Stabilität und Veränderung psychologischer Aspekte im höheren Erwachsenenalter Dr. Stefanie Becker Stiftungsgastdozentur der Universität des 3. Lebensalters, Frankfurt, im Sommersemester 2007 Themen der Vorlesungsreihe • • • • Altersbilder und Identität im Alter Emotionalität im Alter Persönlichkeitsentwicklung Bedeutung sozialer Beziehungen im Lebenslauf • Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter Themen der Vorlesungsreihe • • • • Altersbilder und Identität im Alter Emotionalität im Alter Persönlichkeitsentwicklung Bedeutung sozialer Beziehungen im Lebenslauf • Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter • Ein kurzer Überblick: Daten und Fakten • Inhaltsbereich kognitiver Leitungsfähigkeit im Alter: – Intelligenzentwicklung – Gedächtnisleistung • Möglichkeiten der Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter • Zusammenfassung und Ausblick • Zusammenfassung der Vorlesungsreihe Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter • Ein kurzer Überblick: Daten und Fakten • Inhaltsbereich kognitiver Leitungsfähigkeit im Alter: – Intelligenzentwicklung – Gedächtnisleistung • Möglichkeiten der Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter • Zusammenfassung und Ausblick • Zusammenfassung der Vorlesungsreihe Wichtige Forschungsfragen • Grenzen und Möglichkeiten einer erfolgreichen Entwicklungsregulation im Alter • Prognose, ob und wie lange eine eigenständige Lebensführung möglich ist • Fragen nach der Veränderung von Intelligenz mit zunehmendem Alter Komponenten der geistige Leistungsfähigkeit Kontinuum der geistigen Leistungsfähigkeit Fließende Grenzen Normale vs. pathologische Alternsprozesse (1/2) Krankhafte Vergesslichkeit Normale Vergesslichkeit • Dauernd auftretend und im Verlauf von Monaten bis Jahren deutlich stärker werdend • Nur zeitweise auftretend und über Monate bis Jahre allenfalls etwas stärker werdend • Häufiges Vergessen oder Verlegen wichtiger Gegenstände wie Geldbeutel, Scheckhefte oder Ausweise • Gelegentliches Vergessen von Dingen oder Verlegen von Gegenständen • Große Mühe, Verlegtes wieder zu finden (oft an unüblichen Plätzen) • Verlegtes wird i.d.R. wieder gefunden (meist an üblichen Plätzen) Normale vs. pathologische Alternsprozesse (2/2) Krankhafte Vergesslichkeit Normale Vergesslichkeit • Vergessen ganzer Erlebnisse oder Gedächtnisinhalte • Vergessen von Teilen von Erlebnissen • Auch durch Konzentration und intensives Überlegen nicht behebbar, auch später kein Erinnern • Durch Konzentration und intensives Überlegen oft behebbar, oft späteres Erinnern • Zunehmend nicht in der Lage, Notizzettel und Merkhilfen zu nutzen oder Anweisungen zu folgen • Notizzettel und Merkhilfen sind hilfreich, schriftlichen Anweisungen kann gefolgt werden Einer Abklärung bedürfen u.a. • Plötzlich neu auftretende Verwirrtheit (oft nächtlich) • Gedächtnisausfälle, die den Alltag einschränken • Über Wochen anhaltende Stimmungstiefs, die zu Einschränkungen im Alltag führen (oft ohne erkennbaren Auslöser) • Suizidgedanken Unser Gehirn – ein faszinierendes Organ Ein paar Daten • Gewicht zwischen 1300 und 1600 Gramm • Schätzungsweise 100 Milliarden Nervenzellen • Jede Nervenzelle ist mit tausend anderen Nervenzellen verknüpft • Unterschiedliche Funktionen sind an unterschiedliche Areale gekoppelt. Sprechen Lesen Lebenslange Entwicklung des Gehirns - Physiologie • • • • • • Bei Geburt: Jede Nervenzelle 2.500 Kontaktstellen zu anderen Zellen Mit drei Jahren: 15.000 Kontaktstellen/Zelle Mit 18 Jahren: nur noch 10.000 Kontaktstellen/Zelle Es bleiben nur noch die Verbindungen übrig, die wir auch tatsächlich brauchen Diese wichtigen Verbindungen werden durch das Lernen verstärkt Vorderhirn: Als Letztes ausgereift, als Erstes von Abbauprozessen betroffen Hirndegeneration bei der Alzheimer Demenz Gehirn und Alter • Die für das Lernen notwendigen Umbauprozesse an den Verbindungsstellen der Nervenzellen funktionieren mit zunehmendem Alter nicht mehr ganz so gut • Während das Gehirn altert, verliert es ständig an Fähigkeiten – aber es gewinnt auch neue hinzu • Alte Gehirne wirken oft so, als seien sie ein wenig geschrumpft. Das liegt allerdings nicht an einem Verlust der Hirnmasse. Das alte Gehirn hat weniger Wasser Lebenslange Entwicklung des Gehirns - Gerontologie • Multidimensionalität: Auch innerhalb der Hauptbereiche müssen verschiedenen Dimensionen kognitiver Ressourcen unterschieden werden. • Multidirektionalität: Die verschiedenen Dimensionen entwickeln sich oftmals nicht gleichförmig oder in eine Richtung • Interindividuelle Unterschiede: Verschiedenen Personen innerhalb einer Altersgruppe entwickeln sich oft sehr unterschiedlich. Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter • Ein kurzer Überblick: Daten und Fakten • Inhaltsbereich kognitiver Leitungsfähigkeit im Alter: – Intelligenzentwicklung – Gedächtnisleistung • Möglichkeiten der Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter • Zusammenfassung und Ausblick • Zusammenfassung der Vorlesungsreihe Intelligenz und Alter Definition Intelligenz: Die Fähigkeit durch Wissen, Einsicht und Denken Aufgaben lösen und neue Situationen bewältigen können Gewinne und Verluste • Höhepunkt des Abstraktionsvermögen: Anfang 20! Rückgang Reaktionsvermögen ab Mitte 30 • Ältere sind auch bei einfachen Reaktionsaufgaben vorsichtiger und nehmen sich für eine Entscheidung mehr Zeit. Sie machen daher weniger Fehler • Mit zunehmendem Alter lernen wir immer besser, mit alltäglichen Problemen umzugehen • Wir können die eigenen Schwächen besser erkennen und abmildern Entwicklung der fünf Primärfaktoren der Intelligenz Verbale Fähigkeiten Räumliche Orientierung Induktives Schließen Zahlen Wortflüssigkeit Differenzierte Betrachtung 70 60 50 40 Gewinne Verluste Stabilität 30 20 10 0 60-67 Jahre 67-74 Jahre 74-81 Jahre Intelligenzdimensionen Intelligenzdimensionen in denen die Leistungen älterer Menschen denen von jüngeren entsprechen oder sogar überlegen sind 1) Praktische Intelligenz = Fähigkeiten zum alltäglichen Problemlösen 2) Weisheit = Expertenwissen in den grundlegenden Fragen des Lebens 2- Komponenten-Theorie: Definitionen (1/2) Fluide Intelligenz: Basisprozesse der Intelligenz, so etwas wie die Grundmechanik der kognitiven Informationsverarbeitung oder des Denkens Kristalline Intelligenz: Kognitive Fähigkeiten, in denen sich angehäuftes Wissen aus bisherigen Lernprozessen kristallisiert und verfestigt hat 2- Komponenten-Theorie: Verlauf (2/2) Gedächtnis und Alter Definition Gedächtnis: Die Fähigkeit, Erfahrungen zu speichern, später zu reproduzieren bzw. wieder zu erkennen. Bedeutung des Gedächtnisses • Voraussetzung für das Erleben von Identität • Kern unseres Selbst • Rückschau auf das Leben • Ausmalen der Zukunft • Dynamisch, Veränderung unterworfen Die drei Gedächtnisspeicher sensorisches Register Kurzzeit-/Arbeitsgedächtnis Langzeitgedächtnis Differenzierter Langzeitspeicher Veränderungen der Gedächtnisfunktion im Alter • Älteren Menschen fällt es schwerer, neue Informationen zu erlernen und zu erinnern • Kapazitätsabnahme des sensorischen und des Arbeitsgedächtnisses Konzentration bewahren, Störungen ignorieren fällt schwerer • Mehr "Verknüpfungen" bzw. "Schlüssel" beim Einspeichern und Abrufen nötig Abruf von Informationen aus dem Gedächtnis Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter • Ein kurzer Überblick: Daten und Fakten • Inhaltsbereich kognitiver Leitungsfähigkeit im Alter: – Intelligenzentwicklung – Gedächtnisleistung • Möglichkeiten der Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter • Zusammenfassung und Ausblick • Zusammenfassung der Vorlesungsreihe Gedächtnistraining DIE GUTEN BOTSCHAFTEN: • • • Gedächtnisfunktionen lassen sich trainieren Körperliches Training ist ebenfalls wirksam Strategienvermittlung ist entscheidend Wirkung von körperlichem Training • Ausdauertraining hat einen deutlichen Effekt auf die kognitiven Funktionen im Alter • Fitnesstraining hat einen spezifischen Einfluss: Er ist am größten bei Aufgaben, die Planung und Koordination umfassen • Exekutive Kontrollprozesse weisen einen starken Altersrückgang auf, ebenso wie die dazugehörenden Gehirnregionen Fitness kompensiert Gehirnabbau Notwendigkeit geeigneter Strategien Unter Vermittlung von geeigneten Strategien nähert sich die Gehirnaktivierung von älteren und jüngeren Menschen an Strategien: Speichertechniken: (1/3) • Beispiel: Lernen von Namen – „König“ (stellen Sie sich z.B. einen König auf seinem Thron sitzend vor) oder „Grünbaum“ (stellen Sie sich z.B. einen großen Baum mit vielen grünen Blättern vor) oder – achten Sie auf besonders auffällige Merkmale der Person z.B. kräftige Gesichts- oder Haarfarbe, die mit dem Namen verbunden werden können: „Roth Strategien: Speichertechniken: (2/3) • Beispiel: Lernen von Zahlen – Rhythmisierung: Telefonnummern lassen sich besser lernen und behalten, wenn man die einzelnen Nummern nicht unabhängig voneinander aufzählt, sondern in Zweier- oder Dreiergruppen zusammenfasst: 3 4 0 7 6 8 9 vs. 34 07 689 – Parallelen herstellen: auch Zahlen lassen sich besser lernen und behalten, wenn man sie sinnvoll mit bereits vorhandenen Gedächtnisinhalten verknüpft (z.B. 38=eigene Schuhgröße, 42=eigene Konfektionsgröße, 101= Hausnummer) Strategien: Speichertechniken: (3/3) • Man schreibt sich den Lernstoff auf Merkzettel auf • Man begibt sich mental auf einen Spaziergang und merkt sich den Stoff eines bestimmten Merkzettels • Auf dem Merkzettel wird notiert, an welchem Ort der Inhalt gelernt wurde • Mehrfache Wiederholung des Spaziergangs • In einer (Prüfungs-)Situation reicht es dann, sich gedanklich auf den Spaziergang zu begeben und man erinnert sich verhältnismäßig mühelos an das Gelernte Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter • Ein kurzer Überblick: Daten und Fakten • Inhaltsbereich kognitiver Leitungsfähigkeit im Alter: – Intelligenzentwicklung – Gedächtnisleistung • Möglichkeiten der Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter • Zusammenfassung und Ausblick • Zusammenfassung der Vorlesungsreihe Zusammenfassung • Die Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit auch im hohen Alter zeigt Gewinne und Verlust • Gedächtnisfunktionen lassen sich trainieren! • Körperliches Training ist ebenfalls wirksam • Strategienvermittlung ist entscheidend Es gilt die These: Wer rastet, der rostet. Ausblick • Erforschung pathologischer Abbauprozesse (z.B. Demenz) und deren Einflussfaktoren • Untersuchung möglicher Präventivmaßnahmen (z.B. Einfluss von Ernährung, kognitivem Training etc.) Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter • Ein kurzer Überblick: Daten und Fakten • Inhaltsbereich kognitiver Leitungsfähigkeit im Alter: – Intelligenzentwicklung – Gedächtnisleistung • Möglichkeiten der Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter • Zusammenfassung und Ausblick • Zusammenfassung der Vorlesungsreihe Zusammenfassung der Vorlesungsreihe Bilder vom Alter Soziale Netzwerke Emotionalität Kognitive Leistungsfähigkeit Persönlichkeit Stabilität und Veränderung psychologischer Aspekte • Alle Bereiche des Lebens sind über die gesamte Lebensspanne hinweg durch Konstanz UND Veränderung gekennzeichnet • Beide Prozesse zeichnen sich durch hohe intra- und interindividuelle Variabilität aus Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !!!!