Von der Züchtung zur Genomforschung

Werbung
Fotomontage: Hans Guldner
Pflanzengenetik
Frank Kempken
Von der Züchtung zur
Genomforschung
Die Züchtung von Pflanzensorten begann, wenn auch wohl
eher zufällig, schon vor einigen tausend Jahren. Aber erst
mit der (Wieder-)Entdeckung der Mendelschen Erbregeln
vor rund hundert Jahren konnten Züchtungen gezielt vorgenommen und dadurch erhebliche Ertragssteigerungen
erzielt werden. Im Wesentlichen sind Pflanzenkreuzungen
allerdings auf nahe verwandte Arten beschränkt. In zunehmenden Maße haben nun molekulargenetische Verfahren
Einzug in die Pflanzenzüchtung gehalten.
5
Pflanzengenetik
or etwa zwanzig Jahren
wurden erstmals gentechnisch veränderte Pflanzen
beschrieben, bei denen einzelne
Merkmale gezielt verändert worden
waren. Die pflanzliche Gentechnik
ermöglicht es, beliebige Gene eines
fremden Organismus in eine Pflanze einzubringen und dieser dadurch
neue Eigenschaften zu verleihen.
Im Gegensatz zur klassischen Pflanzenzüchtung spielen Artbarrieren
keine Rolle mehr. In diesem – eigentlich gar nicht mehr so jungen –
Fachgebiet liegt daher aus züchterischer Sicht ein erhebliches Zukunftspotenzial.
Die Kultivierung und Zuchtwahl
wichtiger Kulturpflanzen begann
schon vor etwa 9.000 bis 10.000
Jahren. Durch archäologische Untersuchungen konnte die Domestizierung des Weizens im Nahen
Osten auf die Zeit um 7.000 v. Chr.
datiert werden. Aus Wildformen
mit brüchiger Ährenspindel entstanden festspindelige Kulturformen (Einkorn und Emmer). In Höh-
V
len im Süden Mexikos wurden ursprüngliche Maissorten gefunden
und auf eine Zeit von 5.000 bis
3.400 v. Chr. datiert. Man vermutet,
dass der kolbentragende Mais (Zea
mays) durch Auftreten von Mutationen aus der rispigen Teosinte
(Euchlaena mexicana) entstand und
vom Menschen weiter kultiviert
und domestiziert wurde. Im Gegensatz zu diesen sehr alten Kulturpflanzen sind die meisten Kohlsorten sehr viel jüngeren Datums.
Kopfkohlsorten sind erst seit dem
12. Jahrhundert und Wirsing seit
dem 16. Jahrhundert bekannt.
Diese Beispiele belegen, dass
der Mensch schon seit Jahrtausenden Zuchtwahl betreibt, indem
er aus natürlich vorkommenden
Pflanzen für ihn geeignetere Formen ausliest. Für das Endergebnis
ist dabei unerheblich, dass die ersten Domestikationen wahrscheinlich eher zufällig erfolgt sind. Unsere
Hauptkulturpflanzen können somit
kaum als „natürlich“ im engeren
Wortsinn bezeichnet werden, da sie
in der Natur in ihrer gegenwärtigen
Form nicht vorkommen.
Dank Mendel gezielte
Züchtungen möglich
Gezielte Züchtungen sind erst seit
der Wiederentdeckung der Mendelschen Vererbungsregeln möglich
geworden. Gregor Mendel lebte von
1822 bis 1884, die von ihm entwickelten Gesetze wurden aber erst um
1900 wieder entdeckt. Die Pflanzenzüchter versuchen seither, durch
Kreuzung verschiedener Linien von
Nutzpflanzen möglichst viele positive Eigenschaften in einer Linie zu
vereinigen. Auf diese Weise und
in Verbindung mit verbesserten
Agrarmethoden konnten die Erträge
erheblich gesteigert werden. Gelegentlich ist – auch ohne Anwendung gentechnischer Verfahren –
die Überwindung von Art- und
Gattungsgrenzen
gelungen. Ein
bekanntes
Beispiel dafür
ist die Gattungshybride
Triticale, eine
Kreuzung aus
Weizen und
Roggen.
Gregor Mendel (1822–1884),
Augustinermönch und Entdecker der
Vererbungsgesetze.
Bei klassischen Kreuzungen
werden aber immer alle Erbanlagen
(Gene) der Eltern vermischt und
neu kombiniert. Dabei ist zu bedenken, dass Pflanzen mehrere zehntausend verschiedene Gene besitzen, die bei derartigen Kreuzungen
nach dem Zufallsprinzip neu „zusammengewürfelt“ werden. Aus
der Nachkommenschaft solcher
Kreuzungen müssen Pflanzen mit
den erwünschten Eigenschaften
selektiert und für weitere Kreuzungen verwendet werden. Dies ist
sehr arbeitsintensiv und die Etablierung einer neuen Zuchtlinie dauert daher oft 15 oder 20 Jahre.
DNA-Rekombinationstechniken
Zeitlicher Rahmen der Entwicklung von Kulturpflanzen.
Grafik: aus Kempken et al., 2004
6
mensch+umwelt spezial 17. Ausgabe 2004/2005
Die Kartierung von Erbanlagen –
die Lokalisierung von Genen auf
bestimmten Chromosomen beziehungsweise Chromosomenabschnitten – ist schon in der klassischen Pflanzenzüchtung zu einem
wichtigen Werkzeug geworden, um
bestimmte Erbanlagen möglichst
zielgerichtet an die Nachkommengeneration weitergeben zu kön-
nen. Heute ist die Genkartierung
durch molekularbiologische Methoden ergänzt und signifikant verfeinert. In den sechziger und siebziger
Jahren des 20. Jahrhunderts wurden viele grundlegende Methoden
entwickelt, die die Analyse von
DNA-Molekülen in bis dahin nicht
gekannter Auflösung und Präzision
erlaubten. Die molekulare Genkartierung eignet sich unter anderem
dazu, Pflanzen mit Eigenschaften,
die unter der Kontrolle mehrerer
Gene stehen (quantitative Merkmale oder quantitative trait loci, QTL),
zu selektieren, Gene mit schädlichen Auswirkungen zu entfernen
oder neue Gene aus verschiedenen
Zuchtlinien zu übertragen.
Einzigartig: das Bakterium
A. tumefaciens
Molekulargenetische Methoden
dienten auch dazu, ein einzigartiges
Bakterium zu studieren, das bei
Pflanzen die Bildung von Tumoren
auslöst. Dieses im Boden lebende
Bakterium, Agrobacterium tumefaciens, besitzt ein sogenanntes
Ti-Plasmid (Ti von Tumor induzierend), ein zusätzliches ringförmiges
DNA-Molekül, auf dem unter anderem die für die Tumorbildung verantwortlichen Gene lokalisiert sind.
Vom Bodenbakterium A. tumefaciens
erzeugter Tumor an einer Pflanze.
Foto: aus Kempken et al., 2004
Ein kleiner Teil des Ti-Plasmids, die
T-DNA (Tumor-DNA), kann von
Agrobacterium in zweikeimblättrige Pflanzen übertragen und dort in
das Genom eingebaut werden. 1980
wurde erstmals eine Fremd-DNA
(das bakterielle Transposon Tn7) in
Tabakpflanzen übertragen, wobei
das Plasmid von A. tumefaciens als
Genfähre oder Vektor diente. Da
die T-DNA Sequenzen selbst noch
unverändert waren, bildeten derartig transformierte Pflanzen natürlich
immer auch Tumoren. Drei Jahre
später modifizierten mehrere Forschergruppen in grundlegenden Arbeiten die T-DNA und fügten Fremdgene ein, die Resistenz gegen bestimmte Antibiotika verliehen.
Außerdem waren die Tumor induzierenden Gene entfernt worden.
Die Fremd-DNA wurde dann zusammen mit dem Rest der T-DNA in
die Pflanze übertragen, die dadurch
genetisch verändert – transgen –
wurde. Dieser Erfolg wurde durch
die vorangegangene genaue Untersuchung des Infektionsweges von
A. tumefaciens und die Verfügbarkeit von Selektionssystemen (Antibiotikaresistenzen) für Pflanzen
möglich.
Protoplasten einer Tabakzelllinie.
Foto: aus Kempken et al., 2004
Gerät zur biolistischen Transformation. Foto: Bio-Rad
Protoplasten
und „Genkanonen“
Seit diesem wissenschaftlichen
Durchbruch wurde eine stetig
wachsende Zahl von Pflanzen nahezu aller systematischen Gruppen erfolgreich transformiert. Mittlerweile
stehen noch weitere Methoden zur
genetischen Veränderung von
Pflanzen zur Verfügung. 1984 wurde
die Transformation von Maisprotoplasten beschrieben. Bei diesem
Verfahren wird die Zellwand enzymatisch abgebaut und die nun zellwandlosen Protoplasten entweder
mit Polyethylenglykol behandelt
oder durch Elektroschock elektrisch
depolarisiert, damit fremde DNAMoleküle von außen in die Zellen
eindringen können. Seit 1987 wird
außerdem die so genannte biolistische Transformation („Genkanone“) verwendet. Kleine Gold- oder
Wolframpartikel werden mit einer
DNA-Lösung benetzt, in eine Druckkammer gebracht und im Vakuum
mit hoher Geschwindigkeit auf
Pflanzenzellen „geschossen“. Die
Partikel durchschlagen die Zellwand und verbleiben in der Pflanzenzelle. Dort löst sich die DNA von
den Trägerpartikeln und kann in
den Zellkern eindringen. Auf diese
Weise gelang erstmalig auch die
Transformation von wichtigen
einkeimblättrigen Pflanzen: 1988
die von Reis, 1990 die von Mais
und 1992 die von Weizen.
Freisetzungen und
Kommerzialisierung
Während zunächst eine Experimentalphase mit zahlreichen Freisetzungen in kleinem Rahmen erfolgte, steht heute in vielen Bereichen
bereits die Anwendung transgener
Pflanzen im Vordergrund. Bis einschließlich 1999 wurden weltweit
etwa 9.000 Freisetzungsexperimente
7
Pflanzengenetik
mit Pflanzen genehmigt. Bezieht
man auch die unterschiedlichen
Orte je Freisetzungsexperiment mit
ein, waren es bis April 2002 weltweit sogar zirka 38.000 Freisetzungen. Etwa 1.830 Freisetzungen
(nur Anträge gezählt, nicht die einzelnen Orte) fanden in den Ländern
der Europäischen Union statt, in
Deutschland bis Anfang 2002 jedoch
nur zirka 135. Diese Zahlen dokumentieren, dass – international
betrachtet – die Erfahrungen mit
transgenen Pflanzen im Freiland
bereits sehr groß sind; in Deutschland ist dieses Know-how aufgrund
der geringen Zahl an Freisetzungen allerdings nur in begrenztem
Maß vorhanden.
Im Jahr 1994 kam mit der Flavr
Savr® Tomate die erste gentechnisch veränderte Pflanze beziehungsweise deren Frucht auf den Markt.
Schon vier Jahre später, 1998,
waren international bereits 48 transgene Pflanzen oder deren Produkte
zugelassen.
Die weltweite Anbaufläche für
transgene Pflanzen betrug im Jahr
2004 fast 81 Millionen Hektar. Darin
enthalten sind 50 Prozent der Mais-,
etwa 91 Prozent der Sojabohnenund 80 Prozent der Baumwollanbaufläche der USA. Auf fast zwei
Dritteln der kanadischen Rapsanbauflächen wachsen transgene Pflanzen, und auch die Länder der so genannten Dritten Welt nutzen in
zunehmendem Maße genetisch
veränderte Pflanzen. Fast alle – 90
Prozent – der heute angebauten
transgenen Pflanzen tragen eine
Herbizid- oder Schädlingsresistenz.
Berücksichtigt man die Tatsache,
dass zum Beispiel Sojaprodukte
aus den USA in mehr als 20.000
verschiedenen Nahrungsmitteln
enthalten sind, zeigt dies den großen
Einfluss, den die Grüne Gentechnik bereits jetzt auf die Nahrungsmittelherstellung hat.
8
Gentechnische Verfahren stellen
somit eine wichtige methodische
Ergänzung der Pflanzenzüchtung
dar, indem sie die Einbringung eines
oder weniger Gene in eine Pflanze
ermöglichen. Die Artgrenzen spielen
hierbei keine Rolle mehr: Es ist
nicht nur möglich, Gene aus anderen Pflanzen, sondern auch aus
Bakterien, Pilzen, Tieren oder dem
Menschen funktionsfähig in Pflanzen zu übertragen. Im Prinzip
sind lediglich Änderungen an den
Kontrollbereichen der Gene (Promotoren, Terminatoren) notwendig.
Unerwünschtes
ausschalten
Mittlerweile gelingt es aber nicht
nur, zusätzliche Eigenschaften in
eine Pflanze einzubringen, sondern
auch die Produktion unerwünschter
pflanzlicher Stoffe, beispielsweise
toxische oder allergene Substanzen, zu unterbinden. Eine gezielte
Inaktivierung von Genen – etwa
durch homologe Rekombination –
ist in höheren Pflanzen zwar nur
selten erfolgreich, aber es können
sogenannte T-DNA-Insertionsbanken nach entsprechenden Mutanten durchmustert werden.
Solche Banken bestehen aus DNA
von Pflanzen, die mit T-DNA von A.
tumefaciens transformiert wurden.
Da die T-DNA an beliebiger Stelle
ins Genom eingebaut wird, kann
zufällig auch das Gen, das für die
unerwünschte Eigenschaft kodiert,
getroffen und durch die Insertion
inaktiviert sein. Um fündig zu
werden, müssen allerdings viele
tausend derartige Insertionslinien
durchsucht werden. Inzwischen
gibt es Institutionen, die bereits
charakterisierte Insertionsmutanten im Internet anbieten (zum Beispiel http://www.mpizkoeln.mpg.
de/GABI-Kat/).
Eine weitere Möglichkeit zur
Ausschaltung der Synthese unerwünschter Substanzen ist das
„gene silencing“, ein Vorgang, der
bei Tieren unter RNA-Interferenz
(RNAi) bekannt ist. Hier wird ein
Teil des betreffenden Gens so modifiziert und in Pflanzen eingebracht, dass die daraus abgeleitete
RNA doppelsträngige Bereiche
(„Haarnadelschleifen“) bildet. In
der Zelle werden solche doppelsträngigen RNA-Moleküle durch
ein bestimmtes Enzym in kleine
Teilstücke zerlegt. Diese Fragmente lagern sich dann an die entsprechenden Sequenzen der zelleigenen RNA-Moleküle an, worauf
auch diese enzymatisch abgebaut
werden. Bei diesem Verfahren
wird also nicht das Gen selbst zerstört, sondern das Botenmolekül
mRNA, das für die Übermittlung
der genetischen Information von
der DNA zur ProteinsyntheseMaschinerie, den Ribosomen, verantwortlich ist.
Sicherheitsaspekte
Mittels zellwandlytischer Enzyme
wurden Protoplasten aus einer
Tabakzelllinie (BY2) erzeugt. In diese
Protoplasten wurden das GFP-Gen
transformiert, das zur Bildung eines
grün fluoreszierenden Proteins führt.
Zusätzlich zeigen die Mitochondrien
nach Behandlung mit dem Farbstoff Mito-Tracker eine orange-rote
Fluoreszenz
Foto: Stockmeyer, Kempken
mensch+umwelt spezial 17. Ausgabe 2004/2005
Beim Einsatz gentechnischer Methoden sind zahlreiche Sicherheitsaspekte zu bedenken, die von Fall
zu Fall – also keinesfalls pauschal –
zu beurteilen sind. Die Gentechnologie kann bisher auf eine exzellente Sicherheitsbilanz verweisen: Seit
den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts, also solange diese Technologie existiert, sind bei gentechnischen Arbeiten mit Pflanzen und
Mikroorganismen noch nie Unfälle
bekannt geworden oder Menschen
zu Schaden gekommen.
Bausteine des Lebens: DNA, RNA und Proteine
Einzelne Abschnitte der DNA, die die Information für ein Protein oder eine RNA enthalten, bezeichnet man als Gene. Die Gene
der meisten Eukaryoten enthalten zusätzlich zu den für die eigentliche Proteinsequenz
kodierenden Sequenzen (fachsprachlich
Exons) noch unterbrechende Sequenzen, die
als Introns bezeichnet werden. Die Introns
werden im Verlauf der Genexpression entfernt.
Die Realisierung der in der DNA gespeicherten Information – die Genexpression –
ist ein komplizierter Prozess, der hier nur
vereinfacht dargestellt werden kann. Zunächst wird in einem als Transkription bezeichneten Vorgang von einem Gen eine
Schematisierte Darstellung der Transkription von DNA in RNA (Bildmitte)
Kopie in Form eines primären RNA-Moleund der Translation von RNA in Protein (rechts).
küls angelegt (prä-mRNA). Häufig wird diese
Grafik: DHGP (modifiziert)
prä-mRNA nach ihrer Transkription noch
weiter modifiziert. Beispielsweise werden an
Die wichtigsten Bausteine für die Struktur und Funktion
das 3´-Ende der mRNA vieler eukaryotischer Gene Ketvon Organismen sind Proteine (Eiweiße), die ihrerseits
ten von Nukleotiden der Base Adenin (poly-A-Schwanz)
aus Aminosäuren aufgebaut sind. Es gibt 20 verschiedene
und an das 5´-Ende ein sogenanntes „Cap“ (Komplex
Aminosäuren, die zu zahllosen Proteinen mit den unteraus methylierten Basen) angefügt. Andere Modifikatioschiedlichsten Eigenschaften kombiniert werden können.
nen entfernen die häufig vorhandenen Introns. Diesen
Der Bauplan für die Abfolge der Aminosäuren ist im
Vorgang nennt man „spleißen“. Schließlich liegt die
Genom gespeichert.
sogenannte reife mRNA vor, die vom Zellkern ins ZytoMit Ausnahme einiger Viren verwenden alle Lebeplasma wandert. Dort erfolgt die Translation, also die
wesen Desoxyribonukleinsäure (DNA) als chemischen
Übersetzung der Nukleotidsequenz in die ProteinseTräger der Erbinformation. Die DNA ist eine Helix aus
quenz.
zwei im Gegensinn angeordneten Strängen. Das „RückDie Translation findet an den Ribosomen statt, spegrat“ der DNA wird aus Desoxyribosemolekülen (Zuziellen Zellstrukturen, die sich aus RNA-Molekülen
ckern) gebildet, die über Phosphatbrücken miteinander
und Proteinen zusammensetzen. Man findet in den Riboverbunden sind. Die genetische Information der DNA ist
somen insgesamt vier RNAs, die als ribosomale RNAs
in der Abfolge der vier Basen Adenin (A), Cytosin (C),
oder rRNAs bezeichnet werGuanin (G) und Thymin (T) gespeichert, die jeweils an ein
den und ein komplexes
Desoxyribosemolekül gebunden sind. Die Verbindung
Faltungsmuster (Sekundäraus einer Desoxyribose, einem Phosphatrest und einer
struktur) aufweisen. Dazu
Base bezeichnet man als Nukleotid. Die beiden Stränge
kommen zahlreiche Protewerden über Wasserstoffbrückenbindungen zwischen
ine, die mit der rRNA komden komplementären Basen Adenin und Thymin bezieplexiert sind und so die
hungsweise Guanin und Cytosin zusammengehalten.
Ribosomen bilden. Die
Eine weitere wichtige Nukleinsäure ist die RNA (RibomRNA wird an den
nukleinsäure), die normalerweise als Einzelstrang vorRibosomen schrittweise in
liegt. Die RNA enthält als Zucker Ribose und die drei Badie entsprechende ProteinBasenpaar Adeninsen Adenin, Cytosin und Guanin, aber statt Thymin (wie
sequenz übersetzt. Hierfür
Thymin. Grafik: DHGP
in der DNA) die Base Uracil.
werden unter anderem die
Die DNA kodiert die Information für alle Proteine und
tRNAs benötigt, die einerfür einige besondere RNA-Moleküle (die rRNAs und
seits ein Triplett auf der
tRNAs), die bei der Translation (siehe unten) von BedeumRNA erkennen und andetung sind. Die Syntheseanleitung für Proteine ist in der
rerseits eine ganz bestimmte
DNA verschlüsselt gespeichert. Jeweils drei Nukleotide
Aminosäure, die von diesem
(ein Triplett beziehungsweise Codon) kodieren für eine
Triplett kodiert wird, gebunbestimmte Aminosäure, wobei unterschiedliche Tripletts
den haben. Enzyme verbinfür die gleiche Aminosäure kodieren können (zum Beiden unter Wasserabspaltung
spiel die Tripletts CAT und CAC für die Aminosäure Histidie einzelnen Aminosäuren
din). Das Triplett mit der Sequenz ATG bezeichnet den
und generieren damit das
Beginn eines Proteins, während das Ende von einem der
Protein, dessen biologische
drei so genannten Stoppcodons (TAA, TGA, TAG) defiFunktion durch die Abfolge
Basenpaar Guaninniert wird. Diese Kodierung gilt mit wenigen Abweichunseiner Aminosäuren defiCytosin. Grafik: DHGP
gen für die Genome aller Lebewesen.
niert ist.
Dennoch sieht sich die Grüne
Gentechnik in Europa und vor allem
in Deutschland erheblichen Widerständen ausgesetzt. Zu den Befürchtungen der Kritiker gehören
insbesondere die unkontrollierte
Verbreitung von Transgenen über
den Pollen, die Bildung von toxischen Substanzen durch Wechselwirkung mit anderen Pflanzenbe-
standteilen oder allergische Reaktionen nach dem Genuss transgener Pflanzenprodukte. Um diesen
potenziellen Risiken aus dem Weg
zu gehen, wurden und werden
9
Pflanzengenetik
die Unfähigkeit vieler Pflanzen, den
Zucker Mannose als Kohlenstoffquelle verwerten zu können. Kloniert
man in solche Pflanzen – zusammen
mit dem eigentlichen Transgen –
die DNA für ein bestimmtes Enzym
(die Mannose-6-Phosphat-Isomerase), können nur die erfolgreich
transformierten Pflanzen auf Mannose-haltigen Nährböden wachsen.
Meilensteine der pflanzlichen Gentechnik
Jahr
1980
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1994
1998
1999
2000
2002
Wichtige Entwicklung
erstmals Übertragung von bakterieller DNA mittels Agrobacterium
tumefaciens auf Pflanzen
selektive Marker, „entschärftes“ Ti-Plasmid
Transformation von Protoplasten
Übertragung von Herbizidresistenz
Übertragung von Virusresistenz, erste Freisetzungsexperimente
Übertragung von Insektenresistenz, biolistische Transformation
Kontrolle der Fruchtreife bei Tomaten
Herstellung von Antikörpern in höheren Pflanzen
biolistische Transformation von Mais, männliche Sterilität künstlich
erzeugt
modifizierte Kohlenhydratzusammensetzung, erste Freisetzung
transgener Pflanzen in Deutschland (Petunien)
verbesserte Alkaloidproduktion, veränderte Fettsäuren, biolistische
Transformation von Weizen, erstmals bioabbaubares Plastik durch
transgene Pflanzen
Flavr Savr® Tomate erhältlich (erstes gentechnisch verändertes
marktreifes pflanzliches Produkt)
erstmals mehr als 10 Transgene gleichzeitig in eine Pflanze übertragen, weltweit sind 48 und in den USA 35 transgene Pflanzen
kommerziell zugelassen
transgener Reis mit Provitamin A („Goldener Reis“), Anbaufläche
transgener Nutzpflanzen weltweit größer als 40 Mio. Hektar
das erste pflanzliche Genom (Arabidopsis thaliana) ist vollständig
sequenziert
Veröffentlichung der Sequenz des Reis-Genoms, Anbaufläche transgener Nutzpflanzen weltweit 58,7 Mio. Hektar
neue methodische Ansätze entwickelt. Beispielsweise lässt sich eine
Übertragung von Transgenen über
den Pollenflug dadurch verhindern,
dass die Transgene in Chloroplasten
verankert werden. Chloroplasten
werden bei den meisten Kulturpflanzen nämlich nur mütterlich vererbt.
Auch die Verwendung von Antibiotikaresistenzgenen zur Selektion
von erfolgreich transformierten
Pflanzen hat zu Bedenken geführt.
Zwar ist praktisch ausgeschlossen,
dass diese eine Gefährdung darstellen, dennoch wurden alternative Selektionsverfahren entwickelt,
die ohne Resistenzgene auskommen. So nutzt man zum Beispiel
10
Grundlagenforschung
und Pflanzengenome
Abgesehen von der wirtschaftlichen
Anwendung transgener Pflanzen
ist es nun auch möglich, die Wirkweise von Genen bei der pflanzlichen Entwicklung und anderen biologischen Vorgängen zu studieren.
So verwendet man zum Beispiel
transgene Pflanzen, um die genetischen Vorgänge bei der Blüten-,
Wurzel- und Fruchtentwicklung zu
untersuchen.
Von großer Bedeutung sind hier
auch die enormen Fortschritte bei
der Sequenzanalyse pflanzlicher
mensch+umwelt spezial 17. Ausgabe 2004/2005
Genome. Durch die Entwicklung
moderner Methoden konnten mittlerweile die kompletten Genome
der Ackerschmalwand (Arabidopsis
thaliana) und des Reis (Oryza sativa)
sequenziert werden.
Arabidopsis thaliana besitzt mit
1,25 x 108 Basenpaaren eines der
kleinsten bekannten Pflanzengenome. Es umfasst über 25.000 proteinkodierende Gene, die auf fünf
Chromosomen verteilt sind (näheres dazu im Beitrag „Ein Unkraut
als Modell für Pflanzengenome“
in diesem Magazin). Das ReisGenom ist etwa dreimal und das
Mais-Genom etwa 20-mal so groß
wie das von A. thaliana. Beim
Weizen ist das Genom nach Schätzungen sogar etwa 120-mal so
groß. Für diesen enormen Größenanstieg sind Genduplikationen und
insbesondere bestimmte mobile
genetische Elemente verantwortlich,
die in sehr großer Zahl vorkommen. Auch die Genome der Chloroplasten (Plastom) und der Mitochondrien (Chondriom) von A. thaliana sind sequenziert. Die Analyse
der Plastome höherer Pflanzen ist
vor allem deshalb bedeutsam, weil
Fremdgene nicht nur in den Zellkern, sondern auch in Chloroplasten transformiert werden können.
Die aus der Grundlagenforschung gewonnene Erkenntnisse
über die Funktion der pflanzlichen
Genome werden dazu beitragen,
neue Anwendungsaspekte zu
entwickeln und das Potenzial, das
Pflanzen mit ihren zahllosen sekundären Pflanzenstoffen bieten, in
Zukunft besser nutzen zu können.
Literaturhinweise:
Chrispeels, M.J., Sadava, D.E.: Plants,
Genes and Agriculture. Jones & Bartlett,
London (1994)
Franke, W.: Nutzpflanzenkunde, 6. Aufl.,
Thieme, Stuttgart (1997)
Hagemann, R.: Allgemeine Genetik, 4. Aufl.,
Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg (1999)
Kempken, F., Kempken, R., Stockmeyer, K.:
Gentechnik bei Pflanzen – Chancen und
Risiken. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2. Aufl. (2004)
Herunterladen