Experimente zur CP-Verletzung: B-Mesonen Tobias Weber Die Verletzung der CP-Symmetrie ist seit ihrer Entdeckung durch J. Cronin, V. Fitch und R. Turlay im System der neutralen K-Mesonen von hohem Interesse für die Teilchenphysik. Allerdings blieb das K-System lange Zeit das einzige Mesonensystem, in dem die CP-Verletzung nachgewiesen wurde. Dies änderte sich erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts, als die CP-Verletzung mit hohem experimentellem Aufwand auch bei den B-Mesonen bestätigt wurde. Die theoretische Erklärung im Rahmen des Standardmodells wurde von M. Kobayashi und T. Masukawa mit Hilfe der CKM-Matrix geliefert. II. T HEORIE Man unterscheidet 3 verschiedene Klassen der CPVerletzung. • • • CP-Verletzung im Zerfall (direkte CP-Verletzung) CP-Verletzung in der Mischung (indirekte CPVerletzung) CP-Verletzung in der Interferenz zwischen Mischung und Zerfall Diese 3 Effekte werden im Folgenden kurz diskutiert werden. I. E IGENSCHAFTEN DER B-M ESONEN Die B-Mesonen bestehen aus einem b-Quark oder einem Anti-b-Quark und leichteren Quarks wie den u,d-Quarks bzw. deren Antiteilchen. Sie haben eine Masse von ungefähr 5.3 GeV c2 und können sowohl neutral (in Kombination mit einem d-Quark) und als geladenen Teilchen (in Kombination mit einem u-Quark) vorkommen. Ihre Lebensdauer liegt in einer Größenordnung von 1.6 · 10−12 s. Zur Erzeugung der B-Mesonen können 2 verschiedene Prozesse genutzt werden. • Sie entstehen beim Zerfall der Υ(4S) Resonanz des Bottoniums bb̄. Diese Resonanz kann zum Beispiel in Elektron-Positron-Collidern erzeugt werden. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass das Υ(4S) fast ausschließlich in B-Mesonen zerfällt. • Bei Kollision hoch-energetischer Hadronen können virtuelle Gluonen entstehen, welche dann in ein BMesonenpaar zerfallen. Diese Methode wird beim LHC zur Erzeugung von B-Mesonen verwendet werden. CP-Verletzung im Zerfall Zur leichteren theoretischen Beschreibung dieses Typs definiert man zunächst du Zerfallsamplitude Af eines Zustands M in den Endzustand f als: Af = hM | H | f i CP-Verletzung im Zerfall tritt nun auf, wenn verschiedene Zerfallsamplituden zum Zerfall beitragen und die beiden Gesamtamplituden des Zustands und des CP-Zustands verschieden groß sind, d.h: Af Ā 6= 1 f CP-Verletzung in der Mischung Analog zu den K-Mesonen kann man unter Zulassung der CP-Verletzung auch im B-System zwei Superposition aus B 0 0 und B mit verschiedenen Massen definieren: 0 0 | BL i = p | B 0 i + q | B i, | BH i = p | B 0 i − q | B i Diese beiden Superpositionen können nun zeitlich entwickelt werden als: | Bj (t)i =| Bj (0)ie−iMj t e−Γt/2 Abbildung 1. Die Υ-Resonanzen bei e+ e− -Kollision Interessant für die Erforschung der CP-Verletzung wurden die B-Mesonen 1986, als am ARGUS Detektor in Hamburg eine Abweichung vom radioaktiven Zerfallsverhalten bei den B-Mesonen gemessen wurde. Damit war ein weiteres Mesonensystem gefunden in dem CP-Verletzung möglich ist. Wegen der größeren Masse der b–Quarks sollte diese außerdem stärker auftreten als bei den K-Mesonen. Diese Darstellung führt schließlich zu zeitlichen Oszillation der beiden B-Mesonen untereinander: 1 −Γt e (1 + cos(∆mt)) 2 2 1 q −Γt 0 0 2 | hB | B (t)i | = e (1 − cos(∆mt)) 2 p | hB 0 | B 0 (t)i |2 = 2 Diese Oszillation ist für den Fall pq 6= 1 nicht mehr symmetrisch was zur indirekten CP-Verletzung führt. CP-Verletzung in der Interferenz zwischen Mischung und Zerfall 0 Diese Form der CP-Verletzung tritt auf, wenn B 0 und B in gemeinsame CP-Eigenzustände zerfallen. Hierbei zerfällt der Zustand M direkt in den Endzustand f, während M zunächst zu M mischt und dann zerfällt. Zur besseren theoretischen Beschreibung führt man zunächst die Asymmetrie der Zerfallsbreiten und den Parameter λ wie folgt ein: λ = ηf q Af p Af 0 Af = Γ(B 0 → f ) − Γ(B → f ) 0 Γ(B 0 → f ) + Γ(B → f ) Es lässt sich zeigen, dass es zur CP-Verletzung kommt, wenn gilt: q Af λ = ηf p Af Die Größe Af lässt sich dann schreiben als: Af = −Im(λ) · sin(∆m · t) III. DAS BA BAR -E XPERIMENT Zur Zeit gibt es zwei große Experimente, die sich mit der CP-Verletzung an B-Mesonen beschäftigen. Zum einen das BaBar-Experiment am SLAC in Kalifornien und Belle am KEK in Japan. Da beide beide Experimente in Aufbau und Durchführung sehr ähnlich sind, werden wir uns im Folgenden dem BaBar-Experiment widmen. Das BaBar-Experiment ist eine Kolloboration von 500 Physikern und Ingenieuren. Die B-Mesonenpaare werden mit Hilfe des PEP-II Speicherrings, einem asymmetrischen Collider für Elektronen und Positronen, über den Zerfall des Υ(4S) erzeugt, wobei ein verschränkter Zustand aus einem B-Meson und einem Anti-B-Meson entsteht. Dabei werden die Elektronen auf eine Energie von 9.1 GeV und die Positronen auf eine Energie von 3 GeV beschleunigt. Dieser Energieunterschied wird benötigt um den entstehenden Teilchen einen “Boost” im Laborsystem zu geben und so eine Messung der Wegstrecke zwischen dem Zerfall der beiden B-Mesonen zu ermöglichen. Ohne Boost wäre diese Messung nicht möglich, da die Ortsauflösung des Detektors zu gering wäre. Der Zerfall der beiden B-Mesonen und deren Zerfallsprodukte werden vom BaBar-Detektor nachgewiesen. Als Beispiel für diesen Kanal wollen wir uns den Zerfall B 0 → J/ΨKS beschäftigen, da dieser der geforderte CPEigenzustand ist und CP-Verletzung nur in der Interferenz auftritt. Mit Hilfe einer Unitaritätsbedingung an die CKMMatrix (vgl. Vortrag V. Gülpers) ∗ Vud Vub + Vcd Vcb∗ + Vtd Vtb∗ = 0 und des entsprechenden Unitaritätsdreiecks findet man Abbildung 3. Der BaBar-Detektor Der Detektor setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen: • • Abbildung 2. Unitaritätsdreieck • schließlich, unter Beachtung von ηf = −1: • V ∗ Vtd q = tb ∗ = e2i(π−β) p Vtb Vtd Af = −sin(2β)sin(∆m · t) Die Untersuchung dieses Zerfalls würde also nicht nur CPVerletzung nachweisen, sondern auch eine Bestimmung des Winkels β im Unitaritätsdreieck ermöglichen. Somit ist auch die enge Verbindung der CP-Verletzung zur CKM-Matrix (indirekt) gezeigt. • Ein Silicon Vertex Tracker zur Ortsbestimmung des Zerfalls Eine Driftkammer zur Teilchenidentifikation über den charakteristischen Energieverlust Ein DIRC-Detektor zur Unterscheidung von π- und KMesonen Ein elektromagnetisches Kalorimeter Ein 1.5 T Magnet und der IFR zur Rückführung des Magnetfeldes Nach der Erzeugung zerfällt nun eines der beiden BMesonen in ein J/Ψ und ein KS . Diese beiden Teilchen sind ebenfalls instabil und zerfallen schließlich in ihre charakteristischen Zerfallsprodukte. Diese Zerfallsprodukte werden durch den BaBar-Detektor nachgewiesen und deren Energie und Impuls bestimmt. Mit diesen Information kann nun ein B-Meson rekonstruiert werden. • • • Abbildung 4. Zerfall eines B-Mesonenpaares Allerdings ist es noch nicht möglich eine Aussage darüber 0 zu treffen, ob ein B 0 oder B in das J/ΨKS zerfallen ist. Daher wird eine Information über die Natur des zweiten B-Mesons benötigt. Diese erhält man durch das sogenannte flavour tagging. Hierbei werden die flavourspezifischen Zerfälle des zweiten B-Mesons in Elektronen,Myonen bzw. geladene Kaonen nachgewiesen. Somit sind beide Zerfälle rekonstruiert. Nun wird noch die Zeitdifferenz zwischen diesen beiden Zerfällen benötigt. Diese Information erhält man durch den Silicon Vertex Tracker, der den Ort der beiden Zerfälle misst. Dann erhält man die Zeit mit Hilfe des Weg-Zeit-Gesetzes ∆z . ∆t = βγc Mit diesen Messwerten kann nun die Asymmetrie der Zerfallsbreiten und damit sin(2β) bestimmt werden. Abbildung 5. Messergebnis der Interferenz zwischen Mischung und Zerfall Man findet: sin(2β) = 0.681 ± 0.025. Also ein klarer Nachweis der CP-Verletzung im System der B-Mesonen. AUSBLICK Für die Zukunft sind weitere Experimente zur CPVerletzung mit K-,B und D-Mesonen geplant. Im Bereich der B-Meson Forschung ist vor allem das LHCb Experiment am Large Hadron Collider zu nennen. Durch die höhere Produktionsrate von B-Mesonen erhofft man sich eine höhere Genauigkeit der Messungen bzw. mehr Statistik. L ITERATUR • K. Kleinknecht (2003): Uncovering CP-Violation. Experimental Clarification in the neutral K Meson and B Meson Systems. Springer-Verlag C. Berger (2006): Elementarteilchenphysik. Von den Grundlagen zu modernen Experimenten. Springer-Verlag BaBar Documentation: http://www.slac.stanford.edu/BFROOT/www/doc/ Vorträge von K. Schubert: http://hep.phy.tu-dresden.de/~schubert/talks.html