Friedrich-Schiller-Universität Jena WiSe 10/11 Quantenmechanik II – Aufgabenblatt 10 Abgabe: 14. Januar 2011 Diskussion der Lösungen: 19./20. Januar 2011 (19) Streuung an 1/r 2 -Potential (5 Punkte) Wird ein Teilchen an einem Zentralpotential V (r) gestreut, so erhalten die einzelnen Partialwellen im auslaufenden Anteil der Wellenfunktion eine Phasenverschiebung δℓ . Die ℓ) Partialwelle hat dort die asymptotische Form ∼ sin(kr−ℓπ/2+δ . Die Streuamplitude f (ϑ) kr ergibt sich mittels dieser Streuphasen zu f (ϑ) = 1X (2ℓ + 1) eiδℓ sin δℓ Pℓ (cos ϑ). k ℓ≥0 Im weiteren soll das Potential von der Form V (r) = α r2 sein. (a) Berechnen Sie die Streuphasen δℓ für dieses Potential. Möglicherweise ist dabei nützlich, die Schrödingergleichung zur ℓ-ten Partialwelle zu betrachten. Hinweis: Sie dürfen annehmen, dass eine eindeutige analytische Fortsetzung der sphärischen Besselfunktionen jℓ (r) für ℓ ∈ R existiert. (b) Nehmen Sie an, dass α so klein ist, dass man Terme der Ordnung α2 in der Streuamplitude vernachlässigen kann. Berechnen Sie den differentiellen Wirkungsquerschnitt für diesen Fall. (c) Berechnen Sie alternativ den differentiellen Wirkungsquerschnitt nun in Bornscher Näherung und vergleichen Sie die Resultate. Hilfsformeln: P ℓ≥0 Pℓ (cos ϑ) = (2 sin ϑ −1 ) , 2 R∞ 0 sin(αr) r = π 2 (20) Streulänge und effektive Reichweite (6 Punkte) Für kleine Energien ist die s-Wellen-Streuung dominant. Für die Streuphase δℓ=0 (k) gilt dann näherungsweise 1 k2 k cot δ0 (k) ≃ − + r0 , a 2 wobei a als die Streulänge und r0 als die effektive Reichweite bezeichnet werden. Diese wichtige Relation soll im Folgenden hergeleitet werden. Für die Streuung an einem Zentralpotential V (r) ergab sich als radiale Schrödingergleichung der Wellenfunktion ψℓm (r) = uℓr(r) Yℓm (ϑ, ϕ) in der ℓ-ten Partialwelle 2 d ℓ(ℓ + 1) 2 +k − uℓ (k, r) = U(r)uℓ (k, r), dr 2 r2 wobei k 2 = 2mE/~2 und U(r) = 2mV (r)/~2 ist. uℓ (k, r) hat die asymptotische Form uℓ (k, r → ∞) ∼ sin(kr − ℓπ/2 + δℓ ) und uℓ (k, r)/r ist im Ursprung regulär zu wählen. (a) Betrachten Sie die radiale Schrödingergleichung im Fall ℓ = 0 für die zwei verschiedenen Energien k 6= 0 und k = 0. Zeigen Sie durch geeignete Umformung, dass mit v(r) := uℓ=0 (k, r) und v0 (r) := uℓ=0 (k = 0, r) für die Wronski-Determinante W (v, v0 ; r) := v(r)v0′ (r) − v0 (r)v ′(r) die Beziehung gilt d W (v, v0 ; r) = k 2 v(r)v0 (r). dr (I) (b) Die zu den v und v0 gehörenden asymptotischen Wellenfunktionen v ∞ und v0∞ , also v(r → ∞) = v ∞ (r) und v0 (r → ∞) = v0∞ (r), genügen offensichtlich der radialen Schrödingergleichung zum Potential V = 0 und erfüllen daher eine zu (I) analoge Relation, die wir mit (II) bezeichnen. Zeigen Sie, dass aus (I) und (II) die Integralbeziehung Z ∞ 2 dr (vv0 − v ∞ v0∞ ) (III) W (v, v0 ; r = 0) = k 0 folgt. (c) Wählen Sie zur Auswertung der letzten Relation die in v ∞ (r) freibleibende Normierungskonstante so, dass v ∞ (r = 0) = 1 wird. Zeigen Sie, dass sich aus (III) mit der Definition der Streulänge − a1 := limk→0 k cot δ0 (k) die sogenannte Bethe-Formel Z ∞ 1 2 dr (v ∞ v0∞ − vv0 ) k cot δ0 (k) = − + k a 0 ergibt, welche eine exakte Beziehung darstellt. (d) Zeigen Sie, dass für k → 0 (d.h. unter Vernachlässigung des k 2 -Terms in der BetheFormel) der totale Streuquerschnitt durch σ = 4πa2 gegeben ist. Im Grenzfall kleiner Energien spielt sich der Streuquerschnitt also so ab, als ob alle Teilchen von einer Kugel mit dem Radius a, der Streulänge, gestreut würden. (e) Für kleine k lassen sich in erster Näherung v(r) durch v0 (r) und v ∞ (r) durch v0∞ (r) ersetzen. Geben Sie den entstehenden Ausdruck für die effektive Reichweite r0 an. Überzeugen Sie sich durch Skizzieren der Wellenfunktionen v0 und v0∞ für ein Kastenpotential mit der Reichweite R0 , dass die definierte Größe r0 mit R0 vergleichbar ist.