Nicorandil: Reduktion schwerer koronarer Ereignisse bei Patienten mit stabiler KHK Eine Angina pectoris findet sich bei etwa 10 Prozent der über 60-Jährigen (3). Für Statine, ASS und ACE-Hemmer ist eindeutig bewiesen, dass sie die Prognose dieser KHK-Patienten verbessern. Unter den antianginös wirksamen Medikamenten konnte dies bislang nur für Nicorandil in der IONA-Studie (Impact Of Nicorandil in Angina [1]) nachgewiesen werden. In dieser Studie erhielten randomisiert und doppelblind 5126 Patienten mit stabiler Angina und hohem kardiovaskulärem Risiko während ein bis drei Jahren zusätzlich zur antianginösen Standardtherapie Plazebo oder Nicorandil (Zieldosis 2 x 20 mg/ Tag). Schwere Koronarereignisse um 17 Prozent reduziert Im Vergleich zu Plazebo senkte Nicorandil den primären Endpunkt (KHK-bedingter Tod, nichttödlicher Myokardinfarkt oder ungeplante Hospitalisierung wegen pektanginöser Beschwerden) signifikant um 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 Nicorandil (Dancor®) ist das erste und bislang einzige Antianginosum, das bei stabiler Angina pectoris nachweislich nicht nur die Symptome, sondern auch die Prognose verbessert (1). Das Risiko für schwere koronare Ereignisse wird durch Nicorandil deutlich reduziert. Eine aktuelle Subgruppenanalyse der IONA-Studie (2) zeigt, dass die Anginapatienten der evaluierten Subgruppen von der Nicorandil-Behandlung profitieren. Die absolute Risikoreduktion ist erwartungsgemäss bei den Patienten mit dem höchsten Risiko am grössten. Proportion ereignisfrei KARIN OERTLE (RRR = 17%, p = 0,014) Nicorandil Plazebo 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 Jahre Follow-up Abbildung 1: Reduktion schwerer koronarer Ereignisse. Die Behandlung mit Nicorandil zusätzlich zur antianginösen Standardtherapie reduziert das Risiko für ein schweres koronares Ereignis signifikant um 17 Prozent (absolute Risikoreduktion von 15,5 auf 13,1%). 17 Prozent (p = 0,014 [Abbildung 1]). Die Häufigkeit akuter Koronarsyndrome (koronarer Herztod, nichttödlicher Myokardinfarkt oder instabile Angina pectoris) wurde durch Nicorandil ebenfalls signifikant um 21 Prozent gesenkt. Aktuelle Subgruppenanalyse der IONA-Studie Die IONA-Studiengruppe hat nun eine Subgruppenanalyse vorgelegt (2). Diese soll zeigen, ob der Benefit von Nicorandil für alle Subgruppen in der Studie konsistent war. Analysiert wurden diese anhand der Basischarakteristika. Dazu gehörten: Alter, Geschlecht, Nikotinabusus, Diabetes, Hypertonie, Herzinfarkt, Revaskularisierungen, Angina-Status, antianginöse Behandlung, Therapie mit anderen kardiovaskulär wirksamen Medikamenten und die Höhe des errechneten Gesamtrisikos bei Therapiebeginn. Auf den Inhalt der Beiträge in der Rubrik Pharma Forum nimmt die Redaktion keinen Einfluss. Die Verantwortung trägt der Autor oder die auftraggebende Firma. ARS MEDICI DOSSIER VI● 2005 21 Zusätzliche Risikoreduktion selbst bei optimaler Basistherapie Die Autoren berichten, dass in allen Subgruppen der Trend eindeutig zugunsten der Nicorandil-Therapie ging, unabhängig von den Basischarakteristika und den Basistherapien der Patienten; selbst wenn bereits Statin, ASS und ACE-Hemmer oder auch mehrere antianginöse Medikamente gegeben wurden. Bei der Zuordnung der Patienten zu Terzilen entsprechend ihres Gesamtrisikos (18-Monats-Risiko unter 11,8%, zwischen 11,8 und 16,1% oder über 16,1%) zeigte sich erwartungsgemäss, dass diejenigen mit dem höchsten Risiko absolut am meisten profitierten. Doch selbst in der Gruppe mit dem niedrigsten Risiko müssen lediglich 63 Patienten über den relativ kurzen Zeitraum von 1,6 Jahren mit Nicorandil behandelt werden, um ein Ereignis des primären Studienendpunktes zu verhindern, betonen die Autoren in ihrer Publikation. Entsprechend niedriger – 46 respektive 28 – war die NNT (Number Needed to Treat) für die Patienten mit höherem Risiko (Abbildung 2). PHARMA FORUM Angina pectoris PHARMA FORUM Nicorandil: Reduktion schwerer koronarer Ereignisse bei Patienten mit stabiler KHK nehmen kardiale Vor- und Nachlast ab, Für Nitrate und Kalziumantagonisten und die myokardiale Sauerstoffbilanz keine Kardioprotektion nachgewiesen verbessert sich. Dieser Wirkmechanismus Derzeitige Guidelines setzen Betablocker ähnelt demjenigen der oralen Nitrate an die erste Stelle beim medikamentösen und ist für die antianginöse Wirkung von Management der Angina pectoris. Dies Nicorandil verantwortlich. vor allem, weil Betablocker neben ihrer antianginösen Wirkung in einem weiten Spektrum 18-monatiges NNT von KHK-Patienten auch Risiko eine beeindruckende Sen< 11,8 % 63 kung der kardiovaskulären 11,8%–16,1% 46 Morbidität und Mortalität gezeigt haben. Allerdings, > 16,1% 28 so merken die Autoren P = 0,86 der Subgruppenanalyse 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2 an, fand mit Betablockern Nicorandil besser Risikofaktor Nicorandil schlechter niemals eine grosse Studie mit ausreichender statis- Abbildung 2: Wirkung von Nicorandil bei Angina pectoris. Nutzen von Nicorandil in den verschiedenen Risikogruppen tischer Aussagekraft bei der IONA-Studie. Bei den Patienten mit höchstem Risiko müssen stabiler Angina pectoris nur 28 Patienten 1,6 Jahre lang mit Nicorandil behandelt werstatt. Für Kalziumantago- den, um ein Ereignis des primären Endpunktes zu verhindern. nisten und langwirkende Nitrate konnten zudem noch keine kardioAuf der anderen Seite ist Nicorandil aber protektiven Effekte nachgewiesen werden. ein Kaliumkanalöffner: Es aktiviert die ATP-abhängigen Kaliumkanäle der Herzmuskelzelle. Damit ahmt Nicorandil einen Zwei Botschaften für die Praxis – natürlichen Schutzmechanismus des HerNicorandil rückt nach vorn zens vor Ischämie-bedingten SchädigunBasierend auf der heutigen Datenlage forgen nach. Denn auch bei der so genannmulieren die Wissenschaftler zwei Botten «ischämischen Präkonditionierung» schaften für die Praxis: kommt es zu einer Öffnung der Kalium● Nicorandil kann bei Patienten mit nachkanäle an der Zelloberfläche und nachfolgewiesener KHK gemeinsam mit Stagend zu einer Hemmung des Kalzium-Eintinen, ASS und ACE-Hemmern zu der stroms und letztlich zu einer Relaxation Gruppe von Medikamenten gezählt der Gefässmuskulatur. Die Myokardzelle werden, die schwere koronare Ereigverkraftet als Folge spätere Ischämien nisse verhindern. deutlich besser. Eine ähnliche Kardiopro● Aufgrund der erwiesenen protektiven tektion könnte durch Nicorandil über die Eigenschaften (IONA-Studie) und der Aktivierung der Kaliumkanäle erzielt werbekannten antianginösen Wirkung sollte den (5). der Einsatz von Nicorandil schon in der ● frühen Phase der stabilen Angina pectoReferenzen: ris, noch vor Nitraten und Kalziumant1. The IONA Study Group. Effect of nicorandil on coronary events in patients with stable angina: the Imagonisten, in Betracht gezogen werden. I Dualer Wirkmechanismus als mögliche Erklärung für Kardioprotektion Nicorandil zeichnet sich durch einen einzigartigen dualen Wirkmechanismus aus: Auf der einen Seite hat es nitratähnliche Effekte (4). Es relaxiert die glatte Gefässmuskulatur in Venen und Arterien und dilatiert damit die peripheren und koronaren Widerstandarteriolen. In der Folge pact Of Nicorandil in Angina (IONA) randomized trial. The Lancet 2002; 359: 1269–1275. 2. The IONA Study Group. Impact of nicorandil in angina: subgroup analyses. Heart 2004; 90: 1427–1430. 3. Tunstall-Pedoe H. Angina pectoris: epidemiology and risk factors. Eur Heart J 1985, 6: 1–5. 4. Döring et al. Antianginal and anti-ischemic efficacy of nicorandil in comparison with isosorbide-5-mononitrate and isosorbide dinitrate: Results from two multicenter, double-blind, randomized studies with stable coronary heart disease patients. J Cardiovasc Pharmacol 1992; 20 (suppl 3); 72–81. 22 ARS MEDICI DOSSIER VI● 2005 Zusammenfassung ● Die IONA-Studie hat bewiesen, dass Nicorandil über seine antianginöse Wirkungen hinaus das Risiko für schwere koronare Ereignisse bei stabiler KHK klinisch signifikant senkt! ● Eine aktuelle Subgruppenanalyse belegt, dass ein breites Spektrum von Patienten von den kardioprotektiven Nicorandil-Effekten profitiert – darunter auch diejenigen, die bereits eine optimale Basisbehandlung (mit ASS, Statin und ACE-Hemmer sowie mehreren Antianginosa) erhalten haben. ● In der Terzile der Patienten mit dem höchsten Risiko beträgt die NNT, um ein schweres kardiales Ereignis zu verhindern, 28 Patienten über 1,6 Behandlungsjahre. ● Die Risikoreduktion unter Nicorandil ist wohl auf dessen einzigartigen dualen Wirkmechanismus zurückzuführen, da es einerseits nitratähnlich wirkt, andererseits aber auch über eine Kaliumkanalöffnung einen physiologischen Schutzmechanismus des Herzens, die «ischämische Präkonditionierung», nachahmt. 5. Patel et al. Cardioprotection by opening of the KATP channel in unstable angina. Is this a clinical manifestation of myocardial preconditioning? Results of a randomized study with nicorandil. Eur Heart J 1999; 20: 51–57. Karin Oertle Weitere Informationen erhalten Sie bei Merck (Schweiz) AG Rüchligstrasse 20, 8953 Dietikon Tel. 044-745 11 22 IONA-Studie = Impact of Nicorandil in Angina, Wirkung von Nicorandil bei Angina pectoris Nicorandil (Dancor®) ist in der Schweiz für die Indikation Angina pectoris zugelassen und kassenzulässig. Die empfohlene Dosis liegt bei 2 x täglich einer Tablette 10 oder 20 mg Dancor®. Nicorandil ist in der Schweiz unter dem Namen Dancor® im Handel erhältlich. Vertrieb: Merck (Schweiz) AG.