Herz und Lungen bei Morbus Bechterew

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MEDIZIN
Herz- und Lungen-Beteiligung
beim Morbus Bechterew
von Dr. Mahnaz Momeni, Dr. Nora Taylor und Dr. Mahsa Tehrani,
George-Washington-Universität, Washington DC, USA
Herzbeteiligung beim Morbus Bechterew
Bei etwa 2–10% der Patienten ist der Morbus Bechterew mit einer Herz-Erkrankung
verbunden. Dabei handelt es sich häufig um
eine Entzündung der Aorta (der Hauptschlagader, die vom Herzen wegführt). Auch
Reizleitungs-Störungen, undichte Herzklappen und eine Erkrankung des Herzmuskels
kommen bei Morbus-Bechterew-Patienten
häufiger als in der Allgemeinbevölkerung
vor, oft zunächst ohne dass sie Beschwerden bereiten.
Erkrankung der Herzklappen:
Eine Erkrankung der Aorta-Wurzel1 oder der
zugehörigen Herzklappe kommt als Spätfolge des Morbus Bechterew vor, kann aber
auch den Gelenkbeschwerden vorausgehen.
Es handelt sich um einen Entzündungsprozess, der zur Gewebeverdickung im Bereich
der Aorta-Wurzel und im Gefolge zu einer
geringeren Beweglichkeit der Aorta-Herzklappe und zum Blutrückfluss an dieser
Klappe führt.
Reizleitungs- und Rhythmusstörungen
Störungen der Reizleitung im Herzen, die
den Herzrhythmus steuert, gehören zu den
häufigsten Herz-Manifestationen beim
Morbus Bechterew. Im EKG (Elektrokardiogramm) erkennt man einen „AV-Block“
(atrioventrikulärer Block: teilweise oder
vollständige Blockierung der Reizleitung
zwischen Vorhof und Hauptkammer des
Herzens).
DIK u.a. fanden 2010 bei Morbus-Bechterew-Patienten häufiger als in der Allgemeinbevölkerung einen AV-Block ersten
Grads und eine Zunahme seiner Häufigkeit
mit der Krankheitsdauer. Sie fanden aber
auch einen AV-Block bei HLA-B27-positiven
Personen, die nicht an einer entzündlichrheumatischen Krankheit litten.
TOUSSIROT u.a. fanden 1999 bei Morbus-Bechterew-Patienten Störungen im
autonomen Nervensystem, z.B. eine geringe
aber statistisch signifikante Erhöhung der
Herzfrequenz, vor allem bei erhöhten Entzündungs-Laborwerten (Blutsenkungsgeschwindigkeit oder CRP). Sie fanden auch
eine geringere Fähigkeit, einen konstanten,
von der Position (liegend oder stehend)
unabhängigen Blutdruck aufrechtzuerhalten. Sie vermuteten, dass damit auch die
Reizleitungs- und Herzrhythmusstörungen
zusammenhängen.
Es ist wichtig, dass solche Störungen
rechtzeitig entdeckt (und dann behandelt)
werden, z.B. mit Hilfe eines 24-StundenLangzeit-EKGs oder einer Ultraschalluntersuchung des Herzens. Eine andere Möglichkeit im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen ist die Fahndung nach einer „QT-Dispersion“ im EKG (Streuungen in der Dauer
der Zusammenziehungs- und Erschlaffungsphase der Herzkammern). Eine solche
Streuung ist mit dem Risiko von Herzrhythmusstörungen verknüpft.
Herzmuskel-Erkrankungen
Eine Fehlfunktion des Herzmuskels bei
Morbus-Bechterew-Patienten zeigt sich in
diastolischen Unregelmäßigkeiten (Diastole
ist die Phase der Erschlaffung des Herzmuskels, während der sich die Herzkammern
mit Blut füllen). Bei Ultraschalluntersuchungen zeigt sich dies durch eine geringere Blutflussgeschwindigkeit am Anfang der
Herzkammerfüllung und eine höhere
Geschwindigkeit gegen Ende der Füllung.
GOULD u.a. berichteten 1992, dass die
maximale Füllung der Herzkammern bei
Anstrengung und die Zeitdauer dieser Füllung bei Morbus-Bechterew-Patienten im
Mittel niedriger sind als bei Vergleichspersonen. Diese Befunde weisen auf eine verminderte diastolische Funktion des Herzens
hin.
Durch Bestimmung der „koronaren
Flussreserve“ (CFR) kann man die Funktion
der Herzkranzgefäße beurteilen, die den
Herzmuskel mit Blut versorgen. Die korona-
re Flussreserve ist auch ein Vorhersagefaktor
für eine Arteriosklerose (Verengung der
Herzkranzgefäße). CALISKAN u.a. berichteten 2008 von einer erniedrigten koronaren
Flussreserve bei Morbus-Bechterew-Patienten, die sie mit Ultraschall untersuchten,
und zwar vor allem bei Patienten mit erhöhten Entzündungs-Laborwerten (CRP und
das Zytokin TNF-alpha). PETERS u.a.
berichteten 2010, dass ein Herzinfarkt (auf
Grund einer Mangeldurchblutung der Herzkranzgefäße) in einer Gruppe von 17 Morbus-Bechterew-Patienten 2 bis 3 mal häufiger war als in der Allgemeinbevölkerung,
und zwar unabhängig von der antirheumatischen Therapie.
Die Frage, was beim Morbus Bechterew
zu häufigeren Herzerkrankungen führt und
was man dagegen tun kann, bedarf weiterer
Forschung.
Lungenbeteiligung beim Morbus Bechterew
Auch bestimmte Lungenerkrankungen
sind beim Morbus Bechterew häufiger als
in der Allgemeinbevölkerung. Darüber
wurde erstmals 1941 berichtet in einem
Artikel, der von 20 Morbus-BechterewPatienten berichtete, von denen zwei „eine
ausgeheilte apikale Tuberkulose” (Tuberkulose in den oberen Lungenspitzen) hatten.
Zu den Begleiterkrankungen in der
Lunge beim Morbus Bechterew gehören
• Oberlappen-Fibrose (Bindegewebsvermehrung in den oberen Segmenten der
Lunge),
• i n t e r s t i t i e l l e Lu n g e n e rk ra n k u n g
(Erkrankung des Lungenstützgewebes),
• Kurzatmigkeit durch Einschränkung
der Brustkorbbeweglichkeit,
• Schlaf-Apnoe (vorübergehendes Aussetzen der Atmung während des
Schlafs), und
• Pneumothorax (zwischen Lunge und
Rippenfell eingeschlossenes Gas, das
die Lunge einengt).
) Wiederholt verwendete Fremdwörter werden in der Tabelle rechts nochmals erklärt
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Nr. 119 | Dezember 2013
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