164 Kompetenznetz Angeborene Herzfehler © 2006 Schattauer GmbH Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertension (PAH) bei Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) Beschreibung – Pathophysiologie – Pharmakotherapie I. Schulze-Neick Klinik für angeborene Herzfehler / Kinderkardiologie, Deutsches Herzzentrum Berlin Schlüsselwörter Keywords Erwachsene mit angeborenem Herzfehler, pulmonal-arterielle Hypertension, Lungengefäßwiderstand, Iloprost, Sildenafil, Bosentan Adult congenital heart disease, pulmonary arterial hypertension, pulmonary vascular resistance, Iloprost, Sildenafil, Bosentan Zusammenfassung Summary Die pulmonalarterielle Hypertension (PAH) bei angeborenen Herzfehlern nimmt an Inzidenz und Prävalenz zu, da immer mehr Patienten das Erwachsenenalter erreichen. Morbidität und Mortalität sind unterschiedlich zur idiopathischen PAH durch den gleichzeitig korrektiv, palliativ oder nicht operierten Herzfehler: neben dem klassischen Eisenmenger-Syndrom und der postoperativ chronisch persistierenden PAH existieren Spezialformen wie die lokale PAH, die hämodynamisch relevante Erhöhung des Lungengefäßwiderstands in Gegenwart eines dysfunktionalen oder nicht vorhandenen rechten Ventrikels und die PAH durch systemventrikuläre Dysfunktion oder anatomische Obstruktionen distal der Lungenkapillaren. Gemeinsamer Nenner all dieser PAH-Formen ist die therapeutische Relevanz der pulmonalen Gefäßdilatation mit einer Reduktion der klinischen Rechtsherzsymptomatik durch Entlastung des rechten Ventrikels oder des systemvenösen Gebiets sowie Vermehrung des systemischen Sauerstoffangebots durch vermehrten pulmonalen Blutfluss und intrakardiale Mischung. Intravenöse, inhalative und orale Substanzen, die verschiedene biologische Stoffwechselwege gezielt beeinflussen und pulmonal selektiv wirken, haben ihre Wirkung bei der idiopathischen PAH erwiesen und werden zunehmend mit Erfolg bei der PAH von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler eingesetzt. The incidence and prevalence of pulmonary arterial hypertension in patients with congenital heart disease is increasing since these patients continue to outgrow their pediatric practitioners and become adults. Morbidity and mortality, however, is different when compared with idiopathic PAH due to the coexisting surgically corrected or palliated or unoperated cardiac malformation: together with the classical Eisenmenger-Syndrome and postoperative chronically persisting PAH, there are special forms like local PAH, the hemodynamically relevant increase of pulmonary vascular resistance in the presence of a dysfunctional or absent right ventricle, and PAH caused by systemic ventricular dysfunction or anatomic obstruction distally to the pulmonary capillaries. The common denominator of all these forms is the therapeutic importance of pulmonary vasodilation with a reduction of clinical right sided congestion by offloading the right ventricle or the systemic venous system, as well as an increase in systemic oxygen delivery by enhancing pulmonary blood flow and intracardiac mixing. Intravenous, inhaled and oral substances targeting different biological pathways selectively influencing pulmonary vascular tone have proven their efficacy in idiopathic PAH and are used increasingly and with success in adult patients with PAH due to congenital heart disease. Therapy of pulmonary arterial hypertension in patients with congenital heart disease Med Welt 57; 2006: 164–70 S chon längst ist die Gruppe der Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) keine Randgruppe mehr, sondern bedarf einer multidisziplinären Aufmerksamkeit in spezialisierten Med Welt 4/2006 Fachabteilungen und Instituten. Eine Facette dieser Aufmerksamkeit betrifft in zunehmendem Maß die durch den Herzfehler in Mitleidenschaft gezogene Lunge, deren Gefäßsystem entweder durch Shuntfluss belas- tet, oder ebenfalls malformiert, oder durch chirurgische Maßnahmen alteriert ist. Entsteht dadurch eine pulmonal-arterielle Hypertension (PAH), so beeinflusst dies die körperliche Belastbarkeit (1), Reisen in großer Höhe (2), Schwangerschaft (3), Operabilität und Anesthesie (myokardiales Versagen bei pulmonalhypertensiver Krise) (4) und damit allgemeine Morbidität sowie Mortalität dieser speziellen Patientengruppe. Die derzeitige Aktualität dieses Themas – PAH bei EMAH – ergibt sich jedoch vor allem auch aus dem Auftauchen neuerer antipulmonalhypertensiver Medikamente, die ihren Wert bei der idiopathischen pulmonalarteriellen Hypertension (iPAH) gezeigt haben – und die sich nunmehr für die Behandlung dieser stetig zunehmenden Zahl behandlungsbedürftiger Patienten mit einem angeborenen Herzfehler im Erwachsenenalter (EMAH) anbieten. Inzidenz der PAH bei EMAH Pro Jahr werden in Deutschland etwa 6000 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler geboren. Bei bis zu zwei Drittel davon besteht eine pathologische Situation der Lungenstrombahn: sie ist hypoplastisch, anatomisch falsch konnektiert, oder durch ein Shuntvitium belastet; ein ganz geringer Prozentsatz der Herzfehler geht trotz nicht signifikanter hämodynamischen Belastung mit einer PAH einher. Trotz chirurgisch erfolgreicher korrigierender Operation und einem Abfall der unmittelbar akut postoperativen pulmonalen Hypertension von früher ca 25% (5, 6) auf heutzutage um 2% (7) haben Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-31 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 165 PAH bei Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler ca. 10–20% solcher Patienten einen erhöhten Lungengefäßwiderstand. Da seit der letzten Dekade ca. 85–90% aller Patienten mit AHF das Erwachsenenalter erreichen, kann man abschätzen, dass jedes Jahr von den ca. 5500 Patienten mit AHF, die als EMAH aus der Betreuung des Kinderkardiologen herauswachsen (8–10), ca. 400–500 eine signifikante, therapiewürdige PAH haben. Prävalenz Die Zahl der Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) nimmt zur Zeit jährlich zu; bei insgesamt 200 000–300 000 Patienten mit AHF, die in Deutschland betreut werden, wird der Anteil an EMAH zurzeit auf ca 35–50% geschätzt, d. h. eine Gruppe von ca. 150 000 Patienten, die von spezialisierten Zentren und Fachärzten betreut werden (10). Geht man davon aus, dass von diesen Patienten – konservativ geschätzt – etwa 10% ein Problem mit dem Lungenkreislauf haben, ergibt sich eine Zahl von 10 000–15 000 EMAH-Patienten mit PAH. Es ist bemerkenswert, dass diese Zahl bereits jetzt schon deutlich größer ist als die Zahl derjenigen Patientengruppe, die als „Vorbild“ dient in Bezug auf Diagnostik und Therapie, nämlich die „orphan disease“ iPAH: vorsichtige Schätzungen gehen von 2000–3000 erwachsene Patienten mit iPAH, und einer ähnlichen Dunkelziffer von Kindern mit iPAH in Deuschland aus (11–13). Definition und Anwendung auf EMAH Die pulmonale Hypertension bei AHF ist seit der Klassifizierung aller Formen von pulmonaler Hypertension in den Arbeitssymposien der World Health Organisation (WHO) von 1998 in Evian und 2003 in Venedig unter pulmonary arterial hypertension (pulmonal-arterielle Hypertonie, PAH) subsummiert. Die WHO-Klassifikation hat hierunter ebenfalls die idiopathische (iPAH) und familiäre pulmonale Hypertension, die PAH autoimmunologischer, hepatologi- scher, infektiöser (HIV, Schistosomiasis), hämatologischer (Sichelzellanämie,Thalassämie, hämolytische Anämie) und toxischer Genese sowie die persistierende pulmonale Hypertension des Neugeborenen zusammengefasst. Die PAH bei AHF spielt sich in dem arteriellen Kompartiment des Lungengefäßbetts ab. Primäre und eine Reihe von sekundäre PAH-Formen sind somit einer Klasse zugeordnet, die anatomische und Aspekte der therapeutischen Beeinflussbarkeit vereinen. Dazu gehören auch solche PAH, die durch Probleme der linken bzw. systemarteriellen Herzseite (Lungenvenenstenosen, Wichtige Internet-Adressen Die folgenden Internet-Adressen sind eine subjektive Auswahl an Web-Loci, die zu dieser Thematik Informationen und weiterführende Links bieten. ● Leitlinie für PAH bei AHF der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK): www.uni-dues seldorf.de/WWW/AWMF/ ll/023–005.htm ● Deutsche Selbsthilfegruppe für PAH in allen Formen: www.phev.de ● Schweizer Selbsthilfegruppe für PAH in allen Formen: www.lungenhoch druck.ch ● International Society for Heart and Lung Transplantation mit jeweils aktualisierten Standdias: www.ishlt.org ● Kompetenznetz Angeborene Herzfehler mit Beschreibungen aller Projekte und Kontaktadressen der Projektleiter: www.kompetenznetz-ahf. de ● Arbeitsgemeinschaft Pulmonale Hypertension der Deutschen Gesellschaften für Kardiologie (DGK), Pneumonologie (DGP), und Pädiatrische Kardiologie (DGPK): www. agpht.de ● Europäische Arzneimittel-Agentur (European Medical Evaluation Agency, gegründet 1993) mit Sitz in London, deren Zulassungen für Europa und damit Deutschland gelten: www. emea.org Cor triatriatum, Mitralstenose bzw. Stenose der systemarteriellen Atrioventrikularklappe, hypoplastischer oder hypokontraktiler linker bzw. systemarterieller Ventrikel, Aortenklappen- und Isthmusstenose) verursacht sind, wenn sie mit einer selbstständigen Erhöhung des PVR einher gehen. Gemäß den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie (DGPK) gilt die hämodynamische Definition der iPAH (mittlerer pulmonalarterieller Druck >25 mmHg in Ruhe und >30 mmHg unter Belastung) ebenso für die PAH bei EMAH (14). Hierbei ist jedoch zu verinnerlichen, dass der Druck aus dem Verhältnis von pulmonalen Blutfluss zu pulmonalem Gefäßwiderstand resultiert und somit per se gerade bei Shuntvitien keine Aussage über den Lungengefäßwiderstand erlaubt, und dass weiterhin der pulmonale Gefäßdruck eine Resultante ist der myokardialen Kontraktionsleistung, d.h. der maximal aufbaubaren Wandspannung des subpulmonalen Ventrikels. Korrekterweise sollte jede Bestimmung des Ruhe-Lungengefäßwiderstands mit einer solchen unter vermehrtem pulmonalen Blutfluss vergesellschaftet sein, und zwar nicht nur, da sich eine latente PAH unter Belastung des pulmonalen Gefäßbetts demaskieren kann (15), sondern auch, weil erst die Zweipunkt-Bestimmung des pulmonalen Fluss-Druck-Verhältnisses die Veränderung unter pharmakologischer Bestimmung der pulmonalvaskulären Reserve korrekt einschätzen lässt (16). iPAH versus PAH bei AHF Gemeinsamkeiten Störungen der Intimafunktion der pulmonalen Arterien und Arteriolen lassen sich elektronenmikroskopisch und funktionell bereits frühzeitig demonstrieren: im Frühstadium lässt sich ein Criss-Cross-Muster der ursprünglich parallelen endothelialen Zellanordnung beobachten (17), welches mit einem Ausfall der Funktion des vasodilatierenden L-Arginin-NO-Stoffwechselweges und der Verminderung anderer vasodilatierender Substanzen (Prostacycline) einher Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-31 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Med Welt 4/2006 166 Schulze-Neick geht (pulmonal-endotheliale Dysfunktion [18]), und einem Überwiegen vasokonstriktorischer Mediatoren wie Endotheline und Thromboxane (19). Eine zunehmende Schädigung wird durch eine pulmonalvaskuläre Mediahypertrophie erkennbar (20); gleichzeitig kommt es zu einer Zunahme der Zellabstände und von Lücken in der Intima-Auskleidung der Gefäße und zur Transsudation von Wachstumsfaktoren in die Adventitia (21). Schließlich obstruiert das Gefäß durch die Bildung von intraluminalen plexiformen Läsionen, wozu eine zunehmende Fibrosierung des umliegenden Bindegewebes tritt, sodass schließlich eine Dilatation des pulmonalen Gefäßes unmöglich und der Lungengefäßwiderstand fixiert ist, auch wenn eine Rest-Funkion der pulmonalendothelialen vasodilatierenden Stoffwechselwege nachweisbar sein mag (22, 23). Unterschiede Im Gegensatz zum Bekanntsein des Stimulus für die Entwicklung der PAH bei AHF, nämlich die Druck- und Volumen-Belastung des Lungengefäßbetts, ist der initiierende Stimulus der idiopathischen PAH (iPAH) unbekannt. Verschiedene Autoren positionieren die iPAH zwischen Krebs und Entzündung (24). Dazu passt die Klonalität der Zellen, die an der Bildung der plexiformen Läsionen beteiligt sind, welche bei der PAH bei AHF multiplen, poliklonalen Ursprungs, bei der iPAH jedoch monoklonal sind (25). Der poliklonale Ursprung bei PAH bei AHF geht einher mit einer reduzierten Ansprechbarkeit auf Behandlung in vielen Studien (26); der monoklonale Ursprung bei der iPAH ist assoziiert mit einem sehr raschen Krankheitsverlauf. Trotz des Anstiegs der 50%-Überlebenswahrscheinlichkeit von 2,8 Jahren ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung in einer Studie des NIH von 1991 (27) auf aktuell 5,6 Jahre (28) stellt dieser Verlauf immer noch einen viel drängenderen Handlungsbedarf nach Therapieoptionen dar als bei EMAH-Patienten mit PAH, deren 50%-Überlebenpunkt sich mit 57,5 Lebensjahren weit nach Erreichung des Erwachsenenalters befindet (29, 30). Med Welt 4/2006 Pathophysiologie Patienten mit iPAH versterben zu einem hohen Prozentsatz an einer rechtsventrikulären Dekompensation (31). Während im Verlauf der Erkrankung der rechte Ventrikel mehr und mehr rechtsventrikuläre Wandspannung und Druck aufbringt, um – entsprechend dem ansteigenden pulmonalvaskulären Widerstand – das Herzzeitvolumen aufrecht zu erhalten, folgt eine Phase des stabilen pulmonalarteriellen Drucks und gleicher Wandspannung, aber steigenden rechtsventrikulärem Durchmesser, während der Erkrankungsprozess fortschreitet und der PVR weiter ansteigt (32). Schließlich ist das Maximum der FrankStarling-Kurve des rechten Ventrikels erreicht, und jede weitere PVR-Zunahme hat eine Abnahme des rechtsventrikulären Auswurfs zur Folge – mit ansteigenden enddiastolischen Werten des zentralvenösen Drucks und damit der klinischen Symptomatik der Rechtsherz-Versagens (33). Die Verminderung des rechtsventrikulären Auswurfs durch den massiv angestiegenen PVR bewirkt einen reduzierten pulmonalvenösen Rückstrom zum linken Ventrikel und ein low-cardiac-output. Der linke Ventrikel wird „bananenförmig“ klein, die Kurvatur des Septums folgt dem rechten Ventrikel und ist (sichtbar im Echokardiogramm und MRT) in den linken Ventrikel hinein gewölbt – beides Prozesse, die zusätzlich zu Funktionsstörungen (Verminderung der diastolischen Compliance, zunehmende Dysfunktion) des linken Ventrikels führen, die so ausgeprägt sein können, dass sie selbst Ursache für eine venöse pulmonale Hypertension werden und damit – circulus vitiosus – den Prozess der PAH unterhalten. In dieser Situation kann eine vorsichtig angelegte Ballon-Atrioseptotomie (BAS) eine Entlastung der Stauung vor dem rechten Ventrikel und ein adäquates Herzzeitvolumens für den systemischen Kreislauf sicherstellen, welches also unter In-KaufNahme einer genau zu balancierenden Desaturation erkauft wird, und die Zeit bis zur notwendigen Lungentransplantation überbrückt und verlängert werden (34). Interessanterweise ist bei EMAH mit PAH, welche eine korrigierte Kreislaufsi- tuation haben und hämodynamisch also mit iPAH zu vergleichen wären, der Krankheitsprogress weniger schnell und dramatisch. Während systematische Daten zum Langzeitverlauf noch fehlen, ist in den meisten Fällen der Anstieg des PVR graduell und wird von dem bereits präoperativ hypertrophierten rechten Ventrikel lange Zeit gut kompensiert. Hiervon scheinen Patienten mit Trisomie 21 ausgenommen, deren PVRAnstieg trotz Wegnahme des hämodynamischen Stimulus nach operativer Korrektur rasch weiter voranschreiten kann und nicht selten zur letalen pulmonalhypertensiven Krise bei einem zusätzlich außerhalb des Krankenhauses auftretenden Infekt führt (35). Bei Patienten mit Eisenmenger-Syndrom durch einen großen Shuntdefekt auf ventrikulärer oder arterieller Ebene existiert für beide Ventrikel die gleiche Nachlast, welche daher im Sinne einer univentrikulären Funktion seit Geburt zusammengeschaltet sind und gleichsinnige Hypertrophie und Funktionsreserve zeigen (29). Hierdurch wird für Jahrzehnte eine kompensierte Herzfunktion bewerkstelligt und eine isolierte Rechtsherz-Dekompensation mit konsekutivem low-cardiac output kommt praktisch nicht vor; stattdessen desaturieren die Patienten durch den zunehmend reduzierten Anteil des Lungenblutflusses mehr und mehr. Je kleiner der Defekt, desto mehr ähnelt die hämodynamische Situation nicht der univentrikulären Funktion, sondern der einer seriellen Kreislauffunktion wie bei der iPAH. Bei Patienten mit Shuntdefekt auf atrialer Ebene entfällt dieser Mechanismus; die Volumenbelastung des rechten Ventrikels positioniert ihn nahe dem absteigenden Schenkel der Frank-Starling-Kurve, während der Hypertrophiereiz lange Zeit wegen der ausschließlichen Volumenbelastung kaum zunehmendem PVR entfällt. Bei letztendlichem Anstieg des PVR trifft dies auf die nur noch geringe Kompensationsfähigkeit dieses rechten Ventrikels und es erfolgt daher direkt die rechtsventrikuläre Dekompensation, während weiterhin lediglich niedrige pulmonalarterielle Drucke aufgebaut werden (36–39). Bei ansteigenden zentralvenösen Drucken und zunehmend durch den PVR eingeschränktem Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-31 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 167 PAH bei Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler Herzzeitvolumen wirkt dieser Shuntdefekt auf atrialer Ebene andererseits wie eine bereits angelegte Ballon-Atrioseptotomie (BAS), sodass die klinischen Zeichen der Rechtherz-Dekompensation und ein lowcardiac output später auftreten als die mittels des BAS-Mechanismus zunehmende Desaturation. postnatal nicht ab (42). Es kommt nicht zu einer Herzinsuffizienz (die zwingend zum Arztbesuch führen würde), sondern zu einem sehr frühen („primären“) Eisenmenger-Syndrom, bei dem sehr lange Zeit eine balancierte Ventrikelfunktion (43) und ein gutes Überleben bestehen kann (29) trotz deutlicher Zyanose. PAH bei AHF – Untergruppen Zyanose durch Shunt auf Vorhofebene Durch die Kombination der kardialen und pulmonalen Missbildungen und operativen Korrekturmöglichkeiten entstehen vielfältige Möglichkeiten, wie der Zustand des Lungengefäßsystems die Funktion des Kreislaufs beeinflussen kann. Zyanose durch Eisenmenger-Syndrom Von Paul Wood wurde dieser Begriff für Patienten mit Shuntvitien geprägt, die durch Erhöhung des PVR einen Rechts-LinksShunt haben (40, 41). Der Blutzufluss zur Lunge ist unifokal, und die Herzfunktion nicht univentrikulär, d. h. die Zyanose des Patienten ist nicht seit Geburt vorhanden und durch obligate Durchmischung der venösen Rückströme auf intrakardialer Ebene bedingt, sondern durch einen vormaligen Links-Rechts-Shunt bedingt, der „sekundär“ zu einer suprasystemischen PVR-Erhöhung mit Shuntumkehr geführt hat, wobei die diskrete zyanotische Desaturierung nur unvollkommen den massiv erhöhten PVR reflektiert. Im hämodynamischen Sinne gilt dieser Begriff auch für Patienten mit operativer Korrektur eines Shuntvitiums und signifikantem RL-Shunt durch einen Rest-Defekt, und schließt Diagnosen wie Ventrikelseptumdefekt, atrio-ventrikulärer Septumdefekt, Truncus arteriosus, aortopulmonales Fenster, aber auch Vorhofseptum-Defekt und Transposition nach atrialer und arterieller Umkehr-Operation ein. Ist die Herzfunktion jedoch univentrikulär, durchmischen sich die venösen Rückströme intrakardial und besteht somit eine konnatale Zyanose, so fällt in ca. 7–10% der Lungenwiderstand Etwa 17–19% aller Fälle von Shuntvitien auf Vorhofebene sind präoperativ mit einer PAH vergesellschaftet (44), unter denen sich ca. zwei Drittel eines erhöhten Lungengefäßwiderstands verbergen, in jeder Altersgruppe, zunehmend ab der 4. Lebensdekade. Sinus-venosus-Defekte weisen auf Grund der zusätzliche pumonalvenöse Volumenbelastung eine frühere und höhere Ausbildung eines erhöhten PVR aus (37). Die Zyanose bei ASD kann durch „streaming“ im Vorhofbereich zustandekommen, durch gleichzeitige Trikuspidalinsuffizienz oder durch Compliance-Unterschiede der Ventrikel und reflektiert nicht notwendigerweise den PVR (45). Postoperativ chronisch persistierende PAH Für alle Shuntvitien auf ventrikulärer oder arterieller Ebene ist nach chirurgisch erfolgreicher Korrektur ein Persistieren ( ca. 15–18% [46, 47]) und Progress des erhöhten PVR beschrieben; die Prävalenz variiert je nach Größe des Shunt-Defekts, des Patientenalters, und zusätzlicher Missbildungen; ihr wird begegnet durch die moderne Strategie, solche Vitien bis zum 6. Lebensmonat zu korrigieren. Bei Patienten mit Transposition und atrialer Umkehroperation (48 49) (aber auch nach arterieller Switch-Operation [50, 51]) ist das späte Enstehen einer PAH in ca. 7–10% bekannt und betreffen u. a. die Patienten, die einen günstigen neonatalen Verlauf hatten durch Nicht-Abfall des PVR. Hämodynamisch sind solche postoperativen Vitien mit erhöhtem PVR wie iPAH einzuordnen und profitieren von einem Rest-Defekt, entweder intraoperativ gesetzt (flap valve double patch [52]) oder postoperativ entstanden, im Sinne einer Ballonatrioseptostomie. PAH auf Grund pulmonalvenöser Hypertension Eine chronische Druck-Belastung des pulmonalvenösen Kompartiments (durch Pulmonalvenen-Stenosen, Cor Triatriatum, Mitralstenose, Linksherz-Dysfunktion sui generis oder durch nachgeschaltete Stenosen) involviert – abhängig von Dauer und Höhe der Belastung – auch die arterielle Seite mit entsprechenden histologischen Veränderungen, jedoch bleiben die für die PAH typischen plexiformen Läsionen aus (53, 54) – was als Grund dafür angeführt wird, weswegen nach operativer Korrektur sich diese Form der PAH rasch normalisiert (55). Lokale PAH Durch pulmonale Blutzuflüsse, die den arteriellen Systemdruck auf das Lungengefäßsystem weitergeben, kann in dem entsprechenden abhängigen Areal der Lunge eine lokale PAH entstehen. Das gilt für unilaterale systemarteriell-pulmonale Shunts (56, 57) (Blalock-Taussig, Waterston, Pott), kongenitale aortopulmonale Kollateralen (major aorto-pulmonary collaterals – MAPCAs) oder durch unterschiedliche Lungenperfusion (rechte Pulmonalarterie entspringt aus der Aorta; Bifurkationsobstruktion mit unterschiedlicher Stenosierung der linken oder rechten Pulmonalarterie und pulmonaler Hyperperfusion der kontralateralen Seite). Paradoxerweise entwickelt sich in der „geschützten“, nicht betroffenen Lungenseite oftmals eine histologisch sogar deutlichere PAH (58), für deren Genese zirkulierende oder lokal-nervale Faktoren diskutiert werden. Patienten mit Hypoplasien des Pulmonalarterien-Gebiets und entsprechenden Palliativ-Operationen (Morbus Fallot, Pulmonalatresie) zeigen oftmals eine Kombination all dieser Möglichkeiten. Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-31 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Med Welt 4/2006 168 Schulze-Neick PAH-Hämodynamik bei niedrigem PVR In Gegenwart eines schwachen rechten Ventrikels oder gar seiner Abwesenheit können Erhöhungen des PVR bereits auf niedrigem Niveau den pulmonalen Blutfluss signifikant beeinflussen. Den Extremfall stellt die Fontan-Zirkulation dar mit bekannter Abhängigkeit des hämodynamischen Erfolgs dieser Palliativ-Operation von der hämodynamischen und mechanischen Intaktheit der mechanischen und vaskulären Funktion der Lunge (59); physiologisch plausibel, aber durch unzureichende Datenlage noch spekulativ, ist die Vorstellung, dass dies ebenfalls für Vitien mit eingeschränkter rechtsventrikulärer (mechanischer oder kontraktiler) Funktion (Ebstein-Malformation [60], Uhl-Abnormalie des rechten Ventrikels [61], postoperativer Fallot [62] oder Vorhofseptumdefekt [63]) gilt – mit entsprechenden Implikationen für eine therapeutische oder prophylaktische Strategie. Indikation zur Behandlung Ein durch die PAH beschränkter pulmonaler Blutfluss unter Belastung reduziert die maximale Sauerstoffaufnahme und damit die körperliche Belastbarkeit. Ähnlich wie bei iPAH (64) und linksventrikulärer Dysfunktion (65) korreliert die maximale Sauerstoffaufnahme unter Belastung bei EMAH mit der Mortalität und wird als Kriterium zur Listung zur thorakalen Organtransplantation hinzugezogen. Im Vergleich mit anderen Diagnosen bei EMAH rangierten Patienten mit Eisenmenger-Syndrom mit einer maximalen körperlichen Belastbarkeit (VO2max) von 11,5 ± 3,6 ml/kg*min an letzter Stelle und hatten ein fast 5-fach höheres Risiko bezüglich Krankenhausaufnahme oder Tod als EMAH, deren VO2max mit >27 ml/kg*min für den Alltagsbedarf quasi normal war (66). Wie für die iPAH, ist für Patienten mit dem Eisenmenger-Syndrom eine höhere Mortalität bei Rechtsherz-Dysfunktion gezeigt worden (67). Wenn die PAH der limitierende Faktor für die körperliche BelastMed Welt 4/2006 barkeit und damit der bestimmende Faktor für Morbidität und Mortalität ist, so darf von einer den PVR erniedrigenden und damit den pulmonalen Blutfluss und systemische Sauerstoffversorgung erhöhenden therapeutischen Strategie ein entsprechender Benefit für den Patienten erwartet werden. Therapeutische Ansatzpunkte Im allgemeinen wird bei Eisenmenger-Patienten die Erhöhung des PVR als fixiert, bzw. das Lungengefäßbett als nicht mehr reagibel angesehen. Es besteht jedoch meistens eine Rest-Reagibilität, welche mit verschiedenen Agentien demonstriert werden kann (vernebeltes Prostazyklin, inhalatives Stickmonoxyd (NO), aerosolisiertes Ilomedin) als Absenkung des PVR (23) oder als Ansteigen des second messenger cGMP im Plasma, korrelierend zur zuvor eingeatmeten NO-Konzentration (22). Diese RestReagibilität, ausgedrückt als ResponderStatus (PVR-Abfall um mehr als 20% bei Gabe von inhalativem NO oder mehr als 10% Wiederanstieg bei Beenden der NOGabe) ist von prädiktiver Bedeutung für Mortalität und bedeutet einen signifikanten Überlebensvorteil (68). Es erscheint daher logisch, dass therapeutische Strategien, die diesen Responderstatus erhalten oder ihn herstellen und ihn verstärken, den Überlebensvorteil der Patienten verbessern. Selbst bei Patienten ohne PAH, aber mit Abhängigkeit der Zirkulation von einem möglichst niedrigen PVR, nämlich den Fontan-Patienten, besteht offenbar trotz niedrigem pulmonalarteriellem Druck ein diskret erhöhter PVR, der unter inhalativer NO-Gabe sich senken lässt (69), was auf eine latente pulmonale endotheliale Dysfunktion trotz pulmonaler Normotension hinweist und somit auf eine therapeutische Handlungslücke in ähnlichem Sinne wie bei EMAH mit PAH: es erscheint plausibel – wenngleich durch Daten bislang noch nicht untermauert – dass der Fontankreislauf, welcher von der Übertragung der bis zu 35% liefernden mechanischen Energie der Atmung auf die pulmonalen Perfusion abhängig ist (59), von den PVR senkenden therapeutischen Strategien profitieren wird. Behandlungsziele, Bedenken, und Kontraindikationen Für alle hier angeführten Krankheitsbilder gilt, dass ein erhöhter PVR zu Grunde liegt und eine pharmakologische pulmonale Gefäßdilatation daher den Krankheitsprozess lindern sollte. Bei vorliegender Symptomatik ist das Ziel a) die hämodynamisch rechtsventrikuläre Nachlast zu erniedrigen, sowie, falls vorhanden, den subpulmonalen Ventrikel zu rekompensieren, und damit eine systemvenöse Entlastung zu bewerkstelligen und b) den pulmonalen Blutfluss zu erhöhen, die intrakardialen Mischungsverhältnisse hin zum oxygenisierten Blut zu verschieben und damit ein erhöhtes systemisches Sauerstoff-Angebot zu ermöglichen. Für eine prophylaktische Gabe, wenngleich spekulativ attraktiv, fehlt zurzeit jede konkrete Datengrundlage, auch wenn viele Studien ein reverses Remodeling bei der iPAH zu zeigen scheinen. Hier sind besonders die Nebenwirkungen einiger Substanzen gegen die erhofften Wirkungen abzuwägen. Ob bei der Behandlung der Eisenmenger-Patienten die zusätzliche Belastung des Myokards durch die gewünschte Erhöhung des pulmonalen Blutflusses dauerhaft vertragen wird, ist nicht bekannt. Unbekannt ist weiterhin, ob durch die Behandlung der physikalische Mechanismus, der zur Erhöhung des PVR geführt hat, aufs Neue geschürt wird, oder ob wirklich ein Stillstand oder sogar Rückgang (reverses Remodeling) der pulmonalvaskulären Pathologie erzielt werden kann. Bei der Behandlung der PAH, die durch nicht primär vaskuläre, sondern parenchymatöse Prozesse der Lunge (akut postoperative PAH, PAH bei bronchopulmonale Dysplasie, COPD o. ä.) bedingt ist, besteht keine intrapulmonale Selektivität bei systemisch (oral oder intravenös) applizierte Substanzen, d. h. auch unterventilierte Areale werden vasodilatiert, mit dem Resultat der Zunahme von intrapulmonalen Shunts (70). Inhalativen Vasodilatantien ist hier klar der Vorzug zu geben. Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-31 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 169 PAH bei Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler Antipulmonalhypertensiva Im allgemeinen ist die Behandlung der iPAH Vorreiter für alle anderen Formen der PAH. Gezielte Behandlungserfolge hier – beginnend mit Antikoagulation (71–73), Kalzium-Antagonisten (73) und dem intravenösen Flolan (74), haben sich sukzessive auf PAH bei Bindegewebserkrankungen, PAH bei Lebererkrankungen, PAH bei angeborenen Herzfehlern und PAH bei Autoimmundefekten und zurzeit auf hämatologische Erkrankungen ausgedehnt. Während das orale Cicletanin (Justar) in der PAH-Behandlung keine Rolle spielt, ist möglicherweise in Zukunft von Substanzen, die K+-Kanäle öffnen (75, 76) (Levosimendan, Simdax) sowie Substanzen, Serotonin-Antagonisten, VIP, Angiotensin die in den Signalweg der Zell-Apoptose eingreifen (77–79) (Imatinib, Glivec) ein weiterer therapeutischer Nachweis zu erhoffen. In der Praxis haben sich zurzeit im Wesentlichen drei Substanzklassen etabliert, welche pulmonale Selektivität zeigen und zum Teil auch oral verfügbar sind. Diese analog zur systemischen Hypertension zu kombinieren, liegt auf der Hand und ist Gegenstand gegenwärtiger Studien (80–84). Prostanoide Zu diesen vasodilatieren Substanzen gehören das intravenöse Prostacyclin (Flolan), das orale Beraprost (Dorner), das inhalative Iloprost (Ventavis), und das subkutane Trepostinil (Remodulin). Während international die meisten Erfahrungen mit Flolan bestehen (85), ist diese Substanz in Europa nicht zugelassen. Das orale Beraprost spielt eine zunehmend geringere Rolle, zudem ist die Wirksamkeit bei nicht-idiopathischen, „sekundären“ Formen der PAH kaum vorhanden (26, 86–89). Führend in Deutschland für die Behandlung der PAH ist zur Zeit das inhalative Ventavis. Endothelin-Rezeptor-Antagonisten Diese Substanzen antagonisieren entweder beide („dual“) Endothelin-Rezeptoren, nämlich den vasokonstriktorischen ETARezeptor sowie den geringzahligeren vasodilatierenden ETB-Rezeptor, oder gezielt nur den ETA-Rezeptor. Hierzu gehört das dual wirksame orale Bosentan (Tracleer). Selektive ETA-Rezeptor-Antagonisten sind das intravenöse BQ-123 (90), sowie neuere Entwicklungen wie Sitaxsentan (91) und Ambrisentan (92). In der empfohlenen Dosierung ist Tracleer ausgesprochen sicher, sowohl bei Erwachsenen (93), als auch Kindern und Säuglingen (94, 95). Das Medikament ist für Kinder unter 12 Jahren nicht zugelassen; es gibt Hinweise, dass der kindliche Metabolismus eher höhere Dosen für einen vergleichbaren Spiegelaufbau verlangt (96). Neuere Daten sind hier bald zu erwarten. Phosphodiesterese-5-Inhibitoren Aus dem unselektiven Zaprinast wurde von Pfizer Medical das Sildenafil entwickelt (97). Es ist sowohl intravenös (98) als auch oral selektiv pulmonal vasodilatierend wirksam (99, 100). Nachfolge-Substanzen, die eine noch höhere Selektivität zeigen und längere Halbwertzeit (101), sind das orale Vardenafil (Levitra) und das Tadalafil (Cialis). Tadalafil scheint im Gegensatz zu Sildenafil mehr Wirkung gegen die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion zu haben (102). Neuere Daten sind hier bald zu erwarten. Zulassungsstatus In Deutschland zugelassen für die PAH im klinischen Stadium NYHA III ist das inhalative Ventavis, sowie das orale Tracleer und Revatio (Stand Januar 2006). Bei allen drei Zulassungen führt die EMEA an, dass ein Wirkungsnachweis für die idiopathische PAH und die PAH bei Bindegewebserkrankungen besteht. Behandlung der PAH bei AHF Prostanoide In einer größeren Studie wurde für mittels Dauerinfusion appliziertem Prostazyklin (Flolan) gezeigt, dass es den Lungengefäßwiderstand senkt und das klinische Befinden um mehr als eine Funktions-Klasse verbessert (85). Auf Grund seiner fehlenden Zulassung in Europa, den hohen Kosten, sowie Problematik des Infusionssystemes mit Gefahr eines plötzlichen Ausfalles und Infektion wird es sehr reserviert verwendet. In aerosolisierter Form wird sowohl Flolan (23) als auch Ventavis (103, 104) präoperativ bzw. prätherapeutisch zumTest des Lungengefäßwiderstands und zur Intensiv-Therapie des akut-postoperativ reversibelen Lungenhochdrucks von Kindern und Erwachsenen routinemäßig verwendet – für letztere Indikation zunehmend auch wieder in intravenöser Form. Durch das Auftauchen der oralen Formen ist die Inhalation von Iloprost als Therapieform etwas in den Hintergrund gedrängt worden. Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA) Nicht nur für den akut-postoperativ reversibel erhöhten Lungengefäßwiderstand nach Korrektur angeborener Herzfehler, sondern auch für die chronisch-postoperativ persistierende PAH spielen Endotheline eine Rolle, wie durch Wirkung des selektiven ETAAntagonisten BQ123 postoperativ gezeigt werden konnte (105), bzw. durch Erfahrungen mit Bosentan (Tracleer) bei verschieden großen, nicht kontrollierten Kohorten von Eisenmenger-Patienten (106–108), bzw. EMAH mit PAH (93). Bei all diesen Studien wurde eine Besserung des klinischen Zustands, der 6-Minuten-Gehstrecke, und des Lungengefäßwiderstands gezeigt (108); Nachfolgedaten dieser griechischen Studie (108) über eine Zeit von mehr als zwei Jahren scheinen allerdings einen Rückgang des Effekts nach wenigen Monaten zu zeigen. Dies ist für die Bewertung derjenigen Studien, die sich, analog zur iPAH, auf einen angesichts der spontanen Mortalitätsrate bei Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-31 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Med Welt 4/2006 170 Schulze-Neick EMAH mit PAH viel zu geringen Zeitraum von 12–16 Wochen zur Feststellung eines Behandlungserfolgs konzentriert haben (106–108), bedeutsam. Für eine kontrollierte Studie mit Eisenmenger-Patienten sind neuere Daten bald zu erwarten. Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDI) Intravenöses Sildenafil wirkt als pulmonal selektiver Vasodilatator und verstärkt überdies die Wirkung von inhalativem Stickmonoxyd, sowohl präoperativ bei der Testung des Lungengefäßwiderstands, als auch zur Behandlung der akut-postoperativ reversiblen PAH (98), hat aber die gleichen Nachteile der potenziellen intrapulmonalen Shuntbildung wie jeder andere systemische Vasodilatator (70). Für die oral Gabe ist nicht nur eine deutliche akute und persistierend chronische Wirkung ähnlich dem Bosentan nachgewiesen (99, 100, 109–111), sondern auch eine effektive Kombinationsmöglichkeit mit inhalativem Iloprost (112). Für Kinder sind neuere Daten erst in einigen Jahren zu erwarten. Monitoring des Behandlungserfolgs Eine Behandlung als Erfolg zu werten, wird nicht zuletzt durch die Wahl des richtigen Erfolgskriteriums, des clinical end point, ermöglicht (113). Behandlungserfolge bei der iPAH können bei der inhärenten Mortalität innerhalb kurzer Zeit (27) innerhalb von 12–16 Wochen demonstriert werden durch Verbesserungen im klinischen Zustand (NYHA-Funktions-Klasse), des 6-minWalk-Test (114–117), der ergospirometrische maximale Sauerstoffaufnahme (ml/ Med Welt 4/2006 kg*min VO2max) (64, 66, 118) und echokardiographischer Parameter (abgeschätzter rechtventrikulärer systolischer Spitzendruck (RVSP) und Tei-Index [119]) bzw. durch das Vermeiden von ungünstigen Ereignissen (Hospitalisierung, Verschlechterung, Übergang auf eine „stärkere“ Therapie (rescue therapy), Transplantation, Tod). Bei EMAH mit PAH müssen andere Zeiträume und – durch das Vorhandensein eines intrakardialen Shunts und einer ausgeprägten Zyanose – jeweils korrekte Methoden zur Bestimmung wie der transkutanen Sauerstoffsättigung oder des invasiv zu messenden PVR gewählt werden (120). Wertvoll sind hier neuere alte Methoden wie die non-invasive Messung des pulmonalen Blutfluss mittels der inert-Gas-Rückatmung (INNOCOR Rebreathing) (121–123). Es ist nicht bekannt, ob Surrogat-Parameter für die PAH ebenfalls bei EMAH gleichermaßen valide sind (124) (Endothelin, BNP, Troponin, Harnsäure). Fazit für die Praxis Erwachsene Patienten mit angeborenen Herzfehler zeigen multiple Probleme in ihrem Langzeitverlauf, von denen der pathologisch erhöhte Lungengefäßwiderstand mit Manifestation als pulmonal-arterielle Hypertension (PAH) und seinen Konsequenzen bezüglich rechtsventrikulärer Funktion, systemischer Sauerstoffversorgung und den konsekutiven Auswirkungen auf körperliche Belastbarkeit und allgemein-klinischen Zustand nicht zu unterschätzen ist. Der Spezialist für Patienten mit angeborenen Herzfehlern sollte die möglichen Formen der PAH genau kennen und das Zusammenspiel von rechtem (subpulmonalen) Ventrikel und Lungengefäßwiderstand verstehen. Mittels verschiedenster gezielt und selektiv pulmonal wirksamer Substanzen lässt sich der Lungengefäßwiderstand erfolgreich beeinflussen. Die Forschung bezüglich neuer Substanzen, gewonnener klinischer Erkenntnisse und zusätzlicher Einsatzgebiete ist zurzeit in einem enormen Fluss. Kompetenznetz für Angeborene Herzfehler (KN-AHF) Die Behandlung der PAH ist eines der 5 Hauptprojekte des KN-AHF und sieht eine chronologische, sukzessiveAbarbeitung der Diagnosegruppen Eisenmenger, Fontan und postoperativ chronisch-persistierende PAH vor. Im Rahmen der üblichen stationären Einstellung auf Bosentan oder Sildenafil werden der Ausgangszustand des Patienten und die Erfolgskontrolle nach 6 Monaten bzw. 1 Jahr genauestens beobachtet und hierfür neueste Techniken und Messprinzipien verwendet (MRT, Rebreathing, Tissue Doppler- Echokardiographie). Diese Beobachtungen werden überregional multizentrisch an deutschen und benachbarten ausländischen Kliniken erhoben und mittels der Hilfe des KN-AHF koordiniert registriert und ausgewertet. Erste Resultate und Publikationen sind Ende 2006 zu erwarten. Literatur unter www.die-medizinische-welt.de Korrespondenzadresse: Priv.-Doz. Dr. Ingram Schulze-Neick Klinik für Angeborene Herzfehler / Kinderkardiologie Deutsches Herzzentrum Berlin Augustenburger Platz 13353 Berlin Tel.: 0 30 / 45 93 28 00 Fax: 0 30 / 45 93 29 00 E-Mail: [email protected] Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-31 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.