Universität Ulm Abteilung Virologie Leiter: Prof. Dr. Thomas Mertens Evolution des lentiviralen Nef-Proteins: Vom Persistenz- zum Pathogenesefaktor Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Humanbiologie (Dr. biol. hum.) der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Michael Martin Schindler aus Ulm a. d. Donau 2006 Amtierender Dekan: Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin 1. Berichterstatter: Prof. Dr. Frank Kirchhoff 2. Berichterstatter: Prof. Dr. Lisa Wiesmüller Tag der Promotion: 19.05.2006 1. INHALTSVERZEICHNIS 1 1. Inhaltsverzeichnis 1 2. Abkürzungsverzeichnis 3 3. Einleitung 6 3.1 Humane Immundefizienzviren: Entdeckung und Epidemiologie 6 3.2 Der Ursprung von HIV: Immundefizienzviren natürlich infizierter Primaten 7 3.3 Morphologie und Genomaufbau der Immundefizienzviren 8 3.4 AIDS-Pathogenese 9 3.5 Nef – multifunktioneller Zellmanipulator und Pathogenesefaktor 10 3.6 Fragestellung 14 4. Material 15 4.1 Eukaryotische Zelllinien 15 4.2 Bakterien 15 4.3 Nukleinsäuren 15 4.4 Enzyme 17 4.5 Reagenzien und Laborhilfsmittel 18 4.6 Reagenzsysteme (Kits) 19 4.7 Medien 19 4.8. Lösungen und Puffer 20 4.9 Antikörper für die Durchflusszytometrie 20 5. Methoden 21 5.1 DNA-Methoden 21 5.2 Zellkultur 22 5.3 Bakterienkultur 22 5.4 Herstellung von rekombinanten HIV-1 nef-IRES-eGFP Viren 23 5.5 Amplifikation von nef-Allelen aus Plasma SIVsmm-infizierter Mangaben 23 5.6 Isolierung primärer Lymphozyten aus Buffy Coat 23 5.7 Herstellung von Virusstocks und Infektionen 24 5.8 Transfektion von Jurkat-Zellen mit DMRIE-Reagenz 25 1. INHALTSVERZEICHNIS 2 5.9 Jurkat-NFAT-Assay 25 5.10 FACS-Analysen 25 5.11 Bestimmung der viralen Replikation 26 5.12 Computerprogramme und Datenquellen 26 6. Ergebnisse 28 6.1 Modulation zellulärer Faktoren durch die Nef-Proteine der Immundefizienziviren 28 6.2 Nef blockiert die Aktivierung infizierter Zellen durch Herabregulierung von CD3 31 6.3 Die Nef-vermittelte Herabregulierung von TCR-CD3 schützt primäre Lymphozyten vor Apoptose 34 6.4 Die Nef-vermittelte TCR-CD3 Modulation ist ausreichend und notwendig zur Blockierung der T-Zellaktivierung und Apoptose in primären Lymphozyten 40 6.5 Der Verlust der Nef-vermittelten CD3-Herabregulierung ist in vivo assoziiert mit CD4+T-Zelldepletion in SIVsm-infizierten Rauchgrauen Mangaben 41 6.6 Die Herabregulierung von TCR-CD3 durch Nef attenuiert die virale Replikation 43 7. Diskussion 45 8. Zusammenfassung 54 9. Literaturverzeichnis 56 2. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 2. Abkürzungsverzeichnis A As Abb AIDS APC APS bp ß-Gal ß-ME BSA °C CII-TA CD CMV CTL dATP dCTP dGTP dTTP DMEM DMSO DTT DNA dNTP ds E.coli EDTA eGFP ELISA env EtOH FACS FKS g gag GFP Glu Gp h HBS HEPES HIV Ampere Aminosäure Abbildung engl.: acquired immunodeficiency syndrome engl.: antigen presenting cell Ammoniumpersulfat Basenpaar ß-Galaktosidase ß-Mercaptoethanol Rinderserumalbumin Grad Celsius engl.: major histocompatibility complex class-II transactivator engl.: cluster designation engl.: Cytomegalovirus engl.: cytotoxic T-Lymphocyte Desoxyadenosintriphosphat Desoxycytidintriphosphat Desoxyguanosintriphosphat Desoxythymdidintriphosphat engl.: Dulbecco`s modified eagle medium Dimethylsulfoxid Dithiothreitol Desoxyribonukleinsäure Desoxynukleosidtriphosphate doppelsträngig Escherichia coli Ethylendiamintetraacetat engl.: enhanced green fluorescent protein engl.: enzyme linked immunosorbent assay engl.: envelope Ethanol engl.: fluorescence activated cell sorter fötales Kälberserum Gramm engl.: group specific antigen engl.: green fluorescent protein Glutamin Glykoprotein engl.: hour engl.: HEPES buffered saline Hydroxyethylpiperazinethansulfonsäure Humanes Immundefizienzvirus 3 2. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS HLA HLG HTML HRP ID Ig Ii IL IRES IS kB kg kD l LTR m µ M MA MFI MHC min n N nef NFAT NIG ORF PAA PBL PBMC PBS PCR PE PFA PHA PMA PMSF P pol PPT PR Rev RNA engl.: human leucozyte antigen humanes lymphatisches Gewebe engl.: hypertext markup language engl.: horse raddish peroxidase Identifikation Immunglobulin engl.: invariant chain (CD74) Interleukin engl.: internal ribosomal entry site engl.: immunological synapse Kilobasen Kilogramm Kilo-Dalton Liter engl.: long terminal repeat milli (10-3) mikro (10-6) Molar (mol/l) Matrix mittlere Fluoreszenzintensität engl.: major histocompatibility complex Minute nano (10-9) Normal engl.: negative factor engl.: nuclear factor of activated T-cells nef-IRES-eGFP engl.: open reading frame Polyacrylamid engl.: primary blood lymphocyte engl.: peripheral blood mononuclear cell engl.: phosphate buffered saline engl.: polymerase chain reaction Phycoerythrin Paraformaldehyd Phytohämagglutinin engl.: phorbol myristate acetate Phenylmethylsulfonylfluorid pico (10-12) Polymerase Polypurintrakt Protease engl.: regulator of expression of virion proteins Ribonukleinsäure 4 2. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 5 rpm RT s ss sAIDS SDS SDS-PAGE SIV SOE-PCR Stabw SV40 tat Tab. TCR TEMED Tris TM U vif Vol vpr vpu vpx VSV VSV-G (v/v) wt (w/v) www engl:: rounds per minute Reverse Transkriptase engl.: second engl.: single stranded engl.: simian acquired immunodeficiency syndrome Natriumdodecylsulfat SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese engl.: simian immunodeficiency virus engl.: splice overlap extension-PCR Standardabweichnung engl.: simian virus 40 engl.: transactivator of transcription Tabelle engl.: T-Cell Receptor Tetramethylendiamin Trishydroxymethylaminomethan Transmembranprotein Unit engl.: viral infectivity factor Volumen engl.: viral protein rapid engl.: viral protein out engl.: viral protein x engl.: vesicular stomatitis virus engl.: vesicular stomatitis virus glycoprotein Volumenanteil am Gesamtvolumen (engl.: volume per volume) Wildtyp Masse pro Volumen (engl.: weight per volume) engl.: world wide web A C D E F G H Alanin Cystein Asparaginsäure Glutaminsäure Phenylalanin Glycin Histidin Ala Cys Asp Glu Phe Gly His I K L M N P Q Ile Lys Leu Met Ans Pro Gln Isoleucin Lysin Leucin Methionin Asparagin Prolin Glutamin R S T V W Y Arg Ser Thr Val Trp Tyr Arginin Serin Threonin Valin Tryptophan Tyrosin 3. EINLEITUNG 6 3. Einleitung 3.1 Humane Immundefizienzviren: Entdeckung und Epidemiologie Im Jahr 1981 wurde erstmals über eine Krankheit in New York und Los Angeles berichtet, bei der die Betroffenen an einer Vielzahl von opportunistischen Infektionen litten und Symptome eines defekten Immunsystems zeigten. Diese Erkrankung wurde als AIDS (engl.: Acquired Immunodeficiency Syndrome) bezeichnet (Gottlieb et al., 1981). Nach intensiver Forschung konnte 1983 das die Immunschwäche auslösende Virus aus Blutproben diverser AIDS-Patienten isoliert werden (Barré-Sinoussi et al., 1983). Erst 1986 wurde das Virus der Familie der Lentiviren zugeordnet und als „Humanes Immundefizienzvirus Typ 1“ (HIV-1) bezeichnet (Coffin et al., 1986). Im gleichen Jahr wurde aus Blutlymphozyten eines afrikanischen AIDS-Patienten ein mit HIV-1 verwandtes Immundefizienzvirus isoliert und als „Humanes Immundefizienzvirus Typ 2“ (HIV-2) bezeichnet (Clavel et al., 1986). Aus dem jährlichen UNAIDS-Report wird ersichtlich (www.unaids.org), dass auch im Jahr 2005 die Zahl der Neuansteckungen nicht rückläufig war. Insgesamt 4,9 Millionen Neuinfektionen mit dem HI-Virus wurden dokumentiert. Dies bedeutet, dass weltweit ca. 40 Millionen Menschen Träger des HI-Virus sind, von denen rund 26 Millionen im südlichen Teil Afrikas leben. Dort sind mehr als die Hälfte aller Frauen (57%) im Alter zwischen 15 und 49 Jahren mit HIV infiziert. Allein 2005 sind 3,1 Millionen Menschen der tödlichen Immunschwäche zum Opfer gefallen. Damit gehört AIDS zu einer der häufigsten Todesursachen. Seit wenigen Jahren steht eine Kombinationstherapie zur Verfügung, die unterschiedliche Schritte im Replikationszyklus des Virus hemmt. Hiermit konnte zwar die Lebenserwartung der Patienten in Industrieländern erheblich gesteigert werden (Palella et al., 1998), jedoch ist die Behandlung sehr kostenintensiv und die Nebenwirkungen sind beträchtlich. Eine vollständige Heilung durch Eliminierung des Virus aus dem Organismus scheint nicht möglich, da das Virus sein Genom in das der Zielzelle integriert und in langlebigen CD4+ T-Zellpopulationen persistiert (Ho et al., 1998). Die dringend notwendige Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes ist nach heutigem Erkenntnisstand selbst auf lange Sicht schwierig zu realisieren (McMichael u. Hanke, 2003). 3. EINLEITUNG 7 3.2 Der Ursprung von HIV: Immundefizienzviren natürlich infizierter Primaten Mittlerweile konnte man mit HIV verwandte Retroviren aus über 30 infizierten Affenarten isolieren. Diese werden zusammenfassend als Affen-Immundefizienzviren (SIV, engl.: Simian Immunodeficiency Virus) bezeichnet. Interessanter Weise zeigen die natürlichen Wirte von SIV trotz hoher Viruslasten im peripheren Blut keine Symptome einer Immundefizienz (Hahn et al., 2000; Santiago et al., 2002). Dies deutet darauf hin, dass diese Viren sehr gut an ihre natürlichen Wirte adaptiert sind. Mehrere unabhängige akzidentiale Übertragungen von Affen-Immundefizienzviren aus ihren natürlichen Wirten auf den Menschen sind sehr wahrscheinlich für die AIDSPandemie verantwortlich. Das weltweit verbreitete HIV-1 M (engl.: HIV-1 major) Virus wurde in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts von der Schimpansenart Pan troglodytes troglodytes (Ptt) auf den Menschen übertragen. Des Weiteren gab es mindestens zwei weitere unabhängige Übertragungen: HIV-1 O (engl.: HIV-1 outlier) und HIV-1 N (engl.: HIV-1 non M, non O). Neuesten phylogenetischen Untersuchungen zu Folge entstand SIVcpz, das Virus, welches ursprünglich von Schimpansen auf den Menschen übertragen wurde, aus einer Rekombination zweier weiterer AffenImmundefizienzviren im Schimpansen. Diese jagen und verspeisen kleinere Primaten und infizieren sich so in freier Wildbahn mit deren SIVs (Bailes et al., 2003). Abb. 1: Phylogenie von SIVcpz auf Basis eines Homologievergleichs der pol und env DNS- Sequenzen verschiedener Lentiviren. SIVcpz zeigt hohe Homologie SIVrcm in pol zu und SIVgsn/mus/mon in env. Stammbaum generiert mit der Maximum likelihood Methode (aus Sharp et al., 2005) 3. EINLEITUNG 8 Wie phylogenetische Untersuchungen der Gene gag, pol und env gezeigt haben, handelt es sich beim 5´ Teil des SIVcpz Virus um SIVrcm (engl.: SIV red capped mangabey), das Virus aus Rotkopfmangaben (Cercocebus torquatus). Der 3´ Bereich des SIVcpz Virus ist nahe verwandt zu SIVgsn (engl.: SIV greater spot-nosed monkey), dem Virus der Großen Weißnasenmeerkatze (Cercopithecus nictitans) (Review: Sharp et al., 2005; siehe Abbildung 1). Der natürliche Wirt von HIV-2 ist ebenfalls bekannt. Dabei handelt es sich um SIVsm (engl.: SIV sooty mangabey) aus der Rauchgrauen Mangabe (Cercocebus atys) (Hirsch et al., 1989; siehe Abbildung 1). 3.3 Morphologie und Genomaufbau der Immundefizienzviren HIV- und SIV-Partikel haben einen Durchmesser von ca. 100nm und werden von einer Phospholipiddoppelmembran umschlossen, die der zellulären Zytoplasmamembran entstammt (Abb. 1). In diese ist das virale Transmembranprotein gp41 eingelagert. Daran nicht kovalent gebunden ist das externe Hüllprotein gp120. Zur Innenseite hin ist die Membran mit einer Schicht aus p17 Matrixprotein stabilisiert, welche über Myristinsäurereste eng mit der Membran assoziiert sind. Das konische Kapsid im Zentrum des Virions ist aus p24 Kapsidproteinen aufgebaut. Im Kapsid befindet sich das virale Genom in Form zweier einzelsträngiger ca. 9,5kB großer plus Strang-RNA-Moleküle. Diese sind mit den Nukleokapsidproteinen p7und p9 komplexiert. Das Nukleokapsid wird weiterhin aus den viralen Enzymen Intergrase (IN), Reverse Transkriptase (RT) und Protease (PR) gebildet (DeVita et al., 1997). Neben den Strukturproteinen werden auch Nef, Vpr und Vif in das Viruspartikel inkorporiert (Cohen et al., 1990; Liu et al., 1995; Welker et al., 1996). Das Genom von HIV wird von langen Sequenzwiederholungen flankiert, den 5´ und 3´ LTRs (engl.: long terminal repeat). Die 5´ LTR dient als Promoter für die zelluläre RNA-Polymerase II. Neben den Strukturgenen gag, env und pol kodiert das Genom von HIV-1 noch für sechs weitere Gene. Hierbei handelt es sich um die regulatorischen Gene tat und rev, sowie die akzessorischen Gene vif, vpr, vpu und nef. Im Unterschied zu HIV-1 kodiert das Genom von HIV-2 nicht für ein vpu Gen. Stattdessen existiert ein zusätzlicher Leserahmen, welcher für vpx kodiert. Ein weiterer Unterschied zu HIV-1 ist, dass im Genom von HIV-2 der 5´ Bereich des nef-Gens mit dem 3´ Ende von env überlappt (siehe Abbildung 2). 3. EINLEITUNG 9 HIV-1 SIV HIV-2 Abb. 2: Genomorganisation von HIV-1 und HIV-2. Im Gegensatz zu HIV-1 kodiert HIV-2 nicht für ein funktionelles vpu Gen. Stattdessen findet sich im HIV-2 Genom ein weiterer ORF vpx. Der nef Leserahmen ist grau unterlegt. Bei HIV-2 überlappt der 5´ Bereich des nef Leserahmen mit env. 3.4 AIDS-Pathogenese AIDS entsteht durch die massive Eliminierung von CD4+ T-Zellen. Dies führt zum Verlust der Immunkompetenz des Infizierten, was letzten Endes eine tödliche Infektion mit normalerweise nicht lebensbedrohlichen Pathogenen auslöst (Shaw et al., 1985; Ho et al., 1995). Wie es zur Depletion der CD4+ T-Zellen kommt, wird seit langer Zeit kontrovers diskutiert. Die initiale Theorie, dass infizierte T-Zellen direkt durch die Replikation des Virus getötet werden und es dadurch sukzessive zur Eliminierung der CD4+ T-Zellen kommt, wurde aufgrund der geringen Anzahl an infizierten T-Zellen im peripheren Blut angezweifelt (Meyaard et al., 1992). Eine weitere Theorie machte sogenannte „Bystander“-Apoptose, das bedeutet indirekte Induktion von Apoptose in nicht infizierten Zellen, für den Verlust der CD4+ T-Zellen verantwortlich (Finkel et al., 1995). Neuere Daten zeigen, dass während der akuten Phase der Infektion der Großteil der Schleimhaut assoziierten Gedächtnis T-Zellen vor allem im gastrointestinalen Bereich direkt durch die Virusinfektion getötet wird (Brenchley et al., 2004; Mehandru et al., 2004; Li et al., 2005; Mattapillil et al., 2005). Außerdem ist der Verlauf der HIV-1-Infektion mit erhöhter TZellaktivierung und gesteigerter T-Zellproliferation assoziiert (Meyaard et al., 1992; Muro-Cacho et al., 1995; Gougeon et al., 1996). In den natürlichen Wirten der Immundefizienviren hingegen ist der Aktivierungszustand und die Proliferationsrate infizierter T-Zellen trotz hoher Virusbeladung niedrig (Review: Hirsch, 2004; Silvestri, 2005; Hurtel et al., 2005). Interessanter Weise korreliert die T-Zellaktivierung mit der 3. EINLEITUNG 10 Progression zu AIDS (Giorgi et al., 1999; Sousa et al., 2002). Diese Beobachtungen sind konkordant mit Daten, die belegen, dass während der Infektion des Menschen mit HIV-2 der Aktivierungszustand infizierter T-Zellen deutlich geringer ist als bei der Infektion mit HIV-1 (Marlink et al., 1988; Michel et al., 2000). Im Gegensatz zu HIV-1 ist der Infektionsverlauf bei HIV-2 weniger aggressiv und die Zeitspanne bis zur Entstehung von AIDS wesentlich länger (Pepin et al., 1991). Allerdings sind die Grundlagen und Mechanismen des Zusammenhangs zwischen T-Zellaktivierung und Krankheitsprogression bis heute nicht verstanden. 3.5 Nef – multifunktioneller Zellmanipulator und Pathogenesefaktor Nef ist in vielen Zellkultursystemen für die Replikation des Virus entbehrlich und wird aus diesem Grund als akzessorisches Virusprotein bezeichnet. Jedoch gab es schon früh Hinweise darauf, dass Nef in vivo eine wichtige Rolle für die Virusreplikation spielt. So kodieren zu frühen Zeitpunkten des viralen Replikationszyklus ca. 70% der mRNA für Nef. Des Weiteren ist in allen bisher bekannten Lentiviren ein funktioneller nefLeserahmen vorhanden. Der direkte Beweis für die Relevanz von Nef in vivo gelang 1991 durch Experimente im Rhesusaffen-Tiermodell. Wurden Rhesusaffen mit dem AffenImmundefizienzvirus SIVmac239 infiziert, so replizierte das Virus zu hohen Titern und die Tiere progredierten zu sAIDS (engl.: simian AIDS). Im Gegensatz dazu war die Virusbeladung in Rhesusaffen, die mit einem nef-defekten SIVmac239 infizert wurden, 100-1000 fach geringer und die Tiere progredierten meist nicht zu sAIDS oder zeigten einen stark verlangsamten Krankheitsverlauf (Kestler et al., 1991). Im Folgenden zeigten Untersuchungen von Virusisolaten sogenannter LTNP (engl.: long term non-progressor), das sind HIV-Infizierte, die keine antivirale Therapie bekommen und seit mehr als zehn Jahren geringe Viruslasten aufweisen sowie stabile CD4+T-Zellzahlen haben, die Relevanz von Nef für die Progression zu AIDS beim Menschen. Einige dieser LTNPs waren ausschließlich mit nef-defekten Viren infiziert (Deacon et al., 1995; Kirchhoff et al., 1995; Mariani et al., 1996; Salvi et al., 1998). Diese Ergebnisse belegen, dass Nef ein wichtiger Pathogenesefaktor ist, welcher entscheidend zur Entstehung von AIDS bei der HIV Infektion beiträgt. Zahlreiche in vitro Nef-Funktionen sind beschrieben worden, deren funktionelle Relevanz für die Replikation und Pathogenität des Virus in vivo jedoch nur teilweise geklärt sind. Bereits 1991 wurde berichtet, dass Nef den primären Rezeptor des Virus und 3. EINLEITUNG 11 T-Zellrezeptorbestandteil CD4 von der Oberfläche infizierter Zellen effizient entfernt (Garcia et al., 1991). Die verminderte CD4-Oberflächenexpression wird nicht durch Beeinflussung der CD4-Biosynthese auf transkriptioneller Ebene erreicht. Nef bindet CD4 und verknüpft dieses mit zellulären Adaptorproteinkomplexen. Daraufhin wird CD4 in Lysosomen degradiert. Bei diesem Vorgang dient Nef lediglich als Bindeglied. Das Virusprotein selbst besitzt keine intrinsische enzymatische oder katalytische Aktivität (Aiken et al., 1994; Grzesiek et al., 1996; Greenberg et al., 1997; Mangasarian et al., 1997; Bresnahan et al., 1998). Die Herabregulierung von CD4 auf der Oberfläche infizierter Zellen soll in vivo die Freisetzung neu gebildeter Partikel von der Zellmembran erleichtern, da diese nicht wieder an das CD4 der Virus produzierenden Zelle binden (Lama et al., 1999). Zusätzlich sind diese Partikel infektiöser, da mehr funktionelles gp120 in die Virusmembran inkorporiert wird (Arganaraz et al., 2003). Oftmals wurde der Schutz vor Superinfektion durch verminderte Oberflächen CD4-Level postuliert (Benson et al., 1993), was jedoch erst kürzlich von unserer Arbeitsgruppe experimentell gezeigt werden konnte (Wildum et al., in Revision). Im SIV Rhesusmakaken-Modell ist die Modulation von CD4 wichtig für die virale Pathogenität und hohe Virsubeladungen im Wirt (Iafrate et al., 2000). In humanem lymphatischem Gewebe (HLG) korreliert die Nef-vermittelte CD4 Herabregulierung mit Virusreplikation und CD4+ T-Zelldepletion (Glushakova et al., 2001). Eine weitere Funktion von Nef ist die Verminderung der Oberflächenexpression von MHC Klasse I Molekülen (Schwartz et al., 1996). Dies soll die infizierte Zelle vor der Lyse durch CD8+ zytotoxische T-Lymphozyten schützen (Collins et al., 1998), was kontrovers diskutiert wurde, da für die Modulation von MHC-I hohe Nef-Expressionslevel nötig sind. Die in vivo Relevanz dieser Nef-Funktion zeigte sich wiederum durch Experimente im Tiermodell. Nach der Infektion von Rhesusmakaken mit SIVmac, das durch eine Mutation in Nef selektiv in der Herabregulierung von MHC Klasse I defekt ist, revertierte das Virus innerhalb von 4 Wochen nach Inokulation zum Wildtyp (Münch et al., 2001). Außer der Modulation von MHC-I wurden noch weitere Nef-Funktionen beschrieben, die es dem Virus erlauben, der Immunantwort des Wirtes zu entgehen. Nef entfernt MHC Klasse-II Moleküle von der Oberfläche infizierter Zellen und erhöht die Oberflächenexpression von CD74 (Ii; engl.: Invariant Chain), einem Molekül, welches in der Prozessierung von MHC Klasse II eine entscheidende Rolle spielt (StumptnerCuvelette et al., 2001; Schindler et al., 2003). Durch die Reanalyse von nef-Allelen aus 3. EINLEITUNG 12 Tierexperimenten mit infizierten Rhesusmakaken konnten wir Hinweise auf die in vivo Relevanz dieser Nef-Funktionen gewinnen. Im frühen Infektionsverlauf wurden NefFunktionen wie Modulation von MHC-I und -II sowie CD74 selektioniert, die die Persistenz des Virus im Kontext eines funktionellen Immunsystems ermöglichen. Zu späten Zeitpunkten der Infektion, nach dem Zusammenbruch des Immunsystems, wurden vor allem Nef-Funktionen selektioniert, die es dem Virus erlauben, zu hohen Titern zu replizieren (Schindler et al., 2004). Dies deckt sich mit Beobachtungen zu HIV-1-Nef bei AIDS-Patienten (Carl et al., 2001). Aktuelle Publikationen berichten, dass Nef noch weitere Moleküle moduliert, die für die Ausbildung einer funktionellen immunologischen Synapse (IS) essentiell sind. Nef soll auf Antigen-präsentierenden Zellen (APC; engl.: antigen presenting cell) die Expression der kostimulatorischen Moleküle CD80 und CD86 vermindern (Chaudhry et al., 2005). Nef könnte nicht nur durch die Modulation von Schlüsselmolekülen Antigenpräsentierender Zellen die Bildung einer funktionellen immunologischen Synapse inhibieren, sondern auch durch die Manipulation des T-Zellrezeptors infizierter Zellen. Dadurch würde zum einen direkt der Aktivierungszustand der infizierten Zelle beeinflusst und zusätzlich durch Blockierung der CD4+ T-Helferzellen die Immunantwort unterdrückt. Dass der Aktivierungszustand der infizierten Zelle für die Replikation des Virus entscheidend ist, ist seit langem bekannt. Nef-intakte Viren besitzen in unstimulierten Blutlymphozyten gegenüber nef-defekten Viren einen deutlichen Replikationsvorteil, der in den meisten immortalisierten Zelllinien und stimulierten Blutlymphozyten nicht messbar ist (de Ronde et al.,1992; Miller et al., 1994; Spina et al., 1994; Glushakova et al., 1999). HIV- und SIV- Nef könnten beide durch Herabregulierung der kostimulatorischen Oberflächenmoleküle CD4 und CD28 mit der Signalübertragung interferieren (Swigut et al., 2001). Während die Aktivierung der infizierten T-Zelle im immunologischen Kontext verhindert werden könnte (Iafrate et al., 1997), hat HIV-1-Nef komplexe Mechanismen entwickelt, die die Zielzelle in einen Aktivierungszustand versetzen, der die effiziente Virusreplikation und Partikelproduktion erlaubt (Saksela et al., 1995; Fackler et al., 2000; Wang et al., 2000; Simmons et al., 2001; Fortin et al., 2004; Fenard et al., 2005). Im Gegensatz zu HIV-1-Nef verringert das SIVmac-Nef zusätzlich die TCR-CD3-Expression (Iafrate et al., 1997; Schaefer et al., 2002) und entfernt CD28 wesentlich effizienter von der Zelloberfläche transfizierter Zellen (Bell et al., 2002). Dadurch blockiert SIVmac-Nef die T-Zellaktivierung transfizierter, immortalisierter T-Zellen (Iafrate et al., 1997). 3. EINLEITUNG 13 Untersuchungen an Rhesusmakaken mit SIVmac belegen einen Selektionsvorteil für Viren, die CD3 effektiv von der Zelloberfläche entfernen. Jedoch reicht die Funktion alleine für hohe Virustiter und die Progression zu sAIDS nicht aus (Münch et al., 2002). Die Vielzahl an Funktionen, die für Nef beschrieben sind, resultieren in ihrer Gesamtheit in zwei entscheidenden Vorteilen für das Virus. Durch die direkte Erhöhung der viralen Replikation und Infektiösität kommt es zur effizienten Ausbreitung und hohen Virustitern im Infizierten. Zusätzlich moduliert Nef multiple Rezeptoren auf T-Zellen und APCs, die für ein funktionelles Immunsystem essentiell sind. Dies erlaubt es dem Virus, der Immunantwort zu entgehen und effektiv im Wirt zu persistieren (siehe Abbildung 3). erhöhte Infektiosität T-Helferzellen APCs CTL regulierung CTL MHC-II Herabregulierung TCR CD74 MHC II CD 28 Induktion von CD74 Nef Nef Nef Endozytose gesteigerte Replikation CD4 MHC I MHC I Herabregulierung regulierung Endozytose Inhibierung der T-Zell-Aktivierung Nef Endozytose LTR Aktivität Aktivierung von Signalwegen Abb. 3: Manipulation von APCs und T-Zellen durch Nef. Nef verhindert durch die Expression von MHC-II und die Induktion von CD74 die Antigenpräsentation durch APCs (links). Infizierte T-Zellen (rechts) werden durch die Herabregulierung von MHC-I vor der Lyse durch CTLs geschützt. Die TCRFunktion wird durch die konzertierte Modulation von CD3, CD28 (SIV, grau unterlegt) und CD4 gestört. Die Aktivierung von Signalwegen erlaubt die effiziente Virusreplikation, was im Zusammenhang mit der erhöhten Infektiosität produzierter Partikel zur Ausbreitung des Virus beiträgt (Abbildung nach Kirchhoff) 3. EINLEITUNG 14 3.6 Fragestellung Das HIV-Nef-Protein trägt entscheidend zur Progression von AIDS und zu hohen Virustitern im Infizierten bei. Mittlerweile sind über 30 SIV (engl.: Simian Immunodeficiency Virus) bekannt, die alle einen funktionellen nef-Leserahmen aufweisen. Erstaunlicher Weise zeigen die natürlichen Wirte der Immundefizienzviren meist keine Anzeichen einer Immundefizienz. Wirts– und Virus-faktoren sind für die Entstehung von AIDS relevant. SIVsm, das Vorläufervirus von HIV-2, ist in seinem natürlichen Wirt asymptomatisch, im Rhesusmakaken hoch pathogen und im Menschen attenuiert. Allerdings ist HIV-2 im Menschen deutlich weniger pathogen als HIV-1, wobei während des Verlaufs der Infektion die Progression zu AIDS durch starke T-Zellaktivierung und Proliferation gekennzeichnet ist. Zu Beginn dieser Doktorarbeit waren nur wenige HIV-1, HIV-2 und SIV nef-Allele funktionell charakterisiert. Die vorhandenen Daten stammten aus Experimenten mit immortalisierten Zelllinien, in denen Nef unter artifiziellen Bedingungen exprimiert wurde. Auffällig war der Befund, dass HIV-2 und SIVmac Nefs im Gegensatz zu HIV-1 Nef den T-Zellrezeptorbestandteil CD3 von der Zelloberfläche herabregulieren. Die biologische Relevanz dieses Unterschieds war zum damaligen Zeitpunkt vollkommen unklar. Im Rahmen dieser Doktorarbeit sollte eine große Anzahl von nef-Allelen aus HIV-1, HIV-2 und SIV im Kontext rekombinanter Viren in primären T-Zellen untersucht werden. Dabei sollten die infizierten T-Zellen bezüglich der Rezeptormodulation durch Nef, Virusreplikation, T-Zellaktivierung und Zelltod analysiert werden. Die daraus erhaltenen Ergebnisse sollten (i) die bisherigen Daten im viralen Kontext in primären Zellen verifizieren; (ii) klären, ob die vorhandenen Ergebnisse bezüglich der Modulation von TCR-CD3 durch HIV-2/SIVmac- kontra HIV-1-Nef gruppen- oder allelspezifisch sind; (iii) zeigen, ob es weitere Unterschiede in der Rezeptormodulation durch Nef-Proteine verschiedener SIVs gibt und (iv) die biologische Relevanz der Modulation von CD3 für die Virusreplikation sowie die Aktivierung und den Zelltod infizierter primärer Zellen aufklären. Aus diesen Zielen ergibt sich die zentrale Fragestellung dieser Doktorarbeit: Tragen Unterschiede in der Funktion lentiviraler Nef-Proteine zum asymptomatischen Verlauf natürlicher SIV Infektionen und der hohen Immunaktivierung assoziiert mit der Progression zu AIDS bei der Infektion des Menschen mit HIV-1 bei? 4. MATERIAL 15 4. Material 4.1 Eukaryote Zelllinien Jurkat: humane T Zelllinie Jurkat-NFAT: humane T-Zelllinie, die stabil mit einem Plasmid transfiziert wurde, das Luziferase unter der Kontrolle des NFAT-Promoters exprimiert (Fortin et al., 2004) 293T: humane Nierenepithelzellen, die mit Adenovirus Typ 5 transformiert wurden und das SV40 (simian virus 40) large T-Antigen exprimieren (DuBridge et al., 1987). 4.2 Bakterien Escherichia coli XL2-Blue TM: recA1 endA1 gyrA96 thi-1 hsdR17 supE44 relA1 lac[F’ proAB lacIqZΔM15 Tn10 (Tetr) Amy Camr] (Bullock et al., 1987) (Stratagene; Heidelberg). 4.3 Nukleinsäuren 4.3.1 Oligonukleotide Folgende Oligonukleotide wurden von Biomers Deutschland (Ulm) bezogen, wichtige Schnittstellen sind kursiv gezeichnet: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 pBRNL43-env pBRNL43-HpaI NL43nef4*-NIG SIVcpz GAB2-NIG SIVcpz TAN1-NIG SIVcpzNoah-NIG SIVmac239-NIG HIV-2-BEN-NIG HIV-2-310391-NIG SIVsm-NIG SIVrcm-NIG SIVcne5-NIG SIVsyk44-NIG SIVsyk51-NIG SIVblu-NIG SIVgsn-NIG SIVagmsab1-NIG SIVagmtan1-NIG SIVmus-NIG SIVsunmbolok1-NIG SIVmonVal-NIG CTTATAGCAAAATCCTTTCCAAG GCTGTTAACTTGCTCAATGCCACAGCC GGATTTTGCTATAAGGTGGGTGGCTAGTGATCAA GGATTTTGCTATAAGATGGGCAACAAATG GGATTTTGCTATAAGATGGGAAACATATTTG GGATTTTGCTATAAGATGGGTTCTGCATGG GGATTTTGCTATAAGATGGGTGGAGCTATTTC GGATTTTGCTATAAGATGGGTGCGAGTGGATC GGATTTTGCTATAAGATGGGATCAGCTGG GGATTTTGCTATAAGATGGGTGGCGTTACC GGATTTTGCTATAAGATGGGTGGCAAGAG GGATTTTGCTATAAGATGGGTGGAAAGAATTC GGATTTTGCTATAAGATGGGCTCTGTGAAATC GGATTTTGCTATAAGATGGGGTCACAGAGC GGATTTTGCTATAAGATGGGTTCCACGAGC GGATTTTGCTATAAGATGGGATCCAAGAAC GGATTTTGCTATAAGATGGGTGGCAAGAGC GGATTTTGCTATAAGATGGGTGGCAGCAATTC GGATTTTGCTATAAGATGGGATCCAAGAGC GGATTTTGCTATAAGATGGGCAACGCCTTTG GGATTTTGCTATAAGATGGGCTCCAAAAG 4. MATERIAL 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 YBF30-NIG HIV1O-NIG NL43-MluI NA7-MluI SIV239-MluI SIVsun-MluI SIVrcm-MluI SIVcne5-MluI SIVcne40-MluI SIVblue-MluI SIVsyk44-MluI SIVsyk51-MluI SIVgsn-MluI SIVmon-MluI SIVmus-MluI SIVsm-MluI SIVcpzTan1-MluI SIVcpzGab2-MluI SIVcpzNoah-MluI SIVagmtan1-MluI SIVagmsab1-MluI YBF30-MluI HIV1O-MluI HIV2 Ben-MluI HIV2-310391-MluI SM-Nef-F1 SM-Nef-R1 SIVsm-XbaI Cne40del23-30-XbaI 16 GGATTTTGCTATAAGATGGGAAAGATTTGG GGATTTTGCTATAAGATGGGAAACGTATTG CTACGCGTCAGCAGTTCTTGAAGTAC CTACGCGTTCAGCAGTCTTTGTAGTACTC CTACGCGTCAGCGAGTTTCCTTCTTG CTACGCGTCTAGTCAGCTTC CTACGCGTTACTGGGTCTT CTACGCGTCTACTTCCTCTTAGGGAAC CTACGCGTCTACTTCCTCTTAG CTACGCGTCTACTTAAGTGCTGAC CTACGCGTGTCACCATGGTGTCTCCTAG CTACGCGTGGTTTCTGCGGTGAGCTAG CTACGCGTCATAGGAAGCGGTTTGCGG CTACGCGTCTATAGGATGCGGTTTGCGG CTACGCGTCTATAGGATGTGGTTTGTGGC CTACGCGTCAGCTTGTTTCCTTCTTG CTACGCGTTTATTTGAAGTACTCCGGATA CTACGCGTTCAGTCTCTGTAATACTCAG CTACGCGTTAGTCTCTGAAGTATTC CTACGCGTCTACTTCCT CTTAACAAG ACC CTACGCGTTCAGGCAGACACTGACGGCAC CTACGCGTTCAGCAGTTCTTGTAAAAC CTACGCGTTAGTCCTTCAGG CTACGCGTTATTCACTATATGGTATC CTACGCGTCTAATCTGTAGGTATTC GACAGATAGAATATATTCATTTCC TCTGCCAGCCTCTCCGCAGAG CTTCTAGATGCAATATGGGTGGCG CTTCTAGAATGGGTGGAAAGAATTCAAAGATACCATCACGTGGG CAGGTGGGGAGCTTTGGCAGTGGCTCCAGGGACTTGTCAGAGC 4.3.2 Plasmide Alle verwendeten Plasmide enthalten das Ampicillinresistenzgen zur Selektion in Bakterienstämmen. PCR2.1-TOPO-TA Vektor: Vektor zum Klonieren von PCR-Fragmenten pCG-IRES-GFP: Expressionsvektor, in den verschiedene nef-Allele über die singulären Schnittstellen XbaI und MluI kloniert werden können. Die inserierten nef-Allele stehen unter der Kontrolle des CMV-Promotors und sind über eine IRES in Verbindung mit dem gfp-Gen (Schindler et al., 2003). pCG-NL43nef-IRES-GFP: Modifzierter pCG-IRES-GFP Vektor, enthält das NL43 nef-Allel 4. MATERIAL pCG-NA7nef-IRES-GFP: 17 Modifzierter pCG-IRES-GFP Vektor, enthält das NA7 nef-Allel pCG-NL43nef*-IRES-GFP: Modifzierter pCG-IRES-GFP Vektor, enthält das NL43 nef-Allel, welches durch Einfügen von drei Stopkodons inaktviert wurde. pCG-239nef-IRES-GFP: Modifzierter pCG-IRES-GFP Vektor, enthält das 239 nef-Allel pBR-NL43nef-IRES-eGFP: pBR322 Vektor, der das HIV-1 NL43 Provirus enthält. Dieses wurde so verändert, dass nef und eGFP mittels eines IRES-Elements von einer bicistronischen mRNA exprimiert werden (Schindler et al., 2003; Schindler et al., 2005). pHIT60: Expressionsvektor, der das Hüllprotein des Vesikulären Stomatitis Virus (VSV-G) exprimiert (Schindler et al., 2003). 4.3.3 Längenstandard ″1-kb-Leiter″ Invitrogen/Gibco (Karlsruhe) 4.3.4 Nukleotide für die Polymerase-Ketten-Reaktion dNTPs für die Polymerase-Ketten-Reaktion wurden von Invitrogen (Karlsruhe) bezogen. 4.4 Enzyme 4.4.1 Restriktionsendonukleasen Restriktionsendonukleasen wurden von New England Biolabs (Schwalbach, Traunstein) bezogen und in den vom Hersteller empfohlenen Puffersystemen verwendet. 4.4.2 Sonstige Enzyme Taq-DNA-Polymerase Stratagene Europe AG (Heidelberg) T4-DNA-Ligase Invitrogen/Gibco (Karlsruhe) RNAse A aus Rinderpankreas Boehringer (Mannheim) Reverse Transkriptase Stratagene Europe AG (Heidelberg) Trypsin aus Rinderpankreas Stratagene Europe AG (Heidelberg) 4. MATERIAL Alkalische Phosphatase aus Kälberdarm 18 Boehringer (Mannheim) 4.5 Reagenzien und Laborhilfsmittel Agarose Invitrogen/Gibco (Karlsruhe) Ammoniumpersulfat (APS) Sigma (München) Ampicillin Bayer (Leverkusen) antiCD3-antiCD28 Kügelchen Invitrogen/DynalBiotech (Karlsruhe) Dimethylsulfoxid (DMSO) Fluka (Neu-Ulm) DMRIE-C Invitrogen/Gibco (Karlsruhe) Dithiothreitol (DTT) Amersham Pharmacia (Freiburg) Ethidiumbromid (EtBr) Sigma (München) Ethylen-Diamin-Tetraacetat (EDTA) Sigma (München) Ficoll Amersham Pharmacia (Freiburg) Fötales Kälberserum (FKS) Invitrogen/Gibco (Karlsruhe) Geneticin (G418) Sigma (München) Glycerin Merck (Darmstadt) Harnstoff Merck (Darmstadt) Hydroxyethyl-Piperazin-Ethansulfonsäure Sigma (München) Interleukin-2 (IL-2) Strathmann (Dengelsberg) Iononmycin Sigma (München) Isopropanol Merck (Darmstadt) L-Glutamin Invitrogen/Gibco (Karlsruhe) LiChrosolv-H2O Merck (Darmstadt) Natriumazid Merck (Darmstadt) Natriumdodecylsulfat (SDS) Sigma (München) N, N’-Methylen-Bisacrylamid Sigma (München) N, N, N’, N’,-Tetramethylendiamin (TEMED) Sigma (München) Nonidet P 40 (NP40) Sigma (München) Paraformaldehyd (PFA) Sigma (München) Penicillin G Sigma (München) Phosphat-Buffered-Saline (PBS) Invitrogen/Gibco (Karlsruhe) Phytohämaglutinin (PHA) Remel (Lenexa,USA) Phorbolmyristatsäure (PMA) Sigma (München) 4. MATERIAL 19 Reaktionsgefäße Eppendorf (Hamburg) Triton X-100 Sigma (München) Tween 20 Roth (Karlsruhe) Whatman Papier Whatman (Maidstone, Kent; England) zVAD-FMK Sigma (München) 4.6 Reagenzsysteme (Kits) AnnexinV-PE Apoptosis Kit BD Bioscience Geneclean®II Kit Dianova (Hamburg) Luciferase Assay System Promega (Madison, WI; USA) QIAwell 8 Plasmid Kit Qiagen (Hilden) TA Cloning® Kit Invitrogen/Gibco (Karlsruhe) Takara DNA Ligationskit Böhringer Ingelheim (Heidelberg) Ultra Clean ™ 15 Mobio Inc. (Solana, CA; USA) WizardTM Plus Midipreps Promega (Madison, WI; USA) 4.7 Medien 4.7.1 Zellkulturmedien Adhärente Zellen: DMEM (Dulbecco’s modified Eagle Medium; Invitrogen/Gibco) mit 350µg/ml L-Glutamin, 120µg/ml Streptomycinsulfat, 120µg/ml Penicillin und 10% (v/v) hitzeinaktiviertem FKS. Suspensionszellen: RPMI-1640 Medium (Invitrogen/Gibco) mit 350µg/ml LGlutamin, 120µg/ml Streptomycinsulfat, 120µg/ml Penicillin und 10% (v/v) hitzeinaktiviertem FKS. 4.7.2 Bakterienkulturmedien LB-Medium: 10g/l Bacto-Trypton, 5g/l Hefeextrakt, 8g/l NaCl, 1g/l Glukose; Zugabe von 100mg/l Ampicillin vor Gebrauch. Der pH-Wert wurde mit NaOH auf 7,2 eingestellt LBAMPAgar: 15g/l Agar und 100mg/l Ampicillin in LB-Medium; SOC-Medium: 20g/l Bacto-Trypton, 5g/l Hefeextrakt, 2,5mM NaCl, 10mM MgCl2, 10mM, MgSO4, 20mM Glukose. 4. MATERIAL 20 4.8 Lösungen und Puffer 4.8.1 Isolierung von Plasmid-DNA aus Bakterien Resuspensionspuffer (P1), Lysispuffer (P2), Neutralisationspuffer (P3) (Qiagen, Hilden), 70% EtOH, 90% Isopropanol und LiChrosolv-H2O. 4.8.2 Calcium-Phosphat-Transfektion 2x HBS (10x Stock): 8,18% NaCl (w/v); 5,94% HEPES (w/v); 0,2% Na2HPO4 (w/v). Die Lösung wurde sterilfiltriert und der pH-Wert mit 1M NaOH auf 7,12 eingestellt. 2M CaCl2 4.8.3 HIV p24 Kapsid-Antigen-ELISA Lösung zur Lyse der Viruspartikel: 10ml Triton X-100 (Sigma, München), ad 100ml H2O Waschpuffer: 25ml 20x Waschkonzentrat (KPL, Maryland), ad 500ml mQ-H2O; Probenpuffer: RPMI Medium plus 0,2% Tween 20 Substrat: TMB Peroxidase Substrat System (KPL, Maryland); Stoplösung: 4N H2SO4 4.8.4 Sonstige Lösungen und Puffer FACS-Puffer: 1*PBS, 1%FKS, 0,1%Na-Azid PBS: 137mM NaCl; 7,3mM Na2HPO4; 1,47mM K2HPO4; 1mM CaCl2; 2mM MgCl2 50x TAE-Puffer: 500mM Tris, 250mM Natriumacetat, 50mM Na2EDTA. 4.9 Antikörper für die Durchflusszytometrie Anti-CD3-PE (Becton-Dickinson) Anti-CD4-PE (Becton-Dickinson) Anti-CD28-PE (Becton-Dickinson) Anti-CD25(IL2R)-PE (Becton-Dickinson) Anti-CD69 (Becton-Dickinson) Anti-CD95 (Becton-Dickinson) Anti-CD95L (Bio Legend) Anti-MHCI-PE (Dako) 5. METHODEN 21 5. Methoden 5.1 DNA-Methoden 5.1.1 Standardmethoden Folgende Methoden wurden nach Protokollen von Maniatis et al., 1989, durchgeführt: - Plasmid-DNA-Isolierung nach alkalischer Lyse der Bakterien - Ethanol- und Isopropanolfällung der DNA - Konzentrationsbestimmung der Nukleinsäuren - Dephosphorylierung von DNA 5' Enden mit alkalischer Phosphatase - Spaltung von DNA mit Restriktionsendonukleasen - Ligation von DNA-Fragmenten mit T4-DNA-Ligase - Auftrennung von Nukleinsäuren durch Gelelektrophorese 5.1.2 Isolierung von Plasmid-DNA aus Bakterien Plasmid-DNA für Klonierungen wurde durch alkalische Lyse von Bakterien und anschließende Isolierung und Reinigung der DNA gewonnen (Maniatis et al., 1989). Für Sequenzierreaktionen oder die Transfektion eukaryoter Zellen wurden die Präparationen mit dem WizardTM Plus Midipreps Kit (Promega; Madsion, WI, USA) oder dem QIAwell 8 Minipräp Kit (Qiagen; Hilden) nach Angaben der Hersteller durchgeführt. Die DNAKonzentrationen wurden in einem Spektralphotometer (Eppendorf) bestimmt. 5.1.3 Isolierung von DNA aus Agarosegelen Die DNA-Fragmente wurden in einem Agarosegel elektrophoretisch aufgetrennt, unter Bestrahlung mit langwelligem UV-Licht (366nm) sichtbar gemacht und die DNABanden mit einem Skalpell ausgeschnitten. Anschließend wurde die DNA mit dem Geneclean® II Kit (Dianova, Hamburg) entsprechend den Anweisungen des Herstellers isoliert. 5.1.4 Ligation von DNA Ligationen wurden mit dem Takara DNA-Ligationskit (Boehringer Ingelheim, Heidelberg) durchgeführt. Plasmid-DNA und Insert-DNA wurden im Verhältnis von 1:3 nach den Protokollen der Hersteller eingesetzt. 5. METHODEN 22 5.1.5 DNA-Sequenzierung Sequenzierreaktionen wurden kommerziell bei der Firma MWG-Biotech AG in Auftrag gegeben. 2µg DNA wurden bei 58°C eingedampft und eingeschickt. 5.1.6 Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) Alle PCR-Reaktionen wurden nach dem Protokoll von Saiki et al. (1988), in einem Thermocycler (PTC-100TM, MJ Reserach) durchgeführt. 5.2 Zellkultur 5.2.1 Kultur adhärenter Zellen Die adhärenten Zellen wurden in 25cm2 Zellkulturflaschen in DMEM bei 37°C und 5% CO2 kultiviert. Die Zellen wurden zweimal wöchentlich 1:10 bis 1:20 gesplittet. 5.2.2 Kultur von Suspensionszellen Die Suspensionszellen wurden in 25cm2 Zellkulturflaschen in RPMI-1640 bei 37°C und 5% CO2 kultiviert. Die Zellen wurden zweimal wöchentlich 1:10 bis 1:20 gesplittet. 5.3 Bakterienkultur Alle verwendeten Plasmide enthalten ein Ampicillin-Resistenzgen. Transformierte Bakterien wurden daher durch Zusatz von Ampicillin (100µg/ml) zum Kulturmedium selektioniert. Verwendet wurde der Escherichia coli-Stamm Escherichia coli XL2TM-Blue. Die Kulturen wurden für mindestens 12h bei 37 °C in LBamp-Flüssigmedium geschüttelt oder auf LBamp-Agar Platten inkubiert. Bakterienstocks wurden durch Vermischen von 500µl Bakterienkultur mit 500µl Glycerin erstellt und bei -80 °C eingefroren. 5.3.1 Transformation von Escherichia coli XL2TM-Blue Nach dem Auftauen der kompetenten Zellen auf Eis wurde ß-Mercaptoethanol (2µl auf 100µl Bakterien) zugegeben und gemischt. Es folgte eine Inkubation von 10min auf Eis und die Zugabe von 3µl des Ligationsansatzes zu jeweils 10µl der kompetenten Zellen. Im Anschluß wurden die Bakterien für 30min auf Eis, für 30s bei 42°C im Wasserbad und für weitere 2min 30sek auf Eis gestellt. Nach Zugabe von 200µl SOC-Medium und einer Inkubation von 30min bei 37°C wurde die Bakteriensuspension auf LBamp-Agarplatten ausplattiert und bei 37°C über Nacht inkubiert. 5. METHODEN 23 5.4 Herstellung von rekombinanten HIV-1 NL4-3 nef-IRES-eGFP Viren Die Viren (6.1. Tabelle 1) wurden mittels splice overlap extension (SOE)-PCR hergestellt. Als Template dienten PCR-Fragmente oder molekulare Klone von Proviren in unterschiedlichen Vektoren. Diese wurden in einer Standard-PCR-Reaktion mit den spezifischen 5´Primern für das jeweilige nef-Allel mit Überlappung zu env (NIG-Primer, siehe 4.3.1.) und im 3´Bereich mit nef-spezifischen Primern, die eine interne MluI Schnittstelle enthalten (MluI-Primer, siehe 4.3.1.), amplifiziert. In einem zweiten PCRAnsatz wurde der NL4-3 env Bereich mit den Primern pBR-NL43-HpaI und pBR-NL43env amplifiziert. Die Produkte aus diesen PCR-Reaktionen wurden über Agarosegelelektrophorese aufgereinigt, die DNA aus dem Gel isoliert und die jeweils zueinander gehörenden PCR-Produkte als Template in einer zweiten PCR mit den zugehörigen Primern pBR-NL43-HpaI und den 3´MluI-Primern eingesetzt. Dieses Amplikon wurde wiederum aufgereinigt und über Standardmethode laut Hersteller in den pCR2.1-TOPO-TA Vektor kloniert. Nach der Sequenzierung aller Produkte, um unerwünschte Mutationen auszuschließen, erfolgte dann die Umklonierung der Varianten über HpaI und MluI in den proviralen Vektor pBR-NL4-3 nef-IRES-eGFP. 5.5 Amplifikation von nef-Allelen aus Plasma SIVsmm-infizierter Mangaben Blutproben wurden von 19 natürlich und drei experimentell mit SIVsmm infizierten Mangaben gewonnen, die im Yerkes National Primate Research Center der Elmory Universität (USA, Atlanta, Georgia) gehalten wurden. Um virale RNA aus Plasma zu isolieren, wurde das QIAamp Viral RNA Kit der Firma Qiagen benutzt und nef über RTPCR mit den Primern SM-Nef-F1 und SM-Nef-R1 amplifiziert. Zur weiteren funktionellen Analyse wurden alle SMM-nef Allele über PCR mit Primern, die 5´XbaI und 3´MluI Schnittstellen einfügen, amplifiziert und als Pool in den Expressionsvektor pCG-nef-IRESGFP kloniert. Um die Identität der Proben zu bestätigen, wurden pro Pool zwei Einzelklone kontrollsequenziert. 5.6 Isolierung primärer Lymphozyten aus Buffy Coat Zur Isolierung primärer Blutlymphozyten (PBL „primary blood lymphocyte“ oder PBMC „peripheral blood mononuclear cells“) wurde Buffy Coat (Lymphozytenkonzentrat aus 500ml Vollblut) von der Blutspendenzentrale Ulm bezogen und 1:3 in PBS verdünnt. Dann wurde das verdünnte Buffy Coat über Ficoll (Biochrome) geschichtet und über 5. METHODEN 24 Dichtegradientenzentrifugation für 30min bei 2500rpm aufgetrennt. Die angereicherten Lymphozyten wurden aus der Interphase abgenommen und zweimal in PBS gewaschen. Dann wurden die aufgereinigten PBMCs in RPMI1640 mit 10%FCS und 1% Pen/Strep in einer Konzentration von 2*10^6 Zellen/ml aufgenommen. Zur Stimulation der Lymphozyten erfolgte die Zugabe von 10ng/ml IL-2 und 2µg/ml PHA. 5.7 Herstellung von Virusstocks und Infektionen 5.7.1 Kalzium-Phosphat-Transfektion von 293T-Zellen Die Transfektion der 293T-Zellen wurde nach der Kalzium-Phosphat-PräzipitatMethode durchgeführt. Am Tag vor der Transfektion wurden 0,2 x 106 Zellen in 6-WellPlatten ausgesät und über Nacht bei 37°C und 5%igem CO2-Gehalt inkubiert. Die Zellen waren zum Zeitpunkt der Transfektion zu 50-75% konfluent. Für die DNA-Arbeitslösung wurden 5µg DNA mit 13µl 2M CaCl2 gemischt und mit H2O auf 100µl aufgefüllt. Diese Lösung wurde tropfenweise zu 100µl 2 x HBS zugegeben. Nach 5min Inkubation bei Raumtemperatur bildete sich ein milchiges Präzipitat. Der Transfektionscocktail wurde auf das Medium der Zellkulturen getropft, und die Zellen über Nacht bei 37°C inkubiert. Am nächsten Tag wurde das Medium (DMEM: 10% FKS, Glutamin, SP) erneuert. Die Virusstocks wurden am dritten Tag abgenommen und 5min bei 1500rpm abzentrifugiert. 5.7.2 HIV p24 Kapsid Antigen-ELISA Die Konzentration viralen Antigens in Virusüberständen wurde mittels HIV p24 Kapsid Antigen-ELISA (AIDS Repository; Frederick, MD; USA) bestimmt. Das durch Lyse mit Triton X-100 freigesetzte HIV-Kapsidprotein p24 bindet an einen monoklonalen Maus-Antikörper. Ungebundenes Material wurde durch Waschen entfernt. Die Quantifizierung des Kapsidproteins erfolgt durch die sogenannte „sandwich“-ELISA Methode. Zuerst wurde ein polyklonaler Antikörper aus Kaninchen zugegeben, der an das Kapsid-Protein p24 bindet. Der gebundene Antikörper wurde mit Anti-KaninchenAntikörper aus Ziegen, der mit einer Peroxidase gekoppelt ist, inkubiert. Durch Zugabe des Substrates (TMB) kommt es zu einer Farbänderung der Lösung. Die Reaktion wurde durch 4N Schwefelsäure gestoppt. Die Quantifizierung des gefärbten Produktes erfolgte bei den Wellenlängen 450nm und 650nm. Die gemessene Farbkonzentration ist proportional zu der Menge an Kapsidprotein und wird in ng/ml p24 angegeben. 5. METHODEN 25 5.7.3 Infektion primärer Lymphozyten und Jurkat-Zellen Zur Infektion wurden 1 Million prästimulierter PBMCs oder Jurkat-Zellen in 50ng p24 Virusstock aufgenommen und für 4-6h bei 37°C inkubiert. Dann erfolgte die Zugabe von 3ml RPMI 1640 mit 10% FKS und 1% Pen/Strep. PBMCs wurden zusätzlich mit 10ng/ml IL-2 stimuliert. Die FACS Analyse erfolgte 3 Tage nach Infektion. 5.8 Transfektion von Jurkat-Zellen mit DMRIE-Reagenz 4,5µg DNA wurden mit 500µl OMEM in Eppendorfgefäßen gemischt und zu 4µl DMRIE+500µl OMEM in einem 6-Well hinzugetropft. Nach 30min Inkubation wurden 106 Zellen/Well in 200µl OMEM hinzugegeben, gemischt und für 6h bei 37°C inkubiert. Nach der Inkubation erfolgte die Stimulation der Zellen mit 2ml RPMI Kultivierungsmedium + 1µg/ml PHA. Nach weiteren 18-24h konnten die Zellen für die FACS-Analyse gefärbt werden. 5.9 Jurkat NFAT-Assay 50000 Jurkat NFAT Zellen wurden mit 1,5ng p24 Virusstock in 96-V-Well Platten infiziert und bei 37°C und 5% CO2 für 2 Tage inkubiert. Dann erfolgte die Stimulation mit 1µg/ml PHA oder anti-CD3/CD28 Kügelchen im Verhältnis Zellen/Kügelchen 1:1. 16h nach Stimulus wurde die Luziferaseaktivität im Gesamtzelllysat mit dem LuziferaseAssay-System von Promega bestimmt. Dazu wurden die Zellen für 5min bei 1500rpm abzentrifugiert und das Medium abgezogen. Das Zellpellet wurde dann in 30µl Lysepuffer aufgenommen und in eine weißwandige 96-Well-Platte überführt. Nach der Zugabe von 50µl Luziferase-Buffer erfolgte die Detektion der Luziferaseaktivität in relativen Lichteinheiten pro 0,1ms im Berthold Luminometer. 5.10 FACS-Analysen 5.10.1 Modulation von Oberfächenmarkern auf T-Zellen Zur FACS-Färbung wurden Zellen einer Transfektion oder Infektion in die entsprechende Zahl an Färbungen aufgeteilt und einmal mit 800µl FACS Puffer gewaschen. Nach der Zentrifugation für 5min bei 1400rpm wurden die Zellen in 100µl FACS-Puffer + 1-10µl PE konjugiertem Antikörper (nach Herstellerangaben) aufgenommen und für 45min bei 4°C gefärbt. Nach einem Waschschritt mit 800µl FACSPuffer wurden die Zellen in 200-300µl FACS-Puffer (nach Zellzahl) aufgenommen und im 5. METHODEN 26 FACS (FACSCalibur, Becton-Dickinson) vermessen. Infizierte Zellen wurden vor der Analyse in 200µl FACS-Puffer mit 2% PFA 30min bei 4°C fixiert. 5.10.2 T-Zellaktivierung und Apoptose primärer Blutzellen PBMCs wurden infiziert wie in 5.7.1. beschrieben und 2 Tage nach Infektion einem zweiten Stimulus (PHA 1µg/ml) ausgesetzt. Dann erfolgte aus Aliquots der infizierten Kulturen die Messung von CD69 (1 Tag nach dem zweiten Stimulus), CD25 (4 Tage nach dem zweiten Stimulus) und ein bis vier Tage nach dem zweiten Stimulus die Messung der Apoptoserate über die Bindung von AnnexinV an apoptotische Zellen. Dazu wurden Aliquots der infizierten Zellen in 800µl PBS gewaschen und anschließend in 100µl AnnexinV Bindepuffer (Apoptosis Detection Kit, BD Bioscience) plus 5µl AnnexinV-PE aufgenommen. Nach 15min Inkubation bei Raumtemperatur im Dunkeln erfolgte die Fixation in 200µl AnnexinV Bindepuffer plus 3% PFA. 5.11 Bestimmung der viralen Replikation In 48-Well-Platten wurden 50000 mit 1µg/ml PHA und 10ng/ml IL-2 prästimulierte PBMCs mit 0,2ng Virusstock in Doppelansätzen infiziert. Nach 24h wurden die Zellen gewaschen und in 500µl RPMI1640 Medium mit 10% FKS, 1% Pen/Strep, 1% LGlutamin und 10ng/ml IL-2 aufgenommen. Ein, vier und sieben Tage nach Infektion wurden Überstände der infizierten Zellkulturen abgenommen und bei -20°C eingefroren. Des Weiteren wurden Aliquots der infizierten Kulturen im FACS auf eGFP Expression vermessen, um die Anzahl infizierter Zellen zu bestimmen. Die Menge p24 Viruskapsidprotein in den Zellkulturüberstanden wurde mittels p24 ELISA bestimmt. 5.12 Computerprogramme und Datenquellen 5.12.1 Computerprogramme zur Sequenzanalyse Für die Auswertung von Aminosäure und DNA-Sequenzen wurden folgende Programme aus dem Internet benutzt: Sequence Reverse Complementor (http://bioinformatics.org/sms/rev_comp.html/), Sequenz-Alignment Programm MultAlin V5.4.1 (http://prodes.toulouse.inra.fr/multalin/) und das DNA/Aminosäuresequenz Programm Expasy-Tool (http://www.expasy.org/tools/dna.html). Außerdem wurden die Programme Bioedit V5.0.9 von Tom Hall, Department of Microbiology, North Carolina 5. METHODEN 27 State University, Raleigh, NC, USA, und Gene Construction Kit V2.0 von Bob Gross und Anders Putte zur Sequenzanalyse verwendet. 5.12.2 Computerprogramme zur FACS-Auswertung Für die FACS-Auswertung wurde das Programm CellQuest-Pro von Becton Dickinson benutzt, sowie Microsoft Excel Office XP zur Tabellenkalkulation. 5.12.3 Statistische Auswertungen und Korrelationsanalysen Für alle statistischen Analysen wurde das PRISM Programm Version 4.0 (Abacus Concepts, Berkeley, CA, USA) benutzt. P-Werte wurden mit dem beidseitigen Students-TTest und Mann-Whitney–Test berechnet. Teilweise wurde für Korrelationsanalysen Microsoft Excel Office XP Version benutzt. 6. ERGEBNISSE 28 6. Ergebnisse 6.1 Modulation zellulärer Faktoren durch die Nef-Proteine der Immundefizienzviren Zur funktionellen Analyse von nef-Allelen aus natürlich mit Immundefizienzviren infizierten Primaten erhielten wir von unseren Kollaborationspartnern genomische DNA, PCR Produkte oder nef-codierende Sequenzen in verschiedenen Vektoren. Diese wurden mittels PCR amplifiziert, sequenziert und nach Bestätigung der Sequenz in den proviralen Vektor pBR-NL4-3 nef-IRES-eGFP kloniert (pBR-NL4-3 NIG). Die Übersicht von allen untersuchten nef-Allelen ist in Tabelle 1 dargestellt. Die erhaltenen rekombinanten Viren unterscheiden sich lediglich in der nefSequenz und exprimieren alle viralen Proteine im natürlichen Kontext unter Kontrolle des LTR-Promoters und der ursprünglichen Spleißstellen. Anschließend erfolgte die Analyse der nef-Allele auf deren Aktivität in der Herabregulierung diverser Faktoren von der Oberfläche infizierter Jurkat-T-Zellen. Zu diesem Zweck wurden mit VSV-G 6. ERGEBNISSE 29 pseudotypisierte Viren hergestellt. Diese tragen das Hüllprotein des Vesikulären Stomatitis Virus (VSV) auf ihrer Oberfläche, was den CD4-unabhängigen Eintritt des Partikels in die Zielzelle erlaubt. Da nef-intakte Viren ca. 10mal infektiöser als nef-defekte Viren sind, können Zielzellen unter Umgehung der Nef-vermittelten Erhöhung der Partikelinfektiosität infiziert werden (Review: Lama, 2003). Außerdem können primäre Zellen und Zelllinien mit hoher Effizienz transduziert werden, was die Analyse einer großer Anzahl infizierten Kulturen im FACS erleichtert (Abbildung 4). Gruppe 1 Gruppe 2 uninfiziert Abb. 4: Herabregulierung zellulärer Oberflächenmarker durch Nef-Proteine verschiedener Lentiviren. Jurkat T-Zellen wurden mit rekombinanten HIV-1 NL4-3 Viren infiziert, die entweder nur eGFP (nef-) oder eGFP mit diversen lentiviralen Nefs von einer bicistronischen mRNA exprimieren. Der eGFP Bereich und die jeweilige rote Fluoreszenzaktivität, mit der in Tabelle 1 und in Abbildung 5 die Werte für die X-fache Rezeptormodulation berechnet wurden, sind angegeben. Gruppe 1 Nef-Proteine sind im Gegensatz zu Gruppe 2 Nefs inaktiv in der Herabregulierung von CD3. Infizierte Zellen koexprimieren Nef und eGFP von einer bicistronischen mRNA in einem konstanten stöchiometrischen Verhältnis. Diese Zellen können dann mit verschiedenen Antikörpern gegen Oberflächenrezeptoren markiert werden, was die Korrelation der Nef-Expression mit der Rezeptormodulation erlaubt. Eine Auswahl primärer Daten repräsentativer nef-Allele ist in Abbildung 4 dargestellt. Zur Kalkulation der X-fachen Rezeptormodulation wurde die rote mittlere Fluoreszenzintensität (MFI) eines definierten Bereichs der eGFP Expression des nef-defekten Kontrollkonstrukts, durch die MFI des jeweiligen nef-Allels geteilt. Die quantitative Auswertung der Modulation von 6. ERGEBNISSE 30 CD4, CD3, CD28 und MHC-I durch alle 30 im Rahmen dieser Doktorarbeit untersuchten nef-Allele findet sich in Tabelle 1 und Abbildung 5. Bereits die Infektion von Jurkat TZellen mit einem nef-defekten Virus resultierte in der Herabregulierung von CD4, wohingegen kein Einfluss auf die Oberflächenexpression von CD3, CD28 und MHC-I nachweisbar war (siehe Abbildung 4). Diese Modulation von CD4 ist auf die Expression zweier weiterer Virusproteine – Env und Vpu - zurückzuführen, die ebenfalls CD4 von der Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 1 Gruppe 2 Andere SIVs Andere SIVs Andere SIVs Andere SIVs Herabregulierung (X-fach) Oberfläche infizierter Zellen entfernen (Review: Lama, 2003). Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 1 Gruppe 2 Abb. 5: Quantitative Auswertung der Modulation von CD4, MHC-I, TCR-CD3 und CD28 durch HIV und SIV nef-Allele. Jedes der Symbole steht für die X-fache Herabregulierung des angegebenen Oberflächenmoleküls durch eines der 30 analysierten nef-Allele. HIV-1 und HIV-2 Nefs sind durch offene Symbole dargestellt. Während alle untersuchten nef-Allele CD4 und MHC-I von der Oberfläche infizierter Zellen herunterregulierten, zeigten sich grundlegende Unterschiede bei der Modulation von CD3. Die nef-Allele aus HIV-1, SIVcpz, SIVgsn/mus/mon waren komplett inaktiv in der Modulation von CD3. Im Gegensatz hierzu entfernten Nef-Proteine aus HIV-2, SIVsmm, SIVmac und aus allen weiteren untersuchten Affen- Immundefizienzviren CD3 effektiv von der Zelloberfläche (Abbildung 5). Aufgrund der unterschiedlichen Aktivität in der Modulation von CD3 wurde die Gesamtheit der nefAllele in zwei Gruppen unterteilt: Gruppe 1 Nefs, die CD3 nicht und Gruppe 2 Nefs, die 6. ERGEBNISSE 31 CD3 effektiv von der Oberfläche infizierter Zellen herabregulieren. Beide Gruppen können weiter unterteilt werden in humane AIDS-Viren und deren unmittelbare Vorläufer in Primaten (HIV-1/CPZ und HIV-2/SMM/MAC) sowie die verbleibenden AffenImmundefizienzviren (GSN/MUS/MON und alle anderen SIVs). Die quantitative Analyse zeigte (Tabelle 1 und Abbildung 5), dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen in der Modulation von CD4 und MHC-I gab. Alle Gruppe 1 Nefs (n=12) waren inaktiv in der Modulation von CD3, während Gruppe 2 Nefs (n=18) CD3 5,7 bis 18fach von der Oberfläche infizierter Zellen herabregulierten. Außerdem gab es auch Unterschiede in der Modulation des kostimulatorischen T-Zellrezeptors CD28. Gruppe 1 Nefs regulierten CD28 maximal 7-fach von der Oberfläche infizierter Jurkat T-Zellen herab, wohingegen einige Gruppe 2 Nefs hochaktiv in diesem Assay waren und CD28 bis zu 30-fach herunterregulierten. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (p=0,004). 6.2 Nef blockiert die Aktivierung infizierter Zellen durch Herabregulierung von CD3 Die meisten lentiviralen Nef-Proteine mit Ausnahme von HIV-1 Nef und dessen Vorläufer in Primaten waren aktiv in der Herabregulierung von CD3. Da der CD3 Komplex eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung von T-Zellen spielt, konnte spekuliert werden, dass Nefs aus den beiden definierten Gruppen die Aktivierung von T-Zellen via CD3 stark unterschiedlich beeinflussen. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurden Jurkat T-Zellen, die stabil mit dem Luziferase-Gen unter Kontrolle eines NFAT (engl.: nuclear factor of activated t-cells) Promoters transfiziert sind (Fortin et al, 2004), mit den VSV-G pseudotypisierten NL4-3 NIG Viren infiziert. Abb. 6: Gruppe 2 Nefs blockieren die NFAT (X-fache Induktion) Aktivierung von Jurkat T-Zellen nach Stimulation mit PHA. Jurkat-NFAT Zellen Gruppe 1 wurden mit VSV-G pseudotypisierten HIV-1 NIG Viren infiziert und die Reportergenaktivität im Gesamtzelllysat nach Stimulation mit Gruppe 2 1µg/ml PHA gemessen. Die durchgezogene Linie zeigt die Aktivität der Andere SIVs nicht infizierten Kontrolle. Die gepunktete Linie die der nef-defekten Kontrollen. Im (X-fache Herabregulierung) rechten Teil der Abbildung ist die NFATAktivität in Abhängigkeit der TCR-CD3Modulation dargestellt. Gruppe 1 Gruppe 2 6. ERGEBNISSE 32 Bei Aktivierung der Jurkat-NFAT Zellen wird die Genexpression über den NFATPromoter induziert. Die exprimierte Luziferase kann dann im Zelllysat quantifiziert werden und ist ein Maß für den Aktivierungszustand der Zellen. Mit nef-defekten HIV-1 NL4-3 NIG Viren infizierte T-Zellen zeigten 4,6-fach höhere NFAT-Aktivität nach der Stimulation mit PHA als nicht infizierte Zellen, was auf die transkriptionelle Aktivierung durch den HIV-1 Transaktivator Tat zurückzuführen ist. Noch höher war die NFAT-Reportergenaktivität in Zellen, die HIV-1/SIVcpz (7,7+/-1,2 n=9) und GSN/MUS/MON (5,8+/-0,7 n=3; Mittelwerte +/- Standardabweichung) Nefs exprimierten (Abbildung 6). Im Gegensatz hierzu war die Reportergenaktivität in Zellen, die nef-Allele der Gruppe 2 exprimierten, geringer als in uninfizierten Zellen. Dies zeigt, dass HIV-2/SIVsmm/SIVmac (0,7 +/- 0,1, n=8) und Nefs aus anderen AffenImmundefizienzviren (0,6 +/- 0,1, n=10) die T-Zellaktivierung aktiv blockieren. Die Blockierung der T-Zellaktivierung durch Nef korrelierte mit der Fähigkeit zur Herabregulierung von TCR-CD3 (Abbildung 6). Um die Aktivierung von T-Zellen unter Bedingungen zu untersuchen, die der Situation in vivo besser entsprechen als die mitogene Stimulation mit PHA, wurden JurkatNFAT Zellen mit den verschieden HIV-1 NIG Viren infiziert und die Stimulation durch anti-CD3/CD28 gekoppelte Kügelchen wiederholt. Diese stimulieren T-Zellen indem sie die Signalkaskade sowohl über den TCR-CD3, als auch das kostimulatorische CD28 auslösen. NFAT (X-fache Induktion) Anti-CD3/CD28 Kügelchen Abb. 7: Gruppe 2 Nefs blockieren die Aktivierung von Jurkat T-Zellen nach Stimulation Gruppe 1 mit anti-CD3/CD28 Kügelchen. Jurkat-NFAT Zellen wurden mit VSV-G pseudotypisierten HIV-1 NIG Viren Gruppe 2 infiziert und die Reportergenaktivität im Gesamtzelllysat nach Stimulation mit antiCD3/CD28 Andere SIVs Zellen/Kugeln Gruppe 1 Gruppe 2 Kügelchen von 1:1 im Verhältnis gemessen. Die durchgezogene Linie zeigt die Aktivität der (X-fache Herabregulierung) nicht infizierten Kontrolle. Die gepunktete Linie die der nef-defekten Kontrollen. Im rechten Teil der Abbildung ist die NFAT Aktivität in Abhängigkeit der TCR-CD3 Modulation dargestellt. 6. ERGEBNISSE 33 Dies imitiert die Stimulation von T-Zellen durch APCs. Wie in Abbildung 7 dargestellt führte die Infektion von Jurkat-NFAT Zellen mit Viren, die nef-Allele der Gruppe 1 exprimieren, wiederum zu einer starken Erhöhung der NFAT-Aktivität, während Gruppe 2 Nefs die Aktivierung von T-Zellen durch anti-CD3/CD28 Kügelchen inhibierten. Die Ergebnisse dder NFAT-Aktivierung durch PHA zeigten eine signifikante Korrelation mit der Aktivierung durch anti-CD3/CD28 Kügelchen (Abbildung 8A). Da bei der Messung der NFAT-Aktivierung die Luziferase-Reportergenaktivität im Gesamtzelllysat gemessen wurde und bei der Infektion mit pseudotypisierten Viren in diesem Assay lediglich ca. 30% der Zellen infiziert werden, sollten die Ergebnisse durch Messung eines unabhängigen Parameters bestätigt werden. Zu diesem Zweck wurde die Induktion des frühen T-Zellaktivierungsmarkers CD69 auf der Zelloberfläche infizierter Zellen im FACS gemessen. Da infizierte Zellen eGFP exprimieren, konnte selektiv die Messung der CD69 Expression der infizierten Population aus Aliquots derselben Infektionen erfolgen, mit denen auch die NFAT-Aktivität gemessen wurde. B NFAT (X-fache Induktion) A CD69 (X-fache Induktion) Abb. 8 (A) Korrelation der NFAT Aktivierung induziert durch PHA-Stimulation und antiCD3/CD28 Kügelchen. (B) Korrelation der NFAT-Aktivierung mit der Induktion von CD69. (A) Jurkat-NFAT Zellen wurden mit VSV-G pseudotypisierten HIV-1 NIG Viren infiziert und die Reportergenaktivität im Gesamtzelllysat nach Stimulation mit anti-CD3/CD28 Kügelchen, sowie nach der Stimulation mit PHA gemessen. (B) Messung der Induktion des frühen T-Zellaktivierungsmarkers CD69 auf der Oberfläche infizierter Jurkat-NFAT Zellen. Korrelation mit der NFAT-Aktivität nach Stimulation mit PHA. 6. ERGEBNISSE 34 Die Oberflächenexpression des frühen T-Zellaktivierungsmarkers CD69 wurde in Jurkat NFAT-Zellen durch die Expression von Gruppe 2 Nefs blockiert und korrelierte signifikant mit der Induktion des NFAT-Promoters (Abbildung 8B). Um die selektive Blockierung der T-Zellaktivierung infizierter Zellen durch die Nef vermittelte Herabregulierung des TCR-CD3 zu bestätigen, wurden infizierte Jurkat-NFAT Zellen mit PMA/Ionomycin stimuliert und die NFAT-Aktivität im Zelllysat gemessen. PMA/Ionomycin triggert durch Calziuminflux unabhängig vom T-Zellrezeptor die TZellaktivierung. Hierbei waren keine Unterschiede in der NFAT-Aktivität zwischen Zellen, die Gruppe 1 oder Gruppe 2 Nefs exprimierten, messbar. 6.3 Die Nef-vermittelte Herabregulierung von TCR-CD3 schützt primäre Lymphozyten vor Apoptose Während der akuten Phase der HIV-1 Infektion werden hauptsächlich bereits aktivierte CD4+ Gedächtnis T-Zellen infiziert, die vom Phänotyp her ruhenden T-Zellen entsprechen (Li et al., 2005; Mattapallil et al., 2005). Im Folgenden werden diese Zellen durch die aktive Infektion und Replikation des Virus aus dem Organismus eliminiert (siehe 3.4). Da die Depletion der CD4+ T-Zellen und die Progression zu AIDS mit erhöhten TZellaktivierungs- und Proliferationsraten assoziiert ist, konnte die Hypothese formuliert werden, dass infizierte Zellen durch permanente Hyperaktivierung apoptotisch werden. PHA Stimulation Infektion mit HIV-1 IRES eGFP Nef Varianten 2 Tage 3 Tage Frisch isolierte PBMCs Zweiter Stimulus Aktivierte PBMCs 1 Tag HIV-1 infizierte, phänotypisch ruhende T-Zelle 1-3 Tage Frühe TZellaktivierung? Späte TZellaktivierung, Apoptose? Abb. 9: Versuchsaufbau zur Simulation der Infektion ruhender Gedächtnis T-Zellen mit HIV-1. Frisch isolierte PBMCs wurden infiziert, stimuliert und nach 2 Tagen einem zweiten Stimulus ausgesetzt. Dann erfolgte die Charakterisierung der infizierten Zellen im Durchflusszytometer. Um diese Situation in vitro zu simulieren, wurden PBMCs (engl.: primary blood mononuclear cells) mit PHA stimuliert und nach der Infektion mit den HIV-1 NL4-3 NIG Varianten weiter kultiviert, bis diese phänotypisch in einem ruhenden Zustand waren. 6. ERGEBNISSE 35 Nach einem zweiten Stimulus, der die Aktivierung infizierter Zellen im immunologischen Kontext simulieren soll, wurden die infizierten primären T-Zellen auf Aktivierungsmarker, TCR-Modulation und Apoptose untersucht. Der experimentelle Ansatz ist in Abbildung 9 dargestellt. In infizierten PBMCs wurde durch die Infektion mit HIV-1 NL4-3 eGFP Viren, die nef-Allele der Gruppe 1 exprimierten, keine Herabregulierung des TCR-CD3 gemessen. Gruppe 2 Nefs modulierten CD3 effizient von der Oberfläche infizierter primärer Blutlymphozyten herab. Des Weiteren wurde die Herabregulierung des kostimulatorischen CD28 und die Induktion des frühen T-Zellaktivierungsmarkers CD69 gemessen. A Gruppe 1 Gruppe 2 unstim. nicht inf. unstim. nicht inf. 4 TnS 3 TnS 2 TnS B Infizierte GFP+ Zellpopulation Abb. 10: Manipulation primärer Blutlymphozyten durch die Infektion mit HIV-1 IRES eGFP nef Varianten. (A) Durchflusszytometrische Analyse von PBMCs auf CD3, CD28, CD69 sowie IL-2R nach der Infektion mit HIV-1 IRES eGFP nef Viren. Über die Ordinate ist die rote MFI aufgetragen. Zahlen geben die MFI der jeweiligen Region an. (B) Apoptose zu verschiedenen Zeitpunkten in PBMCs infiziert mit HIV-1 IRES eGFP nef Viren (TnS; Tage nach Stimulus). Über die Ordinate ist die Zellzahl aufgetragen. Zahlen geben % Zellen im definierten Bereich an. 6. ERGEBNISSE 36 Ein bis drei Tage nach dem zweiten Stimulus erfolgte aus Aliquots der infizierten Kulturen die FACS Analyse auf Apoptose mit AnnexinV und am dritten Tag die Messung der Induktion des späten T-Zellaktivierungsmarkers IL-2R (CD25). Eine Auswahl primärer FACS Daten repräsentativer nef-Allele ist in Abbildung 10 gezeigt. Sowohl in infizierten PBMCs als auch in Jurkat Zellen (siehe 6.1) waren Gruppe 1 Nefs inaktiv in der Herabregulierung von CD3 und signifikant schwächer aktiv in der Modulation von CD28. Die quantitative Analyse der X-fachen Herabregulierung von CD3 und CD28 zeigte eine hohe Korrelation der Ergebnisse aus Jurkat T-Zellen und primären Blutlymphozyten (Abbildung 11). Dies zeigt, dass die Modulation beider TCRBestandteile durch Nef in den unterschiedlichen Zelltypen über gleiche Mechanismen erfolgt und bestätigt Jurkat T-Zellen als geeignetes Modellsystem für die Infektion CD3 – PBMC (X-fach ) CD28 – PBMC (X-fach ) primärer T-Zellen mit HIV-1. CD3 – Jurkat (X-fach ) Abb. 11: Korrelation zwischen der Herabregulierung von CD3 und CD28 durch Nef in infizierten Jurkat Zellen und PBMCs. CD28 – Jurkat (X-fach ) Des Weiteren bestätigte die quantitative Auswertung der Induktion des frühen TZellaktivierungsmarkers CD69 und der Induktion des späten Aktivierungsmarkers IL2-R (CD25) auch in primären Blutlymphozyten den Zusammenhang zwischen Herabregulierung des TCR-CD3 durch Nef und der Blockierung der T-Zellaktivierung (Abbildung 12). In Zellen, die Gruppe 1 Nefs exprimierten, war die Induktion des frühen T-Zellaktivierungsmarkers CD69 etwa 4-fach und die Induktion des späten TZellaktivierungsmarkers IL2-R ca. doppelt so hoch wie in Zellen, die Gruppe 2 Nefs exprimierten (Abbildung 12). Dieser Unterschied war in beiden Fällen statistisch hoch signifikant (p<0,0001). 6. ERGEBNISSE 37 Späte Aktivierung Andere SIV Gruppe 2 Gruppe 1 Gruppe 2 Andere SIV Gruppe 1 IL2-R (X-fache Induktion) CD69 (X-fache Induktion) Frühe Aktivierung (X-fache Herabregulierung) Gruppe 1 Gruppe 2 (X-fache Herabregulierung) Gruppe 1 Gruppe 2 Abb. 12: Beeinflussung der frühen und späten T-Zellaktivierung durch Nef-vermittelte CD3 Herabregulierung in infizierten PBMCs. PBMCs wurden behandelt wie in Abbildung 9 beschrieben und ein Tag nach dem zweiten Stimulus via FACS die Expression des frühen Aktivierungsmarkers CD69 (linkes Panel) und vier Tage nach Stimulierung die Induktion des späten Aktivierungsmarker IL2-R gemessen (rechtes Panel). Gezeigt sind Ergebnisse aus einem repräsentativen Experiment. Außerdem korrelierte die Expression beider T-Zellaktivierungsmarker signifikant (Abbildung 13). Interessanter Weise war die Induktion der T-Zell Aktivierungsmarker in PBMCs, die Gruppe 2 Nefs exprimierten, sogar etwas geringer, als in nicht infizierten Zellen (Abbildungen 10 und 12). Dies deutet in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Jurkat-NFAT-Zellen (6.2 Abbildung 6) darauf hin, dass Gruppe 2 Nefs die T- IL2-R (X-fache Induktion) Zellaktivierung aktiv blockieren. Abb. 13: Korrelation zwischen der Induktion des frühen T-ZellAktivierungsmarkers CD69 und der Induktion des späten Aktivierungsmarkers IL2-R in infizierten PBMCs durch Nef. CD69 (X-fache Induktion) 6. ERGEBNISSE 38 Über einen Zeitraum von 2 bis 4 Tagen nach dem zweiten Stimulus (siehe Abbildung 9) wurden aus den verschiedenen Infektionen Aliquots der infizierten PBMCs mit AnnexinV-PE gefärbt und im FACS vermessen (Abbildung 10B). Da AnnexinV spezifisch an apoptotische Zellen bindet, konnte so die Apoptoserate in den infizierten Kulturen bestimmt werden. Erstaunlicher Weise war nach vier Tagen die Apoptoserate in infizierten PBMCs, deren Viren nef-Allele der Gruppe 2 (14,2 +/- 0,9) exprimierten geringer, als in Kulturen deren Viren Gruppe 1 (28,0 +/- 1,7%) Nefs exprimierten (p<0,0001; Werte entsprechen Prozent apoptotische Zellen +/- Standardfehler). Wiederum war diese Inhibierung der Apoptose in PBMCs, die Gruppe 2 Nefs exprimierten, abhängig von der Herabregulierung des TCR-CD3 (Abbildung 14A) und korrelierte signifikant mit der Aktivierung infizierter Zellen (Abbildung 14B). A B Apoptose AnnexinV+ Zellen (%) AnnexinV+ Zellen (%) Gruppe 1 Andere SIV Gruppe 2 IL2-R (X-fache Induktion) (X-fache Herabregulierung) Gruppe 1 Gruppe 2 Abb. 14: (A) Prozent AnnexinV positive PBMCs in Abhängigkeit der Modulation des TCR-CD3 durch Nef. (B) Korrelation zwischen Apoptoserate (AnnexinV+ Zellen) und T-Zellaktivierung (IL2-R Induktion). (A) Prozent AnnexinV positive Zellen in PBMCs infiziert mit HIV-1 IRES eGFP Viren, die verschiedene nef-Allele exprimieren. Gruppe 2 Nefs regulieren CD3 von der Oberfläche infizierter Zellen herab. Gruppe 1 Nefs modulieren CD3 nicht (linkes Panel). AnnexinV positive Zellen in Abhängigkeit der Herabregulierung von CD3 (rechtes Panel). (B) Korrelation zwischen der Anzahl AnnexinV positiver Zellen Zellaktivierungsmarkers IL2-R. in infizierten Kulturen und der Induktion des späten T- 6. ERGEBNISSE 39 Da infizierte Zellen eGFP exprimieren, konnte aus einer infizierten PBMC-Kultur spezifisch die Apoptose in HIV-1 infizierten Zellen und nicht infizierten „Bystander“Zellen gemessen werden. Hierbei zeigte sich, dass die Apoptoserate in nicht infizierten „Bystander“-Zellen gegenüber der uninfizierten Kontrollkultur nicht erhöht war. Außerdem wurde via FACS die Expression von CD95 und CD95L auf infizierten Lymphozyten evaluiert. Während keine Unterschiede in der CD95L Expression festgestellt werden konnten, wurde die CD95 Oberflächenexpression in Nef-exprimierenden Lymphozyten leicht vermindert. Dieser Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant. Außerdem war nach Apoptoseinduktion mit CD95 spezifischen Antikörpern kein Unterschied in der Apoptoserate infizierter PBMC Kulturen messbar, die entweder Gruppe 1 oder Gruppe 2 Nefs exprimierten (Abbildung 15). Interessanter Weise konnte durch Zugabe des Caspaseinhibitors zVAD-FMK zu PHA behandelten, Gruppe 1 Nefinfizierten PBMC Kulturen, die Apoptoserate deutlich gesenkt werden. Dies deutet auf Caspasen als Mediatoren des PHA-vermittelten, durch Aktivierung induzierten Zelltods hin (Abbildung 15). Abb. 15: Effekte des AnnexinV+ Zellen (%) Caspaseinhibitors zVAD-FMK auf Apoptose in infizierten PBMCs nach Induktion mit CD95 oder PHA. PBMCs, die Gruppe 1 oder Gruppe 2 Nefs exprimieren, unterscheiden sich nicht in der Apoptoserate nach Induktion mit CD95. Gruppe 2 Gruppe 2 Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 1 Nicht infiziert Nefs blockieren den PHA induzierten Zelltod. Der Caspaseinhibitor zVAD-FMK blockiert sowohl CD95 als auch PHA vermittelte Apoptose. Angegeben sind Mittelwerte von jeweils drei Infektion +/- Stabw. 6. ERGEBNISSE 40 6.4 Die Nef-vermittelte TCR-CD3 Modulation ist ausreichend und notwendig zur Blockierung der T-Zellaktivierung und Apoptose in primären Lymphozyten Die bisherigen Daten deuteten aufgrund der Korrelation zwischen Blockierung der T-Zellaktivierung und Apoptose in Jurkat T-Zellen und PBMCs mit der Herabregulierung des TCR-CD3 durch Nef auf einen direkten funktionellen Zusammenhang hin (vgl. Abbildungen 7, 12 und 14). Da Gruppe 2 Nefs auch signifikant schwächer aktiv in der Modulation von CD28 als Gruppe 1 Nefs waren, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass beide Nef-Funktionen zur Blockierung der T-Zellaktivierung benötigt werden (Abbildung 5). AnnexinV+ Zellen (%) IL2R Expression (MFI) CD69 Expression (MFI) CD69 Expression (%) NFAT (X-fache Induktion) nicht infiziert Abb. 16: Die Nef-vermittelte TCR-CD3 Herabregulierung ist essentiell und ausreichend zur Blockierung der T-Zellaktivierung und Apoptose. (A) Selektivität in der Modulation des TCR-CD3 von mactNef und debΔ23-30Nef in infizierten Jurkat-Zellen. mactNef ist aktiv und debΔ23-30Nef inaktiv in der Blockierung der T-Zellaktivierung in infizierten Jurkat-Zellen (B und C) und infizierten primären Blutlymphozyten (D und E). Die auf CD3 selektiv aktive Mutante SIVmactNef inhibiert PHAvermittelte Apoptose in PBMCs im Gegensatz zum debΔ23-30 Nef, welches inaktiv in der Herabregulierung von CD3 ist (F). B und C zeigen Mittelwerte von drei Experimenten +/- Stabw. 6. ERGEBNISSE 41 Aus diesem Grund wurde eine große Anzahl von Nef-Mutanten auf deren funktionelle Aktivität in der Modulation von CD4, CD3, CD28 und MHC-I charakterisiert. Zwei Mutanten mit selektiv aktivem und selektiv defektem Phänotyp bezüglich der Modulation von CD3 wurden ausgewählt, in das pBR-NL4-3 NIG Virus kloniert und auf T-Zellaktivierung und Apoptose in primären Lymphozyten untersucht (Abbildung 16). SIVmactNef, die auf TCR-CD3 selektiv aktive Mutante des SIVmac239 Nef, hat eine 153bp große Deletion im zentralen Bereich des Allels. Die Herabregulierung des TCRCD3 durch mactNef war ausreichend zur Blockierung der T-Zellaktivierung in infizierten Jurkat-Zellen und PBMCs und zur Inhibition der PHA-vermittelten Apoptose in PBMCs (Abbildung 16). Im Gegensatz hierzu war die Deletionsmutante SIVdebΔ23-30Nef inaktiv in der Blockierung der T-Zellaktivierung und Apoptose, sowie selektiv defekt in der Herabregulierung des TCR-CD3 (Abbildung 16). Diese Ergebnisse zeigen, dass die Nefvermittelte Herabregulierung des TCR-CD3 ausreichend und essentiell zur Blockierung der T-Zellaktivierung und aktivierungs-induziertem Zelltod ist. 6.5 Der Verlust der Nef-vermittelten CD3-Herabregulierung ist in vivo assoziiert mit CD4+ T-Zelldepletion in SIVsm-infizierten Rauchgrauen Mangaben Die bisherigen Daten dieser Doktorarbeit zeigen, dass in vitro die Infektion humaner PBMCs mit HI-Viren, die defekt in der Modulation von CD3 sind, zur Hyperaktivierung und Apoptose infizierter Zellen führt. Dies ist konsistent mit der Beobachtung, dass Progression zu AIDS mit erhöhter Immunaktivierung assoziiert ist, (Giorgi et al., 1999; Michel et al, 2000; Sousa et al., 2002) und die Nef Proteine der Lentiviren, die in ihren natürlichen Wirten einen asymptomatischen Infektionsverlauf zeigen, CD3 effektiv von der Oberfläche infizierter Zellen entfernen (siehe Tabelle 1; Münch et al., 2005). Obwohl der Großteil der SIVsm-infizierten Rauchgrauen Mangaben keine Immundefizienz oder CD4+T-Zelldepletion zeigen, tritt in ca. 10-15% der Tiere ein Verlust der CD4+ T-Zellen auf, der mit erhöhter Immunaktivierung assoziiert ist (Ling et al., 2005; Sumpter et al., 2006). Um zu untersuchen, ob in vivo die erhöhte TZellaktivierung und CD4+ T-Zelldepletion mit dem Verlust der Modulation von CD3 6. ERGEBNISSE 42 durch Nef assoziiert ist, erhielten wir PCR-Produkte von nef Allelen aus SIVsm-infizierten Rauchgrauen Mangaben, die sich in ihren CD4+ T-Zellzahlen unterscheiden. 22 SIVsm nefs wurden direkt aus Plasma amplifiziert und als Pool in den bicistronischen Expressionsvektor pCG-IRES-GFP kloniert. Kontrollsequenzierungen zweier Allele pro Pool bestätigten die Spezifität der amplifizierten Proben. Dann wurde die Aktivität der SIVsm nef-Pools in der Herabregulierung von CD4, CD3, CD28 und MHC-I von der X-fache Herabregulierung Oberfläche transfizierter Jurkat T-Zellen gemessen (Abbildung 17). Abb. 17: Primäre SIVsm nef-Allele aus infizierten Tieren mit niedrigen CD4+T-Zellzahlen sind schwach aktiv in der Herabregulierung von TCR-CD3. Herabregulierung von CD4, CD3, CD28 und MHC-I von der Oberfläche transfizierter Jurkat T-Zellen. (A) Einteilung der primären SIVsm nef-Allele in Proben aus Tieren mit normalen (>450/µl; n=11) und niedrigen (<450/µl; n=11) CD4+ T-Zellzahlen und (B) in Allele aus Tieren mit sehr hohen (>800/µl; n=7) und sehr niedrigen (<300/µl; n=4) CD4+ TZellzahlen. Rot markiert sind drei nef-Allele, die defekt in der Modulation von CD3 sind. SIVsm nef-Pools aus Tieren mit niedrigen CD4+T-Zellzahlen waren signifikant schwächer aktiv in der Modulation von CD3 (p=0,0013) und in geringerem Maße MHC-I (p=0,0151; Abbildung 17A). Diese Unterschiede wurden noch deutlicher, wenn nur Tiere mit hoher (>800/µl) oder sehr niedriger (<300/µl) CD4+ T-Zellzahl in die Analyse einbezogen wurden (Abbildung 17B). Interessanter Weise zeigten drei nef-Pools aus Tieren mit extrem niedrigen CD4+T-Zellzahlen (<10/µl; in Abbildung 17 rot dargestellt) auch die geringste Aktivität in der Herabregulierung von TCR-CD3. Diese Ergebnisse verdeutlichen die 6. ERGEBNISSE 43 Relevanz der Nef-vermittelten Herabregulierung von CD3 für das Aufrechterhalten stabiler CD4+T-Zellzahlen in SIVsm-infizierten Mangaben in vivo. 6.6 Die Herabregulierung von TCR-CD3 durch Nef attenuiert die virale Replikation Um die Auswirkung der Herabregulierung von TCR-CD3 durch Nef und der damit assoziierten Blockierung der T-Zellaktivierung auf die Replikation von HIV-1 in infizierten primären Lymphozyten zu messen, wurden PBMCs mit einer niedrigen Dosis VSV-G pseudotypisierter HIV-1 NIG Viren infiziert. Dies erlaubt die Infektion von Zielzellen unter Umgehung der Nef-vermittelten Erhöhung der Partikelinfektiosität (Review: Lama, 2003). Da alle HIV-1 NIG Konstrukte funktionelles HIV Env exprimieren, konnte nach der initialen Infektion normale Virusreplikation erfolgen. Über einen Zeitraum von 7 Tagen nach Infektion wurde mittels ELISA die Menge an p24 Gag Protein im Überstand infizierter PBMC Kulturen gemessen (Abbildung 18). A B Gruppe 2 nicht infiziert Tage nach Infektion GFP+ Zellen (%) p24 Produktion (ng/ml) Gruppe 1 Tage nach Infektion Abb. 18: Stimulierung der viralen Replikation durch Gruppe 1 Nef-Proteine. (A) p24 Produktion in PBMCs infiziert mit HIV-1 NIG Viren, die Gruppe 1 (n=12) oder Gruppe 2 (n=18) Nefs exprimieren. (B) Quantifizierung der Anzahl HIV-1 NIG-infizierter (GFP+) Zellen in den PBMC Kulturen mittels FACS Analyse. Ergebnisse in Panel A und B zeigen Mittelwerte eines ausgewählten Experiments mit drei unabhängigen Infektionen +/- Standardfehler (Gruppe 1 n=12; Gruppe 2 n=19). 6. ERGEBNISSE 44 Am Tag 7 nach Infektion war die p24 Produktion in PBMC Kulturen, die mit Gruppe 1 Nef exprimierenden Viren infiziert waren, um ca. das 4-fache gegenüber Infektionen mit Gruppe 2 HIV-1 NIG Viren erhöht (Abbildung 18A). Dieser Unterschied begründete sich nicht nur in einer erhöhten Anzahl infizierter Zellen (Abbildung 18B), sondern auch in einer realen Erhöhung der Partikelproduktion pro infizierter Zelle. Dies verdeutlicht Abbildung 19. Hier wurde die Partikelproduktion auf die Anzahl infizierter (GFP positiver) Zellen normalisiert. Dabei zeigte sich, dass PBMCs infiziert mit Gruppe 1 NIG-Viren ca. 2,5-fach mehr p24 produzierten als Zellen, die mit Gruppe 2 Nefexprimierenden Viren infiziert waren. Dieser Unterschied in der Partikelproduktion zwischen beiden Gruppen war statistisch hochsignifikant (p=0,0015) und zeigt, dass die Nef-vermittelte Herabregulierung von TCR-CD3 und Blockierung der T-Zellaktivierung Normalisierte p24 Produktion (ng / % GFP+ Zellen) mit geringerer Virusreplikation assoziiert ist. Abb. 19: p24 Produktion pro Prozent infizierte Zellen. Für Tag 7 nach Infektion wurden die Werte für ng p24 Produktion aus Abbildung 15 auf Prozent GFP positive Zellen normalisiert. Angegeben sind Mittelwerte +/- Gruppe 2 Gruppe 1 Standardfehler (Gruppe 1 n=12; Gruppe 2 n=18) 7. DISKUSSION 45 7. Diskussion Das Nef-Protein der Immundefizienzviren trägt bei der HIV-1 Infektion des Menschen entscheidend zur Entstehung von AIDS bei und wird daher als wichtiger Pathogenesefaktor betrachtet (Deacon et al., 1995; Kirchhoff et al., 1995). Auch im Tiermodell, bei der experimentellen Infektion von Rhesusmakaken mit dem AffenImmundefizienzvirus SIVmac239 stellte sich heraus, dass Nef für die effiziente Replikation des Virus essentiell ist und bei der Progression zu AIDS eine wichtige Rolle spielt (Kestler et al., 1991). Mittlerweile wurden in über 30 Primatenarten Lentiviren gefunden, die vom Aufbau und der Genomorganisation HIV-1 und HIV-2 entsprechen (Hahn et al., 2000; Sharp et al., 2005). Demzufolge werden diese Viren auch als AffenImmundefizienzviren (SIV) bezeichnet. Alle bisher identifizierten SIV kodieren für einen offenen nef-Leserahmen. Erstaunlicher Weise progredieren aber die meisten natürlichen Wirte der Affen-Immundefizienzviren nicht zu AIDS (Reviews: Hirsch, 2004; Hurtrel et al., 2005; Silvestri, 2005). Ziel dieser Doktorarbeit war es, eine große Anzahl von nefAllelen aus HIV-1, HIV-2 und Immundefizienzviren natürlich infizierter Primaten funktionell zu charakterisieren. Die Ergebnisse sollten zeigen, ob Unterschiede in der Funktion von Nef zum asymptomatischen Infektionsverlauf der Affen- Immundefizienzviren in ihren natürlichen Wirten beitragen. Zur funktionellen Analyse wurden nef-Allele von verschiedenen Gruppen der Lentiviren in das HIV-1 NL4-3 nef-IRES-eGFP (HIV-1 NIG) Virus kloniert (Tabelle 1). Dieses Virusisolat ist gut charakterisiert und wird weltweit als Standard zur Infektion von Zelllinien und Primärzellen mit HIV-1 genutzt. Über ein einkloniertes IRES-Element wird eGFP zusammen mit Nef von einer bicistronischen mRNA koexprimiert. Dadurch erlaubt dieses System die einfache Identifikation infizierter Zellen über Expression von GFP und ermöglicht die Korrelation der Nef-Expression mit der Modulation zellulärer Faktoren oder apoptotischer Marker (Schindler et al., 2003; Schindler et al., 2005). Die Viren sind mit Ausnahme der unterschiedlichen nef-Allele isogen und exprimieren alle viralen Proteine im physiologischen Kontext unter Kontrolle des LTR-Promoters und der natürlichen Spleißstellen. Damit hat dieses System einen Vorteil gegenüber den bisher gebräuchlichen Expressionsplasmiden, die Nef unter artifiziellen Bedingungen überexprimieren. Zur Standardisierung der Infektion und um die Analyse infizierter Zellen im FACS zu erleichtern, wurden Viruspartikel mit dem Hüllprotein des Vesikulären Stomatitisvirus 7. DISKUSSION 46 pseudotypisiert. Dies erlaubt die Infektion von Zielzellen unter Umgehung des Nefvermittelten Einflusses auf die Infektiosität, jedoch ohne Auswirkung auf die Modulation zellulärer Faktoren durch Nef. Da die Viren funktionelles HIV-1 Hüllprotein exprimieren, kann nach der Primärinfektion die normale Virusreplikation erfolgen. Alle 30 Nefs modulieren effizient CD4 und MHC-I von der Oberfläche infizierter Jurkat T-Zellen herab. Dies zeigt, dass die HIV-1 NIG-Varianten funktionelles Nef exprimieren und die Herabregulierung des primären Virusrezeptors CD4 und MHC-I konservierte Funktionen der untersuchten lentiviralen Nef Proteine sind. HIV-1, SIVcpz, sowie Nefs aus SIVgsn/mus/mon sind im Gegensatz zu HIV-2 und allen anderen SIV nefAllelen inaktiv in der Herabregulierung von TCR-CD3 (Tabelle 1 und Abbildung 4). Ausgehend von diesem Befund können zwei Gruppen von nef-Allelen definiert werden. Gruppe 1 nef-Allele modulieren CD3 nicht. Dazu gehören Nefs aus HIV-1 M, N und O, sowie alle SIVcpz und SIVgsn/mus/mon Nefs. Gruppe 2, zu der nef-Allele aus HIV-2 und allen anderen untersuchten Lentiviren gehören, entfernen TCR-CD3 effizient von der Oberfläche infizierter Zellen. Die weitere funktionelle Analyse der Herabregulierung von CD28 durch Nef zeigt ein differenzierteres Bild. Hierbei findet sich kein „alles oder nichts“-Phänotyp wie bei der Modulation von TCR-CD3. Vielmehr sind Gruppe 1 Nefs eher schwach aktiv in der Herabregulierung von CD28, während Gruppe 2 Nefs auch diesen T-Zellrezeptor-Bestandteil hoch effizient von der Oberfläche infizierter Zellen herabregulieren (Tabelle 1 und Abbildung 4). Die quantitative Analyse bestätigt, dass auch dieser Unterschied in der Modulation von CD28 hochsignifikant ist. Elisabeth Bailes von der Universität Nottingham (England) stellte uns phylogenetische Analysen der beiden untersuchten Gruppen lentiviraler Nef-Proteine zur Verfügung (Abbildung 20). Auf Basis des erstellten Stammbaums zeigte sich, dass NefProteine die CD3 nicht herabregulieren (Gruppe 1), oder dieses aktiv von der Zelloberfläche entfernen (Gruppe 2) auch phylogenetische Gruppen bilden (Abbildung 20). Zur Gruppe 1 gehören HIV-1 und SIVcpz. Da HIV-1 aus der akzidentialen Transmission von SIVcpz in die menschliche Population entstand, sind diese Viren phylogenetisch eng verwandt und teilen auch funktionelle Aspekte (Hahn et al., 2000; Kirchhoff et al., 2004). 7. DISKUSSION 47 Abb. 20: Stammbaum der analysierten Nef-Proteine. Evolution von Nef auf Basis eines Homologievergleichs der Amino- säuresequenz. Die Skala steht für jeweils 0,2 Austausche pro Aminosäure. Zahlen über den Ästen zeigen die prozentuale statistische Signifikanz der Verzweigung an. Nur Werte über 95% sind angegeben. Gruppe 1 Nefs sind rot dargestellt, Gruppe 2 Nefs schwarz. Nur Viren der Gruppe 1 tragen einen vpuORF in ihrem Genom. Am nächsten verwandt zu SIVcpz-Nef ist das Nef-Protein aus SIVrcm, welches zur Gruppe 2 gehört und aktiv in der Herabregulierung von CD3 ist. Der scheinbare Widerspruch erklärt sich im Ursprung von SIVcpz. Dieses entstand aus der Rekombination zweier Affen-Immundefizienziviren im Schimpansen (Bailes et al., 2003). Dabei handelt es sich um Vorläufer von SIVrcm und SIVgsn. Das nach der Rekombination entstandene Virus resultierte im 5´ Bereich einschließlich der Gene gag und pol aus dem Vorläufervirus von SIVrcm und im 3´ Bereich des env Gens aus dem Virus, welches später zu SIVgsn führte (Bailes et al., 2003). Dies bedeutet, dass Nef im rekombinanten Virus aus SIVrcm stammt und somit zunächst zur Herabregulierung von TCR-CD3 fähig war. Da jedoch das mit SIVrcm Nef eng verwandte SIVcpz diese Funktion verloren hat, müssen Eigenschaften des rekombinierten Virus die Modulation von TCR-CD3 evolutiv überflüssig gemacht haben. Nef aus dem zweiten Virus des rekombinanten Ursprungs von SIVcpz ist SIVgsn (Abbildung 20). Dieses Nef ist inaktiv in der Modulation von CD3 und formt eine eigenständige phylogenetische Gruppe mit SIVmon und SIVmus, deren nefAllele ebenfalls inaktiv in der Modulation von CD3 sind. Erstaunlicher Weise kodiert das 7. DISKUSSION 48 Genom aller Gruppe 1 Viren für ein vpu-Gen, während Gruppe 2 Viren keinen vpuLeserahmen in ihrem Genom haben. Dies könnte bedeuten, dass ein funktionelles Vpu die Modulation von TCR-CD3 durch Nef evolutiv obsolet gemacht hat. In der Evolution der Lentiviren ist die Modulation von TCR-CD3 durch Nef bisher zweimal unabhängig voneinander verloren gegangen. Die Viren der Klade SIVgsn/mus/mon kodieren für ein Vpu-Protein und besitzen nef-Allele, die inaktiv in der Modulation von CD3 sind. Ein zweites Mal muss CD3 Herabregulierung durch Nef im rekombinanten SIVcpz Virus verloren gegangen sein, das Vorläufervirus von HIV-1. HIV-2 entstammt der akzidentialen Übertragung eines Affen-Immundefizienzvirus der Rauchgrauen Mangaben (SIVsmm) auf den Menschen (Hirsch et al., 1989). Auch SIVmac239, das Virus welches im Tiermodell bei der Infektion von Rhesusmakaken gut charakterisiert ist, stammt ursprünglich von SIVsmm ab (Daniel et al., 1985). Zusammenfassend zeigen die phylogenetischen Daten in Abbildung 20, dass während der Evolution der Lentiviren die Herabregulierung von CD3 durch Nef zweimal unabhängig voneinander verloren ging und in diesen Viren ein vpuLeserahmen entstand. Mehrere Studien haben einen positiven Einfluss von HIV-1 Nef auf die Aktivierung infizierter T-Zellen postuliert (Fortin et al., 2004; Fenard et al., 2005; Review: Das und Jameel, 2005). Im Rahmen dieser Doktorarbeit konnten die Daten für HIV-1 M Nef bestätigt werden. Außerdem führen auch nef-Allele aus HIV-1 N und O sowie aus SIVcpz und SIVgsn/mus/mon zur Hyperaktivierung infizierter Zellen nach T-Zellrezeptor abhängiger Stimulation (Abbildung 6 und 7). Da die nef-Allele der Gruppe 2 TCR-CD3 effektiv von der Oberfläche infizierter Zellen entfernen, wurde überprüft, ob die Expression von Gruppe 2 Nefs die Aktivierung über den T-Zellrezeptor blockiert. In Jurkat-T-Zellen wird sowohl die NFAT-Promoteraktivität als auch die Expression des frühen T-Zellaktivierungsmarkers CD69 durch die Nef-vermittelte Modulation des TCRCD3 inhibiert (Abbildung 8B). Die hohe Korrelation der CD3 Herabregulierung mit der Blockierung der T-Zellaktivierung deutet darauf hin, dass beiden Vorgängen derselbe Mechanismus zugrunde liegt (Abbildung 8B). Nicht nur nach Stimulation mit einer mitogenen Substanz wie PHA kann die Blockierung der T-Zellaktivierung durch Nefvermittelte CD3 Herabregulierung nachgewiesen werden. Die Stimulation von Jurkat-TZellen mit anti-CD3/CD28 Kügelchen imitiert die Aktivierung von T-Zellen im physiologischen Kontext mit Antigen präsentierenden Zellen (APC) (Trickett und Kwan, 2003). Analog zur Stimulation mit PHA blockiert Nef durch Herabregulierung von TCR- 7. DISKUSSION 49 CD3 die Aktivierung infizierter Zellen durch Koinkubation mit anti-CD3/CD28 Kügelchen (Abbildung 7 und Abblidung 8A). Dies bedeutet, dass sich nef-Allele der Gruppe 1, die TZellen in einen hyperaktivierten Zustand versetzen, grundlegend von Gruppe 2 Nefs, welche die Aktivierung infizierter Zellen blockieren, unterscheiden. In vivo erfolgt die Aktivierung CD4+ T-Zellen durch die Interaktion des TCR-CD3 mit Peptid beladenem MHC-II einer APC und der Interaktion des kostimulatorischen CD28 mit B7.1 oder B7.2. Wie in Abbildung 10A ersichtlich, regulieren Gruppe 2 Nefs auch CD3 von der Oberfläche infizierter PBMCs herab. Dies erfolgt mit erstaunlicher Effizienz und bei niedrigeren Nef-Expressionsleveln als in infizierten Jurkat Zellen (Vergleich Abbildung 4 mit Abbildung 10A). Die Herabregulierung von TCR-CD3 durch Nef hat auch in primären Blutlymphozyten die Blockierung der frühen und späten TZellaktivierung zur Folge (Abbildungen 10A, 12 und 16). Somit kann aufgrund der hier präsentierten Daten postuliert werden, dass die Aktivierung infizierter Zellen in vivo durch die Herabregulierung von CD3 durch Gruppe 2 Nefs effizient inhibiert wird, während Gruppe 1 Nefs zur Hyperaktivierung infizierter Zellen führen. In HIV-1 Infizierten befindet sich das Immunsystem während der chronischen Phase der Infektion in erhöhtem Aktivierungszustand (Meyaard et al., 1992; Muro-Cacho et al., 1995; Gougeon et al., 1996). Dieser lässt sich aus der Hyperaktivierung infizierter Zellen per se ableiten. Mehrere Publikationen sowie die Daten dieser Doktorarbeit bestätigen die Hyperaktivierung durch die Infektion mit HIV-1 (Fortin et al., 2004; Fenard et al., 2005). Zwar ist die Anzahl an infizierten Zellen im peripheren Blut gering, jedoch ist in vivo der Großteil der Lymphozyten im lymphatischen Gewebe infiziert (Review: Brenchley et al., 2006). Dies versetzt das Immunsystem in einen permanent aktivierten Zustand. Erhöhte T-Zellaktivierung korreliert mit der Induktion von Apoptose in infizierten primären Blutlymphozyten (Abbildungen 10B, 14 und 16). Wird dieses Szenario in die in vivo Situation transponiert, kann ein neues Modell zur Depletion CD4+ T-Zellen während der chronischen Phase der Infektion des Menschen mit HIV-1 postuliert werden. So kommt es während der akuten Phase der Infektion durch die Hyperaktivierung oder andere Virus-vermittelte Mechanismen zur massiven Eliminierung der infizierten CD4+ Gedächtnis T-Zellen. Dies schädigt das Immunsystem dauerhaft durch den Verlust eines Großteils seiner immunkompetenten Zellen. Im Verlauf der chronischen Infektion entsteht eine Art Gleichgewicht zwischen T-Zelltod durch die Virusinfektion und Neuproduktion von CD4+ T-Zellen, deren Verlust das Immunsystem auszugleichen 7. DISKUSSION 50 versucht. Demnach wäre die Progression zu AIDS im Lauf der chronischen Phase der Infektion durch ein langsames, aber stetiges Verschieben dieses Gleichgewichts gekennzeichnet, da das Immunsystem den Verlust an T-Zellen dauerhaft nicht mehr auszugleichen vermag. Dieses Modell für die AIDS-Pathogenese steht nicht im Gegensatz zum bisherigen kontrovers diskutierten Modell der „Bystander“-Apoptose (Finkel et al., 1995) sondern ergänzt dieses entscheidend. Bisher ging man davon aus, dass die kontinuierliche Depletion CD4+ T-Zellen nicht direkt durch die Virusinfektion erfolgt, sondern dass vor allem nicht infizierte Zellen in direkter Nachbarschaft zu infizierten Zellen, sogenannte „Bystander“-Zellen, durch Sekretion von Cytokinen und Virusproteinen eliminiert werden (Alimonti et al., 2003). Jedoch konnte man sich das Ausmaß der CD4+ T-Zelldepletion durch „Bystander“-Apoptose alleine nicht ausreichend erklären. Somit könnte ein weiterer Faktor der zur Depletion CD4+ T-Zellen führt, die erhöhten Level der Immunaktivierung und der damit verbundene Zelltod in HIV-1 Infizierten sein. Diese Theorie ist auch konkordant mit Untersuchungen, die zeigen, dass das Ausmaß der Immunaktivierung bei der Infektion des Menschen mit HIV mit der Progression zu AIDS korreliert (Giorgi et al., 1999; Michel et al, 2000; Sousa et al., 2002). Interessanter Weise progredieren dem aktuellen Wissensstand nach die natürlich infizierten Wirte der Immundefizienzviren nicht zu AIDS (Hahn et al., 2000; Santiago et al., 2002). Für den asymptomatischen Verlauf der natürlichen Infektion mit Lentiviren sind sowohl Wirts- als auch Virusfaktoren entscheidend. Am Beispiel der Infektion des Menschen mit HIV-2 ist dies leicht ersichtlich. So entwickeln Rauchgraue Mangaben, die natürlichen Wirte von HIV-2, keine Immundefizienz (Silvestri et al., 2005), während die experimentelle Infektion von Rhesusmakaken mit dem mit HIV-2 eng verwandten SIVmac239 zum Tiermodell für die Untersuchung der AIDS-Pathogenese geworden ist (Kestler et al., 1991). Im Menschen ist die Infektion mit HIV-2 gegenüber HIV-1 attenuiert und die Dauer bis zur Progression von AIDS ist wesentlich länger (Marlink et al., 1988; Pepin et al., 1991; Michel et al., 2000). Somit unterscheidet sich der Infektionsverlauf desselben Virus in drei unterschiedlichen Wirten grundlegend. Allerdings sind auch Virusfaktoren wichtig, da HIV-1 im gleichen Wirt - dem Menschen - wesentlich pathogener als HIV-2 ist. Während der AIDS-Pathogenese korreliert die Immunaktivierung mit dem Krankheitsverlauf (Giorgi et al., 1999; Michel et al, 2000; Sousa et al., 2002). Auch das Ausmaß der Immunaktivierung in den natürlichen Wirten der Immundefizienzviren ist trotz hoher Virustiter niedrig und der Infektionsverlauf ist 7. DISKUSSION 51 asymptomatisch. Die Daten dieser Doktorarbeit zeigen, dass Nef durch die Modulation von CD3 die Aktivierung und Apoptose infizierter Zellen drastisch hemmt. Außerdem sind primäre Nefs aus SIVsm-infizierten Mangaben mit niedrigen CD4+ T-Zellzahlen defekt oder attenuiert in der Herabregulierung von TCR-CD3 (Abbildung 17). Demzufolge kann postuliert werden, dass Nef in den natürlichen Wirten der Immundefizienzviren durch die Modulation von CD3 zur Entstehung eines asymptomatischen Infektionsverlaufes beiträgt. Während die Virusproduktion durch die Herabregulierung von CD3 und damit assoziierte Blockierung der T-Zellaktivierung durch Nefs der Gruppe 2 in infizierten Zellen attenuiert ist (Abbildungen 18 und 19), ist die Überlebensrate dieser Zellen deutlich erhöht (Abbildung 14A und B). Dies erklärt das Erreichen hoher Virustiter in asymptomatischen SIV-Infektionen ohne erhöhte T-Zellaktivierung und Apoptose. Somit wäre Nef im Kontext eines intakten Immunsystems in den natürlichen Wirten der Immundefizienzviren vielmehr ein Persistenz– als ein Pathogenesefaktor. Die Herabregulierung von CD3 verhindert die Hyperaktivierung infizierter Zellen. Dies erlaubt die Produktion von Viruspartikeln auf einem niedrigen Level, ohne dass die infizerten Zellen absterben. Die konservierte Nef-Funktion CD4-Herabregulierung ermöglicht die produktive Virusreplikation und MHC-I Modulation schützt die infizierte T-Zelle vor der Elimination durch cytotoxische T-Lymphozyten des Wirts (Reviews: Wei et al., 2003; Das und Jameel, 2005). Im Verlauf der Evolution der Lentiviren haben die Viren einen vpu-Leserahmen entwickelt, deren Nef-Proteine CD3 nicht von der Oberfläche infizierter Zellen herabregulieren. So tragen nur Viren, die nef-Allele der Gruppe 1 exprimieren, ein funktionelles vpu-Gen. Eine wichtige Funktion von Vpu ist die Erhöhung der Partikelfreisetzung aus infizierten Zellen (Review: Binette und Cohen, 2004). Möglicherweise lag auf dieser Funktion ein starker Selektionsdruck, da nach dem Verlust der Herabregulierung von CD3 durch Nef infizierte Zellen stark aktiviert wurden, mehr Virus produzierten, aber durch den erhöhten Aktivierungszustand die Überlebenszeit der infizierten Zellen verringert war. Wie lässt sich allerdings die These, dass nach dem Verlust der Nef-vermittelten Herabregulierung von CD3 die Infektion mit Lentiviren pathogen wurde, mit der asymptomatischen Infektion von Schimpansen mit SIVcpz und anderen Affenspezies mit SIVgsn/mus/mon vereinbaren? Diese Viren tragen nef-Allele, die CD3 nicht von der Oberfläche infizierter Zellen herabregulieren. Ein entscheidender Hinweis liefert die 7. DISKUSSION 52 Beobachtung der Prävalenz dieser Viren in ihren Wirtsspezies. Während nur ca. 3-5% der natürlichen Wirte von SIVgsn und SIVmus infiziert sind, tragen 50-90% der natürlichen Wirte von SIVsmm und SIVagm das Virus in sich (Bibollet-Ruche et al., 2004; Aghokeng et al., 2005). Auch die Prävalenz von SIVcpz ist weitaus geringer als von SIVsmm oder SIVagm (Santiago et al., 2002; Santiago et al., 2003; Nerrienet et al., 2005). Dies könnte bedeuten, dass die Fähigkeit dieser Viren, in ihren Wirtsspezies zu persistieren, weitaus geringer ist, oder die Übertragung weit weniger effektiv ist. Auch könnte es schwierig sein, infizierte symptomatische Träger dieser Viren zu finden, da die Tiere der Infektion schnell zum Opfer fallen könnten, was ebenfalls die niedrige Prävalenz der SIVs, die nef-Allele der Gruppe 1 tragen, in ihren natürlichen Wirten erklären würde. Ein weiteres interessantes Detail ist die Tatsache, dass HIV-1 Nefs sowohl in der Modulation von CD3 inaktiv sind, als auch das kostimulatorische CD28 in weitaus geringerem Maße herabregulieren als SIV Nefs der Gruppe 1 (Tabelle 1 und Kirchhoff et al., 2004). Zur initialen T-Zellaktivierung ist die Stimulation über CD3 ausreichend, wobei für das Aufrechterhalten des Aktivierungszustands das kostimulatorische Signal über CD28 getriggert werden muss (Riley et al., 2005). Dies könnte bedeuten, dass nach dem Speziestransfer von SIVcpz auf den Menschen die Fähigkeit zur Blockierung der T-Zellaktivierung durch Nef noch weiter reduziert war, was HIV-1 zu größerer Pathogenität im Menschen prädisponiert hat. Allerdings muss die Relevanz dieses Unterschieds noch in weiteren Experimenten geklärt werden. Ein weiterer Kontrapunkt zur Relevanz der Nef-vermittelten CD3-Modulation für die AIDS-Pathogenese scheint das Rhesusmakaken Tiermodell. Zur Infektion von Rhesusmakaken wird der molekulare Klon SIVmac239 benutzt. SIVmac239 Nef ist aktiv in der Herabregulierung von CD3. Da Rhesusmakaken nach der Inokulation mit SIVmac239 im Zeitraum von ca. einem Jahr zu AIDS progredieren (Kestler et al., 1991), scheint die Blockierung der T-Zellaktivierung durch Nef nicht ausreichend für die Entwicklung eines asymptomatischen Phänotyps. Allerdings sind Rhesusmakaken außergewöhnlich suszeptibel für die Entwicklung von AIDS und die natürlichen Wirte von SIVmac239, die Rauchgrauen Mangaben, entwickeln keine Immundefizienz bei hoher Prävalenz und hohen Virustitern (Silvestri et al., 2005). Dies zeigt sich auch bei der experimentellen Infektion von Rauchgrauen Mangaben mit SIVmac239, in deren Verlauf es nicht zur Entwicklung einer Immundefizienz in infizierten Tieren kommt (Kaur et al., 1998; Silvestri et al., 2005). Neben Wirtsfaktoren, die klar mit entscheidend für die 7. DISKUSSION 53 Entwicklung von AIDS bei der Infektion mit Immundefizienzviren sind, zeigt sich jedoch auch im Rhesusaffenmodell, dass die Nef-vermittelte Erhöhung der T-Zellaktivierung klar die Pathogenität des Virus steigert (Du et al., 1995). Eine weitere Arbeit zeigt, dass Rhesusaffen, die mit Viren infiziert sind, die selektiv aktiv in der Herabregulierung von CD3 sind, niedrigere Virustiter entwickeln als mit nef-defekten Viren infizierte Tiere (Münch et al., 2002). Diese Daten belegen, dass auch im Rhesusmakaken Tiermodell die Herabregulierung von CD3 die Pathogenität des Virus abschwächt. Zusammenfassend zeigen die hier präsentierten Daten, dass Nef in infizierten primären Zellen durch die Herabregulierung von CD3 die T-Zellaktivierung und den Zelltod blockiert und die virale Replikation attenuiert. Unabhängig hiervon sind andere Nef-Funktionen wie Herabregulierung von CD4 und MHC-I zwischen nef-Allelen verschiedenster Immundefizienzviren konserviert. Entscheidend für die in vivo Relevanz der Modulation von TCR-CD3 durch Nef ist die Assoziation dieser Funktion mit stabilen CD4+T-Zellzahlen in SIVsmm-infizierten Mangaben. Diese Daten beschreiben zum ersten Mal einen Mechansimus, wie es zur niedrigen Immunaktivierung und dem asymptomatischen Infektionsverlauf der natürlichen Wirte der Immundefizienzviren kommt. Außerdem ergeben sich wichtige Implikationen für die Pathogenität der Lentiviren im Menschen und das Risiko einer weiteren Pandemie bei der Transmission anderer AffenImmundefizienzviren auf den Menschen. Das zu SIVsmm eng verwandte HIV-2 ist im Menschen weit weniger pathogen als HIV-1 (Marlink et al., 1988; Pepin et al., 1991; Michel et al., 2000) und enthält generell Nef, das CD3 moduliert (Münch et al., 2005). Ausgehend von den Daten dieser Doktorarbeit und der Tatsache, dass die Immunaktivierung in Infizierten direkt mit der Progression zu AIDS korreliert (Giorgi et al., 1999; Michel et al, 2000; Sousa et al., 2002), kann gefolgert werden, dass Viren deren Nef-Proteine CD3 nicht herabregulieren im Menschen hoch pathogen sind. Außerdem könnte es ein neuer Therapieansatz sein, die hohe Immunaktivierung während der Infektion mit HIV-1 zu unterdrücken, um den tödlichen Verlauf der HIV-1 Infektion in eine chronische Viruserkrankung zu konvertieren. 8.ZUSAMMENFASSUNG 54 8. Zusammenfassung Das Nef-Protein der Immundefizienzviren ermöglicht die effektive Persistenz von HIV-1 im Menschen und trägt wesentlich zur Entwicklung von AIDS bei. Somit ist Nef ein wichtiger Pathogenesefaktor. Mittlerweile wurden in über 30 Primatenarten Lentiviren gefunden, die mit HIV-1 verwandt sind und ebenfalls einen nef-Leserahmen in ihrem Genom tragen. Obwohl diese als Immundefizienzviren bezeichnet werden, verursachen die Affen-Lentiviren in ihren natürlichen Wirten anscheinend kein AIDS. In der vorliegenden Promotionsarbeit sollten nef-Allele verschiedener Gruppen der Immundefizienzviren funktionell charakterisiert werden, um zu klären, ob Unterschiede in der Funktion von Nef zum asymptomatischen Infektionsverlauf in den natürlichen Affenwirten der Immundefizienzviren beitragen. Hierzu wurden 30 nef-Allele verschiedener Lentiviren in einen proviralen, auf HIV1 basierenden Vektor kloniert, der Nef und eGFP von einer bicistronischen mRNA exprimiert. FACS Analysen infizierter T-Zellen zeigten, dass alle Nef-Proteine effizient MHC-I und CD4 herabregulieren. Allerdings zeigten sich grundsätzliche Unterschiede in der Modulation des CD3 Moleküls, einem essentiellen Bestandteil des T-ZellrezeptorKomplexes (TCR): nef-Allele von HIV-1 und dessen evolutiven Vorläufern waren nicht in der Lage, TCR-CD3 von der Oberfläche infizierter Zellen zu entfernen (Gruppe 1), während die nef-Allele aller übriger Lentiviren diesen Rezeptor mit hoher Effizienz herabregulierten (Gruppe 2). Des Weiteren zeigte sich, dass Gruppe 2 Nefs auch signifikant aktiver in der Modulation des bei der T-Zellaktivierung kostimulatorischen CD28-Moleküls waren. Die Expression von Gruppe 2 Nefs in Jurkat-T-Zellen und primären Blutlymphozyten führte nach Stimulation zur Blockierung der T-Zellaktivierung und hemmte den aktivierungs-induzierten Zelltod. Experimente mit Nef-Mutanten, die selektiv aktiv oder defekt in der Modulation von TCR-CD3 sind, bestätigten, dass die Nefvermittelte CD3 Modulation für die Blockierung der T-Zellaktivierung und Apoptose essentiell ist. Um die mögliche Bedeutung der CD3-Herabregulierung in vivo abzuschätzen, wurden nef-Allele aus SIV-infizierten Mangaben untersucht, die unterschiedliche CD4+ T-Zellzahlen aufwiesen. Hierbei zeigte sich, dass nef-Allele aus Tieren mit niedrigen CD4+ T-Zellzahlen TCR-CD3 nur schwach herabregulieren konnten. Dies bedeutet, dass Nef-vermittelte TCR-CD3 Herabregulierung in vivo für infizierte Zellen von Vorteil ist, da diese vor Hyperaktivierung und Apoptose geschützt werden. 8.ZUSAMMENFASSUNG 55 Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse dieser Promotionsarbeit, dass alle nefAllele CD4 und MHC-I von der Zelloberfläche herabregulieren und es dadurch den Immundefizienzviren ermöglichen, der Immunantwort im jeweiligen Wirt zu entgehen und effektiv zu persistieren. Zusätzlich verhindern oder reduzieren die Nef-Proteine der meisten Lentiviren die Schädigung des Immunsystems dadurch, dass sie TCR-CD3 herabregulieren und so die T-Zellaktivierung und Apoptose hemmen. Diese Nef-Funktion ging während der Evolution zu HIV-1 verloren. Dies ist wahrscheinlich ein wesentlicher Grund für die Hyperaktivierung des Immunsystems bei HIV-1 Infizierten, die direkt mit der Progression zu AIDS korreliert. Somit wird HIV-1 Nef zu Recht als Pathogenesefaktor angesehen, während es in natürlich infizierten Primaten zusätzlich eine Schutzfunktion ausübt und die Replikation des Virus im Kontext eines intakten Immunsystems ermöglicht. Die Daten dieser Doktorarbeit könnten somit erstmals erklären, warum natürlich mit Immundefizienzviren infizierte Primaten trotz hoher Virusbeladung keine Immunschwäche entwickeln, die Infektion des Menschen mit HIV-1 jedoch zur weltweiten AIDS-Pandemie geführt hat. 9. LITERATURVERZEICHNIS 56 9. Literaturverzeichnis Aghokeng, A.F., Liu, W., Bibollet-Ruche, F., Loul, S., Mpoudi-Ngole, E., Laurent, C., Mwenda, J.M., Langat, D.K., Chege, G.K., McClure, H.M., Delaporte, E., Shaw, G.M., Hahn, B.H., Peeters, M. (2006). Widely varying SIV prevalence rates in naturally infected primate species from Cameroon. Virology 345, 174-189 . Aiken C., Konner J., Landau N.R., Lenburg M.E., Trono D. (1994). Nef induces CD4 replication. J Biol Chem. 278(36):33912-9. 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