Politik und Sinn – politische Bildung 25 Jahre nach 1989 vom 19. - 20.09.2014 DGB-Jugendbildungsstätte Flecken Zechlin Ein Werkstattwochenende zu Grundfragen und Rahmenbedingungen außerschulischer politischer (Jugend-)Bildung Das Scheitern des realsozialistischen Experiments und der Siegeszug des globalisierten Kapitalismus haben Sinnbezüge wie politische und mentale Rahmenbedingungen von Politik und politischer Bildung in den letzten 25 Jahren mehr verändert als viele politische Bildner/innen es sich eingestehen wollen. 25 Jahre nach 1989 scheint der utopische Überschuss, scheinen Erwartungen, Leidenschaft und Erlösungshoffnungen gegenüber dem Politischen und Politik insgesamt ziemlich verdampft. Konsum und die Vermehrung von individuellen Optionschancen sind die dominierenden Leitbilder des globalisierten Liberalismus geworden. Daneben erleben wir die Zunahme sozialer Distinktion und Differenzierung, das Abschmelzen sozialversicherungspflichtiger Normalarbeit, wachsende Prekarisierung und Ausweitung von Arbeitsverhältnissen im Niedriglohnbereich, gespeist auch davon, dass es viele Menschen gibt, denen aus Angst vor dem Verlust von Anerkennung und Lebenssinn jede Arbeit lieber ist als keine. Folgen sind eine „entideologisierte“ Politik, in der sich scharf konturierte politische Lager auflösen und eine sich entpolitisierende Gesellschaft. Die Milieus quasi „naturwüchsiger“ Politisierung werden kleiner. Vor allem einkommensschwache und „bildungsferne“ Teile der Bevölkerung verabschieden sich zunehmend aus der aktiven Teilhabe an der Demokratie. Als homo religiosus sah Joseph Ratzinger im Marxismus noch in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts „etwas von der Urgewalt des alttestamentlichen Messianismus“, „ein religiöses Pathos, das die weithin heimatlos gewordenen religiösen Energien vieler Menschen mit geradezu magnetischer Kraft an sich“ zöge. Diese säkularisierten religiösen Energien, der viel beschworene utopische Überschuss - durchströmte der vor 1989, über marxistische und sozialistische Parteien im engeren Sinne hinaus, nicht auch weite Teile des Politischen überhaupt? Auch die Gewerkschaften, die Ökologie- und Friedensbewegung bis in die Bürgerbewegungen der DDR-Opposition? Die friedliche Revolution von 1989 und der Zusammenbruch der realsozialistischen Systeme des Ostblocks haben unübersehbar deren Opfer und Repressionsgehalt offen gelegt. Andererseits fasste Bärbel Bohley ihre Ernüchterung angesichts der bundesdeutschen Nachwende-Entwicklung in dem Satz zusammen: „Wir wollten Gerechtigkeit und haben den Rechtsstaat bekommen“. 25 Jahre nach der friedlichen Revolution von 1989 wollen wir fragen, was diese Entwicklungen für Politik und politische Bildung bedeuten. Wir wollen die Veränderungen in den Blick nehmen und diskutieren. Welche Chancen und Herausforderungen entstehen aus der utopischen Entladung des Politischen und der Dominanz der Ökonomie für Politik, Gewerkschaften und die außerschulische politische Bildung? Wie kann politische Bildung - insbesondere für Jugendliche - unter den veränderten Rahmenbedingungen Orientierung und Sinnbezüge erschließen? Wie lassen sich im Rahmen von Bildungsarbeit in unserer hochindividualisierten Gesellschaft, in der das Streben nach Glück und Erfolg zunehmend atomisiert auf den engsten persönlichen Nahraum bezogen wird, Horizonte eröffnen, die die sinnstiftende Bedeutung von Fragen nach gesellschaftlicher Teilhabe und Solidarität, nach dem gutem Leben und guter Arbeit erfahrbar machen? Wie lassen sich politische Beteiligungsbereitschaft und Handlungsfähigkeit stärken? Programm Teil I.: Bestandsaufnahmen Freitag, 15.30 Uhr bis 22.00 Uhr ab 15:30 Uhr Anreise / Organisatorisches / Kaffee 16:00 Uhr Begrüßung Dr. Martina Panke (Leiterin der DGB-Jugendbildungsstätte) Programmpräsentation / Vorstellung der Referent/inn/en Ulrich Schnauder (DGB-Jugendbildungsstätte) Bedeutungswandel – Politik und das Politische vor und nach 1989 Ulrike Poppe (Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur ) 18:30 – 19:30 Abendessen Das Ende der politischen Generationen? Albrecht von Lucke (Redakteur, Blätter für deutsche und internationale Politik) Ausklang in der Kneipe Teil II: Politische Bildung Samstag 09.00 – 12:30 Uhr Politische Bildung für „Unpolitische“? Prof. Dr. Benno Hafeneger (Universität Marburg) Ansätze gewerkschaftlicher, „arbeitspolitischer“ (Jugend)Bildung Dr. Julika Bürgin (Politik- und Bildungswissenschaftlerin) Mittagessen (12:30 Uhr bis 13:30 Uhr) Teil III: Politik und Politische Bildung Samstag, 13:30 bis 16:00 Uhr Podiumsgespräch: Warum und wofür politische Bildung? Mit Gästen aus Gewerkschaften und Politik. Jürgen Weißbach (langjähriger Vorsitzender DGB Sachsen-Anhalt), Dr. Philipp Lengsfeld MdB CDU, Ina Muhß MdL SPD, Daniel Wucherpfennig (DGB BerlinBrandenburg), Dr. Gerrit Große MdL Linke (angefragt), Jörg Gehrmann (Bürgermeister Wittstock) (angefragt). Abschluss: Auswertung und Rückkopplung mit den Teilnehmenden Die Veranstaltung wird gefördert von der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung