Algebra

Werbung
Algebra
Wintersemester 2013 / 2014
Prof. Dr. Thomas Bauer
Julian Andres Klode
Dozent
Mitschreiber
Vollständige Fassung vom 11. Februar 2014 um 11:17 Uhr
Inhaltsverzeichnis
1 Elementare Zahlentheorie
4
2 Gruppen
2.1 Halbgruppen und Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Gruppenhomomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Untergruppen und der Satz von Lagrange . . . . . . . . .
2.3.1 Untergruppen und ihre Nebenklassen . . . . . . . .
2.4 Normalteiler & Faktorgruppen . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Die Isomorphiesätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Zyklische Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.7 Der Hauptsatz über endlich erzeugte abelsche Gruppen . .
2.7.1 Haupsatz über endlich erzeugte abelsche Gruppen
2.8 Permutationsgruppen & Gruppenoperationen . . . . . . .
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
17
17
24
27
30
32
38
46
52
53
56
3 Ringe
3.1 Ringe, Unterringe, Ringhomomorphismen . . . . .
3.1.1 Rechenregeln in Ringen . . . . . . . . . . .
3.1.2 Unterringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.3 Homomorphismen . . . . . . . . . . . . . .
3.1.4 Nullteiler, Integritätsringe, Einheiten . . . .
3.1.5 Der Quotientenkörper eines Integritätsrings
3.2 Ideale & Faktorringe . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Chinesischer Restesatz . . . . . . . . . . . .
3.2.2 Primideale & maximale Ideale . . . . . . . .
3.2.3 Die Einheitengruppe vom Zm . . . . . . . .
3.2.4 Die Eulersche ϕ-Funktion . . . . . . . . . .
3.3 Polynomringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Polynomfunktionen . . . . . . . . . . . . . .
3.3.2 Grad eines Polynoms . . . . . . . . . . . . .
3.3.3 Rationale Funktionen . . . . . . . . . . . .
3.3.4 Division mit Rest . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.5 Polynome in mehreren Unbestimmten . . .
3.4 Euklidische Ringe & Hauptidealringe . . . . . . . .
3.4.1 Hauptidealringe . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Teilbarkeit in Integritätsringen, faktorielle Ringe .
3.5.1 Größte gemeinsame Teiler . . . . . . . . . .
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
69
69
71
72
72
73
76
79
83
86
89
90
92
93
94
96
96
99
100
100
103
105
2
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
3.6
3.5.2 Der Euklidische Algorithmus . . . . . . . .
3.5.3 Primelemente und irreduzible Elemente . .
3.5.4 Faktorielle Ringe . . . . . . . . . . . . . . .
3.5.5 Anwendung in der Algebraischen Geometrie
Polynomringe über faktorielle Ringe . . . . . . . .
3.6.1 Irreduzibilitätskriterien . . . . . . . . . . . .
3
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
106
107
109
114
114
118
1 Elementare Zahlentheorie
Ziel des Kapitels: Elementare Eigenschaften zur Teilbarkeit in Z erarbeiten
• als Vorbereitung für spätere abstrakte Konzepte (Ringtheorie, faktorielle Ringe,
. . . ) und
• um Z vertieft zu verstehen, z.B. als Basiswissen im Lehramtstudium
Die Inhalte als solche sind zumeist bekannt — unser Fokus liegt auf der systematischen
Entwicklung des Materials (z.B. Primfaktorzerlegung in Z).
Die ganzen Zahlen: Wir benutzen folgende Eigenschaften von Z:
(1) Die Addition auf Z ist eine kommutative und assoziative Verknüpfung. Es gibt ein
neutrales Element 0 und zu jedem Element a gibt es ein inverses element −a in Z.
(Z ist mit + eine abelsche Gruppe.)
(2) Die Multiplikation auf Z ist eine kommutative und assoziative Verknüpfung. Es
gibt ein neutrales Element 1. (Z ist mit · eine Halbgruppe mit neutralem Element.)
(3) Für Addition und Multiplikation gilt das Distributivgesetz
a(b + c) = ab + ac ∀a, b, c ∈ Z
(Zusammen mit (1) und (2) bedeutet dies: Z ist mit + und · ein kommutativer
Ring.)
(4) Sind a, b ∈ Z mit ab = 0, dann ist a = 0 oder b = 0. (Der Ring Z ist nullteilerfrei)
Bemerkung: Aus der Nullteilerfreiheit folgt die Kürzungsregel .
)
ab = ac
⇒b=c
a 6= 0
(Beweis: ab = ac ⇒ a(b − c) = 0 ⇒ a = 0 oder b − c = 0)
Und aus der Kürzungsregel folgt die Nullteilerfreiheit.
(Beweis: Sei ab = 0, also ab = a · 0. Wenn a 6= 0 ist, folgt b = 0 durch Kürzen. Wenn
b 6= 0 ist, analog.)
4
Bemerkung: Man kann die Eigenschaften von Z beweisen. Dazu ist es aber notwendig,
zunächst zu klären:
• Wie sind die ganzen Zahlen definiert?
• Wie sind Addition und Multiplikation definiert?
Die Teilbarkeitsrelation in Z: Seien a, b ∈ Z. Man sagt, a teilt b (oder: a ist Teiler von
b), falls gilt
b=a·q
für ein q ∈ Z.
Schreibweise: a | b. Verneinung: a6 | b.
Beispiele: 5 | 15, da 15 = 5 · 3
Achtung: Es gilt a | 0 für jedes a ∈ Z, da 0 = a · 0.
Bemerkung: Aus den Grundeigenschaften der natürlichen Zahlen (und der Definition
der Multiplikation) folgt:
Sind a, n ∈ N mit n > 1, so ist na > a.
Daraus folgt für a, b ∈ N:
)
a|b
a 6= b
⇒a<b
(„Jeder echte Teiler von b ist kleiner als b.“)
Daraus folgt:
Jede ganze Zahl außer Null hat nur endlich viele Teiler.
Eigenschaften der Teilbarkeitsrelation: Für a, b ∈ Z gilt:
(1) a | b und b | a ⇒ a = b oder a = −b
(2) a | b und b | c ⇒ a | c
(Die Teilbarkeitsrelation ist transitiv )
(3) a | b und a | c ⇒ a teilt alle Zahlen der Form sb + tc (Z-Linearkombination von b
und c) mit s, t ∈ Z.
5
Beweis. (1) Es gelte a | b und b | a.
Also ist b = aq und a = bq 0 mit gewissen q, q 0 ∈ Z.
Somit gilt b = bqq 0 , also qq 0 = 1, also q = q 0 = ±1
(2)
b = aq
c = bq
)
⇒ c = a qq 0
|{z}
0
(3)
b = aq
c = aq 0
)
⇒ sb + tc = saq + taq 0 = a(sq + tq 0 )
Primzahlen Eine Primzahl ist eine natürliche Zahl p > 1, die nur 1 und p als positive
Teiler hat.
Bemerkung: Es gilt also:
p prim ⇔ p 6= 1 und bei jeder Zerlegung p = a · b mit a, b ∈ N ist a = 1 oder b = 1
„Primzahlen sind die Zahlen (6= 1), die sich nicht echt zerlegen lassen.“
Satz: Jede natürliche Zahl n > 1 lässt sich als Produkt von Primzahlen schreiben,
n = p1 · . . . · pr
mit pi prim
(Alternativ: n = pn1 1 · . . . · pnk k mit ni ∈ N und paarweise verschiedenen pi .)
Beweis. Induktiv: Sei n ∈ N, n > 1.
Fall 1: n ist Primzahl. Fertig
Fall 2: n ist keine Primzahl. Dann gibt es eine Zerlegung n = ab mit a, b ∈ N, a, b 6= 1.
Wenn a und b prim sind: Fertig.
Sonst zerlege a und/oder b weiter.
Nach endlichen vielen Schritten endet das Zerlegen, denn in jedem echten Zerlegungsschritt n = ab ist a < n und b < n.
6
Satz (Euklid, ca. 300 v.Ch) Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Beweis. Wir zeigen: Sind p1 , . . . , pk Primzahlen, dann gibt es eine Primzahl p die von
allen pi verschieden ist.
Dazu betrachte:
M := p1 · . . . · pk + 1
(1) M ist nicht teilbar durch eines der pi , denn sonst würde folgen:
pi | M pi | p1 · . . . · pk ⇒ pi | 1
(2) M lässt sich als Produkt von Primzahlen schreiben (nach obigen Satz).
Sei p einer der Primteiler. Dann gilt nach (1)
p∈
/ {p1 , . . . , pk }
Wir zeigen im Rest des Kapitels:
Hauptsatz der Elementaren Zahlentheorie Jede natürliche Zahl n > 1 lässt sich in
eindeutiger Weise als Produkt von Primzahlen schreiben,
n = p1 · . . . · pr
(eindeutig bis auf Reihenfolge der Faktoren)
Bemerkung Problem: Eindeutigkeit Wenn zwei Personen dieselbe Zahl immer weiter
zerlegen (auf eventuelle verschiednene Art), warum müssen sie am Ende zur selben Zerlegung gelangen?
Person A:
1234567890 = |{z}
3803 ·324630 = . . .
prim
Person B:
1234567890 = |{z}
3607 ·342270 = . . .
prim
7
Ausblick: Es gibt „Zahlenbereiche“, in denen diese Eindeutigkeit nicht gilt.
Beispiel: Betrachte die folgende Teilmenge von C:
√
√
R := Z[ −5] := {m + n −5 | m, n ∈ Z} ⊂ C
Man kann leicht nachrechnen, dass Summen und Produkte von Elementen aus R wieder
in R liegen. Man kann also „in R rechnen“.
Man kann in R eine Teilbarkeitsrelation wie in Z definieren:
a | b :⇔ ∃q ∈ R : b = aq
Zum Beispiel gilt:
√
√
√
85 − 19 −5 = (2 + 3 −5)(2 − 5 −5)
√
√
also ist 2 + 3 −5 ein Teiler von 85 − 19 −5.
√
Auch gilt: 2 + −5 ist teiler von 9, denn:
9 = (2 +
√
−5)(2 −
√
−5)
Man überprüft, dass die beiden Faktoren in R nicht weiter zerlegbar sind.
Es gilt aber auch
9=3·3
und auch hier sind die Faktoren nicht weiter zerlegbar in R.
Wir haben zwei wesentlich verschiedene Zerlegungen der Zahl 9 in R gefunden!
√
Bemerkung: Wir werden später sagen: Der Ring Z ist faktoriell , aber der Ring Z[ −5]
ist nicht faktoriell (obwohl auch dort jedes Element 6= 0 eine Zerlegung in endlich viele
unzerlegbare Elemente besitzt).
Schlüssel zum weiteren Vorgehen: Division mit Rest, ggT, euklidischer Algorithmus.
Satz (Division mit Rest): Zu ganzen Zahlen a und b mit b 6= 0 gibt es eindeutig
bestimmte ganze Zahlen q und r mit
a = bq + r
und
0 ≤ r < |b|
Beispiel:
10 : −4 = −2 Rest 2
−10 : 4 = −3 Rest 2
8
Beweisidee: Sei q die größte ganze Zahl mit der Eigenschaft, dass qb ≤ a ist, d.h.
q := max{t ∈ Z | tb ≤ a}
Dann gilt: a = bq + r mit r := a − bq und es ist 0 ≤ r < |b|.
Noch zu überlegen: Eindeutigkeit. (
Übungsaufgabe)
Notation: Man schreibt (besonders in Programmiersprachen):
a DIV b := q
(ganzzahlige Division)
a MOD b := r
(Divisionsrest)
z.B.
20
−20
20
−20
Es gilt:
DIV
3 =
6
DIV
3 = −7
DIV −3 = −6
DIV −3 =
7
20
−20
20
−20
MOD
MOD
MOD
MOD
3
3
−3
−3
=
=
=
=
2
1
2
1
a MOD b = 0 ⇔ b | a
Größter gemeinsamer Teiler: Seien a, b ∈ Z. Sowohl a als auch b haben nur endlich
viele Teiler (s.o.), falls a, b 6= 0 („endliche Teilermenge“)
Es gibt also auch nur endlich viele gemeinsame Teiler, falls a 6= 0 oder b 6= 0. Definiere
ggT (a, b) := der größte gemeinsame Teiler von a und b
Frage: Wie findet man ggT (a, b) ohne vorher alle Teiler von a und b zu kennen?
Satz: Seien a, b ∈ Z und d = ggT (a, b). Dann gibt es s, t ∈ Z mit
d = sa + tb
(„Der ggT lässt sich als Z-Linearkombination von a und b schreiben.“)
Dazu zuerst:
Lemma: Seien a, b ∈ Z mit b 6= 0. Schreibe a = bq + r mit 0 ≤ r < |b|. Dann gilt
ggT (a, b) = ggT (r, b)
9
Beweis des Lemmas. Die gemeinsamen Teiler von a und b sind dieselben wie die gemeinsamen Teiler von r und b.
Beweis des Satzes. Wir bestimmen s und t (effektiv) mit dem (erweiterten) Euklidischen
Algorithmus
Setze (a0 , a1 ) := (a, b). O.E. b 6= 0, sonst ist a = ggT (a, b).
Dividiere mit Rest:
a0 = a1 q1 + a2
mit 0 ≤ a2 < |a1 |
a1 = a2 q2 + a3
..
.
mit 0 ≤ a3 < |a2 |
mit 0 ≤ an < an−1 an−1 = an qn + 0
an−2 = an−1 qn−1 + an
Dann gilt (nach dem Lemma)
ggT (a0 , a1 ) = ggT (a1 , a2 ) = ggT (a2 , a3 ) = . . . = ggT (an , 0) = an
Ferner gilt: Man erhält
• a2 als Linearkomb. von a0 und a1 ,
• a3 als Linearkomb. von a1 und a2 ,
• ...
• an (der ggT) als Linearkomb. von an−1 und an−2 ,
• und durch sukzessives Einsetzen an als Linearkombination von a0 und a1 .
Beispiele:
(1) ggT (20, 36) Wir rechnen:
20
36
20
16
= 36 · 0 + 20
= 20 · 1 + 16
= 16 · 1 + 4
= 4 · 4 + 0
Also ggT (20, 36) = 4.
20 = 20 − 36 · 0
16 = 36 − 20 · 1
4 = 20 − 16 · 1
= 20 − (36 − 20 · 1) · 1
= 20 · 2 + 36 · (−1)
10
(2) ggT (1734282, 452376)
= 452376 · 3 + 377154
= 377154 · 1 + 75222
= 75222 · 5 +
1044
=
1044 · 72 +
54
=
54 · 19 +
18
=
18 · 3 +
0
1734282
452376
377154
75222
1044
54
Als Linearkombination:
18 = |{z
8233} ·1734282 −31563 ·452376
| {z }
s
t
Bemerkung: Euklidischer Algorithmus in programmiersprachlicher Form:
INPUT (a, b) ∈ Z × Z
(x, y) := (a, b)
WHILE y 6= 0 DO
"
r := x MOD y
(x, y) := (y, r)
OUTPUT x
Die Gleichung ggT (x, y) = ggT (a, b) ist eine sogenannte Schleifeninvariante: Sie gilt vor
und nach jedem Schleifendurchlauf. Daher ist am Ende ggT (a, b) = ggT (x, 0) = x.
Beispiel:
INPUT(20, 36)
(x, y) := (20, 36)
"
r := 20
(x, y) := (36, 20)
"
r := 16
(x, y) := (20, 16)
"
r := 4
(x, y) := (16, 4)
"
r := 0
(x, y) := (4, 0)
OUTPUT 4
11
Folgerungen aus dem Satz:
(1) Jeder gemeinsame Teiler von a und b ist auch ein Teiler von ggT (a, b)
(2) a und b sind genau dann teilerfremd (d.h. es gilt ggT (a, b) = 1), wenn gilt
für gewisse s, t ∈ Z
1 = sa + tb
Beweis. (1) klar.
(2) „⇒“: klar (ggT als Linearkombination)
„⇐“: Jeder gemeinsame Teiler von a und b teilt auch sa + tb, teilt also 1.
Satz (Teilereigenschaft der Primzahlen): Sei p prim und a, b ∈ Z. Dann gilt
p | ab ⇒ p | a oder p | b
Beweis. Es gelte p | ab. Angenommen p 6 | a. Dann ist ggT (a, p) = 1 (denn der einzige
weitere Teiler von p ist p).
Nach dem Satz existieren s, t ∈ Z mit
1 = sa + tp
Daher gilt:
b = sab + tpb
p teilt beide Summanden rechts (da p | ab), also auch b.
Satz: Primfaktorzerlegung in N sind (bis auf Reihenfolge) eindeutig.
Beweis. Sei n ∈ N mit
n = p1 · . . . · pr = q1 · . . . · qs
mit pi , qi prim.
Wir zeigen: Es ist r = s und nach Umnummerieren pi = qi ∀i.
Es gilt q1 | n, d.h. q1 | p1 · . . . · pr .
Nach dem Satz folgt: q1 | pi für ein i
Daher q1 = pi für ein i. O.E. i = 1
Kürzen des gemeinsamen Faktors ergibt:
p2 · . . . · pr = q2 · . . . · qs
Weiter per Induktion.
12
Bemerkung: Die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung wird in sehr vielen Situationen
benötigt, z.B. beim Ablesen des ggT aus der Primfaktorzerlegung:
60 = 22 · 3 · 5
18 = 2 · 32
Also: ggT (60, 18) = 2 · 3 = 6.
Dieses Vorgehen beruht darauf, dass man alle Teiler aus der Primfaktorzerlegung ablesen
kann.
Bemerkung: Für große Zahlen ist die Bestimmung von ggT (a, b) mit dem euklidischen
Algorithmus viel eiffizienter als durch Primfaktorzerlegung von a und b.
(Man kann zeigen: Der Euklidische Algorithmus benötigt O(log(ab)) Schritte im worst
case.)
Verschlüsselungssysteme wie RSA basieren sogar darauf, dass kein effizientes Verfahren
zur Primfaktorzerlegung bekannt ist.
Ausblick: Bestimmung des ggT (a1 , . . . , an ) von mehreren Zahlen
• entweder durch Verallgemeinerung der bisherigen Überlegungen
• oder mit ringtheoretischen Methoden. (Betrachte das von den ai erzeugte Ideal in
Z und nutze, dass Z ein Hauptidealring ist.) → später
Bemerkung: Es gibt einen direkten Beweis (von Zermelo) für die Eindeutigkeit der
Primfaktorzerlegung in Z (ohne vorherige Überlegungen zum ggT ), siehe z.B. [Fischer/Sacher:
Einführung in die Algebra].
Ziel: Weitere Anwendung des Euklidischen Algorithmus: Lösung von Kongruenzensystemen.
Kongruenz modulo m: Sei m ∈ N. Zwei Zahlen a, b ∈ Z heißen kongruent modulo m
falls sie bei Division durch m denselben Rest ergeben.
a ≡ b mod m
Alternative Notation: a ≡m b.
13
Beispiele: 6 ≡ 11 ≡ −4 mod 5.
24 ≡ 0 mod 2
Für welche Zahlen x gilt x ≡ 1 mod 3?
Antwort: Für . . . , −5, −2, 1, 4, 7, 10, d.h. für die Zahlen 1 + 3k mit k ∈ Z
Bemerkungen:
(1) Kongruenz modulo m ist eine Äquivalenzrelation, d.h.
• Kongruenz ist reflexiv:
a ≡ a mod m
• Kongruenz ist transitiv
a ≡ b mod m
b ≡ c mod m
)
⇒ a ≡ c mod m
• Kongruenz ist symmetrisch
a ≡ b mod m ⇔ b ≡ a
mod m
(2) Es gilt:
a ≡ b mod m
⇔a MOD m = b MOD m
⇔m | a − b
(3) Die Äquivalenzklasse von a bezüglich der Kongruenz modulo m ist die Menge
{b | a ≡ b mod m} = {a + km | k ∈ Z}
(Kongruenzklasse modulo m)
Lösen von Kongruenzen: Gibt es Zahlen x ∈ Z, die das folgende Kongruenzensystem
lösen?
x≡0
mod 4
x≡1
mod 6
Lösen der ersten Kongruenz: die Zahlen 4k mit k ∈ Z. Ihre Reste modulo 6 sind: 0, 2, 4.
Also: Das System hat keine Lösung.
Aber:
14
Proposition: Sind m1 , m2 ∈ Z teilerfremd, dann existiert zu beliebigen b1 , b2 ∈ Z ein
x ∈ Z mit
x ≡ b1
mod m1
x ≡ b2
mod m2
Beweis. Wegen ggT (m1 , m2 ) = 1 können wir schreiben
mit gewissen s, t ∈ Z
1 = sm1 + tm2
Sei:
x := b2sm1 + b1tm2
Dann gilt:
x ≡ b1 tm2
mod m1
= b1 (1 − sm1 ) ≡ b1
mod m1
und analog x ≡ b2 mod m2
Verallgemeinerung:
Chinesischer Restsatz: (China, vermutl. 3 Jhd.) Seien m1 , . . . , mn ∈ N paarweise teilerfremd.
Dann existiert zu beliebigen b1 , . . . , bn ∈ Z ein x ∈ Z mit
x ≡ bi
Beweis. Sei Mi :=
m1 ·...···mn
.
mi
mod mi
Dann ist ggT (mi , Mi ) = 1, also existieren si , ti ∈ Z mit
si mi + ti Mi = 1
Setze ei = ti Mi (= 1 − si mi ). Dann gilt
ei ≡ δij
ei ≡ 1
mod mj
ei ≡ 0
Für die Zahl
x :=
n
X
bi ei
i=1
gilt daher:
x ≡ bi
mod mi
15
mod mi
mod mj (i 6= j)
Beispiel: Bestimme eine Lösung k ∈ R des Kongruenzensystems
K≡1
mod 2
K≡2
mod 3
K≡3
mod 5
Dazu Verwende den Beweis des Chinesischen Restsatzes. (denn dieser ist konstruktiv!)
• M1 :=
2·3·5
2
= 15, M2 :=
2·3·5
3
= 10, M3 :=
2·3·5
5
= 6.
• Stelle ggT (2, M1 ) = 1 als Z-Linearkombination dar. Dazu: Euklidischer Algorithmus:
15 = 2 · 7 + 1
⇒ 1 = 15 − 2 · 7 ⇒ 1 = (−7) ·2 + |{z}
1 ·15
| {z }
=:s1
=:t1
2=1·2+0
• Stelle ggT (3, M2 ) dar:
10 = 3 · 3 + 1
⇒ 1 = 10 − 3 · 3 ⇒ 1 = (−3) ·3 + |{z}
1 ·10
| {z }
=:s2
=:t2
3=1·3+0
• Stelle ggT (5, M3 ) dar:
6=5·1+1
1 ·6
⇒ 1 = 6 − 5 · 1 ⇒ 1 = (−1) ·5 + |{z}
| {z }
=:s3
5=1·5+0
• Definition von
e1 := t1 M1 = 1 · 15 = 15
e2 := t2 M2 = 1 · 10 = 10
e3 := t3 M3 = 1 · 6 = 6
sowie
k := 1e1 + 2e2 + 3e2 = 15 + 20 + 18 = 53
(unserer Lösung)
Probe:
k − 1 = 52, 2 | 52 ⇒ k ≡ 1
mod 2
k − 2 = 51, 3 | 51 ⇒ k ≡ 2
mod 3
k − 3 = 50, 5 | 50 ⇒ k ≡ 3
mod 5
16
=:t3
2 Gruppen
2.1 Halbgruppen und Gruppen
Die moderne Mathematik ist in der „Sprache der Mengen und Abbildungen“ formuliert,
z.B.
• Lineare Algebra: Vektorraum V über Körper K, mit
V ×V →V
(Addition)
K ×V →V
(skalare Multiplikation)
• Analysis: R mit
+:R×R→R
(Addition)
·:R×R→R
(Multiplikation)
• Wahrscheinlichkeitstheorie: endliche Ergebnismenge Ω mit
P : P(Ω) → R
Besonders wichtig: (Binäre) Verknüpfungen auf einer Menge M :
f :M ×M →M
(a, b) 7→ f (a, b)
Üblich: Infix Notation:
a + b anstatt
+ (a, b), usw.
Eine binäre Verknüpfung ∗ : M × M → M heißt assoziativ , falls gilt:
a ∗ (b ∗ c) = (a ∗ b) ∗ c
∀a, b, c ∈ M
Eine binäre Verknüpfung ∗ : M × M → M heißt kommutativ , falls gilt:
a∗b=b∗a
∀a, b ∈ M
17
Bemerkung: Assoziativität bedeutet „Unabhängigkeit von der Klammerung“, z.B. in
R:
a + b + c := (a + b) + c = a + (b + c)
a − b − c := (a − b) − c 6= a − (b − c)
also + ist assoziativ, − nicht.
Beispiel: (für nicht-assoziative Verknüpfung)
N × N → N,
(a, b) 7→ ab := a
. . · a}
| · .{z
b-mal
Es gilt nicht ∀a, b, c ∈ N:
(ab )c = a(b
c)
c
Frage: Was soll also ab bedeuten.
Bemerkung: Kommutativität bedeutet „Unabhängigkeit von der Reihenfolge der Operanden“, z.B.
(1) Addition und Multiplikation in R sind kommutativ
(2) Multiplikation in Mn (R) := Rn×n ist für n > 1 nicht kommutativ.
(3) Sei M Menge und
Abb(M, M ) := {f | f : M → M Abbildung}
Die Komposition ◦ von Abbildungen ist eine assozative Verknüpfung auf Abb(M, M ).
Sie ist nicht kommutativ, falls |M | ≥ 2 ist.
Definition: Eine Halbgruppe ist ein Paar (H, ·) bestehend aus der Menge H sowie einer
assoziativen Verknüpfung · auf H.
Beispiele: (N, +), (N, ·), (Z, +), (Z, ·), (Mn (R), +), (Mn (R), ·), (Abb(M, M ), ◦), P(M ), ∩),
P(M ), ∪).
Sprechweise: Meist „H ist mit Verknüpfung · eine Halbgruppe“
18
Neutrale Elemente Sei (H, ·) Halbgruppe. e ∈ H heißt linksneutral bzw. rechtsneutral
bzw. neutral , falls gilt:
e·a=a
∀a ∈ H
bzw. e · a = a
∀a ∈ H
bzw. e · a = a · e = a
∀a ∈ H
Beispiele
(1)
(Z, +)
0 ist neutral
(Z, ·)
1 ist neutral
(P(M ), ∪)
∅ ist neutral
(P(M ), ∩)
M ist neutral
(2) Die Menge
a b
| a, b ∈ R}
H := {
0 0
ist mit Multiplikation Halbgruppe.
1 c
∈ H ist linksneutral, aber nicht rechtsneutral
Jede Matrix
0 0
Bemerkung: (Eindeutigkeit von neutralen Elementen)
)
e linksneutral
e linksneutral
⇒ e0
=
ee0 = e
e0 rechtsneutral
Folgerung: In jeder Halbgruppe gibt es höchstens ein neutrales Element.
Inverse Elemente Sei (H, ·) Halbgruppe mit neutralem Element e.
(1) b ∈ H heißt linksinvers bzw. rechtsinvers bzw. invers zu a ∈ H falls gilt:
b·a=e
bzw. a · b = e
bzw. a · b = b · a = e
(2) a ∈ H heißt linksinvertierbar bzw. rechtsinvertierbar bzw. invertierbar falls ein zu
a linksinverses bzw. rechtsinverses bzw. inverses Element existiert.
19
Bemerkung: (Eindeutigkeit von inversen Elementen)
)
b linsinvers zu a
e neutral
⇒ b0 = eb0
=
bab0
0
b linksi. zu a
b rechtsinvers zu a
b0 rechtsinvers
=
be
=
e neutral
b
Folgerung: Jedes Element einer Halbgruppe mit neutralem Element besitzt höchstens
ein Inverses.
Beispiel: Tabelle:
Halbgruppe
(N0 , +)
(N0 , ·)
(Z, +)
(Z, ·)
(Q, +)
(Q, ·)
(P(M ), ∪)
(P(M ), ∩)
neutrales Element
0
1
0
1
0
1
∅
M
invertierbare Elemente
0
1
alle
−1, 1
alle
alle außer 0
∅
M
Beispiel: (Abb(M, M ), ◦)
• neutrales Element: id
• f ∈ Abb(M, M ) rechtsinvertierbar ⇔ f ist surjektiv
• f ∈ Abb(M, M ) linksinvertierbar ⇔ f ist injektiv
• f ∈ Abb(M, M ) invertierbar ⇔ f ist bijektiv
Beweis.
• ∃g ∈ Abb(M, M ) mit f ◦ g = id ⇔ f surjektiv
Dazu „⇒“: Klar
Dazu „⇐“: f surjektiv, d.h. ∀x ∈ M ∃g(x) ∈ M mit f (g(x)) = x ⇒ liefter passendes
g : M → M.
20
Beispiel: (zu Halbgruppen)
Sei A endliche Menge („Alphabet“)
A∗ :=
[
An
n∈N0
• Elemente: (a1 , . . . , al ) ∈ Al ⊂ A∗ („Wort der Länge l“)
• Verknüpfung:
(a1 , . . . , al ) · (b1 , . . . , bm ) := (a1 , . . . , al , b1 , . . . , bm )
„Konkatenation“
• (A∗ , ·) ist Halbgruppe
• neutrales Element: „leeres Wort“ () ∈ A0
• invertierbare Elemente: nur ()
Definition:
(1) Eine Gruppe ist eine Halbgruppe mit neutralem Element, in der jedes Element ein
Inverses besitzt.
(2) Eine abelsche Gruppe ist eine Gruppe, deren Verknüpfung kommutativ ist.
Beispiele
(1) (Z, +), ({−1, 1}, ·), ({1}, ·), (Q, +), (Q \ {0}, ·), (Q+ , ·) ({x ∈ Q | x > 0}), (R, +),
(R \ {0}, ·), (R+ , ·), (C, +), (C \ {0}, ·)
Allgemein: K Körper, dann (K, +), (K \ {0}, ·).
(2) GLn (K) = {A ∈ Mn (K) | A invertierbar}
(3) M eine Menge
S(M ) := {f : M → M | f bijektiv}
heißt symmetrische Gruppe über M mit (Komposition von Abbildungen) (i.A. nicht
abelsch).
Sn := S({1, . . . , n})
21
Bemerkung: Sind G1 , . . . , Gn Gruppen, dann ist auch
G := G1 × . . . × Gn
eine Gruppe mit komponentenweiser Verknüpfung;
(a1 , . . . , an ) · (b1 , . . . , bn ) := (a1 · b1 , . . . , an · bn )
dass direkte Produkt von G1 , . . . , Gn .
Beispiel: (Rn , +) = (R, +) × . . . × (R, +)
Bemerkung: (Gruppenaxiome abgeschwächt)
(G, ·) Halbgruppe mit neutraleme Element, in der jedes Element ein Linksinverses besitzt.
⇒ (G, ·) ist Gruppe
Denn: Sei a ∈ G, sei b ∈ G linksinvers zu a, d.h. ba = 1. b besitzt auch ein linksinverses
c ∈ G.
Damit: ab = 1ab = c · |{z}
b · a ·b = |{z}
c·b =1
=1
=1
Bezeichnung:
(1) Wenn wir die Verknüpfung in G mit · oder ◦ bezeichnen, dann bezeichnen wir mit
a−1 das Inverse zu a ∈ G Neutrales element meist 1 (manchmal e)
(2) Ist G abelsch schreiben wir die Verknüpfung meist als + und bezeichnen mit −a
das Inverse zu a ∈ G, neutrales Element ist dann 0.
Bemerkung: G sei Gruppe, a, b ∈ G. Dann gilt:
(ab)−1 = b−1 a−1
denn:
b−1 a−1 ab = b−1 b = 1
22
Potenzregeln in Gruppen (G, ·) Gruppe, a, b ∈ G. Für k ∈ N
ak := a · . . . · a, a0 := 1
a−k := (ak )−1
Dann:
ak · al = ak+l ∀k, l ∈ Z
(ak )l = ak·l
Falls ab = ba gilt, dann
(ab)k = ak bk
In additiver Schreibweise:
k · a = a + ... + a
ka + la = (k + l)a
l(ka) = (kl)a
k(a + b) = ka + kb
Symmetriegruppen: Betrachte in der euklidischen Ebene R2 ein gleichseitiges Dreieck
∆ ∈ R2
Gesucht: Die Menge G aller Symmetrien des Dreiecks, d.h. aller Kongruenzabbildungen
(Bewegungen, Isometrien) f : R2 → R2 mit f (∆) = ∆.
• Identität id
• Drehung um 120◦ entgegen Uhrzeigersinn (δ)
• Drehung um 240◦ entgegen Uhrzeigersinn (δ 2 )
• Drehung um 360◦ entgegen Uhrzeigersinn: Identität (id)
• Drehung um −120◦ (entspricht Drehung um 240◦ )
• Spiegelung an Seitenhalbierenden
σ1 , σ2 , σ3
Also:
G = {id, δ, δ 2 , σ1 , σ2 , σ3 }
23
Verküpfungstabelle:
◦ id δ δ 2
id id δ δ 2
δ δ δ 2 id
δ 2 δ 2 id δ
σ1 σ1 σ2 σ3
σ2 σ2 σ3 σ1
σ3 σ3 σ1 σ2
σ1
σ1
σ3
σ2
id
δ2
δ
σ2
σ2
σ1
σ3
δ
id
δ2
σ3
σ3
σ2
σ1
δ2
δ
id
Wir sehen:
• f, g ∈ G ⇒ f ◦ g ∈ G
• ◦ ist assoziativ ⇒ G ⊂ Abb(R2 , R2 ) ist Halbgruppe mit neutralem Element
• f ∈ G ⇒ f −1 ∈ G. d.h. alle Elemente besitzen Inverses in G ⇒ (G, ◦) ist Gruppe,
G ist nicht abelsch.
2.2 Gruppenhomomorphismen
Seien (G, ·) und (H, ·) Gruppen.
Definition
(1) Eine Abbildung f : G → H heißt (Gruppen-) Homomorphismus falls gilt:
f (a · b) = f (a) · f (b)
für alle
a, b ∈ G
(2) Ein Homomorphismus heißt
Monomorphismus, falls f injektiv;
Epimorphismus, falls f surjektiv;
Isomorphismus, falls f bijektiv.
(3) Ein Endomorphismus von G ist ein Homomorphismus f : G → G
Ein Automorphismus von G ist ein Isomorphismus f : G → G.
24
Beispiele:
(1) Für k ∈ Z ist (Z, +) → (Z, +), x 7→ k ·k ·x ein Homomorphismus (Endomorphismus
von (R, +)), denn:
k · (x + y) = k · x + k · y
(2) (R, +) → (R+ , ·), x 7→ exp(x) ist Isomorphismus, denn
exp(x + y) = exp(x) · exp(y)
(3) Für jeden Körper K ist
(GLn (K), ·) → (K \ {0}, ·),
A 7→ det(A)
ein Homomorphismus, denn:
det(AB) = det(A) · det(B).
k1 0
Sie ist sogar ein Epimorphismus – betrachte zu k ∈ K \ {0} die Matrix
.
0 1
(4)
(Sn , ·) → (R \ {0}, ·) oder ({−1, +1}, ·)
π 7→ sign(π)
Bemerkung: Sei f : G → H ein Homomorphismus und 1G bzw. 1H das neutrale Element in G bzw H
(1) f (1G ) = 1H
Denn:
1H · f (1G ) = 1H · f (1G · 1G )
f Hom
=
1H · f (1G ) · f (1G )
1H neut
=
f (1G ) · f (1G )
Multipliziere von rechts mit f (1G )−1 ⇒ 1H = f (1G )
(2) Für a ∈ G gilt:
f (a−1 ) = f (a)−1
Denn:
1H = f (1G )
(1)
=
a−1 inv zu a
f (a · a−1 ) = f (a) · f (a−1 )
Hom
Multipliziere von links mit f (a)−1 ⇒ f (a)−1 · 1H = f (a)−1 · f (a) · f (a−1 )
⇒ f (a)−1 = f (a−1 )
25
Proposition: Für einen Gruppenhomomorphismus f : G → H gilt stets:
f injektiv ⇔ Kern(f ) = {1}
wobei Kern(f ) := f −1 ({1}) = {g ∈ G | f (g) = 1}.
Beweis:
„⇒“: klar
„⇐“: Seien a, b ∈ G mit f (a) = f (b). Zu zeigen: a = b.
Dazu 1H = f (a) · f (b)−1 = f (a) · f (b−1 ) = f (a · b−1 )
⇒ a · b−1 ∈ Kern(f ) = {1}
⇒ a · b−1 = 1
⇒a=b
Bemerkung:
(1) Sind f : G → H und g : H → K Homomorphismen, dann auch:
g◦f :G→K
(2) Ist f : G → H Isomorphismus, dann ist auch f −1 : H → G ein Isomorphismus,
denn:
Seien h1 , h2 ∈ H. Zu zeigen: f −1 (h1 · h2 ) = f −1 (h1 ) · f −1 (h2 )
Dazu seien g1 , g2 ∈ G mit f (g1 ) = h1 und f (g2 ) = h2 (f bijektiv!)
Dann gilt: f (g1 · g2 ) = f (g1 ) · f (g2 ) = h1 · h2
=
⇒ f −1 (f (g1 · g2 )) = f −1 (h1 · h2 )
|
{z
}
= f −1 (h1 ) · f −1 (h2 )
g1 · g2
26
Beispiel: Wenden wir (2) auf Beispiel (2)
exp : (R, +) → (R+ , ·)
an, dann folgt für die aus der Analysis bekannte Umkehrfunktion
log := exp−1 : R+ → R
log ist ein Isomorphismus der Gruppen (R+ , ·) und (R, +). Insbesondere folgt:
log(x · y) = log(x) + log(y)
1
log( ) = −log(x)
x
∀x, y ∈ R+
∀x ∈ R+
Folgerung:
Aut(G) := {f : G → G | f Automorphismus}
ist mit Komposition ◦ eine Gruppe („Automorphismusgruppe von (G, ·)“)
Frage: Besitzt jede Gruppe Automorphismen?
Für jedes a ∈ G ist die Konjugation mit a
ϕa : G → G
x 7→ axa−1
ein Automorphismus (sog. innerere Automorphismus), denn:
ϕa (xy) = axya−1 = ax · 1 · ya−1 = (axa−1 )(aya−1 ) = ϕa (x) · ϕa (y)
Invers zu ϕa ist ϕa−1
Beachte: x 7→ ax und x 7→ xa definieren keine Automorphismen, denn:
a(xy) 6= ax · ay
i.A.
2.3 Untergruppen und der Satz von Lagrange
Sei (G, ·) eine Gruppe.
27
Definition: Eine Untergruppe von G ist eine Teilmenge U ⊂ G mit
(1) a, b ∈ U ⇒ a · b ∈ U
Dann definiert ·|U ×U Verknüpfung · : U × U → U .
(2) (U, ·) ist eine Gruppe
Beispiele:
• (Z, +) ⊂ (Q, +) ⊂ (R, +) ⊂ (C, +) sind Untergruppen.
• ({1}, ·) ⊂ ({−1, +1}, ·) ⊂ (Q \ {0}, ·) ⊂ (R \ {0}, ·) ⊂ (C \ {0}, ·)
Bemerkung: Für eine nichtleere Teilmenge U ⊂ G sind äquivalent:
(1) U ist eine Untergruppe von G
(2) (2.1) a, b ∈ U ⇒ a · b ∈ U sowie (2.2) a ∈ U ⇒ a−1 ∈ U
(„Untergruppenkriterium“)
(2.2)
−1
Teilbeweis. (2) ⇒ (1). U 6= ∅ ⇒ ∃c ∈ U ==⇒ c−1 ∈ U ⇒ cc
|{z} ∈ U
=1
Beispiel:
• SLn (K) ⊂ GLn (K) mit SLn (K) := {A ∈ Mn (K) | det A = 1}
• An ⊂ Sn mit An := {π ∈ Sn | sgn(π) = 1} („gerade Permutationen“)
Proposition: Die Untergruppen von (Z, +) sind
m · Z := {m · k | k ∈ Z}
28
mit m ∈ N0
Beweis
(1) Klar: Alle Mengen m · Z ⊂ Z sind Untergruppen (Untergruppenkriterium)
(2) Sei U ⊂ Z Untergruppe, O.E. sei U 6= {0} = 0 · Z.
Sei m := min{k | k ∈ U und k > 0} > 0 (wohldefiniert wegen U 6= {0})
Behauptung: U = m · Z
Dazu:
„⊃“ Klar.
„⊂“ Sei x ∈ U . Zu zeigen: x ∈ mZ. Division mit Rest durch m:
mit q, r ∈ Z, 0 ≤ r < m
x = mq +r
|{z}
|{z}
∈U
∈U
⇒r∈U
Def inition
Aber 0 ≤ r < m ======⇒ r = 0
von m
⇒ x = mq
mit q ∈ Z, d.h.x ∈ mZ.
Proposition: Sei f : G → H ein Gruppenhomomorphismus
(1) U ⊂ G Untergruppe ⇒ f (U ) ⊂ H Untergruppe
(2) V ⊂ H Untergruppe ⇒ f −1 (V ) ⊂ G Untergruppe
Folgerungen: Bild f := f (G) ist Untergruppe von H.
Kern f := f −1 ({1}) ist Untergruppe von G.
Beweis. Beweis der Proposition.
(1) folgt aus
f (a · b) = f (a) · f (b)
f (a−1 ) = f (a)−1
(2) Seien a, b ∈ f −1 (V ), d.h. f (a) ∈ V , f (b) ∈ V .
Dann ist f (a · b) = f (a) · f (b) ∈ V , also a · b ∈ f −1 (V ), und f (a−1 ) = f (a)−1 ∈ V ,
| {z }
∈V
also a−1 ∈ f −1 (V ).
29
2.3.1 Untergruppen und ihre Nebenklassen
Gegeben: Gruppe G
Gesucht: Aussagen über mögliche Untergruppen
Beispiel: G = (Z, +), U = mZ = {m · x | x ∈ Z} zu festem m ∈ N0 .
Beobachtung: zum Beispiel bei m = 3
• Die Mengen a + U mit a ∈ Z sind alle gleichmächtig.
• Entweder a + U = b + U oder (a + U ) ∩ (b + U ) = ∅ für a, b ∈ Z
Allgemeine Situation: U ⊂ G Untergruppe
Die Mengen
a · U := {a · u | u ∈ U }U · a := {u · a | u ∈ U }
mit a ∈ G
heißen Linksnebenklassen bzw. Rechtsnebenklassen von U .
Proposition:
(1) Alle Linksnebenklassen und alle Rechtsnebenklassen von U sind gleichmäßig zu U
(2) Für a, b ∈ G sind äquivalent
(i) aU = bU
(ii) b ∈ aU
(iii) a−1 b ∈ U
Beweis. (1)
U → aU
x 7→ a · x
und
sind Bijektionen
30
U → Ua
x 7→ x · a
Vor
(2) (i) ⇒ (ii) : b = b · 1 ∈ bU = aU
(ii) ⇒ (iii) : Sei b ∈ aU , d.h. b = a · u für ein u ∈ U .
Dann ist a−1 b = u ∈ U .
(iii) ⇒ (i) : Sei x ∈ bU , d.h. x = bu für ein u ∈ U .
[x =]a |a−1
{zbu} ∈ aU
∈U
Sei x ∈ aU , d.h. x = au für ein u ∈ U .
[x =] = bb−1 au = b (a−1 b)−1 u ∈ bU
| {z }
∈U
Also: Die Linksnebenklassen von U bilden eine Zerlegung von G in Teilmengen, die alle
zu U gleichmächtig sind. (*)
Bezeichnung: Der Index von U in G ist definiert durch:
[G : U ] := Anzahl der (verschiedenen) Linksnebenklassen von U in G
∈ N ∪ {∞}
Beispiel: [Z : 3Z] = 3, [Z : mZ] = m
Nebenklassen:
0 + mZ = mZ
1 + mZ
..
.
(m − 1) + mZ
Aus (*) folgt:
Satz von Lagrange:
|G| = |U | · [G : U ]
Insbesondere: |U | ist ein Teiler von |G|. („Die Ordnung (= Mächtigkeit) von U teilt die
Ordnung von G.“)
31
Folgerung: Ist |G| eine Primzahl, so besitzt G nur die trivialen Untergruppen {1} und
G
Alternative Sichtweise: Die Relation
au ∼b :⇔ aU = bU
ist eine Äquivalenzrelation auf G. (Klar!)
Die Äquivalenzklasse von a ist aU (nach Proposition (2)).
2.4 Normalteiler & Faktorgruppen
Gegeben: Gruppe (G, ·)
Ziel: „Abstraktion“, d.h.
• Gewisse Elemente aus G werden als „äquivalent“ betrachtet
• Die Äquivalenzklassen werden als neue Objekte betrachtet. Mit diesen soll „gerechnet“ werden.
Beispiel:
(G, ·) = (Z, +). Sei k ∈ N.
x ≡k y : ⇔ x und y haben bei Division durch k denselben Rest
⇔ k teilt x − y
Sprechweise: x und y sind kongruent modulo k. ≡k ist eine Äquivalenzrelation auf G
(reflexiv, symmetrisch, transitiv).
Für a ∈ Z sei
[a] := die Äquivalenzklasse von a
:= {x ∈ Z | x ≡k a}
Also [a] = [b] ⇔ a ≡k b.
Es gibt genau k verschiedene Äquivalenzklassen:

=k·Z





[1] = k · Z + 1
die Nebenklassen von kZ
..


.



[k − 1] = k · Z + (k − 1)
32
Sei
Z/≡k : = Menge der Äquivalenzklassen
= {[0], . . . , [k − 1]}
also insbesondere |Z/≡k | = k.
Entscheidende Beobachtung: Die Addition + auf Z induziert eine Addition auf Z/≡k :
(∗)„repräsentantenweise Definition“
[a] + [b] := [a + b]
Ist diese Definition „in Ordnung“? D.h.: Ist [a] + [b] wohldefiniert?
Etwa für k = 5:
OK, denn [18] = [13]
=
=
[2] + [16] := [18]
?
[7] + [6] := [13]
Allgemein gilt:
a ≡k a0
)
⇒ a + b ≡k a0 + b0
b ≡k b0
(∗∗)
Daher: [a + b] = [a0 + b0 ]
Die Eigenschaft (∗∗) sichert, dass (∗) woldefiniert ist.
Allgemein: (G, ·) Gruppe
≡ Äquivalenzrelation auf G
[a] = {x ∈ G | x ≡ a} die Äquivalenzklasse von a
G/≡ die Menge der Äquivalenzklasse
Proposition: Äquivalent:
(1) Durch
[a] · [b] := [a · b]
(∗)
wird eine Gruppenstruktur auf G/≡ definiert.
33
(2) ≡ ist verträglich mit ·, d.h.
a ≡ a0
)
⇒ a · b ≡ a0 · b0
b ≡ b0
Man nennt ≡ dann eine Kongruenzrelation (bzgl. (G, ·))
Beweis. (1) ⇒ (2) : OK
(2) ⇒ (1) : Wegen (2) definiert (∗) jedenfalls eine Abbildung
· : G/≡ × G/≡ → G/≡
Dies liefert eine Gruppenstruktur auf G/≡ , denn:
• Assoziativiät ist klar: z.z. ([a] · [b]) · [c] = [a] · ([b] · [c]) ⇔ [(ab)c] = . . .
• neutrales Element: [1]
• inverses Element zu [a] ist [a−1 ]
Frage: Welche Kongruenzrelation gibt es auf G?
Überlegung: Sei ≡ eine Kongruenzrelation auf G
Sei N := [1](= neutrales Element in G/≡ )
(1) Behauptung: N ist Untergruppe von G
Beweis. 1 ∈ N gilt. Wenn
a, b ∈ N ⇒
a≡1
)
b≡1
)
a∈N ⇒a≡1
Ferner a−1 = a
Kongr.
====⇒ ab ≡ 1 ⇒ ab ∈ N
⇒ 1 ≡ a−1 ⇒ a−1 ∈ N
(2)
a ≡ b ⇔ a−1 b ≡ 1
⇔ a−1 b ∈ N
⇔ aN = bN
Also: ≡ ist die zur Untergruppe N gehörige Äquivalenzrelation („Gleichheit der
Linksnebenklassen“)
34
(3) Für a ∈ G und n ∈ N gilt:
n ≡ 1 ⇒ na ≡ a
⇒ a−1 na ≡ 1
Also: a−1 na ∈ N für alle a ∈ G, n ∈ N , d.h.
a−1 N a ⊂ N
∀a ∈ G
Definition: Eine Untergruppe N ⊂ G einer Gruppe G mit der Eigenschaft
a−1 N a ⊂ N
∀a ∈ G
heißt Normalteiler in G.
Also: Falls ≡ eine Kongruenzrelation auf G ist, dann ist N := [1] ein Normalteiler in
G.
Lemma: Für eine Untergruppe N ⊂ G sind äquivalent:
(1) N Normalteiler
(2) a−1 N a = N für alle a ∈ G
(3) aN = N a für alle a ∈ G
Beweis.
(1) ⇒ (3): Für a ∈ G, n ∈ N gilt
−1
a
· n = ana
| {z } a ∈ N a
|{z}
∈aN
∈N
n
· a = a |a−1
|{z}
{zna} ∈ aN
∈N a
∈N
(3)
(3) ⇒ (2): a1 N a = a1 aN = N
(2) ⇒ (1): Klar
Satz: Sei G eine Gruppe und N ⊂ G ein Normalteiler. Dann ist
lation auf G.
35
N∼
eine Kongruenzre-
Bemerkung: Nach der Proposition wird daher durch
aN · bN := abN
eine Gruppenstruktur auf G/N ∼ gegegeben.
Bezeichnung: G/N := G/N ∼ heißt die Faktorgruppe von G modulo N .
Die Abbildung
π : G → G/N
a 7→ [a] = aN
ist dann ein surjektiver Homomorphismus (der kanonische Homomorphismus, die Restklassenabbildung).
Beweis des Satzes. Sei a0 N ∼a, d.h. a0 N = aN und b0N ∼b, d.h. b0 N = bN
Zu zeigen: a0 b0 N ∼ab, d.h. a0 b0 N = abN .
Dazu:
a0 b0 N = a0 bN
N Normalteiler
=
a0 N b = aN b
N Normalteiler
=
abN
=bN
Beispiel 1: G = Z, N = kZ. N ist Normalteiler.
(Beachte: In einer abelschen Gruppe ist jede Untergruppe Normalteiler.)
Z/≡k = Z/kZ = {kZ, 1 + kZ, . . . , (k − 1) + kZ}
Addition in Z/kZ :
(a + kZ) + (b + kZ) = (a + b) + kZ
z.B. (3 + 5Z) + (4 + 5Z) = 7 + 5Z = 2 + 5Z
Abkürzung: Zk = Z/kZ
Beispiel 2:
G = GLn (K) = {A ∈ Mn (K) | det A 6= 0}
N = SLn (K) = {A ∈ Mn (K) | det A = 1}
N ist Normalteiler in G, denn für A ∈ G, S ∈ N ist
det(A−1 SA) = det(A)−1 det(S) det(A) = 1.
| {z }
=1
Für A, B ∈ G gilt
AN ∼ B ⇔ A−1 B ∈ N ⇔ det(A−1 B) = 1 ⇔ det(A) = det(B)
Also: Die Elemente von G/N sind Klassen von Matrizen mit gleicher Determinante.
36
Satz: Sei G Gruppe, N ⊂ G Teilmenge. Äquivalent:
(1) N ist Normalteiler von G
(2) Es gibt eine Gruppe H und einen Homomorphismus f : G → H mit
Kern f = N
Beweis.
(2) ⇒ (1): Sei a ∈ G, n ∈ N = Kern f , z.Z. a−1 na ∈ N .
f (a−1 na) = f (a−1 ) f (n) f (a) = f (a)−1 · f (a) = 1
|{z}
=1
(1) ⇒ (2): Setze H := G/N .
f : G → G/N
na 7→ aN = [a]
ist der kanonische Homomorphismus.
Es ist Kern f = {a ∈ G | |{z}
aN = |{z}
N }=N
=f (a)
=[1]
Beispiele:
(1)
Homomorphismus
det : GLn (K) → K \ {0}
A 7→ det A
Also: Kern(det) = SLn (K) ist Normalteiler in GLn (K).
(2)
sign : Sn → {−1, 1}
σ 7→ signσ
Kern(sign) = An ist Normalteiler in Sn
|Sn /An | = [Sn : An ]
Lagrange
=
n!
|Sn |
= n! = 2
|An |
2
also Sn /An = { An , τ An }, wo τ beliebig mit τ ∈
/ An (d.h. τ ungerade Permutation).
|{z}
=[1]
37
Warnung Das Bild eines Homomorphismus muss kein Normalteiler sein.
Beispiel: Ist U ⊂ G eine Untergruppe, die kein Normalteiler ist, so ist:
f :U →G
u 7→ u
ein Homomorphismus mit
Bild f = U.
Aber es gilt:
Proposition: Ist f : G → H ein surjektiver Homomorphismus (Epimorphismus) und
N ⊂ G ein Normalteiler in G, dann ist f (N ) ein Normalteiler in H.
Beweis. Sei m ∈ f (N ) und b ∈ H. (z.z. b−1 mb ∈ f (N ))
Schreibe m = f (n) mit n ∈ N
b = f (a) mit a ∈ G
Wir wissen a−1 na ∈ N , also b−1 mb = f (a)−1 · f (n) · f (a) ∈ f (N ).
2.5 Die Isomorphiesätze
Vorüberlegung: Sei f : G → H ein Gruppenhomomorphismus und N := Kern(f ).
Dann gilt für g, h ∈ G
Def
g N ∼h ⇐⇒ gN = hN
⇐⇒ h−1 g ∈ N
⇐⇒ f (h−1 g) = 1 ⇔ f (h)−1 · f (g) = 1
⇐⇒ f (g) = f (h)
also
[g] = {x ∈ G | f (g) = f (x)}
Es gibt soviele Äquivalenzklassen, wie es Bildpunkte gibt.
{Äquivalenzklassen} ↔ {Bildpunkte}
[g] ↔ f (g)
38
d.h.
G/ Kern(f ) ↔ f (G) = Bild(f )
g · Kern(f ) ↔ f (g)
Sei f : G → H ein Homomorphismus und N ⊂ G ein Normalteiler.
Frage: Gibt es einen Homomorphismus f = G/N → H, so dass das Diagramm
%
%
%
%
G \to^{f} H
\
/ (Gestrichelte Linie)
\pi \
/ \overline{f}
G/_{N}
Graphiken sind noch TODO
kommutativ ist? („kommutativ“ heißt: f = f ◦ π).
Man sagt auch: „Faktorisiert f durch G/N ?“
Beispiel:
f : |{z}
Z → |{z}
Z
=G
=H
n 7→ 2n
Faktorisiert f durch Z/5Z ? Dann müsste gelten
=
0 = f (0) = f (0 + 5Z)
10 = f (5) = f (5 + 5Z)
Das ist aber nicht der Fall.
Allgemeine Situation: Notwendige Bedingung: N ⊂ Kern f , denn für n ∈ N gilt:
(!)
f (n) = f (π(n)) = f ( |{z}
N ) = 1H .
=1G/N
39
Satz (Universelle Eigenschaft von G/N ) Sei f : G → H ein Gruppenhomomorphismus
und N ⊂ G ein Normalteiler mit N ⊂ Kern f .
Dann existiert genau ein Gruppenhomomorphismus
mit f = f ◦ π
f : G/N → H
Beweis. Eindeutigkeit von f : Für a ∈ G ist
(!)
f (aN ) = f (π(a)) = f (a)
Existenz von f : Setze für a ∈ G
f (aN ) := f (a)
f ist wohldefiniert, denn
Vor
aN = BN ⇒ a−1 b ∈ N ==⇒ a−1 b ∈ Kern f
⇒ f (a−1 b) = 1 ⇒ f (a) = b.
Klar: f = f ◦ π, f ist ein Homomorphismus.
Zusatz:
(1) f surjektiv ⇒ f surjektiv
(2) Kern f =Kern f /N
Beweis. (1) Sei b ∈ H. Nach Vorraussetzung b = f (a) für ein a ∈ G. Dann ist b =
f (aN ).
(2)
aN ∈ Kern f ⇔ f (aN ) = 1
| {z }
=f (a)
⇔ a ∈ Kern f
⇔ aN ∈ Kern f /N
40
Ausblick: Der Satz besagt, dass G/N folgendes „universelles Problem“ löst:
Gegeben: Gruppe G und Normalteiler N ⊂ G
Gesucht: Gruppe G und Homomorphismus g : G → G, so dass gilt:
Jeder Homomorphismus f : G → H mit N ⊂ Kern f faktorisiert eindeutig durch G:
%
%
%
%
%
G
\to^{f}
H
^
\
\
/ (Gestrichelte Linie)
g v
/
\overline{f}
\overline{G}
Behauptung: (G, g) = (G/N , π) ist bis auf Isomorphie die einzige Lösung dieses universellen Problems.
Beweis. Sei (G, g) eine weiter Lösung. Dann gilt:
%
%
%
%
%
G
\to^{\pi} G/_{N}
\
^
\
/ (Gestrichelte Linie)
g v
/ \overline{\pi}
\overline{G}
%
%
%
%
%
G
\to^{g} \overline{G}
\
^
\
/ (Gestrichelte Linie)
\pi v
/ \overline{g}
G/_{N}
Daher:
G
---g----> \ol G ----\ol \pi----> G/_{N} ----\ol g----> \ol G
\\
^
^
\\-----------------\pi-------------/{}
/
\------------------------------g--------------------------
G ---g--> \ol G
\
^
g \
/
v
/ \overline{g} \circ \overline{\pi}
\ol G
41
Eind.
===⇒ g ◦ π = idG
Analog: π ◦ g = idG/N .
Zeigen drei überaus nützliche Folgerung.
Satz: (Homomorphiesatz) Sei f : G → H ein Gruppenhomomorphismus. Dann wird
durch
∼
f : G/Kern f → Bild(f )
a · Kern f 7→ f (a)
ein Isomorphismus gegeben.
Indirekter Beweis. Setzen im vorigen Satz (Universelle Eigenschaft) N = Kern f .
⇒ Wohldefiniertheit
Zusatz f surjektiv:
Kern f = Kern f /N = N/N = {1} ⇒ f injektiv
Direkter Beweis. Für a, b ∈ G:
a · Kern f = b · Kern f ⇔ ab−1 ∈ Kern f ⇔ f (ab−1 ) = 1
⇔ f (a) · f (b)−1 = 1 ⇔ f (a) = f (b)
Daraus folgt Wohldefiniertheit und Injektivität. Surjektivität klar.
Beispiele:
(1) f : GLn (K) → K ∗ mit A 7→ det A ist ein surjektiver Gruppenhomomorphismus
und
Kern f = {A | det A = 1} = SLn (K)
also
GLn (K)/SLn (K) ' K∗
42
(2)
(R, +) → ({z ∈ C | |z| = 1}, ·)
7→ e2πix
ist surjektiver Gruppenhomomorphismus mit
Kern f = Z
→ R/Z ' Einheitskreislinie
(3)
({konvergente Folgen in R}, +) → (R, +)
an 7→ lim an
surj. Gruppenhomomorphismus mit
Kern f = {Nullfolgen in R}
{konvergente Folgen in R}/{Nullfolgen in R} ∼
=R
(4)
pr1 : (Rn , +) → (R, +)
(x1 , . . . , xn ) 7→ x1
surj. Gruppenhomomorphismus mit Kern f = 0 × Rn−1 .
⇒ Rn /(0×Rn−1 ) ' R
Satz: Seien m, n teilerfremde natürliche Zahlen. Dann gilt:
Zm·n ' Zm × Zn
43
Beispiel: Z10 ∼
= Z5 × Z2 , Z4 6' Z2 × Z2
Beweis.
f : Z → Zm × Zn
x 7→ (x + mZ, x + nZ)
ist ein Gruppenhomomorphismus.
Kern f = {x ∈ Z | |x ∈{zmZ} und x
| ∈{znZ}}
⇔m|x
|
⇔n|x
{z
⇔mn|x⇔x∈mnZ
}
= mnZ
Homsatz
=====⇒ Z/mnZ ' Bild(f )
Insbesondere
|Bild(f )| = |Zmn | = mn = |Zm × Zn |
also Bild(f ) = Zm × Zn
Satz: (Erster Isomorphiesatz) Sei G Gruppe, U ⊂ G Untergruppe, N ⊂ G Normalteiler.
Dann gilt:
(1) U N = {un | u ∈ U, n ∈ N } ⊂ G Untergruppe
(2) N ⊂ U N Normalteiler
(3) (U ∩ N ) ⊂ U Normalteiler
(4) U/U ∩N → U N/N mit a(U ∩ N ) 7→ aN
Beweis. (1)
1∈U
)
⇒ 1 = 1 · 1 ∈ U N,
1∈N
x = un ∈ U
y = vm ∈ N
)
⇒ unvm = |{z}
uv v| −1
{znv} m ∈ U N,
∈U
∈N
| {z }
∈N
−1 −1
(un)−1 = n−1 u−1 = u−1 un
| {zu } ∈ U N
∈N
(2) klar
44
(3) (und 4)
U \-----------> UN
_
| _
\ \{}
| |
\ \{}
| v
\ v{}
v aN
v
UN/_{N}
aN
Surjektiv, denn unN = uN = ϕ(u) Kern ϕ = U ∩ N
Homsatz
=====⇒ U N/N |{z}
' U/(U ∩N )
da ϕ
Satz: (Zweiter Isomorphiesatz) G Gruppe, M, N ⊂ G Normalteiler, M ⊂ N . Dann
gilt:
(1) N/M ist Normalteiler in G/M
(2)
(G/M )/(N/M )
→ G/N mit aM (N/M ) 7→ aN .
Beweis. πN : G → G/N , a 7→ aN und πM : G → G/M , a 7→ aM . Dann existiert ein
f : G/M → G/N nach der Universellen Eigenschaft con G/M , denn M ⊂ N = Kern πN .
Zusatz
Da πN surjektiv ====⇒ f surjektiv.
z.z. Kern f =
Kern πN /M
= N/M .
Hom
==⇒ G/M/N/M ' G/N
Satz
Beispiel:
•
f : GLn (R) → R∗
Hom
A 7→ det A
==⇒ GLn (R)/SLn (R) ∼
= R∗
Satz
•
g : GLn (R) → R+
A 7→ |det A|
surj. Gruppenhomomorphismus mit Kern g = {A ∈ GLn (R) | det A = ±1}
45
•
h : K → {±1}
A 7→ det A
Kern h = SLn (R) ⇒ K/SLn (R) ' {±1}, also Normalteiler.
SLn (R) ⊂ K ⊂ GLn (R)
Der zweite Isomorphiesatz liefert
GLn (R)/SLn (R) K
/SLn (R)
/
' GLn (R)/K
Konkret:
R∗/{±1}
' R+
2.6 Zyklische Gruppen
Sei G eine Gruppe und M ⊂ G eine Teilmenge. Es gibt eine kleinste Untergruppe von
G, die M enthält:
\
hM i =
U
U ⊂G U.G.M ⊂U
Sie heißt die von M erzeugte Untergruppe. Wir können konkret schreiben:
hM i = {aε11 · . . . · aεrr | r ∈ N0 , ai ∈ M, εi ∈ {±1}}
Insbesondere: h∅i = {1}. Falls G = hM i heißt M Erzeugendensystem von G.
Beispiel: Z = h{1}i = h{2, 3}i
Beispiel: D3 = Symmetriegruppe des gleichschenkligen Dreiecks in der Ebene = h{δ, σ1 }i
Bemerkung: Seien f, g : G → H Gruppenhomomorphismen und G = hM i. Dann
gilt:
f (a) = g(a) für alle a ∈ M ⇔ f = g
Beweis. Sei a ∈ G beliebig
⇒ a = aε11 · . . . · aεrr mit ai ∈ M, εi ∈ {±1}
⇒ f (a) = f (a1 )ε1 · . . . · f (ar )εr = g(a1 )ε1 · . . . · g(ar )εr = g(a)
46
Beispiel: (Kongruenzabbildungen)
Eine Abbildung f : R2 → R2 heißt Kongruenzabbildung (Isometrie), falls d(f (x), f (y)) =
d(x, y) für alle x, y ∈ R2 , wobei d den Euklidischen Abstand bezeichnet. Dann ist
Kon(R2 ) := {f : R2 → R2 | f kongr. Abbildung}
Beispiel: Drehungen, Spiegelgungen, Translationen.
Lineare Algebra:
• f ∈ Kon(R2 ) ⇔ f ist von der Formx 7→ Ax + b mit A orthogonal und b ∈ R2 .
• Kon(R2 ) ist eine Gruppe
• Kon(R2 ) = {σl | l eine Gerade in R2 }
Wichtiger Fall: M = {a} für ein a ∈ G.
hai := h{a}i = {ak | k ∈ Z}
die von a erzeugte Untergruppe von G.
ord(a) := |hai| ∈ N ∪ {∞}
heißt die Ordnung von a.
Beispiel: In Kon(R2 ) betrachte
δ : R2 → R2 die Drehung um P ∈ R2 um 30◦ .
τ : R2 → R2 die Verschiebung um Q ∈ R2 , Q 6= 0.
Dann ist ord(δ) = 12, denn hδi = {id = δ 0 , . . . , δ 11 } (δ 12 = id), ord(τ ) = ∞
Definition: G heißt zyklisch, falls ein a ∈ G existiert mit
G = hai
Beispiel: Z = h1i ist zyklisch, Zm = {0, 1, . . . , m − 1} = 1 zyklisch.
47
Proposition:
(1) |G| Primzahl ⇒ G zyklisch
(2) Jede Untergruppe einer zyklischen Gruppe ist zyklisch
Beweis. (1) |G| =
6 1, also existiert a ∈ G, a 6= 1.
a6=1
ord(a) | ord G nach Lagrange |G| prim ==⇒ ord(a) = |G|
⇒ hai = G
(2) Sei U ⊂ G = hai Untergruppe. Betrachte den surjektiven Homomorphismus:
7→ ak
f : Z → Gk
Es ist f −1 (U ) = m · Z für ein m ∈ Z0 .
⇒ U = f (mZ)
am·l =(am )l
=
ham i
Satz: Ist G eine zyklische Gruppe, so gilt
G'
G ' Z/mZ für ein m ∈ N
|{z}
oder
Z
|{z}
unendlich
endlich
Beweis. Nach Voraussetzung G = hai für ein a ∈ G. Betrachte den Homomorphismus
f :Z→G
k 7→ ak
f ist surjektiv, Kern f = mZ für ein m ∈ N0 . Nach dem Homomorphiesatz gilt daher
G ' Z/mZ.
Beispiel:
(1) G = mZ ⊂ Z = h1i ist zyklisch
mZ = hmi ' Z
(2) In Kon(R2 ) gilt:
*
+
δ
|{z}
' Z12 ,
30◦ -Drehung
48
hτQ i ' Z
Korollar 1: Sei G eine endliche Gruppe, a ∈ G.
(1) ak = 1 ⇔ ord a | k
(2) a|G| = 1 (kleiner Fermatscher Satz)
Beweis. (1) Betrachte den surjektiven Homomorphismus
f : Z → hai ⊂ G
k 7→ ak
Es ist Kern f = mZ, m = ord(a). Dann gilt
ak = 1 ⇔ k ∈ Kern f
⇔ m | k.
(2)
)
nach (1)
aord(a) = 1
ord(a) | |G| nach Lagrange
(1)
=⇒ Behauptung
Korollar 2 Sei G eine endliche Gruppe, a ∈ G. Für m ∈ Z gilt:
ord(am ) =
ord(a)
ggT (m, ord(a))
Beweis. Sei d := ggT (m, ord(a)). Schreibe (mit m0 , n0 ∈ Z)
m = d · m0
ord(a) = d · n0
Dann gilt ggT (m0 , n0 ) = 1.
Sei s := ord(am ). Zu zeigen: s = n0 .
(1) Es gilt s ≥ n0 , denn
ams = (am )s = 1
Kor 1
===⇒ ord(a) | ms
d.h. ms = ord(a) · t für ein t ∈ Z
==⇒m0 s = n0 t
==⇒n0 | m0 s
ggT (m0 ,n0 )=1
=========⇒n0 | s ⇒ n0 ≤ s.
49
(2) Es gilt s ≤ n0 , denn:
(am )n0 = am·n0 = ad·m0 n0 = aord(a)·m0 = (aord(a) )m0 = 1
Kor 1
===⇒ ord(am ) | n0 ⇒ s ≤ n0 .
| {z }
=s
Beispiel: δ : R2 → R2 Drehung um P um 30◦ .
ord(δ) = 12
12
12
=
= 4, (δ 3 = Drehung um 90◦ )
ggT (3, 12)
3
12
12
ord(δ 8 ) =
=
= 3, (δ 8 = Drehung um 240◦ )
ggT (8, 12)
4
8
δ = {id, δ 8 , δ 4 }, (δ 4 = Drehung um 120◦ )
ord(δ 3 ) =
Korollar 3: Sei G endliche zyklische Gruppe, G = hai. Dann gilt für m ∈ Z:
G = ham i ⇔ ggT (m, |G|) = 1
Beweis.
G = ham i ⇔ ord(am ) = ord(a)
Kor 2
⇐==⇒ ggT (m, ord(a)) = 1
| {z }
=|G|
Beispiel:
5
δ = hδi, wo δ = 30◦ -Drehung.
Bemerkung: Sei n := |G| = ord(A). Dann gilt also:
Anzahl der b ∈ G
mit hbi = G
Anzahl der zu n teilerfremden
Zahlen in {1, . . . , n}
=
= ϕ(n)
50
Beispiel (Einheitswurzeln): Sei n ∈ N . Die komplexen Zahlen a ∈ C mit an = 1 heißen
n-te Einheitswurzeln
En := {a ∈ C | an = 1}
ist eine multiplikative Gruppe (Untergruppe von (C∗ , ·)).
Es gilt:
(1)
k
En = {e2πi n | k ∈ Z}
+
*
= {e
k
2πi n
| 0 ≤ k < n}
=
1
2πi n
|e {z }
' Z/nZ
=:ξ
(2) Erzeuger von En (= primitive n-te Einheitswurzeln)
k
mit ggT (k, n) = 1
ξ k = e2πi n
n = 12 : k ∈ {1, 5, 7, 11}
(Bemerkung: ϕ(12) = 4)
Korollar 4: Sei G endliche zyklische Gruppe, G = hai, n := |G|. Dann existiert zu jedem
postitiven Teiler t von n genau eine Untergruppe U von G der Ordnung t.
D nE
Es gilt U = a t .
Beweis. Existenz:
n
ord(a t ) =
n
n
= n =t
n
ggT ( t , n)
t
D n E
also a t = t.
Eindeutigkeit: Sei U ⊂ G eine Untergurppe der Ordnung t. Wir wissen U ist zyklisch (da
Untergruppe von G).
Also U = ham i für ein m ∈ Z mit
t = ord(am ) =
n
n
n
⇒ ggT (mn, n) = ⇒ | m
ggT (m, n)
t
t
D n E Ordnungen =t
D nE
m
⇒ ha i ⊂ a t ========⇒= ham i = a t
51
2.7 Der Hauptsatz über endlich erzeugte abelsche Gruppen
Eine Gruppe G heißt endlich erzeugt, falls es eine endliche Menge M gibt mit
G = hM i .
Einfachster Fall: G = h{a}i (zyklische Gruppe)
Auch einfach: G = {a1 , . . . , an } = h{a1 , . . . , an }i (endliche Gruppe)
Bemerkung: Für abelsche Gruppen G gilt:
(1) h{a1 , . . . , an }i = {k1 a1 + . . . + kn an | ki ∈ Z}
(2) G endlich erzeugt ⇔ ∃ surj. Homomorphismus f : Zn → G.
„⇒“: (k1 , . . . , kn ) 7→ k1 a1 + . . . + kn an ist surj.
   
 
1
0
0
0 1
0
   
 
„⇒“: f  .  , f  .  , . . . , f  .  sind Erzeuger
.
.
. .
 .. 
0
0
1
Frage:
Welche endlich erzeugten abelschen Gruppen gibt es?
Beispiele:
Z = h1i
   
 
1
0
0 +
*
0 1
0
   
 
Zr =  .  ,  .  , . . . ,  . 
 ..   .. 
 .. 
0
0
1
Zm = 1
1
0
Zm × Zn =
,
0
1
52
Proposition: Sei G eine abelsche Gruppe und U, V Untergruppen. Äquivalent
(1)
U ×V →G
(u, v) 7→ u + v
ist ein Isomorphismus.
(2) G = U + V und U ∩ V = {0}
Beweis. (i) ⇒ (ii): G = f (U × V ) = U + V.X Sei a ∈ U ∩ V . Dann ist (a, −a) ∈ U × V
und f (a, −a) = 0, also (a, −a) = (0, 0), d.h. a = 0. X
(ii) ⇒ (i): Surj. X, Hom. X Sei (u, v) ∈ U × V mit u + v = f (u, v) = 0. Dann ist
u = −v ∈ V , also u ∈ U ∩ V also u = 0 und damit auch v = 0.X
Bemerkung:
(1) Für Gruppen G und H gilt:
G × H/G × {0}
'H
G × H/{0} × H
'G
(Wende den Homomorphiesatz auf die Projektionen G × H → H, (g, v) 7→ h bzw.
G × H → G, (g, h) 7→ g an.)
(2) Für eine Primzahl p und ein n ∈ N betrachte die Abbildung
Zpn → Zpn
x 7→ px
Ihr Bild ist pZpn ' Zpn−1 (z.B. 2Z8 = {0, 2, 4, 8} ' Z4 = {0, 1, 2, 3})
2.7.1 Haupsatz über endlich erzeugte abelsche Gruppen
Jede endlich erzeugte abelsche Gruppe G ist isomorph zu einer direkten Summe (=
direktes Produkt) zyklischer Gruppen:
G'
Zr
|{z}
„freier Anteil“
× Zm1 × . . . × Zml
|
{z
}
„Torsionsanteil“
mit r ∈ N0 , m1 , . . . , ml ∈ N, l ∈ N0 .
53
Folgerung: Es existieren Primzahlen p1 , . . . , pk und r, n1 , . . . , nk ∈ N mit
G ' Zr × Zpn1 × . . . × Zpnk
1
k
denn: Zmn ' Zm × Zn falls ggT (m, n) = 1, also:
Zpn1 ·...·pnr r ' Zpn1 × . . . × Zpnr r
1
1
Beispiel: Ist G endliche abelsche Gruppe mit |G| = 135, so ist wegen 135 = 33 · 5
G ' Z27 × Z5
oder G ' Z3 × Z9 × Z5
oder G ' Z3 × Z3 × Z3 × Z5
Also: Es gibt bis auf Isomorphie (genau) drei abelsche Gruppen der Ordnung 135.
Zp2 Zp × Zp .
Warnung: Z8 Z4 × Z2 ,
Beweis. Sei G eine endlich erzeugte abelsche Gruppe.
Wir führen Induktion über die minimale Anzahl n von Erzeugern für G.
n = 1 : Dann ist G zyklisch X
n > 1 : Sei G = h{a1 , . . . , an }i mit zugehörigem surjektiven Homomorphismus f : Zn →
G. Falls f injektiv ist, gilt G ' Zn . X
Sonst existiert 0 6= (k1 , . . . , kn ) ∈ Kern f . (*) Wähle a1 , . . . , an und (k1 , . . . , kn ) so,
dass k1 6= 0 ist mit minimalen |k1 |.
Dividiere mit Rest:
ki = qi k1 + ri für i > 1 mit 0 ≤ ri < ki
Neues Erzeugendensystem für G:
a01 := a1 + q2 a2 + . . . qn an
a2
..
.
an
54
Es gilt
0 = k1 a1 + . . . + kn an
= k1 (a01 − q2 a2 − . . . − qn an )
+ (q2 k1 + r2 )a2
..
.
+ (qn kn + rn )an
= k1 a01 + r2 a2 + . . . + rn an
Minimalität (∗)
r2 = . . . = rn = 0 ⇒ k1 a01 = 0
0
a1 ∩ ha2 , . . . , an i = {0}
=========⇒
Minimalität (∗)
=========⇒
denn: l1 a1 + l2 a2 + . . . + ln an = 0
mit 0 6= |l1 | < |k1 | widerspräche Minimalität
Daher G ∼
= ha1 i × ha2 , . . . , an i
|
{z
}
=:H
Wende nun die Induktionsvoraussetzung auf H an.
Satz: Die Zahlen r, p1 , . . . , pk , n1 , . . . , nk sind durch G eindeutig bestimmt.
Beweis. Zu zeigen: Falls gilt:
Zr × Zpn1 × . . . × Zpnk ' Zs × Zqm1 × . . . × Zqml
1
1
l
k
{z
} |
{z
}
|
:=H1
:=H2
mit Primzahlen pi und qj und r, s, ni , mj ∈ N, dann ist r = s, k = l und nach Umnummerieren pi = qi , ni = mi .
(1)
T1 := {a ∈ H1 | ord(a) endlich}
= (Torsionsuntergruppe von H1 )
= {0} × Zpn1 × . . . × Zpnk
1
k
und analog T2 := {a ∈ H2 | ord(a) endlich}
Es gilt:
'

H1 /T1 ' Zr 

s
H2 /T2 ' Z
55

⇒r=s
(2) Sei für eine Primzahl p
H1 (p) := {a ∈ H1 | ord(a) ist eine Potenz von p}
H2 (p) := {a ∈ H2 | ord(a) ist eine Potenz von p}
dann gilt
H1
H1 (p) '
×Z
n
pi i
pi =p
'
'⇒
H2
H2 (p) '
×Z
qj =p
mj
qj
Also genügt zu zeigen: Falls gilt
Zpn1 × . . . Zpnk ' Zpm1 × . . . × Zpml
|
{z
} |
{z
}
:=A1
:=A2
dann ist k = l und ni = mi (nach Umnummerierung)
P
(3) Beweis hierfür durch Induktion nach N := ni
N = 0: X
N > 0: Betrachte
pA1 := {pa | a ∈ A1 }
pA2 := {pa | a ∈ A2 }
Es gilt pZpn ' Zpn−1 , also
pA1 ' Zpn1 −1 × . . . Zpnk −1
'
pA1 ' Zpm1 −1 × . . . Zpml −1
Per Induktion folgt k = l und ni − 1 = mi − 1 für alle i und daraus die Behauptung.
2.8 Permutationsgruppen & Gruppenoperationen
Beispiel: Wir betrachten ein Polynom f ∈ R[X1 , . . . , Xn ], z.B.
f = X12 + 5X1 X2 + X2 X32 + 10X34 ∈ R[X1 , X2 , X3 ]
56
Nun vertauschen wir in f die Unbestimmten gemäß der folgenden Permutation σ ∈ S3 :
σ : 1 7→ 2
2 7→ 3
3 7→ 1
Wir erhalten ein neues Polynom:
f˜ := X22 + 5X2 X3 + X3 X12 + 10X14 ∈ R[X1 , X2 , X3 ]
Allgemein: Eine Permutation σ ∈ Sn führt ein Polynom f über in
f˜(X1 , . . . , Xn ) := f (Xσ(1) , . . . , Xσ(n) )
Wir haben also eine Abbildung definiert
Sn × R[X1 , . . . , Xn ] → R[X1 , . . . , Xn ]
(σ, f ) 7→ σ ∗ f := f˜
Sie folgende Eigenschaften:
(1) σ = id ⇒ σ ∗ f = f
(2) τ ∗ (σ ∗ f ) = (τ ◦ σ) ∗ f
Beispiel: Sei X die Menge aller Dreiecke in R2 und G = Kon(R2 ). Für ein f ∈ G und
ein Dreieck ∆ ∈ X betrachten wir das Bilddreieck
f (∆)
(Hinweis: Dreiecke ∆ und ∆0 heißen kongruent, falls es ein f ∈ G gibt mit ∆0 = f (∆).)
Wieder liegt eine Abbildung vor:
G×X →X
(f, ∆) 7→ f ∗ ∆ := f (∆)
die die zu (1) und (2) entsprechenden Eigenschaften hat:
(1) f = id ⇒ f ∗ ∆ = ∆
(2) f ∗ (g ∗ ∆) = (f ◦ g) ∗ ∆
In den Beispielen 1 und 2 liegt eine Gruppenoperation im Sinne folgender Definition
vor.
57
Definition: Sei G eine Gruppe, X eine Menge. Eine Operation (oder: Gruppenwirkung,
engl.: group action) von G aus X ist eine Abbildung
G×X →X
(a, x) 7→ a ∗ x
mit
1∗x=x
(ab) ∗ x = a ∗ (b ∗ x)
für alle a, b ∈ G und alle x ∈ X.
Bezeichnung: Für eine Menge X setze
S(X) := {f : X → X | f bijektiv}
Speziell: Sn := S({1, . . . , n}) für n ∈ N.
Bemerkung: Für a ∈ G ist x 7→ a ∗ x eine bijektive Abbildung X → X mit Inverse
x 7→ a−1 ∗ x. Dies liefert:
∼
{Operationen von G auf X} → {Homomorphismen G → S(X)}
((a, x) 7→ a ∗ x) 7→ (a 7→ (x 7→ a ∗ x))
((a, x) 7→ fa (x)) ←[ (a 7→ fa )
Sprechweise Man sagt, die Gruppe G operiert auf der Menge X, wenn eine Operation:
G×X →X
(a, x) 7→ a ∗ x
bzw. ein Homomorphismus
G → S(X)
a 7→ fa
58
Manchmal abgekürzte Schreibweise:
a ∗ x =: a(x) := fa (x)
Beispiele:
(1) Für eine beliebige Menge X und beliebige Gruppe G ist
G → S(X)
G×X →X
a 7→ idX
(a, x) 7→ a ∗ x = x
die triviale Operation von G auf X.
(2) Jede Gruppe G operiert auf sich durch Konjugation
G → S(G)
a 7→ (x 7→ axa−1 )
bzw.
G×G→G
(a, x) 7→ axa−1
(3) Auf der Menge X = {Alle Dreiecke in R2 } operiert die Kongruenzgruppe G =
Kon(R2 ) durch:
G×X →X
(f, ∆) 7→ f (∆) = {f (p) | p ∈ ∆}
(4) Analog mit
Ähn(R2 ) = Gruppe der Ähnlichkeitsabbildungen
Weiteres Beispiel: Jede Gruppe operiert auf sich selbst durch „Linkstranslation“: Für
a ∈ G sei
la : G → G
x 7→ ax
Dies liefert einen Homomorphismus
l : G → S(G)
a 7→ la
59
Beweis: Es ist für a, b ∈ G
lab = (ab)x
(la ◦ lb ) = la (bx) = a(bx)
Bemerkung: Der Homomorphismus entspricht der Gruppenoperation
G×G→G
(a, x) 7→ ax
Satz von Cayley: Jede Gruppe G ist isomorph zu einer Permutationsgruppe, d.h. zu G
existiert eine Menge X, so dass G Untergruppe von S(X) ist.
Beweis. Betrachte die obige Gruppenoperation bzw. den Homomorphismus l : G →
S(G). Es ist
Kern(l) = {a ∈ G | la = id} = {a ∈ G | ax = x ∀x ∈ G} = {1}
also ist l injektiv und daher G ' Bild(l) ⊂ S(G).
Bahnen: G operiert auf X. Betrachte folgende Äquivalenzrelation auf X:
x ∼ y :⇔ ∃a ∈ G : a ∗ x = y
Bemerkung:
• reflexiv: 1 ∗ x = x X
• symmetrisch: a ∗ x = y ⇒ a−1 ∗ (a ∗ x) = a−1 ∗ y ⇒ x = a−1 ∗ y X
• transitiv: a ∗ x = y und b ∗ y = z ⇒ b ∗ (a ∗ x) = z ⇒ (ba) ∗ x = z X
Die Äquivalenzklassen bezüglich ∼ heißen Bahnen (orbits) der Operation.
Schreibweise: Für x ∈ X
G(x) := die Bahn von x
= {y | y ∼ x}
= {y | ∃a ∈ G : a ∗ x = y}
Beispiele: Zu (3): Bahn von ∆ = { Alle zu ∆ kongruenten Dreiecke }
Zu (4): Bahn von ∆ = { Alle zu ∆ ähnliche Dreiecke }
60
Stabilisatoren Für x ∈ X heißt
Gx := {a ∈ G | a ∗ x = x}
der Stabilisator von x (auch: Fixgruppe, Isotropiegruppe)
Bemerkung: Gx ist eine Untergruppe von G, denn:
(1) Seien a, b ∈ Gx . Dann gilt
(ab) ∗ x = a ∗ (b ∗ x) = a ∗ x = x
also ab ∈ Gx .
(2) Sei a ∈ Gx . Dann gilt
a ∗ x = x ⇒ a−1 ∗ (a ∗ x) = a−1 ∗ x ⇒ (a−1 a) ∗ x = a−1 ∗ x ⇒ x = a−1 x
Beispiel: Zu (3): Sei ∆ ⊂ R2 ein Dreieck. Dann gilt für G = Kon(R2 )
G∆ = {f ∈ Kon(R2 ) | f (∆) = ∆}
= die Symmetriegruppe von ∆
Ist ∆ gleichseitig, dann ist
|G∆ | = 6
Ist ∆ gleichschenklig, aber nicht gleichseitig, dann ist
|G∆ | = 2
Andernfalls ist:
|G∆ | = 1
Satz: G operiere auf X. Dann gilt für jedes x ∈ X
|G(x)| = [G : Gx ]
Länge der Bahn = Index des Stabilisators
Beweis. Wir zeigen: Durch
G(x) → {Linksnebenklassen von Gx }
a ∗ x 7→ a · Gx
wird eine Bijektion gegeben.
61
(1) Es ist
a ∗ x = b ∗ x ⇔ (a−1 b) ∗ x = x
⇔ a−1 b ∈ Gx
⇔ aGx = bGx
Also ist die Abbildung wohldefiniert und injektiv.
(2) Surjektivität: klar
Korollar (Bahnengleichung): G operiere auf X. Sei R ein vollständiges Repräsentantensystem der Bahnen (d.h. R ⊂ X enthält aus jeder Bahn genau ein Element). Dann
gilt
(∗)
|X| =
X
|G(x)|
obiger Satz
=
x∈R
(∗)X =
S
X
[G : Gx ]
x∈R
x∈R G(X)
Beispiel: Betrachte Operation von G = S3 auf X = R[X1 , X2 , X3 ] durch Permutation
der Unbestimmten. Es ist:
S3 = {id, (12), (13), (23), (123), (132)}
(123) heißt: 1 7→ 2, 2 7→ 3, 3 7→ 1
Sei f = X12 + X22 + X3 . Dann gilt






G(f ) = f, (12) ∗ f , (13) ∗ f , (23) ∗ f , (123) ∗ f , (132) ∗ f

| {z } | {z } | {z }
 | {z } |2 {z2 }

2
2
f
X3 +X2 +X1 X1 +X3 +X2
(13)∗f
(23)∗f
also |G(f )| = 3.
Ferner
Gf = {id, (12)}
also
|G(f )| = 3
[G : Gf ] =
|G|
|Gf |
=
6
2
=3
Übergreifende Idee: Gruppentheorie als Werkzeug zum Verstehen von Symmetrien
62
Lemma von Burnside: G operiere auf der Menge X .Dann gilt
|X/G| =
1 X
|F ix(a)|
|G|
a∈G
wobei
F ix(a) := {x ∈ X | a ∗ x = x}
(Also: Anzahl der Bahnen = mittlere Anzahl der Fixpunkte)
Beweis. Es gilt
X
|F ix(a)| = |{(a, x) ∈ G × X | a ∗ x = x}| =
a∈G
X
|Gx |
x∈X
und daher
X |Gx | Satz X 1
1 X
=
|F ix(a)| =
=: (∗)
|G|
|G|
|G(x)|
a∈G
x∈X
x∈X
Sei nun N = |X/G| = Die Anzahl der Bahnen und x1 , . . . , xN ein Repräsentantensystem
für die Bahnen. Dann gilt
(∗) =
N
X
X
1
1
=N
=
|G(y)|
|G(xi )|
i=1 y∈G(xi )
i=1 y∈G(xi )
{z
}
|
N
X
X
=1
Anwendungs des Lemma von Burnside: Die Seiten eines Würfels sollen mit 1, . . . , 6
beschriftet werden. Wieviele verschiedene Spielwürfel kann man so herstellen?
Überlegung:
(1) Wenn die Würfelseiten unterscheidbar wären (z.B. verschiedene Farben, verschiedene Nummern, . . . ). dann wären es 6! = 720 Möglichkeiten
(2) Sei X die Menge aller solchen Beschriftungen. Wir können zwei Elemente aus X
nach der Herstellung nicht unterscheiden, falls es eine Drehung des Würfels gibt,
die sie ineinander überführt. Wir suchen also die Anzahl der Bahnen,
|X/G| ,
wobei G = Gruppe aller Drehungen, die den Würfel auf sich abbilden.
(Information: Symmetriegruppe des Würfels hat 48 Elemente, davon sind 24 Drehungen.)
63
Nach dem Lemma von Burnside gilt:
1 X
|F ix(g)|
|G|
|X/G| =
g∈G
Mit
(
∅
F ix(g) =
X
erhalten wir
|X/G| =
falls g 6= id
falls g = id
|X|
720
=
= 30
|G|
24
Anwendung der Bahnengleichung — Sylow-Untergruppen
Sei G eine endliche Gruppe.
Wir wissen: Für jede Untergruppe U ⊂ G gilt |U | teilt |G|. (Lagrange)
Frage: Existiert zu jedem Teiler t von |G| eine Untergruppe U ⊂ G mit |U | = t?
Antwort: Für zyklische Gruppen: ja. (Im Allgemeinen: nein.)
Aber: Positive Antwort für Primzahlpotenzen t = ps .
Zum Beispiel: |G| = 24 = 23 · 3
Teiler von |G|: 1X, 2X, 4X, 8X, 3X, 6?, 12?, 24X
Lemma: Sei n ∈ N, n = pr m mit p prim, r ∈ N, m ∈ N, p6 | m.
Dann gilt für 0 ≤ s ≤ r:
n
= pr−s · m · u mit u ∈ Z, u ≡p 1
ps
Beweis. Es gilt
s −1
pY
n
n(n − 1) . . . (n − ps + 1
n−i
=
=
s
s
s
p
p (p − 1) . . . 1
ps − i
i=0
=
pr m
ps
·
s −1
pY
pr m
−i
−i
i=1
|
{z
}
=(pn−1
s −1)=:u
ps
64
Zu zeigen: u ≡p 1. Schreibe:
pr m − i
pr−ni · m − ti
=
ps − i
ps−ni − ti
mit ni , ti ∈ N, p6 | ti
Dann gilt ni < s
p·b+a
=⇒u =
p·c+a
mit b, c ∈ Z und a =
s −1
pY
(−ti )
i=1
=⇒u(pc + a) = pb + a
=⇒(u − 1)a = p(b − uc)
p6 |a
=⇒p | u − 1, d.h.u ≡p 1
Satz (Erster Sylow Satz) Sei G eine endliche Gruppe, p eine Primzahl, s ∈ N mit
ps | |G|.
Dann existiert eine Untergruppe U ⊂ G mit |U | = ps .
Beweis.
(1) Sei n := |G|
Schreibe n = pr m mit p6 | m, also s ≤ r.
Sei
X := {Teilmengen M ⊂ G mit |M | = ps }
Dann gilt |X| = pns .
Betrachte folgende Operation von G auf X:
G×X →X
(a, M ) 7→ aM := {am | m ∈ M }
P
Bahnengleichung: |X| = M ∈R |G(M )|
Lemma ⇒ pr−s+1 6 | |X|
⇒ ∃M ∈ X : pr−s+1 6 | |G(M )|
65
(∗)
(2) Sei M mit Eigenschaft (∗) gewählt.
Behauptung: Für U := GM gilt |U | = ps . Beweis:
Satz
a) |G| = |U | · [G : U ] = |U | · |G(M )|
|{z} |
{z
}
=pr m
(∗)
⇒ ps | |U | ⇒ ps ≤ |U |
b) Für a ∈ U
ist aM = M .
=GM
⇒ Für m ∈ M ist die Abbildung
U →M
a 7→ am
wohldefiniert & injektiv
⇒ |U | ≤ |M | = ps
Ausblick: Sei G eine endliche Gruppe, |G| = pr · m mit p6 | m. Eine Untergruppe U ⊂ G
der Ordnung pr heißt
Sylow-p-Untergruppe von G. (Nach Sylow I existiert mindestens eine solche)
Die Sylow-Sätze II und III machen weitere Aussagen über solche Untergruppen:
Satz (Sylow II)
U ⊂ G mit |U | = ps
)
S ⊂ G Sylow-p-Untergruppe
⇒ ∃a ∈ G : U ⊂
−1
aSa
| {z }
zu S konjugierte Sylow-p-UG
(Insbesondere: Je zwei Sylow-p-Untergruppen sind konjugiert.)
Satz (Sylow III) Für die Anzahl sp der Sylow-p-Untergruppen von G gilt
(1) sp | m
(2) sp ≡ 1 (mod p)
66
Beispiel: |G| = 12 = 22 · 3
Sylow I ⇒ Es existieren Untergruppen der Ordnungen 2, 22 , 3
Sylow III ⇒ s2 | 3, s2 ≡ 1
s3 | 4, s3 ≡ 1
(mod 2), also s2 = 1 oder s2 = 3 (zueinandere konj.)
(mod 3), also s3 = 1 oder s3 = 4
Sylow III ⇒ Falls s3 = 1 ist, dann ist die Sylow-3-UG ein Normalteiler
Anwendung 2 der Bahnengleichung Die Klassengleichung Sei G eine endliche Gruppe.
Betrachte die Operation von G auf sich durch Konjugation
G×G→G
(a, x) 7→ axa−1
Stabilisator von x ∈ G:
Gx = {a ∈ G | |axa−1
{z = x}}
⇔xa=ax
Es gilt:
[G : Gx ] = 1 ⇔ Gx = G
⇔ x ∈ Z(G)
wobei Z(G) := {a ∈ G | xa = ax ∀x ∈ G} (Zentrum von G)
Sei R = {x1 , . . . , xk } ein vollständiges Repräsentantensystem der Bahnen.
Bahnengleichung:
|G| =
k
X
[G : Gxi ]
i=1
= |Z(G)| +
k
X
[G : Gxi ]
„Klassengleichung“
i=1,[G:Gxi ]>1
Daraus folgt:
Satz: |G| = pr für eine Primzahl p ⇒ Z(G) 6= {1}
Beweis.

p teilt [G : Gxi für jedes i
| {z } (Lagrange!)  Klassengl.
======⇒ p teilt |Z(G)|
falls >1


p teilt |G|
67
Satz: |G| = p2 für eine Primzahl p ⇒ G abelsch (Also nach dem Hauptsatz über endlich
erzeugte abelsche Gruppen: G ' Zp2 oder G ' Zp × Zp )
Beweis. |Z(G)| ∈ {p, p2 } nach obigem Satz.
Fall 1: |Z(G)| = p2
Dann ist |Z(G)| = |G|, also G abelsch.
Fall 2: |Z(G)| = p
Dann ist
|G/Z(G)| =
p2
=p
p
nachf olgendesLemma
also G/ZG zyklisch. =============⇒ G abesch.
Lemma:
G/ZG zyklisch ⇒ G abelsch
68
3 Ringe
3.1 Ringe, Unterringe, Ringhomomorphismen
Definition: Ein Ring (R, +, ·) besteht aus einer Menge R und zwei Verknüpfungen:
+:R×R→R
·:R×R→R
so dass gilt:
• (R, +) ist abelsche Gruppe
• (R, ·) ist Halbgruppe mit neutralem Element
• Distributivgesetz:
a · (b + c) = a · b + a · c
(b + c) · a = b · a + c · a
für alle a, b, c ∈ R
R heißt kommutativ , falls „·“ kommutativ ist
Bezeichnungen:
0 = neutrales Element von „ + “
1 = neutrales Element von „ · “
Beispiele:
(1) (Z, +, ·), (Q, +, ·), (R, +, ·), (C, +, ·) kommutative Ringe.
(2) (Mn (K), +, ·) Matrizenring, (1 = 1n ), nicht kommutativ für n ≥ 2.
Allgemeiner: (Mn (R), +, ·) für beliebigen kommutativen Ring R.
(3) Sei X eine Menge und R ein Ring.
Abb(X, R) := {alle Abbildungen f : X → R}
69
ist ein Ring mit punktweisen Verknüpfungen:
(f + g)(x) := f (x) + g(x)
(f · g)(x) := f (x) · g(x)
Abb(X, R) ist kommutativ, falls R kommutativ ist.
(4) Sei (G, +) eine abelsche Gruppe und
End(G) := {f : G → G | f Endomorphismus}
(End(G), +) ((f + g)(x) = f (x) + g(x)) ist eine abelsche Gruppe.
(End(G), +, ◦) ist ein Ring, i.a. nicht kommutativ.
(5) Sind R1 , . . . , Rn Ringe, dann ist
R1 × . . . × Rn
mit den komponentenweisen Verknüpfungen ein Ring, das direkte Produkt der Ringe
Ri .
Zum Beispiel: (Zn , +, ·), (Rn , +, ·)
R1 × . . . × Rn ist kommutativ, falls alle Ri kommutativ sind.
Bemerkung: In manchen Texten wird beim Begriff „Ring“ nicht verlangt, dass (R, ·)
ein neutrales Element 1 besitzt.
Beispiel:
Zn := {0, . . . , n − 1}
ist ein Ring mit den Verknüpfungen ⊕ und (Addition bzw. Multiplikation modulo n)
a ⊕ b := (a + b) MOD n
a b := (a · b) MOD n
Begründung:
• ⊕ und sind assoziativ
• neutrale Elemente 0 bzw. 1
• invers zu a bzgl. ⊕ ist −a MOD n
• ist distributiv über ⊕
70
Beispiel: Z6 = {0, 1, 2, 3, 4, 5}
Invers zu 4 bzgl. ⊕ ist −4 MOD 6 = 2.
Verknüpfungstafel für auf Z6 :
0
1
2
3
4
5
0
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
4
5
2
0
2
4
0
2
4
3
0
3
0
3
0
3
4
0
4
2
0
4
2
5
0
5
4
3
2
1
Bzgl. sind nur zwei Elemente invertierbar:
• 1 mit Inverse 1 (denn 1 1 = 1)
• 5 mit Inverse 5 (denn 5 5 = 25 MOD 6 = 1)
3.1.1 Rechenregeln in Ringen
Sei R Ring und a, b ∈ R. Dann gilt:
(1) a · 0 = 0 · a = 0
(2) a · (−b) = (−a) · b = −(a · b)
(3) (−a)(−b) = ab
Beweis.
(1) a · 0
0 neutral
=
add. Gruppe
Distr
a · (0 + 0) = a · 0 + a · 0 =======⇒ a · 0 = 0, für 0 · a analog.
Distr
(2) a · b + (−a) · b = (a + (−a)) · b
Zweite Behauptung analog.
(2)
add. Gruppe
=
(2)
(3) (−a) · (−b) = −(a · (−b)) = −(−(a · b))
71
(1)
add. G.
0 · b = 0 ====⇒ (−a) · b = −(a · b)
add. G.
=
a·b
3.1.2 Unterringe
Definition: Sei R ein Ring. Ein Unterring von R ist eine Teilmenge S ⊂ R mit
(1)


a + b ∈ S
a·b∈S
a, b ∈ S ⇒


1∈S
für alle a, b ∈ S
(2) S ist mit den eingeschränkten Verknüpfungen + und · ein Ring.
Bemerkung: Für nichtleeres S ⊂ R sind äquivalent:
(1) S Unterring
(2)

a+b∈S



 −a ∈ S
a, b ∈ S ⇒

a·b∈S



1∈S
für alle a, b ∈ S
Bemerkung: 3Z ⊂ Z ist Untergruppe, aber kein Unterring, da 1 ∈
/ 3Z.
Beispiele:
(1) Z ⊂ Q ⊂ R ⊂ C sind Unterringe.
(2) Mn (Z) ⊂ Mn (R)
(3) Für X ⊂ Rn offen ist C k (X, R) ⊂ Abb(X, R) Unterring.
3.1.3 Homomorphismen
Definition: Eine Abbildung f : R → S heißt Ringhomomorphismus, falls für alle a, b ∈
R gilt:
f (a + b) = f (a) + f (b)
f (a · b) = f (a) · f (b)
f (1R ) = 1S
(Insbesondere ist f dann Gruppenhomomorphismus (R, +) → (S, +).)
72
Analog wie bei Gruppen: Definiere Epimorphismus, Endomorphismus, Monomorphismus,
Isomorphismus, Automorphismus.
Kern f := f −1 (0) = {x ∈ R | f (x) = 0}
Beispiele:
(1) Z → Z, x 7→ k · x für k ∈ Z ist kein Ringhomomorphismus für k ≥ 2.
(2) Sei X eine Menge, p ∈ X.
Φp : Abb(X, R) → R
f 7→ f (p)
ist ein Ringhomomorphismus („Auswertungshomomorphismus“)
Kern Φp = {f : X → R | f (p) = 0}
(3) C 1 stetig differenzierbare Funktionen, C 0 stetige Funktionen.
C 1 (R, R) → C 0 (R, R)
f → f0
ist ein Gruppenhomomorphismus ((f + g)0 = f 0 + g 0 ), aber i.A. kein Ringhomomorphismus da (f · g)0 6= f 0 · g 0 .
(4) Sei U ⊂ R Unterring. Dann ist die Inklusion(sabbildung):
ι : U ,→ R
a 7→ a
3.1.4 Nullteiler, Integritätsringe, Einheiten
Sei R ein Ring.
Definition:
(1) a ∈ R \ {0} heißt Nullteiler , falls ein b ∈ R \ {0} existiert mit ab = 0 oder ba = 0.
(2) R heißt nullteilerfrei, falls in R keine Nullteiler existieren.
(3) Ein Integritätsring ist nullteilerfreier, kommutativer Ring 6= {0}.
73
Beispiele:
(1) Z ist ein Integritätsring
(2) In M2 (R) gibt es Nullteiler
1 0
0 0
0 0
=
0 0
0 1
0 0
(3) In Z6 gibt es Nullteiler 2 3 = 0
(4) In Z × Z gibt es Nullteiler: (1, 0) · (0, 1) = (0, 0).
(5) Sei U ⊂ C eine offene Menge und:
O(U ) = {f : U → C | f holomorph}
Dann gilt:
Integritätssatz
O(U ) Integritätsring ⇐=======⇒ U Gebiet, d.h. zusammenhängend
(6) C(R) (stetige Funktionen auf R) ist nicht nullteilerfrei Eine Funktion ist null im
negativen, die andere null im positiven Bereich der Achse.
(7) C ∞ (R) (beliebig oft differenzierbare Funktionen auf R) ist nicht nullteiler frei.
Bemerkung: Äquivlant für a ∈ R:
(i) a ist kein Nullteiler
(ii) a darf gekürzt werden, d.h. für alle b, b0 ∈ R gilt:
(1) ab = ab0 ⇒ b = b0
(2) ba = b0 a ⇒ b = b0
Beweis. Für a = 0 klar. Sei a 6= 0.
(i) ⇒ (ii):
a kein NT
(1) ab = ab0 ⇒ ab − ab0 = 0 ⇒ a(b − b0 ) = 0 ======⇒ b − b0 = 0
(2) Analog
(ii) ⇒ (i): Sei ab = 0 für ein b ∈ R. Zu zeigen:b = 0.
Es gilt
(1)
ab = 0 = a · 0 =⇒ b = 0
Analog, falls ba = 0 ist.
74
Definition: Sei R Ring. a ∈ R heißt a, falls a in der Halbgruppe (R, ·) invertierbar ist,
d.h. falls ein b ∈ R existiert mit ab = ba = 1.
R∗ = {a ∈ R | a Einheit}
Beispiel:
Z∗ = {−1, 1}
Q∗ = Q \ {0}
R∗ = R \ {0}
C∗ = C \ {0}
Allgemein: K ∗ = K \ {0}, wenn K ein Körper ist.
Mn (K)∗ = GLn (K)
Z∗6 = {1, 5}
Bemerkung: R Körper ⇔ R Integritätsring mit R∗ = R \ {0}.
Definition:
RSchiefkörper ⇔ R nullteilerfrei mit R∗ = R \ {0}
Bemerkung: Sei R Ring mit 1 6= 0 (also nicht R = {0}) Dann ist (R∗ , ·) eine Gruppe,
die sogenannte Einheitengruppe von R.
Beweis.
a ∈ R∗
b ∈ R∗
)
ab ∈ R∗ , denn (ab)(b−1 a−1 ) = 1
Also induziert „·“ eine Verknüpfung auf R∗ . Die Gruppeneigenschaften sind klar.
75
Proposition: Jeder endliche Integritätsring ist ein Körper.
Beweis. Sei R ein endlicher Integritätsring. Zu zeigen: R∗ = R \ {0}.
Sei a ∈ R \ {0}. Betrachte Linksmultiplikation mit a:
la : R → R
x 7→ a · x
Es gilt
⇔
la injektiv ⇔ a kein Nullteiler
R endlich
la surjektiv ⇔ a Einheit
3.1.5 Der Quotientenkörper eines Integritätsrings
Vorbemerkung zum Quotientenkörper: Warum gilt in Z die Kürzungsregel
)
ax = bx
⇒ a = b?
x 6= 0
Antwort 1: Weil x kein Nullteiler ist.
Antwort 2: Weil Z ⊂ Q gilt und x in Q invertierbar ist (also die Gleichung in Q mit x−1
multipliziert werden kann).
Bemerkung: R Unterring eines Körpers ⇒ In R gibt es keine Nullteiler Denn: Seien
a, b ∈ R mit ab = 0 und a 6= 0, b 6= 0.
Nach Voraussetzung ist R ⊂ K, also a ∈ K \ {0} = K ∗ . In K ist a also invertierbar,
also
ab = 0 ⇒ a−1 ab = a1 · 0 ⇒ b = 0
76
Frage: Umkehrung?
Z ist ein Ring, aber kein Körper.
„Defizit“ von Z: Es gibt Elemente 6= 0, die kein multiplikatives Inverses besitzen. Aber:
Es gibt Körper, die Z enthalten (als Unterring). Der kleinste solche Körper ist Q. Er
enthält Z und alle Quotienten
a
= a · b−1
b
mit a, b ∈ Z, b 6= 0
Jetzt: Gegeben: Integritätsring R
Gesucht: „kleinster“ Körper, der R als Unterring enthält.
Wie erkennt man „kleinster’"?
Beobachtung: Jeder Ringhomomorphismus
K Körper
f : Z → K,
lässt sich eindeutig zu einem Homomorphismus g : Q → K fortsetzen (durch g( ab ) =
f (a)
f (b) )
Satz: Sei R ein Integritätsring. Dann gibt es einen Körper Q und einen injektiven
Ringhomomorphismus ι : R → Q, so dass folgende universelle Eigenschaft erfüllt ist:
Zu jedem injektiven Ringhomomorphismus f : R ,→ K in einen Körper K existiert genau
ein injektiver Ringhomomorphismus Q ,→ K der f fortsetzt.
Beweis. Sei
B := {(a, b) | a ∈ R, b ∈ R \ {0}} = R × (R \ {0})
(Idee: (a, b) repräsentiert einen „Bruch’" ab )
Betrachte die Relation:
(a, b) ∼ (a0 , b0 ) :⇔ ab0 = a0 b
Intuition: „ ab =
a0
b0 “
„∼“ ist eine Äquivalenzrelation auf B.
reflexiv, symmetrisch: X
transitiv: Sei(a, b) ∼ (a0 , b0 ) und (a0 , b0 ) ∼ (a00 , b00 ), d.h. ab0 = a0 b und a0 b00 = a00 b0 . Dann:
R Integr.
ab0 b00 = |{z}
a0 b b00 = |{z}
a0 b00 b = |{z}
a00 b0 b =====⇒ ab00 = a00 b
|{z}
d.h. (a, b) ∼ (a00 , b00 ).
77
Setze Q := B/ ∼ (= Menge der Äquivalenzklassen)
Wir haben eine injektive Abbildung
ι:R→Q
a 7→ [(a, 1)] = [(ac, c)]
Wir definieren Addition und Multiplikation auf Q durch
[(a, b)] + [(a0 , b0 )] := [(ab0 + a0 b, bb0 )]
[(a, b)] · [(a0 , b0 )] := [(aa0 , bb0 )]
Man überprüft:
(1) + und · sind wohldefiniert (d.h. die Definition ist unabhängig von der Wahl der
Repräsentanten)
(2) Q ist ein Ring.
(3) ι ist ein Homomorphismus
Weiter gilt: Q ist ein Körper mit
[(a, b)]−1 = [(b, a)]
Schreibweise ab jetzt:
a
b
= [(a, b)].
Universelle Eigenschaft: Sei f : R → K ein injektiver Ringhomomorphismus, K Körper,
eind. Fortsetzung
Q→K
a
f (a)
7→
b
f (b)
Bemerkung: Aus der universellen Eigenschaft folgt, dass der Körper Q aus dem Satz
bis auf Isomorphie eindeutig besimmt ist.
Man spricht daher von „dem“ Quotientenkörper von R. Bezeichnung: Q = Quot(R).
Folgerung: Für einen kommutativen Ring sind äquivalent
(i) R ist ein Integritätsring.
(ii) Es gibt einen Körper Q, so dass R Unterring von Q ist.
78
Bemerkung zu (ii): Man identifiziert dabei R mit seinem Bild ι(R) ⊂ Quot(R) (und
spricht von einer Einbettung). Vergleiche Situation:
Z ,→ Q
n
n 7→
1
Beispiele:
(1) Quot(Z) = Q
(2) Mn (R) ist in keinem Körper enthalten
(3) Sei K ein Körper.
K(X) := Quot(K[X])
heißt Körper der rationalen Funktionen über K in der Unbestimmten X.
(Achtung: Die Elemente vcon K(X) sind Brüche
f
g
mit f, g ∈ K[X], g 6= 0
es sind keine „Funktionen“.)
(4) (O)(C) = {f : C → C | f holomorph} ist ein Integritätsring.
Quot(O(C))
Weierstraßscher Produktsatz
=
M (C)
| {z }
meromorphe Funktionen
3.2 Ideale & Faktorringe
Gegeben: Ring (R, +, ·), Äquivalenzrelation ≡ auf R.
Proposition: Äquivalent:
(i) Durch
[a] + [b] = [a + b]
[a] · [b] = [a · b]
wird eine Ringstruktur auf R/ ≡ definiert.
79
(ii) ≡ ist verträglich mit + und ·, d.h.
a ≡ a0
b ≡ b0
)
⇒
a + b = a0 + b0
a · b = a0 · b0
Man nennt ≡ dann eine Kongruenzrelation bzgl. (R, +, ·)
Beweis. Wie bei Gruppen
Frage: Welche Kongruenzrelationen gibt es?
Überlegung: Sei ≡ eine Kongruenzrelation und I := [0].
(1) Dann ist I Untergruppe und
Kong.
a ≡ b ⇐⇒ b − a ≡ 0
⇐⇒ b − a ∈ I
⇐⇒ a + I = b + I
⇐⇒: aI ∼ b
Also R/ ≡ = R/I (als Gruppe).
(2) Sei a ∈ R und c ∈ I. Dann gilt:
)
c≡0
a≡a
⇒ c · a ≡ 0 und a · c ≡ 0
⇒ ca ∈ I und ac ∈ I
Definition: Eine Teilmenge I ⊂ R heißt Ideal , wenn I Untergruppe von (R, +) ist und
wenn gilt:
aI ⊂ I und Ia ⊂ I
d.h. ax ∈ I und xa ∈ I
Satz: Sei R Ring und I ⊂ R Ideal. Dann ist
80
I
∀a ∈ R
∀a ∈ R, ∀x ∈ I
∼ eine Kongruenzrelation auf R.
Bemerkung: Nach der Proposition ist daher durch
(a + I) + (b + I) = (a + b) + I
(a + I) · (b + I) = (a · b) + I
eine Ringstruktur auf R/I gegeben.
R/I
heißt der Faktorring von R modulo I.
π : R → R/I
a 7→ a + I
ist der kanonische Homorphismus.
Beweis.
I
∼ ist verträglich mit + (da I Normalteiler).
Sei a0I ∼ a, d.h. a0 + I = a + I,
b0I ∼ b, d.h. b0 + I = b + I
Zu zeigen: a0 b0I ∼ ab, d.h. a0 b0 + I = ab + I.
Dazu:

I Ideal
a0 − a ∈ I ====⇒ (a0 − a)b0 ∈ I  I UG 0
===⇒ (a − a)b0 + a(b0 − b) ∈ I
I Ideal

{z
}
|
0
0
b − b ∈ I ====⇒ a(b − b) ∈ I
=a0 b0 −ab
Beispiele:
(1) R = Z, I = mZ für ein m ∈ Z. I ist Ideal, also ist R/I = Z/mZ =: Zm ein Ring.
(2) Sei X Menge, M ⊂ X.
I := {f : X → R | f (m) = 0 ∀m ∈ M } ⊂ Abb(X, R)
(„Verschwindungsideal von M “)
ist ein Ideal in Abb(X, R), denn I Untergruppe: klar.
f ∈ I, g ∈ Abb(X, R) ⇒ f · g ∈ I
81
Satz: Sei R Ring, I ⊂ R Teilmenge.
Äquivalent:
(1) I ist Ideal in R
(2) Es gibt einen Ring S und einen Ringhomomorphismus f : R → S mit
Kern f = I.
Beweis. (1) ⇒ (2): Setze S := R/I . f : R → R/I kanonischer Homomorphismus.
(2) ⇒ (1): Bekkant: I ist Untergruppe.
Sei a ∈ R, c ∈ I = Kern f .
f (a · c) = f (a) · f (c) = 0, also ac ∈ I
|{z}
=0
f (c · a) = f (c) ·f (a) = 0, also ca ∈ I
|{z}
=0
Homomorphiesatz für Ringe Sei f : R → S ein Ringhomomorphismus. Dann wird
durch
∼
f : R/Kern f → Bild f
a + Kern f 7→ f (a)
ein Isomorphismus gegeben.
Beweis. Bekannt: f ist ein Gruppenhomomorphismus. Klar: f ist ein Ringhomomorphismus.
Bemerkung: Sei I ⊂ R Ideal. Falls I eine Einheit enthält, so gilt I = R.
Beweis. Sei a ∈ I ∩ R∗ . Dann gilt für jedes b ∈ R:
b = b · 1 = b · a−1 · |{z}
a ∈I
∈I
|
82
{z
∈I
}
Folgerung:
(1) Ein Körper K hat nur die trivialen Ideale 0 und K, denn K ∗ = K \ {0}.
(2) Ein Ringhomomorphismus f : |{z}
K → |{z}
R ist injektiv oder die Nullabbildung,
Körper
denn: Kern f ist Ideal in K
Ring
Satz: Ein Integritätsring R, der nur die trivialen Ideale 0 und R besitzt, ist ein Körper
Beweis. Zu zeigen: R∗ = R \ {0}. Sei a ∈ R \ {0}. Betrachte das Ideal I := R · a = {ba |
b ∈ R}.
Voraussetzung ⇒ I = R
⇒1∈I
⇒ ba = 1 für ein b ∈ R
⇒ a ∈ R∗
Achtung: Mit Methoden der linearen Algebra kann man zeigen: Mn (K) hat nur die
trivialen Ideale. Aber Mn (K) ist für n ≥ 2 kein Körper.
3.2.1 Chinesischer Restesatz
(Vorüberlegung: ggt(4, 7) = 1 ⇔ ∃s, t : 4s + 7t = 1 ⇔ 4Z + 7Z = Z.)
Sei R ein kommutativer Ring,
I1 , . . . , In ⊂ R
Ideale mit Ii + Ij = R für i 6= j. Dann ist die Abbildung:
f : R → R/I1 × . . . × R/In
x 7→ (x + I1 , . . . , x + In )
surjektiv.
Mit anderen Worten: Sind b1 , . . . , bn ∈ R gegeben, so existiert ein x ∈ R mit
für i = 1, . . . , n
x + Ii = bi + Ii
(d.h. x − bi ∈ Ii für i = 1, . . . , n) (d.h. x ≡ bi (mod Ii ))
83
Spezialfall: R = Z, Ii = mi Z. (∗) Falls die mi paarweise teilerfremd sind, dann gilt
Ii + Ij = Z füri 6= j.
Der Chinesischer Restesatz besagt: Zu beliebig vorgegebenen Zahlen b1 , . . . , bn ∈ Z besitzt das Kongruenzensystem
x ≡ b1
..
.
(mod m1 )
x ≡ bn
(mod mn )
eine Lösung.
Behauptung (∗) folgt aus folgendem:
Lemma: Für Zahlen m, n ∈ Z gilt:
mZ + nZ = Z ⇔ ggT (m, n) = 1
Beweis des Restesatzes.
(1) Behauptung: Es gibt Elemente e1 , . . . , en ∈ R mit
f (ej ) = (I1 , . . . , Ij−1 , 1 + Ij , Ij+1 , . . . , In )
für j = 1, . . . , n (d.h. quasi f (ej ) = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0))
Beweis. Sei j ∈ {1, . . . , n}. Für jedes i 6= j existieren ai ∈ Ij und ci ∈ Ii mit
ai + ci = 1
(denn Ij + Ii = R)
Daher
n
Y
1=
(ai + ci )
i=1
i6=j
=
dj
|{z}
+
Summe der
Produkte, die
ein ai enthalten
n
\
ej
∈ Ij +
Ii
|{z}
i=1
n
Y
i6=j
=
ci
i=1
i6=j
Dann gilt:
(
1 + Ii
e j + Ii =
Ii
84
für i = j
X
für i =
6 j
(2) Sei (b1 + I1 , . . . , bn + In ) ∈ R/I1 × . . . × R/In
Dann gilt
f(
n
X
ej bj ) =
j=1
n
X
f (ej ) · f (bj )
j=1
= (b1 + I1 , I2 , . . . , In )
+
+ (I1 , . . . , In−1 , bn + In )
= (b1 + I1 , . . . , bn + In )
Beispiel:
x≡7
(mod 11)
x + 11Z = 7 + 11Z
x≡3
(mod 5)
x + 5Z = 3 + 5Z
x≡1
(mod 2)
x + 2Z = 1 + 2Z
Lösungsverfahren wie im Beweis:
I1 = 11Z, I2 = 5Z, I3 = 2Z
j=1:
j=2:
j=3:
i = 2 : 1 = 11 + (−10)
e1 = 100
i = 3 : 1 = 11 + (−10)
i = 1 : 1 = (−10) + 11
e2 = −44
i = 3 : 1 = 5 + (−4)
i = 1 : 1 = (−10) + 11
e3 = 55
i = 2 : 1 = (−4) + 5
f (100b1 − 44b2 + 55b3 ) = (b1 + I1 , b2 + I2 , b3 + I3)
Speziell:
f (623) = (7 + 11Z, 3 + 5Z, 1 + 2Z)
Frage: Wie eindeutig ist dise Lösung?
Bemerkung:
Kern f =
n
\
Homomorphiesatz
Ii ==========⇒ R/
n
\
i=1
i=1
85
Ii
' R/I1 × . . . × R/In
Anwendung: Die Lösung des Kongruenzensystems ist eindeutig modulo
Tn
i=1 Ii .
Im Beispiel: I1 ∩ I2 ∩ I3 = 110Z.
623 ≡ 73
(mod 110)
Auch 73 ist eine Lösung. 73 ist die einzige Lösung in {0, . . . , 109}.
3.2.2 Primideale & maximale Ideale
Sei R ein Ring, I ⊂ R ein Ideal.
Definition:
(1) I heißt Primideal , falls I 6= R ist und für alle a, b ∈ R gilt:
a · b ∈ I ⇒ a ∈ I oder b ∈ I
(2) I heißt maximales Ideal , falls I 6= R und es kein Ideal J in R gibt mit I ( J ( R.
Beispiel:
Z
2Z
3Z
6Z
← maximale Ideale
5Z
15Z
← nicht maximal
Proposition: Sei R ein kommutativer Ring, I ⊂ R ein Indeal.
(1) I Primideal ⇔ R/I Integritätsring
(2) I maximales Ideal ⇔ R/I Körper
86
Folgerungen: In kommutativen Ringen gilt:
I maximales Ideal ⇒ I Primideal
{0} Primideal ⇔ R Integritätsring
Beweis der Proposition. (1) O.E. I 6= R
R/I
Integritätsring ⇔ R/I hat keine Nullteiler


⇔ (a + I)(b + I) = 0 + I ⇒ a + I = I oder b + I = I ∀a, b ∈ R
|
{z
}
=ab+I
⇔ (ab ∈ I ⇒ a ∈ I oder b ∈ I ∀a, b ∈ R)
Def
⇐⇒ I ist Primideall
(2) „⇒“: Sei I maximales Ideal. Jedenfalls: R/I kommutativer Ring 6= 0.
Zu zeigen: (R/I )∗ = (R/I ) \ {I}.
Sei a + I ∈ R/I , a + I 6= I, d.h. a ∈
/ I.
Es gilt I + R · a = R (wegen Maximalität von I),
also c + b · a = 1 mit gewissen c ∈ I, b ∈ R,
also ba + I = 1 + I.
„⇐“: Sei R/I Körper. Sicherlich ist dann I 6= R.
Sei J ein Ideal mit I ( J ⊂ R.
Zu zeigen: J = R.
Wähle a ∈ J mit a ∈
/ I. Dann ist a + I 6= I.
R/I
Körper
======⇒ (a + I)(b + I) = 1 + I für ein b ∈ R
⇒ 1 ∈ ab + I ⊂ J
⇒J =R
87
Beispiele:
(1) R = Z, I = mZ mit m ∈ N0 .
I Primideal ⇔ (ab ∈ mZ ⇒ a ∈ mZ oder b ∈ mZ∀a, b ∈ Z)
⇔ (m | ab ⇒ m | a oder m | b∀a, b ∈ Z)
⇔ m ist Primzahl
(2) Sei R kommutativer Ring, I := (0) = R · 0 = {0}.
(0) Primideal ⇔ (ab ∈ (0) ⇒ a ∈ (0) oder b ∈ (0)∀a, b ∈ R)
⇔ R Integritätsring
(3) R = R[X] (X 2 ) ist kein Primideal, denn X · X ∈ (X 2 ) ,aber X ∈
/ (X 2 ).
(4) R = Z, I = mZ mit m ∈ N0 , m 6= 1.
I maximales Ideal ⇔ (@n ∈ N0 : mZ ( nZ ( Z)
⇔ (@n ∈ N0 : n | m und n 6= m und n 6= 1)
⇔ m Primzahl
(5) R = Abb(Rn , R) Für p ∈ Rn sei mp := {f ∈ Abb(Rn , R) | f (p) = 0}.
Behauptung: mp ist ein maximales Ideal.
Beweis. Betrachte den Auswertungshomomorphismus
ϕp : Abb(Rn , R) → R
f 7→ f (p)
Dann ist Kern ϕp = mp und Bild ϕp = R, also
Abb(Rn , R)/mp
' |{z}
R
Körper
Prop
==⇒ mp maximales Ideal (mp heißt „das Verschwindungsideal von p“)
Dagegen: Seien p, q ∈ Rn , p 6= q.
Ip,q := {f ∈ Abb(Rn , R) | f (p) = f (q) = 0} = mp ∩ mq
ist ein Ideal. (Verschwindungsideal von {p, q}).
Also: I ist kein maximales Ideal.
88
Bezeichnung: Für a ∈ R sei:
(a) := R · a = {ra | r ∈ R}
Bemerkung: (a) ist ein Ideal in R. (a) ist das kleinste Ideal in R, das a enthält, das
von a erzeugte Ideal.
Beispiel: In R[X] ist:
(X) = R[X] · X = {X · f | f ∈ R[X]}
z.B. X 2 + X ∈ (X).
z.B. X 3 + X 2 ∈ (X 2 ).
Ausblick: Man kann zeigen (mit dem zornschen Lemma aus der Mengenlehre), dass in
einem kommutativen Ring R zu jedem Ideal I ⊂ R ein maximales Ideal m ⊂ R existiert
mit I ⊂ m.
3.2.3 Die Einheitengruppe vom Zm
Proposition: Z∗n = {m + nZ | ggT (m, n) = 1}
Beispiel: Z∗6 = {0, 1, 2, 3, 4, 5}∗ = {1, 5}.
Proposition: Die Einheiten in Zm = {0, . . . , m − 1} sind die zu m teilerfremden Zahlen.
Beweis.
a ∈ Zm ist Einheit
⇔
∃b ∈ Zm : a b = 1
⇔
∃b ∈ Z : ab ≡m 1
⇔
∃b ∈ Z : m | ab − 1
⇔
∃b, k ∈ Z : ab − 1 = km
⇔
∃b, k ∈ Z : ab − km = 1
⇔
∃b, k ∈ Z : ggT (a, m) = 1
89
Bemerkung: Für p prim ist Z∗p = {1, . . . , p − 1} = Zp \ {0}, also ist Zp Körper.
Bemerkung: F: Wie berechnet man die Inverse von a modulo m?
A: Mit dem euklidischen Algorithmus b und k bestimmen.
Beispiel:
(1) Inverse von 10 modulo 16? 10 ist nicht invertierbar.
(2) Inverse von 5 modulo 16?
1 = 1 · 16 − 3 · 5
Also: Inverse von 5 modulo 16 ist -3 (−3 ≡16 13).
Also: Repräsentant des Inversen von 5 in {0, . . . , 15} ist 13.
3.2.4 Die Eulersche ϕ-Funktion
Für n ∈ N sei:
ϕ(n) := Anzahl der natürlichen Zahlen m mit 1 ≤ m < n, die zu n teilerfremd sind.
Die Funktion ϕ : N → N heißt Eulersche ϕ-Funktion. Nach obiger Proposition gilt:
|Z∗n | = ϕ(n)
Beispiel:
ϕ(6) = 2, da Z∗6 = {1, 5}
ϕ(8) = 4, da Z∗6 = {1, 3, 5, 7}
Proposition: Sind m, n ∈ N teilerfremd, d.h. ggT (m, n) = 1, so gilt
ϕ(mn) = ϕ(m) · ϕ(n).
Beweis. Wir wissen
Zmn → Zm × Zn
k + mnZ 7→ (k + mZ, k + nZ)
ist ein Ringisomorphismus (Chinesischer Restesatz!).
Es genügt zu zeigen: (Zm × Zn )∗ = Z∗m × Z∗n .
| {z }
'Zmn
90
Dazu:
(a, b) ∈ (Zm × Zn )∗
⇔∃(a0 , b0 ) ∈ Zm × Zn : (a, b) · (a0 , b0 ) = (1, 1)
|
{z
}
⇔aa0 =1 und bb0 =1
⇔a ∈
Z∗m
Folgerung: Sei n ∈ N und
und b ∈
Z∗n
n = pn1 1 · . . . · pnr r
die Primfaktorzerlegung von n.
(ϕ(n) = ϕ(pn1 1 ) · . . . · ϕ(pnr r ))
Dann gilt:
ϕ(n) = pn1 1 −1 · . . . · pnr r −1 (p1 − 1) · . . . · (pr − 1)
Beweis. Genügt zu zeigen: ϕ(pk ) = pk − pk−1 für jede Primzahl p und k ∈ N. Dazu: Von
den Zahlen
1, 2, 3, . . . , pk
sind genau die Zahlen
p, 2p, 3p, . . . , pk−1 · p
nicht teilerfremd zu pk . Dies sind pk−1 Stück.
91
3.3 Polynomringe
Sei R ein kommutativer Ring (im gesamten Abschnitt).
Frage: Wie definiert man den Begriff „Polynom“?
Analysis: Funktion f : R → R der Form
x 7→ an xn + . . . + a0
mit ai ∈ R.
Problem:
Sei R = Z/2Z = {0, 1}.
Die Funktion x 7→ x2 + x und x 7→ 0 (jeweils R → R) sind gleich.
Wunsch: Definiere „Polynom“ so, dass x2 + x und 0 verschiedene Polynome sind,
deren „zugehörige Polynomfunktionen“ gleich sind.
Idee: Ein Polynom über R ist ein „Ausdruck“ der Form
an xn + . . . + a0
mit ai ∈ R
Idee für Präzisierung: Das Tupel (a0 , . . . , an ) könnte das Polynom repräsentieren.
Konstruktion Sei R[X] die Menge aller Folgen
(a0 , a1 , . . .) in R
mit ak = 0 für fast alle k ∈ N0 .
Definiere Addition und Multiplikation in R[X] durch
(a0 , a1 , . . .) + (b0 , b1 , . . .) := (a0 + b0 , a1 + b1 , . . .)
(a0 , a1 , . . .) · (b0 , b1 , . . .) := (c0 , c1 , . . .)
wobei
ck =
k
X
ai bk−i
i=0
Man überprüft: Damit wird R[X] zu einem kommutativen Ring.
92
Nullelement: (0, 0, . . .)
Einselement: (1, 0, 0, . . .)
Bezeichne das Element (0, 1, 0, . . . 0) mit X.
Dann gilt:
X n = (0, 0, . . . , 0,
1 , 0, 0, . . .)
|{z}
n-te Stelle
also (a0 , a1 , . . . , an , 0, . . .) = a0
X0
+ a1
X1
+ . . . + an X n .
Definition: R[X] heißt der Polynomring über R in der Unbestimmten X.
Bemerkung:
R → R[X]
a 7→ (a, 0, . . . , 0, . . .)
ist ein injektiver Ringhomomorphismus. Wir fassen daher R als Unterring von R[X] auf
(„Einbettung“).
3.3.1 Polynomfunktionen
Sei f ∈ R[X], f = an X n + . . . + a0 . Man kann Elemente b ∈ R in f einsetzen:
f (b) := an bn + . . . + a0 ∈ R
Insbesondere: b heißt Nullstelle von f , falls f (b) = 0 gilt.
So liefert f eine Abbbildung
R→R
b 7→ f (b)
Insgesamt hat man einen Ringhomomorphismus:
Φ : R[X] → Abb(R, R)
f 7→ (b 7→ f (b))
Die Abbildungen in dessen Bild heißen Polynomabbildungen (oder: Polynomfunktion).
Kern?
Zum Beispiel: R = Z/2Z, f = X 2 + X ∈ Kern Φ. f 6= 0.
Später: R unendlicher Integritätsring ⇒ Kern Φ = 0.
93
3.3.2 Grad eines Polynoms
Definition:
(1) Sei f ∈ R[X]. Der Grad von f ist definiert durch
(
n
falls f 6= 0 und f = a0 + a1 X + . . . + an X n mit an 6= 0
deg(f ) :=
−∞ falls f = 0
(2) Ist f =
Pn
i=0 ai X
i
mit an 6= 0. so heißt an Leitkoeffizient von f .
f heißt normiert, falls gilt an = 1.
an X n heißt Leitterm von f.
Proposition:
(1) deg(f · g) ≤ deg(f ) + deg(g) ∀f, g ∈ R[X]
(2) Falls das Produkt der Leitkoeffizienten von f und g ungleich Null ist, gilt „=“ in
(1)
Beweis.
f = am X m + . . . + a0 ,
am 6= 0
n
bn 6= 0
g = bn X + . . . + b0 ,
f g = am bn X
m+n
+ . . . + a0 b0
⇒ deg(f · g) ≤ m + n mit Gleichheit, falls am bn 6= 0 ist.
Beispiel: In Z6 [X] gilt
(2X + 3)(3X + 2) = |{z}
6 X 2 + 4X + 9X + |{z}
6 =X
| {z }
=0
=1X
Proposition:
(1) R[X] Integritätsring ⇔ R Integritätsring
(2) R Integritätsring ⇒ R[X]∗ = R∗
Beweis.
(1) folgt aus voriger Proposition
94
=0
(2) „⊃“: klar
„⊂“: Seien f, g ∈ R[X]∗ mit f g = 1. Dann gilt:
deg(f g) = deg f + deg g
und deg(f g) = deg(1) = 0.
⇒ f, g ∈ R, also f, g ∈ R∗ .
Bemerkung: Seien R und S kommutative Ringe. Ein Ringhomomorphismus:
Φ : R[X] → S
ist schon durch folgende Informationen eindeutig bestimmt:
(1) seine Werte auf R:
Φ(a) für a ∈ R
(2) und seinen Wert in X
Φ(X)
denn für f = an X n + . . . + a0 ∈ R[X] gilt
Φ(f ) = Φ(an )Φ(X)n + . . . + Φ(a0 )
(∗)
Umgekehrt: Wenn man die Informationen in (1) und (2) vorgibt, dann definieren diese einen Ringhomomorphismus R[X] → S. (auch genannt: „universelle Eigenschaft des
Polynomrings“)
Beispiele:
(1) Auswertungshomomorphismus: Für festes b ∈ R
R[X] → R
f 7→ f (b)
ist bestimmt durch
r 7→ r
X 7→ b
95
∀r ∈ R
(2) Substitutionshomomorphismus: Für festes g ∈ R[X]
R[X] → R[X]
f 7→ f (g)
ist bestimmt durch
r 7→ r
∀r ∈ R
X 7→ g
3.3.3 Rationale Funktionen
Sei R ein Integritätsring. Dann ist R[X] Integritätsring.
R(X) = Quot(R[X])
heißt Körper der rationalen „Funktionen“ über R in der Unbestimmten X.
(Achtung: Die Element von R(X) sind Brüche
„Funktionen“.)
f
g
mit f, g ∈ R[X], g 6= 0. Es sind keine
3.3.4 Division mit Rest
Auch im Polynomring R[X] kann man mit Rest dividieren:
f = (X 3 + 2), g = (X − 1)
=q
z
}|
{
2
(X + 2) : (X − 1) = X + X + 1
3
X3 − X2
X2 + 2
X2 − X
X +2
X −1
3
96
r
z}|{
Rest: 3
Satz (Division mit Rest) Seien f, g ∈ R[X] \ {0}. Der Leitkoeffizient von g sei eine
Einheit. Dann existieren eindeutig bestimmte q, r ∈ R[X], so dass gilt
f = q · g + r,
deg r < deg g
Beweis. Sei m = deg f , n = deg g, a := Leitkoeffizient von f , b := Leitkoeffizient von g,
also b ∈ R∗ .
(1) Existenz: Induktion nach m:
m = 0: Dann ist f ∈ R \ {0}
n = 0: f = b−1 ag + 0
n > 0: f = 0 · g + f
m > 0:
m < n: f = 0 · g + f .
m ≥ n: Betrachte f˜ = f − b−1 aX m−n · g. Es ist deg f˜ < m, also existieren per
Induktion q̃, r̃ ∈ R[X] mit
f˜ = q̃ + r̃,
Dann gilt:
deg q̃ < deg g.
f = (b−1 aX m−n + q̃)g + |{z}
r̃
|
{z
}
=:q
=:r
(2) Eindeutigkeit: Angenommen
q · g + r = q̃ · g + r̃
mit deg r < deg g, deg r̃ < deg g. Dann gilt
(q − q̃)g = r̃ − r
Annahme q 6= q̃. Dann ist
deg((q − q̃)g) = deg(r̃ − r) < deg g
|
{z
}
(∗)
= deg(q−q̃)+deg g
Zu (∗) : q − q̃ 6= 0, b ∈ R∗ Also q = q̃ und dann auch r = r̃.
97
Folgerung: Ist a ∈ R eine Nullstelle von f ∈ R[X] (d.h. f (a) = 0), so gilt
mit einem g ∈ R[X].
f = (X − a) · g
(„Abspalten eines Linearfaktors“)
Beweis. Für f = 0 klar (g := 0).
Sei f 6= 0. Division mit Rest durch X − a:
mit deg r < deg(X − a) = 1
f = (X − a) · q + r
, d.h. r ∈ R.
Einsetzen von a liefert
0=0+r
also r = 0.
Satz: Ist R ein Integritätsring, so hat jedes Polynom f ∈ R[X], f 6= 0, höchstens deg(f )
Nullstellen.
Beweis. Induktion nach deg(f ):
deg(f ) = 0 Dann ist f ∈ R, f 6= 0 und hat keine Nullstellen.
deg(f ) > 0
Fall 1: f hat keine Nullstellen
Fall 2: f hat eine Nullstelle a ∈ r
obige Folgerung
=========⇒ f = (X − a) · g für ein g ∈ R[X]
Jede von a verschiedene Nullstelle von f ist auch eine Nullstelle von g (da R
Integritätsring!).
deg g = deg f − 1 (da R Integritätsring)
⇒ Behauptung
Folgerung: Sei R ein Integritätsring mit |R| = ∞. Dann ist der Homomorphismus
Φ : R[X] → Abb(R, R)
f 7→ (a 7→ f (a))
injektiv.
Beweis. Sei f ∈ Kern Φ, d.h. f (a) = 0 für alle a ∈ R.
Integritätsring
⇒ f hat ∞-viele Nullstellen. ========⇒ f = 0
obiger Satz
98
3.3.5 Polynome in mehreren Unbestimmten
Idee:
f = X 2 Y + 3X 2 + 2XY + 27X + 5
g = X1 X2 X3 + 3X12 + X1 X3
sind Polynome „in X, Y “ bzw. in „X1 , X2 , X3 “.
Zwei Möglichkeiten der Präzisierung
(1) Verallgemeinere die Konstruktion von R[X] zu einem Polynomring R[X1 , . . . , Xn ]
in n Unbestimmten mit Elementen
X
f=
ai1 ,...,in ·X1i1 · . . . · Xnin
| {z }
(i1 ,...,in )
∈R,
∈Nn
0
fast alle =0
(2) Rekursive Definition
R[X1 , X2 ] := (R[X1 ])[X2 ] ' (R[X2 ])[X1 ]
f=
=
n
X
i=1
m
X
fi · X2i
mit fi ∈ R[X1 ]
gj · X1j
mit gj ∈ R[X2 ]
j=1
Beispiel: f = X 2 Y + 3X 2 + 2XY + 27X + 5
f = X 2 Y + 3X 2 + 2XY + 27X + 5
= (Y + 3)X 2 + (2Y + 27)X + 5
= (X 2 + 2X)Y + (3X 2 + 27X + 5)
Bemerkung: Polynome in R[X, Y ] können ∞-viele Nullstellen in R2 haben, zum Beispiel f = X · Y .
99
3.4 Euklidische Ringe & Hauptidealringe
Definition: Ein euklidischer Ring ist ein Integritätsring R mit einer Abbildung
d : R \ {0} → N0
so dass zu je zwei Elementen a, b ∈ R \ {0} Elemente q, r ∈ R existieren mit
a = b · q + r, d(r) < d(b) oder r = 0.
Beispiele:
(1) Z mit
d : Z \ {0} → N
k 7→ |k|
Beachte 5 = 2 · 2 + 1 = 3 · 2 − 1
Also: q und r sind im Allgemeinen nicht eindeutig bestimmt.
(2) Sei K Körper. Dann ist K[X] euklidischer Ring mit
d : K[X] \ {0} → N0
f 7→ deg f
3.4.1 Hauptidealringe
Sei R ein Ring, M ⊂ R Teilmenge. Es gibt ein kleinstes Ideal in R, dass M enthält:
\
(M ) := {I | I ⊂ R Ideal mit M ⊂ I}
(Beachte: Der Durchschnitt beliebig viele Ideale ist ein Ideal.)
Bemerkung: Sei R kommutativ. Dann gilt
n
X
(M ) = {
ai bi | ai ∈ R, bi ∈ M, n ∈ N0 }
i=1
„Linearkombinationen der Elemente von M mit Ringelementen als Koeffizienten“.
„das von M erzeugte Ideal.“
Speziell für M = {b} ist
(b) := ({b}) = {ab | a ∈ R} = Rb
das von b erzeugte Ideal. Solche Ideale heißen „Hauptideale“.
100
Erinnerung: Die Ideale in Z sind mZ = (m) mit m ∈ N0 , also von einem Element
erzeugt, d.h. Hauptideale.
Definition: Ein Hauptidealring ist ein Integritätsring, in dem jedes Ideal ein Hauptideal
ist.
Beispiel: Z. Der Beweis hierfür benutzt Division mit Rest.
Idee: Verallgemeinere auf beliebigen euklidischen Ring (z.B. K[X], K Körper).
Satz: R euklidischer Ring ⇒ R Hauptidealring
Beweis. Sei I ⊂ R ein Ideal. Zu zeigen: I = (a) für ein a ∈ R.
O.E. I 6= {0}.
Sei
m := min{k ∈ N0 | d(a) = k für ein a ∈ I}
= min{d(a) | a ∈ I \ {0}}
= min d(I \ {0})
| {z }
6=∅
Wähle a ∈ I mit d(a) = m.
Behauptung: I = (a)
Beweis: „⊃“: X
„⊂“: Sei b ∈ I, b 6= 0.
Da R euklidisch ist, existieren q, r ∈ R mit
b = q · |{z}
a +r
|{z}
∈I
∈I
| {z }
und d(r) < d(a) oder r = 0
∈I
Minimalität
a
⇒ r ∈ I ===von
===
=⇒ r = 0 ⇒ b ∈ (a).
101
Folgerung: K[X] (wobei K Körper) ist ein Hauptidealring.
Mit anderen Worten: Die Ideale I in K[X] sind:
mit f ∈ K[X]
I = (f ) = K[X] · f
Falls I 6= 0 ist, kann man f normiert wählen. Dadurch ist f eindeutig bestimmt.
Lemma: Für jeden Hauptidealring R gilt:
)
I ⊂ R Primideal
⇒ I maximales Ideal
I 6= 0
Beweis. Zu zeigen: Es existiert kein Ideal J mit
I(J (R
Annahme: doch
R Hauptidealring ⇒ I = (f ) f, g ∈ R
J = (g) f 6= 0
Wegen (f ) ⊂ (g) ist f = gh mit h ∈ R.
(f ) Primideal
========⇒ g ∈ I oder
| {z }
⇒J=I
h
∈ I}
| {z
⇒h=f q für ein q∈R
Insgesamt: f = g · f · q.
R Integritätsr.,
f 6=0
=========⇒ g · q = 1 ⇒ g ∈ R∗ ⇒ J = R
Satz: Sei R ein kommutativer Ring.
Äquivalent:
(1) R Körper
(2) R[X] ist mit der Gradabbildung ein euklidischer Ring.
(3) R[X] ist ein Hauptidealring.
102
Beispiele:
(1) R[X] Hauptidealring
(2) Z[X] kein Hauptidealring (Z kein Körper)
Beweis. (1) ⇒ (2): oben
(2) ⇒ (3): voriger Satz
(3) ⇒ (1): Betrachte den Auswertungs-Homomorphismus
Φ : R[X] → R
f 7→ f (0)
Homomorphiesatz:
R[X]/Kern Φ
'R
R Integr.
=====⇒ Kern Φ Primideal
Lemma
====⇒ Kern Φ maximales Ideal ⇒ R[X]/Kern Φ Körper ⇒ R Körper
3.5 Teilbarkeit in Integritätsringen, faktorielle Ringe
Sei R ein Integritätsring, a, b ∈ R.
Definition: a ist Teiler von b oder (a teilt b), falls
b=a·c
für ein c ∈ R gilt.
Schreibweise: a | b.
Eigenschaften der Teilbarkeitsrelation: (klar aus Definition)
(1) 1 | a und a | a für alle a ∈ R
(2) „|“ ist transitiv, d.h.
)
a|b
b|c
(3)
⇒ a | a für alle a, b, c ∈ R

a | b1 


.. ⇒ a | (c b + . . . + c b ) für alle a, b , c ∈ R
1 1
n n
i i
.


a | bn
103
(4) a | 1 ⇔ a ∈ R∗
(5) a | b ⇔ (b) ⊂ (a)
(6)
)
ac | bc
c 6= 0
⇒a|b
Bemerkung: Für a, b ∈ R sind äquivalent
(1) a | b und b | a.
(2) (a) = (b)
(3) a = e · b für eine Einheit e ∈ R∗
Beweis. (i) ⇔ (ii) : nach (5)
Intring
(i) ⇒ (iii) : b = a · c und a = b · d mit c, d ∈ R ⇒ b = b · d · c ====⇒ 1 = d · c ⇒ c, d ∈ R∗
(iii) ⇒ (i) :
Def
a = e · b ==⇒ b | a
Def
a = e · b ⇒ e−1 · a = b ==⇒ b | a
Definition: a, b ∈ R heißen assoziert, falls (i), (ii) oder (iii) gilt. In Zeichen: a ∼ b.
Intuitiv: a und b haben die gleichen Teilbarkeitseigenschaften.
Beispiele:
(1) In Z gilt:
(2) In K[X] gilt:
a ∼ b ⇔ a = b oder a = −b
f ∼ g ⇔ f = λg für ein λ ∈ K ∗
104
3.5.1 Größte gemeinsame Teiler
Seien a, b ∈ Z \ {0}.
Es gibt nur endlich viele d ∈ Z mit
d | a und d | b
(gemeinsame Teiler von a und b)
ggT (a, b) := die größte unter diesen Zahlen d ∈ Z
Frage: Gibt es auch zu f, g ∈ R[X] \ {0} einen „größten gemeinsamen Teiler“?
Unklar: Was bedeutet „größer“?
Definition: Sei R ein Integritätsring und a, b ∈ R.
Ein Element d ∈ R heißt größter gemeinsamer Teiler von a und b falls gilt:
(1) d | a und d | b
(2) Für alle d0 ∈ R gilt: d0 | a und d0 | b ⇒ d0 | d
Beispiel: R = Z, a = 8, b = 12 Dann ist sowohl 4 als auch −4 ein größter gemeinsamer
Teiler von a und b.
Gemeinsame Teiler: {±1, ±2, ±4}
Bemerkung: Sind d und d0 zwei größte gemeinsame Teiler von a und b, dann gilt wegen
(2) d0 | d und d | d0 , d.h. d und d0 sind assoziert.
Frage: Wann existieren ggTs?
105
Satz: Sei R ein Hauptidealring. Dann besitzen je zwei Elemente a, b ∈ R ein ggT d,
und es gilt
d = ap + bq mit geeigneten p, q ∈ R.
Beweis. Betrachte das Ideal (a, b) ⊂ R (({a, b}).
Nach Vorraussetzung existiert d ∈ R mit
(a, b) = (d).
(∗)
Also gilt:
a = d · a1
für ein a1 ∈ R
b = d · b1
für ein b1 ∈ R
d.h. d | a und d | b.
Sei nun d0 ∈ R mit d0 | a und d0 | b. Wegen (∗) ist d = ap + bq mit gewissen p, q ∈ R, also
folgt d0 | d.
Frage: Wie berechnet man einen ggT zu gegebenen a, b ∈ R?
In Euklidischen Ringen gibt es hierfür ein Verfahren:
3.5.2 Der Euklidische Algorithmus
Sei R ein euklidischer Ring und a0 , a1 ∈ R, a0 6= 0 oder a1 6= 0.
O.E. a1 6= 0 (sonst ist a0 ein ggT.)
Dividiere mit Rest:
a0 = a1 · q1 + a2
mit d(a2 ) < d(a1 )
a1 = a2 · q2 + a3
..
.
mit d(a3 ) < d(a2 )
mit d(an ) < d(an−1 )
an−2 = an−1 qn−1 + an
an−1 = an qn + 0
Behauptung: an ist ein ggT von a0 unda1 .
Beweis. (1) an | ai ∀i (Schema von unten nach oben lesen!)
(2) Sei d0 ∈ R mit d0 | a0 und d0 | a1 . Dann folgt d0 | an . (Schema von oben nach unten
lesen!)
106
Zusatz: Mit dem euklidischen Algorithmus kann man auch eine Darstellung
ggT (a0 , a1 ) = a0 p + a1 q
mit p, q ∈ R
bestimmen. (Schema von oben nach unten lesen!)
3.5.3 Primelemente und irreduzible Elemente
In Z sind die hinsichtlich der Teilbarketisrelation interessanten Elemente die Primzahlen
(und ihre Negativen).
⇔
p prim oder − p prim
!
p 6= 0, p 6= ±1
p = ab ⇒ a = ±1 oder b = ±1 ∀a, b
!
p 6= 0, p 6= ±1
⇔
p = ab ⇒ p | a oder p | b
In beliebigen Integritätsringen sind diese beiden Bedingungen nicht äquivalent.
Daher
Definition: Sei R ein Integritätsring, p ∈ R
(1) p heißt Primelement, falls p 6= 0, p 6= R∗ und
p | ab ⇒ p | a oder p | b ∀a, b ∈ R
(2) p heißt irreduzibel („unzerlegbar“), falls p 6= 0, p 6= R∗ und
p | ab ⇒ a ∈ R∗ oder b ∈ R∗ (⇔ b ∼ a oder a ∼ p)
(„p hat keine echten Teiler“)
Gegenteil von irreduzibel: reduzibel .
Beispiel:
(1) In einem Körper existieren weder Primelemente noch irreduzible Elemente.
(2) In Z gilt:
pPrimelement ⇔ p irreduzibel
⇔ p oder − p ist Primzahl
107
(3) Sei K ein Körper, f ∈ K[X] linear, d.h. deg f = 1, d.h.
f = aX + b mit a, b ∈ K, a 6= 0
Dann ist f irreduzibel, denn:
f = g · h ⇒ 1 = deg g + deg h
⇒ deg g = 0 oder deg h = 0
⇒ g ∈ K \ {0} oder h ∈ K \ K \ {0}
| {z }
| {z }
K ∗ =K[X]∗
K ∗ =K[X]∗
(Beispiel: X 2 + 1 ∈ R[X] irreduzibel, X 2 + 1 ∈ C[X] reduzibel.)
(4) 2 · X + 4 = 2 · (X + 2) ist reduzibel in Z[X], aber irreduzibel in R[X].
Bemerkung: p Primelement ⇒ p irreduzibel
Beweis. Seie p ein Primelement und p = a · b mit a, b ∈ R, insbesondere p | ab.
)
p | a oder p | b
⇒
⇒ p ∼ a oder p ∼ b ⇒ b ∈ R∗ oder a ∈ R∗
Aber auch a | p und b | p
Proposition: Sei R ein Integritätsring. Für p ∈ R mit p 6= 0, p ∈
/ R∗ gilt:
p Primelement ⇔ (p) Primideal
Beweis. „⇒“: Es ist (p) 6= R, da p ∈
/ R∗ .
Seien a, b ∈ R mit a · b ∈ (p). Also
p prim
p | ab ====⇒ p | a oder p | b
====⇒ a ∈ (p) oder b ∈ (p)
„⇐“: Seien a, b ∈ R mit p | ab. Dann gilt
(p)Primid.
ab ∈ (p) ======⇒ a ∈ (p) oder b ∈ (p)
======⇒ p | a oder p | b.
Wir benötigen später:
108
Proposition: Sei R ein Hauptidealring und p ∈ R, p 6= 0, p ∈
/ R∗ . Dann gilt:
p irreduzibel ⇔ (p) maximales Ideal
Beweis. „⇒“: Sei I ⊂ R ein Ideal mit (p) ⊂ I.
Nach Voraussetzung ist I = (a) für ein a ∈ R.
Also:
p irred.
p = ab für ein b ∈ R ====⇒ a ∈ R∗ oder b ∈ R∗
====⇒ I = R oder I = (p), (da a ∼ p)
„⇐“: Sei p = ab mit a, b ∈ R. Also:
(p) max.
(p) ⊂ (a) ==Ideal
===⇒ (p) = (a) oder (a) = R
=====⇒ b ∈ R∗ oder a ∈ R∗
Folgerung: In einem Hauptidealring gilt
(1) p irreduzibel ⇔ p Primelement, denn:
oben
p irreduzibel ⇐=⇒ (p) maximales Ideal
⇒ (p) Primideal
⇔ p Primelement
(2) (p) maximales Ideal ⇔ (p) Primideal (für p 6= 0) (folgt aus (1))
3.5.4 Faktorielle Ringe
Fundamentale Eigenschaft der Primzahlen in Z: Satz von der eindeutigen Primfaktorzerlegung: Jede Zahl a ∈ Z mit a 6= 0, a ∈
/ {+1, −1} besitzt eine Zerlegung
a = ±pn1 1 · . . . · pnr r
mit Primzahlen pi und ni ∈ N, die eindeutig ist bis auf die Reihenfolge der Faktoren.
Primfaktorzerlegungen sind nützlich, zum Beispiel:
a = ±pn1 1 · . . . · pnr r
mr
1
b = ±pm
1 · . . . · pr
mit ni , mi ≥ 0
min(n1 ,m1 )
r ,mr )
· . . . · pmin(n
r
max(n1 ,m1 )
r ,mr )
· . . . · pmax(n
r
⇒ ggT (a, b) = p1
kgV (a, b) = p1
109
Eindeutigkeit von Primfaktorzerlegungen: Sei R ein Integritätsring.
Falls
p1 · . . . · pr = q1 · . . . · qs
gilt mit Primelementen p1 , . . . , pr ; q1 , . . . , qs ∈ R, dann ist r = s und nach eventueller
Umnummerierung pi ∼ qi für i = 1, . . . , r.
Beweis.
p1 prim
p1 | q1 · . . . · qs ====⇒ p1 | qi für ein i
Nach Umnummerieren: p1 | q1 .
Also q1 = a · p1 mit a ∈ R.
Es ist a ∈ R∗ , da q1 irreduzibel (da prim).
Also:
p1 · . . . pr = a · p1 · q2 · . . . · qs
RIntegr.
=====⇒ p2 · . . . · pr = a · q2 · . . . · qs
Setze dieses Verfahren fort.
Definition: Ein faktorieller Ring (oder ZPE-Ring) ist ein Integritätsring, in dem sich
jede nicht Ein-Einheit 6= 0 als Produkt von Primelementen schreiben lässt.
(UFD = unique factorization domain)
Beispiel: Z ist faktoriell.
Später zeigen wir: R[X] ist faktoriell, wenn R faktoriell ist, zum Beispiel: Z[X], R[X],
C[X], Z[X1 , . . . , Xn ], . . .
Bemerkung: Ist R faktoriell, so gilt:
p irreduzibel ⇒ p Primelement
Beweis. Sei p irreduzibel.
Nach Voraussetzung p = p1 · . . . · pr mit pi prim.
p irred.
====⇒ r = 1
110
Satz: Sei R ein Integritätsring. Äquivalent:
(1) R faktoriell
(2) Jede Nicht-Einheit 6= 0 lässt sich als Produkt irreduzibler Elemente schreiben und
sind a = p1 · . . . · pr = q1 · . . . · qs zwei solche Zerlegungen, so gilt r = s und (nach
eventuellem Umnummerieren)
p i ∼ qi
Beweis. (i) ⇒ (ii): Sei a ∈ R.
Nach Voraussetzung
a = p1 · . . . · pr mit pi prim (⇔ irreduzibel)
Oben gezeigt: Die Zerlegung ist eindeutig bis auf Reihenfolge und Assoziierte.
(ii) ⇒ (i): Genügt zu zeigen:
p irreduzibel ⇒ p prim ∀p ∈ R
Dazu: Sei p irreduzibel und p | ab mit a, b ∈ R.
Zu zeigen: p | a oder p | b
Fall 1: a ∈ R∗ : Dann p | b. X
Fall 2: b ∈ R∗ : Dann p | a. X
Fall 3: a, b ∈
/ R∗ , o.E. a, b 6= 0.
Dann nach Voraussetzung
a = p1 · . . . · pr
b = q1 · . . . · qs
mit pi , qj irreduzibel.
Also: ab = p1 · . . . · pr · q1 · . . . · qs .
Aber auch ab = c · p mit c ∈ R (da p | ab).
Wegen der Eindeutigkeitsvoraussetzung folgt:
p ∼ qi für ein i oder p ∼ qj für ein j ⇒ p | a oder p | b
111
Lemma: In einem Hauptidealring R wird jede aufsteigende Kette von Idealen
(a1 ) ⊂ (a2 ) ⊂ . . . ⊂ (aj ) ⊂ . . .
mit ai ∈ R
stationär , d.h. es existiert ein n ∈ N mit
(an ) = (an+1 ) = (an+2 ) = . . .
S
Beweis. I := ∞
i=1 (ai ) ist ein Ideal in R. (ÜA: benutze Ketteneigenschaft). ⇒ I = (a)
für a ∈ R geeignet.
Es gilt a ∈ (an ) für n ∈ N geeignet. Für m ≥ n folgt nun:
(an ) ⊂ I = (a) ⊂ (an ) ⊂ (am ) ⇒ (am ) = (an )
Satz: Jeder Hauptidealring ist faktoriell.
Beweis. Sei R ein Hauptidealring und a ∈ R \ (R∗ ∪ {0}).
Genügt zu zeigen: a ist Produkt irreduzibler Elemente (denn „irreduzibel ⇔ prim“ in
Hauptidealringen).
Annahme: a ist kein Produkt irreduzibler Elemente, insbesondere ist a reduzibel.
Dann: a0 := a = a1 b1 mit a1 , b1 ∈ R \ R∗ , a1 6= 0, b1 6= 0, wobei a1 oder b1 nicht Produkt
irreduzibler Elemente ist.
a0 | a1 , dann a0 x = a1 für x ∈ R geeignet, d.h. a0 = a0 xb1 ⇒
Außerdem: a0 6 | a1 (denn:
xb1 = 1, d.h. b1 ∈
R∗
)
O.E. a1 = a2 b2 mit a2 , b2 ∈ R \ R∗ , a2 6= 0, b2 6= 0; wobei a2 oder b2 nicht Produkt
irreduzibler Elemente ist. a1 6 | a2 .
So fortfahrend konstruieren wir eine Kette
a0 ( (a1 ) ( (a2 )
die nicht stationär wird
Lemma
Beispiel: Wir wissen schon:
K Körper ⇒ K[X] euklidischer Ring ⇒ K[X] Hauptidealring
Satz
==⇒ K[X] faktorieller Ring ⇒ K[X]Integritätsring
(z.B: R[X], C[X])
112
Bemerkung: Dass in K[X] jedes Element (außer Einheiten und Null) eine Zerlegung
on irreduzible Elemente hat, kann man direkt zeigen (analog zu Z, ÜA) (da deg(f g) =
deg(f ) + deg(g))
Beispiel: für einen Ring, der nicht faktoriell ist, in dem insbesonder nicht gilt
p irreduzibel ⇒ p prim
√
√
Z[ −5] := {a + b −5 | a, b ∈ Z} ⊂ C
√
(1) Behauptung Z[ −5] = {−1, +1}.
Beweis. „⊃“: Klar.
„⊂“: Betrachte „Norm-Abbildung“
√
N : Z[ −5] → N0
√
√
√
a + b −5 7→ (a + b −5) · (a − b −5) = a2 + 5b2
√
Dann gilt N (xy) = N (x) · N (y) für alle x, y ∈ Z[ −5]. Sei
√
√
(a + b −5) · (c + d −5) = 1 mit gewissen c, d ∈ Z
√
√
⇒ N (a + b −5) | 1 ⇒ N (a + b −5) = 1 ⇒ b = 0, a2 = 1.
(2) Behauptung: 2 +
√
−5 ist nicht prim
Beweis. Angenommen, es wäre prim.
√
√
√
prim
N (2 + −5) = 4 + 5 = 9 = 3 · 3 ⇒ (2 + −5) | 3 · 3 ==⇒ 2 + −5 | 3,
√
√
d.h. (2 + −5) · y = 3 für ein geeignetes y ∈ Z[ −5].
⇒ g · N (y) = 9 ⇒ N (y) = 1 ⇒ y ∈ {−1, +1}
(3) Behauptung: 2 +
√
−5 ist irreduzibel
√
√
Beweis. Sei x ∈ Z[ −5] mit x | 2 + −5.
√
√
Dann xy = 2 + −5 für y ∈ R[ −5] geeignet.
⇒ N (x)N (y) = 9
Fälle:
113
√
• N (x) = 9 ⇒ N (y) = 1, d.h. y ∈ Z[ −5]∗
• N (x) = 3 kann nicht eintreten
√
• N (x) = 1, d.h. x ∈ Z[ −5]∗
3.5.5 Anwendung in der Algebraischen Geometrie
Sei f ∈ R[X, Y ]. Die Nullstellenmenge von f ist:
V (f ) := {(a, b) ∈ R2 | f (a, b) = 0}
Man nennt V (f ) auch ebene algebraische Kurve. Ist f = gh, dann
V (f ) := V (g) ∪ V (h)
Wir sehen gleich: R[X, Y ] ist faktoriell. ⇒ Jedes f ∈ R[X, Y ] hat Zerlegung in irreduzible
Faktoren f = f1n1 · . . . · frnr . Erhalten Zerlegung
V (f ) = V (f1 ) ∪ . . . ∪ V (fr )
in eindeutig bestimmte Komponenten der Kurve V (f ).
Beispiel: f = X 3 − X 2 Y + XY 2 − X + Y − Y 3 = (X − Y )(X 2 + Y 2 − 1)
V (X − Y ) ∪ V (X 2 + Y 2 − 1)
3.6 Polynomringe über faktorielle Ringe
Ziel: Satz von Gauß
R faktoriell ⇒ R[X] faktoriell
Folgerung:
R faktoriell ⇒
R[X1 , . . . , Xn ]
|
{z
}
=(((R[X1 ])[X2 ])...)[Xn ]
114
faktoriell
V (f ) =
Lemma 1: Sei R ein Integritätsring, p ∈ R Nichteinheit und p 6= 0. Dann gilt:
p Primelement in R ⇔ p Primelement in R[X]
Beweis. „⇐“: Klar.
„⇒“: Für f ∈ R[X] gilt p | f ⇐ p teilt alle Koeffizienten von f .
• Gelte nun p | f · g mit
f=
m
X
ak X k , g =
k=0
n
X
bk X k ,
k=0
Annahme: p6 | f und p6 | g.
⇒ Es existiert kleinstes i mit p6 | ai und es existiert kleinstes j mit p6 | bj .
Betrachten Koeffizienten von X i+j in f g.
a0 bi+j + . . . + ai−1 bj+1 +ai bj + ai+1 bj−1 + . . . + ai+j b0
|
{z
}
|
{z
}
teilbar durch p
teilbar durch p
p prim
⇒ p | ai bj ====⇒ p | ai oder p | bj
Definition: Sei R ein faktorieller Ring
•
f=
n
X
ak X k ∈ R[X] \ {0}
k=0
c(f ) := ggT (a0 , a1 , . . . , an )
heißt der Inhalt von f (ÜA: Zeige Existenz von ggTs in faktoriellen Ringen).
• f heißt primitiv, falls c(f ) = 1 ist (genauer „falls c(f ) eine Einheit ist“)
Beispiele:
(1) über Z: c(4X 2 + 6X + 2) = 2
(2) f normiert ⇒ c(f ) = 1, d.h. f ist primitiv
(3) c(a · f ) = a · c(f ) für a ∈ R, f ∈ R[X].
115
Lemma 2: (Lemma von Gauß)
Sei R faktoriell, dann gilt:
c(f · g) = c(f ) · c(g) ∀f, g ∈ R[X] \ {0}
Beweis. Schreiben f = a · f1 , g = b · g1 mit primitiven f1 , g1 und a = c(f ), b = c(g).
Genügt zu zeigen: f1 · g1 ist primitiv. (Denn: c(f g) = c(ab · f1 g1 ) = ab · c( f1 g1 ) = ab =
|{z}
Einheit
c(f ) · c(g))
Angenommen, f1 g1 ist nicht primitiv, dann existiert Primelement p ∈ R mit
Lemma 1
p | f1 g1 =====⇒ p | f1 oder p | g1 ⇒ p | c(f1 ) oder p | c(g1 )
Ide: faktoriell R ⊂ K := Quot(R)
R[X] ⊂ K[X] faktoriell?
Kann man aus Faktoriesrungen in Q[X] Faktorisierungen in Z[X] gewinnen?
Beispiel:
in
Q[X]
1
2X − 3X + 1 = (X − )(2X − 2)
2
1
= (2X − 1) ·2 (X − 1)
2 | {z } | {z }
2
primitiv
=
primitiv
1
· 2 ·(2X − 1)(X − 1)
2
|{z}
∈Z
Kann man aus einer Zerlegung in Q immer eine Zerlegung in Z machen?
Beweis des Satzes von Gauß. Sei f ∈ R[X] eine Nicht-Einheit 6= 0.
Wir zeigen: f = p1 · . . . · pr mit Primelementen pi ∈ R[X]
Fall 1: deg(f ) = 0, d.h. f ∈ R. Dann
f = p1 · . . . · pr
mit Primelementen pi ∈ R
da R faktoriell.
Die pi sind auch in R[X] prim (Lemma 1).
116
Fall 2: deg(f ) ≥ 1
Da K[X] faktoriell ist und f eine Nicht-Einheit 6= 0 in K[X], existiert eine Zerlegung
mit primen Fi ∈ K[X]
f = F1 · . . . · Fr
Es existieren λ1 , . . . , λr ∈ K ∗ , so dass
Fi = λi · fi
Schreibe λ1 · . . . · λr =
a
b
mit fi ∈ R[X] und c(fi ) = 1
mit a, b ∈ R. Dann gilt
Lemma 2
b · f = a · f1 · . . . · fr =====⇒ b · c(f ) = a, also b | a
Somit:
f=
a
b
|{z}
· f1 · . . . · fr
| {z }
∈R,
also Produkt
von Primelementen
nach Fall 1
fi prim in K[X]
Noch zu zeigen: fi prim in R[X].
Genügt zu zeigen: ∀g ∈ R[X]:
)
g prim in K[X]
c(g) = 1
⇒ g prim in K[X]
Dazu: Sei g | h1 h2 mit h1 , h2 ∈ R[X].
⇒ g | h1 oder g | h2 in K[X]
O.E: h1 = g · H. mit H ∈ K[X].
Es existiert λ ∈ K ∗ , so dass
H = λ · h mit h ∈ R[X] und c(h) = 1
Schreibe λ =
a
b
mit a, b ∈ R. Dann gilt
Lemma 2
bh1 = agh =====⇒ b · c(h1 ) = a,
also b | a, d.h. λ ∈ R, d.h. H ∈ R[X].
Also g | h1 in R[X].
117
Bemerkung: Der Beweis zeigt ferner:
(1) Für f, g ∈ R[X]:
)
f | g in K[X]
c(f ) = 1
⇒ f | g in R[X]
(2) Für f ∈ R[X] \ R:
mit G, H ∈ K[X]
f =G·H
mit g, h ∈ R[X]
⇒f = c(f ) · g · h
G = λ · g, H = µ · h
c(g) = c(h) = 1
(3) Für f ∈ R[X] mit c(f ) = 1:
f irreduzibel/prim in R[X] ⇔ f irreduzibel/prim in K[X]
„⇐“ aus (1) (wie im Beweis des Satzes)
„⇒“ aus (2)
3.6.1 Irreduzibilitätskriterien
Frage: Wie kann man feststellen, ob ein Polynom f ∈ R[X] irreduzibel ist.
Methoden:
(1) Eisenstein-Kriterium
(2) Reduktionskriterium
Eisensteinsches Irreduzibilitätskriterien
Sei R Integritätsring
f = an xn + . . . + a0 ∈ R[X]
primitiv und nicht konstant.
Es gebe ein Primelement p ∈ R mit
p | a0 , . . . , p | an−1
p6 | an
p2 6 | a0
Dann ist f irreduzibel in R[X].
118
Beispiel: Beispiel: X 3 + 4X + 2 (p = 2) ist irreduzibel in Z[X] und Q[X].
(Beachte: f hat eine Nullstelle in R, ist also reduzibel in R[X].)
Achtung: 2X 3 + 8X + 4 ist in Q[X] irreduzibel, aber nicht in Z[X], denn dort gibt es
eine echte Zerlegung 2 · (X 3 + 4X + 2).
Beweis. Sei f = g · h mit
g = bk X k + . . . + b0 ∈ R[X],
bk 6= 0
l
h = cl X + . . . + c0 ∈ R[X],
cl 6= 0
Nach Voraussetzung p | a0 (a0 = b0 c0 ).
p prim
====⇒ p | b0
O.E.
Nach Voraussetzung gilt dann p 6 | c0 (wegen p2 6 | a0 ) und p 6 | bk (wegen p 6 | an wobei
an = bk cl )
Sei i der kleinste Index mit p6 | bi (also 0 < i ≤ k). Es ist:
ai = bi c0 + bi−1 c1 + . . . + b0 ci
|{z} |
{z
}
nicht
teilbar
durch p
teilbar durch p
i≤k≤n
Vor
⇒ p6 | ai ==⇒ i = n ====⇒ k = n
f primitiv
⇒ l = 0, d.h. h ∈ R ======⇒ h ∈ R∗ .
Weitere Beispiele:
(1) f = X 3 + 4X + 2 ∈ Z[X] ist irreduzibel in Z[X] und Q[X]
(2) f = 9X 3 − 8X 2 + 4X + 2 ∈ Z[X] ist irreduzibel in Z[X] und Q[X]
(Eisenstein mit p = 2)
(3) Sei p ∈ Z Primzahl und
f = X p−1 + X p−2 + . . . + X + 1 ∈ Z[X]
(das p-te Kreisteilungspolynom) Eisenstein ist nicht direkt anwendbar.
(X − 1) · f = X p − 1 (geometrische Reihe!)
⇒ X · f (X + 1) = (X + 1)p − 1
p
p
p
p−1
=X +
X
+ ... +
X nach binomischer Formel
k
p−1
p
p
⇒ f (X + 1) = X p−1 +
X p−2 + . . . +
1
p−1
119
Es genügt zu zeigen, dass f (X + 1) irreduzibel ist („Substitutionsmethode“). Dies
folgt mit Eisenstein.
(4) f = X n + Y n − 1 ∈ Z[X, Y ] = Z[X][Y ] mit n ≥ 1.
f = Y n + (X n − 1) = an Y n + a0
in Z[X][Y ]
mit an = 1 und
a0 = X n − 1 = (X − 1)(X n−1 + . . . + X + 1)
(X − 1) ist Primelement in Z[X] und (X − 1)2 6 | a0
Eisenstein
======⇒ f irreduzibel
(Beachte: X − 1 ist irreduzibel . Da Z[X] faktoriell ist, folgt, dass X − 1 prim ist).
Reduktionskriterium
Sei ϕ : R → S Homomorphismus von Integritätsringen und Φ : R[X] → S[X] die
kanonische Fortsetzung.
Sei f ∈ R[X] primitiv und nicht konstant.
)
Φ(f ) irreduzibel in S[X]
deg Φ(f ) = deg f
⇒ f irreduzibel in R[X]
Beweis. Es ist f 6= 0 und f ∈
/ R∗ , da f nicht-konstant.
Sei f = gh mit g, h ∈ R[X].
Dann ist Φ(f ) = Φ(g) · Φ(h).
O.E., da Φ(f )
irreduzibel
========⇒ Φ(g) ∈ S[X]∗ = S ∗
deg Φ(f )=deg f
=========⇒ g ∈ R
f primitiv
======⇒ g ∈ R∗
120
Beispiele:
(1) f = X 3 + X + 45 ∈ Z[X].
ϕ : Z → Z2 kanonische Abbildung
f := Φ(f ) = X 3 + X + 1 ∈ Z2 [X].
f hat keine Nullstelle
⇒ f irreduzibel (da deg(f ) = 3)
⇒ f irreduzibel.
(2) Behauptung: f = X 5 − X 2 + 1 ist irreduzibel in Z[X]
Beweis. Sei ϕ : Z → Z2 der kanonische Homomorphismus.
Genügt z.z.: Φ(f ) = X 5 + X 2 + 1 ist irreduzibel in Z2 [X]
Annahme: Φ(f ) reduzibel.
Dann hat Φ(f ) einen Teiler vom Grad 1 oder 2.
Grad 1: Nicht möglich, da Φ(f ) keine Nullstelle hat.
Grad 2: Es gibt nur 4 Polynome vom Grad 2 in Z2 [X].
X 2 + X + 1, X 2 + X, X 2 + 1, X 2
|
{z
}
haben eine Nullstelle,
kommen also als Teiler von
Φ(f ) nicht in Betracht
X 5 − X 2 + 1 = (X 2 + X + 1)(X 3 + X 2 ) + 1 (Div. mit Rest) zeigt, dass X 2 + X + 1
auch kein Teiler von Φ(f ) ist.
Ausblick: Weitere faktorielle und nicht-faktorielle Ringe
(1)
K[[X1 , . . . , Xn ]] := {Formale Potenzreihen über K in den Unbestimmten X1 , . . . , Xn }
ist faktoriell.
(2)
C hX1 , . . . , Xn i := {Konvergente . . .}
ist faktoriell. (Man benutzt hierfür den Weierstraßschen Vorbereitungssatz)
121
(3)
O(C) = {Holomorphe Funktionen C → C}
ist nicht faktoriell.
Man zeigt dazu: Die Primelemente in O(C) sind genau die Funktionen der Form:
z 7→ u(z) · (z − a)
mit u ∈ O(C)∗ und a ∈ C.
Daraus folgt: Falls O(C) faktoriell wäre, ließe sich jede Funktion f ∈ O(C) schreiben
als
f (z) = u(z) · (z − a1 ) · . . . · (z − ar )
mit u ∈ O(C)∗ und a1 , . . . , ar ∈ C.
Aber: Es gibt Funktionen f ∈ O(C) mit ∞-vielen Nullstellen, z.B. z 7→ sin(z).
(4) C(R) (stetigen Funktionen, mit punktweisen Verknüpfungen) ist nicht faktoriell,
nicht einmal ein Integritätsring.
(5) C ∞ (R) (mit punktweisen Verknüpfungen) ist nicht faktoriell, nicht einmal ein Integritätsring.
(6) Wir wissen:
√
√
√
• Z[ −5] := Z + −5Z = Z + i 5Z ist nicht faktoriell (s. früher)
• Dagegen: Z[i] = Z + iZ (Gaußsche Zahlen) ist faktoriell, da euklidischer Ring.
√
Man kann zeigen: Z[ −d] ist nur für folgende 9 Werte von d faktoriell:
1, 2, 3, 7, 11, 19, 43, 67, 163
122
Index
(erweiterten) Euklidischen Algorithmus,
10
Äquivalenzklasse, 32
Äquivalenzrelation, 14
Hauptsatz der Elementaren Zahlentheorie, 7
Homomorphiesatz, 42
Homomorphismus, 24
abelsche Gruppe, 21
assoziativ, 17
assoziert, 104
Auswertungshomomorphismus, 95
Automorphismus, 24
Automorphismus, innerer, 27
Ideal, 13, 80
Index, 31
innerere Automorphismus, 27
Integritätsring, 73
invers, 19
invertierbar, 19
irreduzibel, 107
Isomorphiesatz, erster, 44
Isomorphiesatz, zweiter, 45
Isomorphismus, 24
Isotropiegruppe, 61
Bahnen, 60
direkte Produkt, 22, 70
Division mit Rest, 8
Einbettung, 79
Einheitengruppe, 75
endlich erzeugt, 52
Endomorphismus, 24
Epimorphismus, 24
Erzeugendensystem, 46
euklidischer Ring, 100
Körper der rationalen ‘Funktionen’, 96
Kürzungsregel, 4
kanonische Homomorphismus, 36
kanonische Homorphismus, 81
Klassengleichung, 67
kommutativ, 17, 69
kongruent modulo, 32
kongruent, Dreiecke, 57
Kongruenz, 13
Kongruenzensystem, 14
Kongruenzrelation, 80
Konjugation, 27, 59
Kreisteilungspolynom, 119
Faktorgruppe, 36
faktoriell, 8
faktorieller Ring, 110
Faktorring, 81
Fixgruppe, 61
Grad, 94
Gruppe, 21
Gruppenhomomorphismus, 24
Gruppenwirkung, 58
Lagrange, Satz, 31
Leitterm, 94
linksinvers, 19
linksinvertierbar, 19
Linksnebenklassen, 30
linksneutral, 19
Halbgruppe, 18
Hauptidealring, 13, 101
123
symmetrische Gruppe, 21
maximales Ideal, 86
Monomorphismus, 24
neutral, 19
Normalteiler, 35
normiert, 94
Nullstelle, 93
Nullteiler, 73
nullteilerfrei, 4, 73
Teilbarkeitsrelation, 5
Teiler, 103
Teilereigenschaft, Primzahlen, 12
teilerfremd, 12
teilt, 103
Torsionsuntergruppe, 55
transitiv, 5
Operation, 58
operiert, 58
orbits, 60
Unbestimmte, 93
Untergruppe, 28
Unterring, 72
Permutationsgruppe, 60
Polynom, normiert, 94
Polynomabbildungen, 93
Polynomfunktion, 93
Primelement, 107
Primfaktoren, 6
Primfaktorzerlegung, 6
Primfaktorzerlegung, Eindeutigkeit, 12
Primideal, 86
Primzahl, 6
Verschwindungsideal, 88
Zentrum, 67
Zerlegung, Primfaktoren, 6
Quotientenkörper, 78
rationalen Funktionen, 79
rechtsinvers, 19
rechtsinvertierbar, 19
Rechtsnebenklassen, 30
rechtsneutral, 19
reduzibel, 107
Rest, 8
Restklassenabbildung, 36
Ring, 4
Ringhomomorphismus, 72
Satz von Lagrange, 31
Schiefkörper, 75
Schleifeninvariante, 11
Stabilisator, 61
stationär, 112
Substitutionshomomorphismus, 96
Sylow-p-Untergruppe, 66
124
Herunterladen