Grundlagen der Volkswirtschaft Skript zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfung im Fach Wirtschaft an der Akademie für Absatzwirtschaft Kassel 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 1 Inhaltsverzeichnis Modul 1: Volkswirtschaftslehre – Einführung Modul 4: Wirtschaftspolitik 1.1 Warum Volkswirtschaftslehre für Kommunikationsfachwirte?… ……………………………… 3 4.1 Fiskalpolitik des Staates… ………………………………… 27 4.1.1 Steuerpolitok… ………………………………………………… 27 1.2 Einführende Übung……………………………………………… 5 4.1.2 Staatsausgabenpolitik… …………………………………… 28 1.3 Grundbegriffe……………………………………………………… 5 4.1.3 Ordnungspolitik………………………………………………… 28 1.4 Wirtschaftsordnungen………………………………………… 7 4.1.4 Strukturpolitik… ……………………………………………… 28 1.4.1 Freie Marktwirtschaft………………………………………… 7 4.1.5 Beschäftigungspolitik… …………………………………… 29 1.4.2 Zentralverwaltungswirtschaft……………………………… 8 1.4.3 Soziale Marktwirtschaft… …………………………………… 9 4.1.6 Marktkonträre und marktkonforme Maßnahmen… ………………………………………………… 30 1.5 Geld und Währung……………………………………………… 9 4.2 Geldpolitik der EZB…………………………………………… 30 4.2.1 Zinspolitik………………………………………………………… 30 4.2.2 Liquiditätspolitik… …………………………………………… 31 4.3 Wirkungsketten………………………………………………… 32 Grundlagen und Begriffsabgrenzung Modul 2: Markt und Preis Preisbildung durch Angebot und Nachfrage Träger der Wirtschaftspolitik und ihre Instrumente 2.1 Marktformen …………………………………………………… 11 2.2 Vollkommener Markt………………………………………… 11 2.3 Angebot und Nachfrage… ………………………………… 12 Einzelfragen und Situationsaufgaben 2.3.1 Bestimmungsfaktoren der Nachfrage………………… 12 5.1 Einzelfragen……………………………………………………… 33 2.3.2 Bestimmungsfaktoren für das Angebot……………… 13 5.2 Fallbeispiele……………………………………………………… 35 2.3.3 Komplementäre und substitutive Güter……………… 13 2.3.4 Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage……… 14 2.3.5 Störungen eines bestehenden Gleichgewichts… … 15 2.3.6 Aufbrechen des vollkommenen Marktes…………… 16 2.3.7 Elastizitäten……………………………………………………… 17 2.4 Funktion von Preis und Wettbewerb…………………… 19 2.4.1 Aufgaben/Funktionen des Preises… …………………… 19 2.4.2 Staatliche Eingriffe in Preisbildungsprozesse……… 19 2.4.3 Funktion des Wettbewerbs………………………………… 21 2.5 Fallbeispiel… …………………………………………………… 22 Modul 5: Übungsteil Modul 3: Konjunktur und Stabilität Wirtschaftliche Entwicklung im Zeitablauf 3.1 Konjunktur… …………………………………………………… 23 3.1.1 Konjunkturbegriff … ………………………………………… 23 3.1.2 Die Phasen des Konjunkturzyklusses… ……………… 23 3.2 Aufgabe des Staates in der Sozialen Marktwirtschaft… …………………………………………… 25 3.3 Stabilitätsgesetz… …………………………………………… 25 3.3.1 Ziele und Zielgrößen des Stabilitätsgesetzes… …… 25 3.3.2 Das „Magische Viereck“ – Zielkonflikte und Zielharmonien… ……………………………………………… 26 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 2 Modul 1: Volkswirtschaftslehre – Einführung Grundlagen und Begriffsabgrenzung Modul 1 1.1 Warum Volkswirtschaftslehre für Kommunikationsfachwirte? Für Kommunikationsfachwirte bietet sich in der Praxis eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten und unterschiedlichste Tätigkeitsschwerpunkte. Ob in Agenturen oder in Marketing-Abteilungen von Unternehmen, eines ist für Kommunikationsfachwirte i. d. R. gleich: sie stehen im Kontakt mit anderen Menschen – mit Kollegen, mit Lieferanten, aber natürlich auch mit Kunden. Dabei ist es sinnvoll, wenn sie nicht nur über das entsprechende Fachwissen für den konkreten Aufgabenbereich verfügen. Kommunikationsfachwirte sollten als kompetente Ansprechpartner Kenntnisse besitzen über - die aktuelle gesamtwirtschaftliche Entwicklung - die Entwicklung soziodemografischer Daten - wirtschaftspolitische und rechtliche Veränderungen - die Wettbewerbssituation auf den Märkten - grundlegende volkswirtschaftliche Zusammenhänge Diese Kenntnisse sind hilfreich, um begründete, nachvollziehbare Marketingentscheidungen zu treffen oder zumindest zu verstehen. Volkswirtschaft ist dabei kein abgehobenes "Lernfach", sondern vielmehr etwas, was jedem Menschen jeden Tag begegnet. Es müssen (beruflich wie auch privat) ständig Entscheidungen getroffen werden, die die eigene Situation, aber auch die Situation anderer am Wirtschaftsprozess beteiligter Menschen nachhaltig verändern. Ebenso wird man jeden Tag mit Entscheidungen anderer "Wirtschaftssubjekte" konfrontiert. Dabei werden alle Entscheidungen grundsätzlich nach der gleichen Systematik getroffen: 1. Betrachtung der momentanen Situation 2. Festlegung von Zielen 3. Festlegung eines grundsätzlichen "Schlachtplanes", um die Ziele zu erreichen 4. Planung konkreter Maßnahmen im Rahmen der Strategie 5. Durchführung der Maßnahmen 6. Kontrolle auf Zielerreichung (vgl. "Phasenschema bei Marketingentscheidungen" im Marketing-Skript) Fragestellungen im Bereich Wirtschaft lassen sich also oftmals dadurch beantworten, dass man die Aufgaben mit ähnliche Problemstellungen im privaten Umfeld vergleicht. Dazu ist es nötig, den Weg zu einer privaten Entscheidung einmal konsequent zu durchleuchten. Beispiel 1: Brötchenkauf am Sonntag 1. Situationsanalyse Ausgangspunkt ist nach dem Aufwachen das Bedürfnis „Hunger“. Aus diesem Bedürfnis leitet sich ein konkreter Bedarf nach Lebensmitteln ab. Die bevorzugten Lebensmittel sind in diesem Fall die Frühstücksbrötchen. Diese Brötchen sind nicht automatisch verfügbar, sie müssen von Ihnen beschafft werden Prognose: Wenn nichts unternommen wird, droht im schlimmsten Fall das Verhungern. 2. Zielbildung Sättigung, nach Möglichkeit soll es schmecken. 3. Strategiewahl Unter Berüclsichtigung verschiedener Restriktionen (Einschränkungen) wird ein Fremdbezug von Lebensmitteln beschlossen, um das Ziel zu erreichen. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 3 Modul 1 Restriktionen: - Preis der Brötchen - Einkommen bzw. momentan verfügbares Geld - auf welches andere Witrschaftsgut muss verzichtet werden, wenn der Kauf der Brötchen erfolgt - gibt es andere Wirtschaftsgüter, die einen ähnlichen Nutzen haben (Substitutionsgüter, z. B. Brot)? - welchen Preis haben diese anderen Güter? 4. Planung konkreter Maßnahmen Auswahl des Bäckers, bereitstellung des benötigten Geldes. 5. Umsetzen der Maßnahmen Besuch des ausgewählten Bäckers, Kauf der Brötchen, Verzehr des Brötchens am Frühstückstisch. 6. Überprüfung auf Zielerreichung Satt geworden? Hat es geschmeckt? Wenn die Ziele nicht oder nur teilweise erreicht wurden, erfolgen Korrekturen bezüglich der Strategien oder der konkreten Maßnahmen. Beispiel 2: Autokauf Ausgangspunkt ist das Bedürfnis nach Mobilität. Auch hier werden die gleichen Fragen gestellt wie unter Beispiel 1. Eine Kaufentscheidung hat hierbei jedoch größere Auswirkungen auf die Liquidität. Wird das gesamte Budget dazu einsgesetzt, um das Auto zu kaufen bzw. zu finanzieren, so ist man zunächst einmal nicht „ärmer“ geworden. Es wird ein Vermögensgegenstand (Geld) gegen einen anderen (PKW) eingetauscht. Möglicherweise ist man jedoch nicht mehr in der Lage, anderen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen (Lebensmittel, Miete, Unterhaltszahlungen etc.). Die private Insolvenz droht. Diese Beispiele scheinen zunächst nicht sehr „bedeutend“ zu sein. Mit derartigen Entscheidungen bewegt man sich jedoch nicht nur im persönlichen Umfeld, sondern beeinflusst damit die Entscheidungen anderer Teilnehmer am Wirtschaftsprozess, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die Preisbildung auf den jeweiligen Gütermärkten. Entscheidungen, die auf den ersten Blick „aus dem hohlen Bauch“ kommen, unterliegen bei allen am Wirtschaftsgeschehen Beteiligten den gleichen Mechanismen. Es ist daher sinnvoll, seine eigenen Enscheidungen unter diesen Gesichtspunkten zu hinterfragen. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 4 Modul 1 1.2 Einführende Übung Gegeben ist folgende fiktive Situation: Die Preise für Energie sind im laufenden Jahr stark gestiegen. Aufgabenstellung: Beschreiben Sie aufgrund dieser Situation sowohl für Kraftstoffe als auch für Strom a) das mögliche kurzfristige Verbraucherverhalten b) das mögliche langfristige Verbraucherverhalten c) mögliche Auswirkungen für die Unternehmen und allgemeine Auswirkungen für die volkswirtschaftliche Entwicklung 1.3 Grundbegriffe Wirtschaftssubjekte Alle wirtschaftlich tätigen Personen oder Institutionen: private und öffentliche Haushalte sowie Unternehmen. Wirtschaftsobjekte Güter und Dienstleistungen, die produziert und umgesetzt werden. Volkswirtschaft Gesamtheit aller Wirtschaftssubjekte innerhalb eines Staates, die nach bestimmten vorgegebenen Regeln Güter produzieren, tauschen und konsumieren. Freie und knappe Güter Ausgangspunkt: Menschliche Bedürfnisse (Mangelgefühle) und daraus abgeleitet die Befriedigung dieser Bedürfnisse. Durch den Wunsch nach Befriedigung dieser Bedürfnisse entsteht ein konkreter Bedarf nach bestimmten Gütern. Nicht alle Güter sind unbegrenzt verfügbar. Freie Güter Knappe Güter - Luft - Sonne - Regen Nachfrage > Angebot Nur knappe Güter haben einen Preis. Der Grad der momentanen Verfügbarkeit (Knappheit) wird ausgedrückt durch die Höhe des Preises. Die knappen Güter sind der Gegenstand des Wirtschaftens. Angebot und Nachfrage müssen aufeinander abgestimmt werden. Die Abstimmung erfolgt auf dem Markt. Markt Der Markt ist der Treffpunkt von Angebot und Nachfrage für ein bestimmtes Gut, und zwar - sachlich - räumlich - wertmäßig Anbieter und Nachfrager haben unterschiedliche Zielsetzungen. Anbieter wollen den Gewinn maximieren und streben einen möglichst hohen Preis für das Gut an. Nachfrager des Gutes wollen ihren Nutzen maximieren und streben einen möglichst niedrigen Preis an. Der Interessenausgleich erfolgt am Markt über Preisverhandlungen. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 5 Modul 1 Objektiver Gebrauchswert Der objektive Gebrauchswert ist der allgemein anerkannte Nutzen eines bestimmten Gutes. Subjektiver Gebrauchswert Der subjektive Gebrauchswert ist der individuelle Nutzen eines Gutes für einen bestimmten Verbraucher. Er kann höher oder niedriger liegen als der objektive Gebrauchswert. Beispiel: Bier ist allgemein anerkannt als Durstlöscher. Für einzelne ist Bier unverzichtbar, andere halten Bier für widerlich (nutzlos). Der subjektive Gebrauchswert (Nutzen) ist dabei für den einzelnen nicht immer gleich. Mit zunehmender Bedürfnisbefriedigung nimmt der Gesamtnutzen zwar i. d. R. zu, die Nutzenzuwächse werden aber immer geringer. Der sog. Grenznutzen nimmt ab (1. Gossensches Gesetz). Beispiel Biergenuss in der Freizeit: Nach dem Sport ist das erste Bier von hohem Nutzen als leckerer Durstlöscher. Das nächste Bier trinkt man noch mit Genuss, jedoch mit geringerem Durst. Werden im weiteren Verlauf des Abends mit Freunden weitere Biere getrunken (Gesellschaftstrinken ohne Durst und später auch ohne Genuss), ist der Nutzen eines einzelnen Bieres längst nicht mehr so hoch wie der des ersten Bieres nach dem Sport. Im schlimmsten Fall kann der Gesamtnutzen bei zu großer Mengen-zunahme sogar abnehmen (das Bier wird erbrochen). Objektiver Tauschwert Der objektive Tauschwert ist der durchschnittlich erzielbare Marktpreis (Geldeinheit) für ein Gut. Subjektiver Tauschwert Der subjektive Tauschwert ist der Preis, den ein einzelnes Wirtschaftssubjekt bereit ist, für das Gut zu bezahlen. Er kann höher oder niedriger liegen als der objektive Tauschwert. Beispiel Zigaretten: Einige wären bereit, mehr zu zahlen als den objektiven Tauchwert, andere wiederum sind nicht bereit, überhaupt etwas zu bezahlen. Ziel der Unternehmen ist es, beim Nachfrager eines Gutes den subjektiven Gebrauchs- und somit auch Tauschwert zu erhöhen (Marketing!). Bruttoinlandsprodukt (BIP) Das Bruttoinlandsprodukt umfasst das gesamtwirtschaftliche Produktionsergebnis eines Landes (alle Güter und Dienste, die innerhalb eines Jahres im Inland erzeugt werden). Ziel dieser Berechnung ist es, Erkenntnisse über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu erzielen (z. B. für Haushaltsplanungen der öffentlichen Haushalte oder Planung wirtschaftspolitischer Maßnahmen). 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 6 Modul 1 1.4 Wirtschaftsordnungen Grundunterscheidung Individualismus Kollektivismus - der einzelne steht im Mittelpunkt - die Tätigkeiten werden zentral geplant - der einzelne ist in seinen Entscheidungen frei und unabhängig - Gemeinnutz geht vor Eigennutz führt zu: führt zu: Wirtschaftssystem Marktwirtschaft Wirtschaftssystem Zentralverwaltungswirtschaft 1.4.1 Freie Marktwirtschaft Merkmale: - Preisbildung auf dem Markt Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Alle Anbieter und Nachfrager verhandeln ohne jede Reglementierung. Die Marktteilnehmer machen sich gegenseitig Konkurrenz. - Liberale Rechtsordnung - Privateigentum ist zulässig. Produktion und Verbrauch können von Anbietern und Nachfragern unabhängig und nach eigenem Dafürhalten optimal eingesetzt werden - Vertragsfreiheit - Gewerbefreiheit - freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl - Konsumfreiheit - Schnelle Anpassung an Datenveränderungen Unternehmer reagieren schnell auf verändertes Nachfrageverhalten und passen sich mit Produkten und Produktionsweisen an diese Verhaltensänderungen an. - Keine Beeinflussung des Wirtschaftsgeschehens durch den Staat Kritikpunkte an der freien Marktwirtschaft: - Produktion nur nach Rentabilitätsgesichtspunkten Wird nur nach Rentabilitätsgesichtspunkten produziert, können nicht alle Bedürfnisse befriedigt werden, besonders gesellschaftliche Bedürfnisse, z. B. Waffen zur Landesverteidigung. Eine Grundversorgung an bestimmten Gütern, z. B. Schulbildung, Abfallentsorgung, ist nicht gewährleistet. - Einkommensverteilung nur nach Leistung Wird nur nach der momentanen Wertschätzung der Arbeit entlohnt, erhalten Teile der Bevölkerung kein oder nur ein sehr geringes Einkommen. Folge: starkes soziales Gefälle. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 7 Modul 1 - Starke Abhängigkeit der Arbeitnehmer von den Unternehmen Der Lohn als der Preis für geleistete Arbeit wird nur auf Grund von Angebot und Nachfrage gebildet. Bei Unterbeschäftigung pendelt sich das Lohnniveau beim Existenzminimum ein. Soziale Absicherung gibt es nicht. - Vermögenskonzentration und Tendenz zur Einschränkung des Wettbewerbs Durch wirtschaftliche Machtkonzentration werden Wettbewerber aus dem Markt gedrängt. Die verbleibenden Unternehmen haben starken Einfluss auf die Preisbildung und erzielen höhere Gewinne, die wiederum zur Ausweitung der wirtschaftlichen Macht eingesetzt werden. Der Wettbewerb wird stark eingeschränkt bzw. außer Kraft gesetzt. Die freie Marktwirtschaft ist ein Modell, das nicht zu verwirklichen ist. Die fehlenden Kontrollmechanismen führen dazu, dass sich die freie Marktwirtschaft in kürzester Zeit selbst zerstört. 1.4.2 Zentralverwaltungswirtschaft (Planwirtschaft) Merkmale: - Zentrale Planung Der Staat als oberste Planbehörde entscheidet über Produktion, Einsatz der Produktionsfaktoren und den Verbrauch - Festsetzung von Planperioden - Staatliche Plankontrolle innerhalb der Planperioden - Kollektiveigentum an Produktionsmitteln - Staatlich festgelegte Preise - Arbeitsplatzgarantie Kritikpunkte an der Zentralverwaltungswirtschaft: - Falsche Schwerpunktsetzung, Produktion oft am Bedarf vorbei - Unrealistische Planziele - Schwerfällige Anpassung an Datenveränderungen - Ohne Wettbewerb Hemmung technischen Fortschritts - Geringe Eigeninitiative der Wirtschaftssubjekte Da es Lohn auch ohne Anstrengung gibt, und die Schaffung von Privatvermögen nicht gestattet ist, gibt es keine Leistungsanreize. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 8 Modul 1 1.4.3 Soziale Marktwirtschaft „So viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich.“ Die soziale Marktwirtschaft verbindet marktwirtschaftliche Grundsätze mit der Verpflichtung zum sozialen Ausgleich. Grund: Es gibt keine tatsächliche Chancengleichheit. Nicht alle Menschen sind gleich fähig, gleich gesund, gleich alt... Die Freiheit des Einzelnen darf nicht die Freiheit der Anderen beeinträchtigen! - Der Staat greift lenkend und ausgleichend in das Wirtschaftsgeschehen ein, um soziale Spannungen zu vermeiden - Der Staat legt die „Spielregeln“ (Gesetzgebung) fest, nach denen die Wirtschaftssubjekte handeln - Der Staat sorgt für die Infrastruktur - Der Staat sorgt für die innere und äußere Sicherheit (Polizei, Militär) - Der Staat tritt als Anbieter und Nachfrager auf Der Staat muß für die Aufrechterhaltung und das Funktionieren des Systems Geld einnehmen, für das keine unmittelbare Gegenleistung erbracht wird (➔ Steuern). 1.5 Geld und Währung a) Begriff und Funktionen des Geldes Unter Geld versteht man ein gesetzlich anerkanntes, einheitliches Mittel zur Vereinfachung von Tauschvorgängen und zur Vergleichbarkeit unterschiedlicher Leistungen. Funktionen: - Tauschmittel zum An- und Verkauf von Gütern und Diensten - Zahlungsmittel bei Zahlungen, denen kein direkt erkennbares Tauschgeschäft vorliegt (Steuern) - Recheneinheit/Wertmesser zur Vergleichbarkeit unterschiedlichster Güter und Dienstleistungen - Wertaufbewahrungsmittel Erhaltenes Geld kann gespart werden, um zu einen späteren Zeitpunkt Konsum zu ermöglichen - Wertübertragungsmittel Geld kann verschenkt oder vererbt werden b) Wert des Geldes Geld ist nur dann sinnvoll, wenn man tatsächlich einen Gegenwert erhält (Kaufkraft). Geld muss knapp (und somit wertvoll) sein, damit jeder dieses geld als Gegenleistung für seine eigene Leistung anerkennt. Die Kaufkraft des Geldes wird durch das Verhältnis zwischen Geldmenge und Handelsvolumen bestimmt. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 9 c) Erhaltung der Kaufkraft Die Geldmenge sollte dem Handelsvolumen (bewertet zu Durchschnittspreisen) entsprechen. Das Handelsvolumen wird jedoch nicht auf einmal, sondern nach und nach abgesetzt. Nicht alles Geld ist daher zu jeder Zeit im Umlauf. Die Geldmenge sollte so bemessen sein, dass sie unter Berücksichtigung der Umlaufgeschwindigkeit dem bewerteten Handelsvolumen entspricht. Es ergibt sich die Verkehrsgleichung des Geldes: GxU=HxP G = Geldmenge U = Umlaufgeschwindigkeit H = Handelsvolumen P = Durchschnittspreise Wird die Geldmenge nicht dementsprechend gesteuert, verändert sich die Kaufkraft. Es kommt zu Inflation oder zu Deflation d) Inflation Unter Inflation versteht man die starke Ausweitung der Geldmenge bei gleichbleibendem Handelsvolumen bzw. sinkendes Handelsvolumen bei gleichbleibender Geldmenge. Folge: Kaufkraft sinkt, die Funktion des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel geht verloren. Die Konsumneigung steigt, man will das Geld so schnell wie möglich loswerden, bevor es weiter an Wert verliert. Die Sparneigung sinkt. Die Zinsen steigen, Investitionen gehen zurück. e) Deflation Starke Verringerung der Geldmenge im Bezug auf das Handelsvolumen Folge: Kaufkraft steigt, aber es steht nicht genug Geld zur Verfügung, um alle gewünschten Transaktionen abzuwickeln. Die Sparneigung steigt, Konsumneigung sinkt. Tendenz zu hoher Arbeitslosigkeit. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 10 Modul 2 Modul 2: Markt und Preis Preisbildung durch Angebot und Nachfrage 2.1 Marktformen Die Zahl der Marktteilnehmer auf Anbieter- und Nachfrageseite ist ein entscheidender Faktor für die Preisbildung auf den Märkten, da sich in ihr die Machtstellung der jeweiligen Marktpartner ausdrückt. Anbieter Viele Wenige Einer Nachfrager Viele Wenige Einer Vollständige Konkurrenz Anbieter: Bäckerei Nachfrager: Privathaushalte Nachfrage-Oligopol Angebots-Oligopol Anbieter: Generalimporteure ausländischer Lebensmittel Nachfrager: Einzelhandel Zweiseitiges Oligopol Oligopolistisch beschränktes Nachfrage-Monopol Anbieter: Landwirte Nachfrager: Molkereien Anbieter: Hersteller von Kränen Nachfrager: Bauunternehmen Nachfrage-Monopol Oligopolistisch beschränktes Nachfrage-Monopol Anbieter: Baufirmen für Kasernen Nachfrager: Staat Angebots-Monopol Anbieter: Mineralölgesellschaften Nachfrager: Autofahrer Anbieter: Hersteller von Panzern Nachfrager: Staat Anbieter: Hersteller med. Spezialgeräte Nachfrager: Universitätskliniken Zweiseitiges Monopol Anbieter: Spezielle Waffensysteme Nachfrager: Staat 2.2 Vollkommener Markt Der vollkommene Markt ist eine Modellannahme, die notwendig ist, um Grundzüge der Preisbildung vereinfacht darstellen zu können. Dieses Modell ist zwar theoretisch denkbar, kommt jedoch in der Praxis selten vor. Merkmale: - vollkommen homogene Güter - polypolistischer Markt, d. h. viele Anbieter und Nachfrager, von denen keiner so stark ist, dass er den Preis unmittelbar beeinflussen kann. Eine Einflußnahme ist nur über die angebotene bzw. nachge- fragte Menge möglich (Mengenanpasserverhalten) - keine persönlichen Präferenzen, d. h. keine Bevorzugung einzelner Anbieter durch die Käufer, alle handeln nach dem ökonomischen Prinzip - schnelle Anpassung an die Änderung von Marktdaten. Die folgenden Betrachtungen gehen von der Existenz eines vollkommenen Marktes aus. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 11 Modul 2 2.3 Angebot und Nachfrage 2.3.1 Bestimmungsfaktoren für die Nachfrage nach einem bestimmten Gut - persönliche Bedürfnisse und die daraus entstehenden Bedarfe - Einkommen - Preis des Gutes - Preis anderer Güter Normale Nachfrage: - Je niedriger der Preis, desto höher die Nachfrage. Steigt der Preis, sikt die Nachfrage. - Mit steigendem Einkommen steigt die Nachfrage nach dem Gut. - Prohibitivpreis: Der Preis ist so hoch, dass er jede Nachfrage nach diesem Gut verhindert. - Sättigungsmenge: Maximal im Markt absetzbare Menge bei einem Preis von 0. Typische Nachfragekurve Preis Prohibitivpreis Menge Sättigungsmenge "Unnormale" Nachfrage: Bei hohem Einkommen sinkt die Nachfrage nach einem Gut. Beispiel: Tütensuppen oder No-Name-Produkte als inferiore („minderwertige“) Lebensmittel werden bei steigendem Einkommen durch höherwertige Lebensmittel (Frischware, Markenartikel) ersetzt. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 12 Modul 2 2.3.2 Bestimmungsfaktoren für das Angebot eines bestimmten Gutes - erwartete Nachfrage - Kosten der Produktion - zu erzielender Preis bzw. zu erwartender Gewinn Normales Angebot: Steigt der Preis, sind die Hersteller bereit, mehr von diesem Gut anzubieten. Sinkt der Preis, sinkt auch die Bereitschaft, dieses Gut anzubieten. Steigen die Produktionskosten, sinkt bei gleichem Preis die Bereitschaft, dieses Gut anzubieten. Da die Produktion in jedem Fall Kosten verursacht, beginnt die Angebotskurve erst bei einem Preis > 0, da die Produzenten i. d. R. nicht bei einem Preis an den Markt gehen, der nicht die Kosten deckt. Typische Angebotskurve Preis Produktionskosten Menge 2.3.3 Komplementäre und substitutive Güter Substitutive Güter: Ein Gut kann das andere ersetzen. Preis p1 steigt : ➔ Nachfrage N1 sinkt ➔ Nachfrage N2 steigt Beispiel: Kartoffeln/Reis Komplementäre Güter: Die Güter benötigen sich gegenseitig Preis p1 steigt : ➔ Nachfrage N1 sinkt ➔ Nachfrage N1 sinkt ebenfalls Beispiel: Autos/Benzin 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 13 Modul 2 2.3.4 Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage (Preisbildung) „Angebot und Nachfrage regeln den Preis“ Anbieter und Nachfrager treffen sich am Markt. Die Angebots-und Nachfragekurven aller Marktteilnehmer werden zusammengeführt. Durch Verhandlungen auf dem jeweiligen Markt pendelt sich bei der Menge m0 und dem Preis p0 ein Gleichgewicht ein. Es wird genau so viel angeboten wie nachgefragt. Einzelne Anbieter haben als Mengenanpasser keine Möglichkeit, den Preis zu erhöhen, da ihre Absatzmenge auf Grund der Annahme des vollkommenen Marktes sofort auf 0 gehen würde. Einzelne Nachfrager haben in dem bestehenden Gleichgewicht keine Möglichkeit, das Gut zu einem geringeren Preis zu kaufen, da kein Anbieter bereit ist, vom Gleichgewichtspreis nach unten abzuweichen. Der Preisbildungsprozess als Marktergebnis Preis Prohibitivpreis Konsumentenrente Angebotskurve p0 Produzentenrente Nachfragekurve Produktionskosten Menge m0 Sättigungsmenge Produzentenrente: Es gibt Unternehmen, die bereit wären, die Güter auch zu einem niedrigeren Preis als dem Gleichgewichtspreis anzubieten. Dies ist aber nicht nötig, da sie am Markt den Gleichgewichtspreis bekommen (objektiver Tauschwert). Diese Differenz zwischen dem geplanten Preis und dem Marktpreis ist gewisermaßen ein ungeplanter Gewinn der betreffenden Unternehmen. Konsumentenrente: Es gibt Nachfrager, die bereit wären, für das betreffende Gut einen höheren Preis als den Gleichgewichtspreis zu zahlen, da ihr subjektiver Tauschwert höher liegt als der objektive Tauschwert. Sie brauchen aber nur den Preis zu zahlen, der sich am Markt gebildet hat. Diese Differenz ist ein zusätzlicher Nutzen für die betreffenden Nachfrager. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 14 Modul 2 2.3.5 Störungen eines bestehenden Gleichgewichts Ein einmal eingependeltes Gleichgewicht auf einem Markt bleibt nicht für immer erhalten. Es gibt permanent Störungen, so dass sich neue Gleichgewichtspreise und -mengen ergeben. Solche Störungen können sein: - höheres oder niedrigeres Einkommen der Verbraucher - steigende oder sinkende Produktionskosten - verändertes Nachfrageverhalten (z. B. durch Werbung) - neue, verbesserte Produkte mit ähnlichem Nutzen Beispiel für die Auswirkung einer Störung: Nachfrage steigt durch höheres Einkommen der Verbraucher (normales Nachfrageverhalten). Ausgangspunkt ist ein Marktgleichgewicht mit Gleichgewichtsmenge m0 und Gleichgewichtspreis p0. Wenn jetzt die Nachfrage steigt, wird bei jedem Preis eine höhere Menge nachgefragt. ➔ die Nachfragekurve verschiebt sich nach rechts. Beim bisherigen Preis p0 wird nun die größere Menge m1 nachgefragt. Da sich auf der Anbieterseite nichts geändert hat, wird zu dem bisherigen Preis p0 nach wie vor nur die Menge m0 angeboten. Es besteht bei diesem Preis ein Nachfrageüberhang (N > A). Es kommt zu Preisverhandlungen (Pfeile). Im Verlauf dieser Verhandlungen scheiden einige Nachfrager aus und zusätzliches Angebot tritt auf (weitere Anbieter oder höhere Angebotsmengen der bisherigen Anbieter). Ein neuer Gleichgewichtspreis pendelt sich ein beim Schnittpunkt der alten Angebotskurve und der neuen Nachfragekurve bei Menge m2 und Preis p1. Der Preisbildungsprozess nach „Störungen“ Preis Nachfragekurve neu Nachfragekurve alt Angebotskurve p1 p0 Nachfrageüberhang Produktionskosten m0 m2 m1 Menge 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 15 Modul 2 2.3.6 Aufbrechen des vollkommenen Marktes Aus Sicht der Anbieter ist ein vollkommener Markt nicht unbedingt eine erstrebenswerte Situation. Ziel eines Anbieters ist es, einen möglichst hohen Preis zu erzielen, um seinen Gewinn zu maximieren. Im vollkommenen Markt kann der Anbieter keinen höheren Preis verlangen, ohne dass er erheblich an Absatzmenge verliert. Der Kunde wechselt zum Wettbewerb, dort bekommt er das selbe Gut zum alten Preis. Ansatz des Anbieters: - Versuch, das Nachfrageverhalten zu verändern, um das Marktgleichgewicht aufzubrechen - Dazu versucht der Anbieter, sich mit seinen Produkten vom Wettbewerb abzugrenzen, um sich einen „monopolistischen Bereich“ zu schaffen. In diesem Bereich (hier zwischen Preis p1 und Preis p2) kann der Anbieter die Preise erhöhen, ohne Absatzmenge zu verlieren. Preis Nachfragekurve nach dem Gut des Anbieters X Angebotskurve Anbieter X p2 Monopolistischer Bereich der Nachfrage p1 Menge Möglichkeiten der Abgrenzung gegenüber dem Wettbewerb: - technische Verbesserungen - leichtere Handhabung - besonderes Design - besonderer Service - Markenbildung - Aufbau eines bestimmten Images 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 16 Modul 2 2.3.7 Elastizitäten a) Preiselastizität der Nachfrage Im vollkommenen Markt ergibt sich der Preis durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Tatsächlich sind die Märkte jedoch unvollkommen. Die Güter innerhalb einer Kategorie sind unterschiedlich (heterogen), es gibt Präferenzen seitens der Verbraucher (Beispiel: Autos). Die bestimmende Marktform ist das Oligopol, zudem versucht jeder Anbieter, sich sog. monopolistische Bereiche zu schaffen. Das alles führt dazu, dass jeder Anbieter in bestimmten Grenzen Einfluss auf die Preise nehmen kann, d. h. er ist nicht mehr Mengenanpasser, sondern kann von sich aus den Preis ändern. Dabei ist es für den Anbieter interessant zu betrachten, was passiert, wenn die Preise angehoben oder gesenkt werden. Die sich daraus ergebenden Mengenänderungen sind bei allen Gütern unterschiedlich. Darüber hinaus ist die Mengenänderung auch davon abhängig, von welchem ursprünglichem Preisniveau ausgegangen wird. Die Ausprägung der Änderung der nachgefragten Menge bei Änderung des Preises wird ausgedrückt durch die Preiselastizität der Nachfrage. Die Elastizität ist eine Ursache-Wirkung-Beziehung: In welchem Verhältnis ändert sich die Nachfrage (Wirkung), wenn der Preis um einen bestimmten Prozentsatz verändert wird (Ursache). EP = EP = prozentuale Änderung der Menge(Wirkung) prozentuale Änderung des Preises (Ursache) Δ Menge Menge bisher = Δ Preis Δ Menge Δ Preis . p m Preis alt Normalerweise ist der Wert für EP negativ bei den allermeisten Gütern (superiore Güter), denn: steigt der Preis, so sinkt die nachgefragte Menge, sinkt der Preis, so steigt die nachgefragte Menge. Man hat sich jedoch darauf geeinigt, den Wert der Preiselastizität der Nachfrage in Betragstriche zu setzen, so dass sich hier immer ein positiver Wert ergibt. Dabei ergeben sich 3 mögliche Fälle: EP < 1: Die Nachfrage reagiert unelastisch, d. h. die prozentuale Änderung der Menge ist kleiner als die prozentuale Preisänderung. In der Regel ist das der Fall bei lebensnotwendigen Gütern wie z. B. Strom, Benzin oder Medikamenten. Bei diesen Gütern kann der Preis seitens der Anbieter erhöht werden, ohne dass die Nachfrage im gleichen Verhältnis zurückgeht. Bei steigendem Preis erhöht sich der gesamte Umsatz. EP > 1: Die Nachfrage reagiert elastisch, d. h. die prozentuale Änderung der Menge ist größer als die prozentuale Preisänderung. In der Regel ist das der Fall bei nicht lebensnotwendigen Gütern. Bei diesen Gütern bewirkt eine Preissenkung eine Steigerung des gesamten Umsatzes. Diese Güter sind dementsprechend gut geeignet für Sonderangebote im Rahmen von VKF-Maßnahmen. EP = 1: Sonderfall, bei dem die prozentuale Preisänderung exakt so groß ist wie die prozentuale Mengenänderung. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 17 Modul 2 b) Kreuzpreiselastizität der Nachfrage Hierbei wird beobachtet, in welchem Verhältnis sich die Nachfrage nach einem bestimmten Gut X ändert, wenn der Preis für das Gut Y verändert wird. Anhand dieses Wertes kann festgestellt werden, ob es sich um Komplementärgüter oder Substitutionsgüter handelt oder ob die Güter indifferent sind. EP = prozentuale Änderung der Menge von Gut X (Wirkung) prozentuale Änderung des Preises von Gut Y (Ursache) Bei der Kreuzpreiselaszizität ist das Vorzeichen wichtig: EKP negativ: Die betrachteten Güter sind Komplementärgüter. Sinkt z. B. der Preis für Nudeln, steigt die abgesetzte Menge von Nudelsauce. EKP positiv: Die betrachteten Güter sind Substitutionsgüter Steigt z. B. der Preis von Hühnerfleisch, steigt die abgesetzte Menge von Rindfleisch. EKP = 0: Die betrachteten Güter sind indifferent, sie stehen in keinem Zusammenhang. Steigt z. B. der Preis für Vogelfutter, ergibt sich keine Mengenänderung bei Waschmittel. c) Einkommenselastizität der Nachfrage Hierbei wird beobachtet, in welchem Verhältnis sich die Nachfrage nach einem bestimmten Gut X ändert, wenn sich das Einkommen ändert Ee = prozentuale Änderung der Menge von Gut X (Wirkung) prozentuale Änderung des Einkommens (Ursache) Bei superioren Gütern ist dieser Wert positiv. Die Aussagen entsprechen denen der Preiselastizität der Nachfrage. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 18 Modul 2 2.4 Funktion von Preis und Wettbewerb 2.4.1 Aufgaben/Funktionen des Preises Signalfunktion - Der Preis signalisiert Anbietern und Nachfragern den Grad der Knappheit - Der Preis zeigt den Anbietern, ob sich die Produktion lohnt Lenkungsfunktion - Der Preis lenkt die Produktionsfaktoren an die Stelle der wirtschaftlichsten Verwendung. Anbieter investieren dort, wo die Nachfrage hoch ist und dementsprechend hohe Preise zu erzielen sind. Erziehungsfunktion - Der Preis zwingt Anbieter zu sparsamem Einsatz der Ressourcen (wg. Gewinnmaximierung) - Der Preis zwingt die Nachfrager zur Disziplin (wg. begrenztem Budget) 2.4.2 Staatliche Eingriffe in Preisbildungsprozesse Im Idealfall bildet sich im rahmen marktwirtschaftlicher Systeme der Preis durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage am Markt. Der Staat kann allerdings per Gesetz in die Preisbildung eingreifen (Ordnungspolitik, vgl. Punkt 4.1.3). Dadurch wird die Preisbildung am Markt verhindert. Dabei können für bestimmte Güter Höchstpreise oder Mindestpreise festgelegt werden. a) Staatlich festgesetzte Höchstpreise Eine Preisbegrenzung nach oben ist vorteilhaft für die Nachfrager. Ziel: Grundversorgung mit lebensnotwendigen Gütern für alle Nachfrager. Preis Angebotskurve eigentlicher Gleichgewichtspreis staatl. festgesetzter Höchstpreis Nachfragekurve Menge eigentliche Gleichgewichtsmenge 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 19 Modul 2 Auswirkungen staatlich festgesetzter Höchstpreise: - - - - - Die Preise liegen unterhalb der Preisvorstellungen der Anbieter Angebot geht zurück, Nachfrage steigt bei diesem Preis Es entsteht ein dauerhafter Nachfrageüberhang, die Versorgung ist gefährdet Schwarzmarkt droht, um den Bedarf zu decken Preis verliert seine Funktionen Der Staat muss Subventionen an die Anbieter zahlen, um eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten. b) Staatlich festgesetzte Mindestpreise Eine Preisbegrenzung nach unten ist vorteilhaft für die Anbieter. Ziel: Schutz bestimmter Branchen Preis Angebotskurve staatl. festgesetzter Mindestpreis eigentlicher Gleichgewichtspreis Nachfragekurve Menge eigentliche Gleichgewichtsmenge Auswirkungen: - - - - - Die Preise liegen oberhalb dessen, was die Nachfrager zu zahlen bereit sind Angebot steigt, Nachfrage sinkt bei diesem Preis Es entsteht ein dauerhafter Angebotsüberhang Überproduktion an Gütern, Produktionsfaktoren werden in Branchen geleitet, in denen sie nicht benötigt werden Preis verliert seine Funktionen Der Staat muss bestimmte Abnahmemengen garantieren und die Überproduktion vernichten bzw. Prämien für die Nicht-Erzeugung zahlen. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 20 Modul 2 2.4.3 Funktion des Wettbewerbs Alle Anbieter eines bestimmten Gutes stehen im Wettbewerb zueinander. Um nicht aus dem Markt gedrängt zu werden, versucht jeder Anbieter, auf Preissenkungen der Wettbewerber schnell zu reagieren (Kosten senken) bzw. sein Produkt zu verbessern, um bei gleichbleibenden Preisen Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Ziel: - langfristigige Behauptung des Unternehmens am Markt - Gewinnung zusätzlicher Marktanteile Auswirkungen: - Anbieter verbessern ihre Produkte im Hinblick auf Qualität und Leistung - Innovationsprozesse werden beschleunigt - Produktionsverfahren werden verbessert - optimaler Einsatz der Produktionsfaktoren Der Wettbewerb fördert den technischen Fortschritt. Voraussetzungen: - wirtschaftliche Freiheitsrechte (Konsum-, Vertrags-, Gewerbefreiheit, Privateigentum) - keine Marktbeherrschung durch einzelne Anbieter (keine Monopolbildung) - keine Absprachen zwischen den Wettbewerbern Für einen dauerhaft funktionierenden Wettbewerb ist eine staatliche Aufsicht nötig. Der Staat sorgt über die Gesetzgebung dafür, dass wirtschaftlicher Machtmissbrauch verhindert wird. Zu diesen Gesetzen zählen u. a. das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bzw. das Europäische Wettbewerbsrecht, das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), die Zugabenverordnung, Preisangabenverordnung. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 21 Modul 2 2.5 Fallbeispiel Problemstellung 1 Aufgrund stark gestiegener Preise für Düngemittel haben sich die Kosten bei den Erzeugern von Kristallzucker erheblich erhöht. Die Produzenten wollen diese Kosten über die Kalkulation an die Kunden weitergeben. Fragestellungen: 1. Handelt es sich hierbei um eine Störung auf der Angebots- oder der Nachfrageseite? Zeigen Sie mit Hilfe einer einfachen Grafik, wie sich ausgehend von einem bestehenden Marktgleichgewicht nach der o.a. Störung ein neues Marktgleichgewicht entwickelt. 2. Wo liegen im neuen Marktgleichgewicht Preis und Absatzmenge von Zucker im Vergleich zum Ausgangsgleichgewicht? 3. Welche Modellannahme ist erforderlich, damit ein Anpassungsvorgang auf diese Weise dargestellt werden kann? 4. Stellen Sie kurz 2 Möglichkeiten dar, wie ein Verbraucher auf die Situation reagiert, die sich aus dem neuen Gleichgewicht ergibt. Problemstellung 2 Der Preis für Bratwurst ist im letzten Jahr um 10 % gestiegen. Dabei war ein Absatzrückgang von 13 % zu beobachten. Gleichzeitig sank die Absatzmenge von Senf um 5 %. Fragestellungen: 1. Ermitteln Sie die Preiselastizität der Nachfrage für Bratwurst sowie die Kreuzpreiselastizität zwischen Senf und Bratwurst. 2. Was sagen diese Werte aus? 3. Angenommen, die Kreuzpreiselastizität zwischen 2 Gütern ist 0. In welchem Verhältnis stehen diese Güter zueinander?. Geben Sie ein Beispiel für derartige Güter. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 22 Modul 3 Modul 3: Konjunktur und Stabilität Wirtschaftliche Entwicklung im Zeitablauf 3.1 Konjunktur 3.1.1 Konjunkturbegriff Unter Konjunktur versteht man die Entwicklung des Wirtschaftsgeschehens im Zeitablauf. Die Konjunktur verläuft nicht gleichförmig, sondern unterliegt Schwankungen (Konjunkturzyklen). In der Tendenz ist jedoch trotz der Schwankungen langfristig eine kontinuierliche Aufwärtsbewegung (Trend) festzustellen, da eine kontinuierliche Wissensmehrung stattfindet, worauf zukünftige Entwicklungen aufbauen können. Konjunkturverlauf: Hochkonjunktur / Boom Trend Abschwung Aufschwung Tiefstand / Depression 3.1.2 Die Phasen des Konjunkturzyklus Aufschwung - die Stimmung ist optimistisch - die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach Gütern und Diensten steigt - Produktion und Investitionen steigen (wg. hoher Absatzerwartungen) - die Beschäftigung steigt, daducht steigt die Nachfrage weiter an - die Nachfrage nach Geld steigt, der Preis für Geld (Zins) steigt 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 23 Modul 3 Hochkonjunktur - die Nachfrage steigt stärker als das Angebot - die Inflationsrate steigt, Konsumenten kaufen „schneller“, da das Geld schnell an Wert verliert - eine Konjunkturelle überhitzung droht, die Stimmung wird pessimistisch - die Zinsen steigen, Unternehmen investieren weniger Abschwung (Rezession) - durch geringere Investitionen (wg hohem Zins) sinkt in der Investitionsgüterindustrie die Beschäftigung - das Volkseinkommen sinkt - die gesamtwirtschaftliche Nachfrage sinkt - weiterer Beschäftigungsrückgang - die Sparneigung steigt, die Nachfrage geht weiter zurück - die Zinsen sinken langsam Tiefstand (Depression - hohe Arbeitslosigkeit - niedrige Auslastung der Produktionsmittel - hohe Sparneigung - das Geld wird billig (Zinsen sinken), Banken haben große Reserven Die Schwankungen im Wirtschaftsablauf sind nicht in allen Märkten bzw. Branchen gleich, auch gibt es regionale Unterschiede. Tendenziell entwickelt sich ohne staatliche Eingriffe aus jeder Phase der Konjunktur jeweils die nächste Phase. So könnte z. B. der Weg aus der Depression wie folgt gelingen: Billiges Geld, geringe Lohnerwartungen langsam steigende Investitionsneigung, da Fremdkapital sehr billig ist Beschäftigung steigt Volkseinkommen steigt Nachfrage steigt Aufschwung beginnt Ein staatlicher Eingriff in den Wirtschaftsablauf scheint daher zunächst einmal überflüssig. Ausgeprägte konjunkturelle Schwankungen können jedoch zu starken Verwerfungen und sozialen Spannungen führen. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 24 Modul 3 3.2 Aufgabe des Staates in der Sozialen Marktwirtschaft In der Sozialen Marktwirtschafter Staat hat die Aufgabe, Wirtschaftsschwankungen so gering wie möglich zu halten, um soziale Spannungen zu vermeiden, hohe Arbeitslosigkeit zu verhindern und so die Voraussetzungen für ein kontinuierliches Wachstum zu sorgen. Für den Staat besteht die gesetzliche Verpflichtung zum Eingriff in das Wirtschaftsgeschehen im Rahmen des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (Stabilitätsgesetz). 3.3 Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (Stabilitätsgesetz) 3.3.1 Ziele und Zielgrößen des Stabilitätsgesetzes Die Ziele des Stabilitätsgesetzes sind - stabiles Preisniveau Zielgröße: Preissteigerung jährlich 2 % (Durchschnittswert über alle Güter und Dienstleistungen. Eine Preissteigerung in dieser Größenordnung regt den Konsum an, ohne dass das Vertrauen in die Währung verloren geht. - hoher Beschäftigungsstand Zielgröße: Arbeitslosenquote < 4,5 %. Eine hohe Beschäftigung sorgt für starke Nachfrage und - stetes und angemessenes Wachstum Zielgröße: Steigerung des BIP jährlich um 3,5 %. Nur durch stetiges Wachstum kann sich der Wohlstand erhöhen, ohne dass es anderen bzw einzelnen schlechter geht (wie es z. B. durch reine Umverteilung der Fall wäre). - außenwirtschaftliches Gleichgewicht Zielgröße: Außenbeitrag (Exporte - Importe) < 2 % des BIP. Dauerhafte Exportüberschüsse bewirken in anderen Ländern Leistungsbilanzdefizite, wodurch in diesen Ländern Wachstum und Währungsreserven sinken und sie sich für Importe verschulden müssen. Dieses Ziel ist insbes. wichtig zwischen Ländern, die einer Währungsunion angehören, da hier kein Ausgleich über Auf- bzw. Abwertung der Währung erfolgen kann. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 25 Modul 3 3.3.2 Das "Magische Viereck" – Zielkonflikte und Zielharmonien Die Ziele des Stabilitätsgesetzes sind nicht alle gleichermaßen miteinander vereinbar. Es gibt Ziele, die in die gleiche Richtung zielen (Zielharmonien) und Ziele, die sich inhaltlich widersprechen und die nicht gleichzeitig verwirklicht werden können (Zielkonflikte). Daher wird bei den vier Zielen des Stabilitätsgesetzes auch vom "Magischen Viereck" gesprochen. Zielkonflikte Die Erreichung eines Ziels führt zu einer Abweichung bei der Erreichung eines anderen Zieles a) Hoher Beschäftigungsstand vs. Preisstabilität Weitgehende Vollbeschäftigung bedingt die Tendenz zu hohen Löhnen. Die hohen Lohnkosten werden im Rahmen der Kalkulation auf die Preise umgelegt. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Konsumgütern, was ebenfalls zu höheren Preisen führt. b) Wachstum der Wirtschaft vs. außenwirtschaftliches Gleichgewicht Wenn die Nachfrage aus dem Ausland nach inländischen Produkten stark ansteigt, kann es zu einem außenwirtschaftlichen Ungleichgewicht kommen (hier: Exporte > Importe). Für das Wirtschafts- wachstum hingegen ist dieser Aspekt positiv. Zielharmonien Zielharmonien liegen vor, wenn sich Ziele aus dem Stabilitätsgesetz gleichzeitig verwirklichen lassen. a) Hoher Beschäftiftigungsstand und Wirtschaftswachstum Ein hoher Beschäftigungsstand bedeutet eine steigende Nachfrage nach Gütern und Diensten Bezieht sich diese Nachfrage in erster Linie auf inländische Erzeugnisse, steigt auch das Wirtschafts- wachstum im Inland. b) Außenwirtschaftliches Gleichgewicht und Preisniveaustabilität Wenn die Nachfrage aus dem Inland nach ausländischen Gütern in etwa so groß ist wie die Nachfrage aus dem Ausland nach inländischen Gütern, gibt es keine Tendenz zu steigenden Preisen. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 26 Modul 4: Wirtschaftspolitik Die Träger der Wirtschaftspolitik und ihre Instrumente Modul 4 4.1 Fiskalpolitik des Staates Der Staat ist neben der Europäischen Zentralbank einer der Träger der Wirtschaftspolitik. Er greift in den Wirtschaftsablauf ein, um Störungen zu vermeiden und die Ziele des Stabilitätsgesetzes zu erreichen. Diese Eingriffe sollen antizyklisch erfolgen, d. h. - dämpfend in Phasen des Aufschwungs - impulsgebend in Phasen des Abschwungs Unter "Staat" ist in diesem Zusammenhang zu verstehen: - Bundesregierung - Bundestag - Bundesrat - Parlamente der Länder - Gebietskörperschaften Zu den Instrumenten des Staates zum Eingriff in das Wirtschaftsgeschehen zählen Steuerpolitik, Staatsausgabenpolitik, Ordnungspolitik und Strukturpolitik sowie die Beschäftigungspolitik. 4.1.1 Steuerpolitik Der Staat erhebt Steuern, um Einnahmen zu erzielen. Das ist notwendig, damit der Staat bestimmte Aufgaben erfüllen kann wie z. B. Aufbau und Erhaltung der Infrastruktur, Bildung, Sicherheit nach außen und nach innen, Rechtssystem. Steuern bedingen keine unmittelbaren Gegenleistungen für die Steuerpflichtigen, sie dienen (anders als Gebühren) der allgemeinen Staatsfinanzierung. Durch die Veränderungen der Steuersätze kann der Staat jedoch auch Einfluss auf die finanziellen Möglichkeiten und somit auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ausüben. Möglich sind dabei: - allgemeine Steuersenkungen (positiver Impuls für die Wirtschaft im Abschwung oder in der Depression). Den Wirtschaftssubjekten steht mehr Geld für den Konsum zur Verfügung, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt - allgemeine Steuererhöhungen (dämpfend für die Wirtschaft bei drohender wirtschaftlicher Überhitzung). Das verfügbare Einkommen wird geringer, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage sinkt - gezielte Steuererhöhungen oder -senkungen in einzelnen Wirtschaftsbereichen, um in diesen Branchen die Nachfrage zu beeinflussen (Lenkungsfunktion). 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 27 Modul 4 4.1.2 Staatsausgabenpolitik Im Rahmen seiner Aufgaben muss der Staat als Nachfrager an die Güter- und Dienstleistungsmärkte treten. Durch ein Verschieben oder Vorziehen geplanter Ausgaben, insbesondere von Investitionsvorhaben, kann der Staat jedoch auch Einfluss auf die aktuelle gesamtwirtschaftliche Nachfrage nehmen und so der Wirtschaft Impulsegeben bzw. dämpfend auf das Wirtschaftsgeschahen einwirken. Auch diese Form der Einflussnahme sollte antizyklisch geschehen: - Vorziehen geplanter Staatsausgaben (z. B. Bau von Straßen) als positiver Impuls in Zeiten der Rezession / Depression. Der Staat sorgt für zusätzliche Nachfrage. - Verschieben geplanter Staatsausgaben als konjunkturdämpfende Maßnahme, wenn eine konjunkturelle Überhitzung droht. 4.1.3 Ordnungspolitik / Gesetzgebung Durch Gesetze, mit denen die Spielregeln für das Zusammenwirken der Wirtschaftssubjekte festgelegt werden, kann der Staat ebenfalls das Wirtschaftsgeschehen beeinflussen und die Nachfrage steuern. Möglichkeiten sind z. B.: - Änderung von Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen. Duch die Möglichkeit, Vermögens gegenstände schneller abschreiben zu können, wird die Investitionsbereitschaft der Unternehmen erhöht. - Einführung von Mindestlöhnen. Dadurch kann im Inland die Nachfrage nach Konsumgütern gesteigert werden. 4.1.4 Strukturpolitik Unter Strukturpolitik ist eine gezielte Förderung strukturschwacher Gebiete, schwächelnden Branchen oder auch einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen zu verstehen. Möglichkeiten sind z. B.: - Förderung strukturschwacher Gebiete, z. B. durch Investitionszuschüsse oder Verbesserung der dortigen Infrastruktur. - Gezielte Unterstützung von bestimmten, gesamtwirtschaftlich bedeutenden Unternehmen (Subventionen), die von einem aktuellen Nachfragerückgang betroffen sind oder von internationalem Wettbewerb bedroht sind. - Transferzahlungen an Privathaushalte (Hartz IV, Arbeitslosengeld), um die Nachfrage zu verstetigen (siehe. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 28 Modul 4 4.1.5 Beschäftigungspolitik als Teil der Strukturpolitik Aus dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (Stabilitätsgesetz) ergibt sich eine Verpflichtung des Staates, für einen hohen Beschäftigungsstand zu sorgen. Arbeitslose belasten den Staatshaushalt (Zahlung von Arbeitslosengeld oder Hartz IV). Zudem tragen die Beschäftigten durch Zahlung von Lohn- bzw. Einkommenssteuer direkt zur Finanzierung des Staatshaushaltes bei und geben durch ihren vermehrten Konsum für positive Impulse in der Wirtschaft. Eine hohe Beschäftigung ist daher auf zwei Arten vorteilhaft für den Staat: Höhere Einnahmen und geringere Ausgaben. Arten der Arbeitslosigkeit: - Fluktuationsarbeitslosigkeit („unechte“ Arbeitslosigkeit) I.d.R. kurzfristig, bei Stellenwechsel, vor Berufseintritt, oder auch bei fehlender Übersicht über die offenen Stellen - Saisonale Arbeitslosigkeit Jahreszeitlich bedingt, z. B. Bauwirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus - Strukturelle Arbeitslosigkeit Auf eine Region oder eine bestimmte Branche beschränkt - Konjunkturelle Arbeitslosigkeit Bei Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs, alle Branchen sind i.d.R. betroffen. Maßnahmen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit - Berufsberatung - Arbeitsvermittlung - Förderung durch Qualifizierungsmaßnahmen - Förderung der Mobilität - Sanktionen (Streichung von Transferzahlungen bei fehlender Leistungsbereitschaft) - Wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Förderung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 29 Modul 4 4.1.6 Marktkonträre und marktkonforme Maßnahmen des Staates Staatliche Einflussnahmen wirken nicht in jedem Fall gleichermaßen auf das Wirtschaftsgeschehen. Zu unterscheiden sind Maßnahmen, welche den Marktmechanismus (Preisbildung am Markt durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage) außer Kraft setzen (marktkonträre Maßnahmen), sowie Maßnahmen, die den Marktmechanismus nicht beschränken. Zu den marktkonträren Maßnahmen zählen: - Festlegung von Mindest- oder Höchstpreisen für bestimmte Güter - Gesetze, die die Vertragsfreiheit beschränken wie z. B. Kartellgesetz - Förderung von Arbeitsstellen für bestimmte Gruppen Zu den marktkonforme Maßnahmen zählen: - Staat als Anbieter und Nachfrager von Gütern und Dienstleistungen - Transferzahlungen zur Verstetigung der Nachfrage - Erhebung von Steuern 4.2 Geldpolitik Mit der Einführung des Euro ist die Geldhoheit von den Staatsbanken auf die Europäische Zentralbank EZB übergegangen. Für die Teilnehmerstaaten steuert die EZB die Geldpolitik, verwaltet die Währungsreserven und genehmigt die Ausgabe von Banknoten. Die EZB ist unabhängig von den Weisungen der jeweiligen Regierungen der Teilnehmerstaaten. Vorrangiges Ziel der EZB ist die Erhaltung der Preisstäbilität im EuroRaum (jährliche Teuerungsrate 2%). Durch eine Ausweitung bzw. Reduzierung der Geldmenge kann die EZB gezielt Einfluss auf das Nachfrageverhalten der Wirtschaftssubjekte nehmen und somit steuernd in den Wirtschaftsablauf eingreifen. Als Instrumente stehen der EZB dabei die Zinspolitik und die Mindestreservepolitik zur Verfügung. Obwohl die EZB weisungsunabhängig ist, geht dabei die Stoßrichtung der Steuerung in die gleiche Richtung wie die Fiskalpolitik der Mitgliedsstaaten der Währungsunion. 4.2.1 Zinspolitik Der Leitzins ist gewissermaßen ein Signal für die Volkswirtschaften, in welche Richtung die Steuerungsmaßnahmen der EZB laufen. Die eigentlichen zinspolitischen Instrumente sind die Offenmarktpolitik und die Ständigen Fazilitäten. Allgemein kann für die Zinspolitik festgehalten werden: Erhöht die EZB den Leitzins, sinkt die Geldmenge. Dies dämpft die wirtschaftliche Entwicklung bei drohender wirtschaftlicher Überhitzung (Boom). Für die Geschäftsbanken wird Zentralbankgeld teurer. Senkt die EZB den Leitzins, steigt die Geldmenge. Dies wirkt sich impulsgebend bzw. konjunkturfördernd aus. Die Geschäftsbanken kommen billiger an Zentralbankgeld. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 30 Modul 4 Die geldpolitischen Instrumente im Einzelnen: - Offenmarktpolitik Die Offenmarktpolitik ist das wirkungsvollste Instrument der EZB zur Steuerung der Bankenliquidität. Durch Offenmarktgeschäfte werden die Geschäftsbanken gegen Zinszahlungen (Grundlage: Leitzins ± x) mit Zentralbankgeld versorgt. Vorgehensweise: - Die Geschäftsbanken bekommen Geld gegen Zinszahlungen von der EZB. - Die Geschäftsbanken hinterlegen als Sicherheit Wertpapiere bei der EZB. - Für die Geschäftsbanken besteht Rückkaufverpflichtung. - Ständige Fazilitäten Die Geschäftsbanken können überschüssige Einlagen über Nacht zu einem bestimmten Zins (Grundlage: Leitzins ± x) bei der EZB anlegen (Einlagefazilität). Die Geschäftsbanken können sich bei Bedarf in Spitzenzeiten mit Zentralbankgeld versorgen, um den Kreditbedarf ihrer Kunden kurzfristig ohne Offenmarktgeschäfte zu bedienen (Spitzenrefinanzierungsfazilität). 4.2.2 Liquiditätspolitik Die Liquiditätspolitik der EZB ist unabhängig vom Zinssatz. Sie hat nicht die Signalwirkung nach außen und dient eher der Feinsteuerung der Geldpolitik. Jede Geschäftsbank muss einen Teil ihrer Kundeneinlagen bei der EZB hinterlegen. Diese Einlage verringert den Kreditspielraum der Geschäftsbanken. - Erhöht die EZB den Mindestreservesatz, sinkt die Geldmenge. Dies dämpft die wirtschaftliche Entwicklung bei drohender wirtschaftlicher Überhitzung (Boom). - Senkt die EZB den Mindestreservesatz, steigt die Geldmenge. Dies wirkt sich impulsgebend bzw. konjunkturfördernd aus. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 31 Modul 4 4.3 Wirkungsketten Ziel wirtschaftspolitischer Steuerungsmaßnahmen ist es, der Wirtschaft Impulse zu geben, welche weitergehende Wirkungen entfalten und sich längerfristig verstärken. Die unmittelbaren Auswirkungen und die daraus resultierenden Verstärkungen lassen sich mit Hilfe von Wirkungsketten darstellen. Eine derartige Wirkungskette ist hier an einem Beispiel dargestellt. Ausgangspunkt ist eine Phase des wirtschaftlichen Abschwungs. Sowohl Staat als auch EZB wollen die Konjunktur in Schwung bringen und geben positive Impulse in die Wirtschaft. Staatliche Maßnahme: Senkung der Lohn- und Einkommensteuer. Maßnahme der EZB: Leitzinssenkung / Ausweitung der Offenmarktgeschäfte. Die daraus resultierende Wirkungskette: Staat EZB Senkung der Steuern Leitzins sinkt Verfügbares Einkommen steigt Kredite werden billiger verstärkt Konsum steigt Multiplikator-Effekt Beschäftigung (Konsumgüterindustrie) steigt Investitionen (Konsumgüterindustrie) steigen verstärkt Beschäftigung (Investitionsgüterindustrie) steigt Gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 32 Modul 5 Modul 5: Übungsteil Einzelfragen und Fallbeispiele 5.1 Einzelfragen 1. Wem nutzen staatlich festgesetzte Höchstpreise? 2. Unterscheiden Sie marktkonforme und marktkonträre Maßnahmen beim Eingriff des Staates in die Preisbildung und geben Sie je ein Beispiel. 3. Was versteht man unter dem objektiven Tauschwert eines Gutes? 4. Was versteht man unter der Konsumentenrente? Für welche Verbraucher ergibt sich eine Konsumentenrente? 5. Welches Ziel verfolgen die Unternehmen im Hinblick auf die Gebrauchs- bzw. Tauschwerte ihrer Produkte? 6. Definieren Sie den Begriff Markt. 7. Wozu dient die Modellvoraussetzung eines vollkommenen Marktes? 8. Aufgrund des sehr heißen Sommers ist die Nachfrage nach Erfrischungsgetränken stark gestiegen. a) Was hat sich im Hinblick auf den subjektiven Gebrauchswert geändert? b) Zeigen Sie mittels einer geeigneten Grafik, wie sich diese Störung (ausgehend von einem bestehenden Marktgleichgewicht) auf Preis und abgesetzte Menge von Bier auswirkt. c) Wie kann der Verbraucher reagieren, wenn diese Situation länger anhält?. Erklären Sie in diesem Zusammenhang die Begriffe substitutive und komplementäre Güter. d) Welche Voraussetzung ist erforderlich, damit ein Anpassungsvorgang wie unter b) dargestellt werden kann? 9. Erklären Sie anhand eines Beispiels das 1. Gossensche Gesetz. 10. GrenzenSie die Begriffe inferiore und superiore Güter gegeneinander ab und geben Sie je ein Beispiel. 11. Gegeben ist folgende fiktive Situation: Der Gleichgewichtspreis für Brot liegt bei 2 Euro. Jetzt legt der Staat fest, dass der Preis für Brot 1,50 Euro nicht übersteigen darf. a) Aus welchem Grund könnte diese Entscheidung erfolgt sein? b) Wem nützt diese Entscheidung? c) Stellen Sie diese Situation grafisch dar. Welche Auswirkungen ergeben sich langfristig? 12. Die Kreuzpreiselastizität zwischen den Gütern x und y ist 0. In welchem Verhältnis stehen die Güter zueinander? 13. Der Preis für Pommes Frites steigt um 10 %. Darauf sinkt die Nachfrage um 15 %. Gleichzeitig sinkt die abgesetzte Menge Ketchup um 5 %. Ermitteln Sie die Preiselastizität bei Pommes Frites und die Kreuzpreiselastizität zwischen Ketchup und Pommes Frites. Was sagen diese Werte aus? 14. Welche Auswirkung hat ein starker Wettbewerb auf die Entwicklung von Produkten? 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 33 Modul 5 15. Welche Möglichkeiten bieten sich für ein Unternehmen, die Wettbewerbssituation zu entschärfen? Welche Auswirkungen ergeben sich dadurch möglicherweise für die Marktform? 16. Was versteht man unter diagonalen Unternehmenszusammenschlüssen? Geben Sie ein Beispiel. 17. Welche Möglichkeit hat der Staat, die Konzentration wirtschaftlicher Macht zu vermeiden? 18. Was versteht man unter dem BIP? Aus welchem Grund wird das BIP ermittelt? 19. Welche Schwächen hat das BIP als Kennzahl? 20. Definieren Sie den Begriff Konjunktur. 21. Beschreiben Sie den typischen Konjunkturverlauf und geben Sie je 3 Merkmale für die einzelnen Phasen. 22. Was versteht man unter antizyklischer Konjunkturpolitik? 23. Beschreiben Sie kurz die Ziele des Stabilitätsgesetzes und geben Sie die jeweiligen Zielgrößen an. 24. Geben Sie jeweils ein Beispiel für Zielharmonien und Zielkonflikte bei den Zielen des Stabilitäts gesetzes an. 25. Beschreiben Sie kurz die Instrumente, die dem Staat für den Eingriff in den Wirtschaftsablauf zur Verfügung stehen. 26. Welche Instrumente stehen der EZB im Rahmen der Geldpolitik zur Verfügung? 27. Die Wirtschaft steuert aufgrund sehr hoher Inlandsnachfrage auf einen Boom zu. Wie könnte die EZB eingreifen, um einer wirtschaftlichen Überhitzung und einer Inflation vorzubeugen? Verdeutlichen Sie Ihre Antwort mittels einer Wirkungskette. 28. Schlagzeile in der Tagespresse: Arbeitslosigkeit auf Rekordhöhe – Automobilbauer plant Werkschließung a) In welcher konjunkturellen Phase befindet sich die Wirtschaft hier? b) Welche Möglichkeiten hat der Staat, um in dieser Situation einzugreifen? Verdeutlichen Sie Ihre Antwort mittels einer Wirkungskette. 29. Welche Möglichkeiten hat der Staat im Rahmen der Beschäftigungspolitik, die Zahl der Arbeitslosen zu verringern? 30. Welche Funktionen hat der Marktpreis 31. Welche Faktoren sind für die Nachfrage nach einem Gut von Bedeutung? 32. Beschreiben Sie das „normale“ Anbieterverhalten auf einem Gütermarkt. 33. Grenzen Sie die Begriffe Suibstitutive Güter und Komplementäre Güter gegeneinander ab und geben Sie jeweils ein Beispielpaar. 34. Erklären Sie die Begriffe Sättigungsmenge und Prohibitivpreis. 35. Nennen Sie 3 „Störungen“, die ein bestehendes Marktgleichgewicht aufbrechen können. 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 34 Modul 5 5.2 Fallbeispiel Problemstellung 1 Die wirtschaftliche Lage ist gekennzeichnet durch folgende Situation: Aufgrund der stark rückläufigen Exportnachfrage droht in vielen Wirtschaftszweigen Kurzarbeit. Einige große Industriebetriebe haben damit begonnen, die Anzahl der Beschäftigten zu reduzieren. Wegen der pessimistischen Stimmung ist die Sparneigung der Bevölkerung gestiegen. Fragestellungen: 1. Zeigen Sie die voraussichtlichen Auswirkungen dieser Situation im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, die Güterproduktion und die Preisentwicklung. 2. Bei welchen Gütern kann es zu Abweichungen gegenüber 1. kommen? 3. Der Staat plant in dieser Situation, in den Wirtschaftsablauf einzugreifen. a) In welcher Form sollte ein staatliches Eingreifen grundsätzlich erfolgen? b) Warum sind überhaupt staatliche Eingriffe angezeigt? c) Welche Instrumente stehen dem Staat zur Verfügung? d) Zeigen Sie anhand einer Wirkungskette, welche Effekte sich der Staat durch sein Eingreifen erhofft. 4. Auch die EZB plant einen Eingriff in den Wirtschaftsablauf. a) Welche Instrumente hat die EZB, um in dieser Situation einzugreifen? b) Zeigen Sie anhand einer Wirkungskette, welche Effekte sich die EZB durch ihr Eingreifen erhofft. Problemstellung 2 In der Tageszeitung lesen Sie folgende Schlagzeile: Ekelalarm – Keimbelastung bei Weichkäse stinkt zum Himmel Fragestellungen: 1. Wie werden die Verbraucher vermutlich auf diese Schlagzeile reagieren? Erklären Sie in diesem Zusammenhang die Begriffe "Komplementäre Güter" und "Substitutive Güter". 2. Zeigen Sie mit Hilfe einer einfachen grafischen Darstellung, wie sich, ausgehend von einem bestehenden Gleichgewicht, nach der in der Aufgabenstellung genannten Störung ein neues Gleichgewicht auf dem Markt für Weichkäse entwickeln kann. 3. Wo liegen im neuen Marktgleichgewicht Preis und abgesetzte Menge für Weichkäse im Vergleich zum alten Marktgleichgewicht? 4. Welche Modellvoraussetzungen sind erforderlich, damit ein Anpassungsvorgang so wie unter Fragestellung 2 dargestellt werden kann? 2015 · Dipl. Kfm. Arnt Baars 35