Neue Arzneimittel für Kleintiere 2010

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Übersichtsartikel
© Schattauer 2011
Neue Arzneimittel für Kleintiere 2010
I. U. Emmerich
Institut für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie, Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig
Schlüsselwörter
Key words
Arzneimittel, Zulassung, Cefalexin, Deslorelin, Meloxicam, RingerLactat-Lösung, Hunde, Katzen
Drugs, registration, Cefalexin, Deslorelin, Meloxicam, Ringer’s lactate
solution, dogs, cats
Zusammenfassung
Summary
Im Jahr 2010 kamen für Kleintiere weder Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen noch Präparate mit einer Zulassungserweiterung hinsichtlich
der Tierarten auf den deutschen Markt. Lediglich ein Tierarzneimittel
mit einer interessanten neuen Darreichungsform, zwei Präparate in einer neuen Wirkstärke und ein aufgrund anderer Kriterien interessantes
Präparat wurden 2010 eingeführt. Vorgestellt werden ferner neun im
Jahr 2010 neu zugelassene Wirkstoffe für die Humanmedizin, die für die
Tiermedizin interessant sein könnten (das Analgetikum Tapentadol, das
Antiallergikum Bilastin, die Antiarrhythmika Dronedaron und Vernakalant, das Antihämorrhagikum Eltrombopag, das Broncholytikum Roflumilast, das Hormon Corifollitropin alfa, das Laxans Prucaloprid und das
Zytostatikum Mifamurtid).
In 2010, no active pharmaceutical ingredients were released on the
German market for small animals. Furthermore, no additional substances were authorized for additional species. Only one drug with an interesting new pharmaceutical form, two products with a new strength
and one drug, which is interesting because of other criteria, were added
to the market for small animals. In addition, nine active pharmaceutical ingredients with approval for use in human medicine, which are of
potential interest for veterinary medicine, entered the market in 2010.
Those are the analgesic Tapentadol, the antiallergicum Bilastine, the
antiarrhythmics Dronedarone and Vernakalant, the antihaemorrhagic
Eltrombopag, the bronchodilator Roflumilast, the hormone Corifollitropin alfa, the laxative Prucalopride and the cytostatic Mifamurtide.
Korrespondenzadresse
Dr. Ilka Ute Emmerich
Institut für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie
Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig
An den Tierkliniken 15, 04103 Leipzig
E-Mail: [email protected]
New drugs for small animals in 2010
Tierärztl Prax 2011; 39 (K): 429–435
Eingegangen: 18. Juli 2011
Akzeptiert nach Revision: 26. August 2011
Ringer-Lactat-Lösung (Ringer-Lactat-Lösung nach Hartmann
B. Braun Vet Care), Wiederzulassung in der Veterinärmedizin
Einleitung
●
Mit diesem Artikel soll wie bereits in vorangegangenen Jahren ein
Überblick über interessante Neuzulassungen auf dem Arzneimittelmarkt für Kleintiere gegeben werden. Allerdings wurden im Jahr
2010 keine Präparate mit Wirkstoffen, die erstmals für die Veterinärmedizin bzw. für weitere Tierarten zugelassen wurden, auf den
Markt gebracht. Lediglich vier Tierarzneimittel, die aufgrund ihrer
neuen Darreichungsform, ihrer erweiterten Indikation oder anderer Kriterien interessant sind, stehen zur Besprechung an:
● Cefalexin (Cefalexin 125 mg/ml Salbe zum Eingeben für Hunde), neue Darreichungsform: Salbe zum Eingeben, bislang nur
als Tablette zum Eingeben verfügbar
● Deslorelin (Suprelorin® 9,4 mg Implantat für Hunde), neue
Wirkstärke: 9,4 mg, bislang nur als Implantat mit 4,7 mg für
Hunde verfügbar
● Meloxicam (Metacam® 2 mg/ml Injektionslösung für Katzen),
neue Wirkstärke: 2 mg/ml, bislang nur als 5 mg/ml Injektionslösung für Katzen verfügbar
Des Weiteren sollen neu zugelassene, für die Tiermedizin interessant erscheinende humanmedizinische Präparate erwähnt werden, die 2010 in den Markt eingeführt wurden. Allerdings dürfen
diese Arzneimittel, die nicht für Tiere zugelassen sind, nur im so
genannten Therapienotstand für Kleintiere umgewidmet werden.
Dies bedeutet, dass sie erst angewendet werden dürfen, wenn kein
zugelassenes Arzneimittel für die betreffende Tierart und das Anwendungsgebiet oder ein für eine andere Tierart zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, mit dem das Therapieziel erreicht
werden kann. Des Weiteren muss bei ihrer Anwendung beachtet
werden, dass aufgrund fehlender Erfahrung in der Veterinärmedizin sowohl toxische als auch therapeutische Effekte nur schwer
einschätzbar sind (12).
Bei den neu zugelassenen humanmedizinischen Präparaten
handelt es sich um:
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I. U. Emmerich: Neue Arzneimittel für Kleintiere 2010
Analgetika
● Tapentadol (Palexia® Retardtabletten): neues Opioid-Analgetikum
Antiallergika
● Bilastin (Bitosen® Tablette): neues H1-Antihistaminikum
Antiarrhythmika
● Dronedaron (Multaq® Filmtablette): neues Antiarrhythmikum
zur Behandlung von Vorhofflimmern
● Vernakalant (Brinavess® Wirkstoffkonzentrat zur Herstellung
einer Infusionslösung): neues Antiarrhythmikum zur raschen
Konversion eines kürzlich aufgetretenen Vorhofflimmerns in
den Sinusrhythmus
Antihämorrhagika
● Eltrombopag (Revolade® Filmtabletten): erster oraler Thrombopoetin-Rezeptoragonist
Broncholytika/Antiasthmatika
● Roflumilast (Daxas® Filmtabletten): Phosphodiesterase-4-Inhibitor zur Bronchodilatation bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)
Hormone
● Corifollitropin alfa (Elonva® Injektionslösung): follikelstimulierendes Hormon (FSH) mit verlängerter Halbwertszeit
Laxantia
● Prucaloprid (Resolor® Filmtabletten): Serotonin-(5-HT4)-Rezeptoragonist zur Behandlung von Obstipation
Zytostatika
● Mifamurtid (Mepact® Pulver zur Herstellung einer Infusionssuspension): Immunstimulans zur Behandlung von Osteosarkomen
Interessante Neuzulassungen
in der Tiermedizin
Die besprochenen neu zugelassenen Präparate sind in 씰Tabelle 1
zusammengefasst dargestellt.
Neue Darreichungsform
Das oral anwendbare Cephalosporin Cefalexin stand für Hunde
bislang nur als Tablette in Wirkstärken von 50 mg bis 750 mg von
verschiedenen Anbietern zur Verfügung. Seit 2009 gibt es mit Cefalexin 125 mg/ml Salbe zum Eingeben für Hunde den Wirkstoff in einer neuen Darreichungsform. Die Salbe zur oralen Eingabe ist zur
Behandlung von bakteriellen Infektionen der Haut bei Hunden
wie oberflächliche und tiefe Dermatitiden, Follikulitis, Furunkulose, Staphylokokkenallergie zugelassen, die durch grampositive und
gramnegative Cefalexin-empfindliche Erreger verursacht werden.
Das Präparat ist bei der Firma CP-Pharma erhältlich.
Neue Wirkstärke
Das nichtsteroidale Antiphlogistikum Meloxicam, das bislang als
Injektionslösung für Katzen nur in einer Wirkstärke von 5 mg/ml
verfügbar war, erhielt jetzt auch in einer Konzentration von
2 mg/ml eine Zulassung. Die Injektionslösung Metacam® 2 mg/ml
Injektionslösung für Katzen, die von der Firma Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH vertrieben wird, ist zur Verminderung von
geringen bis mäßigen postoperativen Schmerzen und Entzündun-
Tab. 1
Übersicht über die im Artikel besprochenen veterinärmedizinischen Arzneimittel. Die interessanten Neuerungen, die zur Aufnahme der Arzneimittel in den Artikel geführt haben, sind rot hervorgehoben.
Table 1 Overview of the drugs for veterinary use presented in the article. Interesting innovations which led to the inclusion of the drugs in the article are
highlighted in red.
Wirkstoffgruppe
Wirkstoff
Präparat (geschützter
Warenname)
WirkstoffDarreichungsform und
konzentration Art der Anwendung
Tierart
Vertreiber
Cefalexin
125 mg/ml
Salbe zum Eingeben
Hunde
CP-Pharma
9,4 mg
Implantat zur subkutanen
Injektion
Hunde
Virbac Tierarzneimittel
Antibiotika
Cefalexin
Hormone und hormonell wirksame Pharmaka
Deslorelin
Suprelorin®
Infusionslösungen zur Behandlung von Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt
Natriumchlorid, Kaliumchlorid, CalciumchloridDihydrat, Natrium-(S)lactat
Ringer-Lactat-Lösung nach
Hartmann B. Braun Vet Care
6 mg/ml
0,4 mg/ml
0,27 mg/ml
3,12 mg/ml
Infusionslösung zur intravenösen Anwendung
Rinder, Pferde, Schafe, B. Braun Vet Care
GmbH
Ziegen, Schweine,
Hunde, Katzen
2 mg/ml
Injektionslösung zur subkutanen Anwendung
Katzen
Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID)
Meloxicam
Metacam®
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Boehringer Ingelheim Vetmedica
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gen nach operativen Eingriffen bei Katzen, z. B. orthopädischen
Eingriffen und Weichteiloperationen, zugelassen.
Der GnRH-Agonist Deslorelin, der als Implantat bereits mit einem Wirkstoffgehalt von 4,7 mg für Hunde erhältlich ist (6), wurde mit 9,4 mg Wirkstoff pro Implantat zugelassen. Durch die Verdopplung des Wirkstoffgehalts wurde auch die Wirkungsdauer des
Implantats verdoppelt bzw. um 6 Monate verlängert (4,7 mg =
6 Monate versus 9,4 mg = 12 Monate). Suprelorin® 9,4 mg Implantat für Hunde wird von der Firma Virbac vertrieben und ist wie
die andere Wirkstärke zur Erzielung einer vorübergehenden Unfruchtbarkeit bei gesunden, nicht kastrierten, geschlechtsreifen
Rüden zugelassen.
Andere Kriterien
Die Ringer-Lactat-Lösung, eine Vollelektrolytlösung, steht jetzt
wieder als tiermedizinisches Präparat zur Infusionstherapie bei
Groß- und Kleintieren zur Verfügung. Sie erhielt als Ringer-LactatLösung nach Hartmann B. Braun Vet Care eine Zulassung für Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen, Schweine, Hunde und Katzen zur Anwendung bei isotoner Dehydratation, metabolischer Azidose und
hypotoner Dehydratation sowie zur Aufrechterhaltung des physiologischen extrazellulären Flüssigkeitsvolumens und Elektrolytsubstitution nach Verbrennungen. Erhältlich ist sie bei der Firma
Tab. 2
Übersicht über für die Tiermedizin interessante,
neu zugelassene humanmedizinische Arzneimittel
B. Braun Vet Care GmbH. Damit ist die Umwidmung humanmedizinischer Ringer-Lactat-Lösungen bei Tieren nicht mehr erforderlich.
Humanmedizinische Präparate
Eine Übersicht zu den besprochenen neu zugelassenen Präparaten
findet sich in 씰Tabelle 2.
Analgetika
Das stark wirksame zentrale Analgetikum Tapentadol (Palexia®
retard 50 mg/-100 mg/-150 mg/-200 mg/-250 mg Retardtabletten)
ist ein neues Opioid, das zur Behandlung starker, chronischer
Schmerzen bei Erwachsenen zugelassen wurde, die nur mit
Opioidanalgetika angemessen behandelt werden können (17).
Tapentadol wirkt als μ-Opioid-Rezeptoragonist und als Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer und unterliegt aufgrund seines Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzials dem Betäubungsmittelgesetz (16, 17). Es wirkt direkt ohne pharmakologisch aktive
Metaboliten und ist bei nozizeptiven, neuropathischen, viszeralen
und entzündlichen Schmerzen wirksam (11). Obwohl die Affinität
von Tapentadol zum μ-Rezeptor etwa 50-fach geringer ist als die
Wirkstoffgruppe Präparat
Wirkstoff
Darreichungsform und
Art der Anwendung
Vertreiber
Palexia®
Retardtablette zum Einnehmen
Grünenthal
Bitosen®
Tablette zum Einnehmen
Berlin-Chemie/Menarini
Filmtablette zum Einnehmen
Sanofi Aventis
Brinavess
Konzentrat zur Herstellung
einer Infusionslösung
MSD Sharp & Dohme
Revolade®
Filmtablette zum Einnehmen
GlaxoSmithKline
Daxas®
Filmtablette zum Einnehmen
Nycomed
Elonva®
Injektionslösung zur subkutanen
Injektion
Essex Pharma
Resolor®
Filmtablette zum Einnehmen
Movetis
Mepact®
Pulver zur Herstellung einer
Infusionssuspension
Takeda Pharma
Analgetika
Table 2
Tapentadol
Overview of new drugs on the market for use
in humans which might be of interest for use
in small animal medicine.
Antiallergika
Bilastin
Antiarrhythmika
Dronedaron
Vernakalant
Multaq®
®
Antihämorrhagika
Eltrombopag
Broncholytika/Antiasthmatika
Roflumilast
Hormone
Corifollitropin alfa
Laxantia
Prucaloprid
Zytostatika
Mifamurtid
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von Morphin beim Menschen, erwies sich seine analgetische
Potenz beim Akutschmerz nur um den Faktor 3 schwächer, sodass
sie mit der Wirksamkeit von klassischen starken Opioiden wie
Oxycodon und Morphin vergleichbar ist (11, 16). Der Grund hierfür wird in der Bedeutung der noradrenergen Wirkkomponente
gesehen, die vor allem bei neuropathischen Schmerzen Bedeutung
hat (16).
Tapentadol hat beim Menschen aufgrund eines extensiven
First-Pass-Metabolismus eine mittlere absolute Bioverfügbarkeit
von ungefähr 32%. Maximale Serumkonzentrationen werden
nach 3–6 Stunden erreicht. Das Verteilungsvolumen beträgt beim
Menschen 540 ± 98 l, die Serumproteinbindung 20%. Tapentadol
und seine Metaboliten werden fast ausschließlich renal eliminiert
(17).
Für den Menschen liegt die empfohlene Anfangsdosis bei zweimal täglich 50 mg Tapentadol oral unabhängig von den Mahlzeiten. Zur Einstellung des Patienten wird die Tapentadolmenge alle
3 Tage zweimal täglich um je 50 mg gesteigert, wobei die Gesamttagesdosis von 500 mg nicht überschritten werden sollte (17). Tapentadol darf beim Menschen nicht in Situationen angewendet
werden, in denen Arzneimittel mit μ-Opioidrezeptor-Agonismus
kontraindiziert sind, wie z. B. bei ausgeprägter Atemdepression,
bei akutem oder starkem Bronchialasthma oder Hyperkapnie (17).
Tapentadol war in Studien besonders hinsichtlich Erbrechen,
Übelkeit, Obstipation und Juckreiz besser verträglich als Oxycodon, sodass die Abbruchquote der Behandlung unter Tapentadol um die Hälfte niedriger war als unter Oxycodon (16). Gleichwohl wurden als Nebenwirkungen beim Menschen sehr häufig
Schwindel, Benommenheit, Kopfschmerzen, Übelkeit und Verstopfung beobachtet (17).
Antiallergika
Das nicht sedierende, lang wirksame H1-Antihistaminikum Bilastin (Bitosen® 20 mg Tablette) wurde beim Menschen zur symptomatischen Behandlung der allergischen Rhinokonjunktivitis und
Urtikaria zugelassen (8).
Bilastin besitzt eine selektive antagonistische Affinität zum peripheren H1-Rezeptor, jedoch keine Affinität zum Muskarinrezeptor. Es konnte nach einmaliger Gabe beim Menschen die histamininduzierte Quaddelbildung und Hautrötung für 24 Stunden
hemmen (8).
Bilastin wird nach oraler Einnahme beim Menschen schnell resorbiert, sodass maximale Plasmaspiegel nach ca. 1,3 Stunden erreicht werden. Bilastin liegt beim Menschen zu 84–90% an Plasmaproteine gebunden vor und wird weitgehend unverändert renal
(29%) und fäkal (67%) eliminiert. Die mittlere Eliminationshalbwertszeit liegt bei 14,5 Stunden. Beim Menschen beträgt die therapeutische Dosis 20 mg einmal täglich. Da Nahrungsmittel und
Fruchtsäfte die orale Bioverfügbarkeit reduzieren, erfolgt die Einnahme 1 Stunde vor oder 2 Stunden nach einer Mahlzeit.
Als Nebenwirkungen wurden Somnolenz und Kopfschmerz beobachtet, die etwas häufiger auftraten als unter Plazebo (8).
Antiarrhythmika
Der Mehrkanalblocker Dronedaron (Multaq® 400 mg Filmtablette)
wurde für erwachsene, klinisch stabile Patienten mit nicht permanentem Vorhofflimmern zugelassen, um ein Wiederauftreten
von Vorhofflimmern zu verhindern oder die ventrikuläre Herzfrequenz zu senken (4).
Das Benzofuranderivat Dronedaron ist wie Amiodaron ein
Mehrkanalblocker, der zahlreiche Ionenkanäle an der Herzmuskelzelle und am Erregungsleitungssystem (unter anderem Kalium-, Natrium- und Kalziumionenkanäle) blockiert und außerdem antiadrenerg wirkt (9). Aufgrund seiner elektrophysiologischen Eigenschaften verhindert es ventrikuläre Tachykardien und
Kammerflimmern (9). Dronedaron verlängert das Aktionspotenzial des Herzens und die Refraktärzeit (9). Es reduziert das Auftreten von Vorhofflimmern oder stellt den normalen Sinusrhythmus
wieder her (9). In Untersuchungen beim Hund wurde Dronedaron
in einer Dosierung von 25 mg/kg KM oral zweimal täglich über
4 Wochen eingesetzt (18).
Dronedaron wird beim Menschen nach oraler Gabe der therapeutischen Dosis von 400 mg zweimal täglich zu mindestens 70%
resorbiert (4). Aufgrund des First-Pass-Effekts beträgt die absolute Bioverfügbarkeit von Dronedaron 15% (4). Nach umfangreicher Metabolisierung wird Dronedaron beim Menschen zu
6% renal und 84% fäkal ausgeschieden (4). Beim Menschen beträgt die terminale Eliminationshalbwertszeit 20–30 Stunden, das
Verteilungsvolumen 1200–1400 l und das mittlere Akkumulationsverhältnis nach therapeutischer Dosierung 2,6–4,5 (4). Als
unerwünschte Wirkungen wurden beim Menschen unter Dronedaron Durchfall, Übelkeit, Bradykardien, Verlängerung des QTIntervalls, Hautausschlag und ein Anstieg der Serumkreatininkonzentration beobachtet (9).
Ein weiteres neues Antiarrhythmikum ist Vernakalant (Brinavess® 20 mg Wirkstoffkonzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung), das bei Erwachsenen zur raschen Wiederherstellung des
Sinusrhythmus des Herzens mit akutem Vorhofflimmern zugelassen wurde (7).
Vernakalant blockiert Natrium- und bestimmte Kaliumkanäle,
wobei es eine gewisse Selektivität für atriale Ionenkanäle zu besitzen scheint (7). Damit verzögert es die Überleitungsgeschwindigkeit in den Vorhof und verlängert die Refraktärzeit, wodurch der
Sinusrhythmus wiederhergestellt werden kann (7).
Vernakalant wird beim Menschen in einer Dosierung von
3 mg/kg KM (maximal 339 mg) intravenös über 10 Minuten infundiert (7). Sollte es innerhalb von 15 Minuten nicht zu einer Kardioversion kommen, kann eine zweite Infusion mit 2 mg/kg KM
(maximal 226 mg) folgen (7). Das Verteilungsvolumen von Vernakalant betrug beim Menschen 2 l/kg, maximale Plasmakonzentrationen und AUC liegen dosisproportional zwischen 0,5 und
5 mg/kg. Die Eliminationshalbwertszeit betrug in Abhängigkeit
vom Metabolisierungstyp zwischen 3 und 5,5 Stunden.
Kontraindiziert ist die Anwendung von Vernakalant bei Patienten mit schweren Aortenklappenstenosen, niedrigem systolischem
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Blutdruck (unter 100 mmHg), fortgeschrittener Herzinsuffizienz
und Bradykardie. Hauptsächliche Nebenwirkungen waren beim
Menschen Geschmacksstörungen, Niesen und Parästhesien, die
während oder kurz nach der Infusion auftraten. Am Herz-Kreislauf-System zeigten sich klinisch signifikant Hypotonie, Bradykardie und ventrikuläre Arrhythmie als unerwünschte Wirkungen
(7).
Antihämorrhagika
Der erste orale Thrombopoetin-Rezeptoragonist Eltrombopag
(Revolade® 25 mg/-50 mg Filmtabletten) wurde zur Behandlung erwachsener, splenektomierter Patienten mit chronischer Immunthrombozytopenie zugelassen, die gegenüber anderen Therapien
refraktär sind (5).
Eltrombopag aktiviert den Thrombopoetin-Rezeptor und fördert so die Produktion neuer Thrombozyten. Im Gegensatz zu Romiplostim, das zur Steigerung der Thrombozytenproduktion 2009
auf den Markt kam und einmal wöchentlich subkutan injiziert
wird (6), wird Eltrombopag einmal täglich als Tablette eingenommen (16). Die humane Anfangsdosis beträgt 50 mg täglich und
sollte mindestens im vierstündigen Abstand zu polyvalenten Kationen (z. B. Eisen, Kalzium [Milchprodukte], Magnesium) eingenommen werden. Nach oraler Gabe wurden beim Menschen
maximale Plasmakonzentrationen nach 2–6 Stunden erreicht (5).
Eltrombopag wird stark an Plasmaproteine gebunden (> 99,9%),
umfassend verstoffwechselt und zu 59% fäkal und zu 31% renal
eliminiert (5). Die Eliminationshalbwertszeit von Eltrombopag
beträgt beim Menschen im Plasma ungefähr 21–32 Stunden (5).
Mehr als 80% der mit Eltrombopag behandelten Patienten entwickelten Nebenwirkungen (16). Dabei traten sehr häufig Kopfschmerzen, häufig gastrointestinale Beschwerden, Schlaflosigkeit,
Augentrockenheit und Hautausschlag sowie ein Anstieg der Leberenzymwerte auf (5).
Broncholytika/Antiasthmatika
Der Phosphodiesterase-4-Hemmer Roflumilast (Daxas® 500 μg
Filmtabletten) ist indiziert zur Dauertherapie bei erwachsenen Patienten mit schwerer COPD (chronisch-obstruktive pulmonale
Erkrankung) und chronischer Bronchitis sowie häufigen Exazerbationen in der Vergangenheit, begleitend zu einer bronchodilatatorischen Therapie (15).
Die Phosphodiesterase 4 (PDE 4) findet sich in allen für die
COPD relevanten Entzündungszellen und baut dort den antientzündlich wirkenden Botenstoff cAMP zum inaktiven AMP ab
(16). Durch Hemmung der PDE 4 durch Roflumilast wird das
Gleichgewicht in Richtung antientzündlicher Prozesse verschoben
und bewirkt eine Abnahme der Aktivität von Entzündungszellen
(16). So führte in experimentellen Modellen die Hemmung der
PDE 4 zu erhöhten intrazellulären cAMP-Spiegeln und verminderte COPD-assoziierte Fehlfunktionen der Leukozyten, der glatten Muskelzellen an den Gefäßen und Atemwegen, der Endothel-
und Epithelzellen der Atemwege und der Fibroblasten (15). Roflumilast und der Hauptmetabolit Roflumilast-N-Oxid unterdrücken nach In-vitro-Stimulation von humanen Neutrophilen,
Monozyten, Makrophagen oder Lymphozyten die Ausschüttung
inflammatorischer Mediatoren wie z. B. Leukotrien B4, reaktiven
Sauerstoffverbindungen, Tumornekrosefaktor α, Interferon γ und
Granzym B. Roflumilast reduzierte die Neutrophilen im Sputum
von COPD-Patienten und verminderte außerdem den Einstrom
von Neutrophilen und Eosinophilen in die Atemwege gesunder
Probanden nach einer Endotoxinprovokation (15).
Die empfohlene Dosis beim Menschen beträgt 500 μg einmal
täglich. Nach oraler Gabe ist Roflumilast beim Menschen zu etwa
80% bioverfügbar. Es wird beim Menschen intensiv metabolisiert,
wobei der pharmakologisch aktive Hauptmetabolit RoflumilastN-Oxid entsteht (15). Die mittlere humane Plasmahalbwertszeit
von Roflumilast beträgt etwa 17 Stunden, die seines aktiven
N-Oxid-Metaboliten etwa 30 Stunden (15). Roflumilast wird zu
etwa 70% renal und 20% fäkal in Form inaktiver Metaboliten
eliminiert (15). Die humane Dosis beträgt 500 μg einmal täglich
(15). Die gleichzeitige Gabe von Hemmstoffen der CytochromP450-Enzyme wie Erythromycin und Ketoconazol können den
Abbau von Roflumilast verzögern und so zu einer erhöhten Exposition und andauernden Unverträglichkeit führen (15). Dagegen
kann die gleichzeitige Gabe von starken Cytochrom-P450-Induktoren wie Phenobarbital, Carbamazepin und Phenytoin die therapeutische Wirksamkeit von Roflumilast verringern (10).
Als Nebenwirkungen wurden beim Menschen Diarrhö, Übelkeit und Kopfschmerzen beobachtet, die hauptsächlich während
der ersten Therapiewochen auftraten und im Verlauf der weiteren
Behandlung zurückgingen. Ferner trat Gewichtsverlust auf (15).
Hormone
Das follikelstimulierende Hormon (FSH) mit verlängerter Halbwertszeit Corifollitropin alfa (Elonva® 100 μg/-150 μg Injektionslösung) wurde zur kontrollierten ovariellen Stimulation in Kombination mit einem GnRH-Antagonisten zur Entwicklung mehrerer Follikel bei Frauen zugelassen, die an einem Programm der
assistierten Reproduktionstechnik teilnehmen (3).
Das gentechnisch hergestellte Glykoprotein Corifollitropin alfa
ist ein lang wirksames Follikelstimulans, das aus einer β-Kette des
menschlichen FSH und einer Hybrid-β-Untereinheit besteht. Diese Hybrid-β-Untereinheit setzt sich wiederum aus einer β-Kette
des humanen FSH und einem carboxyterminalen Peptid der
β-Untereinheit des humanen Choriongonadotropins (HCG) zusammen (16). Corifollitropin alfa wirkt wie FSH, doch verlängert
die β-Kette die Eliminationshalbwertszeit auf 69 Stunden. Dadurch wird die Wirkdauer erheblich verlängert und eine einzige
Injektion von Corifollitropin alfa ersetzt die sonst üblichen sieben
täglichen FSH-Injektionen (16). Die humane Dosis ist gewichtsabhängig: Frauen unter 60 kg KM erhalten 100 μg, Frauen über
60 kg KM 150 μg Corifollitropin alfa subkutan (3). An Tag 5 oder
6 wird ein GnRH-Antagonist verabreicht, um einen vorzeitigen
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Konzentrationsanstieg des luteinisierenden Hormons (LH) zu verhindern (16).
Häufigste Nebenwirkungen waren ovarielles Hyperstimulationssyndrom, Schmerzen und Beschwerden im Beckenbereich,
Kopfschmerzen, Übelkeit, Erschöpfung und Brustbeschwerden
(3).
Laxantia
Der Serotonin-(5-HT4-)Rezeptoragonist Prucaloprid (Resolor®
1 mg/ –2 mg Filmtabletten), der eine starke enterokinetische Aktivität aufweist, wurde zur symptomatischen Behandlung chronischer
Verstopfung bei Frauen zugelassen, bei denen Laxativa keine ausreichende Wirkung erzielen (14).
Der hochaffine Serotonin-(5-HT4-)Rezeptoragonist Prucaloprid verändert bei Hunden durch Stimulation des Serotonin5-HT4-Rezeptors das Motilitätsmuster im Kolon, sodass die proximale Kolonmotilität angeregt, die gastroduodenale Motilität verstärkt und die verzögerte Magenentleerung beschleunigt wird (2,
14). Darüber hinaus werden beim Hund durch Prucaloprid Giant
Migrating Contractions (GMC) verursacht, die die wichtigste vorwärtsgerichtete Kraft zur Darmentleerung darstellen. Die effektive
Dosis beim Hund betrug 0,04 mg/kg KM p. o. und 0,01 mg/kg KM
i. v. (2).
Die für Frauen empfohlene Dosierung liegt bei 2 mg Prucaloprid einmal täglich unabhängig von der Mahl- und Tageszeit (14).
Kontraindiziert ist die Einnahme für Dialysepatientinnen, bei
Darmperforation oder -obstruktion, bei schweren entzündlichen
Erkrankungen des Darmtrakts wie Colitis ulcerosa sowie toxischem Megakolon und Megarektum (14). Prucaloprid scheint aufgrund seiner selektiven Wirkung keine kardiovaskulären Effekte
wie der 5-HT4-Rezeptoragonist Cisaprid aufzuweisen (1). Häufigste unerwünschte Wirkungen beim Menschen waren Kopfschmerzen und gastrointestinale Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfall (16).
Zytostatika
Das synthetische Derivat des Muramyldipeptids Mifamurtid (Mepact® 4 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionssuspension) ist geeignet zur Behandlung nicht metastasierter, resezierbarer hochmaligner („high-grade“) Osteosarkome bei Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen im Anschluss an eine makroskopisch
vollständige Tumorresektion im Rahmen einer postoperativen
Kombinationschemotherapie (13).
Mifamurtid steht für Muramyltripeptid-Phosphatidylethanolamin und ist ein vollsynthetisches Analogon von Muramyldipeptid, dem kleinsten natürlich vorkommenden immunstimulierenden Bestandteil der Zellwand von Mykobakterien. Es unterscheidet sich vom natürlichen Muramyldipeptid durch eine längere
Plasmahalbwertszeit bei ähnlichen immunstimulierenden Eigenschaften (13). Mifamurtid wirkt immunmodulatorisch, indem es
Monozyten und Makrophagen aktiviert. Der genaue Wirkmecha-
nismus beim Osteosarkom ist nicht vollständig bekannt (13). Vermutet wird, dass der Arzneistoff Makrophagen anregt, Zytokine
und Adhäsionsmoleküle freisetzt, welche letztendlich die Krebszellen abtöten (16). Nach intravenöser Gabe wird Mifamurtid
rasch aus dem Blutplasma entfernt, die Plasmagesamtkonzentration war sehr gering und es gab keine Hinweise auf eine Kumulation von Mifamurtid im Verlauf der Behandlung (13).
In einer randomisierten Phase-III-Studie an 678 Patienten im
Alter von 1,4–30,6 Jahren mit frisch diagnostizierten resezierbaren
hochmalignen Osteosarkomen wurde durch Zusatz von Mifuramid zur adjuvanten Chemotherapie (Doxorubicin/Cisplatin/Methotrexat mit oder ohne Ifosfamid) eine relative Reduktion des
Sterberisikos von 28% erzielt (13). Die empfohlene Dosierung beträgt beim Menschen 2 mg/m2 Körperoberfläche. Sie wird als langsame intravenöse Infusion zweimal wöchentlich über 12 Wochen
und anschließend einmal wöchentlich über 24 Wochen verabreicht (13).
Mifamurtid darf nicht gleichzeitig mit Calcineurin-Hemmern
wie Ciclosporin sowie mit hochdosierten nichtsteroidalen Antiphlogistika angewendet werden. Als häufigste Nebenwirkungen
fanden sich Anämie, Appetitlosigkeit, Schwindelgefühl, Tachykardie, hoher oder niedriger Blutdruck, Atembeschwerden, Magen-Darm-Störungen, verstärktes Schwitzen, Schmerzen in Kopf,
Muskeln, Gelenken, Rücken, Extremitäten und der Brust, Fieber,
Schüttelfrost, Hypothermie, Müdigkeit und Schwäche (13, 16).
Interessenkonflikt
Die Autorin bestätigt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur
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Tierärztliche Praxis Kleintiere 6/2011
© Schattauer 2011
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