Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH Geriatrischer Schwerpunkt Freudenstadt Geriatrische Rehabilitation Horb Bluthochdruck Eine heimtückische Erkrankung Gefahren durch Bluthochdruck Behandlung des Bluthochdrucks Besondere Aspekte für den älteren Menschen Bluthochdruck: eine heimtückische Erkrankung Was Sie über Bluthochdruck wissen sollten Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) ist eine Volkskrankheit, von der in Deutschland jeder dritte Erwachsene und zwei von drei „Über-60-jährigen“ betroffen sind. Das Schlimmste an dieser Erkrankung ist, dass sie nicht weh tut, aber gefährliche Folgeschäden hervorruft. So steht das Risiko insbesondere für Schlaganfall, aber auch für Herzinfarkt, Herzschwäche, Nierenerkrankungen und Sehbehinderungen in direktem Zusammenhang mit erhöhten Blutdruckwerten. Oftmals wird der Bluthochdruck rein zufällig und viel zu spät entdeckt. Mit jedem Herzschlag wird das Blut aus dem Herzen in unsere Adern (Arterien) gepumpt, damit alle Organe unseres Körpers mit Sauerstoff und vielen wichtigen Nährstoffen versorgt werden. Das Blut kommt mit einer bestimmten Kraft, dem Blutdruck, in den Arterien an. Mit einer Manschette am Oberarm messen wir in der Regel den Blutdruck, und zwar einen oberen (systolischen) und einen unteren (diastolischen) Wert. Der obere Wert entspricht dem Druck während der Pumpaktion des Herzens, der untere gibt den Druck während der Entspannungsphase des Herzmuskels an. Die Maßeinheit des Blutdrucks heißt „mmHg“ = „Millimeter Quecksilbersäule“. Der Blutdruck unterliegt natürlichen Schwankungen. Er ändert sich im Verlauf eines Tages ständig, ist morgens meist am höchsten und nachts im Tiefschlaf am niedrigsten. Bei körperlicher Anstrengung, Schmerz oder Aufregung steigt der Blutdruck an. Kurze Phasen mit hohem Blutdruck sind somit normal. Wann sprechen wir von Bluthochdruck? Ein Bluthochdruck liegt vor, wenn bei mehreren Messungen an verschiedenen Tagen Werte von 140/90 mmHg oder mehr gemessen werden, wenn also von einem ständig erhöhten Blutdruck ausgegangen werden muss. Dabei sollte allerdings bedacht werden, dass gerade bei älteren Menschen die besondere Situation „beim Doktor“ Aufregung verursacht und dadurch zum Blutdruck-Anstieg führen kann. Von dieser „Weißkittel-Hypertonie“ sind etwa 20% der älteren Menschen betroffen. In diesen Fällen sollte in entspannter Situation der Blutdruck nachgemessen werden, entweder durch die Arzthelferin, durch Selbstmessung zu Hause oder mittels 24Stunden-Langzeit-Blutdruckmessung. Die weit verbreitete Meinung, der Blutdruck solle 100 + Lebensalter, beim 75-Jährigen also 175 mmHg, betragen, ist falsch und gefährlich. Auch in fortgeschrittenem Alter sind erhöhte Blutdruckwerte schädlich. Warum ist Bluthochdruck schädlich? Von einem zu hohen Blutdruck merken Sie anfänglich häufig gar nichts. Im Gegenteil: Sie fühlen sich oft sogar wohler als Menschen mit zu niedrigem Blutdruck. Doch der andauernd erhöhte Druck in den Adern (Arterien) beschleunigt die Gefäßwandverkalkung, die so genannte Arteriosklerose. Dadurch werden auf längere Sicht vor allem Gehirn (Schlaganfälle), Niere, Herz (Herzinfarkt, Herzschwäche) und Augen geschädigt. Bei etwa 70% aller Schlaganfälle ist Bluthochdruck als wesentliche Ursache bedeutsam. Große Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Blutdrucksenkung um etwa 10 mmHg das Schlaganfall-Risiko innerhalb von 5 Jahren um bis zu 40% mindern kann. Für die oben genannten Erkrankungen von Gehirn und Herz liegen nicht selten zusätzliche Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Zuckerkrankheit oder erhöhtes Cholesterin vor, so dass die aktive Mithilfe der Betroffenen für die zukünftige Gesundheit von großer Bedeutung ist. Bei den meisten Menschen findet sich keine erkennbare Ursache für den Bluthochdruck. Dann spricht man von einer „primären Hypertonie“. Lediglich für knapp 10% lässt sich die Entstehung des erhöhten Blutdrucks durch Nierenerkrankungen, hormonelle Störungen, Medikamente oder auch durch regelmäßigen Alkoholgenuss (in größeren Mengen) erklären. Das Vorliegen eines Schlaf-Apnoe- Syndroms kann bei der Bluthochdruck-Entstehung ebenfalls von Bedeutung sein. Bei der ersten Diagnosestellung sollte deshalb nach diesen Ursachen geforscht werden, um für die wenigen Fälle mit erkennbarer Ursache eine gezielte Behandlung der Ursache durchführen zu können. Auch sollte bei Diagnosestellung geklärt werden, ob schon Organschäden als Folge des erhöhten Blutdrucks vorliegen. Dies geschieht durch Spiegelung des Augenhintergrundes, durch Untersuchung der Nierenfunktion und durch Ultraschall-Untersuchung des Herzens. Typische Symptome oder Krankheitszeichen gibt es beim Bluthochdruck nicht. Beschwerden treten erst dann auf, wenn schon Organschädigungen eingetreten sind. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass bei jedem Menschen vorsorglich Blutdruckkontrollen durchgeführt werden, insbesondere wenn eine familiäre Veranlagung für hohen Blutdruck vorliegt. Denn durch frühzeitige Erkennung und konsequente Behandlung des Bluthochdrucks können viele (lebensverkürzende) Schädigungen vermieden werden. Um einen verlässlichen Überblick über das Ausmaß der Blutdruckerhöhung und über den Therapieerfolg zu erhalten, kann eine 24-Stunden-Langzeit-Blutdruckmessung durchgeführt werden. Dabei wird am Oberarm eine Blutdruckmanschette angelegt, die mit einem Aufzeichnungsgerät verbunden ist. Es wird über 24 Stunden in regelmäßigen, zum Beispiel halbstündigen Abständen der Blutdruck automatisch gemessen und gespeichert. Im Nachhinein werden die Ergebnisse ausgewertet. BlutdruckBlutdruck-Selbstmessung: Für viele Menschen mit Bluthochdruck empfiehlt sich die häusliche Blutdruck-Selbstmessung. Dabei wird der Blutdruck am Ober- oder Unterarm (Messungen an Fingern sind sehr störanfällig) gemessen und vom Messgerät angezeigt. Bei schwer einstellbarem Blutdruck kann der Hausarzt ein solches Gerät verordnen, und die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten. Ansonsten können entsprechende Geräte in einem preislichen Rahmen von etwa 30 bis 80 Euro erworben werden. Bei der Selbstmessung sollten einige Grundregeln beachtet werden, damit die Blutdruckwerte auch aussagekräftig sind: Beim Kauf eines Selbstmessgerätes sollte die Manschette wegen unterschiedlicher Manschettengrößen dem Armumfang angepasst sein. Vor der Messung liegt eine mindestens 3-minütige Ruhephase, damit auch wirklich der „Ruhe-Blutdruck“ erfasst wird. Der Arm mit der Manschette sollte sich etwa auf Herzhöhe befinden, was gerade bei Messungen am Unterarm zu beachten ist. Die Luft muss langsam abgelassen werden. Zwischen zwei aufeinander folgenden Messungen sollten Sie mindestens eine Minute verstreichen lassen. Und lassen Sie sich nicht von einem einzelnen hohen Wert aus der Ruhe bringen. Messen Sie nicht ständig nach, sondern lenken Sie sich ab und messen einige Stunden später noch einmal. Generell ist es sinnvoll, ein Blutdruckprotokoll zu führen, aus dem Ihr behandelnder Arzt den Verlauf Ihrer Blutdruck-Einstellung gut nachvollziehen kann. Behandlung des Bluthochdrucks Besondere Aspekte für den älteren Menschen Bei Menschen über 65 Jahre ist der Blutdruck oftmals schlecht eingestellt, obwohl in großen Untersuchungen gezeigt wurde, dass bis zu einem Alter von 80 Jahren mit der Senkung erhöhter Blutdruckwerte Komplikationen an Herz-Kreislauf und Gehirn vermindert und eine Lebensverlängerung erzielt werden kann. Allerdings muss generell sorgfältig abgewogen werden zwischen Nutzen der Behandlung und möglichen Nebenwirkungen der Medikamente, was insbesondere beim älteren Menschen bedeutsam wird. Die Lebensqualität muss oberste Priorität haben. Was nutzt eine optimale Blutdruckeinstellung nach Messwerten, wenn der betroffene ältere Mensch ständig gefährdet ist zu stürzen. mit Schwindel umherläuft und Wann sollte Behandlung erfolgen? Wie bereits erwähnt, wird bei Blutdruckwerten über 140/90 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) von Bluthochdruck gesprochen. Mit zunehmendem Alter spielt immer mehr der obere (systolische) Wert eine Rolle, so dass ich mich im Folgenden auf diesen Wert beziehe. Für die Entscheidung, ob mit blutdrucksenkenden Maßnahmen begonnen wird, sollte neben der Höhe des Blutdrucks bekannt sein, welche weiteren Risikofaktoren für die Schädigung der Arterien vorliegen, nämlich Rauchen, hohes Cholesterin oder Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Auch sollte beachtet werden, ob bereits Schädigungen an Herz, Niere, Augen oder Gehirn aufgetreten sind. Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren wird der behandelnde Arzt mit dem Betroffenen dann über das weitere Vorgehen sprechen. Jeder Mensch mit regelmäßig über 140 mmHg erhöhten Blutdruckwerten sollte zumindest „nicht-medikamentöse“ Maßnahmen ergreifen. Diese werden auch häufig unter „Lebensstil-Änderung“ beschrieben. Liegen zudem weitere der oben genannten Risikofaktoren oder bereits Organschädigungen vor, so sollte frühzeitig auch medikamentös behandelt werden. Für Menschen mit Nierenschädigung oder mit Zuckerkrankheit ist eine sehr gute Einstellung des Blutdrucks von so großer Bedeutung, dass auch bei gering erhöhtem Blutdruck medikamentös behandelt wird. Bei Blutdruckwerten regelmäßig über 160 mmHg ist bis auf sehr wenige Ausnahmen immer medikamentöse Blutdruckbehandlung angezeigt. NichtNicht-medikamentöse Therapie Für jeden Bluthochdruck-Betroffenen empfiehlt sich zu überprüfen, inwieweit er durch Änderung der Lebensführung zur Blutdrucksenkung beitragen kann. Dazu gehören Gewichtsabnahme bei Übergewicht, körperliche Aktivität, Einschränkung der Kochsalz-Aufnahme sowie Einschränkung von Rauchen und Alkoholkonsum. Auch Entspannung und geregelte Nachtruhe tragen zum Erfolg Maßnahmen sollten immer Beachtung finden. bei. Diese Therapie mit Medikamenten Oft reicht die nicht-medikamentöse Therapie allein nicht aus, so dass zusätzlich Tabletten eingenommen werden müssen. Da der Bluthochdruck sich nicht über Nacht entwickelt hat, sollte er auch nicht innerhalb kürzester Frist komplett normalisiert werden. Die Blutdruck-Einstellung wird langsam über viele Wochen durchgeführt, was insbesondere für ältere Menschen oder Patienten nach Schlaganfall von Bedeutung ist. Zunächst wird mit einem Medikament in niedriger Dosierung begonnen, dann sollte in Intervallen von etwa 3 bis 6 Wochen langsam die Dosis gesteigert oder eventuell ein zweiter und auch dritter Wirkstoff hinzugenommen werden. Etwa jeder dritte Patient benötigt drei verschiedene Medikamente, um den Blutdruck ausreichend senken zu können. Nicht immer sind die neuesten (und meist teuersten) Medikamente die besten. Bedenken Sie, dass für ältere Medikamente meistens größere Erfahrungen über viele Jahre und Jahrzehnte vorliegen. Zur Einschätzung des Therapieerfolges sind regelmäßige Blutdruckkontrollen erforderlich. Beim älteren Menschen sollten diese im Sitzen, im Stehen und auch nach dem Essen erfolgen. Insbesondere ältere Menschen unter Blutdruckbehandlung sind beim Aufstehen aus liegender oder sitzender Position kreislauflabil und dabei sturzgefährdet. Welcher Wirkstoff für welchen Patienten am besten geeignet ist, weiß der behandelnde Arzt in Kenntnis weiterer Begleiterkrankungen wie Diabetes, Herzschwäche, Herzrhythmusoder Nierenfunktionsstörung zu entscheiden. Gefahr: unregelmäßige MedikamentenMedikamenten-Einnahme In den allermeisten Fällen kann Bluthochdruck erfolgreich behandelt werden. Wenn dies nicht gelingt, so liegt es oft an der unregelmäßigen Einnahme der Medikamente. Es handelt sich bei der Blutdruck-Senkung fast immer um eine lebenslange Dauertherapie, die nicht ohne Rücksprache mit dem Hausarzt unterbrochen werden sollte. Abrupter Therapieabbruch kann gefährlich sein! Untersuchungen in Europa und Amerika haben gezeigt, dass bis zu 50% der Patienten die Therapie bereits nach einem Jahr eigenmächtig abbrechen. Ein Grund für das Absetzen oder die unregelmäßige Einnahme der Medikamente können Nebenwirkungen sein. Obwohl alle Hochdruckmittel als relativ nebenwirkungsarm gelten, kommt es bei manchen Patienten besonders in der Anfangsphase der Behandlung zum Beispiel zu Müdigkeit, Leistungsabfall oder Schwindel. Diese Folgen der Blutdrucksenkung verschwinden unter Beibehaltung der Behandlung meist innerhalb weniger Wochen, aber sie sollten mit dem Hausarzt besprochen werden. Der häufigste Grund für mangelnde „Einnahmetreue“ scheint aber die Beschwerdefreiheit des Hochdruckpatienten zu sein. Der Leidensdruck in Form von Schmerzen oder anderen Einschränkungen fehlt, so dass die Notwendigkeit der weiteren Medikamenteneinnahme oft nicht eingesehen wird. Blutdruckbehandlung stellt eine Art Altersvorsorge dar, vergleichbar mit einer Rentenversicherung. Bei Vernachlässigung spürt man aktuell keine Nachteile, aber die spätere Lebensqualität kann dadurch erheblich beeinträchtigt sein. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass frühzeitige Entdeckung und konsequente Behandlung des Bluthochdrucks die Häufigkeit von Schlaganfällen, Herzinfarkten und Herzschwäche wie auch von Augen- und Nierenerkrankungen erheblich senken kann. Menschen zwischen 60 und 80 Jahren profitieren von einer guten Blutdruckeinstellung in besonderem Maße. Allerdings sollte stets die Lebensqualität des Einzelnen vorrangige Bedeutung haben. Gerade beim älteren Menschen müssen Beschwerden wie Müdigkeit, Schwindel und Gangunsicherheit als mögliche Folgen von Blutdrucksenkung im Sinne eines Risikofaktors für Stürze sehr ernst genommen werden. Dr. Klaus Rademacher November 2008