2.Kapitel

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2.
Goldener Schnitt
Die Geometrie birgt zwei grosse Schätze: der eine ist der Satz von Pythagoras, der andere
ist der Goldene Schnitt. Den ersten können wir mit einem Scheffel Gold vergleichen, den
zweiten dürfen wir ein kostbares Juwel nennen. Johannes Kepler, 1571 – 1630
Der Goldene Schnitt ist das wohl berühmteste Zahlenverhältnis.
Das Pentagramm kommt nicht nur in der Geometrie vor, es ist ein wichtiges Zeichen in der
Magie (Drudenfuss: Schutzzeichen für Hexen und Druden).
In der Antike ist das Pentagramm ein Symbol für dunkle, unergründliche Zusammenhänge.
Es war das Erkennungszeichen des pythagoräischen Geheimbundes. Beim pythagoräischen
Weltbild beruhen alle Harmonien auf ganzzahligen Verhältnissen.
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1.1
Was ist der Goldene Schnitt?
Aufgabe
Untersuchen Sie das regelmässige Fünfeck. Zeichnen Sie die Diagonalen. Welches ist das
Verhältnis von Diagonale zu Seite?
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Hippasos von Metapont hat aber schon um 450 v. Chr. entdeckt, dass gerade im
Pentagramm das Verhältnis von Diagonale zu Seite kein gemeinsames Mass enthält, das
Verhältnis ist also irrational. Das haben Sie in der obigen Aufgabe herausgefunden.
!=
Seite
s
=
Diagonale d
"=
Diagonale d 1
= =
Seite
s !
Die Verhältnisse σ und τ sind irrationale Zahlen. In der Geometrie kommen diese
Verhältnisse auch in anderen Zusammenhängen vor.
Definition: Der Punkt T teilt die Strecke AB stetig oder im Goldenen Schnitt, wenn gilt:
Die ganze Strecke d verhält sich zum längeren Abschnitt s, wie der längere Abschnitt s zum
kürzeren d - s.
d
°
A
d-s
°
T
s
Der länger Abschnitt heisst Major, der kürzere Minor.
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°
B
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Ähnliche Dreiecke: ΔABD ~ ΔBTA
!
!
AD
AB
=
AB
BT
#=
!
1
# "1
!
d
s
=
s d"s
#2 "# "1= 0
!=
d
5 +1
=
= 1.618
s
2
"=
s
5 #1
=
= 0.618
d
2
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1.2
Konstruktionen des Goldenen Schnitts und Eigenschaften
Die Strecke d = 10 cm soll im Goldenen Schnitt geteilt werden.
Warum besitzen d und s kein gemeinsames Mass m?
Hätten d und s ein gemeinsames Mass m, dann gäbe es natürliche Zahlen p und q, so dass
d = p.m und s = q.m.
d p
= !! .
Dann wäre
s q
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Beweisidee von Hippasos
Hippasos von Metapont (ca. 450 v. Chr.) war ein griechischer Mathematiker aus dem Kreis
der Pythagoreer.
Nach den Überlieferungen hat Hippasos zur glänzenden antiken Musiktheorie Wesentliches
beigetragen. Er entwickelte Tonleitertheorien und Ähnliches.
Auch wird heute angenommen, dass er es war, der die berühmte Inkommensurabilität von
Seite und Diagonale im Fünfeck (Pentagramm), dem pythagoräischen Ordenssymbol, fand.
Versucht man nämlich durch Wechselwegnahme zwischen Seite und Diagonale eine kleinste
gemeinsame Teilstrecke zu finden, so stößt man auf ein kleineres Pentagramm, in dem die
Streckenverhältnisse wieder der Ausgangssituation gleich sind und so weiter.
Es gibt die Legende, dass die Pythagoräer Hippasos im Meer ertränkt haben sollen, weil er
diesen berühmten Beweis veröffentlicht hat.
oder
Fügt man Fünfecke so aneinander, dass die Seite sn des n-ten Fünfecks die Diagonale dn+1
des (n+1)-ten Fünfecks wird.
Also gilt dann:
dn
s
d
d n+1 = sn
!
= n = n+1 für jedes n
sn sn+1 sn+1
! "=
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d n d n+1
=
=…
sn sn+1
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Hätten dn und sn ein gemeinsames Mass m, dann hätten es auch dn+1 und sn+1. Nun werden
aber die Fünfecke mit wachsendem n immer kleiner, also kleiner als jedes Mass m. Das ist
nicht möglich, also gibt es kein gemeinsames Mass m.
Der Name Goldener Schnitt ist im 19. Jahrhundert entstanden, wahrscheinlich aus „sectio
divina“ (Kepler) und „regula aurea“ (goldene Regel). Der Goldene Schnitt spielt in der
Kunst eine grosse Rolle.
Warum der Name stetige Teilung? Trägt man bei einer stetig geteilten Strecke a den Minor (die kleinere Strecke) auf dem
Major s (längere Strecke) ab, so wird diese wieder im Goldenen Schnitt geteilt. (Beweis?)
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Weitere Beziehungen von σ und τ
5 +1
= 1.618
2
1
5 #1
"= =
= 0.618
!
2
!=
Da τ > 0 und τ2 = 1 + τ, erhalten wir für τ die
Wurzelfolge ! = 1+ ! = 1+ 1 + ! = 1+ 1+ 1+ ! = 1+ 1 + 1+ 1 + ...
Für σ gilt
1 = σ2 + σ = σ(σ + 1), also ! =
Kettenbruch ! =
1
=
1+ !
1
1+
1
1+ !
1
und damit erhalten wir für σ den
1+ !
1
=
1
1+
1+
1
1+ !
1
=
1
1+
1
1+
1
1+
1+
1
1 + ...
Näherungswerte für σ berechnen:
1
!1 = = 1
1
1
1
!2 =
=
1+ ! 1 2
1
2
!3 =
=
1+ ! 2 3
3
5
8
13
! 4 = , ! 5 = , ! 6 = , ! 7 = , .....
5
8
13
21
σ7= 0.619... ist ein guter Näherungswert für σ = 0.618...
Vergleichen Sie das Rechteck R mit den Seitenlängen 13 und 21 und das Goldene Rechteck
mit den Seitenlängen 13 und 13τ (= 21.034).
Vergleichen Sie die Zahlenfolge der Zähler sowie diejenige der Nenner. Kennen Sie die
Folge? – Fibonacci-Folge.
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1.3
Goldene Rechtecke und Dreiecke
Definition
Ein Rechteck mit Seitenverhältnis
Länge : Breite = d : s = ! =
5 +1
2
heisst Goldenes Rechteck.
s
d
Goldene Dreiecke sind gleichschenklige Dreiecke mit Seitenverhältnis
Schenkel : Basis = d : s = !
oder
Schenkel : Basis = s : d = "
Somit gibt es spitzwinklige oder stumpfwinklige Goldene Dreiecke.
d
d
s
s
s
d
Aufgabe: Zeichnen Sie im regulären Fünfeck die beiden Arten Goldener Dreiecke ein.
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Die Rechtecke Rn mit den Seiten dn und sn sind Goldene Rechtecke.
Die kürzere Seite des grösseren Rechtecks Rn ist immer die längere Seite des nachfolgenden
kleineren Rechtecks Rn-1.
Bemerkung
Mit Hilfe des Euklidischen Algorithmus zur Bestimmung des ggT zweier natürlicher Zahlen
kann man schön zeigen, dass für Goldene Rechtecke kein gemeinsames Mass der beiden
Seiten existiert.
Euklidischen Algorithmus zur Bestimmung des ggT von a und b (a > b):
ggT(a, b) = ggT(b, a - b) = ...
[denn aus ggT(a, b) = m, folgt a = pm und b = qm für p, q natürliche Zahlen,
also a - b = m(p - q)]
z.B. ggT(15, 9) = ggT(9, 6) = ggT(6, 3) = ggT(3, 3) = 3.
Zeichnen Sie dazu ein Rechteck mit Seitenlängen 15 und 9. Von diesem Rechteck nimmt
man solange ein Quadrat (Seitenlänge = kleinere Rechteckseite) weg, bis ein Quadrat übrig
bleibt. Mit diesem Quadrat lässt sich das gegebene Rechteck auspflastern, seine Seite ist das
grösste gemeinsame Mass der Rechteckseiten.
Folgerung:
Erscheint beim Verfahren des Euklidischen Algorithmus ein Rechteck, das zum gegebenen
ähnlich ist, so kann nie ein Quadrat übrig bleiben, es gibt also kein gemeinsames Mass der
Rechteckseiten.
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Die Vorderfront des Parthenon
(Athen, 432 v. Chr.) passt fast exakt
in ein Goldenes Rechteck.
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1.4
Weitere Konstruktionen mit dem Goldenen Schnitt
1.
Goldenes Rechteck mit gegebener Breite b
2.
Reguläres 5- Eck mit gegebener Seite s
3.
Reguläres 5- Eck und 10-Eck mit gegebenem Umkreis r
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