Das klingende Sonntagsrätsel - Museum für Kommunikation Frankfurt

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Die Stasi-Postkontrolle
Seit Gründung der DDR lebten ihre Bürgerinnen und Bürger mit dem
Verdacht, dass ihre Post geöffnet wird. Der Missbrauch des Postgeheimnisses erzeugte Frust, auch Hilflosigkeit und oftmals ein Gefühl
der Ohnmacht. Seit Mitte der 70er-Jahre kontrollierte die Stasi alle
Postsendungen von und nach der Bundesrepublik, Westberlin und
dem Ausland. Täglich wurden rund 90 000 Briefe geöffnet.
Post an westliche Medien war von der Beförderung ausgeschlossen.
Personen, die durch die Postkontrolle in den Fokus der Stasi gelangten, wurden in der M-Kartei (Postkontrollkartei) erfasst. Auf den
einbehaltenen Briefen und Postkarten finden sich viele unterschiedliche Bearbeitungsvermerke der Stasi, die Rückschlüsse auf ihre Arbeit zulassen. Auf Grund der großen Popularität in der DDR wurde
der RIAS durch SED und Stasi zum Feindsender Nummer Eins erklärt,
Hörerinnen und Hörer des Sonntagsrätsels zu Staatsfeinden nach der
Devise: „Wer RIAS hört, den Frieden stört.“ Um den RIAS-Empfang
zu unterbinden, ließ die SED ein flächendeckendes Netz von Störsendern aufbauen. 1978 wurden die Störsender wieder abgeschaltet.
Die DDR buhlte um internationale Anerkennung. Die Propaganda
gegen den RIAS und seine Hörerinnen und Hörer ging weiter.
»Das klingende Sonntagsrätsel«
und die Postkontrolle in der DDR
Eine Ausstellung in Kooperation mit dem
Dienstag bis Freitag 9 – 18 Uhr
Samstag, Sonn- und Feiertag 11 – 19 Uhr
Ab 6 Jahre 1,50 Euro – ab 16 Jahre 3 Euro
(Für Klassen und Gruppen ab 10 Personen ist der Eintritt freitags frei)
Öffentliche Führungen
Sonntags 15 Uhr, mittwochs 16 Uhr
Automatische
‚Brieföffnungsanlage
10/10’ aus
DDR-Produktion.
Der Automat öffnete
300 – 400 Briefe
gleichzeitig.
Radio- Rätsel- Werkstatt
Was hat es mit der Postkontrolle und klingenden Rätselfragen auf sich?
Wie passen ein Radiosender und ein Geheimdienst zusammen?
Antworten auf diese spannenden Fragen gibt der Ferienworkshop zur
aktuellen Sonderausstellung. An zwei Tagen wird eine eigene Radiosendung produziert rund um das Thema Rätsel.
Do 7. und Fr 8. Januar 2016 jeweils von 10 – 16 Uhr
Ab 10 Jahre, 45 Euro zzgl. Museumseintritt
Anmeldung: [email protected]
oder (0 69) 60 60 321
Führungen für Schulklassen und Gruppen
Telefon (0 69) 60 60 499 oder [email protected]
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Verkehrsverbindungen
U4, U5 Haltestelle Willy-Brandt-Platz
U1, U2, U3, U8 Haltestelle Schweizer Platz
Straßenbahnlinie 16 Haltestelle Schweizer Straße | Gartenstraße
Buslinie 46 Haltestelle Untermainbrücke
Museum für Kommunikation Frankfurt
Schaumainkai 53
60596 Frankfurt am Main
Telefon (0 69) 60 60 0
Telefax (0 69) 60 60 666
E-Mail [email protected]
www.mfk-frankfurt.de
Ein Museum der Museumsstiftung
Post und Telekommunikation
Getragen von der Deutschen Post
und der Deutschen Telekom
Jan 2016
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Die Ausstellung
Die Sendung
Die Ratefamilie in der DDR
»Das klingende Sonntagsrätsel«, seit 1965 vom RIAS (Rundfunk
im amerikanischen Sektor) ausgestrahlt, war eine gesamtdeutsche
Unterhaltungssendung, die in West und Ost für viele Menschen
zum sonntäglichen Ritual gehörte. Wer das richtige Lösungswort einsandte, konnte einen kleinen Gewinn erhoffen. Post aus der DDR
wurde bei der Stasi-Postkontrolle einbehalten, geöffnet und ausgewertet, ihre Verfasser eingeschüchtert, diszipliniert, auch verhaftet.
Am 7. März 1965 startete der RIAS eine neue Sendereihe: »Das klingende Sonntagsrätsel«. Sechs Melodien wurden gespielt, zu denen
je eine Frage gestellt wurde. Die Antwort war jeweils ein Buchstabe.
Zusammengesetzt ergaben sie das Lösungswort.
»Das klingende Sonntagsrätsel« war für viele Hörerinnen und Hörer
in der DDR mehr als eine anonyme Unterhaltungssendung, nicht zuletzt durch ihre sehr persönliche Moderation. Hans Rosenthal (1965 –
1987) verstand es, seine Zuhörerinnen und Hörer zu begeistern.
Nach seinem Tod gewann Christian Bienert (1987 – 2012) die Herzen
der Ratefamilie. Seit 2013 moderiert Uwe Wohlmacher, ebenfalls
seit RIAS-Tagen dabei, die Sendung. Hören und Rätseln waren das
sonntägliche Ritual einer großen Stammhörerschaft im Familienkreis,
mit Freunden oder auch allein. Selbst im Urlaub wurde darauf nicht
verzichtet.
In den Archiven des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen
(BStU) befinden sich 4 500 Briefe und Postkarten aus dem ehemaligen
Bezirk Dresden, adressiert an „Das klingende Sonntagsrätsel“, die
dort nie ankamen. Sie wurden zwischen 1982 und 1989 geschrieben.
Darin ist mehr zu lesen als nur das Lösungswort. Die Post steckt voller
Lebensgeschichten, Alltagsprobleme, Hoffnungen und Ängste, mitunter politischer Äußerungen.
Studierende des Instituts für Europäische Ethnologie der HumboldtUniversität zu Berlin haben diese Archivbestände gesichtet, analysiert
und interpretiert. Die Ergebnisse werden nun in einer Ausstellung
zusammen mit einem DDR-Störsender und Originalpost gezeigt.
Die Ausstellung ist ein Beitrag zur Postkontrolle in der DDR und zur
deutsch-deutschen Rundfunkgeschichte.
Eigentlich sollte mit dieser Sendung nur kurzzeitig die Reichweite einer
neuen Antenne in Hof getestet werden. Sie wurde extra gebaut, um
den Empfang des RIAS in der DDR zu verbessern. Die Zuschriften aus
der DDR waren für den RIAS Berlin besonders wichtig. Es war die einzige Möglichkeit herauszufinden, wo der RIAS gehört wurde. Es meldeten sich DDR-Bürgerinnen und -Bürger, mitunter auf dem Umweg
über ihre Westverwandten. In den folgenden Jahren kam immer wieder Post aus der DDR, wenig, aber mit der eindeutigen Botschaft: „Wir
wollen dazu gehören.“ Der Sender richtete 1987 eine Deckadresse ein,
in der Hoffnung, dass mehr Post ankommt.
Nach dem Fall der Mauer schwoll die Hörerpost sinnflutartig an.
Waren es im Januar 1990 schon rund 126 000 Zuschriften, erreichten
sie im März ihren Höhepunkt mit über 330 000 Briefen und Postkarten
aus der DDR. Nach der Fusion von RIAS, Deutschlandfunk und DS Kultur zum Deutschlandradio wurde das Ratespiel 1994 als einzige RIAS Unterhaltungssendung weitergeführt – bis heute. Aus einer Testsendung wurde eine Kult-Sendung. In diesem Jahr feiert sie ihr 50jähriges
Jubiläum.
Die Suche nach dem richtigen Lösungswort wurde nicht selten von
der bangen Frage begleitet: „Ob meine Post auch ankommt?“
Trotz Zweifel schickten die Hörerinnen und Hörer weiterhin ihr Lösungswort an das Sonntagsrätsel oder eine Deckadresse. Im Laufe
der Jahre erfanden sie viele Tricks, ihre Post zu versenden. Nicht alle
funktionierten, manche nur für kurze Zeit.
Das Lösungswort wurde gezeichnet, in Gedichten versteckt, kalligrafisch verziert, auf Schmuckpapier geschrieben. So sind kleine
Kunstwerke entstanden, die die Stasi-Postkontrolle überlebt haben.
Ihre Verfasser lehren uns, um die Ecke zu denken und zwischen den
Zeilen zu lesen.
Hans Rosenthal
im RIAS-Studio 12
© RIAS Dietger Schulze
Arbeitsplatz
eines MfS-Postkontrolleurs
mit Fahndungstafeln für
die Anschriftenfahndung.
Der Moderator Christian Bienert
und seine Kollegin Marlies Kahlfeldt
mit Post aus der DDR.
© RIAS - Detlef Maugsch
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