Komplettes Heft Die Internistische Welt

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ZU DIESEM HEFT
Sucht ist ...
... männlich, hätte man noch vor zehn Jahren
gesagt. Aber die Frauen haben aufgeholt.
Dass die Emanzipation auch ihre negativen
Seiten hat, haben (männliche) Kommentatoren bereits vor einigen Jahren mit einem
politisch nicht korrekten Unterton festgestellt. Damals überschritt in den USA die
Zahl neu aufgetretener Lungenkarzinome
erstmals diejenige neuer Brustkrebs-Erkrankungen.
Nicht nur beim Nikotinkonsum haben
die Frauen zumindest gleichgezogen. Auch
bei der anderen großen Volksdroge Alkohol
sind die Zeiten männlicher Dominanz vorbei. Das macht sich in der Statistik noch
nicht richtig bemerkbar. Alkohol ist wie Nikotin ein Gift, das langsam wirkt. Derzeit
werden bei Männern noch rund 5,2 % aller
Tumore auf chronischen Alkoholkonsum
zurückgeführt, bei Frauen nur 1,7 %. Anders als bei Nikotin, wo es offenbar eine
Schwellendosis gibt, gibt es für Alkohol
kein Limit nach unten.
Bei jedem 25. Brustkrebs
ist Alkohol im Spiel
Beim Brustkrebs ist dies mittlerweile eindeutig nachgewiesen. Bereits ab einer täglichen Menge von etwa 18 Gramm Alkohol –
etwas mehr als ein Achtel Liter Wein – steigt
das Risiko für ein Mammakarzinom signifikant an. Ein, zwei oder drei Drinks pro Tag
lassen die Wahrscheinlichkeit um 10, 20
und 40 % ansteigen. Derzeit werden rund
4 % aller neu diagnostizierten Mammakarzinome in den USA auf Alkohol zurückgeführt.
Zu den Mechanismen gibt es mehrere
Hypothesen. Beim Brustkrebs lässt Alkohol
auch die Östradiolspiegel ansteigen. Zu hohes Östradiol gilt als karzinogener Risikofaktor. In der Leber wirkt Alkohol bei
gleichzeitig vorliegender Hepatitis C proinflammatorisch und steigert die Fibrogenese. Bei der HBV verkürzen bereits 40
Gramm Alkohol pro Tag das Auftreten eines
hepatozellulären Karzinoms um rund zehn
Jahre.
Dr. Alexander
Kretzschmar,
München
Angst ist in Alkohol löslich
Die kausale Beteiligung von chronischem
Alkoholkonsum ist inzwischen für fast alle
Tumore nachgewiesen worden. Geschlechterunterschiede sind dagegen weniger gut
dokumentiert. Daten aus einer Heidelberger
Studie weisen auf eine erhöhte Suszeptibilität von Kopf-Hals-Tumoren bei Frauen hin,
die regelmäßig Alkohol konsumieren.
Alle diese Zahlen und Fakten beziehen
sich auf einen regelmäßigen Alkoholkonsum, der auch unter dem Aspekt von Suchtverhalten beurteilt werden muss. Wer Sorgen hat, hat auch Likör – Wilhelm Busch hat
ungewollt die wichtigste Ursache von Alkoholabusus aufgedeckt. Brustkrebs entsteht
eben auch im Kopf.
Dr. Alexander Kretzschmar
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INHALT
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Die Internistische Welt
Onkologie
3/2008
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Zu diesem Heft
Sucht ist ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
6. European Breast Cancer Conference
Welche Anthrazyclin-basierten Regime kommen infrage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
44. ASCO-Jahrestagung
Die onkologische Welt trifft sich auf dem ASCO 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Brachytherapie so wirksam wie externe Bestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Antiangiogenese mit allen Taxanen wirksam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .56
KRAS als Prädiktor für Cetuximab-Benefit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Was wirkt gegen Fatigue? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Radio- und Chemotherapie als gleichwertige Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59
13. EHA-Jahrestagung
Neues aus der CML-Pipeline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Neue Option in der Primärtherapie des multiplen Myeloms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Verbessertes Monitoring erleichtert frühe Rezidivtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .61
Interferon hat bei der CML noch nicht ausgedient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Herpes-simplex-Gen schaltet Lymphozyten bei Bedarf ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Kongress International
Lapatinib verlängert Zeit bis zur Progression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Neue Therapiekonzepte bei multiplem Myelom und MDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Studien belegen Effektivität und Sicherheit der mTOR-Inhibition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Das klinische Management von Lebertumoren als interdisziplinäre Aufgabe . . . . . . . . . . . . 66
Eisenchelat-Therapie sichert Überlebensvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Antikörpertherapie ermöglicht Überleben und Heilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Titelfoto: Ferdinand Hodler – Vallentine Gode Darel with disolved
hair; Visipix.com
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6. EUROPEAN BREAST CANCER CONFERENCE
Re-Challenge mit PLD
möglich
Metastasiertes Mammakarzinom
Welche Anthrazyclin-basierten Regime
kommen infrage?
Zu den „Hot Topics“ auf der 6. European Breast Cancer Conference
(EBCC-6) in Berlin gehörte die Diskussion, welches Zytostatikum als Kombinationspartner mit einer zielgerichteten Therapie am besten geeignet ist.
Kongresspräsident Prof. Michael Untch, Berlin, warnte, dass die kumulative
kardiotoxische Gesamtdosis einiger konventioneller Anthrazykline schnell erreicht ist. Eine wichtige Alternative sind moderne Wirkstoffe wie das pegylierte liposomale Doxorubicin (PLD). Dies gilt für die Erstlinien-Chemotherapie
des metastasierten Mammakarzinoms bei HER2- und Hormonrezeptor-negativen Patientinnen, aber auch bei HER2-Überexpression in Kombination mit
Trastuzumab, so Prof. Nadia Harbeck, München.
D
ie Anfang 2008 aktualisierten Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) der Deutschen
Krebsgesellschaft Chemotherapie des metastasierten Mammakarzinoms empfehlen
Taxane und Anthrazykline als die wirksamsten Chemotherapeutika mit dem höchsten
Empfehlungsgrad, berichtete Harbeck (1).
Auch ein internationaler Expertenkonsensus
fordert zur Therapie des metastasierten
Mammakarzinoms, dassAnthrazyklin-naive
Patienten in der Erstlinientherapie ein Anthrazyklin-basiertes Regime erhalten sollen:
Epirubicin 100 mg/m2 q3w, Doxorubicin
60 mg/m2 q3w oder PLD (Caelyx) (2).
Bei der Auswahl der Chemotherapeutika muss man oft einen Kompromiss eingehen zwischen den Wünschen der Patientin
und den Einschränkungen durch die Vorbehandlung. Harbeck erwartet hier von der
PELICAN-Studie (PEgLIposomales Doxorubicin vs. CApecitabiN) weitere Fingerzeige für die Erstlinientherapie des metastasierten Mammakarzinoms. 344 Patientinnen erhalten in dieser randomisierten offenen Multicenterstudie entweder PLD
(50 mg/m2 q28d) oder Capecitabine
(1 250 mg/m2 bid d1–14 q21d). Der primäre
Studienendpunkt ist das progressionsfreie
Überleben.
Tab. 1 Kumulative Grenzdosis für eine Anthrazyklin-induzierte Herzinsuffizienz;
n. a. = nicht angegeben, *Epirubicin + Paclitaxel (n = 76), Gemcitabin, Epirubicin, Paclitaxel (n = 29); **alle Patientinnen erhielten vorher eine Radiotherapie
Laut Prof. Alessandra Gennari, Genua, ist
auch wegen der geringen Kardiotoxizität
mit PLD ein erfolgreiches Re-Challenge
möglich. Unabhängig von der Vorbehandlung sollten hormonrefraktäre Patientinnen
mit metastasiertem Mammakarzinom in der
Erstlinienbehandlung ein Anthrazyklin erhalten, falls das rezidivfreie Intervall mehr
als ein Jahr beträgt.
Auch beim HER2-positiven Mammakarzinom sind Anthrazykline ein effektiver
Kombinationspartner mit Trastuzumab.
Hier wird das progressionsfreie Überleben
wie auch das Gesamtüberleben signifikant
verbessert. Limitierend bei der Kombination von Trastuzumab mit konventionellem
Doxorubicin ist aber die teilweise hohe kardiale Toxizität. Harbeck sieht hier im PLD
eine effektive und kardial verträglichere
Option: „Wenn Sie Trastuzumab mit einem
Anthrazyklin kombinieren wollen, dann ist
es PLD.“ Chia et al. erzielten mit PLD
(50 mg/m2 q4w über sechs Zyklen) plus
Trastuzumab (initial 4 mg/kg x 1, danach
2 mg/kg q1w) nach einem medianen Follow-up von 13,9 Monaten eine Gesamtresponse von 52 % (3). Anthrazyklin-vorbehandelte Patientinnen schnitten hier mit
50 % ebenso gut ab wie Patientinnen ohne
Anthrazyklin-Vortherapie (53 %). Das mediane progressionsfreie Überleben betrug
zwölf Monate. Die Veränderung der linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF) war
klinisch nicht relevant, Fälle einer manifesten Herzinsuffizienz wurden nicht beobachtet.
kumulative Grenzdosis von konventionellem Doxorubicin
Autor
400 mg/m2
550 mg/m2
700 mg/m2
Von Hoff (1997)
3%
07 %
18 %
Swain (2003)
5%
26 %
48 %
kumulative Grenzdosis von Epirubicin
Autor
≤ 850 mg/m2
900–950 mg/m2
1000 mg/m2
Praga (1991)
1%
n. a.
05 %
Ryberg (1998)
4%
04–6 %
15 %
Gennari (1999)*
< 720 mg/m2: 7 %
–
991–1080 mg/m2: 44 %**
Kardiotoxisches Dosislimit
konventioneller Anthrzykline
Untch wies darauf hin, dass sich die Anthrazyklin-induzierte linksventrikuläre Dysfunktion oft schleichend entwickelt. Im Gegensatz zu Trastuzumab sind diese Veränderungen nicht reversibel. Er schätzt, dass bis
50 % der mit konventionellen Anthrazyklinen behandelten Patientinnen nach einigen
Jahren Zeichen einer linksventrikulären Dekompensation aufweisen. Auch wird immer
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6. EUROPEAN BREAST CANCER CONFERENCE
wieder unterschätzt, wie niedrig die kumulative Gesamtdosis als Marker für die Kardiotoxizität konventioneller Anthrazykline
ist (Tab. 1).
Größere Vorsicht verlangte Untch auch
beim Epirubicin. Auf dem ASCO 2007 wurde gezeigt, dass das sichere Dosisfenster
vergleichsweise klein ist und sich mit stei-
52
gendemAlter der Patientin weiter verringert
(4). Bei einer 40-jährigen Patientin tritt Kardiotoxizität in 5 % der Fälle ab einer kumulativen Dosis von 806 mg/m2 auf. Mit 70
Jahren sind es bereits 609 mg/m2. Diese
Grenzdosis hat man bereits mit 6 FEC-Zyklen erreicht, so Untch.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Literatur
1. www.ago-online.org
2. Beslija et al. Ann Oncol 2007; 18:
215–225.
3. Chia et al. J Clin Oncol 2006; 24:
2773–2778.
4. Ryberg et al. J Clin Oncol 2007; 25: 39s,
Abstract 1029.
Quelle: Satellitensymposium „Novel approaches to anthracycline-based chemotherapy for
the treatment of metastatic breast cancer“ anlässlich der 6. European Breast Cancer Conference (EBCC-6) am 18. April 2008, Berlin;
Veranstalter: Schering-Plough Pharma International
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KONGRESS INTERNATIONAL
Neue Therapieoption beim ErbB2-positiven Mammakarzinom
Lapatinib verlängert Zeit bis zur Progression
Der duale Tyrosinkinase-Inhibitor Lapatinib (Tyverb®) ist in Kombination mit
Capecitabin angezeigt zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem
oder metastasiertem Brustkrebs, deren Tumore ErbB2 überexprimieren. Die
Patienten sollen eine progrediente Erkrankung nach vorangegangener Therapie, die Anthrazykline und Taxane sowie in der metastasierten Situation
Trastuzumab einschloss, aufweisen. Die Behandlung verlängerte die Zeit bis
zu einer erneuten Progression signifikant, berichtete Prof. Nadia Harbeck,
München, auf dem Deutschen Krebskongress 2008.
L
apatinib ist ein dualer TyrosinkinaseInhibitor, der intrazellulär gezielt den
ErbB2(HER2)-Rezeptor sowie den ErbB1
(EGF)-Rezeptor hemmt. Damit wird die Dimerisierung der Rezeptoren und dadurch
die Signalweiterleitung blockiert. Anders
als der monoklonale Antikörper Trastuzumab bindet Lapatinib auch an Rezeptoren, die ihre extrazelluläre Domäne verloren haben. Diesen abgeschnittenen Rezeptorformen wird eine größere Kinaseaktivität
zugeschrieben als dem ErbB2-Wildtyp (4).
Grundlage für die europaweite Zulassung von Lapatinib war die Phase-IIIStudie EGF100151 (1, 2). In dieser Studie
wurden 399 Patientinnen mit einem
ErbB2-überexprimierenden, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Brustkrebs, deren Erkrankung nach einer vorangegangenen Behandlung mit Anthrazyklinen, Taxanen und Trastuzumab progredient war, eingeschlossen. Die Patientinnen erhielten Lapatinib (1 250 mg/d) plus
Capecitabin (2 000 mg/m2 KOF an d 1–14
dreiwöchentlich) (n = 198) oder Capecitabin allein (2 500 mg/m2 KOF an d 1–14
dreiwöchentlich) (n = 201).
Die Beurteilung durch ein unabhängiges Reviewkomitee ergab für die Kombination Lapatinib/Capecitabin eine signifikant längere Zeit bis zur Krankheitsprogression: 27,1 Wochen (6,2 Monate) vs.
Capecitabin allein 18,6 Wochen (4,3 Monate; HR: 0,57, p < 0,001) (Abb. 1) (1).
Auch die Auswertung durch die Prüfärzte
bestätigte eine signifikant längere media-
ne Zeit bis zur Progression (Lapatinib/Capecitabin: 23,9 Wochen; Capecitabin allein: 18,3 Wochen; HR: 0,72, p = 0,008)
(3). Eine spätere Analyse zeigte einen
Trend in Richtung einer verlängerten Gesamtüberlebenszeit: Median 74,0 Wochen
vs. 65,9 Wochen (p = 0,3).
Die häufigsten Nebenwirkungen unter
Lapatinib plus Capecitabin waren leicht
bis mäßig ausgeprägt (3). Sie betrafen vor
allem den Magen-Darm-Trakt (Durchfälle, Übelkeit und Erbrechen) und die
Haut (Ausschläge). Laut Prof. Mario
Campone, Nantes, ist die Toxizität von
Lapatinib gut beherrschbar. Wichtig ist
eine gute Aufklärung vor Therapiebeginn.
Kommt es zum Auftreten von Diarrhöen,
sollte auf laktosehaltige Produkte verzichtet werden, die Mahlzeiten sollten auf
mehrere kleine Portionen verteilt und öfter kleinere Flüssigkeitsmengen getrunken werden. Ab Grad 1-Diarrhöen wird
die Gabe von Loperamid in der Standarddosis empfohlen. Bei Auftreten akneähnlicher oder entzündlicher Hautveränderungen kann beispielsweise mit topischen
Präparaten oder einer niedrig dosierten
Antibiotikagabe behandelt werden. In
den meisten Fällen waren die Hautausschläge geringgradig und führten nicht
zur Unterbrechung der Behandlung (3).
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Literatur
1. Cameron D et al. Breast Cancer Res Treat
2008 Jan 11. Epub ahead of print.
2. Geyer CE et al. N Engl J Med 2006; 355: 26.
3. Fachinformation Tyverb
4. Segatto O et al. Mol Cell Biol 1988; 8:
5570–5574.
Quelle: Pressekonferenz „Kleines Molekül –
große Chancen; Lapatinib zur zielgerichteten
Therapie bei Brustkrebs“ anlässlich des 28.
Deutschen Krebskongresses am 22. Februar
2008, Berlin; Veranstalter: GlaxoSmithKline
Deutschland, München, und Satellitensymposium „Lapatinib in ErbB2(HER2)-positive
breast cancer: from bench to clinic“ anlässlich
der 6. European Breast Cancer Conference
(EBCC-6) am 17. April 2008, Berlin;
Veranstalter: GlaxoSmithKline International
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher
Unterstützung von GlaxoSmithKline Deutschland, München.
Abb. 1
Zeit bis zur Progression unter
Lapatinib/Capecitabin versus
Capecitabin allein
(1)
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44. ASCO-JAHRESTAGUNG
Neues und Unerwartetes zur Tumor-Diagnostik und Therapie
Die onkologische Welt trifft sich
auf dem ASCO 2008
Der ASCO-Kongress ist der wichtigste onkologische Termin weltweit. Über
30 000 Teilnehmer hörten 2008 die neuesten Resultate zur Diagnostik und
Therapie von Tumorerkrankungen, darunter neue, Aufsehen erregende Ergebnisse zum Einsatz von Bisphosphonaten beim Mammakarzinom. Muss
der Therapiestandard in der Adjuvanz bei prämenopausalen Frauen mit hormonsensiblem Brustkrebs neu definiert werden? Die österreichische Studie
ABCSG 12 lässt dies vermuten.
A
Ereignisse (Anzahl Patienten)
romatasehemmer sind als neuer Standard in der adjuvanten Therapie postmenopausaler Patientinnen mit hormonsensiblem Brustkrebs etabliert. Die Rationale,
diese Wirkgruppe auch bei jungen Frauen
zu erproben, basiert auf Daten beim fortgeschrittenen Brustkrebs. DurchAnastrozol
zusätzlich zur ovariellen Suppression mit
Goserelin wird der Östradiolspiegel stärker
supprimiert als mit Tamoxifen plus Goserelin, erläuterte Prof. Michael Gnant, Wien.
Die Studie 12 der Austrian Breast & Colorectal Study Group (ABCSG) schloss
1 803 prämenopausale Frauen ein, die randomisiert über drei Jahre eine endokrine
Therapie mit dem Standard Tamoxifen/Goserelin oder mit Anastrozol/Goserelin er-
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Tod ohne vorheriges Rezidiv
sekundäres Malignom
kontralaterales Mammakarzinom
Fernmetastasen
lokalregionales Rezidiv
2
10
10
0
9
6
41
29
20
kein Zolendronat
(n = 904)
10
Zolendronat
(n = 899)
Abb. 1 Die ABCSG 12-Studie zeigt eine
signifikante Verhinderung aller Ereignisse
durch Gabe von Zoledronsäure zusätzlich
zur endokrinen Therapie
54
hielten (1). In einem faktoriellen 2 x 2-Design erhielt eine Hälfte der Patientinnen
nach randomisierter Zuordnung außerdem
Zoledronsäure. Das Bisphosphonat wurde
einmal zwecks Prävention einer Therapieassoziierten Osteoporose verabreicht. Auch
gibt es präklinische Hinweise, dass Bisphosphonate Wachstum, Adhäsion und Angiogenese hemmen, das Immunsystem stimulieren und eine Apoptose induzieren.
Die Teilnehmerinnen in ABCSG 12 waren als prognostisch günstig einzuschätzen.
Drei Viertel besaßen kleine Tumoren
(< 2cm), etwa zwei Drittel waren nodalnegativ. Entsprechend lebten nach einem medianen Follow-up von 60 Monaten noch 98,2%
der Patientinnen; die 5-Jahres-Rate für das
krankheitsfreie Überleben beträgt 94%. Beim
krankheitsfreien Überleben als primärem
Endpunkt gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen dem Anastrozol- (72 Ereignisse) und dem Tamoxifen-Arm (65 Ereignisse; HR: 1,096; p=0,59). Gnant: „Auch bei
den sekundären Endpunkten rezidivfreies und
Gesamtüberleben zeigte sich kein Unterschied zwischen den Therapien“.
Ereignisrate um
ein Drittel gesenkt
Anders sah es beim Vergleich von Zoledronsäure versus Kontrolle aus. Das
Bisphosphonat reduzierte das Ereignisrisiko signifikant um 36 % (HR: 0,643;
p = 0,011). „Die adjuvante Gabe von Zoledronsäure verhindert alle Ereignisse: Lokalrezidive, Fernmetastasen inklusive Kno-
chenmetastasen und sogar kontralaterale
Tumoren“, betonte Gnant (Abb. 1). Auch
das rezidivfreie Überleben wurde signifikant um 35 % verbessert, das Mortalitätsrisiko sank um rund 40 %. „Dank der sehr
geringen Zahl an Todesfällen ist der Unterschied beim Gesamtüberleben jedoch noch
nicht signifikant“, erklärte Gnant.
Alle Therapien wurden gut vertragen.
Erwartungsgemäß wurden Muskel- und Gelenkbeschwerden unter Aromatasehemmung etwas häufiger gesehen. Doch waren
potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkungen – tiefe Venenthrombosen und Endometriumhyperplasien – bei den mit Anastrozol behandelten Frauen seltener als mit Tamoxifen. Knochenschmerzen und vorübergehendes Fieber waren insbesondere bei der
ersten Applikation von Zoledronsäure möglich. Kiefernekrosen und eine renale Toxizität als schwere Nebenwirkungen des Bisphosphonats wurden nicht dokumentiert.
Fazit – Zoledronsäure in
Standardtherapie integrieren
Der tatsächliche Stellenwert der Aromatasehemmung in der Prämenopause kann derzeit
noch nicht eindeutig definiert werden, betonte Gnant. Hier müssten die Ergebnisse
der noch laufenden Studien SOFT und
TEXT abgewartet werden. Grundsätzlich
habe die ABCSG 12 mit ihren günstigen Daten zu Gesamt- und krankheitsfreiem Überleben unterstrichen, dass prämenopausale
Brustkrebspatientinnen mit niedrigem und
intermediärem Risiko effektiv endokrin zu
behandeln seien und man ihnen eine Chemotherapie ersparen könne. Da Zoledronsäure
alle Arten von Tumorereignissen verhinderte, sollte man den direkten antitumoralen Effekt des Bisphosphonats ebenso wie seine
immunstimulierenden Effekte zukünftig in
der Adjuvanz ausnutzen, so Gnant, um den
Therapiestandard weiter zu verbessern.
Dr. Katharina Arnheim, Berlin
Literatur
1. Gnant M et al. J Clin Oncol 2008;
26(Suppl): Abstract LBA4.
Quelle: ASCO Annual Meeting 2008, vom
30. Mai bis 3. Juni 2008, Chicago
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ASCO, MAI/JUNI 2008
Endometriumkarzinom
Brachytherapie so wirksam wie
externe Bestrahlung
Beim Endometriumkarzinom mit intermediärem bis hohem Risiko wird bisher
nach der Operation das Becken bestrahlt. Eine niederländische Studie zeigt,
dass vaginale Brachytherapie genauso wirksam in der Verhinderung von
Fernmetastasen, beim Überleben und beim rezidivfreien Überleben ist wie
die konventionelle Bestrahlung, aber mit einer besseren Lebensqualität einhergeht. Sie sollte deshalb künftig Therapie der Wahl sein.
D
ie Beckenbestrahlung, bisher extern, ist
die adjuvante Standardbehandlung
beim Endometriumkarzinom des Stadiums
I. Sie hat zwar in der PORTEC-1-Studie
nicht das Überleben verlängert, aber das
5-Jahres-Risiko für Rezidive in Vagina und
Becken im Vergleich zur bloßen Beobachtung von 19 auf 5 % reduziert. Weil die
meisten Rezidive in der oberen Vagina auftraten, wurde in Phase-II-Studien die vaginale Brachytherapie als Alternative zur externen Bestrahlung getestet.
50
Abb. 1
Lebensqualität:
Ausmaß der
Diarrhö (links) und
der Beeinträchtigung des täglichen Lebens durch
Darmprobleme
(rechts) nach externer Radiotherapie und Brachytherapie.
40
Wegen der vielversprechenden Ergebnisse startete die niederländische PORTECStudiengruppe deshalb die multizentrische
Phase-III-Studie PORTEC-2 (1) mit 427 Patientinnen, die nach der Operation eines Endometriumkarzinoms ein mittelhohes Rezidivrisiko hatten: Bei den über 60-jährigen
Patientinnen, so Dr. Remi Nout, Leiden/
Niederlande, war das ein Stadium 1C, Grad
1–2 oder Stadium 1B, Grad 3. Unabhängig
vom Alter wurden auch Patientinnen eingeschlossen, wenn ihr Tumor Stadium 2A,
externe Bestrahlung
Brachytherapie
50
40
30
30
20
20
10
10
0
Base- nach 6 12
line RT
Diarrhö
18
24
0
externe Bestrahlung
Brachytherapie
Base- nach 6 12 18 24
line RT
Beeinträchtigungen des täglichen
Lebens durch Darmprobleme
Grad 1–2 oder Grad 3 mit weniger als
50 %iger Invasion aufgewiesen hatte. Je die
Hälfte der Patientinnen wurde randomisiert
mit 46 Gy einer externen Radiotherapie (in
23 Fraktionen) oder mit einer vaginalen
Brachytherapie (21 oder 30 Gy) behandelt.
Die Ergebnisse mit externer Radiotherapie sind vergleichbar denen in anderen
Studien einschließlich PORTEC-1, die Brachytherapie hingegen war sehr wirksam in
der Verhinderung vor allem von vaginalen
Rezidiven (0,9 % nach drei Jahren). Zwar
gab es nach Brachytherapie mehr Rezidive
im Becken, aber in der Regel in Kombination mit Fernmetastasen, die sich durch eine
externe Bestrahlung auch nicht hätten verhindern lassen. Beim krankheitsfreien und
beim Gesamtüberleben (89 bzw. 90 % nach
drei Jahren) unterschieden sich beide Methoden in keiner Weise, so Nout.
Die vaginale Brachytherapie ist damit
ein wirksames und sicheres Verfahren für
Patientinnen mit einem Endometriumkarzinom mit mäßigem bis hohem Risiko; insbesondere ist die therapiebedingte Toxizität,
vor allem eine Diarrhö, weniger ausgeprägt
(Abb. 1) und die Lebensqualität besser als
mit EBRT, sodass diese Therapie bei diesen
Patientinnen die adjuvante Behandlung der
Wahl sein sollte.
Josef Gulden, Grafrath
Literatur
1. Nout RA et al. J Clin Oncol 2008;
26(Suppl): Abstract LBA5503.
Quelle: ASCO Annual Meeting 2008 vom 30.
Mai bis 3. Juni 2008, Chicago
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55
44. ASCO-JAHRESTAGUNG
deutet sich ein Vorteil zugunsten der Antikörpergabe an, ist aber aufgrund der kurzen Nachbeobachtungszeit nicht signifikant, so Miles.
Bevacizumab war nur mit einer geringen
Erhöhung der Toxizität gegenüber der alleinigen Taxan-Therapie assoziiert; vor allem traten keine neuen, bislang nicht bekannten Toxizitäten auf. Insgesamt bestätigen diese Ergebnisse, so Miles, dass es sinnvoll ist, beim
HER2-negativen fortgeschrittenen Mammakarzinom ein Taxan mit dem Anti-VEGFAntikörper zu kombinieren, weil dadurch das
progressionsfreie Überleben und die Ansprechrate gegenüber der Placebogabe signifikant erhöht werden.
Josef Gulden, Grafrath
Mammakarzinom
Antiangiogenese mit allen Taxanen wirksam
Der monoklonale Antikörper Bevacizumab blockiert den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) und hemmt dadurch erfolgreich die Angiogenese bei einer Reihe von Tumorentitäten. Beim fortgeschrittenen Mammakarzinom hat Bevacizumab in der First-line-Therapie in der metastasierten Situation
in Kombination mit Paclitaxel die progressionsfreie Überlebenszeit signifikant
verlängert. Die Frage, ob das auch für das zweite beim Mammakarzinom
häufig eingesetzte Taxan Docetaxel gilt, wollte die AVADO-Studie klären, deren Ergebnisse Prof. David Miles, Middlesex/Großbritannien, vorstellte.
D
azu wurden in 24 Ländern insgesamt 736
Patientinnen mit lokal rezidiviertem
oder metastasiertem und HER2-negativem
Mammakarzinom in eine von drei Gruppen
randomisiert. Sie erhielten in allen Fällen
Docetaxel (100 mg/m2 alle drei Wochen) für
maximal neun Zyklen und dazu entweder
Placebo oder Bevacizumab (entweder 7,5
oder 15 mg/kg ebenfalls alle drei Wochen).
Beim Ansprechen waren beide Bevacizumab-Arme überlegen: Während unter
Placebo nur 44,4 % Remissionen beobachtet wurden, waren es unter der niedrigen
Dosis des Antikörpers 55,2 % (p = 0,0295),
unter der hohen Dosis 63,1 % (p < 0,0001,
Tab. 1). Nach einem medianen Follow-up
von 10,2 Monaten, so Miles, lagen die progressionsfreien Überlebenszeiten in den
drei Gruppen bei 8,0, 8,7 und 8,8 Monaten.
ObwohldieseUnterschiedenichtnachviel
aussehen, ergibt sich im Log-rank-Test eine
Hazard Ratio (HR) für progressionsfreies
Überleben gegenüber der Placebogruppe von
0,79 (p=0,0318) für die 7,5 mg/kg- und von
0,72 (p=0,0099) für die 15 mg/kg-Dosis Bevacizumab, d.h. das Risiko progredient zu sein
oder zu versterben war um 21 bzw. 28% reduziert. Wurden zusätzlich gegebene Therapien
vor Einsetzen der Progression berücksichtigt,
fielen die Risikoreduktionen mit 31 bzw. 39%
noch höher aus. Auch beim Gesamtüberleben
Literatur
1. Miles D et al. J Clin Oncol 2008;
26(Suppl): Abstract LBA 1011.
Quelle: ASCO Annual Meeting 2008, vom
30. Mai bis 3. Juni 2008, Chicago
Tab. 1 Ansprechraten in der AVADO-Studie
Docetaxel +
Placebo
Gesamtansprechrate
(p-Wert vs. Placebo) (%)
bestes Ansprechen (%)
komplette Remission
● partielle Remission
● Krankheitsstabilisierung
● Krankheitsprogression
●
(n = 207)
Docetaxel +
Bevacizumab
7,5 mg/kg
(n = 201)
Docetaxel +
Bevacizumab
15 mg/kg
(n = 206)
44,4
55,2 (0,0295)
63,1 (0,0001)
1
44
39
12
03
52
35
05
01
62
25
04
Radiologische Diagnostik und Interventionen bei Lebertumoren
Zur Behandlung maligner Lebertumoren
wurde in den letzten Jahren eine Reihe von
neuen chirurgischen und interventionellen
Techniken entwickelt, die nun bei vielen
Patienten erfolgreich eingesetzt werden
können. Ermöglicht werden diese Erfolge
auch durch eine verbesserte radiologische
Bildgebung der Leber, insbesondere in der
Magnetresonanztomografie. Neben technischen Verbesserungen sind hier die le-
56
berspezifischen Kontrastmittel zu nennen,
mit denen nicht nur immer kleinere Läsionen detektiert und sicher charakterisiert
werden können, sondern auch andere
wichtige Informationen für die Therapieplanung gewonnen werden.
Anlässlich eines Satelliten-Symposiums der Bayer Vital GmbH wurde beim
Deutschen Krebskongress 2008 über den
aktuellen Stand der Leberbildgebung und
minimalinvasive radiologische Interventionen für Patienten mit primären Lebertumoren und Metastasen informiert. Die beiden
Vorträge von Prof.ThomasVogl, Frankfurt/
Main, und Prof. Norbert Hosten, Greifswald, wurden aufgezeichnet und können
über das Service-Center Diagnostic Imaging der Bayer Vital GmbH kostenlos bestellt werden (Tel. 030/367–5812–0).
red.
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ASCO, MAI/JUNI 2008
KRAS als Prädiktor für Cetuximab-Benefit
Der gegen den EGFR (epidermal growth factor receptor) gerichtete monoklonale Antikörper Cetuximab wird bereits seit einigen Jahren erfolgreich beim
metastasierten kolorektalen Karzinom eingesetzt. Jetzt gibt es endlich einen
prädiktiven Marker für den Erfolg der EGFR-Antikörpertherapie. Neue
Analysen zeigen, dass nur Patienten mit Wildtyp-KRAS im Tumorgewebe
von Cetuximab profitieren.
D
ie auf der letztjährigen ASCO-Tagung
vorgestellte CRYSTAL-(Cetuximab
combined with iRinotecan in the first-line
therapY for metaSTatic colorectaL cancer-)Studie hatte gezeigt, dass Cetuximab
nicht nur bei vorbehandelten Patienten mit
metastasiertem Kolorektalkarzinom, sondern auch in der Erstlinientherapie erfolgreich eingesetzt werden kann: Durch die zusätzliche Gabe des EGFR-Blockers zum Irinotecan-Regime FOLFIRI wurde ein verbessertes Ansprechen und eine Reduktion
des Progressionsrisikos um 15 % im Vergleich zu FOLFIRI allein erreicht.
Retrospektiven Daten zufolge scheint
der KRAS-Status des Tumors für die Effektivität einer EGFR-blockierenden Therapie
ausschlaggebend zu sein. Deshalb wurde
von 540 der rund 1 200 CRYSTAL-Studienteilnehmer nachträglich archiviertes Tumorgewebe mittels PCR auf KRAS-Mutationen
untersucht. „Die 540 Patienten waren in demografischer Hinsicht repräsentativ für das
gesamte Studienkollektiv“, unterstrich Studienleiter Prof. Eric van Cutsem, Löwen/
Belgien (2). Bei gut einem Drittel der Patienten war ein mutiertes KRAS nachweisbar, bei knapp zwei Dritteln lag der unmutierte KRAS-Wildtyp vor.
Nur KRAS-Wildtyp profitiert
Die Korrelation der KRAS- mit den Effektivitätsdaten bestätigt frühere Analysen. Nur
Patienten mit Wildtyp-KRAS profitierten
von Cetuximab zusätzlich zur Chemotherapie. Sprachen im FOLFIRI-Arm lediglich
43 % der Patienten an, so stieg die Responserate bei Addition von Cetuximab signifikant
auf 59 % (p = 0,0025). „Das Risiko für einen
Progress wurde in dieser Gruppe mit 32 %
doppelt so stark gesenkt wie im Gesamtkollektiv“, berichtete van Cutsem (HR 0,68;
p = 0,017). Die 1-Jahres-Rate für das progressionsfreie Überleben stieg von 25 % bei
den nur mit FOLFIRI behandelten Patienten
auf 43 % bei zusätzlicher Antikörper-Gabe.
Patienten mit KRAS-Mutationen im Tumor profitierten dagegen nicht von der
EGFR-Blockade: Bei progressionsfreiem
Überleben (7,6 vs. 8,1 Monate) und Responserate (40 vs. 36 %) gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Cetuximab-haltiger Therapie und alleiniger Chemotherapie.
Konsistente Ergebnisse
aus zwei Studien
Dass der KRAS-Status nicht nur bei Zugabe
zu einer Irinotecan-haltigen Therapie, sondern auch bei Oxaliplatin-Kombinationen
als prädiktiver Faktor genutzt werden kann,
belegt eine neue Analyse der Phase-II-Studie OPUS (1). Die randomisierte Studie verglich bei 337 nicht vorbehandelten Patienten das FOLFOX4-Regime mit und ohne
Cetuximab. Im Gesamtkollektiv steigerte
der Antikörper die Effektivität der Chemotherapie kaum. DieAnsprechrate lag nur um
10 % höher als mit FOLFOX4 allein, das
progressionsfreie Überleben war mit 7,2
Monaten in beiden Armen identisch, berichtete Prof. Carsten Bokemeyer, Hamburg.
Auch in der OPUS-Studie wurde im
Nachhinein Tumormaterial von 237 für das
Gesamtkollektiv repräsentativen Patienten
auf den KRAS-Status hin analysiert. Muta-
tionen wurden in 42 % der Fälle nachgewiesen, ein unmutiertes KRAS besaßen 58 %
der Patienten.
In dieser Auswertung korrelierte der
KRAS-Status ebenfalls mit der Effektivität
des Antikörpers. Die Responserate bei Patienten mit KRAS-Wildtyp verbesserte sich
signifikant von nur 37 % im FOLFOX4-Arm auf 61 % bei zusätzlicher Antikörpergabe (p = 0,011; Abb. 1). Hier gab es
auch einen deutlichen Unterschied im progressionsfreien Überleben. Das Risiko für
einen Progress wurde durch Cetuximab um
43 % im Vergleich zum Kontrollarm gesenkt. Dagegen schnitten Patienten mit
KRAS-Mutationen bei alleiniger Chemotherapie besser ab. Im FOLFOX4-Arm
sprach die Hälfte der Patienten an, bei Addition von Cetuximab dagegen nur ein Drittel.
Das progressionsfreie Überleben war im
Kontrollarm sogar signifikant besser als im
Cetuximab-Arm (7,7 vs. 7,2 Monate;
p = 0,016).
Bedeutung
für den klinischen Alltag
„Mit dem KRAS-Status haben wir erstmals
beim Kolorektalkarzinom einen prädiktiven
Biomarker für die Selektion einer zielgerichteten Therapie in Kombination mit Standard-Chemotherapien“, so van Cutsems Fazit. Die Analyse auf KRAS-Mutationen
wird daher im klinischen Alltag zunehmend
70
60
Responserate (%)
Individualisierung der Therapie beim Kolorektalkarzinom
p = 0,011
OR = 2,544
61
50
40
37
30
20
10
0
FOLFOX
Cetuximab
+ FOLFOX
Abb. 1 OPUS-Studie: signifikante Steigerung der Ansprechrate durch Cetuximab bei Patienten mit KRAS-Wildtyp
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57
44. ASCO-JAHRESTAGUNG
an Bedeutung gewinnen und sollte laut Bokemeyer Bestandteil der Routinediagnostik
vor Beginn einer EGFR-blockierenden Therapie werden. Nur Patienten, bei denen
Wildtyp-KRAS im Tumor nachgewiesen
wird, sind Kandidaten für die Therapie mit
einem anti-EGFR-Antikörper. Bei den übrigen Patienten reicht die zytostatische Therapie.
Bereits jetzt haben die Ergebnisse Auswirkungen auf laufende Studien. So soll das
Protokoll von C80405, in der die Therapie
mit FOLFOX oder FOLFIRI plus Cetuximab, Bevacizumab oder beiden Antikörpern verglichen wird, modifiziert werden
und zukünftig eine KRAS-Testung vor-
sehen. Patienten mit nachgewiesenen
KRAS-Mutationen werden nicht mehr für
die Studie rekrutiert. Derzeit geprüft wird
das Protokoll der adjuvanten Studie NO147,
in der die Effektivität des FOLFOX-Regimes mit bzw. ohne Cetuximab evaluiert
wird, informierte Prof. Gail Eckhardt,
Denver/USA.
Dr. Katharina Arnheim, Berlin
Quelle: ASCO Annual Meeting 2008 vom 30.
Mai bis 3. Juni 2008, Chicago
Was wirkt gegen Fatigue?
Die meisten Tumorpatienten leiden unter einer behandlungsassoziierten
Fatigue. Der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Paroxetin
reduzierte zwar signifikant depressive Symptome, beeinflusste aber weder
Insomnien noch die Fatigue. Im Gegensatz dazu reduziert das Stimulans
Modafinil neben der Schläfrigkeit aller Schwerestadien signifikant auch die
Fatigue, insbesondere in schweren Fällen.
ei einer Befragung von fast tausend Patienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen sollten, stand unter den von den Patienten erwarteten Nebenwirkungen eine Fatigue mit 95% an der Spitze der Häufigkeit –
noch vor Übelkeit (82%), Schlafstörungen
(79%), Haarausfall und Gewichtsverlust (je
74%) und Depression (72%). Tatsächlich trat
eine Fatigue in einer großen Untersuchung bei
80% von 760 Patienten unter Chemo- und bei
89% von 1129 Patienten unter Radiotherapie
auf – mit einem Schweregrad von 4,7 bzw. 6,4
auf einer zehnstufigen Skala.
Eine Studie mit dem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
Paroxetin
führte zwar zu einer signifikanten Verbesse-
58
Das KRAS-Protein ist ein wichtiges
Steuermolekül in der Zelle, das externe,
über Rezeptoren angelieferte Signale an
weiter „downstream“ gelegene Effektorproteine weiterleitet. Dieser Prozess ist
an der Steuerung von Differenzierung,
Überleben und Zellproliferation beteiligt. Mutationen im KRAS-Gen sind relativ häufig und treten früh in der Adenom-Karzinom-Sequenz auf. Bei diesen
genetischen Veränderungen handelt es
sich um aktivierende Mutationen, sodass
das KRAS-Protein konstitutiv „angeschaltet“ ist – auch bei ausbleibender Ligandenbildung an den EGFR und vermutlich auch bei einer EGFR-Blockade
durch monoklonale Antikörper.
Literatur
1. Bokemeyer C et al. J Clin Oncol 2008;
26(Suppl): Abstract 4000.
2. Van Cutsem E et al. J Clin Oncol 2008;
26(Suppl): Abstract 2.
Lebensqualität
B
KRAS – ein
wichtiges Steuermolekül
rung depressiver Symptome. Insomnien
und Fatigue wurden jedoch nicht beeinflusst
(2). Für Modafinal konnte dagegen in mehreren kleineren offenen Phase-II-Studien eine Wirksamkeit gegenüber einer Fatigue gezeigt werden. Dr. Gary Morrow, Rochester/USA, und Mitarbeiter führten jetzt mit
642 Tumorpatienten, die sich einer Chemotherapie unterzogen, eine randomisierte,
placebokontrollierte Studie mit dem Stimulans Modafinil durch, ein Medikament, das
stimulierend wirkt, aber keine peripheren
Wirkungen und vor allem kein Potenzial für
Abhängigkeit und Missbrauch zeigt (1).
Die Patienten erhielten ab Tag 5 des
zweiten Zyklus täglich 200 mg Modafinil
(n = 322) oder Placebo (n = 320), wenn sie
auf einer zehnstufigen Fatigue-Skala einen
Wert von > 1 aufwiesen. Die Einnahme wurde nach Tag 7 des vierten Zyklus beendet.
Fatigue, Schläfrigkeit und Depression wurden mithilfe von validierten psychometrischen Messinstrumenten evaluiert. Während die Depression sind nicht veränderte,
nahm die Schläfrigkeit in allen Gruppen erwartungsgemäß signifikant ab (p = 0,002).
Bei Fatigue war der Effekt abhängig
vom Ausmaß der Störung während des
zweiten Chemotherapie-Zyklus. Bei leichter (0–4 Punkte auf der Fatigue-Skala) bis
mäßiggradiger Fatigue (5–6 Punkte) verschlechterte sich diese sowohl unter Modafinil als auch unter Placebo. In Fällen einer
schweren Fatigue hingegen (7–10 Punkte)
schnitt die Modafinil-Gruppe signifikant
besser ab (p = 0,017).
Josef Gulden, Grafrath
Literatur
1. Morrow G et al. J Clin Oncol 2008;
26(Suppl): Abstract 9512.
2. Palesh O et al. J Clin Oncol 2008;
26(Suppl): Abstract 9501.
Quelle: ASCO Annual Meeting 2008 vom 30.
Mai bis 3. Juni 2008, Chicago
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ASCO, MAI/JUNI 2008
EinwichtigesErgebnisistauchdieErkenntnis, dass der MGMT-Status für die Bestrahlung
ebenso wichtig ist wie für die Chemotherapie.
Das bedeutet, dass nicht nur die Chemotherapie,
sondern auch die Radiotherapie bei methylierten(MGMT-inaktiven)Tumorenwirksamerist.
Die Verträglichkeit wurde als sehr gut beurteilt. Hämatologische Toxizität trat unter Temozolomid mit 4% seltener auf als unter PCV
(17,5%). Unter der Strahlentherapie traten in
12% der Fälle Grad 3/4-Ereignisse auf. HäufigstenichthämatologischeNebenwirkungbeiPCV
warenProcarbazin-assoziierteAllergien(17%).
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Individuelle Behandlung anaplastischer Gliome erleichtert
Radio- und Chemotherapie
als gleichwertige Alternativen
Bei anaplastischen Gliomen des WHO-Grades III ist eine initiale Chemotherapie – PCV-Regime oder Temozolomid (Temodal®) im Hinblick auf die Zeit bis zur
Progression und dem progressionsfreien Überleben ebenso effektiv wie eine
Radiotherapie. Die Ergebnisse der auf dem ASCO 2008 vorgestellten NOA04-Studie erlauben es, die Therapie nach den individuellen Patientenwünschen
zu gestalten, so Prof. Michael Weller, Zürich, auf einer Pressekonferenz.
D
ie Therapie von Patienten mit Gliomen
des WHO-Grades III und IV sorgte auch
auf dem ASCO 2008 für Diskussionsstoff.
Richtungweisend könnte hier die Studie der
deutschen Neuro-Onkologischen Arbeitsgemeinschaft (NOA) unter der Leitung von
Prof.WolfgangWick, Heidelberg, sein (1). In
der NOA-04-Studie ging es um die Primärtherapie von anaplastischen Gliomen – Gliomen
des WHO-Grades III. Die Frage war, ob eine
Monotherapie mit Temozolomid oder ein
PCV-Regime (Procarbazin/CCNU/Vincristin)
die gleichen Langzeitergebnisse erzielt wie der
jetzige Therapiestandard – die postoperative
Radiotherapie.
Von den 319 Patienten (median 45 Jahre)
mitWHO-GradIIIoligoastrozytärenTumoren–
52,6% anaplastische Astrozytome, 33,2% anaplastische Oligoastrozytome, 14,2% anaplastische Oligodendrogliome – wurden zunächst
161 Patienten bestrahlt. Im anderen Therapiearm erhielten die Patienten Temozolomid
(n=80) oder PCV (n=78) (Abb. 1). Patienten
mit einer Progression erhielten dieTherapie der
jeweils anderen Gruppe. Eine der Stärken der
Studie ist die zentrale Referenzpathologie vor
Studieneinschluss. Wick: „Wir haben wirklich
anaplastische Gliome behandelt und nicht wie
andere Studien Glioblastome.“ Das ermöglicht
eine genauere Aussage zur Prognose je nach
Tumorhistologie und molekularen Markern.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine initiale
Chemotherapie mit PCV oder Temozolomid
genauso effektiv ist wie eine initiale Radiotherapie (Tab. 1). Wie bei der Zeit bis zum Therapieversagen (ZTV) bestand auch beim progressionsfreienÜberlebenkeinUnterschiedzwischen
beiden Therapiearmen. Auch innerhalb des
Therapiearmes mit initialer Chemotherapie
scheint es keinen Unterschied beim progressionsfreien Überleben zwischen PCV –
31,8 Monate (19,6–52,1) und Temozolomid –
31,2 Monate (19,0–37,3) zu geben. Wick plädierte für eine konservative Interpretation der
Studiendaten. Für ihn ist es vor allem wichtig,
dass er seinen Patienten Radio- und Chemotherapie als gleichwertige Alternativen anbieten kann. Wick: „Ich finde es positiv, dass wir
jetzt Fragen der individuellen Lebensgestaltung in den Vordergrund stellen können.“
Literatur
1. Wick W et al. ASCO 2008, Abstract
LBA2007.
Quelle: Post ASCO Presseworkshop „ASCO
Highlights 2008 – neue Erkenntnisse zur
Behandlung von primären Hirntumoren und
Hirnmetastasen” am 23. Juli 2008, München;
Veranstalter: Essex Pharma, München
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Essex Pharma, München.
Arm A
Radiotherapie
A1
Abb. 1
NOA-04-Studiendesign
PD
Arm B1/2
primäre Chemotherapie
B1
B2
PCV
Temozolomid
PD
PD
Radiotherapie
Radiotherapie
A2
PCV
Temozolomid
PD
PD
PD
PD
PCV
Temozolomid
PCV
Temozolomid
primärer Endpunkt: Zeit bis zum Therapieversagen (ZTV)
Tab. 1 Progressionsfreies und Gesamtüberleben (PFÜ=progressionsfreies Überleben,
GÜ 48=Anteil überlebender Patienten bei 48 Monaten, CI=Konfidenzintervall)
RT
PCV/TMZ
30,6 (16,3–42,8)
31,9 (21,1–37,3)
Astrozytome
10,8 (8,9–28,3)
18,2 (12,1–24,2)
Oligodendrogliome
52,1 (36,5–NR)
52,7 (33,9–NR)
Oligoastrozytome
52,1 (36,4–NR)
52,7 (33,9–NR)
medianes GÜ, Monate
60+
60+
GÜ 48 (95 % CI), %
72,6 (63,8–81,4)
64,6 (54,6–74,7)
medianes PFÜ (95 % CI), Monate
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59
13. EHA-JAHRESTAGUNG
13. Jahrestagung der European Hematology Association (EHA)
Neues aus der CML-Pipeline
Kurz nach dem ASCO-Kongress ist in Europa jedes Jahr die Hämatologie
dran: Die Jahrestagung der European Hematology Association (EHA), dieses
Mal in Kopenhagen, wartet mit zahlreichen hochrangigen Forschungsergebnissen auf, die häufig noch nie zuvor gezeigt wurden. Auf den folgenden Seiten stellen wir eine kleine Auswahl davon vor.
F
ür die chronische myeloische (CML) sowie die akute lymphatische Leukämie
(ALL) mit Philadelphia-Chromosom (Ph+)
ist der Bcr/Abl-Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib die Therapie der ersten Wahl. Spricht
die Krankheit darauf nicht mehr an oder verträgt der Patient Imatinib nicht, so gibt es
mittlerweile als Alternative zwei Tyrosinkinaseinhibitoren der zweiten Generation,
Dasatinib und Nilotinib, die bei vielen Patienten wieder ein hämatologisches und
häufig sogar ein zytogenetisches Ansprechen bewirken. Als dritte Substanz dieser
zweiten Generation befindet sich zurzeit
Bosutinib, ein Abl/Src-Kinaseinhibitor, in
der klinischen Erprobung.
In einer internationalen Phase-I/II-Studie, deren Ergebnisse Prof. Carlo Gamba-
corti-Passerini, Monza/Italien, vorstellte,
wurden insgesamt 355 Patienten mit
400–600 mg/d Bosutinib behandelt. Die
meisten von ihnen befanden sich in der
chronischen Phase einer CML. 27 % der Patienten hatten Imatinib nicht vertragen,
58 % waren resistent dagegen geworden, etwa jeder Dritte hatte auch schon Dasatinib
und/oder Nilotinib eingenommen.
Alternative gegen
Imatinib-Resistenzen
80% der gegen Imatinib resistenten Patienten
in der chronischen Phase der CML gingen unter Bosutinib mindestens in eine komplette hämatologische Remission, im Allgemeinen innerhalb der ersten drei Monate derTherapie, so
Für Patienten, die keine Hochdosistherapie erhalten können
Neue Option in der Primärtherapie
des multiplen Myeloms
Für Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom, für die aus Altersoder sonstigen Gründen eine Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation nicht infrage kommt, galten Melphalan plus Prednison (MP) als
Behandlungsstandard. Aufgrund positiver Phase-II-Daten wurde in der
weltweiten VISTA-Studie (Velcade as Initial Standard Therapy in multiple
myeloma: Assessment with melphalan and prednison) die Zugabe des
Proteasominhibitors Bortezomib zu MP getestet.
A
lles in allem 682 Patienten, so Prof. Jesus
San Miguel, Salamanca/Spanien, erhielten neun sechswöchige Zyklen mit Melphalan
(9 mg/m2) und Prednison (60 mg/m2) jeweils
an denTagen 1–4 und die Hälfte von ihnen ran-
60
domisiert zusätzlich Bortezomib. Der Proteasom-Inhibitor wurde mit der Standarddosis
1,3 mg/m2 während der ersten vier Zyklen an
den Tagen 1, 4, 8, 11, 22, 25, 29 und 32, während der restlichen Zyklen an den Tagen 1, 8,
Gambacort-Passerini. Die Hälfte davon hatte
eine gute, ungefähr einViertel sogar eine komplette zytogenetische Remission, d.h. es war
bei letzteren keine Zelle mit PhiladelphiaChromosom mehr nachzuweisen. Bei immerhin 18% der Patienten war Bcr/Abl nicht einmal mehr mit der Polymerase-Kettenreaktion
nachweisbar, sie waren in eine komplette molekulare Remission gegangen.
Von den 19 Bcr/Abl-Mutationen, die bei
37 Patienten in der chronischen und den 13,
die bei jenen in fortgeschrittenen Phasen gefunden wurden, sprachen alle bis auf die für
ihre Multiresistenz bekannte Mutation
T315I auf Bosutinib an. Angesichts der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit – Nebenwirkungen waren vor allem im Gastrointestinaltrakt und auf der Haut zu sehen – hat
Bosutinib derzeit gute Aussichten, in absehbarer Zukunft das Arsenal an Medikamenten
gegen CML und Ph+ ALL zu bereichern.
Josef Gulden, Grafrath
Quelle: Gambacorti-Passerini C et al. Vortrag
„Bosutinib (SKI-606) shows high tolerability
and clinical activity in patients with Philadelphia chromosome positive leukemias“ Abstract 403 im Rahmen des 13th Congress of the
European Hematology Association, 12.–15.
Juni 2008, Kopenhagen
22und29gegeben.PrimärerEndpunktwardie
Zeit bis zur Progression, und hier war die Dreierkombination schon bei einer vorab geplanten Interimsanalyse so überlegen, dass das unabhängige Kontrollkommittee die Beendigung der Studie empfahl: In derVMP-Gruppe
dauerte es median 24 Monate bis zu einer Progression der Erkrankung, in der MP-Gruppe
nur 16,6 Monate (HR: 0,483). Das Progressionsrisiko war also um mehr als die Hälfte reduziert (p<0,001). Diese Überlegenheit zog sich
durch alle Subgruppen, wie sie durch Alter,
Geschlecht, Ethnizität, Region, β2-Mikroglobulin-Titer, Nierenfunktion oder ISS-Stadium
definiert werden können.
BeimGesamtüberlebenwarnochinkeiner
Gruppe der Medianwert erreicht, im Logrank-Test ergab sich jedoch auch hier eine Risikoreduktion um etwa 36% (HR: 0,644,
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Abb.1
Gesamtüberleben
unter Bortezomib/
Melphalan/Prednison (VMP) versus
Melphalan/Prednison (MP) in der
VISTA-Studie (nach
San Miguel et al.
EHA 2008)
Anteil überlebender Patienten (%)
EHA, JUNI 2008
100
80
60
40
20
0
VMP
MP
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40
Monate
p=0,0032). Nach drei Jahren lebten in der
VMP-Gruppe noch 72%, in der Kontrollgruppe nur noch 59% (Abb. 1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass 45% der Patienten der Kontrollgruppe Bortezomib erhielten, sobald eine
Progression eintrat.
Die Effektivität einer Myelom-Therapie
lässt sich auch anhand der Qualität desAnspre-
chens beurteilen, weil ein gutes Ansprechen
mit einem verlängerten Überleben korreliert.
Ein objektives Ansprechen, also eine mindestens 50%ige Reduktion des M-Proteins, wurdebei82%derPatienteninderVMP-,abernur
bei 50% derer in der Kontrollgruppe beobachtet. 35 bzw. 5% dieser Remissionen waren
komplett mit negativer Immunfixation unab-
Akute Promyelozyten-Leukämie
Verbessertes Monitoring erleichtert frühe
Rezidivtherapie
Die akute Promyelozyten-Leukämie ist ein Sonderfall der akuten myeloischen
Leukämie: Sie ist in über 80 % der Fälle heilbar, seit sich in der Primärtherapie All-trans-Retinsäure (ATRA) in Kombination mit einer Anthrazyklin-basierten Chemotherapie etabliert hat. Rezidive sind auch ebenfalls gut behandelbar. Hier ist Arsentrioxid außerordentlich wirksam, das bei 80 % der Patienten
mit hämatologischem Rezidiv eine erneute Remission induzieren kann. Eine
Frage ist derzeit, wann man die Rezidivbehandlung beginnen sollte. Entscheidend könnte die möglichst frühe Diagnose einer minimalen Resterkrankung mit hochempfindlichen molekulargenetischen Methoden sein.
E
ine minimale Resterkrankung (MRD)
ebenso wie die Wirksamkeit der Therapie der APL wird heute durch den Nachweis
des pathogenen PML/RARα-Fusionsgens
mittels reverser Transkriptase-PolymeraseKettenreaktion (RT-PCR) beurteilt: Das
Verschwinden des Fusionsgens, d. h. das Erreichen einer kompletten molekularen Remission, korreliert mit einem verbesserten
Überleben. Dagegen entwickeln PCR-negative Patienten mit erneut positivem Nachweis fast immer ein klinisches Rezidiv.
Von besonderer Bedeutung ist daher die
Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für die
Einleitung einer Salvage-Therapie. In einer
retrospektiven Analyse zweier spanischer
Studien, so Prof. David Grimwade, London,
waren nach fünf Jahren noch 64% der Patienten am Leben, die im molekularen Rezidiv erneut behandelt worden waren, aber nur noch
24% derer, bei denen man mit der SalvageTherapie erst im hämatologischen Rezidiv
begonnen hatte. Britische und italienische
Daten weisen in eine ähnliche Richtung. Ne-
hängig von Alter, Zytogenetik oder Nierenfunktion.
DieVerträglichkeitderDreierkombination
wurde als insgesamt gut eingestuft. Schwere
Nebenwirkungen traten unter der Dreifachkombination mit 46% etwas häufiger auf als
unter dem MP-Regime (36%). Therapie-assoziierte Grad-4-Nebenwirkungen (VMP: 28%;
MP: 27%) und Todesfälle (VMP: 1%; MP:
2 %) traten in beiden Gruppen gleich häufig
auf.
Josef Gulden, Grafrath
Quelle: San Miguel J et al. Vortrag „Superior
efficacy with bortezomib plus melphalanprednisone (VMP) versus melphalan-prednisone (MP) alone in previously untreated multiple
myeloma (MM): Results of the phase III
MMY-3002 VISTA study“ Abstract Nr. 473 im
Rahmen des 13th Congress of the European
Hematology Association, 12.–15. Juni 2008,
Kopenhagen
ben einem Überlebensvorteil – offenbar vor
allem durchVerhinderung von schweren Blutungen und der damit assoziierten Mortalität
– sind weitereVorteile der frühenTherapie eine bessere Verträglichkeit der Behandlung,
weil die Patienten noch in besserem Allgemeinzustand sind und der Wegfall einer
stationären Aufnahme.
Die Methode der Wahl bei der Bestimmung der MRD sollte heute aber die quantitative Real-time-PCR (RQ-PCR) sein: Sie
ist sensitiver als die RT-PCR und kann bei
regelmäßiger Untersuchung ein molekulares Rezidiv zu einem noch früheren Zeitpunkt erkennen. Die Untersuchung von
Knochenmark bei solchen seriellen Testungen durch die von peripherem Blut zu ersetzen empfiehlt Grimwade jedoch nicht: Beide Methoden sind zwar gleich empfindlich,
aber aus dem Knochenmark lässt sich ein
molekulares Rezidiv im Mittel etwa einen
Monat früher diagnostizieren.
Josef Gulden, Grafrath
Quelle: Grimwade D. Vortrag „Molecular monitoring of acute promyelocytic leukemia“
Abstract Nr. 944 im Rahmen des 13th Congress of the European Hematology Association, 12.–15. Juni 2008, Kopenhagen
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61
13. EHA-JAHRESTAGUNG
Angriff auf die leukämische Stammzelle
Interferon hat bei der CML noch nicht
ausgedient
Die Hypothese der Krebsstammzellen besagt, dass es bei den meisten Tumoren einen Pool von Zellen gibt, die sich wie multipotente Stammzellen verhalten: Sie weisen zwar das maligne Potenzial auf, verweilen normalerweise
aber in einem Ruhezustand, in dem sie unempfindlich gegen Medikamente
und meist auch gegen Bestrahlung sind. Solange eine Therapie Tumorstammzellen nicht erfasst, können diese immer wieder neue Krebszellen produzieren, die mit jedem solchen Zyklus unempfindlicher gegen alle Arten von
Therapien werden.
Z
ur Frage, wie man an dieTumorstammzellen herankommt, gab es in Kopenhagen
im Kontext der chronischen myeloischen Leukämie (CML) interessante Daten: Mit dem
Standard Imatinib lässt sich die überwiegende
Mehrzahl der Patienten in eine dauerhafte –
nicht selten sogar molekulare – Remission
bringen. Setzt man Imatinib ab, so kommt es
aber regelmäßig zu einem Rezidiv, so Prof.
Andreas Hochhaus, Heidelberg, weil gegen
Imatinib resistente, Bcr/Abl-positive Vorläuferzellen das Knochenmark wieder mit Blasten auffüllen. Deshalb wird derzeit empfohlen, auch bei Patienten in kompletter molekularer Remission die Therapie mit Imatinib auf
unbegrenzte Zeit fortzuführen, obwohl die
langfristige Verträglichkeit der Tyrosinkinasehemmung nicht bekannt ist. Alternative Strategien, so Hochhaus, mit denen man diese
Dauerbehandlung umgehen könnte, wären
von großem klinischem Nutzen.
Als Beispiel dafür stellte er eine kleine
Untersuchung mit 20 Patienten vor (Abstract
0927), die im Median für etwa zweieinhalb
Jahre Imatinib in Kombination mit niedrig dosiertem Interferon-α erhalten hatten. Imatinib
war dann aus verschiedenen Gründen abgesetzt, die Interferon-Behandlung hingegen
fortgeführt worden. Zum Zeitpunkt des Absetzens des Tyrosinkinaseinhibitors befanden
sich 19 der Patienten in kompletter zytogenetischer Remission, einer hatte zytogenetisch
überhaupt nicht angesprochen, bei drei von 16
untersuchten Patienten konnte Bcr/Abl mittels PCR gar nicht mehr nachgewiesen werden.
62
Nach median 22 Monaten Beobachtungszeit waren 15 der 20 Patienten in guter
molekularer Remission, das Verhältnis von
Bcr/Abl zu normalem Abl im peripheren
Blut lag unter 0,1 %. Bei drei Patienten war
das Fusionsgen gar nicht mehr nachweisbar,
hingegen war bei fünf ein molekulares Rezidiv, d. h. ein Anstieg des Verhältnisses von
Bcr/Abl zu Abl auf über 0,1 % festzustellen.
Insgesamt fand sich also bei drei Vierteln
der 20 Patienten eine prolongierte oder sogar verbesserte molekulare Remission,
wenn nach einer Induktion mit Imatinib plus
Interferon eine Erhaltungstherapie mit dem
Zytokin angeschlossen wurde. Begleitende
Laboruntersuchungen deuten darauf hin,
dass T-Lymphozyten, die spezifisch für
Myeloblastin (Proteinase 3) sind, unter dem
Einfluss von Interferon eine antileukämische Autoimmunreaktion vermitteln.
Es gibt Hinweise aus anderen Studien,
dass gleichzeitig gegebenes Imatinib die
durch das Interferon hervorgerufene antileukämische Immunreaktion bremst. Dass
die zeitliche Abfolge der Gabe beider Medikamente eine wichtige Rolle spielen könnte,
legen präklinische Befunde der Arbeitsgruppe von Prof. Andreas Trumpp aus
Lausanne/Schweiz nahe, die Dr. Marieke
Essers beim Presidential Symposium in
Kopenhagen präsentierte (Abstract 0475):
Die meisten onkologischen Patienten, die
langfristig hochdosiertes Interferon-α erhalten, werden resistent dagegen, aber einzelne scheinen eine Heilung zu erreichen.
Die Mechanismen dafür sind unklar. In ih-
rem Mäusemodell fand Essers, dass normale hämatopoetische Stammzellen durch eine
Interferon-Behandlung aus der G0-Phase
austreten: Nach 16 Stunden fand sich nur
noch etwa ein Viertel der ursprünglichen
Zellzahl in diesem Ruhezustand, die übrigen hatten zu proliferieren begonnen. Dieser Effekt wird teils durch den Rezeptor für
Interferon-α auf den Stammzellen selbst,
teils durch andere Effekte vermittelt.
Die mögliche Nutzanwendung dieses
Zusammenhangs zeigte ein weiteres Experiment: Gesunde Mäuse überleben die einmal wöchentliche Behandlung mit 5-FU,
weil zwar die ausdifferenzierten Blutzellen
abgetötet, aber aus dem Stammzell-Pool
immer wieder ersetzt werden. Ein „Priming“ mit Interferon-α vor der 5-FU-Behandlung jedoch führt zur vollständigen
Eliminierung der hämatopoetischen
Stammzellen und letztlich zum Exitus. Tiere, bei denen der Interferon-Rezeptor gentechnisch ausgeschaltet worden war, überleben die Behandlung hingegen allesamt.
Spannend wäre es nun, so Essers, wenn Interferon auch ruhende leukämische Stammzellen von CML-Patienten aktivieren und sie
so gegenüber der Imatinib-Behandlung sensibilisieren könnten. Dass dem so sein könnte,
lässt eine französische Studie vermuten, in der
bei zwölf Patienten, die unter Imatinib mindestens zwei Jahre lang in kompletter molekularer Remission waren, das Medikament abgesetzt worden war. Während die Hälfte von ihnen nach maximal fünf Monaten ein Rezidiv
entwickelte, sind bei den übrigen sechs zwischen neun und 24 Monate nach Ende derTherapie immer noch keine leukämischen Zellen
nachweisbar. Alle sechs hatten vor der Imatinib-Therapie Interferon-α erhalten.
Josef Gulden, Grafrath
Quelle: Hochhaus A et al. Vortrag „Imatinib
discontinuation after imatinib/interferon alpha
combination therapy is associated with continuous responses in the majority of patients“
Abstract 927 und Essers MAG et al. Vortrag
„IFN-a promotes proliferation of dormant
HSCs in vivo, making them susceptible to elimination by chemotherapy“ Abstract 475 im
Rahmen des 13th Congress of the European
Hematology Association, 12.–15. Juni 2008,
Kopenhagen
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EHA, JUNI 2008
Haploidentische Stammzelltransplantationen
Herpes-simplex-Gen schaltet Lymphozyten
bei Bedarf ab
Die allogene Stammzelltransplantation ist aus der Hämatologie nicht mehr
wegzudenken, aber für den Empfänger bedeutet sie nach wie vor ein großes
Risiko – sofern sich überhaupt ein passender Spender findet. Nach Zahlen
der European Group for Bone and Marrow Transplantation (EBMT) ist dies
pro Jahr in Europa bei mehr als 10 000 Patienten nicht der Fall. Deshalb versucht eine italienische Arbeitsgruppe, die Verträglichkeit von Stammzelltransplantationen haploidentischer Spender zu verbessern. Dies hätte den Vorteil,
dass praktisch jeder Familienangehörige als Spender infrage kommt.
N
ur in 50 % stimmen im Regelfall die
Gewebsantigene mit dem Empfänger
überein, was bislang in ein Dilemma führte:
Um das Risiko für Graft-versus-Host-Reaktionen (GvHD) zu minimieren, müssen die
T-Lymphozyten aus der Spende entfernt
werden. Sie sind andererseits für den Graftversus-Leukämie-Effekt sowie für die rasche Rekonstitution der Immunabwehr
beim Empfänger notwendig; die Bekämpfung der Leukämie ist also suboptimal und
da die Immunrekonstitution sich stark verzögert, treten sehr häufig infektiöse Komplikationen mit hoher Mortalität auf. Versucht man dem gegenzusteuern, indem man
die Lymphozyten des Donors mit Verzögerung infundiert (DLI: Donor-LymphozytenInfusion), erhöht man wiederum das Risiko
für eine GvHD.
Dem versuchten nun Dr. Maria Teresa
Lupo Stanghellini, Mailand/Italien, und
Kollegen in verschiedenen italienischen
Zentren dadurch vorzubeugen, dass sie diese Donor-Lymphozyten mit dem Gen für die
Thymidinkinase des Herpes-simplex-Virus
(HSV-TK) transfizierten (Abb. 1). Dieses
Suizid-Gen kann bei Bedarf, d. h. wenn sich
eine GvHD andeutet, mithilfe des Virustatikums Ganciclovir an- und die Lymphozyten
damit ausgeschaltet werden.
Transplantationsbedingte
Mortalität gesenkt
Von 51 Patienten mit hämatologischen
Hochrisiko-Erkrankungen, die im Rahmen
einer Phase-I/II-Studie behandelt wurden,
waren 29 in kompletter Remission. Haploidentische Stammzellen wurden 48 von
ihnen infundiert und innerhalb von median
zwei Wochen zeigten sie ein Engraftment,
aber keine Immunrekonstitution. Diese
stellte sich erst median 23 Tage nach zusätzlicher Infusion von Donor-Lymphozy-
ten mit Thymidinkinase bei 22 von 27 Patienten ein. Bei elf von ihnen entwickelte
sich zwar eine GvHD unterschiedlichen
Schweregrads, die aber durch Ganciclovir
in jedem Fall vollständig kontrolliert werden konnte.
Die transplantationsbedingte Mortalität
nach einem Jahr ließ sich so auf 26 % begrenzen, während sie in nicht mit den präparierten Lymphozyten behandelten Kontrollpatienten bei 69 % lag, so Lupo Stanghellini. Das leukämiefreie Überleben nach drei
Jahren hing von der Behandlung mit den
veränderten Lymphozyten ab (45 vs. 9 %),
aber auch vom Remissionsstatus bei Transplantation: 43 % der Patienten, die in kompletter Remission gewesen waren, waren
nach drei Jahren noch leukämiefrei, hingegen nur 5 % derer, die im Rezidiv behandelt worden waren.
Die Immunrekonstitution korrelierte
mit der raschen Entwicklung eines umfangreichen T-Zell-Repertoires, einer hohen
Häufigkeit von T-Zellen gegen opportunistische Pathogene und einem starken Rückgang infektiöser Komplikationen und
schwerer Nebenwirkungen. Diese Methode
gestattet ein leukämiefreies Überleben, das
vergleichbar ist mit dem nach Transplantation von HLA-identischen nicht verwandten
Spendern oder von Nabelschnurblut. Sie
könnte der haploidentischen Transplantation eine sehr viel weitere Verbreitung und
vielen Patienten damit erstmals eine Chance
auf Heilung verschaffen.
Zunächst muss diese Strategie aber multizentrisch und randomisiert in einer kontrollierten Phase-III-Studie gegen herkömmliche Verfahren getestet werden. Eine
solche Studie beginnt derzeit auf europäischer Ebene.
Josef Gulden, Grafrath
T-Zell-Isolierung
Donor
Abb. 1
Klinische Anwendung der Transfektion von SpenderLymphozyten mit
HSV-TK
Patient
Infusion
HSV-TK
Selektion
Transfektion
GMP Lab
Quelle: Lupo Stanghellini MT et al. Vortrag
„Haplo-SCT with TK+ lymphocytes produce
leukemia free survival comparable to unrelated bone marrow and cord blood transplantation in high risk acure leukemia: ´TK007´
phase II study final analysis“ Abstract 885 im
Rahmen des 13th Congress of the European
Hematology Association, 12.–15. Juni 2008,
Kopenhagen
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63
KONGRESS INTERNATIONAL
Thalidomid und Azacitidin
Neue Therapiekonzepte bei multiplem
Myelom und MDS
Drei Studien haben unabhängig voneinander den Nutzen von Thalidomid
zusätzlich zur Therapie mit Melphalan/Prednison (MP) beim multiplen Myelom (MM) nachgewiesen. Mit der Zulassung der Substanz steht damit eine
neue Referenztherapie für ältere Patienten sowie bei Kontraindikationen für
eine Hochdosis-Chemotherapie zur Verfügung. Bei myelodysplastischen Syndromen (MDS) führt Azacitidin zu einer Verdopplung der Überlebensrate.
B
ei älteren MM-Patienten, bei Komorbidtät
oder schlechtem Allgemeinzustand ist eine
intensivierte Chemotherapie mit autologer
Stammzelltransplantation kontraindiziert. Der
alte Standard in der Erstlinienentherapie – MPRegime oder Bendamustin/Prednison – ist jetzt
laut Prof.Wolfgang Knauf, Frankfurt, überholt.
Drei Studien zeigen eine deutliche Prognoseverbesserung durch die Hinzunahme von Thalidomid zum MP-Regime. In der GIMEMAStudie erhielten 255 MM-Patienten (Ø 72 Jahre) sechs Zyklen MP oder MP plus Thalidomid-Erhaltungstherapie (MP-T) (4). Das ereignisfreie Überleben wurde im MP-T-Arm vs.
MP um 49% verbessert, das Mortalitätsrisiko
nach über neunmonatigem Follow-up um 69%
gesenkt.
BestätigtwerdendieDatendurchdieStudie
IFM 99–06 (1). Beim primären Endpunkt „Ge-
Therapie
O/N*
MP
MP-T
Mel 100
128/196
62/125
78/126
samtüberleben“ war dieTherapie mit zwölf ZyklenMP-Tnachmedian32Monatensignifikant
besser als zwölf Zyklen MP oder eine dosisintensivierteTherapiemitdemMel100-Schema
(MP-T: 53,6 Monate; MP: 32,2 Monate;
Mel100: 38,6 Monate). Dies galt auch bei einer
Nachbeobachtung über 54 Monate (Abb. 1).
Das progressionsfreie Überleben war unter
MP-T mit 27,5 Monaten signifikant länger als
im MP-Arm (17,8 Monate) und bei intensiviert
behandelten Patienten (19,4 Monate) (MP-T vs.
MP: p=0,0006; MP-T vs. Mel100: p=0,02).
Dokumentiert wird der Nutzen derThalidomid-basierten Erstlinientherapie bei älteren Patienten auch in der Studie IFM 01–01 (3). 200
Patienten > 75 Jahre erhielten MP (zwölf Zyklen) sowie randomisiert Placebo oder Thalidomid. Thalidomid verlängerte im Vergleich zum
Kontrollarm das Gesamtüberleben signifikant
medianes Gesamtüberleben
(Monate)
33,2
51,6
38,3
O/N*: Anzahl der Progressionen oder Todesfälle/Patientenzahl bei Randomisierung
Anteil überlebender Patienten (%)
100
80
60
40
0
64
MP-T vs. MP, p = 0,0006
MP-T vs. Mel 100, p = 0,02
20
0
12
24
36
48
60
Zeit nach Randomisierung (Monate)
72
84
Abb. 1
Signifikante Verlängerung von
Gesamtüberleben
mit dem Thalidomid-haltigen
MP-T-Regime im
Vergleich zu MP
und einer Hochdosistherapie (Studie IFM 99–06; 1)
um17Monate(28vs.45Monate).FürKnaufist
daher das MP-T-Regime die neue Referenz für
betagte und/oder komorbide Patienten, mit
Kontraindikation für eine Hochdosistherapie
mit Stammzelltransplantation.
Die EMEA hat Thalidomid (Thalidomide
PharmionTM)imApril2008inKombinationmit
dem MP-Regime beim MM zugelassen. Bestandteil der Zulassung ist ein Sicherheitsprogramm,dasinKürzedurcheinvereinfachtesRisiko-Minimierungsprogramm – ähnlich wie bei
Lenalidomid – ersetzt wird.
Für MDS-Patienten mit ungünstigem Risikoprofil ist Azacitidin (Vidaza®) eine neue lebensverlängernde Therapieoption. Azacitidin
inhibiert DNA-Methyltransferasen und verhindert damit beispielsweise ein nicht erwünschtes
Abschalten von Tumorsuppressor-Genen, so
Prof. Norbert Gattermann, Düsseldorf.
In der doppelblinden Phase-III-Studie
AZA-001 erhielten 358 MDS-Hochrisikopatienten eine konventionelleTherapie („best supportive care“), niedrig dosiertes Cytarabin, eine
Chemotherapie – oder Azaciditin (75 mg/m²/d
über sieben Tage alle vier Wochen). Azacitidin
senkte das Mortalitätsrisiko signifikant um
42%. Die mediane Überlebenszeit betrug 24,4
vs. 15 Monate im Kontrollarm. Das 2-JahresÜberleben war mit 51% fast doppelt so hoch
wie im Kontrollarm (26%). Auch wurde die
Progression zu einer AML oder zum Tod signifikant stärker verhindert. Azacitidin wurde gut
vertragen, obwohl die Patienten bereits median
69Jahren alt waren. Daher sieht Gattermann die
Substanz bei MDS-Patienten mit ungünstigem
Risiko als künftigen neuen Therapiestandard.
Dr. Katharina Arnheim, Berlin
Literatur
1. Facon et al. Lancet 2007; 370: 1209–1218.
2. Fenaux et al. ASH Annual Meeting 2007;
Abstr 817.
3. Hulin et al. ASH Annual Meeting 2007: Abstr
75
4. Palumbo et al. Lancet 2006; 367: 825–831.
Quelle: Symposium „Innovative Behandlungsansätze bei multiplem Myelom (MM) und myelodysplastischen Syndromen (MDS)“ anlässlich des
28. Deutschen Krebskongresses am 23. Februar
2008, Berlin; Veranstalter: Pharmion Germany
GmbH, Hamburg
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Pharmion Germany GmbH, Hamburg.
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KONGRESS INTERNATIONAL
Temsirolimus bei Nierenzellkarzinom und Mantelzell-Lymphom
Studien belegen Effektivität und Sicherheit
der mTOR-Inhibition
Der mTOR-Inhibitor Temsirolimus (Torisel®) verlängert das progressionsfreie
Überleben von Patienten mit therapierefraktärem Mantelzell-Lymphom, wie
eine kürzlich auf der ASCO-Jahrestagung 2008 vorgestellte Studie nachweist. Außerdem wurden neue Ergebnisse zu Temsirolimus bei metastasiertem Nierenzellkarzinom vorgelegt, wonach Patienten unabhängig von ihrem
Nephrektomiestatus von dieser Behandlung profitieren.
P
riv.-Doz. Dr. Georg Heß, Mainz, stellte
eine Phase-III-Studie vor, in die 162 Patienten mit rezidiviertem oder therapierefraktärem Mantelzell-Lymphom eingeschlossen wurden (1). Die auf drei Therapiearme randomisierten Patienten erhielten
Temsirolimus in zwei Dosierungen (initial
175 mg/1 x wöchentlich für drei Wochen,
gefolgt von 75 mg bzw. 25 mg/1 x wöchentlich) oder ein Monotherapeutikum nach
Wahl des Arztes. Die Patienten hatten bis zu
sieben Vortherapien erhalten und waren zu
32 % stammzelltransplantiert.
Das progressionsfreie Überleben (primärer Endpunkt) betrug bei den mitTemsirolimus
175/75mg behandelten Patienten median 4,8
Monate und war signifikant (p=0,0009) länger als in der Gruppe mit frei gewählter Therapie („investigators choice“) (Abb. 1). Mit einer
Ansprechrate von 22% war Temsirolimus
175/75 beiden Vergleichstherapien deutlich
überlegen und führte außerdem zu einem tendenziell längeren Gesamtüberleben. Innerhalb
der Temsirolimus-Gruppen gab es einen deutlichen Vorteil zugunsten der höher dosierten
Dauertherapie. Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Grade 3/4 von Temsirolimus im
Vergleich zum Kontrollarm gehörten Thrombozytopenien (63 vs. 40%), Asthenien (13 vs.
8%) sowie Infektionen (9 vs. 4%); diese waren
aber gut beherrschbar.
Die Zulassungserweiterung zur Therapie von Patienten mit rezidiviertem, refraktärem Mantelzell-Lymphom wurde bei der
EMEA beantragt. Derzeit besitzt der Wirkstoff in dieser Indikation den Status eines
„Orphan Drug“ .
First-line-Therapie
bei metastasiertem NZK
Temsirolimus ist seit einem Jahr zur First-lineTherapie von Patienten mit fortgeschrittenem
Nierenzellkarzinom (NZK) zugelassen, die
nach den modifizierten Motzer-Kriterien ein
Abb. 1 Progressionsfreies Überleben
von Patienten (n = 162) mit rezidiviertem
oder therapierefraktärem Mantelzell-Lymphom unter Temsirolimus oder einer frei
gewählten Therapie
hohes Risiko aufweisen. Grundlage für die
entsprechende ASCO-Empfehlung sind die
Ergebnisse der kontrollierten ARCC-Studie,
wonach diese Patienten mitTemsirolimus eine
signifikante Lebenszeitverlängerung erzielten
im Vergleich zu Patienten mit Interferon-Therapie (10,9 vs. 7,3 Monate) (2).
Laut Priv.-Doz. Dr.Thomas Steiner, Jena,
profitieren nach einer jetzt vorgestellten Subgruppenanalyse auch Patienten ohne Nephrektomie (3) und unterschieden sich weder im
progressionsfreien Überleben noch im Gesamtüberleben von den nephrektomierten Patienten. Dies belegt die Effektivität der Substanz auch im Rahmen einer primär systemischenTherapie. Zudem schnitt inAnalysen zur
Lebensqualität (TWiST und Q-TWiST) die
BehandlungmitTemsirolimusbesserabalsdie
Interferon-Therapie (Abb. 2) (4).
Eine weitere beim ASCO-Kongress vorgestellteAnalyse vonARCC-Studienergebnissen befasste sich mit der Verträglichkeit von
Temsirolimus (5). Demnach begünstigte eine
solche Therapie zwar das Auftreten von Hyperglykämien, Hypercholesterinämien und
Hyperlipidämien, dies hatte aber keinen Einfluss auf das progressionsfreie Überleben oder
die verbleibende Lebenszeit. Eine Hyperglykämie ab Grad 2 wird nach Angaben von Prof.
Lothar Bergmann, Frankfurt, bei Bedarf mit
Insulin behandelt. Eine Hyperlipidämie sei nur
selten therapiebedürftig.
Dr. Beate Grübler, Hannover
Literatur
1. Hess G et al. J Clin Oncol 2008; 26(Supp l):
Abstr 8513.
2. Hudes G et al. NEJM 2007; 356:
2271–2281.
3. Logan T et al. J Clin Oncol 2008; 26(Supp l):
Abstr 5050.
4. Parasuraman S et al. J Clin Oncol 2007;
25(Suppl 18S): Abstr 5049.
5. De Souza PL et al. J Clin Oncol 2008;
26(Supp l): Abstr 5116.
Abb. 2 Lebensqualität von Patienten mit
fortgeschrittenem
Nierenzellkarzinom
unter Temsirolimus und Interferon
Quelle: Pressegespräch „ASCO Update
2008“ am 10. Juni 2008, Frankfurt; Veranstalter: Wyeth Pharma GmbH, Münster
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Wyeth Pharma GmbH, Münster.
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65
KONGRESS INTERNATIONAL
Kontrastmittelgestütztes MRT – eine Methode mit Perspektiven
Das klinische Management von
Lebertumoren als interdisziplinäre Aufgabe
Das klinische Management fokaler Leberläsionen erfordert für Prof. Peter
Malfertheiner, Magdeburg, eine enge Zusammenarbeit von Klinikern und Radiologen. Von den heute verfügbaren bildgebenden Methoden ermöglicht
dabei eine MRT-Untersuchung mit dem leberspezifischen gadoliniumhaltigen
Kontrastmittel Gd-EOB-DTPA (Primovist) die genaueste Detektion und Lokalisation fokaler Leberläsionen sowie eine exakte Charakterisierung und effektive Therapieplanung, unterstrich der Gastroenterologe auf der 43. Jahresversammlung der European Association for the Study of the Liver (EASL).
V
iele fokale Leberläsionen bleiben zeitlebens des Patienten unentdeckt. Läsionen sind ein Begleitbefund in über der Hälfte der Autopsien. Meist sind es Hämangiome (20 %), gefolgt von fokalen nodulären
Hyperplasien (3 %), berichtete Prof. Claudio DeAngelis, Turin. Für die genaue Lokalisation und Charakterisierung fokaler Leberläsionen ist angesichts der Vielfalt benigner, maligner und infektiöser Veränderungen viel diagnostisches Fingerspitzengefühl
notwendig, betonte De Angelis. Bildgebende Verfahren sind hier ein wichtiges Instrument, um einen klinischen Verdacht zu objektivieren. Die meisten Läsionen sind ein
Zufallsbefund, vor allem im Rahmen von
Ultraschall-Untersuchungen beim Followup von Tumorpatienten oder Screening-Programmen für Leberzirrhosen.
Nach seinen Erfahrungen sind kleine
Läsionen < 15 mm bei asymptomatischen
Patienten auch mit positiver Tumor-Anamnese im Regelfall gutartig. Bei Patienten mit
einer fortgeschrittenen Zirrhose ist jedoch
Misstrauen gerechtfertigt. Eine aktuelle
Studie einer italienischen Arbeitsgruppe
zeigt, dass sich rund 50 % der initial als
Hämangiome angesprochenen Läsionen als
hepatozelluläre Karzinome herausstellten.
Andere Primärtumore sind eher selten. Dagegen ist die Leber ein bevorzugter Zielort
von Metastasen anderer Tumore, vor allem
aus dem Gastrointestinalraum.
66
Was kommt
nach dem Ultraschall?
Die Qualität der Ultraschallbefunde variiert
je nach Erfahrung des Untersuchers oder
Qualität der Geräte. Kontrastverstärkter Ultraschall (Contrast-Enhanced Ultrasound,
CEUS) bleibt meist spezialisierten Zentren
vorbehalten. In dieser Situation sollte auch
nach den EASL-Barcelona-Guidelines ein
CT oder kontrastmittelgestütztes MRT
durchgeführt werden, bevor man über eine
Leberbiopsie nachdenkt. De Angelis: „Eine
Biopsie ist das diagnostische Mittel der letzten Wahl!“
Die Computertomografie bietet insbesondere mit der Multidetektor-CT eine
deutlich verbesserte abdominelle Diagnostik. Neben der Strahlenbelastung werden jedoch die hohe Rate falsch-positiver Ergebnisse sowie die vergleichsweise ungenaue
Darstellung kleiner Läsionen (< 1 cm) als
gewichtiger Nachteil empfunden. Die sensitivsten und spezifischsten Informationen
liefert heute jedoch das MRT. Zusammen
mit gewebespezifischen Kontrastmitteln ist
eine Weichteildiagnostik nicht nur hämodynamisch in den verschiedenen Phasen der
Gewebedurchblutung – arteriell, portal-venös sowie im Equlibrium – möglich. Bei
dem hepatozytenspezifischen Kontrastmittel Gd-EOB-DTPA ist Gadolinium an ein
Chelat mit hydrophilen und lipophilen Eigenschaften gebunden. Es wird in der Leber
zu 50 % aktiv von den Hepatozyten aufgenommen und später jeweils zur Hälfte mit
der Gallenflüssigkeit und über die Niere
ausgeschieden.
Die vor der intravenösen Bolusgabe von
Gd-EOB-DTPA aufgenommenen nativen
T1- und T2-gewichteten MR geben zunächst wichtige Informationen über die Organstrukturen der Leber, beispielsweise die
Anteile von Fett und Wasser (Abb. 1). Während der vaskulären Phase lassen sich gesundes Lebergewebe, das zu etwa 75 % portal-venös versorgt wird, und die zu 80–95 %
arteriell versorgten Tumore abgrenzen. Hepatozelluläre Karzinome sind beispielsweise hypervaskularisiert und zeigen in der arteriellen Phase eine hohe Signalanhebung.
Hämangiome und fokale noduläre Läsionen
besitzen ebenfalls ein typisches Anreicherungsmuster in den verschiedenen Phasen.
In der hepatozytären Phase stellt sich das
Leberparenchym nach der Kontrastmittelaufnahme durch den Signalanstieg hell dar,
während Läsionen ohne funktionsfähige
Hepatozyten dunkel bleiben, erklärte Prof.
Lennart Blomqvist, Stockholm.
Überlegenes Leistungsprofil
Mit Gd-EOB-DTPA ist anhand der phasenspezifischen Signalverteilung eine Differenzierung benigner Läsionen wie fokaler nodulärer Hyperplasien sowie von Malignomen
wie heptozelluläre oder Cholangiokarzinome
sowie Metastasen anderer Primärtumore
möglich, ohne dass eine Leberbiopsie notwendig ist. Darüber hinaus erhält man damit
wichtige Informationen über funktionelle Parameter wieAusmaß und Dynamik der Leberdurchblutung, beispielsweise die Transferrate
zwischen den verschiedenen Kompartimenten (Blut, Hepatozyten, Gallenflüssigkeit) sowie den Funktionsstatus der Hepatozyten.
In einem klinischen Setting dauern Aufnahmen mit kontrastmittelgestütztem MRT
etwa 30 Minuten.
Mit seinem überlegenen Leistungsprofil
löst das kontrastmittelgestützte MRT das CT
bevorzugt als bildgebende Methode zur Differenzialdiagnostik lokaler hepatischer Läsionen ab, so Blomqvists Fazit. Dieses Ideal
wird in der Routineversorgung nicht immer
erreichbar sein, gab er zu. Angesichts der
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immer engeren Verzahnung der Arbeit von
Onkologen, Hepatologen und (interventionellen) Radiologen sollte man aber einer
Methode den Vorzug geben, die auch für
weiter gehende therapeutische Konsequenzen die besten Möglichkeiten eröffnet.
„Diagnostik und Therapie
rücken näher zusammen“
a)
Die Zukunft hochsensibler und spezifischer
bildgebender Verfahren liegt auch nach Ansicht von Prof. Jens Ricke, Magdeburg, in
der Begleitung minimalinvasiver Interventionen bei der Therapie von Lebertumoren.
Prof. Ricke: „Die Diagnostik und Therapie
rücken immer näher zusammen. Die Zukunft
für die Therapie sehe ich in einer Kombination minimalinvasiver und systemischer Tumortherapien.“ Das Potenzial dieser Methoden ist nach einhelliger Expertenmeinung
noch längst nicht ausgeschöpft. Neben den
thermoablativen Verfahren wie der Radiofrequenzablation (RFA) und der Laserablation
(LITT) hat seine Arbeitsgruppe auch gute Erfahrungen mit stereotaktischen Bestrahlungen, der Brachytherapie und der Y90 Radioembolisierung (SIRT) gemacht. Allein von
2001–2004 hat sich Zahl derartiger Interventionen in Magdeburg auf über 350 mehr als
verdreifacht. Unterstützt wird diese Entwicklung durch die neue Generation von MRTGeräten, die neben kurzen Untersuchungszeiten durch ihre offene Bauweise auch einen
guten Zugang zum Patienten für lokale minimalinvasive Interventionen bietet.
Eine Zwischenauswertung einer derzeit
laufenden prospektiven Studie bei 17 von
geplanten 31 Patienten mit einer Brachytherapie fokaler Lebertumore zeigt nicht nur
eine gute Abgrenzung der bestrahlten Areale mit Gd-EOB-DTPA sechs Wochen nach
der Intervention. Mit dem hepatozytenspezifischen Kontrastmittel ließ sich auch im
weiteren Therapieverlauf die Regeneration
und Revaskularisation des Leberparenchyms verfolgen. Dies ist für Prof. Ricke eine wichtige Zusatzinformation bei der Frage, ob man auch sehr kleine Metastasenherde eradiziert hat oder wie gut die gewählte
Strahlendosis toleriert wurde.
b)
c)
d)
Abb. 1 Signalmuster hepatozellulärer Tumore nach Gabe des gadoliniumhaltigen Kontrastmittels Gd-EOB-DTPA in den verschiedenen hämodynamischen Phasen und in der
hepatozytenspezifischen Spätphase; a) T1-gewichtetes MRT, b) T1 arterielle Phase, c) T1
portalvenöse Phase, d) T1 Hepatozytenspezifische Phase (nach 20 min) (Foto: Dr. Huppertz, Imaging Science Institut Charité Siemens)
Neue Perspektiven
Die guten Erfahrungen mit der kontrastmittelgestützten MRT – genaue Platzierung der
Strahlen- bzw. Wärmequelle und schnelle
Erfolgskontrolle – hat bei Ricke die Hoffnung geweckt, ob sich damit auch ein drohendes Leberversagen wegen einer strahlungsinduzierten Hepatitis, beispielsweise
nach der lokalen Therapie multipler oder
großer Tumore sowie nach mehreren Therapiezyklen, vorhersagen lässt.
Ein diagnostisches Problem bleiben die
Pseudotumore. Sie sind derzeit mit keinem
der klinisch verfügbaren bildgebenden Verfahren ausreichend beurteilbar.
Prof. Malfertheiner sieht hier zunächst
einmal die Notwendigkeit, harte Daten für
evidenzbasierte Empfehlungen zu generieren. Dies gilt insbesondere auch für die Effektivität und Verträglichkeit der verschiedenen lokalen chirurgischen und minimalinvasiven Therapieverfahren – allein und in
Kombination mit einer systemischen Che-
motherapie, beispielsweise mit Sorafenib
(Nexavar). Derzeit wäre bei einem multifokalen hepatozellulären Karzinom mit
Lungenmetastasierung (Child-Pugh B) eine
systemische palliative Chemotherapie mit
Sorafenib das Mittel der ersten Wahl, möglicherweise kombiniert mit lokalen Tumortherapien, so das Expertenvotum.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Quelle: Satellitensymposium „Our innovative,
comprehensive and targeted approach to focal
liver lesions“ anlässlich der 43. Jahresversammlung der European Association for the
Study of the Liver (EASL) am 24. April 2008,
Mailand; Veranstalter: Bayer Schering Pharma,
Berlin.
Mit freundlicher Unterstützung der Bayer
Schering Pharma, Berlin.
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Transfusionsbedingte Eisenüberladung
Eisenchelat-Therapie sichert
Überlebensvorteil
Drei von vier Patienten mit Myelodysplastischem Syndrom (MDS) brauchen
im Verlauf der Erkrankung Erythrozytenkonzentrat(EK)-Transfusionen. Eine
dadurch induzierte Eisenüberladung des Körpers kann durch Chelatbildner
verhindert werden. In einer Studie führte die Eisenchelat-Therapie zu einem
Überlebensvorteil von 64 Monaten gegenüber unbehandelten Patienten.
A
uf EK-Transfusionen angewiesene MDSPatienten erhalten jährlich bis zu 52 Blutkonserven. Damit wird auch Eisen in einer Gesamtmenge von bis zu 13 Gramm aufgenommen, was den natürlichen Eisenverlust von etwa 0,5g/Jahr deutlich übersteigt. Es besteht somit das Risiko einer Eisenintoxikation mit den
bekannten Risiken für multiple Organschäden,
so Prof. Wolf-Karsten Hofmann, Berlin.
Der Nutzen eines Gesamtüberlebens einer
begleitenden Eisenchelat-Therapie ist nun
erstmals in einer prospektiven Studie belegt.
170 chronisch transfundierte MDS-Patienten
erhielten zur Hälfte mindestens sechs Monate (median 35 Monate) eine Eisenchelat-Therapie mit Deferoxamin, Deferiprone oder Deferasirox, die anderen Placebo. Nach einem
Follow-up von zwei Jahren hatten die mit Eisenchelatoren behandelten Patienten einen
signifikanten Überlebensvorteil von 115
Monaten im Vergleich zu 51 Monaten ohne
Chelat-Therapie (p<0,0001). Dieses Ergeb-
10 Jahre Anti-CD20-Antikörper-Therapie maligner Lymphome
Antikörpertherapie ermöglicht Überleben
und Heilung
Vor der Anti-CD20-Antikörpertherapie gab es laut Prof. Michael Herold, Erfurt, für Patienten mit einem aggressiven und follikulären Lymphom keine
Therapie, die zu einer Überlebensverlängerung führte. Heute ist mit Rituximab (MabThera®) ein längeres Überleben nach der Erstbehandlung und bei
der Erhaltungstherapie des Rezidivs möglich.
D
as Gesamtüberleben wurde in einer aktuellen Studie durch Rituximab plus Chemotherapie signifikant verlängert Die Patienten lebten nach einer First-line-Kombinationstherapie mit Rituximab median 27 Monate länger als nur mit Chemotherapie. Dies bestätigt den in früheren Phase-III-Studien gefundenen signifikanten Überlebensvorteil
der Kombination Chemotherapie-Rituximab.
Auch bei der Therapie aggressiver NHL
hat der Anti-CD20-Antikörper die Heilungschancen deutlich verbessert, so Prof. Norbert
68
Schmitz, Hamburg. Pfreundschuh et al. konnten bei älteren Patienten durch die Kombination der Chemotherapie CHOP-14 mit Rituximab ein 3-Jahres-Gesamtüberleben von 78%
erzielen (1). Schmitz hält das für das beste Ergebnis, das je in der Therapie des aggressiven
Non-Hodgkin-Lymphoms erreicht wurde. Die
gleiche Arbeitsgruppe konnte auch zeigen,
dass bei jungen Patienten mit niedrigem RisikoinfastallenFälleneineHeilungmöglichist.
Prof. Michael Hallek, Köln, berichtete
über die Perspektiven der Anti-CD20-Thera-
nis war unabhängig von Alter, Geschlecht,
Krankheitsrisiko nach IPSS-Score und
Transfusionsbedarf gegenüber den nicht behandelten Patienten.
Hofmanns Fazit: „Besonders jüngere Patienten mit geringem Krankheitsrisiko profitieren eindeutig von einer solchen Behandlung und gewinnen damit Lebenszeit“. Diese
Patienten bräuchten daher „ohne Wenn und
Aber“ eine konsequente Eisenchelation. Seit
August 2006 steht mit Deferasirox (Exjade)
erstmals ein oraler Eisenchelator zur Verfügung, der nur einmal täglich eingenommen
werden muss und dieTherapie der Eisenüberladung gegenüber den zeitaufwendigen Infusionen deutlich vereinfacht hat.
Dr. Beate Grübler, Hannover
Quelle: Symposium „Aktuelle Hämatologie“
im Rahmen des 28. Deutschen Krebskongresses am 22. Februar 2008, Berlin; Veranstalter: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
pie bei chronischer lymphatischer Leukämie
(CLL). In der CLL-8 Studie der deutschen
CLL-Studiengruppe wurde Rituximab in
Kombination mit Fludarabin und Cyclophosphamid (FCR) gegen FC allein getestet. Die
Studie hat den primären Endpunkt „Verbesserung des progressionsfreien Überlebens
um mehr als 35%“ erreicht und FCR als
überlegenes Schema bestätigt. Nach Ansicht
von Hallek wird sich dieses Schema zum
Standard bei jüngeren Patienten entwickeln.
Dr. Volker Kriegeskorte, Martinsried
Literatur
1. Pfreundschuh M et al. Six versus eight cycles
of bi-weekly CHOP-14 with or without rituximab for elderly patients with diffuse large
B-cell lymphoma. Results of the completed
RICOVER-60 trial of the German High Grade
NHL Study Group. Blood 2006; 107: 205.
Quelle: Symposium „2008: Die ersten zehn
Jahre Anti-CD20-Antikörper-Therapie in der
Hämatologie“ im Rahmen des 28. Deutschen
Krebskongresses, 22. Februar 2008, Berlin.
Veranstalter: F. Hofmann-La Roche AG, Basel
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