Leseprobe Kapitel 7 - edition k

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Gelenkerkrankung
(entzündlicher/degenerativer Prozess)
Schmerzen
Bewegungseinschränkung
Kardio-pulmonale Dekonditionierung
Muskuläre und bindegewebliche Defizite
Abb. 7.2 Gelenkerkrankung als Ursache von sekundären Gesundheitsschäden und deren Rückwirkung
wahrnehmung erheblichen Schwankungen unterliegen kann. Die Ursache
dafür ist nicht immer in der wechselnden Stärke der Schmerzreize in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität in der erkrankten Körperregion zu
suchen. Die Schmerzwahrnehmung kann vielmehr auch durch psychische
und muskuläre Inaktivität verstärkt und – im Gegensatz dazu – durch Aktivität verringert werden. Voraussetzung ist die Mobilisierung brachliegender
Sinnesmodalitäten (das Gefühlserleben ist auf den Schmerz ausgerichtet)
und unterforderter Muskelgruppen. Muskelaktionen haben einen von der
motorischen Großhirnrinde ausgehenden Impulsstrom zur Voraussetzung.
Diese absteigenden (efferenten) Erregungen haben die Eigenschaft, die Aktivität zentral gerichteter (afferenter) Schmerzbahnen zu hemmen. Bleibt
dieser Effekt durch motorische Inaktivität aus, dann kann sich der Schmerz
verstärken. Sport und Gymnastik dagegen, besonders wenn sie möglichst
große Teile der Muskulatur erfassen, mindern den Schmerz effektiv, wirken
also mit der Ganzkörperkältetherapie synergistisch.
Schmerzhafte Gelenkerkrankungen führen zur Hemmung motorischer
Neurone und damit zur Störung des normalen Spannungs- und Entspannungswechsels besonders der gelenknahen Muskelgruppen. Kältereizung
der Haut, also die Erregung der Kaltrezeptoren, fördert die Erregbarkeit
dieser nozizeptiv gehemmten Motoneuronen. Die Willkürinnervation der
betroffenen Muskeln wird verbessert.
Die positiven Wechselwirkungen zwischen Ganzkörperkältetherapie
und muskulärer Aktivität schlechthin finden ihre Widerspiegelung bei der
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Anwendung verschiedenster bewegungstherapeutischer Vorgehensweisen.
Im Interesse einer optimalen Ausnutzung des therapeutischen Effekts der
Ganzkörperkältetherapie sollte sie, wenn irgend möglich, sowohl mit einer
allgemeinen Konditionierung (dynamische Sportarten wie Laufen, Gehen,
Wandern, Ski- und Radwandern; voraussetzungsadäquates Kraft-, Ausdauerund Kraftausdauertraining) als auch mit einer spezifischen, krankheitsorientierten Bewegungstherapie gekoppelt werden. Dazu können gehören:
– Lockerungs- und Entspannungsgymnastik,
– spezielle gymnastische Übungen bei Rheumatoider Arthritis, Morbus
Bechterew, Arthrosen großer und kleiner Gelenke, degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen sowie in der konservativen und postoperativen
Behandlung von Gelenkverletzungen,
– die Atemgymnastik, besonders um der im Alter zunehmenden Starre des
Brustkorbs zu begegnen,
– orthopädische und neurophysiologische Bewegungstherapie, sensomoto risches Training bei zentralen spastischen Lähmungen und
– Schulungen bei Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen.
Immer geht es darum, Wirkungselemente der Ganzkörperkältetherapie als einer passiven physikalischen Therapie mit aktiven therapeutischen
Komponenten zu verbinden.
Körperliche Aktivität, besonders das aerobe Ausdauertraining (es wird
genügend Sauerstoff zugeführt, es besteht keine Atemnot), hat noch weitere positive Rückwirkungen, die zur Überwindung von Gesundheitsbeeinträchtigungen beitragen können. Reaktiv-depressive Zustände, die immer
wieder bei chronischen Erkrankungen auftreten, können schneller überwunden werden, da vermehrt körpereigene Opioide ausgeschüttet werden.
Auch Serotonin, dessen Mangel zu Stimmungsschwankungen führt, und
wahrscheinlich bei der Entstehung des Fibromyalgiesyndroms eine Rolle
spielt, wird vermehrt freigesetzt. Von ganz wesentlicher Bedeutung ist die
durch sportliche Betätigung erreichte verbesserte Durchblutung des Gehirns.
Das hat zur Folge, dass (auch im Alter) vermehrt Synapsen (Verbindungen
zwischen den Hirnzellen) ausgebildet werden, das heißt, die Plastizität des
Gehirns verbessert sich, dem schnellen Voranschreiten des Alterungsprozesses wird vorgebeugt. Eine andere positive Wirkung moderater – aerober –
sportlicher Belastung ist ihr Einfluss auf den erhöhten arteriellen Blutdruck.
Wie Untersuchungen belegen (30), kann ein erhöhter Blutdruck durch regelmäßiges, auf längere Zeit angelegtes Ausdauertraining ähnlich wie mit Me135
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