Cowden-Syndrom - Institut für Medizinische Genetik

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Cowden-Syndrom
(MIM ID 158350)
Allgemeines
Bei dem Cowden-Syndrom (CS) handelt es sich um eine vererbte Erkrankung, die mit
multiplen Hamartomen (Haut, Brust, Schilddrüse, Gastrointestinaltrakt, Endometrium,
Gehirn) sowie einem erhöhten Risiko für maligne Tumoren (besonders Brust, Endometrium,
Schilddrüse) einhergeht. Genaue Angaben zur Prävalenz können nicht gemacht werden, es
wird aber davon ausgegangen, dass diese bei etwa eins in 200.000 Lebendgeburten liegt.
Krankheitsbild/Indikation
Von dem CS betroffene Patienten zeigen charakteristische Merkmale in der Regel im Alter
von etwa ab dem 20. bis 30. Lebensjahren. Spätestens im dritten Lebensjahrzehnt
entwickeln 99% der Patienten charakteristische Veränderungen der Schleimhaut. Diese sind
typisch für das CS. Hierzu zählen insbesondere Trichilemmome sowie papillomatöse
Papeln, wobei gehäuft auch akrale und plantare Keratosen zu finden sind. Ein Großteil der
betroffenen Personen hat einen großen Kopfumfang (Makrozephalie). Die Tumoren treten in
aller Regel ebenfalls im 2. bis 3. Lebensjahrzehnt auf. Hierbei sind allerdings das
Erkrankungsalter wie auch die Ausprägung in Einzelfällen extrem variabel. Dickdarm, Magen
und teilweise auch der Zwölffingerdarm können hamartomatöse oder hyperplastische
Polypen aufweisen. Bei Cowden-Syndrom-Patientinnen können sich Zysten an der Brust und
den Eierstöcken bilden. Sehr häufig treten zahlreiche Knoten in der Schilddrüse auf. Zu den
PTEN Hamartoma Tumor Syndromen (PHTS) zählen folgende Erkrankungen:
- Cowden-Syndrom (CS)
- Bannayan-Riley-Ruvalcaba-Syndrom (BRRS)
- Proteus-Syndrom (PS)
- Proteus-ähnliches Syndrom (Proteus-like syndrome)
Das Tumor-Risiko:
- Bei Frauen beträgt das Lebenszeitrisiko für Brustkrebs etwa 25-50 %
(mittleres Diagnosealter 38-46 Jahre)
- In seltenen Fällen wurde Brustkrebs auch bei Männern mit PTEN-Mutationen beschrieben.
- Ca. 2/3 der Frauen mit PTEN-Mutationen entwickeln gutartige Brusttumoren
- Für Schilddrüsenkrebs beträgt das Lebenszeitrisiko etwa 10 % (meist follikulär, selten
papillär, aber nie medullär). Bisher ist unklar, ob Schilddrüsenkrebs bei Patienten mit einem
CS in jüngerem Alter auftritt als in der Allgemeinbevölkerung. Bei bis zu 3/4 der Patienten
mit CS konnte ein gutartiger, knotiger (multinodulärer) Kropf (Struma) der Schilddrüse
sowie
adenomatöse Knoten und follikuläre Adenome diagnostiziert werden.
- Das Risiko an Gebärmutter-Schleimhautkrebs (Endometrium-Karzinom) zu erkranken wird
auf etwa 5-10 % geschätzt. Allerdings stehen hier noch verlässliche Zahlen aus.
- Häufig lassen sich gutartige Fibroide der Gebärmutter nachweisen.
- In einem Teil der Fälle werden Hautkrebs, Nierenzellkarzinome sowie Hirntumoren
festgestellt. Des Weiteren kann es zu einem zerebellären dysplastischen Gangliozytom
(seltener Tumor des Zentralnervensystems) in seltene Fällen von einem CS kommen. In
diesen Fällen spricht man vom dem Lhermitte-Duclos-Syndrom.
Untersuchungen zur Früherkennung bei Betroffenen sowie Ihren Angehörigen:
Auf Grund des erhöhten Risikos von Patientinnen mit CS an Brustkrebs zu erkranken sowie
des erhöhten Risikos für Schilddrüsenkrebs bei beiden Geschlechtern sind engmaschige
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Früherkennungs-Untersuchungen hinsichtlich dieser Tumorerkrankungen anzuraten. Allen
Cowden-Syndrom-Patienten und deren erstgradigen Verwandten (Eltern, Geschwister,
Kinder) werden derzeit folgende Untersuchungen empfohlen:
körperliche Untersuchung: bei Männer und Frauen mit CS wird ab dem Alter von 18 Jahren
(oder fünf Jahre vor dem jüngsten diagnostizierten Tumor in der Familie) eine jährliche
gründliche körperliche Untersuchung empfohlen. Hierbei sollte besonders Augenmerk auf
Hautveränderungen sowie die Halsregion gerichtet werden.
Schilddrüse: ab der Pubertät ist eine jährliche Untersuchung (Abtasten, Ultraschall)
anzuraten. Kommt es hier zu einem auffälligen Befunden sollte ggf. eine Punktion oder eine
nuklearmedizinische Untersuchung angeschlossen werden.
Brustkrebs: bei Frauen mit CS werden intensivierte Brustkrebsvorsorgemaßnahmen
empfohlen. Hierzu zählen die monatliche Selbstuntersuchung der Brust sowie die jährliche
klinische Brustuntersuchung ab dem 25. Lebensjahr, sowie eine jährliche Mammographie ab
dem Alter von 30 Jahren (oder fünf Jahre vor dem jüngsten Alter bei Diagnose von
Brustkrebs in der Familie). Auch Männer wird zu einer monatlichen Selbstuntersuchung der
Brust geraten.
Gebärmutter: Frauen sollte etwa ab dem Alter von 35 Jahren eine regelmäßige
Krebsfrüherkennungs-Untersuchungen (Ultraschall) in Betracht ziehen.
Magen-Darmtrakt: Obwohl im Magen-Darmtrakt hamartöse Polypen auftreten können, zeigen
Untersuchungen, dass diese nicht zwingend mit einem erhöhten Risiko für Darmkrebs
einherzugehen und des Weiteren nur selten Darmsymptome zu verursachen. Aus diesem
Grund wird für asymptomatische Patienten eine Basis-Dickdarm-Spiegelung (Koloskopie) ab
dem 50 Lebensjahr empfohlen. Werden hierbei feingeweblich nur Hamartomen
nachgewiesen, so können die allgemeinen Empfehlungen zur Darmkrebsvorsorge (Leitlinien
der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten 2004) befolgt
werden.
Genetik
Die Erkrankung folgt einem autosomal-dominanten Erbgang. Sie wird hervorgerufen durch
Mutationen im PTEN-Gen (601728), das auf 10q23.31 lokalisiert ist und für das Protein
Phosphatase And Tensin Homolog kodiert. Bei dem Gen handelt es sich um einen
Tumorsuppressor. Wird das Portein aktiviert, so unterbricht es durch Dephosphorylierung
von Phosphatidylinositolphosphaten die PI3K-AKT/PKB Transduktionskaskade. Hierdurch
werden die Zellmigration sowie die Zellteilung gehindert. Das Gen besteht aus 9 Exons.
Diagnostik
Aus Lymphozyten das peripheren Blutes wird zunächst die genomische DNA isoliert.
Anschließend wird die DNA mittels Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) amplifiziert und es
werden alle 9 Exons des PTEN-Gens inklusive der Intron/Exonspleißregionen sequenziert
und hinsichtlich Mutationen analysiert. Darüber hinaus wird mittels MLPA (multiplex ligationdependent probe amplification) eine Deletions- bzw. Duplikationssuche durchgeführt.
Untersuchungsmaterial
2-4 ml EDTA-Blut
Dauer der Untersuchung
ca. 2-3 Wochen
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