Lebensformen im Hochmittelalter 1. Die Kreuzzugsbewegung Wie kam es zum ersten Kreuzzug? Warum zogen auch einfache Leute ins Heilige Land? Warum errichteten Kreuzfahrer eigene Staaten? Der Aufruf zum Kreuzzug Im Jahr 1070 hatten die türkischen Seldschuken Jerusalem erobert. Da dieses muslimische Nomadenvolk aber auch Byzanz bedrohte, bat der byzantinische Kaiser den Papst in Rom um militärische Unterstützung. Papst Urban versprach diese gern, weil er hoffte, dadurch wieder Einfluss auf die griechisch-orthodoxe Kirche zu bekommen, die sich erst 1054 von der römisch-katholischen abgespalten hatte. Auf einer Kirchenversammlung in Clermont rief er 1095 dazu auf, Jerusalem von den „Ungläubigen“ zu befreien. Er versprach jedem, der sein Leben für die gute Sache ließ, das ewige Leben und unterstrich seine Rede mit den Worten „Gott will es!“. Dies löste unter den Zuhörern wahre Begeisterungsstürme aus, galt die Tat der Seldschuken in der christlichen Welt doch als Frevel. Schließlich war Jerusalem die Stadt, in der Jesus gelebt hatte und in der sich sein Grab befand. Hierhin zogen die Pilger, die durch Gehorsam gegenüber den kirchlichen Geboten ihr Seelenheil erlangen wollten. Viele Ritter ließen sich unmittelbar nach der Rede des Papstes ein Kreuz auf ihre Kleidung nähen und begaben sich mit ihrem Gefolge auf eine bewaffnete Pilgerfahrt. Lebensformen im Hochmittelalter ihren Schutz gewähren. Der älteste dieser Orden, der Johanniterorden, entstand bereits um 1080. Ursprünglich waren die Johanniter in der Fürsorge für Arme und Kranke tätig, später sahen sie sich als Elitetruppe im Kampf gegen die Muslime. Andere Ritterorden waren die Templer, die nach ihrem Quartier auf den Resten des jüdischen Tempels in Jerusalem benannt wurden, und der Deutsche Orden, der später im Ostseegebiet den christlichen Glauben durchsetzte und einen mächtigen Ordensstaat im Gebiet des heutigen Polen errichtete. Der Austausch von Waren und Kultur Im Kontakt mit dem Orient lernten die Kreuzfahrer die islamische Alltagskultur kennen. Sie lernten wie die Menschen dort mit Messer und Gabel zu essen und die Speisen mit Gewürzen zu verfeinern, die man in Europa gar nicht kannte, z. B. Pfeffer, Zimt und Muskat. Da viele Ritter den orientalischen Luxus auch auf ihren heimischen Burgen genießen wollten, kam es bald zu regen Handelsbeziehungen zwischen den Kreuzfahrerstaaten und Europa. Auf Schiffen wurden die Waren zu den italienischen Hafenstädten und von dort aus von Kaufleuten über die Alpen ins Deutsche Reich gebracht. Im Gegenzug lieferten die Europäer Leinengewebe, Woll- und Metallwaren nach Asien. Was sahen die Ritterorden als ihre Aufgabe? Welche Städte in Europa entwickelten sich durch den Warenaustausch mit dem Orient zu Handelszentren? Die Kreuzzüge Nach unglaublichen Strapazen erreichten im Sommer 1099 etwa 20 000 Kreuzfahrer Jerusalem und eroberten die Stadt nach einer fünfwöchigen Belagerung. Sie richteten in der Stadt ein grausames Blutbad an, zerstörten muslimische Heiligtümer und nahmen viele wertvolle Gegenstände mit. Die Rede des Papstes hatte aber nicht nur Ritter erreicht. Auch viele einfache Menschen machten sich auf den Weg ins Heilige Land. Ihre Beweggründe waren ganz unterschiedlich: Manche erhofften die ewige Seligkeit; andere waren auf der Suche nach einem besseren Leben in der Fremde, unabhängig von ihrem Grundherren oder nicht mehr auf die Almosen der Mitbürger in den Städten angewiesen. In sechs weiteren Kreuzzügen zogen Ritter, Frauen, Kinder, Mönche und Nonnen ins Heilige Land. Alle waren angesteckt vom Willen, den Auftrag des christlichen Gottes zu erfüllen und damit das ewige Leben zu erlangen. Entstehung von Kreuzfahrerstaaten Die Kreuzfahrer übergaben die eroberten Gebiete nicht dem byzantinischen Kaiser, sondern nahmen sie selbst in Besitz. Sie errichteten Fürstentümer, die sie eigenständig regierten: die Grafschaften Edessa und Tripolis, das Fürstentum Antiochia und die Königreiche Klein-Arabien, Zypern und Jerusalem. Die Ritterorden In der Fremde schlossen sich Ritter zu Vereinigungen zusammen, die religiöse und weltliche Ideale miteinander verbanden – die Ritterorden. Die Ritter machten sich die Lebensregeln einer mönchischen Gemeinschaft zu eigen und verpflichteten sich, neben den Mönchsgelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams, sich der Armen- und Krankenpflege in Hospizen zu widmen. Als Ritter wollten sie heidnische Gebiete erobern und christlichen Pilgern 22 Was bedeutet der Begriff Kolonisation? Kläre auch, welche bedeutenden Kolonisationen es in der Geschichte außerdem gab. Die Kreuzzüge 23