Harn- und Stuhlinkontinenz Harninkontinenz, dass heißt unwillkürlicher Urinverlust, ist eine häufige Erkrankung, unter der in Deutschland etwa sechs bis acht Millionen Frauen und Männer leiden. Blasenfunktionsstörungen, Entleerungsstörungen und Harninkontinenz, treten in jedem Alter auf, wobei mit zunehmendem Alter die Harninkontinenz zunimmt. Ursächlich für die Harninkontinenz sind ganz unterschiedliche Faktoren, welche auch in Kombination auftreten können. Daneben ist eine ungestörte Speicherung und Entleerung des Urins und eine intakte Funktion zentraler und peripherer Nervenstrukturen erforderlich. Deshalb kommt es häufig bei neurologischen Erkrankungen, wie z.B. Parkinson, Demenz oder Multiple Sklerose, zu einer gestörten Blasenfunktion, welche eine Harninkontinenz begünstigen. Die unterschiedlichen Formen der Harninkontinenz: Harninkontinenz ist nicht gleich Harninkontinenz, entscheidend sind die Ursachen, welche zum ungewollten Urinverlust führen. International wird die Harninkontinenz in acht Formen unterschieden und eingeteilt: Belastungs- (Stress-) Inkontinenz: Auf Grund einer Schließmuskelschwäche kommt es bei Druckerhöhung im Bauchraum zu unwillkürlichemUrinabgang. Druckerhöhungen entstehen bei körperlicher Belastung wie zum Beispiel: Husten, Niesen, Lachen, Heben oder Bauchpresse. Definition der Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz): Die Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) ist die häufigste Form der Blasenschwäche bei Frauen. Bis zu 40% der sind von dieser Form der Inkontinenz betroffen. Belastungsinkontinenz wurde früher auch häufig als Stressinkontinenz bezeichnet, wobei das Wort Stress hier nichts mit psychischer Belastung zu tun hat, sondern die physische Belastung des Verschlusses der Harnblase bezeichnet. Bei der Belastungsinkontinenz ist der Harnblasenverschluss geschwächt. Eine Druckerhöhung, wie sie beim Niesen, Husten, Lachen oder Tragen von Lasten vorkommt, überfordert den Verschluss. Die Belastungsinkontinenz ist weit häufiger bei Frauen als bei Männern anzutreffen. Sie ist eine der häufigsten Urin-Inkontinenz-Formen. Durch Schwangerschaften, natürliche Geburten, Bindegewebsschwäche und Alterungsprozesse sind Frauen besonders häufig von einer Belastungsinkontinenz betroffen. Die Belastungsinkontinenz ist aber keine Alterserserscheinung, auch wenn sie mit zunehmendem Alter häufiger wird. Auch Frauen in jungen Jahren sind davon betroffen. In der weiblichen Anatomie "fehlt" die Prostata, so dass einzig der Beckenboden den Verschlußmechanismus unterstützt. Männer ereilt dieses Schicksal vor allem nach der chirurgischen Entfernung der Prostata. Seltener sind Störungen des Schließmuskels in Folge von Nervenschädigungen oder Schäden des Muskels selbst für die Belastungsinkontinenz verantwortlich. Ursachen der Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz): • • • ein ungenügender Verschluss der Harnblase, infolge einer Schwächung der Beckenbodenmuskulatur z.B. durch das Absinken der Blase und/oder der Gebärmutter Entbindungen Bindegewebschwäche Die Belastungsinkontinenz wird in drei Schweregrade unterteilt: 1. Grad : Inkontinenz beim Husten, Niesen 2. Grad : Inkontinenz bei abrupten Körperbewegungen, beim Aufstehen und/oder Hinsetzen 3. Grad : Inkontinenz bei Bewegungen ohne Belastung, z.B. im Liegen Dranginkontinenz: Definition der Dranginkontinenz: Bei der Dranginkontinenz (Urge-Inkontinenz) kommt es durch ein nicht zu beeinflussendes Zusammenziehen des Blasenmuskels zum unfreiwilligen Urinverlust. Es werden unterschieden : • • Sensorische Dranginkontinenz: Hier ist die Wahrnehmung der Blasenfüllung, im Sinne eines vorzeitigen Füllungsgefühls, etwa durch eine Entzündung, durch Blasensteine oder Obstruktion der ableitenden Harnwege, gestört. Motorische Dranginkontinenz: Hier sind die efferenten Nervenimpulse zum Musculus detrusor (der für die Entleerung zuständige Harnblasenmuskel) enthemmt, was zu einer vorzeitigen, manchmal krampfartigen Detrusor-kontraktion (Zusammenziehen des Schließmukels) führt. Bei der Dranginkontinenz liegt keine Störung des Verschlussmechanismus vor, sondern durch das willentlich nicht zu beeinflussende Zusammenziehen des Blasenmuskels, kommt es zum Einnässen. Bereits eine geringe Füllung der Blase bewirkt einen starken und willentlich nicht zu unterdrückenden Harndrang. Ursachen der Dranginkontinenz: Die Dranginkontinenz kann Folge von Entzündungen der unteren Harnwege (Harnblase, Harnröhre), von obstruktiven (einengenden) Veränderungen wie z.B. Harnröhrenstrikturen, gut- bzw. bösartigen Prostata-Vergrößerungen oder auch von neurologischen Erkrankungen, wie z.B. Multiple Sklerose, sein. Bei der sensorischen Dranginkontinenz sind häufige Blasenentzündungen ( chronisch ) oder Blasensteine verantwortlich. Die Rezeptoren, die den Füllungsgrad der Blase an das Gehirn melden, sind überempfindlich. Das Gehirn veranlasst daraufhin, über willentlich nicht zu beeinflussende Signale, ein Zusammenziehen der Blasenmuskulatur. Es kommt zur Inkontinenz. Meist werden dabei nur kleine Urinmengen ausgeschieden, allerdings recht häufig. Bei der motorischen Dranginkontinenz (auch neuropathische Blase) fehlt eine Hemmung der Signale zwischen Blase und Gehirn. Bei der motorischen Dranginkontinenz geht unwillkürlich Harn aus der Harnröhre ab, weil sich der Muskel, der für die Entleerung der Harnblase zuständig ist - der Detrusor - zusammenzieht. Diese Muskelkontraktionen sind nicht unterdrückbar und führen zu einer Drucksteigerung innerhalb der Harnblase. Genau diese Drucksteigerung spürt man und muss dem Druck unmittelbar nachgeben, d. h. man muss sofort eine Toilette aufsuchen. Ursachen der motorischen Dranginkontinenz sind meist neurologische Erkankungen wie z.B.: • • • • • Multiple Sklerose Schlaganfall Alzheimer Parkinson Folge von Diabetes Überlauf-Inkontinenz Obstruktive Überlauf-Inkontinenz: Es kommt zu einem unwillkürlichen Harnabgang bei voller Blase. Ursache ist eine Blasenauslass-Verengung (Obstruktion). Dies tritt z.B. in Folge von Prostatavergrößerungen oder Harnröhrenverengungen sehr häufig auf. Blasensteine oder im schlimmsten Fall Tumore, können ebenfalls verantwortlich sein. Funktionelle Überlauf-Inkontinenz: Analog der obstruktiven Überlauf-Inkontinenz geht bei voller Blase unwillkürlich Urin ab. Die Ursache ist hier aber eine Detrusorschwäche (Insuffizienz). Dies bedeutet, dass die Blase nicht genügend Druck aufbaut um den Urin zu entleeren. Die Blase läuft über, ähnlich einer vollen Regentonne. Definition der Überlaufinkontinenz: Die Überlaufinkontinenz ist die häufigste Inkontinenzform bei Männern. Die Überlaufinkontinenz äußert sich durch tröpfelnden Urinabgang bei gefüllter Blase (die Blase läuft sozusagen über). Die Ursachen sind langanhaltende Abflußbehinderungen wie z.B. eine Vergrößerung der Prostata und Harnröhrenengstellen. Hier muß meist durch eine Operation für den freien Abfluß des Harns gesorgt werden. Eine Überlaufinkontinenz, die durch den Verlust der Blasenkontraktionsfähigkeit entsteht, (z.B. bei längerwährender „Überdehnung“ der Blase), wird medikamentös behandelt. Um den Restharn zu entfernen, kann es nötig sein, daß der Betroffene sich solange selbst katheterisiert, bis die normale Kontraktionsfähigkeit der Blase wieder hergestellt ist. Ursachen der Überlaufinkontinenz: Bei Männern: Eine vergrößerte Prostata ist die häufigste Ursache. Eine Harnröhrenverengung ist die Folge. Dardurch kommt es zu : • • • • • Restharngefühl mit ständigen Harndrang Überdehnung der Blasenmuskulatur Verlust der Kontraktionsfähigkeit ständiges Tröpfeln aus der Harnröhre bzw. Blase Rückstau bis zu den Nieren Bei Frauen und Männern: • • • Harnsteine Harnröhrenverengungen (z.B. durch Verletzung, Tumore ) angeborene Fehlbildungen Reflexinkontinenz Definition der Reflexinkontinenz: Eine Reflexinkontinenz kann durch Erkrankungen oder Verletzungen des Gehirns oder des Rückenmarks entstehen, wenn jene Nervenbahnen unterbrochen werden, die das für die Blasenentleerung verantwortliche Steuerungszentrum im Gehirn mit Harnblase und Schliessmuskel verbinden. Blasen- und Schliessmuskelfunktion lassen sich dann nicht mehr koordinieren oder kontrollieren. Unterschieden werden die : • spinale Reflexinkontinenz Es kommt zu unkontrollierten, reflektorischen Detrusorkontraktionen, die der Betroffene nicht als Harndrang empfindet. Ursachen sind Erkrankungen oder Verletzungen des Rückenmarks. Diese können durch Bandscheibenvorfälle, Querschnittlähmungen aber auch Krankheiten bzw. Behinderungen wie Multiple Sklerose der Spina bifida verursacht werden. • supraspinale Reflexinkontinenz , Es geht unwillkürlich Urin ab, da der Betroffene auf Grund von Hirnleistungsstörungen die Kontrolle über den Miktionsreflex verloren oder nicht erworben hat. Ursachen können angeborene oder erworbene Behinderungen (auch geistige) sein, aber auch Erkrankungen wie Demenz, Parkinson oder ein Schlaganfall. Ursachen der Reflexinkontinenz: Eine Reflexinkontinenz entsteht, wenn durch Schädigung oder Erkrankung die Übertragung der Nervenimpulse aus Gehirn oder Rückenmark, welche die Blasenentleerung steuern unterbrochen sind. Dabei wird das Zusammenziehen der Blasenmuskulatur und/oder die Erschlaffung des Harnröhrenverschlusses nichts mehr durch Nervenimpulse gehemmt. Es werden zwei Formen unterschieden : Die spinale Reflexinkontinenz entsteht als Folge einer Erkrankung (z.B. Multiple Sklerose) oder Verletzung (Querschnittsyndrom) des Rückenmarks. Dabei zieht sich zwar der Blasenmuskel aufgrund eines Reflexes zusammen, der Betroffene empfindet aber dennoch keinen Harndrang. Der Grund ist, dass die Nervenverbindung vom Gehirn zum Rückenmark unterbrochen ist. Der Betroffene kann seinen Blasenmuskel nicht mehr willentlich kontrollieren, es kommt zu unwillkürlichem Harnabgang. Bei der supraspinalen Reflexinkontinenz geht die Kontrolle über die willkürliche Blasenentleerung aufgrund von Hirnleistungsstörungen verloren. (Alzheimer, Demenzen, Parkinson, Schlaganfall usw.) Die Folge ist unwillkürlicher Harnabgang in wechselnden Intervallen und in unterschiedlichen Mengen. Häufig ist vorher kein Harndrang zu verspüren. Betroffene leiden zusätzlich oft unter neurologischen Ausfällen. Extraurethrale Inkontinenz: Unwillkürlicher Harnabgang aus pathologischen Gängen, sogenannten Urinfisteln. Diese können angeboren sein oder später erworben werden. Sie treten meist in Folge von Operationen oder sehr schweren Geburten auf. Stuhlinkontinenz: Für eine Stuhlinkontinenz können viele Faktoren auslösend sein. Nicht selten sind kombinierte Ursachen verantwortlich. Eine der häufigsten Ursachen sind Verletzungen während des Geburtsaktes. Neben einer Durchtrennung des Schließmuskels können auch Nerven verletzt werden, welche den Schließmuskel dann nicht mehr versorgen. Das altersbedingte Nachlassen der Kraft des Schließmuskels ist häufig auslösend für eine Stuhlinkontinenz. Afternahe Operationen, Infektionen und vielfältige Endarmerkrankungen im Afterbereich, sind neben neurologische Störungen und Erkrankungen am Entstehen einer Stuhlinkontinenz beteiligt. Häufigste Ursachen der Stuhlinkontinenz: • • • • • • • • Verletzungen im Rahmen von Entbindungen Schließmuskelverletzungen Beckenbodeninsuffizienz Infektionen (Durchfall) und chronisch entzündliche Erkrankungen des Darms oder der Analregion Mit dem Alter nachlassende Muskelkraft Hämorrhoiden, Mastdarm-vorfall (Rectumprolaps), Abszesse, Fisteln, Fissuren Neurologische Störungen und Erkrankungen Tumore und Krebserkrankungen