Ausschöpfung des Wirkpotentials von Pflanzenschutzmitteln als Grundlage für ein wirksames Resistenzmanagement C. Wendt Fortbildung Pflanzenschutz Gemüse/Zierpflanzen 15.02.2017 20.02.2017 Winterschulung 2017 1 Gliederung Problemstellung Resistenzbegriff Arten der Resistenz Übersicht nachgewiesener Resistenzen bei Fungiziden/Insektiziden Wirkmechanismen Fungizide Wirkmechanismen Insektizide Abgeleitete Empfehlungen für den Geschützten Anbau 20.02.2017 Winterschulung 2017 2 Situation Zulassung PSM 1.200 Deutschland 1.000 800 Mittel 600 Wirkstoffe 400 200 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) 20.02.2017 Winterschulung 2017 3 Prozess der Resistenzbildung Geringer Anteil resistenter Biotypen Zunehmender Anteil resistenter Biotypen Weitgehend resistente Population Selektionsdruck 20.02.2017 Winterschulung 2017 4 Resistenzbegriff Erbliche Fähigkeit eines Schadorganismus, eine Insektizid, Fungizid oder Herbizid- Anwendung zu überleben, die für diesen unter normalen Umständen tödlich wäre. Fungizide Target-Site-Resistenz wirkortspezifische Resistenz oder vertikale Resistenz 20.02.2017 Metabolische Resistenz Stoffwechsel des SE hat die Fähigkeit den Wirkstoff zu „entgiften“ Winterschulung 2017 5 Target-Site-Resistenz Wirkortspezifische Resistenz Veränderung eines Rezeptors im Schadorganismus Punktmutation Schnelles Eintreten der Resistenz Bändermodell des TRPV1 (modelliert) mit Membran-Schemazeichnung, Jan 2017 URL<https://de.wikipedia.org/wiki/Transient_Receptor_Potential_Vani lloid_1 20.02.2017 Winterschulung 2017 6 Metabolische Resistenz SE ist in der Lage den Wirkstoff im Metabolismus zu einer für ihn unschädlichen Verbindung umzuwandeln die gewünschte Wirkung tritt nicht mehr im vollen Umfang ein Shifting Schematische Darstellung der mit dem Citratzyklus assoziierten metabolischen Wege, Jan.2017 URL<https://upload.wikimedia.org 20.02.2017 Winterschulung 2017 7 Weitere Arten der Resistenz Kreuzresistenz Resistenz gegen mehrere Wirkstoffe aus der gleichen oder einer anderen Wirkstoffklasse Multiple Resistenz unterschiedliche Resistenz-Mechanismen, d.h. die Pflanzen haben sowohl eine metabolische als auch eine target- site Resistenz z.B. gegen Herbizide Verhaltensresistenz (Insektizide) Schädling vermeidet den Kontakt mit dem WS Penetrationsresistenz (Insektizide) 20.02.2017 Winterschulung 2017 8 Chemische Gruppe Wirkstoff (Beispiel) Produkt (Beispiel) Resistenzrisiko nach FRAC Phenylamide Strobilurine Metalaxyl-M Azoxystrobin Ridomil Gold MZ Ortiva Hohes Resistenzrisiko Resistenzmanagement Carboxamide Boscalid Signum Mittleres bis hohes Resistenzrisiko Resistenzmanagement Triazole Anilinopyrimidine Propiconazol Cyprodinil Tilt 250 EC Switch Mittleres Risiko Resistenzmanagement Carbamate Phenylpyrrole Proparmocarb Fludixonil Proplant MAXIM XL Geringes bis mittleres Risiko Resistenzmanagement Kupferverbindungen Schwefel Dithiocarbamate Kaliumphosphonate Kupferhydroxid Schwefel Metiram Fosetyl Cuprozin progress Kumulus WG Polyram WG Fenomenal Geringes Risiko bislang keine Anzeichen für Resistenzbildung 20.02.2017 Winterschulung 2017 9 Fungizide Wirkung Art ihrer Einwirkung: Wirkweise: protektiv kurativ sporulationshemmend Belag Kontaktgift systemisch Wirkort/MoA: Multi site inhibitoren Target specific inhibitor 20.02.2017 Winterschulung 2017 10 Temperaturabhängigkeit der Fungizidwirkung Herstellerangaben Carbonsäure amide z.B.Revus Anillinopyrimidne z.B.Switch Strobilurine z.B.Ortiva Phenylamide z.B.Fonganil Gold z.B.Score Azole 0 5 10 15 20 25 30 Temperatur in °C Minimum Optimum Chemische Gruppe Bekannte Resistenzen nach IRAC Neonicotinoid Bemisia tabaci, Myzus persicae, Thrips tabacci, Frankliniella occidentalis Pyrethroide Bemisia tabaci, Weiße Fliege, Panonychus ulmi, Myzus persicae, Frankliniella occidentalis Organophosphate Bemisia tabaci, Myzus persicae, Panonychus ulmi, Plutella xylostella, Frankliniella occidentalis Carbamate Myzus persicae, Tetranychus urticae, Plutella xylostella Frankliniella occidentalis METI Akarizid Panonychus ulmi Abamectine Panonychus ulmi, Plutella xylostella, Frankliniella occidentalis Spinosyne Frankliniella occidentalis 20.02.2017 Winterschulung 2017 12 Insektizide Wirkung Art ihrer Einwirkung: Wirkweise: Repellent Attraktant Mechanische Barriere Fraßgift Atemgift Kontaktgift Wirkort/MoA: Nervengifte Energieblocker Wachstumsregulatoren 20.02.2017 Winterschulung 2017 13 DR. Frank Burghause, DLR Rheinpfalz, 14.05. 2013 20.02.2017 Winterschulung 2017 14 Insektizide Wirkung Fraßwirkung: Wirkstoffaufnahme durch saugen oder fressen • • • • Zu beachten: Wirkstoff an den richtigen Ort appliziert ? Wird lange genug gefressen, um ausreichend Wirkstoff aufzunehmen? Ist es das passende Entwicklungsstadium? z.B. Eulenraupen Behandlung mit Bt- Präparat Atemwirkung: Der Wirkstoff dringt durch seinen hohen Dampfdruck in das Insekt ein. Zu beachten: • Dampfphase hat intensive Tiefenwirkung • Aufnahme über 2-3 Stunden z.B. Pirimicarb und Methiocarb • Häuser nach der Applikation geschlossen halten! • Anwenderschutz! Insektizide Wirkung Kontaktmittel: direkter Kontakt mit dem Wirkstoff während der Applikation oder später bei Berührung mit dem Belag • • • • • Zu beachten: gründliche Verteilung bei der Applikation Blattunterseiten spritzen wenn möglich Parenchymsauger wie Thripse und Spinnmilben werden erfasst Phloemsauger nicht! z.B. Blattläuse, Wanzen, Zikaden Insekten mit äußerem Schutz z.B. Woll-, Schildläuse bzw. im Pflanzengewebe lebende z.B. Miniermotten sind nicht ausreichend bekämpfbar Insektizide Wirkung Systemische Insektizide: Eindringen und Verteilung im Pflanzengewebe Wirkstoff gelangt an Stellen die nicht von der Spritzbrühe getroffen Blatt- und Triebzuwachs auch geschützt Zu beachten: • Anforderungen bei der Ausbringung geringer • müssen über Saugen oder Fraß aufgenommen werden • Translaminare Wirkung ist lokal beschränkt z.B. Abamectin (Vertimec Pro), Milbemectin (Milbeknock) • verlangsamter Wirkungseintritt da 1. Aufnahme in die Pflanze und 2. in den SE über Saug/Fraßtätigkeit erfolgen muss, z.B. Neonicotinoide (Thiacloprid, Imidacloprid, Acetamiprid, Clothianidin) • Zumeist lange Wirkungsdauer • Nicht zu früh „Nachlegen“ Insektizide Wirkung UV Empfindlichkeit: Beschleunigter Abbau bei direkter UV Bestrahlung • • • • • Zu beachten: Beauveria bassiana Bacillus thuringiensis Azadirachtin (Neem) Zur schnellen Pflanzenaufnahme Applikation in den Abendstunden bei geringerer UV-Einstrahlung empfohlen z.B. Abamectin (Vertimec Pro), Milbemectin (Milbeknock) Insektizide Wirkung Verzögerter Wirkungseintritt: Bedingt durch den Wirkmechanismus oder Aufnahmeaktivität des SE • • • • • • • Zu beachten: Aufnahme in den Metabolismus des SE erforderlich z.B. Neonicotinoide Lipidsyntheseinhibitor (Movento OD 150) Bacillus thuringiensis (Dipel ES) „Feeding Blocker“ z.B. Pyridine (Plenum 50 WG) Flonicamid (Teppeki) sofortiger Saugstopp aber verzögertes Absterben durch „Verhungern“ Stark Temperaturbeeinflusst Allgemeine Empfehlungen Präventives Resistenzmanagement zum Erhalt vorhandener Wirkstoffe Betriebseigenes engmaschiges Monitoring • Regelmäßige gründliche Kontrolle der Bestände • Nutzen von Klebetafeln und Zeigerpflanzen Maximale Integration biologischer Bekämpfungsverfahren • • • • Nützlingseinsatz Weitere Antagonisten wie entomopathogene Pilze und Bakterien Fangpflanzen Repellentien/ Attraktantien 20.02.2017 Winterschulung 2017 20 Allgemeine Empfehlungen Betriebshygiene während der Saison • • • • Überständige/überblühte Ware entfernen Restbestände nicht wieder ins Haus zurück räumen Komposthaufen in ausreichender Entfernung Beikrautbekämpfung in den Häusern und dazwischen Nutzung von Zeiten ohne Kulturen zur Bekämpfung wichtiger Schaderreger • Desinfektionsmaßnahmen • Beikrautbekämpfung in den Häusern 20.02.2017 Winterschulung 2017 21 Allgemeine Empfehlungen Aktives Anti-Resistenzmanagement Vorhandenes Potenzial der Mittel entsprechend ihrer Wirkweise nutzen Keine Unterdosierung von Fungiziden und Insektiziden • Herstellerangaben beachten Erarbeitung von Spritzfolgen unter Einbeziehung unterschiedlicher Wirkstoffgruppen und MoA • Herstellerbeschreibung • FRAC, IRAC und HRAC Keine Tankmischungen mit Kreuzresistenten Wirkstoffgruppen Angepasste Wasseraufwandmenge entsprechend der Pflanzenentwicklung 20.02.2017 Winterschulung 2017 22 Allgemeine Empfehlungen Anwendungshäufigkeit nach Herstellerangabe NICHT überschreiten PSM Auswahl Entwicklungsstadium des SE berücksichtigen Auf bestmögliche Anlagerung der Wirkstoffe hinarbeiten • Unterblattspritzung • Run off Effekt bei Blattnässe vermeiden • evtl. Netzmittel zusetzen Applikationstechnik auf dem aktuellen Stand halten • Regelmäßige Wartung • evtl. Neuanschaffungen Begrenzung der Anzahl der Anwendungen, wie vom Hersteller vorgegeben 20.02.2017 Winterschulung 2017 23