NEUROBIOLOGIE UND GENETIK BEI AUTISMUS Dr. Christoph Göttl Ätiologie und Pathogenese des Autismus Soziale Wahrnehmung in der Neurobiologie ¨ Genetik ¨ Soziale Wahrnehmung Soziale Wahrnehmung ¨ ¨ Initiale Momente der Wahrnehmung, die es uns erlauben, die Intention einer anderen Person wahrzunehmen und ihre geplanten Handlungen vorherzusehen Geprüft wird die Art des ¤ Blicks ¤ Gangs ¤ Der ¨ gesamten Körpersprache einer Person Ergebnis: ¤ Theorie über die Intentionen ¤ Die geplanten Handlungen ¤ Aber auch ihren Charakter, ihre Stimmung, ihre Persönlichkeit Neurobiologische Entwicklung Wie erkennt das Gehirn eines gesunden und eines autistischen Menschen soziale Stimuli? ¨ Ein Mensch geht... ¨ ¤ Schuldig ¤ Stolz ¤ Depressiv ¤ Fröhlich ¤ Etc. ¨ Das Gehirn analysiert diese Informationen Das soziale Gehirn des Menschen ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Identifizierung der Person Wahrnehmung der Interaktion Wahrnehmung der Intention Wahrnehmung des emotionalen Status Wahrnehmung der Motivation Wahrnehmung der Aufmerksamkeit Wahrnehmung der Wahrnehmung einer anderen Person Führen zu einer Hypothese über die Glaubenssätze und Persönlichkeit einer anderen Person Zeitliche Entwicklung dieser Module Neugeborene sind in der Lage, andere Menschen spezifisch zu identifizieren ¨ Kurz nach Geburt: Wahrnehmung der Interaktion ¨ Innerhalb des 1.Lj.: Wahrnehmung der emotionalen Situation des Gegenübers ¨ 1.-1.5.Lj.: Wahrnehmung der Intention und Motivation des Gegenübers ¨ 3.-4.Lj.: Repräsentation anderer Person im eigenen Gehirns: was denkt der Andere? Was glaubt er? ToM ¨ Theory of Mind Ziel: Beeinflussung des Glaubens und Wahrnehmens des Gegenübers ¨ Dann können wir beginnen zu verstehen, wie und warum Andere sich so verhalten, wie sie es tun ¨ Unsere Hypothese über das Warum des Verhaltens des Gegenübers ist keine Wahrnehmung ¨ Aber wir verstehen, dass Andere handeln auf der Basis ihres Konzepts der Realität, nicht unseres ¨ Welche Teile des Gehirns erlauben uns diese Funktionen? Wie arbeiten sie zusammen? ¨ Wie sind sie gestört im Autismus als soziale Informationsverarbeitungsstörung ¨ Beteiligte Regionen Superiorer temporaler Sulcus (STS) (direkt über dem Ohr) ¨ Amygdala als mittlere limbische Struktur ¨ Orbitofrontaler Kortex ¨ Ventraler Temporallappen: Gesichtserkennung ¨ Soziales Gehirn VLPFC = ventrolateraler präfrontaler Cortex, IPL = inferiorer Parietallappen, STS = superior temporal sulcus, OFC = orbitofrontaler Cortex, MPFC = Medialer präfrontaler Cortex, EBA = extrastriatales Körperareal, AMY = Amygdala, FFA = fusiformes Gesichtsfeld Emotionales Gehirn Scannen der Augenregion des Gegenübers Fehlendes spontanes Blicken auf die Augen des Gegenübers ¨ Eye tracker: ¨ Scannen der Augenregion des Gegenübers ¨ Ab 5.-7.Lebenswoche beginnen Babys, intensiv die Augenregion des Gegenübers zu scannen ¨ High functioning Autisten: auch als Erwachsene scannen sie die Augenregion nicht wie schon Babys in der 5.Lw. ¨ Wie scannen Neurotypische Gesichter? Gesichterscan: Aktivierung im Gehirn bei Neurotypischen Wohin schauen Autisten? ToM und Augenscanning Schaut eine Person woanders hin, als sie ihre Hand führt, verstehen wir Gesunde z.B.: er hätte gerne das Andere ¨ Autisten verstehen das nicht ¨ ToM und Augenscanning Entwicklungsverzögerte Kinder können sehr gut ToMAufgaben verstehen ¨ Autisten nicht ¨ Biologische Bewegung Gehirnregion versucht biologischer von nicht biologischer Bewegung zu unterscheiden ¨ Im MR unterschieden an Film mit Gangbild eines Menschen und einer Standuhr mit Pendel ¨ Biologische Bewegung: P5 und STS Posteriorer superiorer temporaler Sulcus Reagiert stark auf biologische Bewegungen, nicht aber auf mechanische ¨ P5: 1-2cm hinter dem STS reagiert stark auf jede Bewegung, biologische wie nicht biologische ¨ P5 erkennt Bewegung und fragt dann STS: biologisch oder nicht? Autisten: P5 in Ordnung, STS nicht Versuchsanordnung Intention für fMRI ¨ ¨ Film: eine Person sitzt, ein Schachbrett kommt ins Sichtfeld. Normalerweise würde jede Person nach dem Schachbrett sehen, die Person im Film sieht aber weg. Mit diesem Test wird überprüft, ob ein Gehirn in der Lage ist, ein Erwartung zu unterscheiden von überraschenden Reaktionen (ToM) Neuronen sind von Geburt auf gebahnt, zu erwarten, dass Personen Dinge ansehen, die neu ins Gesichtsfeld kommen Dr. Pelphrey Yale Katleen schaut auf eine rote Tasse, die vor ihr steht und sagt erfreut „Ohh!“. Dann schaut sie auf die andere Seite des Tisches, auf der eine grüne Tasse steht und sagt voller Abscheu: „Yak!“ Sie greift über den Tisch und nimmt die grüne Tasse, um aus ihr zu trinken. Inkongruenz ¨ Dies ergibt aufgrund der Überraschung eine zusätzliche Aktivierung des STS in der rechten Gehirnhälfte im posterioren Anteil bei Gesunden. ¨ Soziales Netzwerk Und Autisten? Zeigen keinen Unterschied zwischen der roten und der grünen Tasse, ¨ Das bedeutet, sie formen keine Handlungserwartung aufgrund der Abscheureaktion Katleens. ¨ Die Aktivierung des STS ist in diesen Fällen ident! ¨ Allerdings: innerhalb der Autisten gab es deutliche Unterschiede im Schweregrad der fehlenden Reaktion. ¨ STS und ADI-R Der Schweregrad der fehlenden Aktivierung im STS korrespondiert mit dem Schweregrad im ADI-R ¨ Er gibt also eine biologisch messbare Beeinträchtigung, die mit dem psychosozialen Schweregrad einhergeht ¨ Diese Studie konnte bislang dreimal in verschiedenen Laboratorien repliziert werden, was bei Autismusforschung eine Sensation ist. ¨ Genetik Nur 20.000 Gene sind für das Gehirn zuständig ¨ Daher sind die allermeisten Prozesse epigenetisch ¨ Oder durch Genpolymorphismen bestimmt ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Genpolymporphismus des Serotoninstoffwechsels ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Lange oder kurze Allele 4 Allele bei 2 pro Chromosom Monoaminoxidase A-Gen Serotonintransportergen Serotonin-1a-Rezeptorgen Combd-Gen TryptophanHydroxylasegen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Allele steuern die Stressempfindlichkeit auf genetischer Ebene ¨ ¨ ¨ ¨ Kurze Allele im Serotonintransportergen machen uns empfänglich für frühkindlichen Stress Zwei kurze Allele machen empfindlicher als ein kurzes Allel Vulnerabilität für schädigende Umwelteinflüsse Stärkere Amygdalaaktivität Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Limbisches System Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Anlage und Umwelt Kommen kurze Allele und schädigende Umwelteinflüsse zusammen, potenziert sich das schädigende psychiatrische Ergebnis ¨ Angsterkrankung, Depression, Borderline und psychische Traumatisierung sind Folgen dieser Kombination ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Serotonintransporter Autisten zeigen gehäuft eine Allelvariation im Serotonintransportergen (Weiss et al 2004) ¨ bei 60% der Patienten mit ASS findet sich ein erhöhter Serotonin-Blutspiegel aufgrund vermehrter Aufnahme und Speicherung (Stereotypien, Rituale, rigides Verhalten) ¨ Das Serotonintransportergen spielt eine Rolle für verschiedene Teile des sozialen Gehirns, u.a. die Amygdala ¨ Serotonintransportergen Kurz-Kurz und Autismus kombiniert ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Kurz-kurz: höhere Amygdalaaktivität Ist gleich: mehr panische Irritabilität und Aggression Dysfunktion des rechten posterioren STS ist stärker bei einem, noch stärker bei zwei kurzen Allelen des Serotonintransportergens (Pelphrey) Schlechtere ADI-Scores und schlechtere soziale Funktionen bei kurzen Allelen Keine Korrelation mit Intelligenz Keine Korrelation mit Sprachentwicklungsstörung Autismus: Unteraktivation im fusiformen Gesichtsfeld VLPFC = ventrolateraler präfrontaler Cortex, IPL = inferiorer Parietallappen, STS = superior temporal sulcus, OFC = orbitofrontaler Cortex, MPFC = Medialer präfrontaler Cortex, EBA = extrastriatales Körperareal, AMY = Amygdala, FFA = fusiformes Gesichtsfeld Gyrus fusiformis Sehen Autisten Menschen als Objekte? ¨ Sehen autistische Kinder ihre Mütter als Gegenstände? ¨ Erkennen zwischen Strukturen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at STS Gesichter und Objekterkennung Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Objekte: Gyrus temporalis inferior dexter Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Gyrus fusiformis und rechter anteriorer Sulcus temporalis superior Aber: Wenn das fusiforme Gesichtsfeld durch Scannen der Augenregion aktiviert wird, ¨ Autisten aber die Augenregion gar nicht scannen, ¨ Dann ist die statistische Unteraktivation des fusiformen Gesichtsfelds kein Anzeichen seiner Gestörtheit, ¨ Sondern Anzeichen des Nicht-Bedient-Werdens. ¨ Gehirnregionen, die nicht verwendet werden, werden nicht gebahnt bishin zu abgebaut. ¨ Ontogenese In den ersten Lebensjahren wächst das Gehirn auf das zweieinhalbfache seiner Größe bei Geburt ¨ Dieses Wachstum hält bis zum 2.Lj. An ¨ Während dieser postnatalen Phase sind jene Hirnareale, die am schnellsten wachsen, hoch empfindlich für den Einfluss externer Reize ¨ Die wichtigste Quelle externer Reize stellt die primäre Bezugsperson dar ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Evolution: Elimination der fertigen Programme ¨ ¨ ¨ ¨ Möglichst wenige fertige Programme Optimales Hineinlernen in die Umwelt Interaktion zwischen Aufbau des Gehirns während gleichzeitigem Lernen daher: Hirn baut sich in die Umwelt hinein Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Erlebnisabhängige Hirnentwicklung Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Ontogenese ¨ ¨ ¨ ¨ Das Hirn baut sich in die Umwelt hinein Die wichtigste Umwelt ist die Bezugsperson Die wichtigste Interaktion mit der Bezugsperson ist die Beziehung Die Qualität der Beziehung ist Steuerinstrument für die Gehirnentwicklung ab Geburt Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Ontogenese ¨ Im Alter von 2-7 Monaten ist ein nicht zu unterschätzender Bereich des gesamten affektiven Spektrums des Kindes nur in Gegenwart einer Bezugsperson in der Interaktion möglich: ¤ Aufmerksamkeitssteuerung ¤ Neugier ¤ Kognition Also gesichert im Dopaminsystem ¨ Serotoninsystem siehe maternaler Effekt der PTSD ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Ontogenese ¨ In ihrer Funktion als psychobiologischer Regulator des unreifen kindlichen psychobiologischen Systems beeinflusst die Interaktion mit der Bezugsperson direkt die biochemischen Wachstumsprozesse im Gehirn Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Nicht verwendetes fusiformes Gesichtsfeld bei Autisten ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Wenn das fusiforme Gesichtsfeld durch Scannen der Augenregion aktiviert wird, Autisten aber die Augenregion gar nicht scannen, Dann ist die statistische Unteraktivation des fusiformen Gesichtsfelds kein Anzeichen seiner Gestörtheit, Sondern Anzeichen des NichtBedient-Werdens. Gehirnregionen, die nicht verwendet werden, werden nicht gebahnt bishin zu abgebaut. Manipulation der Augenbewegung ¨ Bislang klar: Scannen der Augenregion führt zur Aktivierung des fusiformen Gesichtsfelds ¨ ¨ Wenn Gesunde dazu angehalten werden, die Nase zu fixieren, wird ihr Gyrus fusiformis ebenfalls nicht aktiviert Im Vergleich: free viewing, low scanning, medium und high (32-56% der Zeit werden mit der Augenregion verbracht) Versuchsanordnung Neurotypische Manipulation der Augenbewegung ¨ Bislang klar: Scannen der Augenregion führt zur Aktivierung des fusiformen Gesichtsfelds ¨ Wenn Gesunde dazu angehalten werden, die Nase zu fixieren, wird ihr Gyrus fusiformis ebenfalls nicht aktiviert Scannen der Augen und Neurotizismus Je weniger (bis zu 32%) der Zeit mit Scannen der Augen verbracht wird, desto niedriger ist „Neurotizismus“ in der Testung ¨ Je näher bei high (56%), desto höher die Neurotizismuswerte neurotypischer Personen ¨ Neurotizismus korreliert mit den kurzen Allelen des Serotonintransportergens ¨ Deshalb können SSRI´s hilfreich sein ¨ Springendes Kreuz bringt Autisten dazu, dieselben Aktivationsprozente zu erreichen wie spontane Neurotypische Der Gyrus fusiformis von Autisten ist intakt ¨ ¨ Nur in der Free Viewing Voraussetzung unterscheiden sich die Aktivationswerte des Gyrus fusiformis zwischen Autisten und Gesunden: keine Aktivation Daher: der Gyrus fusiformis per se ist intakt, aber er wird nicht angefragt Intervention ¨ In Yale wird daher das Ermuntern zu Augenkontakt als wichtige Intervention bei autistischen Kindern angesehen Amygdala ¨ Erregt Aufmerksamkeit auf hervorstechende Stimuli in der Umgebung ¤ Unverständliche Reize ¤ Emotional bedeutsame Reize ¤ Z.B.: Gesichter Manipulation der Augen und Amygdala ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Wenn Neurotype sich vom freien Schauen auf die Nase konzentrieren sollen, fällt ihr Interesse in Gyrus fusiformis und der Amygdala sofort ab Die Aufmerksamkeit von Autisten steigt dagegen in beiden Regionen an Bei leicht auf die Augen gesteuerten Kreuzen sind keine Unterschiede zu Neurotypen vorhanden Die Amygdala und FFG-Aktivität Neurotyper steigen an, je mehr sie spontan auf die Augenregion sehen Das Interesse von Autisten ist im FFG ident, egal wie oft und lange sie auf die Augen sehen (durch das Kreuz evoziert), die Aufmerksamkeit sinkt sogar mit durchschnittlichem Augenkontakt ab Gyrus fusiformis ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Autisten scheinen eine funktionierenden Gyrus fusiformis zu haben Ihr Verhalten fragt diesen nicht ab, weil sie nicht in die Augen schauen Der Gyrus fusiformis reagiert auf Augen am stärksten, etwas schwächer auf Fotos von Gesichtern, denen die Augen digital entfernt wurden Wenn Autisten auf die Augen sehen, ist ihre FGGAktivität unauffällig Autisten fehlt das Interesse und daher die Expertise auf die Augenregion Amygdala ¨ ¨ ¨ Die Amygdala reagiert bei Neurotypen, wenn sie nicht auf die Augen sehen dürfen: Angst steigt an! Augen beinhalten die meiste mimische Information im Gesicht, am meisten bei Angstmimik Bei Autisten geht die Aktivität der Amygdala beim Sehen der Augen gegen Null Amygdala-Dysfunktion ist ein Schlüssel Durch die spezielle Versuchsanordnung konnte die Aktivität des Gyrus fusiformis bei Autisten normalisiert werden ¨ Nicht aber die Aktivität der Amygdala! ¨ ¨ Die Hypothese ist, dass Autisten wegen dieser Dysfunktion der Amygdala anderen Menschen nicht primär in die Augen sehen Amygdala ¨ Die Amygdala spricht jedoch unauffällig an, wenn Gegenstände ins Gesichtsfeld kommen, die der Expertise und dem Interesse des Autisten entsprechen Autismus: Spezifische Soziale Informationsverarbeitungsstörung bei ansonsten unauffälligem Gehirn P5 unauffällig (Bewegung) ¨ Posteriorer STS (biologische Bewegung) ¨ Amygdala ¨ Spiegelneurone Nervenzellen im Gehirn, die gleichen Potenziale auslösen bei passiver und aktiver Betrachtung Dysfunktionen in den Spiegelneuronen Funktionen: ¨ Ausführung und Beobachtung von Bewegungen ¨ bzw. Verhalten deuten und verstehen (Lernen durch Nachahmung) ¨ Empathieverständnis ¨ Sprache ¨ Frontoparietales Spiegelneuronensystem (MNS) Drei Hauptregionen des Imitationssystems ¨ ¨ ¨ Rostraler inferiorer Parietallappen, präfronaler Cortex (PFC) IPL, human PF/PFG Ventral PMC/posterior Inferiorer frontaler Gyrus Posterior Superiorer temporaler Sulcus Spiegelneuronensystem und ASS Spiegelneuronensystem und ASS Autistische Kinder zeigen eine deutliche reduzierte Aktivität im frontalen MNS- System (v.a. im Bereich der Pars opercularis des Gyrus frontalis inferior). Die erniedrigte MNS- Aktivität korreliert mit dem Schweregrad der autistischen Symptomatik im ADOS und ADI-R (Iacoboni & Dapretto, 2006). Pars opercularis gyri frontalis inferioris ¨ Verminderte Spiegelneuronaktivität bei Imitation Genetik Genetik ¨ Eineiige Zwillinge ¤ Zu 60-90% ebenfalls betroffen, abhängig von den Definitionskriterien für Autismus (LeCouteur et al. 1990) ¨ Zweieiige Zwillinge ¤ Zu ¨ 10% betroffen Das bedeutet, das der Faktor Umwelt zu 10% entscheidet, ob ein Kind autistisch wird oder nicht. Genetik und Umwelt: woher kommen die 10% Umwelteinfluss? Toxisch? ¨ Epigenetik? ¨ ¤ Biochemisch aktive Substanzen? ¤ Psychologische Erfahrungen wie z.B. Stresshormone? Genetik In 9,7% aller Familien mit Autismus ist mehr als ein Familienmitglied betroffen ¨ Geschwister Risiko 20-50fach erhöht(Bolton et al 1994) ¨ Geschwister: 15% betroffen (Sutcliffe 2008), das entspricht einer um das 50fachen Erhöhung im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung ¨ Subsyndromale Manifestationen ¨ Häufig zeigen Eltern und Geschwister milde, subsyndromale Manifestationen, zB. ¤ Sprachentwicklungsstörung ¤ Schwierigkeiten mit den sozialen Aspekten von Sprache ¤ Verzögerte soziale Entwicklung ¤ Wenig soziale Beziehungen ¤ Fehlen enger Freundschaften ¤ Perfektionistischer bis rigider Charakter ¤ Stereotype Verhaltensweisen ¤ Störungen in den Sinneskanalreizschwellen Zweitgradige Verwandte und Genetik ¨ ¨ ¨ Trotz der höchsten genetischen Varianz aller psychiatrischen Erkrankungen überhaupt Haben schon zweitgradige Verwandte kein höheres Risiko, ebenfalls betroffen zu sein, als die Durchschnittsbevölkerung D.h., es müssen viele Gene im Zusammenspiel die Erkrankung erzeugen. Jedes Gen hat offensichtlich einen kleinen Effekt, sonst wären zweitgradige Verwandte wenigstens subsyndromal betroffen (Risch et al. 1999) Autism Genome Projekt Consortium http://autismgenome.org ¨ Da bei nicht betroffenen Geschwistern 50% der Gene ident sind, kann eine 50%-Eingrenzung der möglichen Gene vorgenommen werden. Für Studien werden alle Familien erfasst, die mehrere Kinder haben, von denen eines autistisch ist. ¨ Das gesamte genetische Material eines Probanden wird gescannt. ¨ Bislang an 1200 Geschwisterpaaren durchgeführt ¨ Molekulargenetische Studien Identifikation und Suche nach Kandidatengenregionen:2q, 3q 25-27, 3p25, 6q14-21, 7q31-36 und 17q11-21 (Freitag, 2007) ¨ Verbindung mit Genosomen gefunden, die in Verbindung mit dem SerotoninNeurotransmittersystem stehen (Weiss et al., 2004) ¨ Genetische Transmission noch unklar, daher gilt bislang: Multiplikatives Multilocus Modell ¨ Chromosomenanomalien Chromosom 15q11-q13, 16q23 und 17q11.2 ¨ Chromosom 15q11-q13: autistischer Phänotyp mit geistiger Behinderung ¨ Jüngst im Fokus - EN2-Gen: Entwicklung des Gehirns, Cerebellums und bei ASS überzufällig betroffen (Bartlett et al., 2005; Gupta & State, 2006) ¨ Common-disorder common-gene model ¨ Common-disorder common-gene model: viele Gene, die in der Durchschnittsbevölkerung vorhanden sind, tragen als Gesamtheit alle ein bisschen zum Phänotyp bei ¤ Nur wenige mögliche Genvarianten können in ihrer Funktion einen Zusammenhang zur Entstehung von Autismus erklären: n Intergenetische Sequenz zwischen Cadherin 9 und 10 n Cadherine sind wichtig für die Konnektivität zwischen Nervenzellen. Die gefunden Sequenz könnte daher die strukturellen Hirnwachstumsstörungen erklären n Glutamattransporter-Protein (11p12-p13) Synaptische Dysfunktion Wird anhand spezifischer Syndrome ermittelt, die gehäuft mit Autismus einhergehen ¨ Mutation fragiles X-Syndrom: FMR1 ¨ Mutation Rett-Syndrom: MECP2 ¨ ¤ Implizieren beide eine Dysfunktion der Synapsen als Ursache des Autismus ¨ Seltene Mutationen in einzelnen Familien an XChromosom-Neuroligin 4 (NLGN4X) und Neuroligin 3 (NLGN3): Neuronale Zelladhäsion und synaptische Moleküle Synaptische Dysfunktion und Lateralisation Lateralisation kann strukturell defekt sein ¨ Die Ursache dafür könnte die Störung in der Ausreifung der Synapsen und damit der Verbindung der Nervenzellen untereinander sein ¨ Diffusion in der weißen Substanz ¨ Unterbrechung der Durchblutungsaktivität der weißen Substanz in Regionen mit sozialen Funktionen Neurobiologie Annahme eines beeinträchtigten neuronalen Netzwerks bestehend aus: ¨ Frontalhirn ¨ Partietalkortex ¨ Kleinhirn (Zerebellum) ¨ limbisches System (z.B.: Amygdala) ¨ Balken (Corpus Callosum) darüber hinaus konnte ein erhöhtes Gesamtgehirngewicht sowie eine Unterentwicklung neuronaler Strukturen im limbischen System nachgewiesen werden ¨ Fazit: Die insgesamt widersprüchlichen Befunde deuten auf Auffälligkeiten während der Hirnentwicklung hin, d.h. auf eine Überbzw. Unterentwicklung bestimmten Strukturen. Zellbiologie ¨ Reduzierte Anzahl und Größe der PurkinjeZellen Funktionelle Magnetresonanz ¨ Andere Aktivations- und Synchronisationsmuster kortikaler Netzwerke ¤ Sprachnetzwerke ¤ Arbeitsgedächtnis ¤ Soziales Wahrnehmen und Erkennen ¤ Problemlösung ¤ Hypoaktivation des Gyrus fusiformis Lateralisation und synaptische Reifung Unklar bleibt ¨ Weshalb davon nur bestimmte Gehirnteile betroffen sind ¤ Entweder, diese Gene werden nur an den betroffenen Gehirnregionen verwendet ¤ Oder die betroffenen Gehirnregionen sind besonders vulnerabel für den Gendefekt: soziale und kommunikative Fähigkeiten sowie Flexibilität im Verhalten sind betroffen Lateralisation und synaptische Reifung Die Hoffnung, eine Interventionsmöglichkeit zu finden, ist groß ¨ Bei Drosophila-Modellen mit fragilem X-Syndrom und bei Rett-Syndrom-Mäusen konnte der Phänotyp über die Administration ¨ ¤ metabotroper Glutamat-Antagonisten bei den fragilen X-Drosophilas ¤ und über die Applikation des MeCP2-Gens nach Geburt! bei den Rett-Syndrom-Mäusen verändert werden! Strukturell anatomische Befunde 20% der Kinder haben im 2-3.Lj. Makrocephalie ¨ Gehirnwachstum beschleunigt um das 12.Lm ¨ Übermäßiges Wachstum der kortikalen weißen Substanz im Frontal-, Temporallappen, im limbischen System und in den Amygdala ¨ Die Wachstumsrate fällt dann im Kleinkindalter hinter die unauffälliger Kinder zurück ¨ In der Adoleszenz sind graue und weiße Substanz geringer als bei Kontrollpersonen ¨ Strukturelle Anomalien Asperger- Autismus/ HFA: ¨ reduzierte Dichte der grauen Substanz im Temporallappen, im entorhinalen Kortex & im Gyrus fusiformis Frühkindlicher Autismus: ¨ Auffälligkeiten bei der Hirnentwicklung (Über- bzw. Unterentwicklung bestimmter Strukturen), Beeinträchtigtes neuronales Netzwerk, bestehend aus temporo-parietalem Kortex, limbischem System, Zerebellum, präfrontalem Kortex und Corpus Callosum Risikofaktor: Anzahl der Genkopien (CNV: Copy number variation) ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Anzahl der Genkopien kann vermehrt oder vermindert sein Deletionen, Duplikationen, Inversionen, Translokationen De Novo oder vererbt Die meisten der entdeckten CNV´s sind Deletionen mit dem Ergebnis vieler Fragmente, die verschiedene Gene enthalten Vielleicht Synapsenschädigend Jede Variation kommt immer nur in wenigen Familien vor Der Effekt einer CNV auf den Phänotyp ist ungewiss: es könnte physiologische und pathogene CNV´s geben Die Häufigkeit von CNV´s in der Durchschnittspopulation ist unbekannt Meist sind die entdeckten Variationen nur bei einem einzigen Patienten zu finden; sogar die betroffenen Geschwister teilen nicht immer dieselbe CNV. De-novo CNV´s sind stark assoziiert mit intellektueller Beeinträchtigung und dysmorphen Syndromen Neurotransmitter ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Genetische Variabilität im Serotonintransportergen am meisten gesichert bei 60% der Patienten mit ASS findet sich ein erhöhter Serotonin-Blutspiegel aufgrund vermehrter Aufnahme und Speicherung (Stereotypien, Rituale, rigides Verhalten) Dopamin, Glutamat, Acetylcholin, Oxytocin in Diskussion Endorphinveränderungen führen zu verminderter Schmerzempfindlichkeit Insoweit Neuroleptika hilfreich sind, muss Dopamin erhöht sein Genetik ¨ 10-15% der Menschen mit Autismusspektrumstörung haben eine nachweisbares genetisches Syndrom (Lauritsen & Ewald 2001) ¤ Fragiles X-Syndrom 3% ¤ Tuberöse Sklerose 2% ¤ Maternale Duplikation von 15q1-q13 (2%) ¤ Deletion oder Duplikation von 16p11 (1%) ¨ All diese Syndrome gehen mit intellektueller Beeinträchtigung einher Genetik Neurofibromatose bei Autismus 0,2-14% ¨ Autismus bei Down-Syndrom 1-2,2% ¨ Phenylketonurie, Lesch-Nyhan-Syndrom, Histidinämie: überzufällig ¨ Viren: Röteln, Zytomegalie, Herpes simplex: überzufällig ¨ Röteln: 4,1-7,4% ¨ Assoziierte Störungen Lancet 2009 Intellektuelle Beeinträchtigung 40-80% ¨ Sprachentwicklungsstörung 50-63% ¨ AD/HS 59% ¨ Motorische Entwicklungsstörung 9-19% ¨ Hypotonie 50% ¨ Angststörung 43-84% ¨ Depression 2-30% ¨ Zwangsstörung oder Stereotypien 34% ¨ Assoziierte Symptome Lancet 2009 Oppositionelle Störung 7% ¨ Explosives, irritables oder aggressives Verhalten 8-32% ¨ Selbstverletzendes Verhalten 34% ¨ Störung in den Sinneskanalreizschwellen 80-90% ¨ Störung in der Reizschwelle des Hörens 5-47% ¨ Epilepsie 5-49% ¨ Tics 8-10% ¨ Assoziierte Symptome Lancet 2009 Selektives Essen 30-90% ¨ Gastroösophagealer Reflux und Verstopfung 8-59% ¨ Schlafstörung 52-73% ¨ Komorbidität Autismus bei tuberöser Sklerose 17-61% ¨ Neurofibromatose bei Autismus 0,2-14% ¨ Autismus bei Down-Syndrom 1-2.2% ¨ Stoffwechselstörungen (PKU, Lesch-Nyhan-Syndrom, Histidinämie) überzufällig häufig ¨ Infektiöse Erkrankungen (Röteln, Zytomegalie, Herpes simplex überzufällig häufig ¨ Röteln 4-7% ¨ Komorbidität Fragiles X-Syndrom bei Autismus 0-16% (median 4%) ¨ Autismus bei fragilem X-Syndrom -60% ¨ Tuberöse Sklerose bei Autismus 0,4-2,8% ¨ Tuberöse Sklerose bei Autismus und Epilepsie 8-14% ¨ Literatur Lancet . 2009 November 7; 374(9701): 1627– 1638. doi:10.1016/S0140-6736(09)61376-3. ¨ McPartland JC, Coffman M, Pelphrey KA.: Recent advances in understanding the neural bases of autism spectrum disorder. Curr Opin Pediatr. 2011 Dec;23(6):628-32. ¨ Vielen Dank Entwicklungsneurologie Ist diese Amygdala-Dysfunktion Ursache oder Folge autistischer Verhaltensweisen? ¨ Deswegen Studien an möglichst jungen Kindern ¨ fMRIs sind sehr laut und eng und man muss den Kopf völlig ruhig halten ¨ Der starke Magnet zieht magnetisches Metall so stark an, dass es durch den Raum fliegt und jemanden verletzen kann ¨ Und das bei autistischen Kindern ¨ Versuchsanordnung fMRI Kleinkinder Gefälschter Scanner, nur ohne innere Bauteile ¨ Rackete ¨ Spiel: rein in die Rackete und zeig uns, wie ruhig Du Deinen Körper halten kannst ¨ „Statuenspiel“ ¨ Versuchsanordnung fMRI Kleinkinder ¨ ¨ Die Kinder tragen Brillen, die es ihnen erlauben, ohne Kopfbewegung die Menschen zu sehen, die hinter ihrem Kopf stehen Wenn sich der Kopf mehr als 10mm bewegt, schaltet das Computerprogramm ab Versuchsanordnung fMRI Kleinkinder ¨ ¨ ¨ ¨ Und beendet die Darstellung ihres Lieblingsfilms Kinder lernen sehr schnell Zuerst macht es Spaß, immer wieder gezielt ein- und auszuschalten Aber dann lernen sie stillzuhalten, um ihren Film ganz sehen zu können Versuchsanordnung fMRI Kleinkinder ¨ Das klappt runter bis zum 4.Lj. Ergebnisse 4j Kinder Können biologische Bewegung wie Erwachsene differenzieren ¨ Autistische Kinder machen diesen Unterschied im Sulcus temporalis superior nicht ¨ ICD-10 MAS ¨ ¨ ¨ ¨ Achse I: Klinischpsychiatrisches Syndrom Achse II: Umschriebene Entwicklungsstörungen Achse III: Intelligenzniveau Achse IV Körperliche Symptomatik ¨ ¨ Achse V Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände Achse VI: Globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus Remschmidt H, Schmidt M, Poustka F (Hrsg) (2001). Multiaxiales Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach ICD-10 der WHO.Bern:Huber. Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at MAS Achse V Weitere Behinderungen in der Familie ¨ Psychische Erkrankungen der Eltern (z.B. Depressivität aufgrund von Überforderung) ¨ Disharmonie zwischen den Eltern ¨ Überprotektive Schutzhaltung ¨ Institutionelle Erziehung ¨ Störungsbedingte Schwierigkeiten in der Schule ¨ Abweichende Elternsituation ¨ MAS Achse VI Tiefe und durchgängige soziale Beeinträchtigung oder auch nur eine mäßige soziale Beeinträchtigung aufweist. Bezuggenommen wird dabei auf drei Verhaltensbereiche: Familie/Gruppe, Schule/Arbeitsplatz, Freizeit/Verhalten unter Gleichaltrigen. Neurokognitive Phänomene Theory of Mind ¨ Exekutive Funktionen ¨ Problemlösungs-Mindset ¨ Schwache zentrale Kohärenz ¨ Schwache Ganzwahrnehmung ¨