© Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at Orchis Ruthei Max Schulze in Von R. Rutlie (Swinemünde). litt. Der Oidiis niaculata L. zunächst verwandt. WurzelknoUen im Verhältnis zur Stärke dos Stengels fast sdiwach zu nennen, handförmig, meist 2- his 4teih'g; am liäufigsten sind an der tief Steiligen Knolle die Teile weniger tief gespalten und in 2 fädige Schenkel auslaufend, die etwa so lang bis doppelt so lang als die Knollen selbst sind. Die junge Knolle ist zur Bhitezeit der Pflanze noch wenig entwickelt und die Teilung oft nur angedeutet. Der Stengel 25 bis 50 cm lioch, doch meist zwischen 33 bis 40 cm schwankend, besonders unten ziemlich stark und immer stärker und namentlich nach oben viel weniger verschmälert als der der 0. maculata, von der Knolle bis zum Blütenstande vollkommen röhrig wie bei 0. latifolia; oben ist derselbe etwas längskantig und daselbst wie in der Bliitenähre oft rötlichviolett angelaufen. Unten, über den Wurzeln, ist der Stengel von 2 bis 3 Schuppenblättern umgeben, von welchen meist nur das obere eine kurze, Darauf folgen gern etwas zurückgebogene grüne Spreite trägt. 3 bescheidete, ein uubcscheidetes und 1, häufiger 2, doch seltener Nur sehr selten sind 4 3 kleine meist brakteenartige Blätter. Alle Blätter sind wenig abgrössere Stengelblätter vorhanden. stehend, strafl: aufrecht, ohne aber der Pflanze ein so steifes Ansehen zu geben, wie dies bei Orchis incarnata der Fall ist; sie sind unten schwach gekielt, die mittleren unten an den Rändern gern ein wenig nach aussen gebogen, dann der Länge nach schwach riuuig und nach oben fast ganz flach werdend, so dass dieselben sich beim Trocknen fast niemals längs zusammenlegen. Die Blätter ausnahmslos ungefleckt und von angenehmer saftig grasDas unterste Blatt ist aus ziemlich langscheidigem Grunde breit lineal oder oblong, meist in der Mitte, selten etwas weiter nach oben wenig verbreitert, verschmälert sich nach oben erst sehr allmählich und dann schnell zu einer kurzen Spitze und ganz oben ist letztere schwach kappenförmig. Nur selten ist dieses Blatt etwas länger zugespitzt und schwankt in der Länge zwischen 13 bis 22 cm und in der Breite zwischen 2,3 bis 3,3 cm. Das folgende Blatt ist immer das längste, meist etwas schmäler und auch noch kurz zugespitzt, 16 bis 23 cm lang, 2 bis 3 cm breit. Das 3. nur noch kurzscheidige Blatt ist schon vom unteren Drilteil an mehr lanzettlich zugespitzt, hat aber mehrenteils auch noch eine kurze stumpf liehe Spitze; es misst LS,5 bis 17 cm in der Länge und 1,7 bis 2,2 cm in der Breite. Das 4. nicht mehr scheidige Blatt ist ziemlich vom Grunde an lang lanzettlich zugespitzt, 10 bis 11,5 cm lang und 0,3 bis 0,5 cm breit, selten unten breiter. sind fast grüner Farbe. Die obersten 1 bis 3 mehr brakteenartigen Blätter sind aus breiterem oder schmälerem Grunde schmal lanzettlich zugespitzt; dieselben sind meist rötlich gerandet oder ganz l)räunlich violettrot überlaufen. Der Zwischenraum zwischen den vier dem Blütenstande ist lange nicht so grcisseri'H Blättern auffallend scldank als und bei — — © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 238 und bleibt das oberste oft nur wenige Zentimeter von zurück und ein oder zwei der brakteenartigen Blätter erreichen mitunter den Grund derselben. Die Blütenähre ist jun^ kurz kcjrelijr, etwa wie bei 0. latifolia und lange nicht in dem Grade pj'ramidenförniig zu nennen, als die der O. maculata, bei voller Blüte breit zylindrisch 4 bis 7, selten bis über 8 cm lang und 3,5 bis 4 cm breit, und schreitet das Erblühen der ganzen Ähre viel rascher vor als bei 0. maculata. Die Brakteen sind aus breiterem Grunde lanzettlich, die unteren lang zugespitzt, stets länger und oft viel länger als die Blüten, die mittleren ebenso lang und auch die oberen kaum kürzer und treten bei erst halb erblühten Ähren mehr oder weniger lang schopfartig über die Knospen hinaus und sind fast immer mehr oder weniger violettrot überlaufen oder ganz violettrot gefärbt. Die Blüten stehen erst ziemlich dicht und nur nach der Yollblüte pflegen die unteren Der Fruchtknoten ist gedreht, etwas auseinander zu rücken. 6 kantig, ziemlich schmal, doch immer etwas stärker als bei Die äusseren Perigonblätter sind bald nach dem O. maculata. Erblühen abstehend, später etwas zurückgebogen, aus schief verbreitertem Grunde breit lanzettlich und stumpf gespitzt, die oberen 3 sind zusammengeneigt und oft mit den etwas eingebogenen stumpf liehen Spitzen übereinanderliegend; alle sind merklich breiter als man sie gewöhnlich bei 0. maculata tindet, hellviolett gefärbt und mit purpurvioletten Punkten und Strichen mehr oder weniger gezeichnet. Die Lippe ist aus sehr breit keiligem Grunde dreilappig und flach. Die meist in einem Bogen gerundeten Seitenlai^pen stehen breit, zuweilen nahezu wagerecht ab und werden von dem unten fast gleich breiten Mittellappen weit überragt. Häufig sind in den unteren Blüten der Ähre, aber selten in dem ganzen Blutenstände die Seitenlappen des Labimn durch einen tiefen Einschnitt geteilt, und dann ist oft der neben dem Mittellappen doch nie in der Weise wie bei stehende Teil etwas vorgezogen Die vorderen den Rand erreichenden Adern der 0. maculata. Seitenlappen divergieren sehr bedeutend von denen des Mittellappens, was bei O. maculata stets in geringerem ]\Iasse der Fall ist. Der Mittellappen ist unten meist so breit wie die Höhe desselben, und an der breiten Spitze ist das oberste Spitzchen beinahe immer fast anhängselartig aufgebogen oder viel seltener zurückgebogen, was man hin und wieder wohl bei 0. latifolia, viel seltener aber bei Der Sporn ist aus etwas O. maculata oder 0. incarnata findet. breiterem Grunde rasch w'alzenförmig, nur so stark oder kaum stärker als bei 0. maculata, zuweilen unbedeutend nach vorn gebogen und vor der Streckung des Fruchtknotens so lang oder fast so lang als dieser. Die Farbe der Blüten ist ein helles violett, meist etwas lebhafter als bei O. maculata, auch sind die Bänder, besonders der Seitenlappen, gewöhnlich etwas gesättigter gefärbt. Zwei imunterbrochene oder aus mehr oder weniger dicht stehenden Punktreihen gebildete Bogenlinien durch die Mitte der Seitenlappen gehend und meist auch zwei im Mittelteil der Lippe stehende kleinere etwas eckige Bogen und mehrere ausserdem im INIittellappen stehende Punkte, sowie die auf diesen Zeichnungen befindlichen Sammthärchen, sind sehr intensiv rotviolett oder purpurn gefärbt, wodurch O. maculata der Blütenähre , © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at — die Blüteuähre eiu sehr 239 lebhaft - leuchtendes Colorit erhält. Im Verblühen nimmt die Mitte des Labium oft einen gelblichen Schein (Bei dem schwierigen Trocknen der sehr saftigen Blutenstände an. Die Frucht hat erhalten die Blüten eine viel dunklere Farbe). drei stark hervortretende und drei schwächere Längsriefen und gleicht fast völlig der von O. latifolia. Diese Orchis entdeckte ich am 13. Juni 1896 an einem sehr eigentümlichen Staudorte, nämlich an den schmalen Borden eines Festungsgrabens am Osterkopf bei Swinemünde, etwa einen halben Meter über dem Wasserspiegel. Es war ein ganz herrlicher Anblick die prächtige Pflanze in grosser Anzahl längs des Grabens in voller Blüte hinter schützenden Uferweiden zu sehen und glaubte ich darin besonders kräftige Pflanzen der Orchis maculata zu erkennen doch gleich bei näherer Betrachtung gaben die ringsum an der Blütenähre weit hervortretenden Mittellappen der Lippen dem Blütenstande ein ganz eigentümliches Gepräge, und vollends ; die langen ungefleckten I^ätter verliehen der Pflanze ein so fremdartiges Aussehen, dass ich zunächst vermutete eine Bastardform vor mir zu haben. Ich sendete eine Anzahl der Pflanzen als mutmasslichen Bastard, vielleicht zwischen O. maculata und 0. latifolia, an Herrn Schulze in Jena, welcher mir aber schrieb, dass er darin wegen des hohlen Stengels und noch mehr der langen ungefleckten, unten langscheidigen Blätter, eher einen Bastard zwischen O. n^aculata und O. incarnata erblicken möchte. Max Es wuchs nun freilich an dem Staudorte keine der verwandten Arten aus der Latifolia- Gruppe. O. maculata sah ich früher nur spärlich auf einer etwa 3 Kilometer davon entfernten Binnendünenwiese, und 0. incarnata wächst nirgends in der Nähe und befindet sich dort auch keine Örtlichkeit, wo dieselbe in früheren Zeiten vorhanden gewesen sein könnte, dagegen wächst 0. latifolia selir reichlich auf einer sonnigen, etwa 1 Kilometer davon entfernten Wiese in der gewöhnlichen Form mit stark gefleckten Blättern. Unter diesen Umständen müsste mau geradezu annehmen, dass in früherer Zeit die Knollen einer solchen Bastardpflanze durch Erdübertragung an diesen so zu sagen künstlichen Standort gekommen seien und die daraus erwachsenen Pflanzen hier einen günstigen Boden gefunden, samenreif geworden und durch Aussaat sich vermehrt und konsolidiert hätten. In diesem Jahre habe ich die Pflanze vom Beginn der Blütezum Ende derselben beobachtet. Die ersten Blüten öff"neten sich am 28. Mai, und traf ich schon am 3. Juni viele Individuen halb in Blüte; an diesem Tage waren von 0. latifolia in den zeit bis Dünenwiesen mehrere Exemplare bis zur Spitze erblüht. Am Juni standen schon viele Pflanzen der Orchis am Osterkopf in völliger Blüte, wogegen ich tags darauf am Zerninsee weit westlich von dem Standorte unter der dort reichlich wachsenden Die O. iucarnata erst wenige Pflanzen halb erblüht erblickte. Blütezeit der Orchis vom Osterkojif liegt also in der Mitte zwischen denen der O. latifolia und O. iucarnata. Am 15. Juni waren bereits alle Pflanzen bis auf wenige verblüht und erst am 2G. Juni fand ich unter vielen Individuen der O. maculata an einem el)enfa]ls sehr entfernten Orte erst wenige in voller Blüte, die meisten noch mit 7. Knospen. — — © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 240 war in diesem Jahre au ihrem Standort am J^ic Pflanze Oslerkopf in noch grösserer Anzahl vorhanden als im vorigen, denn es blühten dort etwa 200 Stück. Ausserdem henierkte ich wenigstens doppelt bis 3 mal so viel junge Pflanzen, welche auffallend lange und schmale Blätter hatten, von welchen gewiss schon 100 Stück im nächsten Jahre blühl)ar sein werden. Letztere sind unzweifelhaft als Samenpflanzen anzusehen. Die Pflanze, wenn diesell)e auch in früherer Zeit durch P.astardierung entstanden sein mag, hat sich demnach hier schon lange Zeit durch Samen fortgepflanzt, ist also völlig samenreif geworden. Besonders auffällig ist auch die fast ganz gleiche Tracht aller Individuen, und alle Charaktere schwanken viel weniger als bei den Eine Variation in hellerer oder dunklerer verwandten Arten. Färbung der Blüten ist sehr unbedeuteiul und nur an einer verschwindend kleinen Anzahl der Pflanzen vorlanden, während bei O. latifolia und fast noch mehr bei O. Traunsteineri oft sehr viele Farbenabänderungen (freilich dagegen weniger bei 0. maculat: ) vorkommen. Ebenso ist die Form der Lippen sehr gleichmässig während sie bei den vorhin genannten Arten an ein und deniselbin Dcch muss ich hier Standorte oft in auffälliger Weise abändert. des Vorkommens einer Pflanze der in Rede stehenden Art mit fast monströs gebildetem Labium erwähnen. Die Seitenlappen waren an demselben nur sehr gering entwickelt und gingen fast unmittelDie Lippen bar in den sehr langen spitzen Mittellappen über. erschienen hierdurch herzförmig mit lang ausgezogener Spitze, im Kleineu an das Vorderteil der Lippe einer Serapias erinnernd. Ebenso konstant wie die Lippenform zeigt sich auch die Fleckenlosigkeit der Blätter. In diesem Jahre bemerkte ich nun zwar auch einzelne Pflanzen mit gefleckten Blättern die sonst in keiner Weise einen Unterschied von den Pflanzen mit ungefleckten Blättern zeigten, aber nur bei 3 Stück derselben war die Färbung lebhafter, an den unteren Teilen rundliche Flecke und oben dünne Querstriche, an den anderen Pflanzen war die Färbung schwach und an einigen nur vereinzelt 1 oder 2 Punkte bemerkbar, so dass überhaupt nur 12 Stück etwa mit Flecken an den Blättern unter der grossen Zahl vorhanden waren. Ist nun auch, wie gesagt, die Entstehung der Art durch Bastardierung nicht gerade abzuleugnen, so spricht doch vieles gegen die Bezeichnung derselben als Orcbis incarnata X macnlata; .denn aus der Vergleichung der Charaktere allein, wenn auch die Blattbilduug so ziemlich dafür spräche, liesse sich die Bastarderzeugung nicht voll beweisen und besonders aus einer Vergleichung der Blütenformen mit denen von O. macnlata und incarnata nicht verstehen. Ebenso sind doch, um die Pflanze nur als Varietät der O. macnlata hinzustellen, die Unterschiede zu erheldich undwürden schon die geringere Zahl der langen ungefleckten Blätter, die meist wenigen brakteenartigen Blätter, die abweichende Lippenform und namentlich der völlig röhrige Stengel die Aufstellung einer eigenen Zwar findet man sehr kräftige Pflanzen der Art rechtfertigen. 0. macnlata im unteren Drittel des Stengels zuweilen auch etwas röhrig, doch ist die Röhre dann immer nur sehr dünn und zudem hier und da noch mit lockereu INIarkzellen erfüllt. Ich sendete daher im Juni wieder eine grössere Anzahl , © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at - 241 — lebender Pflanzen an Herrn ]\Iax Schulze und schlug den Namen O. pseudo-maculata vor, damit zugleich die nähere Verwandtschaft zur 0. maculata hervorhebend. Herr M. Schulze hatte indessen die Güte mich darauf aufmerksam zu machen, dass bereits eine Form unter dem Namen 0. pseudo maculata Schur in der österr. bot. Zeitschr. 1870 veniflentlicht sei, und dass er die Pflanze jetzt auch am besten als eigene Art betrachte und Orchis Ruthei nenne. Zugleich sendete mir derselbe ein Exemplar der 0. maculata yelodes Rchb. und bemerkte dazu, dass die von mir aufgefundene Orchis davon weit verschieden sei. Ich hatte ausserdem auch ein Exemplar der O. maculata y- elodes aus der Umgegend von Zinuowitz untersuchen können. Beide hatten sehr auffallend schmale, all mählich zugespitzte untere Blätter von nur 1 bis 1,4 cm Breite, bei einer Länge von 19 bis 24 cm, waren aber in keiner Weise in den Blüten von der 0. maculata abweichend. Schliesslich kann ich nicht unerwähnt lassen, dass ich an einer Stelle des Standortes der O. Ruthei zu Anfang der Blütezeit einen Trupp viel niedrigerer Pflanzen fand, die in der Blattform sich mehr der 0. latifolia näherten und auch in der Form der Lippen mehr an 0. latifolia erinnerten oder fast ganz damit übereinstimmten, wogegen die Blütenfarbe genau dieselbe der neuen Art war. Diese Pflanzen hatten fast alle stark gefleckte Blätter, es lag hier also unverkennbar eine Bastardform zwischen der neuen Art und 0. latifolia vor, und vielleicht stehen die wenigen Pflanzen mit gefleckten Blättern unter der Orchis Ruthei damit in Beziehung. Die Statistik eine notwendige Hilfswissenschaft der Systematik. Von Prof. Dr. F. Ludwig in Greiz. Es ist Werke, dass ein Übelstand der floristischen und systematischen die Zahlenangaben, sobald es sich um Zahlen über 10 handelt (oft auch schon darunter), falsch oder ungenau sind, selbst in solchen Fällen, wo nur geringe Variation stattfindet. Ich habe mir in einem Auszug aus den mir zugänglichen Büchern die Angaben über die Zahl der Fiederpaare gefiederter Blätter, der Kelch-, Blumen-, Staubblätter, der Strahlenblüten der Kompositen, der ]51üten der Blutenstände zusammengestellt und finde überall diese Ungenauigkeit. Da wo die Variation in weitei'en Grenzen stattfindet, wie z. B. bei den Blättern eines Jahrestriebes der Eiche etc., den Blüten eines grösseren Blütenstandes (z. B. Kleekopfes), hören überhaupt alle Zahlenangaben auf, wohl weil man glaubt, dass hier die Natur ins Blaue drauflos schaflTt. Eine Reform ist hier entschieden nötig. Sie ist aber nur möglich auf gründlicher und viel Zeit raubender stat st sch er n t e s u c h u n g nach d e r e t h o d e d e r grossen Zahlen. Während man sich bisher meist damit begnügte, an wenigen Exemplaren ungefähr die Zahlengrenzen urfd Mittelzahl eines Organs festzustellen, wird man in Zukunft die Variations- — i i kurven sofort dem Weg U ]• M (Binomialkurven etc.) zu ermitteln haben, welche erkennen lassen, ob bestimmte IMittelzahleu überhaupt vor-