π − |S | K i ¯ ≈ 1 − 6Re (²0 /²) +− S S studiert. − Das Verhältnis Re (² 0 /²) ist eine sehr kleine Zahl O(10−3 ). − Ausserdem wurden die Zerfälle KL → π+ e− ν̄e und KL → π− e+ νe studiert. Die Messung von Re (² 0 /²) ist sehr schwierig und aufwändig. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 11 Das NA48 Experiment - generelle Überlegungen Die Strahlführung 12 not to scale ! K S anticounter SPS spill length : 2.38 s Cycle time : 14.4 s Proton momentum : 450 GeV/c Ks Target (AKS) KS K Target NA48 ~1.5 10 protons per spill Das Experiment L 6.8 cm 0.6 mrad L Bent cristal K Detector Muon sweeping Last collimator Ks tagging station ( ~3. 10 7protons per spill) Decay Region (~ 40 m long) ~ 114 m ~ 126 m − Das Wichtigste ist die Kontrolle der systematischen Unsicherheiten. Deswegen werden die Zerfälle von KL und KS in 2π0 und π+ π− simultan gemessen. Die systematischen Fehler konnten bei NA48 auf etwa 14% begrenzt werden. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 12 Die Trennung von KL und KS Die Vertex Position Das Zeitfenster der KS K→π π (vertex selected) + - K→π π + - Y(cm) 15 KS 10 5 10 6 10 5 10 4 10 3 10 2 Tagging Window Mistagged KL KL 0 -5 -10 KL Untagged KS KS 10 1 -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 X(cm) -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 Kaon time - nearest proton time (ns) − Die Vertex Trennung ist nur für π+ π− Endzustände möglich. − Die Zerfälle der KS Mesonen fallen in ein enges Zeitfenster, |∆t(p − KS )| ≤ 2 ns. Die beiden Mesonen lassen sich im Experiment in Ort und Zeit voneinander trennen. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 13 Die Messung von Re (² 0/²) 3.3 M 60000 4000 3000 1.05 40000 1.04 2000 KL → π π 0 0 20000 Die Energieunabhängigkeit 14.5 M Double Ratio Event per 5 GeV Weighted events per 5 GeV x 10 2 KL → π π + - 1000 χ /ndf = 13.2/19 2 1.03 1.02 0 x 10 80 2 100 120 140 160 Kaon energy (GeV) 4000 5.2 M 0 x 10 80 100 120 140 160 1.01 Kaon energy (GeV) 3 1 2000 22.2 M 0.99 3000 1500 0.98 2000 1000 0.97 KS → π π 0 0 1000 KS → π π + - 500 0.96 0.95 0 80 100 120 140 160 0 80 Kaon energy (GeV) 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 Kaon energy (GeV) 100 120 140 160 Kaon energy (GeV) NA48: (14.7 ± 1.4 (stat) ± 1.9 (sys)) · 10−4 − Die aktuellen Resultate für Re (² 0 /²) sind: KTeV: (20.7 ± 1.5 (stat) ± 2.4 (sys)) · 10−4 − Die größte systematische Unsicherheit resultiert aus der Messung der 2π0 Endzustände. Der ersten konsistenten, von Null verschiedenen Werte wurden erst 1999 erreicht. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 14 Der asymmetrische e+ e− Beschleuniger PEPII am SLAC 20 15 MB 0 +B 0 = 10.559 GeV ϒ(1S) - ϒ(2S) ϒ(3S) 10 + - σ (e e → Hadrons)(nb) 25 ϒ(4S) 5 0 9.44 9.46 10.00 10.02 10.34 10.37 10.54 10.58 10.62 Mass (GeV/c2) Ee + [GeV] Ee − [GeV] Lint [fb−1 ] Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 PEP-II 3.1 9.0 140 Richard Nisius KEK-B 3.5 8.0 140 Page 15 J/ψ → KS CP-Verletzung im B-System − Im Zerfall B0 (B0 ) → f mit f = J/ψKS gibt e+ e− , µ+ µ− → 2π es nur eine Zerfallsamplitude ⇒ | A | = 1 und A nur eine Oszillationsamplitude ⇒ | pq | = 1, also sollte die Interferenz ηC P (J/ψKS ) = −1 − Da A | A = 1 sein, und nur h i p A Imλ = Im q A 6= 0 die CP-Verletzung induzieren. − Dies führt zu einer zeitabhängigen Asymmetrie: − Af (t) = |λ| = | pq Af (t) = ´ ³ Γ B 0 →f −Γ (B 0 →f ) ³ ´ Γ B 0 →f +Γ(B 0 →f ) 1−|λ| 2 sin (∆md t) − 1+|λ| 2 cos (∆md t) = Imλ sin (∆md t), ³ ? ´³ ? ´ V tb V td V cd V cb ηC P (f) V ? V = ηC P (f)e−2iβ folgt Imλ = ?V V td tb cb cd 2Imλ 1+|λ| 2 λ= A Af (t) = −ηC P (f) sin 2β sin (∆md t) − In der Wolfenstein-P. gilt: sin 2β = 2η̄ (1−ρ̄) . η̄ 2 +(1−ρ̄) 2 Vtd V *tb VudV *ub Ein klarer Kanal mit geringer theoretischer Unsicherheit. SS 2003 Uni Augsburg −ηC P (f) sin 2β α − Aus ∆md = 3.2 · 10−4 eV folgt Tosz = 12.8 ps. Einblicke in die Teilchenphysik für |λ| = 1. γ C T06 β Vcd V *cb Richard Nisius B Page 16 Die Rekonstruktion der Ereignisse − Auf der Υ(4S) Resonanz wird zur Zeit t = 0 ein kohärenter B0 B0 -Zustand erzeugt. − Falls zur Zeit t ein B-Meson als B0 erkannt wird muss das andere BMeson ein B0 sein, und umgekehrt. − Zur Zeit t = ttag wird die flavour eines B-Mesons im Zerfall getaggt, z.B. durch Leptonen. βγ = 0.56 τB = 1.548 ± 0.03 ps − Zur Zeit t = trec wird der Zerfall @ @ des anderen B-Mesons in einen @ @ CP-Eigenzustand, z.B. J/ψ KS , vollständig rekonstruiert. − Die räumliche Differenz: ∆z = βγ c ∆t (∆z ≈ 250 µm, für ∆t = τ (B)), wird in ∆z eine Zeitdifferenz ∆t = ttag − trec = βγc umgerechnet, die mit einer Genauigkeit von etwa σ∆t = 1.1 ps gemessen wird. Durch den asymmetrischen Beschleuniger wird die Zerfallslänge im Detektor gestreckt. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 17 Events / 2.5 MeV/c2 Die Ausnutzung der Kenntnis der Strahlenergie 600 400 200 B → J/ψKS0 ψ(2S)KS0 χc1 KS0 ηc KS0 J/ψK ∗0 a) 5.22 2 ? ) der Vierer-Vektor ~B Hierbei ist (EB? , p des einlaufenden Elektrons im Υ(4S)-Schwerpunktsystem. 5.24 5.26 5.28 5.3 mES (GeV/c2 ) J/ψKL0 signal 150 100 b) − σm ES ≈ 2.5 MeV ? ? − EB ∆E = Ebeam J/ψX background − σ∆E ≈ 10 MeV Non-J/ψ background − Ein zweidimensionaler Schnitt mit: 50 0 -20 2 ? ? Ebeam −p ~B ? die Energie des B-Mesons und Ebeam Background 0 5.2 Events / 2 MeV mES = q |∆E| = 3σ∆E und 0 20 40 60 80 ∆E (MeV) 5.27 < mES < 5.29 GeV selektiert das Signal. Der zweidimensionale Schnitt ergibt eine gute Unterdrückung des Untergrunds. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 18 Raw Asymmetry Entries / 0.6 ps Die CP-Asymmetrien a) 0 B tags 100 −0 J/ψKL ηC P = −1 B tags b) Entries / 1 ps bei denen das andere B-Meson zur Zeit ttag − Die Untergrundereignisse sind als schraffiertes Histogramm dargestellt. 0 − Von Babar und Belle wurden je etwa 88M Ereig- -0.5 Raw Asymmetry trec als J/ψKS (KL ) rekonstruierten Ereignisse als B0 bzw. B0 identifiziert wurde. 0 0.5 c) 0 B tags 100 − Die zeitabhängigen Ereignisraten der zur Zeit −0 J/ψKL ηC P = +1 B tags 0 0.5 d) 0 -0.5 -5 0 Einblicke in die Teilchenphysik 5 ∆t (ps) nisse analysiert. Die heutige Statistik ist etwa zweimal so groß. Das Ergebnis ist: sin 2β = 0.741 ± 0.067 ± 0.033 (BaBar) sin 2β = 0.719 ± 0.074 ± 0.035 (Belle) − Beide Experimente finden: |λ| = 0.95 ± 0.05 ± 0.03, also |λ| = 1 und damit keine Evidenz für direkte CP-Verletzung. Der Kanal J/ψ KS liefert das klarste Signal. SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 19 Die Messungen von sin 2β Verschieden Kanäle (BaBar) J/ψ Ks (π π ) + - Verschiedene Experimente 0.82± 0.08 J/ψ Ks (π π ) 0.39± 0.24 ψ(2S)Ks 0.69± 0.24 χc1 Ks 1.01± 0.40 ηc Ks 0.59± 0.32 J/ψ KL 0.72± 0.16 0 0 BaBar 0.741±0.067±0.033 Belle 0.719±0.074±0.035 +0.41 0.79−0.44 CDF +0.82 0.84−1.04 ±0.16 Aleph +1.8 3.20−2.0 ±0.5 Opal *0 J/ψ K 0.22± 0.52 All modes 0.741±0.067 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 World Average 1.2 1.4 0.734±0.055 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 sin2β sin2β Heute ist die CP-Verletzung im B-System etabliert und sin 2β auf 7% genau bekannt. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 20 Einschränkung der Parameter der CKM-Matrix 2 η+− + 1 η wird aus − ²K ≡ ² = 3 3 00 K0 ↔ K0 Oszillationen bestimmt. 1 ? V |2 wird aus B0 ↔ B0 − ∆md ∝ |Vtb td ? V |2 aus B0 ↔ B0 und ∆ms ∝ |Vtb ts s s Oszillationen gewonnen. Das Verhältnis ∆md /∆ms liefert eines starke Einschränkung da einige theoretische Unsicherheiten herausfallen. ∆md ∆ms & ∆md η εK sin 2βWA 0 |Vub/Vcb| − | VVub | erhält man aus charmlosen semicb leptonischen B-Zerfällen. εK 2η̄ (1−ρ̄) − sin 2βWA ≡ sin 2β = η̄ 2 +(1−ρ̄) 2 kommt aus B0 ↔ B0 -Oszillationen mit Zerfällen in CP-Eigenzustände, wie z.B. J/ψKS . -1 CKM fitter package -1 0 ρ 1 2 − Die Berechnung der Ausschlussgrenzen erfolgt mit dem CKM-Fitter Softwarepaket. Durch Messungen verschiedener Observablen wird das Unitaritätsdreieck eingeschränkt. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 21 Zusammenfassung − Die Entdeckung der CP-Verletzung erfolgte 1964 durch Christenson, Cronin, Fitch und Turlay. Dies geschah vor der theoretischen Motivation im Standardmodell. − Die CP-Verletzung ist von fundamentaler Bedeutung, weil sie eine notwendige Voraussetzung für die beobachtete Baryonasymmetrie im Universum ist. − Die CKM-Matrix erzwingt und erklärt die CP-Verletzung durch das Auftauchen einer komplexen Phase. − Im Standardmodell gibt es drei Arten von CP-Verletzung 1) CP-Verletzung im Zerfall von Teilchen, 2) CP-Verletzung in Teilchen-Antiteilchen-Oszillationen und 3) CP-Verletzung durch eine Interferenz von Oszillations- und Zerfallsamplituden. − Heute ist die CP-Verletzung im Kaon-System sowohl im Zerfall als auch in K0 → K0 -Oszillationen etabliert. − im System neutraler B-Mesonen hat man die CP-Verletzung in der Interferenz von Oszillations- und Zerfallsamplituden gesehen, aber zur Zeit noch keine Evidenz für die CP-Verletzung im Zerfall. − In naher Zukunft werden wir weitere präzise Messungen von Babar und Belle bekommen. Einblicke in die Teilchenphysik SS 2003 Uni Augsburg T06 Richard Nisius Page 22