Harn

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1. Harngewinnung
Grundsatz: Harnabnahme sollte soweit wie möglich steril erfolgen, da Verunreinigungen und Keime
die Untersuchungsergebnisse verfälschen können.
▪ Spontanurin (NICHT geeignet für Harnkultur)
- z.B. mit „Gießener Kelle“
- Kontamination aus Urethra und Genitaltrakt möglich
- wenn möglich Mittelstrahl auffangen (weniger Kontamination)
- provozierter Harnabsatz durch z.B. ausmassieren der Blase
Vorsicht: Urin kann ins Nierenbecken hochgedrückt werden (Gefahr einer Infektion);
bei geschädigter Harnblase besteht Rupturgefahr
▪ Katheterurin
- Entnahme mit sterilen (Einmal-) Kathetern
- Kontamination aus Urethra möglich
- bei Katzen meist nicht ohne Sedation durchführbar
▪ Zystozentese
- schonende Art beim Kleintier
- sterile Probe
GUT geeignet für bakteriologische Untersuchung
- keine Kontamination (außer Erythrozyten)
- Vorsicht insbesondere bei Katzen und Kaninchen: übervolle Blase kann rupturieren!
Begriffserklärung
•
Polyurie: erhöhtes Harnvolumen (durch erhöhte Harnproduktion),
Harnabsatzmenge > 50 ml/kg/d (> 2 ml/kg KGW/h)
•
Oligurie: vermindertes Harnvolumen (< 0,5 ml/kg KGW/h)
•
Nykturie: Urinabsatz in der Nacht; Verlust der Stubenreinheit
(Achtung: Hinweis auf Polyurie)
•
Dysurie: Urinabsatz erschwert, evtl. schmerzhaft (Algurie),
mit Harnzwang (Strangurie)
•
Pollakisurie: Urinabsatz häufig ohne entsprechende Blasenfüllung
•
Hämaturie: Blut im Urin (mit Rotfärbung = Makrohämaturie)
Ohne makroskopische Rotfärbung aber Nachweis im Sediment oder mit Teststreifen =
Mikrohämaturie)
•
Pyurie: Eiter im Urin (milchig-eitrige Trübung)
Konservierung
- Lichtschutz
- Kühlung: 2-8°C
 Haltbarkeit einige Stunden
 Wichtig: dicht verschlossenes Gefäß!
- Gekühlte Proben vor Untersuchung auf Raumtemperatur bringen
 Teststreifen sind temperaturabhängig
--> spezifisches Gewicht temperaturabhängig
Kältepräzipitate lösen sich wieder
2. Harnstatus
Urinuntersuchungen können in folgende Gruppen unterteilt werden:
1) Physikalische Untersuchung
2) Biochemische Untersuchung
3) Spezifisches Gewicht
4) Untersuchung des Sediments
5) Bakteriologische Untersuchung
1) Physikalische Untersuchung
Farbe: physiologisch: hellgelb bis braungelb
Trübung: physiologisch: klar, trüb (Pferd)
Geruch: „artspezifisch“
Pflanzenfresser: aromatisch
Fleisch-/Allesfresser: stechend, unangenehm, scharf
Konsistenz: wässrige Konsistenz
Achtung: Pferd, Kaninchen, Meerschweinchen: schleimig- fadenziehend
2) Biochemische Untersuchung
ph- Wert: Teststreifen, ph- Meter, Indikatorpapier
Eiweiß: Teststreifen (Tetrabromphenolblau- Methode), weniger angewendet wird heute die
Proteinfällung durch Sulfosalizylsäure (10-20%)
Falsch positive Ergebnisse: stark alkalischer Urin (Pferd)
Glucose: Teststreifen (meist Glukoseoxigenase(GOD)- Peroxidase(POD)Wasserstoffdonator(D)- Methode)
Ketonkörper: Teststreifen, Testtabletten (entspricht der Legal- Probe). Es wird kein ßHydroxybutyrat bestimmt!
Hämoglobin: Teststreifen; keine Unterscheidung von Hämoglobin, Blut und Myoglobin. Eine
exakte Differenzierung von Myoglobin und Hämoglobin ist durch die Spektroskopie möglich.
Bilirubin: Teststreifen, Testtabletten; Beim Hund (Rüden) werden geringe Mengen an
Bilirubin auch bei gesunden Tieren gefunden, ohne dass dies Krankheitswert hat.
Urobilinogen: Teststreifen; beim Tier nicht sicher auswertbar
Nitrit: Teststreifen; beim Tier nicht sicher auswertbar
Leukozyten: Teststreifen; beim Tier nicht sicher auswertbar
3) Spezifisches Gewicht
Indikation: Prüfung der Konzentrationsfähigkeit der Nieren, insbesondere bei Polyurie (sehr wichtiger
Test!), Ankaufsuntersuchung, Vorsorgeuntersuchung
Methode:
• Refraktometer; Messprinzip: Fällt ein Lichtstrahl durch eine Lösung, so wird er je nach Zahl
und Art der gelösten Stoffe gebrochen. Durch die Bestimmung des Brechungsindex
(Vergleich mit der Lichtbrechung zu destilliertem Wasser kann das SG ermittelt werden.
Vorteil: benötigt nur wenige Tropfen Urin, einfache Handhabung
• Senkspindelmethode: Methode heute überholt, Urin muss vor der Messung zentrifugiert
werden, angegebene Temperatur (20- 25℃) einhalten, Senkspindel muss frei schwimmen,
größere Urinmengen nötig
• Teststreifen: in der Veterinärmedizin keine gute Korrelation zum Refraktometer; Teststreifen
hier nicht aussagekräftig
4) Mikroskopische Untersuchung
Für die mikroskopische Harnuntersuchung eignet sich nur frischer Urin (<30min).
Sedimentherstellung:
- 5 (10) ml frischer Urin
- Zentrifugation 2000g, 5 min.
- Überstand dekantieren
- Sediment aufschütteln
- 1 Tropfen auf Objektträger
- Deckgläschen
- Mikroskopieren
 400fache Vergrößerung
Eine quantitative Untersuchung kann mit der Pflaumer- Kammer durchgeführt werden.
Mikroskopie:
Zellen:
Kristalle:
Zylinder:
Bakterien:
Sonstiges:
Erythrozyten, Leukozyten, Plattenepithel, Nierenepithel, Übergangsepithel,
Tumorzellen
Ammonium- Magnesium- Phosphat (Tripelphosphate, Struvit )
Kalziumoxalat- Dihydrate
Kalziumoxalat- Monohydrate
Ammoniumurate
Kalziumcarbonate
Cystin
hyaline Zylinder
granulierte Zylinder
Kokken, Stäbchen
Fetttröpfchen, Spermien, Hefen
Sediment:
Leukozyten:
physiologisch: < 5/ 400er Gesichtsfeld
Erythrozyten: physiologisch: < 5 Erys / 400er Gesichtsfeld
sonst Pyurie
sonst Hämaturie
Zellen:
A
B
C
Aus: A. Moritz, I. Schwendenwein, W. Kraft, Harnapparat in: Klinische Labordiagnostik in der Tiermedizin, 7. Auflage; Seite 454
A) Plattenepithelzelle:
B) Nierenepithelzellen:
C) Übergangsepithel:
Polygonal, sehr kleinen Kern Aus Vagina, Praeputium
ca. 1/3 größer als Leukozyten, kubisch, relativ großer Kern, ganz
vereinzelt physiologisch
2- 4 fach größer als Leukozyten, oval, länglich, birnenförmig, kleiner
Kern, aus den harnableitenden Wegen  Vereinzelt physiologisch
Zylinder:
A
*
B
*
*Aus A. Moritz, I. Schwendenwein, W. Kraft, Harnapparat in: Klinische Labordiagnostik in der Tiermedizin, 7. Auflage; Seite 459
A)
B)
hyaline Zylinder (Protein):
vereinzelte physiologisch;
vermehrtes Auftreten  renale Proteinurie Nephritis
granulierte Zylinder (Protein, Zellen):
vermehrtes Auftreten  Hinweis auf Pyelonephritis
Kristalle:
www.laboklin.de
A
A)
B)
C)
B
C
Struvit (Magnesium Ammonium Phosphat) (Synonym: Tripelphosphat)
typische “Sarkdeckel”-Form, farblos
Ca-Oxalat-Dihydrat (Weddellit), typische „Briefkuvert“- Form, farblos
Ca-Oxalat-Monohydrat (Whewellit), hantelförmig, längsoval, ellipsoid, farblos
www.laboklin.de
D
D)
E)
F)
E
F
Ammoniumurate: häufig bei Dalmatiner; Hinweise auf Leberfunktionsstörung bei anderen
Rassen, typische radialstrahlige, kugelige Kristalle mit braunroter Färbung
Cystin: sechseckig, farblos
Kalziumcarbonate: zahlreiche beim Pferd physiologisch: amorph, kleine Kugeln, Hanteln,
Scheiben, sternenförmig
5) Bakteriologische Untersuchung
Indikation:
Material:
Prinzip:
Verdacht auf bakterielle Infektion der Nieren oder/und Harnwege,
rezidivierende Harnwegsinfektionen
frischer Zystozenteseurin, steril entnommener Katheterharn
- mikroskopische Sedimentuntersuchung auf Mikroorganismen als Suchmethode
(kann eine Harnkultur keineswegs ersetzen!)
- Anzüchtung der Keime auf Nährböden
- Teststreifen
- Ausstrichverfahren
Keimzahlbestimmung:
Objektträgerkultur- oder Eintauchobjektträgerverfahren
Testtreifen mit kombinierten Trockennährböden
(Inkubationszeit: 12 – 18h)
(1000 Keime/ml = Kontamination ; 10000- 100000 Keime/ml = zweifelhaft ; >100000 Keime/ml = Infektion)
Gram- Färbung
1 Keim pro Gesichtsfeld (500- fache Vergrößerung)= positiv
Vorteil: Die Auswertung kann umgehend erfolgen.
Keimidentifizierung und Resistenztest
Mind. ein Universalnährboden (Blutagar) und ein Selektivnährboden
semiquantitative Bewertung mit Eintauchnährböden (z.B. Uricult®):
Dazu werden die beidseitig mit verschiedenen Nährböden beschichteten
Objektträger kurz in den Harn getaucht und anschließend in den
Aufbewahrungsbehälter zurückgegeben. Inkubation 16-20h bei 35- 37°C.
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