Bundesfinanzministerium - Musik.Zeit.Geschehen, Teil 2: Auf der

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15.02.2012
Musik.Zeit.Geschehen, Teil 2: Auf der Mauer, auf der Lauer – Klassik und Jazz
in der DDR
http://streaming.bundesfinanzministerium.de/bmf/video/20140414_musikzeitgeschehen.mp4
Video im WMV-Format
Textfassung
Am 15. Februar 2012 richtete das Bundesfinanzministerium mit der Veranstaltungsreihe Musik.Zeit.Geschehen ein
zweites Mal den Blick auf die bewegte Geschichte seines Dienstgebäudes. „Das Detlev-Rohwedder-Haus spiegelt die
jüngere deutsche Geschichte wider wie kaum ein anderes Gebäude im politischen Berlin.
Mit unserer Veranstaltungsreihe Musik.Zeit.Geschehen wollen wir diese erlebbar machen und zu einer
Auseinandersetzung mit ihr einladen“, so Steffen Kampeter, parlamentarischer Staatssekretär im
Bundesfinanzministerium und Vater der Reihe. Dieses Mal begaben sich rund 400 Besucher auf eine Zeitreise in die
ehemalige DDR.
Das Gebäude, in dem heute das Bundesministerium der Finanzen seinen Sitz hat, war nach dem Ende des Zweiten
Weltkriegs Schauplatz zentraler Ereignisse der DDR-Geschichte. Nicht nur wurde die DDR im Großen Saal des
Gebäudes gegründet, als „Haus der Ministerien“ und damit politische Schaltzentrale des SED-Regimes wurde das
Gebäude eines der Ziele des Aufstandes vom 17. Juni 1953. Nach der Wiedervereinigung diente das Gebäude als Sitz
der Treuhandanstalt.
Etwas von dieser Zeit und ihrer Atmosphäre hat die zweite Veranstaltung der Reihe Musik.Zeit.Geschehen in
unterschiedlichen Formen – Diskussionen, Vorträgen, Konzerten und Begegnungen – zum Vorschein gebracht.
Der weltbekannte RIAS Kammerchor und das Berliner Spitzenensemble Sonar Quartett intonierten „klassische“ neue
Musik der DDR von bedeutenden Komponisten wie Leo Spies, Ruth Zechlin, Friedrich Schenker, Manfred Schlenker
und Helmut Zapf. Prof. Dr. Frank Schneider, langjähriger Intendant des Berliner Konzerthauses, bemerkte dazu: „Was
sich dergestalt in einem konfliktreichen Prozess als spezifisch musikalische Moderne der DDR etablierte, überzeugte
technisch durch einen unbedingten Willen zu klangsprachlicher Erneuerung und inhaltlich durch eine zunehmend
kritische Auseinandersetzung mit den Verhältnissen im Lande.“
Für Emotionen der besonderen Art sorgte die Nationalhymne der ehemaligen DDR von Hanns Eisler, mit der die Gäste
vom RIAS Kammerchor zur Veranstaltung begrüßt wurden. Der Text, der lange Zeit in der DDR nicht gesungen werden
durfte – „Deutschland, einig Vaterland“ – rührte viele Betroffene am historischen Ort zu Tränen, bei Anderen wiederum
sorgte allein das Anstimmen der Melodie durch persönliche Erlebnisse in der damaligen Zeit für Bauchschmerzen. Eine
Auseinandersetzung mit der Geschichte der ganz speziellen Art.
Ganz und gar speziell war auch das Stück „fuga in circulus vitiosus“ von Helmut Zapf, das eigens für diesen Abend
komponiert und unter der Regie des Komponisten höchstpersönlich mit Sängern des RIAS Kammerchores uraufgeführt
wurde. Die Besucher konnten bei einer musikalischen Wanderung durch das Rohwedder-Haus erleben, wie
Zwischenraumbespielung klingt: „Durch das Besetzen einzelner Kabinen des Paternoster entsteht eine Art
permutierende Klangfuge. Mehrmals entsteht aus dem gleichen Material durch das unterschiedliche Zusammentreffen
zweier Kabinen auf den jeweiligen Etagen eine Klangkonstellation, die von dem durch die Etagen des Hauses
umherirrenden „Volk“ immer anders und nur zufällig erlebt werden kann“, so Zapf.
Wie es möglich war, dass sich in einem restriktiven politischen System wie der DDR mit dem Free Jazz eine der
freiesten Existenzformen zeitgenössischer Klangkunst auf höchstem Niveau entfalten konnte, diskutierten die JazzKoryphäen Wolf Kampmann, Karlheinz Drechsel und Mathias Bäumel mit Jazz-Legende Gunter „Baby“ Sommer im
zweiten Teil des Abends. Letzterer sorgte abschließend am Schlagzeug mit seinem kongenialen Spielpartner Ulrich
Gumpert am Flügel für ein „Finale Grande“ und brachte Freude und Begeisterung in einen Saal voller Menschen, in
dem einst die DDR ausgerufen wurde und die Nazis herumgepoltert hatten.
Zwei Ausstellungen bildeten einen kunstvollen Rahmen für die Veranstaltung: In der Gemäldeserie „Mauerköpfe“ von
Klaus Tober (1950-1994) wurde die Wendeproblematik dargestellt und die Auseinandersetzung mit der großen
gesellschaftlichen Veränderung in der ehemaligen DDR. Eine Sammlung von Kunst aus dem ehemaligen Palast der
Republik bot einen Überblick über bedeutende Maler der damaligen Zeit wie Karl Hermann Roehricht, Wolfgang
Mattheuer, Bernhard Heisig oder Walter Womacka, deren Themen ein breites Spektrum der sozialistisch-realistischen
Kunst abdeckten.
Der Abend war für alle Mitwirkenden sowohl nachdenklich als auch erbaulich: „Mich hat die Veranstaltung wirklich
sehr berührt. Vom Publikum kamen Reaktionen, die ich so wirklich nicht erwartet hätte und immer tiefer sacken. Ich
werde wohl noch ein paar Tage brauchen, um all das vollständig zu verarbeiten“, so Musikexperte Wolf Kampmann, der
durch die Diskussionen des Abends führte.
© Bundesministerium der Finanzen
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