Schmerz als organische und psychische Erkrankung 10.03.2013 Thüringer GesundheitsMesse Erfurt Prof. Dr. Diethard Müller International Association for the Study of Pain • „Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes‐ oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder drohender Gewebeschädigung einhergeht ...“ Was ist Schmerz? • Eine Gewebeschädigung kann Schmerzen machen • Schmerz ist dann ein Warnzeichen und hat eine Schutzfunktion Fibromyalgie • Bisher nicht vollständig bekannt • Hinweise auf eine generalisierte Schmerzhypervigilanz • Ausgeprägte depressive Störungen • Körperliche Missbrauchserfahrungen, besonders in Kindheit und Jugend • Emotionale Vernachlässigung • Störungen im Serotoninstoffwechsel • Zentral bedingte Störung der Schmerzmodulation Medikamentöse Therapie der nicht‐ spezifischen akuten Kreuzschmerzen Therapie akut Paracetamol Max. 3 g Trad. NSAR Bis 1,2 g Ibu, 100 mg Diclo, 750 mg Naprox, so kurz und niedrig wie möglich COX‐2‐Hemmer Wenn tNSAR kontraindiziert sind oder nicht vertragen werden („off label use“) (Vioxx, Celebrex) Flupirtin ‐ (Katadolon) Schwache Opioide (Tramadol, Tilidin) Bis 4 Wochen Starke Opioide (BTM) ‐ Muskelrelaxantien Bis 2 Wochen; Abhängigkeit (Mydocalm) Antidepressiva ‐ Antiepileptika ‐ Nicht‐medikamentöse Therapie der nicht‐ spezifischen akuten Kreuzschmerzen Therapie akut Bettruhe (‐) Bewegungstherapie Progressive Muskelrelaxation ‐ (+) Ergotherapie ‐ Kurzwellendiathermie ‐ Magnetfeldtherapie ‐ Manipulation Massage Rückenschule Wärmetherapie (+) ‐ (+) + mit Aktivierung Ultraschall ‐ Kognitive Verhaltenstherapie ‐ Medikamentöse Therapie der nicht‐ spezifischen Kreuzschmerzen Therapie akut Chronisch Paracetamol Max. 3 g Bei Rezidiv Trad. NSAR Bis 1,2 g Ibu, 100 mg Diclo, 750 mg Naprox, so kurz und niedrig wie möglich COX‐2‐Hemmer Wenn tNSAR kontraindiziert sind oder nicht vertragen werden („off label use“) Flupirtin ‐ ‐ Schwache Opioide (Tramadol, Tilidin) Bis 4 Wochen Bis 3 Monate Starke Opioide (BTM) ‐ Bei multimodalem Therapiekonzept Muskelrelaxantien Bis 2 Wochen; Abhängigkeit Antidepressiva ‐ +, besonders bei begleitenden Depressionen Antiepileptika ‐ (+) Nicht‐medikamentöse Therapie der nicht‐ spezifischen Kreuzschmerzen (NVL) Therapie akut Chronisch Bettruhe (‐) ‐ ‐ + (+) + Ergotherapie ‐ + Kurzwellendiathermie ‐ ‐ Magnetfeldtherapie ‐ ‐ (+) (+) ‐ + mit Bewegungstherapie (+) + + mit Aktivierung ‐ Ultraschall ‐ ‐ Kognitive Verhaltenstherapie ‐ + Bewegungstherapie Progressive Muskelrelaxation Manipulation Massage Rückenschule Wärmetherapie Multimodale Therapie • • • • • medizinische (Pharmakotherapie, Edukation) physische (Bewegungstherapie) berufsbezogene verhaltenstherapeutische Komponenten von mindestens drei Berufsgruppen mit unterschiedlichem therapeutischen Hintergrund durchgeführt werden (z. B. Medizin, Physiotherapie/Sporttherapie, Psychotherapie, Ergotherapie). Kernsymptome der Depression (nach ICD‐10) 1. Abnorme depressive Stimmung, fast täglich, über 2 Wochen anhaltend 2. Verlust von Interesse und Freude 3. Verminderter Antrieb, mehr Ermüdbarkeit aber • Psychische Störung ist nicht abwertend zu verstehen, sondern ein individueller Ausdruck einer (Fehl‐) Verarbeitung eines „Gefühlserleb‐ nisses, das mit tatsächlicher oder drohender Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Personen so beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache“ Aufklären heißt: • Chronischer Kreuzschmerz ist chronisch • Aktivität des Patienten ist erforderlich • Lebensführung, Abbau von Risikofaktoren (Disstress, körperliche Über‐/ Unter‐/ Fehlbelastung reduzieren) • Operationen sind die Ausnahme • Individuelle medikamentöse Therapie • Orientierung auf das Machbare Bewegungstherapie bei Schmerzen Bewegung trotz und wegen der Schmerzen pro: Gymnastische Übungen (Anleitung), Gruppen, Wandern, Tanzen, Radfahren, Wassergymnastik, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson kontra: Einseitige Belastung, schnelle Sportarten (Tennis...), Schonung, Brustschwimmen, Übergewicht • Schmerzen und Depressionen sind die den Patienten am häufigsten belastenden Störungen • Aber: Körperliche Störungen werden weit mehr akzeptiert als psychische Symptome Zusammenfassung • Die Therapie ist aktivierend zu führen • Ziele und Grenzen der Therapie vereinbaren • Übergang in chronischen Schmerz vermeiden (Copingstrategien, Aktivierung, z. B. Antidepressiva) • Chronischer Kreuzschmerz ist eng verbunden mit psychischen Symptomen, insbesondere depressiven Störungen • Multimodale Therapie rechtzeitig bedenken