776_824_BIOsp_0707.qxd:776_824 812 07.11.2007 14:10 Uhr Seite 812 KA R R IE R E , KÖP FE & KON Z EPTE Lisa-Marie Münter Jahrgang 1978. 1998–2003 Biochemiestudium mit abschließender Diplomarbeit in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. F. Hucho auf dem Gebiet der Schmerzwahrnehmung an der FU Berlin. 2003–2007 Promotion in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. G. Multhaup, Institut für Chemie und Biochemie, FU Berlin, seitdem als wissenschaftliche Mitarbeiterin ebenda. ó Als die zentrale molekulare Ursache der Alzheimer Krankheit werden lösliche Oligomere der Amyloid-β(Aβ)-Peptide angesehen. Sie verursachen die Degeneration von Neuronen. Erst wenn das Gehirn den Verlust der Neuronen nicht mehr kompensieren kann, sind die Gehirnschäden anhand abnehmender Gedächtnisleistung und fortschreitenden Verlusts kognitiver Fähigkeiten nachweisbar. Aβ-Peptide werden durch das Zusammenwirken von zwei Sekretasen (β- und γ-Sekretase) proteolytisch aus dem Amyloid-Vorläuferprotein (amyloid precursor protein, APP) herausgeschnitten. Die γ-Sekretase schneidet in der Transmembransequenz von APP und führt zur Entstehung heterogener Aβ-Peptide mit variierender Länge von bis zu 42 Aminosäuren. Aβ42 ist jedoch im Vergleich zu kürzeren Aβ-Peptiden neurotoxisch, aggregiert besser, wird schlechter abgebaut und ist in Gehirnen von Alzheimer Patienten in erhöhter Konzentration nachweisbar. Daher ist eine zentrale Frage der Alzheimer-Forschung, wie und warum Aβ42 entsteht. Förderpreis der BBAW 2007 Molekularer Mechanismus der Amyloid-βEntstehung LISA-MARIE MÜNTER INSTITUT FÜR CHEMIE UND BIOCHEMIE, FREIE UNIVERSITÄT BERLIN Unsere Untersuchungen zum Dimerisierungsverhalten von APP haben dabei die Relevanz eines speziellen Aminosäuremotivs gezeigt. Das bei anderen Proteinen gut untersuchte Aminosäuremotiv GxxxG (zwei Glycin-Reste getrennt durch drei beliebige Aminosäuren) vermittelt die spezifische Dimerisierung zweier Transmembransequenzen. In der APP-Sequenz kommen drei konsekutive GxxxG-Motive vor, deren Glycin-Reste G29 und G33 die Dimerisierung hauptsächlich stabilisieren[1]. Je stärker diese Glycin-Reste verändert werden, z. B. durch einen Aminosäureaustausch zu Alanin oder Isoleucin, desto schwächer wird die Dimerisierung der Transmembransequenz. Was uns besonders fasziniert ist die Entdeckung, dass diese Mutationen im APP dazu führen, dass weniger Aβ42 und dafür mehr Aβ38 entsteht. Mittels MALDI-MS-Analysen konnten wir zeigen, dass GxxxG-Mutationen nicht nur eine reziproke Verschiebung der Aβ42- und Aβ38-Mengen verursachen, sondern darüber hinaus die Bildung noch kürzerer Aβ-Spezies wie Aβ37, Aβ35 und Aβ34 verstärken. Dieser Effekt ist ¯ Abb.1: Modell der Entstehung von Aβ-Peptiden. Die γ-Sekretase baut die APPTransmembransequenz in einem progressiven, sequenziellen Schnittmechanismus ab (Schnittstellen sind durch Scheren symbolisiert). A, Das Dimer behindert den Abbau, B, GxxxGMutanten ermöglichen den Zugang zu weiteren Schnittstellen. wünschenswert, da die kürzeren Aβ-Peptide weniger schädlich sind. Die durch GxxxG-Mutationen erzeugten Effekte erlauben einen tieferen Einblick in den Schnittmechanismus der γ-Sekretase. Dieses Enzym scheint zum Abbau von Transmembransequenzen notwendig zu sein und zerkleinert in einem progressiven, sequenziellen Mechanismus Transmembransequenzen vom C-terminalen Ende her[2]. Da im APP drei konsekutive GxxxG-Motive vorkommen, wird die γ-Sekretase in der Mitte der Transmembransequenz durch die GxxxGgestärkte Dimerisierung behindert und das schädliche Aβ42 entsteht (Abb. 1A). Wird die Stabilität der Dimerisierung durch z. B. GxxxG-Mutationen herabgesetzt, bekommt die γ-Sekretase wieder Zugang zu weiteren Schnittstellen und kann die Transmembransequenz weiter abbauen, was zur verstärkten Bildung von kürzeren Aβ-Peptiden führt (Abb. 1B). Die Ursache der Aβ42-Entstehung bzw. der Alzheimer Krankheit wäre demnach eine stabilisierte Dimerisierung der APPTransmembransequenz, die zu einer Blockade des Abbaus führt. Diese Erkenntnisse wollen wir in neuartigen Ansätzen zur Diagnose und Therapie der Krankheit anwenden. ó Literatur [1] Munter, L. M., Voigt, P., Harmeier, A., Kaden, D., Gottschalk, K. E., Weise, C., Pipkorn, R., Schaefer, M., Langosch, D., Multhaup, G. (2007): GxxxG motifs within the amyloid precursor protein transmembrane sequence are critical for the etiology of Abeta42. Embo J. 26: 1702–1712. [2] Qi-Takahara, Y., Morishima-Kawashima, M., Tanimura, Y., Dolios, G., Hirotani, N., Horikoshi, Y., Kametani, F., Maeda, M., Saido, T. C., Wang, R., Ihara, Y. (2005): Longer forms of amyloid beta protein: implications for the mechanism of intramembrane cleavage by gamma-secretase. J. Neurosci. 25: 436–445. Korrespondenzadresse: Dr. Lisa-Marie Münter Institut für Chemie und Biochemie Freie Universität Berlin Thielallee 63 D-14195 Berlin Tel.: 030-8385 2906 Fax: 030-8385 6509 [email protected] BIOspektrum | 07.07 | 13. Jahrgang