H. Kleinert, PATH INTEGRALS 25. Januar 2002 ( /amd/nukleon/13/home/ag-kleinert/kleinert/kleinert/books/pfadis/pfdic1.tex) Ein tiefer Sinn wohnt in den alten Bräuchen. Man muß sie ehren. F. Schiller, Maria Stuart 1 Grundlagen Pfadintegrale sind ein theoretisches Hilfsmittel zur Beschreibung fluktuierender Linienstrukturen. Diese kommen in der Natur auf vielfältige Weise vor, als Bahnkurven von Teilchen im Raumzeitkontinuum, als Polymere in Lösungen, als Vortexlinien in Supraflüssigkeiten oder als Defektlinien in Kristallen und Flüssigkristallen. Die Fluktuationen können quantenmechanischen, thermodynamischen oder statistischen Ursprungs sein. Pfadintegrale verhelfen damit zu einem einheitlichen Verständnis völlig verschiedener physikalischer Erscheinungen. Da wir wiederholt auf Begriffe der klassischen Mechanik, Quantenmechanik und statistischen Mechanik Bezug nehmen, beginnen wir mit einer Zusammenfassung der Grundlagen dieser Gebiete. In Abschnitt 1.6 zeigen wir Lücken der Quantenmechanik auf, die in den Kapiteln 8 und (8) durch Pfadintegrale geschlossen werden.1 1.1 Klassische Mechanik Die Bahnkurven eines physikalischen Systems der klassischen Mechanik werden durch einen Satz zeitabhängiger verallgemeinerter Koordinaten q1 (t), . . . , qN (t) beschrieben. Eine Lagrangefunktion L(qi , q̇i , t), (1.1) die von q1 , . . . , qN und den dazugehörigen Geschwindigkeiten q̇1 , . . . , q̇N abhängt, bestimmt vollständig die Dynamik des Systems. Dabei bezeichnet der Punkt auf den Koordinaten qi deren zeitliche Ableitung dqi /dt. Die Lagrangefunktion ist eine höchstens quadratische Funktion der Geschwindigkeiten q̇i . Das Zeitintegral A[qi ] = Z tb ta dt L(qi (t), q̇i (t), t) (1.2) über die Lagrangefunktion entlang eines beliebigen Pfads qi (t) nennt man die Wirkung dieses Pfads. Der Pfad qi (t), den das System tatsächlich beschreibt, heißt 1 Wer mit den Grundlagen vertraut ist, kann gleich mit Abschnitt 1.6 beginnen. 1 2 1 Grundlagen klassischer Pfad qikl (t). Er zeichnet sich dadurch aus, daß seine Wirkung im Vergleich mit der aller anderen Funktionen, die dieselben festen Endpunkte q(tb ), q(ta ) besitzen, extremal ist. In vielen Fällen lohnt es sich, beliebige Pfade durch ihre Abweichungen δqi (t) vom klassischen Pfad zu beschreiben: qi (t) = qikl (t) + δqi (t). (1.3) Um die Extremaleigenschaft mathematisch ausdrücken zu können, führt man die Variation der Wirkung ein. Sie ist definiert als der lineare Term in der Taylorentwicklung von A[qi ] nach Potenzen von δqi (t): δA[qi ] ≡ {A[qi + δqi ] − A[qi ]}lin. (1.4) Das Extremalprinzip für den klassischen Pfad lautet dann δA[qi ] qi (t)=qikl (t) =0 (1.5) für alle Variationen um den klassischen Pfad δqi (t) ≡ qi (t) − qikl (t), die an den Endpunkten verschwinden: δqi (ta ) = δqi (tb ) = 0. (1.6) Da die Wirkung das Zeitintegral der Lagrangefunktion ist, läßt sich das Extremalprinzip auch durch Differentialgleichungen ausdrücken. Dazu berechnen wir die Variation von A[qi ] explizit als δA[qi ] = {A[qi + δqi ] − A[qi ]}lin = Z tb = Z tb = Z tb ta ta ta dt {L (qi (t) + δqi (t), q̇i (t) + δ q̇i (t), t) − L (qi (t), q̇i (t), t)}lin dt ( ∂L ∂L δqi (t) + δ q̇ (t) ∂qi ∂ q̇i i dt ( tb ∂L d ∂L ∂L − δqi (t) + δqi (t) . ∂qi dt ∂ q̇i ∂ q̇i ta ) ) (1.7) Der letzte Ausdruck entsteht nach einer partiellen Integration des Terms δ q̇i . Hier haben wir die Einsteinsche Summenkonvention benutzt, nach der über mehrfach auftretende Indizes summiert wird. Sie soll im ganzen Buch vorausgesetzt werden. Die Endpunktterme (Oberflächen- oder Randterme) bei ta und tb können wegen (1.5) weggelassen werden. Auf diese Weise finden wir für die klassische Bahn qikl (t) die sogenannten Euler-Lagrange-Gleichungen: d ∂L ∂L = . dt ∂ q̇i ∂qi H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.8) 3 1.1 Klassische Mechanik Unterwirft man die Lagrangefunktion einer Legendre-Transformation, so ergibt sich die Hamiltonfunktion, die eine weitere äquivalente Formulierung der klassischen Mechanik ermöglicht: ∂L H≡ q̇ − L(qi , q̇i , t). (1.9) ∂ q̇i i Ihr Wert entlang einer klassischen Bahn zu einem beliebigen Zeitpunkt kann im allgemeinen mit der Gesamtenergie des Systems identifiziert werden. Gemäß der allgemeinen Theorie der Legendre-Transformationen2 sind die natürlichen Variablen in H nicht mehr qi und q̇i , sondern qi und die verallgemeinerten Impulse pi , die definiert werden durch ∂ pi ≡ L(qi , q̇i , t). (1.10) ∂ q̇i Damit H (pi (t), qi (t), t) als Funktion der richtigen Variablen pi , qi geschrieben werden kann, müssen die Gleichungen (1.10) für pi nach q̇i aufgelöst werden: q̇i = vi (pi , qi , t). (1.11) Setzt man dies in (1.9) ein, so erhält H die Gestalt H (pi , qi , t) = pi vi (pi , qi , t) − L (qi , vi (pi , qi , t) , t) . (1.12) Drückt man die Wirkung mit Hilfe der Hamiltonfunktion aus, so ergibt sich folgendes Funktional von pi (t) und qi (t): A[pi , qi ] = Z tb ta h i dt pi (t)q̇i (t) − H(pi (t), qi (t), t) . (1.13) Dies ist die sogenannte kanonische Form der Wirkung. Die klassischen Bahnen, kl die jetzt bestimmt sind durch die kanonischen Variablen pkl i (t), qi (t), machen die Wirkung extremal in bezug auf alle benachbarten Bahnen, wenn die qi (t) bei festen Endpunkten [siehe (1.3), (1.5)] und die pi (t) ohne Einschränkungen variiert werden: qi (t) = qikl (t) + δqi (t), δqi (ta ) = δqi (tb ) = 0, (1.14) pi (t) = pkl i (t) + δpi (t). Die Variation um eine beliebige Bahn ist δA[pi , qi ] = Z tb = Z tb ta ta " ∂H ∂H δpi − δq dt δpi (t)q̇i (t) + pi (t)δ q̇i (t) − ∂pi ∂qi i dt (" # " # ∂H ∂H δpi − ṗi (t) + δqi q̇i (t) − ∂pi ∂qi tb +pi (t)δqi (t) . ) # (1.15) tb 2 Für eine elementare Einführung siehe H.B. Callen, Classical Thermodynamics, John Wiley and Sons, New York, 1960. More details are also found later in Eqs. (4.40) and (4.41). 4 1 Grundlagen kl Sie verschwindet, wenn die klassischen Bahnen pi (t) = pkl i (t), qi (t) = qi (t) die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen ∂H , ∂qi ∂H . = ∂pi ṗi = − q̇i (1.16) erfüllen. Sie beschreiben dieselben Bahnen wie die Euler-Lagrange-Gleichungen (1.8), wie man unter Benutzung von (1.9) und (1.10) leicht nachprüft. Der 2Ndimensionale Raum aller pi und qi wird Phasenraum genannt. Man beachte, daß sich bei einer Teilchenbewegung längs einer klassischen Bahn die Wirkung wegen (1.15) um δA[pi , qi ] = pi (tb )δqi (tb ) − pi (ta )δqi (ta ) (1.17) ändert. Eine beliebige Funktion O(pi (t), qi (t), t) ändert sich entlang eines ebenfalls beliebigen Pfads wie folgt: ∂O ∂O ∂O d O (pi (t), qi (t), t) = ṗi + q̇i + . dt ∂pi ∂qi ∂t (1.18) Wenn der Pfad eine Lösung der Bewegungsgleichungen ist, können wir hier (1.16) einsetzen und finden dO ∂H ∂O ∂O ∂H ∂O = − + dt ∂pi ∂qi ∂pi ∂qi ∂t ∂O . ≡ {H, O} + ∂t (1.19) Das neue Symbol {. . . , . . .} heißt Poisson-Klammer und ist definiert durch {A, B} ≡ ∂A ∂B ∂B ∂A − . ∂pi ∂qi ∂pi ∂qi (1.20) Die Poisson-Klammer hat folgende leicht zu beweisende Eigenschaften: {A, B} = − {B, A} {A, {B, C}} + {B, {C, A}} + {C, {A, B}} = 0 Antisymmetrie, (1.21) Jacobi-Identität. (1.22) Wenn die Poisson-Klammer zweier Größen verschwindet, so sagt man, daß diese beiden Größen vertauschbar sind. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 5 1.1 Klassische Mechanik Offensichtlich sind die Hamilton-Gleichungen selbst ein Spezialfall von (1.19): d ∂H ∂pi ∂p ∂H ∂H pi = {H, pi } = − i =− , dt ∂pj ∂qj ∂pj ∂qj ∂qi d ∂H ∂qi ∂q ∂H ∂H qi = {H, qi } = − i = . dt ∂pj ∂qj ∂pj ∂qj ∂pi (1.23) Die Poisson-Klammern der Phasenraumvariablen pi (t), qi (t) haben für einen beliebigen Zeitpunkt die besonders einfache Form n n pi , qj pi , pj n qi , qj o = δij , o = 0. o (1.24) = 0, Eine nicht explizit zeitabhängige Funktion O(pi , qi ), die mit H vertauschbar ist (d.h. {O, H} = 0), ist wegen (1.19) eine Bewegungskonstante. Insbesondere kommt es häufig vor, daß H selbst zeitunabhängig ist, d.h. die Form H = H(pi , qi ) (1.25) hat. Da H mit sich selbst vertauscht, ist dann die Gesamtenergie eine Konstante der Bewegung längs des klassischen Pfads. Der Lagrangeformalismus hat den Vorzug, daß er unabhängig von der Wahl der Koordinaten qi ist. Betrachten wir z.B. einen anderen Satz von Koordinaten Qi zur Beschreibung des Systems, der mit den qi durch eine lokale 3 oder Punkttransformation verknüpft ist: qi = fi (Qj , t). (1.26) Damit diese Transformation sinnvoll eingesetzt werden kann, muß sie wenigstens in einer gewissen Umgebung des klassischen Pfads umkehrbar sein: Qi = f −1 i (qj , t). (1.27) Andernfalls könnten Qi und qi nicht das gleiche System parametrisieren. Dies bedeutet aber, daß die Jacobi-Determinante der fi von null verschieden sein muß: det ∂fi ∂Qj ! 6= 0. (1.28) Als Funktion der Qi aufgefaßt nimmt die ursprüngliche Lagrangefunktion die Form L′ Qj , Q̇j , t ≡ L fi Qj , t , f˙i Qj , t , t 3 (1.29) Der Begriff lokal ist in Anlehnung an die Feldtheorie gewählt, wo er die Bedeutung an einem bestimmten Raumzeitpunkt hat. Hier steht er nur für zu einer bestimmten Zeit . 6 1 Grundlagen an, und die Wirkung wird zu A = Z = Z tb ta tb ta dt L′ Qj (t), Q̇j (t), t (1.30) dt L fi Qj (t), t , f˙i Qj (t), t , t . Eine Variation des oberen Ausdrucks bezüglich δQj (t), δ Q̇j (t) unter der Nebenbedingung δQj (ta ) = δQj (tb ) = 0 liefert die Bewegungsgleichungen d ∂L′ ∂L′ − = 0. dt ∂ Q̇j ∂Qj (1.31) Der untere Ausdruck ergibt δA = Z tb = Z tb ta ta dt dt ∂L ∂L ˙ δfi + δf ∂qi ∂ q̇i i ! ! d ∂L ∂L tb ∂L − δfi + δf . ∂qi dt ∂ q̇i ∂ q̇i i ta (1.32) Da die δqi beliebig sind, sind es auch die δfi . Außerdem müssen mit δqi (ta ) = δqi (tb ) = 0 auch die δfi (t) an den Endpunkten verschwinden. Wir stellen daher fest, daß die Euler-Lagrange-Gleichungen im neuen Koordinatensystem die gleiche Form haben wie im alten und beide Koordinatensätze gleichermaßen geeignet sind, das Extremum der Wirkung zu bestimmen. Man beachte, daß die lokale Natur der Koordinatentransformation eine starke Einschränkung für die Transformation der verallgemeinerten Geschwindigkeiten q̇i (t) darstellt. Sie ist zwangsläufig linear in den Q̇j : ∂fi ∂f q̇i = f˙i (Qj , t) = Q̇j + i . ∂Qj ∂t (1.33) Im Phasenraum gibt es ebenfalls die Möglichkeit, lokal die kanonischen Koordinaten pi , qi durch andere Pj , Qj zu ersetzen. Nehmen wir an, daß sie über folgende Beziehungen miteinander zusammenhängen: pi = pi (Pj , Qj , t), qi = qi (Pj , Qj , t), (1.34) mit den Umkehrtransformationen Pj = Pj (pi , qi , t), Qj = Qj (pi , qi , t). (1.35) Während nun die Euler-Lagrange-Gleichungen unter beliebigen lokalen Koordinatentransformationen invariant bleiben, verändern die Hamilton-Gleichungen bei lokalen H. Kleinert, PATH INTEGRALS 7 1.1 Klassische Mechanik Phasenraumtransformationen pi (t), qi (t) → Pj (t), Qj (t) im allgemeinen ihre Form. Diejenigen, bei denen das nicht der Fall ist, heißen kanonisch. Sie sind dadurch charakterisiert, daß sie die Wirkung bis auf beliebige unwesentliche Randterme forminvariant lassen, d.h. Z tb ta dt (pi q̇i − H(pi , qi , t)) = Z tb ta dt Pj Q̇j − H ′ (Pj , Qj , t) tb +F (Pj , Qj , t) ta (1.36) . Dabei haben wir die t-Argumente in den Phasenraumvariablen der Kürze halber fortgelassen. Die Funktion H ′ (Pj , Qj , t) spielt die Rolle einer neuen Hamiltonfunktion. Der Zusammenhang zwischen H ′(Pj , Qj , t) und H(pi , qi , t) muß so beschaffen sein, daß die Wirkung wenigstens für jeden Pfad in einer gewissen Umgebung der klassischen Bahn, der die gleichen Endpunkte verbindet, den gleichen Wert annimmt. Wenn man solch ein H ′ finden kann, dann folgt aus dem Extremalprinzip, daß Pj (t) und Qj (t) den folgenden Hamilton-Gleichungen gehorchen: ∂H ′ Ṗi = − , ∂Qi (1.37) ∂H ′ Q̇i = . ∂Pi Die Invarianz (1.36) kann auf eine andere Art ausgedrückt werden. Setzt man auf der linken Seite die neuen Koordinaten Pj (t), Qj (t) in das Integral ein, so entsteht Z tb ta dt ( pi ∂qi ∂q ∂qi Ṗj + Q̇j + i ∂Pj ∂Qj ∂t ! ) − H(pi (Pj , Qj , t), qi (Pj , Qj , t), t) . (1.38) Auf die rechte Seite gebracht wird aus (1.36) die Gleichung Z ( ∂q P j − pi i ∂Qj ! dQj − pi ∂qi dP ∂P!j )j ∂q − H + pi i − H dt ∂t ′ = tb −F (Pj , Qj , t) . (1.39) ta Sie enthält jetzt ein Kurvenintegral in einem (2N + 1)-dimensionalen Raum, der von den Phasenraumvariablen pi , qi und der Zeit aufgespannt wird. Die rechte Seite besagt, daß das Ergebnis der Integration nur von den Endpunkten abhängt. Daraus schließen wir, daß der Integrand das totale Differential der Funktion −F ist. Bei Anwendung des Schwarzschen Satzes über die Vertauschbarkeit der Ableitungen von −F ergeben sich die zu jeder Zeit gültigen Gleichungen ∂pi ∂qi ∂q ∂pi − i = δkl , ∂Pk ∂Ql ∂Pk ∂Ql 8 1 Grundlagen ∂pi ∂qi ∂q ∂pi − i = 0, ∂Pk ∂Pl ∂Pk ∂Pl (1.40) ∂pi ∂qi ∂qi ∂pi − = 0 ∂Qk ∂Ql ∂Qk ∂Ql und ∂(H ′ − H) = , ∂Pl ∂pi ∂qi ∂q ∂p − i i ∂t ∂Pl ∂t ∂Pl ∂qi ∂pi ∂(H ′ − H) ∂pi ∂qi − = . ∂t ∂Ql ∂t ∂Ql ∂Ql (1.41) Die linken Seiten der ersten drei Ausdrücke definieren die Lagrange-Klammern für Pi (t) und Qi (t), mit denen sie die Form annehmen (Pk , Ql ) = δkl , (Pk , Pl ) = 0, (Qk , Ql ) = 0. (1.42) Umkehrbar eindeutige zeitabhängige Koordinatentransformationen, die diese Gleichungen erfüllen, heißen symplektisch. Nach einer kleinen Rechnung unter Benutzung der Ableitungsmatrix ihrer Inversen J = ∂Pi /∂pj ∂Pi /∂qj ∂Qi /∂pj ∂Qi /∂qj J −1 = ∂pi /∂Pj ∂qi /∂Pj E= −δij , ∂pi /∂Qj ∂qi /∂Qj und der symplektischen Einheitsmatrix 0 δij 0 ! (1.43) (1.44) (1.45) sieht man leicht, daß die Lagrange-Klammern (1.42) äquivalent zu den PoissonKlammern sind: {Pk , Ql } = δkl , {Pk , Pl } = 0, {Qk , Ql } = 0. (1.46) Dies folgt aus der Tatsache, daß die aus den Lagrange-Klammern gebildete 2N ×2NMatrix −(Qi , Pj ) −(Qi , Qj ) L≡ (1.47) (Pi , Pj ) (Pi , Qj ) H. Kleinert, PATH INTEGRALS 9 1.1 Klassische Mechanik auch als (E −1 J −1 E)T J −1 geschrieben werden kann, während die aus den PoissonKlammern gebildete Matrix n Pi , Qj o n − Pi , Pj P≡ n o Qi , Qj n o − Qi , Pj o (1.48) gleich J(E −1 JE)T ist. Deshalb gilt L = P −1 , und (1.42) ist in der Tat äquivalent zu (1.46). Man beachte, daß die Lagrange-Klammern (1.42) und somit auch die PoissonKlammern (1.46) dafür sorgen, daß pi q̇i − Pj Q̇j ein vollständiges Differential einer gewissen Funktion von Pj und Qj im 2N-dimensionalen Phasenraum ist: pi q̇i − Pj Q̇j = d G(Pj , Qj , t). dt (1.49) Die Poisson-Klammern (1.46) für Pi , Qi haben die gleiche Form wie (1.24) für die ursprünglichen Koordinaten pi und qi . Die anderen beiden Gleichungen (1.41) stellen einen Zusammenhang zwischen der alten und der neuen Hamiltonfunktion her. Die Lagrange-Klammern (1.42) und somit auch die Poisson-Klammern (1.46) sind sowohl notwendige als auch hinreichende Bedingungen dafür, daß die Transformation pi , qi → Pj , Qj kanonisch ist. Kanonische Transformationen lassen das Volumen im Phasenraum invariant. Um dies einzusehen, benutzen wir die Tatsache, daß das Matrizenprodukt J(E −1 JE)T gleich der 2N ×2N Einheitsmatrix (1.48) ist. Damit ist sofort bewiesen, daß det J = ±1 ist und YZ i [dpi dqi ] = YZ h i dPj dQj . j Selbstverständlich ist die Durchführung einer kanonischen Transformation ein reflexiver Vorgang, bei dem man ebensogut pi , qi als die neuen und Pj , Qj als die alten Variablen ansehen kann statt umgekehrt. Schließlich ist nach Vertauschen der rechten und linken Seite von (1.36) der entstehende Integrand – analog zu (1.39) – ein vollständiges Differential in den alten Koordinaten pi , qi und t. Nach Einführung neuer kanonischer Koordinaten Pj , Qj kann man eine neue Poisson-Klammer ∂A ∂B ∂B ∂A {A, B}′ ≡ − (1.50) ∂Pj ∂Qj ∂Pj ∂Qj definieren, und die Bewegungsgleichung für eine beliebige observable Größe O Pj (t), Qj (t), t wird unter Benutzung von (1.37) dO n ′ o′ ∂O = H ,O + . dt ∂t (1.51) 10 1 Grundlagen Sie hat damit dieselbe Form wie die ursprüngliche Bewegungsgleichung (1.19). Aus der Definition der neuen Poisson-Klammer folgen die kanonischen Vertauschungsbeziehungen trivialerweise: n Pi , Qj n Pi , Pj n o′ o′ Qi , Qj o′ = δij , (1.52) = 0, = 0. Eine große Klasse kanonischer Transformationen kann mit Hilfe von sogenannten erzeugenden Funktionen F konstruiert werden, die ähnlich der bereits in (1.36) aufgetauchten Funktion F in Einsatz kommen, aber nun jeweils zur Hälfte als Funktion der neuen und der alten kanonischen Variablen angesetzt werden. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: F = F (qi , Qj , t). (1.53) Man betrachtet jetzt die Gleichung Z tb ta dt[pi q̇i − H(pi , qi , t)] = Z tb ta dt[Pj Q̇j − H ′ (Pj , Qj , t) + d F (qi , Qj , t)], dt (1.54) ersetzt Pj Q̇j durch −Ṗj Qj + d(Pj Qj )/dt, definiert F (qi , Pj , t) ≡ F (qi , Qj , t) + Pj Qj (1.55) und führt die Differentiation von F (qi , Qj , t) aus. Das ergibt Z tb ta = n dt pi q̇i + Ṗj Qj − [H(pi , qi , t) − H ′(Pj , Qj , t)] Z tb ta ( o ) ∂F ∂F ∂F dt (qi , Pj , t)q̇i + (qi , Pj , t)Ṗj + (q , P , t) . ∂qi ∂Pj ∂t i j (1.56) Ein Vergleich beider Seiten liefert für die kanonische Transformation die Gleichungen pi = Qj ∂ F (qi , Pj , t), ∂qi ∂ = F (qi , Pj , t). ∂Pj (1.57) Die zweite Gleichung zeigt, daß die Beziehung (1.55) zwischen F (qi , Pj , t) und F (qi , Qj , t) einer Legendre-Transformation entspricht. Die neue Hamiltonfunktion ist H ′ (Pj , Qj , t) = H(pi , qi , t) + H. Kleinert, PATH INTEGRALS ∂ F (qi , Pj , t). ∂t (1.58) 11 1.1 Klassische Mechanik Natürlich hätten wir anstelle von (1.53) genausogut auch Funktionen mit den Abhängigkeiten F (qi , Pj , t), F (pi , Qj , t), F (pi , Pj , t) wählen können, um auf ähnliche Weise einfache kanonische Transformationen zu erzeugen. Eine besonders wichtige kanonische Transformation ergibt sich durch die Wahl einer erzeugenden Funktion F (qi , Pj ), die zu zeitunabhängigen Impulsen Pj ≡ αj führt. Die dazugehörigen Koordinaten Qj nennt man dann zyklisch. Um solche zyklischen Koordinaten für ein beliebiges System herzuleiten, suchen wir nach einer erzeugenden Funktion F (qj , Pj , t), die auf eine identisch verschwindende transformierte Hamiltonfunktion H ′ in (1.58) führt. Dann verschwinden ja auch die Ableitungen nach allen Koordinaten und die neuen Impulse Pj sind konstant. Wir versuchen deshalb, die Gleichung ∂ F (qi , Pj , t) = −H(pi , qi , t) ∂t zu befriedigen. Dabei müssen die Impulsvariablen in der Hamiltonfunktion die erste der beiden Gleichungen (1.57) erfüllen. Das führt auf die partielle Differentialgleichung für F (qi , Pj , t) ∂t F (qi , Pj , t) = −H(∂qi F (qi , Pj , t), qi , t), (1.59) die als Hamilton-Jacobi-Gleichung bekannt ist. Eine Erzeugende, die diese Gleichung löst, wird von der Wirkung (1.13) zur Verfügung gestellt. Wenn man alle Lösungen, die von einem festen Anfangspunkt ausgehen, bis zu einem beliebigen Endpunkt qi zur Zeit t verfolgt und deren Wirkungen berechnet, erhält man eine Funktion A(qi , t). Diese erfüllt wegen (1.17) genau die erste Gleichung in (1.57): pi (t) = ∂A (q , t). ∂qi i (1.60) Außerdem hat die Wirkung die zeitliche Ableitung d A(qi (t), t) = pi (t)q̇i (t) − H(pi (t), qi (t), t). dt Wegen (1.60) bedeutet das ∂t A(qi , t) = −H(pi , qi , t). (1.61) Wenn man die Impulse pi auf der rechten Seite nach (1.60) ersetzt, ergibt sich die Hamilton-Jacobi-Gleichung: ∂t A(qi , t) = −H(∂qi A(qi , t), qi , t). (1.62) 12 1.2 1 Grundlagen Relativistic Mechanics in Curved Spacetime The classical action of a relativistic spinless point particle in a curved fourdimensional spacetime is usually written as an integral A = −Mc Z dτ L(q, q̇) = −Mc Z q dτ gµν q̇ µ (τ )q̇ ν (τ ), (1.63) where τ is an arbitrary parameter of the trajectory. It can be chosen in the final trajectory to satisfy L(q, q̇) ≡ 1, in which case it coincides with the proper time of the particle. The Euler-Lagrange equation (1.8) reads " # d 1 1 ∂µ gκλ q̇ κ q̇ λ . gµν q̇ ν = dt L(q, q̇) 2L(q, q̇) (1.64) For the proper time τ with L(q, q̇) ≡ 1, this simplifies to 1 d gµν q̇ ν = ∂µ gκλ q̇ κ q̇ λ . dt 2 or (1.65) 1 gµν q̈ = (1.66) ∂ g − ∂λ gµκ q̇ κ q̇ λ . 2 µ κλ At this point one introduces den Riemannschen Zusammenhang oder das ChristoffelSymbol erster Art 1 Γ̄λνµ ≡ (∂λ gνµ + ∂ν gλµ − ∂µ gλν ), (1.67) 2 und das Christoffel-Symbol zweiter Art ν Γ̄κν µ ≡ g µσ Γ̄κνσ . (1.68) Dann kann die Gleichung (1.66) als q̈ µ + Γ̄µκλ q̇ κ q̇ λ = 0 (1.69) geschrieben werden. Since the solutions of this equation minimize the length of a curve in spacetime, they are called geodesics. 1.3 Quantenmechanik Die Erweiterung der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik wurde unumgänglich, als man erkennen mußte, daß die klassische Physik die Stabilität der atomaren Elektronenbahnen und die diskrete Natur der Spektrallinien nicht erklären konnte. Man war bald in der Lage, diese Phänomene auf die Tatsache zurückzuführen, daß sich kleine Materieteilchen, beispielsweise Elektronen, bei Ausbreitung über sehr kleine Entfernungen wie Wellen verhalten (Materiewellen). Wellen können nicht auf beliebig kleine Volumina zusammengepreßt werden, ohne daß ihre Wellenzahl und damit ihr Impuls und ihre Energie unendlich groß werden, H. Kleinert, PATH INTEGRALS 13 1.3 Quantenmechanik und diese Eigenschaft verhindert den Absturz der Elektronen in den Atomkern, zu dem sie nach den Gesetzen der klassischen Physik verurteilt wären. Die diskrete Natur der Zustände eines Elektrons im Atom ergibt sich dann aus der Existenz stehender elektromagnetischer Wellen in einem Hohlraum, die der Analogie wegen auch bei Materiewellen in einem Potentialtopf vorhanden sein müssen. Die unmittelbarste Anschauung von der Wellennatur kleiner Teilchen gewinnt man in Beugungsexperimenten an periodischen Strukturen, zum Beispiel bei der Elektronenbeugung an Kristallen. Wenn ein Elektronenstrahl mit festem Impuls p einen Kristall durchquert, verläßt er ihn in ganz bestimmten, scharf definierten Winkeln zur Einfallsrichtung. Es handelt sich um die wohlbekannten Bragg-Reflexe. Sie sehen den Interferenzmustern elektromagnetischer Wellen sehr ähnlich. In der Tat ist es möglich, beide Interferenzphänomene mit dem gleichen mathematischen Formalismus zu beschreiben. Ein freies Teilchen mit Impuls p wird beschrieben durch eine lokale Feldstärke oder Wellenfunktion Ψp (x, t) = eikx−iωt , (1.70) wobei k als Wellenzahlvektor bezeichnet wird, der proportional zum Impuls p ist. Jedes Streuzentrum, sagen wir im Punkt x′ , wird zur Quelle einer Kugelwelle der Wellenlänge λ = 2π/|k| mit dem räumlichen Verhalten eikR /R, wobei R ≡ |x − x′ | ist. Am Detektor müssen alle eintreffenden Feldstärken zur resultierenden Feldstärke Ψ(x, t) aufsummiert werden. Das Betragsquadrat dieser im allgemeinen komplexen Größe |Ψ(x, t)|2 ist proportional zur Zahl der Elektronen, die auf dem Detektor auftreffen. Das übliche Gedankenexperiment, bei dem diese Regeln auf einfachste Weise zur Anwendung kommen, ist das Doppelspaltexperiment. Ein Elektronenstrahl trifft vertikal auf einen flachen Schirm mit zwei parallelen Spalten mit Abstand d voneinander. Hinter dem Schirm wird die Anzahl der Teilchen gemessen, die pro Zeiteinheit in einen bestimmten Raumwinkel abgelenkt werden (siehe Abb. 1.1): dN dt 2 1 1 ∝ eik(R+ 2 d sin ϕ) + eik(R− 2 d sin ϕ) eikx Abbildung 1.1 Wahrscheinlichkeitsverteilung der Teilchen hinter einem Doppelspalt. 14 1 Grundlagen 2 1 1 1 dN ∝ |Ψ1 + Ψ2 |2 ≈ eik(R+ 2 d sin ϕ) + eik(R− 2 d sin ϕ) 2 . dt R (1.71) Dabei gibt ϕ den Ablenkwinkel bezüglich der Einfallsrichtung an. Bei der Beschreibung eines einzelnen Teilchens verwendet man für die Wellenfunktion Ψ(x, t) konventionsgemäß eine Wahrscheinlichkeitsnormierung. Das Betragsquadrat |Ψ(x, t)|2 gibt die Wahrscheinlichkeitsdichte dafür an, daß sich das Teilchen am Ort x befindet, d.h. d3 x |Ψ(x, t)|2 ist die Wahrscheinlichkeit, mit der es im Volumenelement d3 x um den Punkt x herum angetroffen wird. Der Normierungsfaktor wird so gewählt, daß das Integral über die Wahrscheinlichkeitsdichte den Wert 1 ergibt. Aus dem experimentell beobachteten Zusammenhang zwischen Impuls und Ablenkwinkel ϕ des gebeugten Teilchenstrahls kann man den Zusammenhang zwischen Impuls und Wellenvektor herleiten, p = h̄k. (1.72) Hierbei ist h̄ eine universelle Konstante mit der Dimension einer Wirkung, h̄ ≡ h = 1, 0545919(80) × 10−27 erg sec. 2π (1.73) (Die Zahl in Klammern gibt die Meßunsicherheit in den beiden letzten Ziffern davor an.) Ein ähnlicher Zusammenhang besteht zwischen Energie und Frequenz der Welle Ψ(x, t). Er kann aus Lichtabsorptionsmessungen bestimmt werden, z.B. wenn ein Elektron durch ein Lichtquantum aus der Oberfläche eines Metalls herausgeschlagen wird wie beim Photoeffekt. Aus dem Schwellenverhalten des Photoeffekts liest man ab, daß eine elektromagnetische Welle mit der Zeitabhängigkeit e−iωt folgende Energie auf das Elektron übertragen kann: E = h̄ω. (1.74) Die Proportionalitätskonstante h̄ ist die gleiche wie in (1.72). Der Grund dafür sind folgende Eigenschaften der elektromagnetischen Wellen: Einerseits erfüllen Frequenz ω und Wellenvektor k die Beziehung ω/c = |k|. Andererseits sind Energie und Impuls durch die Beziehung E/c = |p| verknüpft. Daher gehorchen die Quanten der elektromagnetischen Wellen, die Photonen, sicher der Beziehung (1.72) und die Konstante h̄ muß dieselbe sein wie in (1.74). Da Materiewellen und Photonen also beide dem gleichen Zusammenhang (1.72) genügen, bietet es sich an, für die Energie-Frequenz-Beziehung (1.74) eine universelle Gültigkeit zu postulieren, ganz gleich ob die Teilchen massiv oder masselos sind. In der quantenmechanischen Beschreibung entsprechen den freien Teilchen ebene Wellen, die für eine Wellenlänge λ = 2π/|k| = 2πh̄/|p| folgendes Raumzeitverhalten zeigen: Ψp (x, t) = N ei(px−Ep t)/h̄ . (1.75) Dabei ist N eine Normierungskonstante. Beschränkt man sich bei Berechnungen auf ein endliches Volumen, dann wählt man N üblicherweise so, daß das Integral über H. Kleinert, PATH INTEGRALS 15 1.3 Quantenmechanik die Wahrscheinlichkeitsdichte der Wellenfunktion den Wert 1 ergibt. Ist die Funktion hingegen im ganzen Raum definiert, so normiert man die Wellenfunktion gewöhnlich auf eine feste Wahrscheinlichkeitsstromdichte. Der Zusammenhang zwischen Energie Ep und Teilchenimpuls hat die gleiche Form wie in der klassischen Mechanik. Für nichtrelativistische Punktteilchen lautet er Ep = p2 /2M, für relativistische Teilchen q mit Masse gilt Ep = c p2 + M 2 c2 und für masselose Teilchen wie z.B. Photonen Ep = c|p|. Die bekannte Beziehung Ep = h̄ω für Photonen und Materiewellen stellt die Energieerhaltung in der Quantenmechanik sicher. Im allgemeinen sind Energie und Impuls eines quantenmechanischen Teilchens nicht so genau definiert wie im Fall der ebenen Welle (1.75). Ein lokalisiertes Teilchen wird als Überlagerung von vielen ebenen Wellen beschrieben: Ψ(x, t) = Z d3 p f (p)ei(px−Ep t)/h̄ . (2πh̄)3 (1.76) Mit Hilfe einer inversen Fouriertransformation können wir f (p) ausrechnen: f (p) = Z d3 x e−ipx/h̄ Ψ(x, 0). (1.77) Bei geeigneter Wahl von f (p) kann man Ψ(x, t) stets an eine gegebene Anfangsbedingung, sagen wir zum Zeitpunkt t = 0, anpassen. So kann Ψ(x, 0) beispielsweise eine um den Raumpunkt x̄ sehr scharf konzentrierte Funktion sein. Dann ist f (p) näherungsweise eine reine Phase, f (p) ∼ e−ipx̄/h̄ , und die Welle enthält alle Impulse mit der gleichen Wahrscheinlichkeit. Umgekehrt gilt: Je breiter die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsfunktion ist, desto weniger streut die Impulsverteilung. Im Limes ist f (p) nur für genau einen Impuls p̄ von null verschieden, und man findet für das Teilchen an allen Punkten des Raums die gleiche Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Dabei weist die Wahrscheinlichkeitsamplitude ein oszillierendes Verhalten auf: Ψ(x, t) ∼ ei(p̄x−Ep̄ t)/h̄ . Im allgemeinen sind die Breiten von Ψ(x, 0) im Ortsraum und f (p) im Impulsraum zueinander umgekehrt proportional: ∆x ∆p ∼ h̄. (1.78) Dies ist die qualitative Aussage von Heisenbergs Unschärfebeziehung. Wenn die Welle in einem endlichen Gebiet lokalisiert ist und gleichzeitig über einen einigermaßen scharf definierten mittleren Impuls p̄ verfügt, spricht man von einem Wellenpaket. Man kann dann zeigen, daß sich dessen Schwerpunkt mit einer Geschwindigkeit v̄ = ∂Ep̄ /∂ p̄, (1.79) bewegt. Das ist aber genau die Geschwindigkeit eines klassischen Teilchens mit Impuls p̄. Nehmen wir nun an, daß wir ein nichtrelativistisches Teilchen mit Masse M vor uns haben. Die klassische Hamiltonfunktion und damit die Energie Ep sind gegeben durch p2 H(p) = Ep = . (1.80) 2M 16 1 Grundlagen Daher finden wir für die Wellenfunktion Ψp (x, t) die folgende Gleichung: Z d3 p i(px−Ep t)/h̄ = 0. 3 f (p)[H(p) − Ep ]e (2πh̄) (1.81) Die Variablen in der geschweiften Klammer lassen sich nun durch Differentialoperatoren ersetzen: p̂ = −ih̄∂x , (1.82) Ê = ih̄∂t , die wir vor das Integral schreiben dürfen. Wir können demnach (1.81) umformen in die Differentialgleichung [H(−ih̄∂x ) − ih̄∂t ] Ψ(x, t) = 0. (1.83) Das ist die Schrödingergleichung für ein freies Teilchen. Diese Gleichung legt nahe, daß die Bewegung eines Teilchen mit einer beliebigen klassischen EinteilchenHamiltonfunktion H(p, x, t) der folgenden natürlichen Verallgemeinerung von (1.83) gehorcht: (1.84) Ĥ − ih̄∂t Ψ(x, t) = 0. Dabei ist Ĥ der Differentialoperator Ĥ ≡ H(−ih̄∂x , x, t). (1.85) Die Ersetzungsregel p̂ → −ih̄∂x , die von der klassischen Hamiltonfunktion H(p, x, t) auf Ĥ führt, werden wir als Korrespondenzprinzip bezeichnen.4 In den Abschnitten 1.7–1.8 wird sich zeigen, daß dieses Prinzip problemlos nur für kartesische Koordinaten gilt. Die Gültigkeit der Schrödingergleichung (1.84) ist durch das Experiment bestätigt. Besonders genau hat man dies für das Coulomb-Potential untersucht, bei dem der Hamiltonoperator p̂2 e2 Ĥ(p, x) = − (1.86) 2M r die Quantenmechanik des Wasserstoffatoms in den Relativkoordinaten von Elektron und Proton beschreibt. Da das Betragsquadrat der Wellenfunktion |Ψ(x, t)|2 als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretiert wird, muß für ein Einteilchensystem das Integral über das gesamte Volumen auf 1 normiert sein: Z 4 d3 x |Ψ(x, t)|2 = 1. (1.87) Unsere Formulierung weicht von der historischen ab, die in der Anfangsphase der Quantenmechanik gewisse Übersetzungsregeln von klassischen in quantenmechanische Beziehungen aufstellte. Die obige Ersetzungsregel für die Impulse ist auch als Jordan-Regel bekannt. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 17 1.3 Quantenmechanik Die Dynamik des Systems stellt sicher, daß diese Normierung für alle Zeiten erhalten bleibt. Wenn Ψ(x, t) der Schrödingergleichung (1.84) gehorcht, kann diese Bedingung nur in dem Fall erfüllt sein, daß der Hamiltonoperator ein hermitescher Differentialoperator5 ist, d.h. falls er für beliebige Wellenfunktionen Ψ1 , Ψ2 die Gleichung Z Z ∗ 3 d x [ĤΨ2 (x, t)] Ψ1 (x, t) ≡ d3 x Ψ∗2 (x, t)ĤΨ1 (x, t) (1.88) erfüllt. Die linke Seite dieser Gleichung kann mit Hilfe des hermitesch adjungierten Operators Ĥ † des Operators Ĥ ausgedrückt werden. Dies ist der eindeutig bestimmte Operator, der für alle Zustände Ψ1 (x, t), Ψ2 (x, t) die Identität Z d 3 x Ψ∗2 (x, t)Ĥ † Ψ1 (x, t) ≡ Z d3 x [ĤΨ2 (x, t)]∗ Ψ1 (x, t) (1.89) befriedigt. Ein Operator Ĥ heißt hermitesch, wenn er mit seiner Adjungierten Ĥ † übereinstimmt: Ĥ † = Ĥ. Ein Hamiltonoperator muß immer hermitesch sein. Dies sieht man durch Berechnung der Zeitableitung des Integrals über zwei beliebige Wellenfunktionen Z 3 ∗ d x Ψ2 (x, t)Ψ1 (x, t). Mit Hilfe der Schrödingergleichung (1.84) beweist man, daß diese dann und nur dann verschwindet, wenn Ĥ hermitesch ist: ih̄∂t = Z Z d3 x Ψ∗2 (x, t)Ψ1 (x, t) d3 x Ψ∗2 (x, t)ĤΨ1 (x, t) − Z d3 x [ĤΨ2 (x, t)]∗ Ψ1 (x, t) = 0. (1.90) Insbesondere ist das Normierungsintegral d3 x |Ψ(x, t)|2 = 1 zeitunabhängig, wie oben gefordert. Umgekehrt kann man für jeden nicht-hermiteschen Operator Ĥ stets einen Eigenzustand finden, dessen Norm sich mit der Zeit verändert.6 Da p̂ = −ih̄∂x und x selbst hermitesche Operatoren sind, ist Ĥ automatisch ebenfalls ein hermitescher Operator, falls er sich als Summe aus kinetischer und potentieller Energie schreiben läßt: R H(p, x, t) = T (p, t) + V (x, t). (1.91) Dies ist für nichtrelativistische Teilchen in kartesischen Koordinaten x immer der Fall. Wenn p und x miteinander multipliziert im gleichen Term von H 5 Probleme, die durch die Unbeschränktheit und Unstetigkeit des Hamiltonoperators und anderer quantenmechanischen Operatoren auftreten, wie z.B. Einschränkungen der Definitionsbereiche, sind hier ausgeklammert, da sie gut verstanden sind. Entsprechend wird der Unterschied zwischen hermiteschen und selbstadjungierten Operatoren übergangen. Zu diesen Themen siehe J. v. Neumann, Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik , Springer, Berlin, 1932. Die in Kapitel 9 auftauchenden und gelösten Probleme mit Pfadintegralen haben allerdings einen engen Bezug zu denen der Operatorquantenmechanik, der noch einer genaueren Untersuchung bedarf. 6 Ein beliebiger Eigenzustand von (H − H † )/i mit von null verschiedenem Eigenwert leistet dies. 18 1 Grundlagen vorkommen, z.B. in dem Ausdruck p2 x2 , führt das Korrespondenzprinzip auf keinen eindeutigen quantenmechanischen Operator Ĥ, sondern es gibt zunächst unendlich viele mögliche hermitesche Operatoren, die im Beispiel jeweils aus einem Produkt von zwei p̂- und zwei x̂-Operatoren in verschiedenen Anordnungen bestehen [etwa α(p̂2 x̂2 + β x̂2 p̂2 )/2 + γ p̂x̂2 p̂ mit α + β + γ = 1], und die alle den gleichen klassischen Limes p2 x2 besitzen. Auf den ersten Blick scheint es, als könne nur experimentell entschieden werden, welches die korrekte Operatorenreihenfolge ist. Dies ist das berüchtigte Operatorordnungsproblem der Quantenmechanik , das Theoretikern in der Vergangenheit viel Kopfzerbrechen bereitet hat. Für geometrisch verursachte Ordnungsprobleme gelang es uns kürzlich, ein einfaches geometrisches Prinzip anzugeben, das anscheinend immer auf die physikalisch korrekte Operatorordnung führt. Solange wir dieses noch nicht ausführlich erörtert haben, nehmen wir zwecks Vermeidung von Zweideutigkeiten vorerst an, daß H(p, x, t) immer die Form (1.91) hat. Auf Ausnahmen wird stets ausdrücklich hingewiesen. Das allgemeinere dynamische N-Teilchenproblem im euklidischen Raum läßt sich mit den 3N kartesischen Koordinaten xν (ν = 1, . . . , N) parametrisieren. Der Hamiltonoperator hat dann die Form H(p̂ν , xν , t) = p̂2ν + V (xν , t), ν=1 2Mν N X (1.92) wobei die Argumente pν , xν in H und V für alle pν , xν mit ν = 1, 2, 3, . . . , N stehen. Die Wellenfunktion Ψ(xν , t) gehorcht der N-Teilchen-Schrödingergleichung, ( 1.4 − N X ν=1 " h̄2 ∂ 2 + V (xν , t) 2Mν xν #) Ψ(xν , t) = ih̄∂t Ψ(xν , t). (1.93) Diracs Bra-Ket-Formalismus Mathematisch kann man die Wellenfunktion Ψ(x, t) als Vektor in einem unendlichdimensionalen komplexen Vektorraum ansehen, der Hilbertraum genannt wird. Die Ortsraumvariablen x übernehmen dann die Rolle der in diesem Fall überabzählbar unendlich vielen Vektorindizes. Wir können wie im endlichdimensionalen Vektorraum eine Komponentendarstellung der Vektoren angeben. Dem D-dimensionalen Vektor v mit den Komponenten vi , deren Indizes die Werte i = 1, . . . , D durchlaufen, entspricht im quantenmechanischen Zustandsraum der Vektor Ψ mit den Komponenten Ψ(x, t) und den Indizes x: Ψ(x, t) ≡ Ψx (t). (1.94) Im komplexen Vektorraum ist die Norm eines Vektors gewöhnlich definiert durch |v|2 = H. Kleinert, PATH INTEGRALS X i vi∗ vi . (1.95) 19 1.4 Diracs Bra-Ket-Formalismus Die kontinuierliche Version davon ist 2 |Ψ| = Z d 3 x Ψ∗x (t)Ψx (t) Z = d3 x Ψ∗ (x, t)Ψ(x, t). (1.96) Die Normierungsbedingung (1.87) besagt, daß die physikalischen Zustände die Norm |Ψ| = 1 haben, d.h. daß sie Einheitsvektoren in diesem Hilbertraum sind. In einem Vektorraum gibt es stets viele Möglichkeiten, eine Orthonormalbasis von Vektoren bi a auszuwählen, nach denen dann jeder andere Vektor entwickelt werden kann als X a vi = (1.97) bi va , a wobei die Koeffizienten va durch das Skalarprodukt va ≡ ausgerechnet werden. Die Orthonormalitätsbeziehung X bi a∗ vi letzte X (1.98) i Gleichung ′ ′ bi a∗ bi a = δ aa . ist eine Folge der (1.99) i In völliger Analogie mit dem endlichdimensionalen Fall gibt es viele Möglichkeiten, im quantenmechanischen Hilbertraum Orthonormalbasen von Funktionen f a (x) zu finden. Jede andere Funktion kann nach einer solchen Orthonormalbasis entwickelt werden: X a Ψ(x, t) = f (x)Ψa (t). (1.100) a Die Koeffizienten sind Ψa (t) = Z d3 x f a (x)∗ Ψ(x, t), (1.101) wie sofort aus der Orthonormalitätsbeziehung Z ′ ′ d3 x f a (x)∗ f a (x) = δ aa (1.102) folgt. Genauso können wir jeden anderen vollständigen Funktionssatz als Basis g b(x) verwenden. Wenn dieser orthonormal ist, Z d3 x g b (x)∗ g b (x) = δ bb , ′ ′ (1.103) g b (x)Ψb (t) (1.104) gilt die Entwicklung Ψ(x, t) = X b mit den Koeffizienten Ψb (t) = Z d3 x g b(x)∗ Ψ(x, t). (1.105) 20 1 Grundlagen Wenn wir hier (1.100) einsetzen, können die Koeffizienten durch die folgende Formel ineinander umgerechnet werden: Ψb (t) = X Z 3 b ∗ a d x g (x) f (x) Ψa (t). a (1.106) Es ist äußerst nützlich, das Skalarprodukt zweier Basisfunktionen in der sogenannten Klammerschreibweise anzugeben, und zwar hb|ai ≡ Z d3 x g b (x)∗ f a (x). (1.107) Dementsprechend schreiben sich die Komponenten der Zustandsvektoren Ψ(x, t) in (1.101) und (1.105) als Ψa (t) = ha|Ψ(t)i, (1.108) Ψb (t) = hb|Ψ(t)i. Die Transformationsformel (1.106) erhält dann die Form hb|Ψ(t)i = X a hb|aiha|Ψ(t)i. (1.109) Die rechte Seite dieser Gleichung gewinnt man formal durch Einschieben des Einheitsoperators in der symbolischen Schreibweise X a |aiha| = 1 (1.110) zwischen hb| und |Ψ(t)i auf der linken Seite: hb|Ψ(t)i = hb|1|Ψ(t)i = X a hb|aiha|Ψ(t)i. (1.111) Da eine solche Entwicklung nur dann durchgeführt werden kann, wenn die Funktionen g b(x) eine vollständige Basis bilden, ist die Beziehung (1.110) ein abstraktes Kriterium für die Vollständigkeit der Basisfunktionen. Deshalb heißt (1.110) auch Vollständigkeitsbeziehung. Dirac hat als erster vorgeschlagen, das Klammerskalarprodukt in zwei Teile zu zerlegen, wie wir es in (1.110) getan haben, und die abstrakten Objekte ha| und |ai nach dem englischen Wort bracket“ für ” Klammer“ Bra und Ket (d.h. Klam und Mer ) zu nennen. ” In der Klammerschreibweise sieht die Orthonormalitätsbeziehung für die Basis a f (x) und g b (x) so aus: ha|a′ i = hb|b′ i = Z Z ′ ′ d3 x f a (x)∗ f a (x) = δ aa , ′ ′ d3 x g b(x)∗ g b (x) = δ bb . (1.112) Besonders wichtig ist die Orthonormalbasis, die aus den sogenannten lokalen Basisfunktionen besteht. Diese können folgendermaßen konstruiert werden: Man H. Kleinert, PATH INTEGRALS 21 1.4 Diracs Bra-Ket-Formalismus denke sich das räumliche Kontinuum als Grenzfall einer diskreten kubischen Gitterstruktur mit Gitterkonstante ǫ. Die Mittelpunkte der Würfel mögen bei xn = (n1 , n2 , n3 )ǫ, n1,2,3 = 0, ±1, ±2, . . . (1.113) liegen. Es sei hn (x) ein Satz von Funktionen, die im ganzen Raum den Wert null annehmen mit Ausnahme eines einzigen Würfels der Größe ǫ3 , dessen Mittelpunkt bei xn liegt, d.h. für jede Komponente xi von x ist hn (x) = ( √ 1/ ǫ3 |xi − xni | ≤ ǫ/2, 0 (1.114) sonst. Dieser Satz von Funktionen ist offenbar orthonormal, d.h. Z ′ ′ (1.115) hn (x)Ψn (t), (1.116) d3 x hn (x)∗ hn (x) = δ nn . Man betrachte nunmehr die Entwicklung Ψ(x, t) = X n mit den Koeffizienten Ψn (t) = Z 3 n ∗ d x h (x) Ψ(x, t) ≈ q ǫ3 Ψ(xn , t). (1.117) Sie stellt eine ausgezeichnete Näherung für das wirkliche Ψ(x, t) dar, wenn es nur hinreichend glatt ist und die Gitterkonstante ǫ klein ist gegen den Abstand, auf dem Ψ(x, t) typischerweise variiert. Sofern Ψ(x, t) integrierbar ist, wird das Integral über die Summe (1.116) sicher gegen das Integral über Ψ(x, t) konvergieren. Das gleiche gilt auch für Skalarprodukte, die mit Ψ(x, t) und einer beliebigen anderen Wellenfunktion gebildet werden, und somit auch für alle beobachtbaren Wahrscheinlichkeitsamplituden. Sie können näherungsweise aus den Komponenten in (1.117) berechnet werden. So wie oben die Funktionen f a (x), g b(x) als Basis benutzt wurden, können die Funktionen hn (x) als Näherungsbasis dienen, und zwar mit jeder beliebigen Genauigkeit, wenn man nur ǫ klein genug wählt. Es ist nützlich, abstrakte Bras und Kets für die Basisfunktionen hn (x) einzuführen. Sie werden mit hxn | und |xn i bezeichnet. Die Orthonormalitätsbeziehung (1.115) erhält in der Klammerschreibweise die Form n n′ hx |x i ≡ Z ′ ′ d3 x hn (x)∗ hn (x) = δ nn . (1.118) Die Komponenten Ψn (t) kann man als Skalarprodukte ansehen: n Ψn (t) ≡ hx |Ψ(t)i ≈ q ǫ3 Ψ(xn , t). (1.119) 22 1 Grundlagen Einen Basiswechsel zum Beispiel zu den Zuständen |ai kann man gemäß den oben vorgestellten Regeln durchführen, indem man eine Vollständigkeitsbeziehung vom Typ (1.110) einschiebt. Das ergibt Ψn (t) = hxn |Ψ(t)i = X a hxn |aiha|Ψ(t)i. (1.120) Auch die Umkehrbeziehung ist gültig: X ha|Ψ(t)i = n ha|xn ihxn |Ψ(t)i. (1.121) Diese ist natürlich nur eine Näherung für das Integral Z d3 x f a (x)∗ hx|Ψ(t)i. (1.122) Die Vollständigkeit der Basis hn (x) kann nun durch eine ähnliche abstrakte Beziehung wie für die anderen Basen ausgedrückt werden: X n |xn ihxn | ≈ 1, (1.123) mit dem einzigen Unterschied, daß hier statt des Gleichheitszeichens nur das Ungefährzeichen gilt, das sich jedoch im Limes der Gitterkonstanten ǫ → 0 in ein richtiges Gleichheitszeichen verwandelt. In der traditionellen Analysis werden Folgen von immer feiner werdenden Riemann-Summen schließlich zu Integralen. Indem wir hier formal den gleichen Grenzübergang durchführen, erhalten wir neue, kontinuierliche Skalarprodukte 1 hx|Ψ(t)i ≈ √ 3 hxn |Ψ(t)i, ǫ (1.124) wobei jeweils xn der Gitterpunkt ist, der x am nächsten liegt. Wegen (1.119) is die reche Seite gleich ≈ Ψ(xn , t). (1.125) Im Grenzwert ǫ → 0 fallen x und xn zusammen, und wir setzen hx|Ψ(t)i ≡ Ψ(x, t). (1.126) Die Vollständigkeitsbeziehung kann ähnlich geschrieben werden: ha|Ψ(t)i ≈ X ha|xn ihxn |Ψ(t)i ≈ X ǫ3 ha|xihx|Ψ(t)i n Im Grenzwert ǫ → 0 wird dies zu ha|Ψ(t)i = H. Kleinert, PATH INTEGRALS n Z (1.127) x=xn d3 x ha|xihx|Ψ(t)i. . (1.128) 23 1.4 Diracs Bra-Ket-Formalismus Das gleiche Ergebnis erhält man auch durch Einschieben einer formalen Vollständigkeitsbeziehung mit den Grenzwerten der Bras und Kets hx| und |xi der lokalen Basis zwischen die Vektoren ha| und |Ψ(t)i: Z d3 x |xihx| = 1. (1.129) Im Grenzwert ǫ → 0 kann man mit Wellenfunktionen als Komponenten der Zustandsvektoren |Ψ(t)i bezüglich der lokalen Basis |xi genauso arbeiten wie mit jedem anderen Satz von Komponenten bezüglich beliebiger Basisvektoren |ai. So läßt sich der Ausdruck Z ha|Ψ(t)i = d3 x ha|xihx|Ψ(t)i (1.130) als eine nach Formel (1.109) durchgeführte Entwicklung einer Komponente von |Ψ(t)i in einer Basis |ai nach den Basisvektoren |bi=|xi ˆ ansehen. Um die Transformationseigenschaften möglichst effizient in den Formalismus einzubeziehen, hat es sich eingebürgert, einen beliebigen physikalischen Zustandsvektor basisunabhängig zu behandeln und ihn als Ket |Ψ(t)i zu bezeichnen. Die Komponenten dieses Vektors können in jeder gewünschten Basis mit Hilfe der entsprechenden Vollständigkeitsbeziehung X a |aiha| = 1 (1.131) ermittelt werden. Sie liefert die Entwicklung |Ψ(t)i = X a |aiha|Ψ(t)i. (1.132) Eine solche Reihe kann mit einem beliebigen Bra hb| von links multipliziert werden, und man gewinnt einmal mehr die Formel (1.111): hb|Ψ(t)i = X a hb|aiha|Ψ(t)i. (1.133) Insbesondere können wir von der Vollständigkeitsbeziehung für die lokalen Basiszustände Z d3 x |xihx| = 1 (1.134) Gebrauch machen und erhalten die Entwicklung |Ψ(t)i = Z d3 x |xihx|Ψ(t)i, (1.135) die uns einmal mehr vor Augen führt, daß die Wellenfunktion Ψ(x, t) = hx|Ψ(t)i als die x-te Komponente des Zustandsvektors |Ψ(t)i in der lokalen Basis |xi angesehen werden kann, welche ihrerseits als Grenzwert der diskreten Basisvektoren |xn i aufzufassen ist: 1 (1.136) |xi ≈ √ 3 |xn i , ǫ 24 1 Grundlagen wobei xn der am nächsten bei x liegende Gitterpunkt ist. Bra-Vektoren eignen sich für die Beschreibung eines Systems ebensogut wie Ket-Vektoren. Die Konsistenz des Formalismus ist dadurch gewährleistet, daß die Skalarprodukte Z ha|bi = d3 x f a (x)∗ g b(x), Z (1.137) hb|ai = d3 x g b (x)∗ f a (x) die Gleichung hb|ai ≡ ha|bi∗ (1.138) erfüllen. Für die Entwicklung eines Ket-Vektors nach einer Basis folgt |Ψ(t)i = X |aiha|Ψ(t)i, (1.139) hΨ(t)|aiha|. (1.140) a für einen Bra gilt entsprechend hΨ(t)| = X a Wenn wir schließlich die erste Gleichung mit dem Bra hx| und die zweite mit dem Ket |xi multiplizieren, ergeben sich Beziehungen, die zueinander komplex-konjugiert sind. Der Diracsche Bra-Ket-Formalismus ist elegant und leicht zu handhaben. Allerdings ist die Existenz der lokalen Basiszustände |xi zunächst unvereinbar mit einer Grundvoraussetzung der Quantenmechanik, nach der physikalische Zustandsvektoren wegen der Wahrscheinlichkeitsinterpretation für Einteilchenzustände stets auf eins normiert sein müssen. Die oben eingeführten |xi gehorchen dieser Bedingung nicht. Das Skalarprodukt zwischen zwei verschiedenen Zuständen hx|, |x′i lautet nämlich hx|x′ i ≈ 1 n n′ 1 nn′ , 3 hx |x i = 3 δ ǫ ǫ (1.141) ′ wobei xn , xn die den Punkten x und x′ benachbarten Gitterpunkte darstellen. Daraus folgt, daß für x 6= x′ das Skalarprodukt null wird. Andererseits wird es für x = x′ im Grenzwert ǫ → 0 unendlich. Für alle ǫ gilt dabei ǫ3 X n′ 1 nn′ δ = 1. ǫ3 (1.142) Der durch einen Grenzübergang definierte Zustand |xi ist daher kein normierbarer Zustandsvektor im Hilbertraum. Die Eleganz des Formalismus wird nun bedeutend erhöht, wenn man die Normierbarkeitsbedingung Gl. (1.87) abschwächt und sogenannte uneigentliche Zustände |xi zum physikalischen Hilbertraum hinzufügt. Wir werden sogar alle Zustände zulassen, die sich durch einen Grenzprozeß von normierten Zustandsvektoren annähern lassen. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 25 1.4 Diracs Bra-Ket-Formalismus In Analogie zu den Besonderheiten der Zustände |xi sind auch ihre Skalarprodukte wie hx|x′ i keine echten Funktionen der Mathematik. Dennoch lassen sie sich in vieler Hinsicht formal wie ordinäre Funktionen behandeln. Dazu führt man das Diracsche Symbol δ (3) (x − x′ ) ein: hx|x′ i ≡ δ (3) (x − x′ ). (1.143) Die rechte Seite wird entsprechend der Gleichung (1.141) für endliche aber kleine ǫ durch ′ 1 (1.144) δ (3) (x − x′ ) ≈ 3 δ nn ǫ definiert. Also verschwindet δ (3) (x−x′ ) überall in x, außer in einer unendlich kleinen Umgebung des Punktes x ≈ x′ . Für ǫ → 0 hat δ (3) (x − x′ ) die Eigenschaft δ (3) (x − x′ ) = 0 für x 6= x′ . (1.145) Für x = x′ muß die Funktion“ δ (3) (x − x′ ) so groß sein, daß ihr Volumenintegral ” entsprechend Gl. (1.142) eins ergibt: Z d3 x′ δ (3) (x − x′ ) = 1. (1.146) Man beachte, daß eine ordentliche mathematische Funktion niemals die Bedingungen (1.145) und (1.146) gleichzeitig erfüllen kann. Nur die Näherungsausdrücke für das δ-Objekt sind wirkliche Funktionen. In dieser Hinsicht verhält es sich mit den Skalarprodukten hx|x′ i genauso wie mit den Zuständen |xi selbst: Die einen wie die anderen sind als Grenzwerte von wohldefinierten Objekten aufzufassen. Wenn wir die verallgemeinerten Zustände |xi in den Raum der physikalischen Zustände aufnehmen, sollten wir offensichtlich auch Ausdrücke wie hx|x′ i für das Skalarprodukt auf ähnliche Weise zu verallgemeinerten Funktionen erklären. In der Mathematik ist es im Rahmen der Distributionstheorie, die auch Theorie der verallgemeinerten Funktionen genannt wird, gelungen, Ausdrücke wie δ (3) (x − x′ ) konsistent zu handhaben. Sie werden dadurch definiert, daß ihre Wirkung auf gewisse Klassen von Funktionen, die sogenannten Testfunktionen, innerhalb von Integralen festgelegt wird. Die Testfunktionen sind beliebig oft differenzierbare Funktionen, die im Unendlichen hinreichend schnell verschwinden. Dadurch sind die Distributionen lineare Funktionale auf diesen Testfunktionen. Sei f (x) eine solche Testfunktion, dann erfüllt δ (3) (x − x′ ) die Bedingung Z d3 x δ (3) (x − x′ )f (x′ ) = f (x) (1.147) für alle f (x). In der Quantenmechanik spielen die Wellenpakete Ψ(x, t) die Rolle der Testfunktionen. Dirac war der Erfinder sowohl des Bra-Ket-Formalismus als auch der verallgemeinerten Funktion δ (3) (x − x′ ). Letztere heißt daher Diracsche δ-Funktion. 26 1 Grundlagen In der Bra-Ket-Schreibweise kann die Schrödingergleichung auch in einer basisunabhängigen Form als Operatorgleichung geschrieben werden, Ĥ|Ψ(t)i ≡ H(p̂, x̂, t)|Ψ(t)i = ih̄∂t |Ψ(t)i, (1.148) die durch die folgenden Bedingungen an den kanonischen Operator zu ergänzen ist: hx|p̂ ≡ −ih̄∂x hx|, hx|x̂ ≡ xhx|. (1.149) (1.150) Ein beliebiges Matrixelement erhält man durch Multiplikation mit den entsprechenden Kets, wie z.B. den lokalen Basisvektoren |x′ i: hx|p̂|x′ i = −ih̄∂x hx|x′ i = −ih̄∂x δ (3) (x − x′ ), (1.151) hx|x̂|x′ i = xhx|x′ i = xδ (3) (x − x′ ). (1.152) Die ursprüngliche Differentialoperatorform der Schrödingergleichung (1.84) gewinnt man, indem man ihre basisunabhängige Form (1.148) mit den Bras hx| von links multipliziert: hx|H(p̂, x̂, t)|Ψ(t)i = H(−ih̄∂x , x, t)hx|Ψ(t)i = ih̄∂t hx|Ψ(t)i. (1.153) Offenbar sind die Operatoren p̂ und x̂ in jeder Basis hermitesche Matrizen: ha|p̂|a′ i = ha′ |p̂|ai∗ , (1.154) ha|x̂|a′ i = ha′ |x̂|ai∗ , (1.155) ebenso wie der Hamiltonoperator ha|Ĥ|a′ i = ha′ |Ĥ|ai∗ , (1.156) wenn er nur die übliche Form (1.91) hat. Im verallgemeinerten Hilbertraum, der von den Zuständen |xi aufgespannt wird, läßt sich jeder Operator basisunabhängig als Funktion der Operatoren p̂, x̂ und der Zeitvariablen t schreiben Ô(t) ≡ O(p̂, x̂, t). (1.157) Ganz allgemein heißt ein basisunabhängig geschriebener Operator hermitesch, wenn seine Matrixdarstellungen für jede beliebige Basis diese Eigenschaft besitzen. Der hermitesch-adjungierte Operator O † (t) ist definiert durch die Matrixelemente ha|O †(t)|a′ i ≡ ha′ |O(t)|ai∗. (1.158) Unter Verwendung dieser Definition können wir die Gleichungen (1.154) - (1.156) nun auch in basisunabhängiger Form schreiben p̂ = p̂† , x̂ = x̂† , Ĥ = Ĥ † . H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.159) 27 1.5 Observable Größen 1.5 Observable Größen Basistransformationen sind ein wichtiges Hilfsmittel für die Analyse des physikalisch beobachtbaren Gehalts eines Zustandsvektors. Nehmen wir als Beispiel A = A(p, x) eine beliebige zeitunabhängige reelle Funktion der Phasenraumvariablen p und x. Die Impulse p und Orte x selbst, die Hamiltonfunktion H(p, x) und der Drehimpuls L = x × p sind wichtige Beispiele für A. In der Quantenmechanik wird jeder klassischen Observablen eine quantenmechanische Observable zugeordnet. Ihr entspricht ein hermitescher Operator, den man erhält, indem man im klassischen Ausdruck jedes p durch den Operator p̂ ersetzt und jedes klassische x durch x̂:  ≡ A(p̂, x̂). (1.160) Diese Ersetzungsregel ist eine Erweiterung des Korrespondenzprinzips für den Hamiltonoperator (1.85) auf Funktionen im Phasenraum, die damit zu quantenmechanischen Observablen werden. Dabei wird vorausgesetzt, daß die einfache Ersetzung einen eindeutig bestimmten hermiteschen Operator liefert, d.h. daß es kein Operatorordnungsproblem gibt, wie wir bereits im Anschluß an (1.91) für den Hamiltonoperator vorausgesetzt hatten.7 Wenn Mehrdeutigkeiten auftreten, reicht das naive Korrespondenzprinzip nicht mehr aus, um den zu einer Observablen gehörigen Operator festzulegen. Dann muß die korrekte Operatorordnung aus experimentellen Ergebnissen ermittelt werden, wenn sie nicht durch einfache geometrische Prinzipien festlegbar ist, wie es in Kapitel 8 für den Hamiltonoperator möglich sein wird. Wenn eine quantenmechanische Observable  hermitesch ist, dann besitzt sie die nützliche Eigenschaft, daß alle ihre Eigenvektoren |ai zusammengenommen Â|ai = a|ai (1.161) stets als Basis im Hilbertraum dienen können. Die Vektoren |ai erfüllen die Vollständigkeitsbeziehung X |aiha| = 1. (1.162) a Entscheidend für die physikalische Interpretation der Quantenmechanik sind die Koeffizienten der Entwicklung |Ψ(t)i = X a |aiha|Ψ(t)i. (1.163) Für einen beliebigen Zustandsvektor |Ψ(t)i geben die Skalarprodukte ha|Ψ(t)i (1.164) die Wahrscheinlichkeitsamplituden dafür, daß eine Messung der Observablen A an einem System im Zustand |Ψ(t)i den Wert a ergibt. 7 Man beachte, daß es für den Drehimpulsoperator selbst L̂ = x̂ × p̂ kein Ordnungsproblem gibt. 28 1 Grundlagen Die Wellenfunktion Ψ(x, t) selbst ist ein Beispiel für eine solche Auswertung. Wenn wir sie als Skalarprodukt Ψ(x, t) = hx|Ψ(t)i (1.165) schreiben, erkennen wir, daß sie unmittelbar die Wahrscheinlichkeitsamplitude dafür angibt, bei Messung des Teilchenorts x̂ im Zustand |Ψ(t)i den Wert x zu finden, wodurch |Ψ(x, t)|2 die Wahrscheinlichkeitsdichte im Ortsraum wird. Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt den Impulsoperator p̂. Seine Eigenzustände erhält man durch Lösen der Eigenwertgleichung p̂|pi = p|pi. (1.166) Wenn wir sie mit hx| von links multiplizieren und (1.149) benutzen, so finden wir die Differentialgleichung hx|p̂|pi = −ih̄∂x hx|pi = phx|pi. (1.167) Eine ihrer Lösungen ist 1 hx|pi ∝ √ 3 eipx/h̄ . (1.168) L Bis auf einen Normierungsfaktor ist dies genau die ebene Welle, die in (1.70) zur Beschreibung freier Teilchen mit Impuls p eingeführt worden ist. Damit die Impulseigenzustände |pi eine endliche Norm haben können, muß das System auf ein endliches Volumen, z.B. einen würfelförmigen Kasten mit Seitenlänge L beschränkt bleiben. In diesem Fall ist das Impulsspektrum diskret. Wenn wir periodische Randbedingungen wählen, sind die möglichen Impulseigenwerte pm = 2πh̄ (m1 , m2 , m3 ), L mi = 0, ±1, ±2, . . . . (1.169) Wir wählen nun die Konstante vor dem Ausdruck exp (ipm x/h̄) so, daß die Norm des Zustandes eins beträgt: 1 hx|pm i = √ 3 exp (ipm x/h̄) . L (1.170) Die diskreten Zustände |pm i gehorchen der Gleichung Z 2 d3 x |hx|pm i| = 1. (1.171) In einem Kasten endlicher Größe bilden die Zustände |pm i eine Basis: X m |pm ihpm | = 1. (1.172) Wir können mittels dieser Beziehung und der Matrixelemente hx|pm i jede Wellenfunktion entwickeln: Ψ(x, t) = hx|Ψ(t)i = H. Kleinert, PATH INTEGRALS X m hx|pm ihpm |Ψ(t)i. (1.173) 29 1.5 Observable Größen Wenn der Kasten sehr groß ist, kann die Summe über die diskreten Impulse pm näherungsweise durch ein Integral im Impulsraum wiedergegeben werden:8 X m ≈ Z d3 pL3 . (2πh̄)3 (1.174) Im Grenzwert L → ∞ kann man die Zustände pm benutzen, um uneigentliche Basisvektoren zu definieren: q (1.175) |pi ≈ L3 |pm i, q genauso wie |xn i oben verwendet wurde zur Definition von |xi ∼ (1/ ǫ3 )|xn i [siehe (1.136)]. Die im Grenzfall kontinuierliche Basis aus Impulseigenzuständen |pi ist orthonormal: hp|p′ i = (2πh̄)3 δ (3) (p − p′ ), (1.176) wobei δ (3) (p − p′ ) wiederum die Diracsche δ-Funktion ist. Diese Zustände erfüllen die Vollständigkeitsbeziehung Z d3 p |pihp| = 1. (2πh̄)3 (1.177) Im Grenzwert L → ∞ wird die Entwicklung (1.173) daher zu Ψ(x, t) = Z d3 p hx|pihp|Ψ(t)i, (2πh̄)3 (1.178) mit den Impulseigenfunktionen hx|pi = eipx/h̄ . (1.179) Das stimmt genau mit der Fourierzerlegung überein, die wir weiter oben im Zusammenhang mit der allgemeinen Teilchenwelle Ψ(x, t) in (1.76), (1.77) eingeführt haben. Dazu identifiziert man: hp|Ψ(t)i ≡ f (p)e−iEp t/h̄ . (1.180) Der Bra-Ket-Formalismus reproduziert automatisch die Technik der Fouriertransformation. Die Fouriersche Umkehrformel entsteht, wenn man einfach eine R Vollständigkeitsbeziehung in der Form d3 x|xihx| = 1 zwischen Bra und Ket in hp|Ψ(t)i einschiebt: hp|Ψ(t)i = = 8 Z Z d3 x hp|xihx|Ψ(t)i 3 −ipx/h̄ d xe (1.181) Ψ(x, t). Eine Ausnahme ist das superflüssige Helium, wo der Grundzustand |p = 0i gesondert berücksichtigt werden muß, weil sich in ihm aufgrund der sogenannten Bose-Einstein-Kondensation eine große Zahl von Teilchen versammelt. Siehe L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Statistische Physik , Teil 1, Akademie-Verlag, Berlin, 1991, § 62. 30 1 Grundlagen Die Amplituden hp|Ψ(t)i werden Impulsraumwellenfunktionen genannt. R Indem man die Vollständigkeitsbeziehung d3 x|xihx| = 1 zwischen die Impulseigenzustände auf der linken Seite der Orthonarmalitätsbeziehung (1.176 einsetzt, erhalten wir die Fourierdarstellung der δ-function: hp|p′ i = = Z d3 x hp|xihx|p′ i Z ′ d3 x e−i(p−p )x/h̄ . (1.182) Wir haben bereits festgestellt [siehe die auf (1.76) und (1.77) folgenden Erläuterungen], daß die Wellenfunktionen im Orts- und im Impulsraum aufgrund der Eigenschaften der Fouriertransformation Breiten haben, die einander umgekehrt proportional sind. Wenn ein Wellenpaket im Ortsraum in einem Gebiet der Ausdehnung ∆x lokalisiert ist, muß seine Impulsraumwellenfunktion eine Breite ∆p aufweisen mit ∆x ∆p ∼ h̄. (1.183) Im Rahmen der abstrakten Hilbertraum-Betrachtungsweise folgt diese Unschärfebeziehung aus der Nichtvertauschbarkeit der Operatoren x̂ und p̂. Es gelten nämlich die kanonischen Vertauschungsregeln [p̂i , x̂j ] = −ih̄δij , [x̂i , x̂j ] = 0, [p̂i , p̂j ] = 0. (1.184) Ganz allgemein kann an einem quantenmechanischen System eine Observable  dann und nur dann den scharfen Meßwert a annehmen, wenn das System sich in einem Eigenzustand von  mit Eigenwert a befindet: Â|ai = a|ai. (1.185) Dann können wir nämlich aufgrund der oben angegebenen Regel folgende Entwicklung vornehmen: X |Ψ(t)i = |aiha|Ψ(t)i, (1.186) a 2 in der |ha|Ψ(t)i| die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, daß irgendein Eigenwert a als Meßwert ermittelt wird. Wenn nun ein bestimmter Wert a als einziger eine nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit aufzuweisen hat, dann muß der Zustand des Systems mit |ai übereinstimmen. Nachdem wir alle Eigenwerte und Eigenzustände einer Observablen  gefunden haben, stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen eine andere Observable B̂ in jedem der Eigenzustände von  ebenfalls nur einen scharfen Meßwert liefert. Dies ist zunächst dann der Fall, wenn die Zustände |ai auch Eigenzustände von B̂ sind: B̂|ai = ba |ai, H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.187) 31 1.6 Quantenmechanik verallgemeinerter Lagrange-Systeme wobei ba ein von a abhängiger Eigenwert sein soll. Wenn dies für alle |ai gegeben ist, müssen die Operatoren  und B̂ miteinander vertauschbar sein: B̂ Â|ai = ba a|ai = aba |ai = ÂB̂|ai, (1.188) [Â, B̂] = 0. (1.189) d.h. Umgekehrt kann man beweisen, daß diese Bedingung auch hinreichend ist, um zwei Operatoren gleichzeitig diagonalisierbar zu machen und so gleichzeitig scharfe Meßwerte zuzulassen. Alle diese Überlegungen können auf N-Teilchensysteme ausgedehnt werden. Die Freiheitsgrade in kartesischen Koordinaten sind dann x1 , . . . , xN , und mit dem Hamiltonoperator H(pν , xν , t) wird die Schrödingergleichung zu H(p̂ν , x̂ν , t)|Ψ(t)i = ih̄∂t |Ψ(t)i. (1.190) Wir können eine lokale Basis |x1 , . . . , xN i einführen mit den Eigenschaften hx1 , . . . , xN |x′1 , . . . , x′N i = δ (3) (x1 − x′1 ) · · · δ (3) (xN − x′N ), Z und definieren d3 x1 · · · d3 xN |x1 , . . . , xN ihx1 , . . . , xN | = 1, hx1 , . . . , xN |p̂ν = −ih̄∂xν hx1 , . . . , xN |, hx1 , . . . , xN |x̂ν = xν hx1 , . . . , xN |. (1.191) (1.192) Die Schrödingergleichung für N Teilchen (1.93) folgt aus (1.190), wenn man sie von links mit hx1 , . . . , xN | multipliziert. Auf genau die gleiche Weise können wir all die anderen Formeln, die wir für Einteilchensysteme erarbeitet haben, auf N-TeilchenZustandsvektoren erweitern. 1.6 Quantenmechanik Lagrange-Systeme verallgemeinerter Die Ausdehnung des Formalismus der Quantenmechanik auf Systeme, die mit verallgemeinerten Koordinaten q1 , . . . , qN beschrieben werden, ist eine nichttriviale Aufgabe. Nur im speziellen Fall, in dem die qi (i = 1, . . . , N) lediglich die krummlinige Reparametrisierung eines D-dimensionalen euklidischen Raums sind, reicht das herkömmliche Korrespondenzprinzip für eine eindeutige Quantisierung aus. Dann ist N = D, und es genügt, die zunächst in kartesischen Koordinaten gegebene Schrödingergleichung der gleichen Reparametrisierung zu unterwerfen. Diesen Fall werden wir zunächst behandeln. Wie allgemein üblich kennzeichnen wir krummlinige Koordinaten von nun an mit einem griechischen oberen Index und schreiben sie als q µ anstelle von qi . Dadurch verhalten sich alle zu behandelnden Gleichungen kovariant unter Koordinatentransformationen. Bei der Einführung der 32 1 Grundlagen verallgemeinerten Koordinaten in Gl. (1.1) war das noch unnötig, da dort noch keine Transformationseigenschaften festgelegt waren. Kartesische Koordinaten werden wie bisher lateinische Indizes tragen, wobei es bei diesen keine Rolle spielt, ob sie unten oder oben am jeweiligen Symbol stehen. Eine Koordinatentransformation xi = xi (q) zieht die folgende Beziehung zwischen den partiellen Ableitungen ∂µ ≡ ∂/∂q µ und ∂i ≡ ∂/∂xi nach sich: ∂µ = ei µ (q)∂i . (1.193) Die Transformationsmatrix heißt Basis-D-Bein (in 3 Dimensionen Basis-Dreibein, in 4 Dimensionen Basis-Vierbein, etc.): ei µ (q) ≡ ∂µ xi (q). (1.194) Es sei ei µ (q) die inverse Matrix, reziprokes Basis-D-Bein genannt, mit der Eigenschaft ei µ ei ν = δµ ν , (1.195) ei µ ej µ = δ i j . (1.196) Es erlaubt die Inversion von (1.193): ∂i = ei µ (q)∂µ , (1.197) und führt auf die krummlinige Transformierte des kartesischen Impulsoperators: p̂i = −ih̄∂i = −ih̄ei µ (q)∂µ . (1.198) Der Hamiltonoperator des freien Teilchens Ĥ0 = T̂ = 1 2 h̄2 2 ∂ p̂ = − 2M 2M x (1.199) geht über in h̄2 Ĥ0 = − ∆, 2M wobei ∆ der Laplaceoperator in krummlinigen Koordinaten ist: (1.200) ∆ = eiµ ∂µ ei ν ∂ν = eiµ ei ν ∂µ ∂ν + (eiµ ∂µ ei ν )∂ν . (1.201) An diesem Punkt führen wir den metrischen Tensor ein: gµν (q) ≡ eiµ (q)ei ν (q), (1.202) sowie die durch g µν gνλ = δ µ λ definierte inverse Metrik g µν (q) = eiµ (q)ei ν (q) H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.203) 33 1.6 Quantenmechanik verallgemeinerter Lagrange-Systeme und den sogenannten affinen Zusammenhang Γµν λ (q) = −ei ν (q)∂µ ei λ (q) = ei λ (q)∂µ ei ν (q). (1.204) Der Laplaceoperator hat damit die Form ∆ = g µν (q)∂µ ∂ν − Γµ µν (q)∂ν , (1.205) wobei Γµ µλ definiert ist als die Kontraktion Γµ µλ ≡ g µν Γµν λ . (1.206) Der Name metrischer Tensor für gµν in (1.202) liegt auf der Hand: Das infinitesimale Abstandsquadrat zwischen zwei Punkten, das in den ursprünglichen kartesischen Koordinaten durch ds2 ≡ dx2 (1.207) gegeben ist, wird in krummlinigen Koordinaten durch ds2 = ∂x ∂x µ ν µ ν µ ν dq dq = gµν (q)dq dq ∂q ∂q (1.208) bestimmt. Das infinitesimale Volumenelement dD x transformiert sich wie folgt dD x = √ gdD q, (1.209) wobei g(q) ≡ det (gµν (q)) (1.210) die Determinante des metrischen Tensors darstellt. Mit dieser Determinante bilden wir die Größe 1 (1.211) Γµ ≡ g −1/2 (∂µ g 1/2 ) = g λκ (∂µ gλκ ) 2 und stellen fest, daß diese einem in den letzten beiden Indizes kontrahierten Zusammenhang entspricht: (1.212) Γµ = Γµλ λ . Mit der inversen Metrik (1.203) haben wir überdies Γµ µν = −∂µ g µν − Γµ νµ . (1.213) Wir nutzen jetzt die Tatsache aus, daß vor einer Koordinatentransformation xi (q) die Ableitungen ∂µ , ∂ν vor xi (q) vertauschbar sind, so daß Γµν λ symmetrisch in µν ist, d.h. Γµν λ = Γνµ λ und Γµ νµ = Γν . Daher kann (1.213) als 1 √ Γµ µν = − √ (∂µ g µν g) g (1.214) 34 1 Grundlagen geschrieben werden. Dies erlaubt uns, den Laplaceoperator ∆ auf folgende kompaktere Form zu bringen: 1 √ ∆ = √ ∂µ g µν g∂ν . g (1.215) Dieser Ausdruck wird Laplace-Beltrami-Operator genannt.9 Wir haben also gezeigt, daß für einen Hamiltonoperator im euklidischen Raum der Form 1 2 H(p, x) = p + V (x) (1.216) 2M die Schrödingergleichung in krummlinigen Koordinaten die Gestalt h̄2 ∆ + V (q) ψ(q, t) = ih̄∂t ψ(q, t) Ĥψ(q, t) ≡ − 2M # " (1.217) annimmt, wobei VR(q) eine Abkürzung für V (x(q)) ist. Das Skalarprodukt zweier Wellenfunktionen d3 xψ2∗ (x, t)ψ1 (x, t), das die Übergangsamplituden des Systems bestimmt, transformiert sich zu Z √ dD q gψ2∗ (q, t)ψ1 (q, t). (1.218) Man muß sich klarmachen, daß eine unmittelbare Anwendung des kanonischen Formalismus auf die in krummlinige Koordinaten umgeschriebene euklidische Lagrangefunktion M 2 ẋ − V (x) (1.219) L(x, ẋ) = 2 keineswegs direkt zur selben Schrödingergleichung führen würde. Da sich die Geschwindigkeiten wie ẋi = ei µ (q)q̇ µ (1.220) transformieren, ist die umgeschriebene Lagrangefunktion M g (q)q̇ µ q̇ ν − V (q). 2 µν Die kanonisch-konjugierten Impulse sind L(q, q̇) = pµ ≡ ∂L ν µ = Mgµν q̇ . ∂ q̇ (1.221) (1.222) Die entsprechenden quantenmechanischen Impulsoperatoren p̂µ müssen bezüglich des Skalarprodukts (1.218) hermitesch sein und den kanonischen Vertauschungsbeziehungen genügen: [p̂µ , q̂ ν ] = −ih̄δµ ν , [q̂ µ , q̂ ν ] = 0, [p̂µ , p̂ν ] = 0. 9 Mehr dazu in (11.23)–(11.29). H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.223) 1.6 Quantenmechanik verallgemeinerter Lagrange-Systeme 35 Eine offensichtliche Lösung ist p̂µ = −ih̄g −1/4 ∂µ g 1/4 , q̂ µ = q µ . (1.224) Unter Verwendung des Ausdrucks (1.211) kann dies umgeformt werden zu p̂µ = −ih̄(∂µ + 12 Γµ ). (1.225) Man betrachte nunmehr die klassische Hamiltonfunktion, die aus der Lagrangefunktion (1.221) durch eine Legendre-Transformation hervorgeht. Aufgrund von (1.222) lautet sie einfach H = pµ q̇ µ − L = 1 µν g (q)pµ pν + V (q). 2M (1.226) Eine naive Anwendung des Korrespondenzprinzips ist hier nicht möglich, da die Impulsoperatoren p̂µ nicht mit den q µ -Variablen in der Metrik vertauschbar sind, so daß es unklar ist, welche Operatorordnung zwischen g µν (q) und p̂µ , p̂ν herrschen soll. Ein hermitescher Hamiltonoperator sollte schon entstehen, aber diese Forderung reicht nicht, um die Ordnung festzulegen. Man könnte zum Beispiel folgende symmetrische Ordnung wählen Ĥkan = 1 p̂ g µν (q)p̂ν + V (q), 2M µ (1.227) bei der der entstehende Operator hermitesch ist. Er unterscheidet sich jedoch von dem korrekten Schrödinger-Operator in (1.217). Die kinetische Energie enthält den Differentialoperator ∆kan = (∂µ + 21 Γµ ) g µν (q) (∂ν + 21 Γν ), (1.228) den wir im folgenden als kanonischen Laplaceoperator bezeichnen werden. Er unterscheidet sich vom Laplace-Beltrami-Operator (1.215) in (1.217) durch ∆ − ∆kan = − 12 ∂µ (g µν Γν ) − 41 g µν Γν Γµ . (1.229) Man beachte, daß sich der korrekte Hamiltonoperator ergibt, wenn man Paare von Hilfsfaktoren der Gestalt g 1/4 und g −1/4 symmetrisch zwischen die Impulsoperatoren verteilt:10 1 −1/4 Ĥ = g p̂µ g 1/4 g µν (q)g 1/4 p̂ν g −1/4 + V (q). (1.230) 2M Dieser Operator gehört zur gleichen klassischen Hamiltonfunktion (1.226) wie der Operator (1.227). Leider ist diese Vorgehensweise durch das Korrespondenzprinzip nicht vorgegeben; es kann ja die Hilfsfaktoren gar nicht kennen und auch nicht festlegen, in welcher Reihenfolge sie in den Hamiltonoperator eingehen. 10 Siehe auch die Arbeit von B. Podolsky, Phys. Rev. 32 , 812 (1928). 36 1 Grundlagen Das einfachste System, für das die kanonische Quantisierung versagt, ist das zweidimensionale freie Teilchen in Polarkoordinaten q 1 = r und q 2 = ϕ: x1 = r cos ϕ, x2 = r sin ϕ. (1.231) Da das infinitesimale Abstandsquadrat die Gestalt ds2 = dr 2 + r 2 dϕ2 besitzt, lautet die Metrik ! 1 0 , (1.232) gµν = 0 r 2 µν mit der Determinanten g = r2 und der Inversen g µν = 1 0 0 r −2 (1.233) !µν . (1.234) 1 1 ∆ = ∂r r∂r + 2 ∂ϕ 2 . r r (1.235) Der Laplace-Beltrami-Operator wird zu Der kanonische Laplaceoperator hat andererseits das Aussehen 1 2 ∂ r2 ϕ 1 1 1 = ∂r 2 + ∂r − 2 + 2 ∂ϕ 2 . r 4r r ∆kan = (∂r + 1/2r)2 + (1.236) Die Diskrepanz (1.229) ist daher ∆kan − ∆ = − 1 . 4r 2 (1.237) Man beachte, daß diese nicht verschwindet, obwohl kein Ordnungsproblem aufzutreten scheint, wenn man nach naiv durchgeführter kanonischer Quantisierung den Ausdruck p̂µ g µν (q) p̂ν in (1.236) betrachtet. Erst nachdem man die Notwendigkeit erkannt hat, Hilfsfaktoren g 1/4 einzuschieben und nicht weiß, an welcher Stelle, entsteht ein Operatorordnungsproblem. Wenn die Koordinaten qi in der Lagrangefunktion nicht als bloße Reparametrisierung des euklidischen Raums auftauchen, sondern eine nichttriviale Geometrie besitzen, können wir den Laplace-Beltrami-Operator nicht mehr durch eine Transformation des kartesischen Laplaceoperators herleiten. Da die kanonischen Quantisierungsregeln bei krummlinigen Koordinaten nicht eindeutig sind, gibt es sofort Schwierigkeiten mit der Quantisierung eines solchen Systems. Deshalb sind in der Literatur Alternativen für die kanonische Quantisierung diskutiert worden, die auch für nichteuklidische Räume eine eindeutige Herleitung der H. Kleinert, PATH INTEGRALS 1.7 Teilchen auf einer Kugeloberfläche 37 Schrödingergleichung ermöglichen sollen.11 Glücklicherweise gibt es eine große Klasse von nichtkartesischen Systemen, die eine eindeutige quantenmechanische Beschreibung aus ganz anderen Gründen zulassen. Diesen Systemen ist die Eigenschaft gemein, daß ihre Hamiltonfunktionen eine Funktion der Erzeugenden der Bewegungsgruppe in dem nicht-euklidischen Koordinatensystem ist. Unserer Meinung nach muß das Korrespondenzprinzip in diesen Fällen auf die Poisson-Klammern zwischen Gruppengeneratoren untereinander und zwischen Gruppengeneratoren und Koordinaten angewandt werden und nicht auf die Poisson-Klammer der kanonischen Variablen p, q. Die Klammern zwischen den Generatoren allein definieren die Struktur der Gruppe, während die zwischen Generatoren und Koordinaten die definierende Darstellung im Konfigurationsraum festlegen. Die richtige Verallgemeinerung der kanonischen Vertauschungsregeln besteht nun aus der Ersetzung dieser Poisson-Klammern durch Kommutatoren. Die kanonischen Vertauschungsregeln können dann als Spezialfall dieses Gruppenkorrespondenzprinzips aufgefaßt werden. Die Bewegungsgruppe des euklidischen Raums ist die euklidische Gruppe. Sie umfaßt Translationen und Rotationen. Die Erzeugenden der Translationen sind die Impulse, die der Rotationen sind die Drehimpulse. Nach obigem Gruppenkorrespondenzprinzip müssen die Poisson-Klammern zwischen Generatoren und Koordinaten durch Kommutatoren ersetzt werden. Für die Translationen und Koordinaten ergeben sich so die kanonischen Vertauschungsregeln, und dies ist der Grund, warum sie zuverlässig sind. In Systemen, in denen die Hamiltonfunktion von anderen Erzeugenden als denen der Translationen abhängt, z.B. den Drehimpulsen, müssen deren Vertauschungsregeln innerhalb der Gruppe für die Quantisierung direkt verwendet werden, und nicht die kanonischen Vertauschungsregeln. Die interessantesten Beispiele für Systeme ohne Translationsinvarianz sind ein Teilchen auf einer Kugeloberfläche oder ein Kreisel. Beide verdienen, in einem eigenen Abschnitt dargestellt zu werden. 1.7 Teilchen auf einer Kugeloberfläche Für ein Teilchen, das sich auf einer Kugeloberfläche mit Radius R bewegt, lautet die Lagrangefunktion in Kugelkoordinaten L= mit 11 MR2 2 (θ̇ + sin2 θ ϕ̇2 ) 2 x1 = R sin θ cos ϕ, x2 = R sin θ sin ϕ, x3 = R cos θ. (1.238) (1.239) Siehe dazu B.S. DeWitt, Rev. Mod. Phys. 29 , 377 (1967); K.S. Cheng, J. Math. Phys. 13 , 1723 (1972); H. Kamo and T. Kawai, Prog. Theor. Phys. 50 , 680, (1973); T. Kawai, Found. Phys. 5 , 143 (1975); H. Dekker, Physica 103A, 586 (1980); G.M. Gavazzi, Nuovo Cimento A 101 , 241 (1981). Einen alternativen Zugang findet man in: N.M.J. Woodhouse, Geometric Quantization, Oxford University Press, Oxford, 1992. 38 1 Grundlagen Daraus folgen die kanonisch-konjugierten Impulse pθ = MR2 θ̇, pϕ = MR2 sin2 θ ϕ̇ (1.240) 1 1 2 2 p . 2 pθ + 2MR sin2 θ ϕ (1.241) und die klassische Hamiltonfunktion H= Gemäß den kanonischen Quantisierungsregeln wären die Impulse durch Operatoren zu ersetzen: 1 p̂θ = −ih̄ 1/2 ∂θ sin1/2 θ, p̂ϕ = −ih̄∂ϕ . (1.242) sin θ Wie im vorangegangenen Abschnitt ausgeführt, ist nicht zu erwarten, daß das Einsetzen dieser Operatoren in die Hamiltonfunktion (1.241) den korrekten Hamiltonoperator liefert. Leider lassen sich in diesem Falle auch die Koordinaten θ, ϕ der gekrümmten Kugeloberfläche nicht durch konventionelle Koordinatentransformationen in kartesische Koordinaten umwandeln.12 Daher kann die Quantisierung nicht mit den einfachen kartesischen Quantisierungsregeln [p̂i , x̂j ] = −ih̄δi j , [x̂i , x̂j ] = 0, [p̂i , p̂j ] = 0 (1.243) durchgeführt werden. Hilfestellung bietet nur die Symmetriegruppe der Bewegungen auf der Kugeloberfläche. Der Drehimpuls L=x×p (1.244) kann in kartesischen Koordinaten eindeutig quantisiert werden: L̂ = x̂ × p̂. (1.245) Mit den Vertauschungsregeln für die Erzeugenden der Rotationsgruppe ergibt sich [L̂i , L̂j ] = ih̄L̂k , i, j, k = zyklisch. (1.246) Man beachte, daß kein Ordnungsproblem auftritt, denn die x̂i und die p̂i tauchen in jedem Lˆk mit verschiedenen Indizes auf. Eine wichtige Eigenschaft der Drehimpulsoperatoren ist ihre Homogenität in x. Sie hat zur Folge, daß beim Übergang von kartesischen zu Kugelkoordinaten x1 = r sin θ cos ϕ, x2 = r sin θ sin ϕ, x3 = r cos θ 12 (1.247) Interessanterweise existieren jedoch nichteindeutige infinitesimale Koordinatentransformationen, die einen gekrümmten Raum lokal in einem flachen Raum umwandeln können. Sie werden in Kapitel 8 eingeführt und zu diesem Zweck benutzt. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 39 1.7 Teilchen auf einer Kugeloberfläche die Radialkoordinate herausfällt und die Differentialoperatoren für die Komponenten des Drehimpulses nur die Winkel θ, ϕ enthalten: L̂1 = ih̄ sin ϕ ∂θ + cot θ cos ϕ ∂ϕ , L̂2 = ih̄ − cos ϕ ∂θ + cot θ sin ϕ ∂ϕ , L̂3 = −ih̄∂ϕ . (1.248) Es existiert nun eine natürliche Vorschrift für die Quantisierung von Systemen, bei denen der Operator L̂i eine fundamentale Rolle spielt. Wir schreiben die Hamiltonfunktion (1.241) als Funktion der klassischen Drehimpulskomponenten L1 = MR2 − sin ϕ θ̇ − sin θ cos θ cos ϕ ϕ̇ , L2 = MR2 cos ϕ θ̇ − sin θ cos θ sin ϕ ϕ̇ , L3 = MR2 sin2 θ ϕ̇, (1.249) als 1 2 (1.250) 2L 2MR und ersetzen diese durch die Operatoren (1.248). So erhalten wir den Hamiltonoperator H= h̄2 1 1 1 2 L̂ = − ∂ϕ2 . ∂θ (sin θ ∂θ ) + Ĥ = 2 2 2MR 2MR sin θ sin2 θ (1.251) Das Eigenfunktionssystem von L̂2 ist wohlbekannt. Es können Eigenfunktionen so bestimmt werden, daß eine Komponente von L̂i gleichzeitig mit L̂2 diagonal ist. Üblicherweise wählt man die Kugelflächenfunktionen, welche die dritte Komponente L̂3 diagonalisieren: Ylm (θ, ϕ) = (−1) m " 2l + 1 (l − m)! 4π (l + m)! #1/2 Plm (cos θ)eimϕ , (1.252) wobei Plm (z) für die zugeordneten Legendre-Polynome steht: Plm (z) = l+m 1 2 m/2 d 2 l (1 − z ) l l+m (z − 1) . 2 l! dx Die Kugelflächenfunktionen Skalarprodukts: Z 0 π dθ sin θ sind Z 0 2π orthonormal bezüglich ∗ dϕ Ylm (θ, ϕ)Yl′m′ (θ, ϕ) = δll′ δmm′ . (1.253) des invarianten (1.254) Zwei wichtige Dinge können wir aus diesem Beispiel für eine gruppentheoretische Quantisierung lernen. Erstens stimmt der korrekte Hamiltonoperator (1.251) nicht 40 1 Grundlagen mit dem Operator überein, den die kanonische Quantisierung liefert [d.h., der durch Einsetzen von (1.242) in (1.241) entsteht]. Das richtige Ergebnis würde aber nach Einschieben von Hilfsfaktoren g −1/4 = r −1 sin−1/2 θ, g 1/4 = R sin1/2 θ (1.255) zwischen die Impulsoperatoren entsprechend Gl. (1.230) erhalten. Zweitens entspricht der korrekte Hamiltonoperator dem Laplace-Beltrami-Operator zur Metrik ! 1 0 2 . (1.256) gµν = R 0 sin2 θ Er schreibt sich nämlich in unserem speziellen Fall ∆= 1 1 1 ∂2 ∂θ (sin θ∂θ ) + 2 R sin θ sin2 θ ϕ und h̄2 ∆ Ĥ = − 2M (1.257) (1.258) ist der korrekte Hamiltonoperator. 1.8 Der Kreisel Auch für den Kreisel ist der geeignete Ausgangspunkt einer Quantisierung nicht die Lagrangefunktion, sondern die Hamiltonfunktion. Im symmetrischen Fall, in dem zwei der Trägheitsmomente zusammenfallen, lautet diese als Funktion der klassischen Drehimpulse: H= 1 1 (Lξ 2 + Lη 2 ) + L 2. 2Iξ 2Iζ ζ (1.259) Dabei sind Lξ , Lη , Lζ die Komponenten des Bahndrehimpulses bezüglich der Hauptachsen des Kreisels und Iξ , Iη ≡ Iξ , Iζ die entsprechenden Trägheitsmomente. Der klassische Drehimpuls eines Systems aus Massenpunkten ist L= X ν xν × pν , (1.260) wobei über alle Massenpunkte summiert wird. Der Operator des Gesamtdrehimpulses X x̂ν × p̂ν (1.261) L̂ = ν gehorcht den Drehimpulskommutatoren (1.246). Da sich bei Drehungen die Abstände zwischen den Massenpunkten nicht verändern, sind die Rotationsoperatoren mit den Zwangsbedingungen des starren Körpers vertauschbar, wenn man letztere als Multiplikationsoperatoren auffaßt. Sofern der Schwerpunkt eines H. Kleinert, PATH INTEGRALS 41 1.8 Der Kreisel starren Körpers mit dem Koordinatenursprung zusammenfällt, hat der Körper nur drei Freiheitsgrade, die seine Orientierung im Raum bestimmen. Diese kann mit Hilfe derjenigen Rotationsmatrix beschrieben werden, die den Körper von einer festgelegten Ausgangsorientierung in seine jeweilige Lage bringt. Die Ausgangsorientierung kann so gewählt werden, daß die Hauptachsen mit den Koordinatenachsen zusammenfallen. Eine beliebige Orientierung erreicht man durch eine geeignete Drehung aller Punkte des Körpers. Die Menge aller Drehungen entspricht der Menge aller orthonormalen 3 × 3-Matrizen Rij . Der Raum dieser Matrizen hat drei Freiheitsgrade, und jede Matrix läßt sich in folgendes Matrizenprodukt zerlegen: R(α, β, γ) = R3 (α)R2 (β)R3 (γ), (1.262) wobei R3 (α) und R3 (γ) Rotationsmatrizen um die z-Achse mit Drehwinkel α und γ sind, während R2 (β) eine Drehung mit β um die y-Achse beschreibt. Wir benutzen nun die Exponentialdarstellung Ri (δ) ≡ e−iδLi /h̄ , (1.263) in der δ den jeweiligen Drehwinkel und Li mit i = 1, 2, 3 die 3×3-Matrixerzeugenden der Rotationen mit den Komponenten (Li )jk = −ih̄ǫijk (1.264) bezeichnet. Sie gehorchen den gleichen Vertauschungsbeziehungen wie die Drehimpulse in (1.246). Die Winkel α, β, γ heißen Eulerwinkel . Die 3 × 3-Drehmatrizen ermöglichen es, infinitesimale Drehungen um die drei Koordinatenachsen als Differentialoperatoren bezüglich der drei Eulerwinkel auszudrücken. Sei ψ(R) die Wellenfunktion des Kreisels für die verschiedenen durch die Rotationsmatrix R angegebenen Orientierungen. Unter einer weiteren Rotation mit den drei Eulerwinkeln α′ , β ′ , γ ′ geht sie in ψ ′ (R) = ψ(R−1 (α′ , β ′, γ ′ )R) über. Die Transformation wird durch einen unitären Differentialoperator ′ ′ ′ Û(α′ , β ′ , γ ′ ) ≡ e−iα L̂3 e−iβ L̂2 e−iγ L̂3 (1.265) beschrieben, wobei L̂i die Differentialoperator-Darstellung der Erzeugenden bezeichnet. Zu ihrer Berechnung nutzen wir aus, daß die zu (1.262) inverse 3 × 3 Matrize R−1 (α, β, γ) die folgenden Ableitungen besitzt: − ih̄∂α R−1 = R−1 L3 , −ih̄∂β R−1 = R−1 (cos α L2 − sin α L1 ), (1.266) −ih̄∂γ R−1 = R−1 [cos β L3 + sin β(cos α L1 + sin α L2 )] . Die erste Beziehung ist trivial, während die zweite aus dem Rotationsverhalten e−iαL3 /h̄ L2 eiαL3 /h̄ = cos α L2 − sin α L1 (1.267) 42 1 Grundlagen folgt, die eine Konsequenz der Lie-Reihe i2 [A, [A, B]] + . . . 2! und der Vertauschungsregeln zwischen den 3 × 3-Matrizen Li ist. Für die dritte schließlich benötigt man zusätzlich das entsprechende Rotationsverhalten von L3 : e−iA BeiA = 1 − i[A, B] + e−iβL2 /h̄ L3 eiβL2 /h̄ = cos βL3 + sin βL1 . (1.268) Durch Umkehrung der Beziehungen (1.266) finden wir für die Drehimpulse folgende Differentialoperatordarstellung:13 L̂1 L̂2 ! cos α ∂ , = ih̄ cos α cot β ∂α + sin α ∂β − sin β γ ! sin α = ih̄ sin α cot β ∂α − cos α ∂β − ∂ , sin β γ (1.269) L̂3 = −ih̄∂α . Durch Exponenzieren erhalten wir Û (α′ , β ′, γ ′ )R−1 (α, β, γ)Û −1(α′ , β ′ , γ ′ ) = R−1 (α, β, γ)R(α′, β ′ , γ ′ ) (1.270) Die transponierten Drehmatrizen genügen daher der Gleichung Û(α′ , β ′ , γ ′ )R(α, β, γ)Û −1(α′ , β ′ , γ ′ ) = R−1 (α′ , β ′ , γ ′ )R(α, β, γ), so daß, wie gewünscht, Û(α′ , β ′ , γ ′ )ψ(R) = ψ ′ (R). (1.271) (1.272) Um den Hamiltonoperator aufschreiben zu können, benötigen wir die Komponenten von L̂ bezüglich des körperfesten Systems. Sie ergeben sich durch Rotation der 3×3Matrizen Li mit R(α, β, γ): Lξ = RL1 R−1 = cos γ cos β(cos α L1 + sin α L2 ) + sin γ(cos α L2 − sin α L1 ) − cos γ sin β L3 , Lη = RL2 R−1 = − sin γ cos β(cos α L1 + sin α L2 ) + cos γ(cos α L2 − sin α L1 ) + sin γ sin β L3 , (1.273) Lζ = RL3 R−1 = cos β L3 + sin β(cos α L1 + sin α L2 ) und darauffolgende Ersetzung Li → L̂i . Ein Blick auf (1.269) zeigt, daß die gesuchten Operatoren folgendermaßen aussehen: L̂ξ L̂η ! cos γ = ih̄ − cos γ cot β ∂γ − sin γ ∂β + ∂ , sin β α ) sin γ = ih̄ sin γ cot β ∂γ − cos γ ∂β − ∂ , sin β α L̂ζ = −ih̄∂γ . 13 Siehe auch die ursprüngliche Arbeit von C. van Winter, Physica 20 , 274 (1954). H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.274) 43 1.8 Der Kreisel Ihre Kommutatoren stimmen bis auf das Vorzeichen mit denen der Li in (1.246) überein:14 [L̂ξ , L̂η ] = −ih̄L̂ζ , ξ, η, ζ = zyklisch. (1.275) Den Grund für den Zeichenwechsel versteht man durch Schreiben der Erzeugenden als L̂ξ = aiξ L̂i , L̂η = aiη L̂i , L̂ζ = aiζ L̂i , (1.276) wobei aiξ , aiη , aiζ die Komponenten der körperfesten Achsen sind. Unter Rotationen verhalten sie sich wie [L̂i , ajξ ] = ih̄ǫijk akξ , d.h. sie sind Vektoroperatoren. Diese Eigenschaft führt, wie eine kurze Rechnung bestätigt, auf den Vorzeichenunterschied zwischen (1.275) und (1.246). Um den Hamiltonoperator zu erhalten, setzen wir gemäß dem Korrespondenzprinzip Operatordächer auf die La von (1.259). Das Energiespektrum und die Wellenfunktionen erhält man rein algebraisch aus den Kommutatorbedingungen für L̂ξ , L̂η , L̂ζ . Das Spektrum ist 2 ELΛ = h̄ " ! # 1 1 1 L(L + 1) + − Λ2 , 2Iξ 2Iζ 2Iξ (1.277) wobei L(L+1) mit L = 0, 1, 2, . . . die Eigenwerte von L̂2 sind und Λ = −L, . . . , L die von L̂ζ . Die Wellenfunktionen sind die Darstellungsmatrizen der Rotationsgruppe für beliebige Drehimpulse L. Sofern man die Eulerwinkel α, β, γ als Koordinaten verwendet, kann man sie schreiben als L ψLΛm (α, β, γ) = DmΛ (α, β, γ). (1.278) Dabei ist m die magnetische Quantenzahl, d.h. der Eigenwert von L̂3 , und mit Hilfe von (1.265) zerlegt man ′ L i(mα+m γ) L Dmm dmm′ (β) ′ (α, β, γ) = e (1.279) mit den Drehfunktionen um die y-Achse dLmm′ (β) (L + m′ )!(L − m′ )! = (L + m)!(L − m)! " β × cos 2 !m+m′ β sin 2 #1/2 !m−m′ (m′ −m,m′ +m) PL−m′ (cos β), (1.280) (α,β) wobei Pl (z) die Jacobi-Polynome sind.15 Mit Hilfe von hypergeometrischen Funktionen ab a(a + 1) b(b + 1) z 2 F (a, b, c; z) ≡ 1 + z + + ... . (1.281) c c(c + 1) 2! 14 Auf Funktionen angewandt, die nicht von α abhängen, stimmen die Operatoren nach Ersetzung von β → θ und γ → ϕ mit denen in (1.248) bis auf das Vorzeichen überein. 15 Einzelheiten zu den Darstellungsmatrizen der Drehgruppe entnehme man A.R. Edmonds, Angular Momentum in Quantum Mechanics, Princeton University Press, 1960. 44 1 Grundlagen ausgedrückt lauten sie: (α,β) ≡ Pl (−1)l Γ(l + β + 1) l! Γ(β + 1) ×F (−l, l + 1 + α + β; 1 + β; (1 + z)/2). (1.282) Die Funktionen dLmm′ (β) gehorchen der Differentialgleichung 2 d m2 + m′ − 2mm′ cos β L d2 − dmm′ (β) − cot β + dβ dβ 2 sin2 β = L(L + 1)dLmm′ (β). (1.283) Die Skalarprodukte zwischen zwei Wellenfunktionen müssen mit einem Integrationsmaß berechnet werden, das unter Drehungen invariant ist. Dieses Maß ist gegeben durch Z 2π 0 Z π 0 Z 0 2π dαdβ sin βdγ ψ2∗ (α, β, γ)ψ1(α, β, γ). (1.284) Für die oben angegebenen Eigenzustände (1.279) haben wir Z 0 2π Z 0 π Z 0 2π L1 ∗ L2 dαdβ sin βdγ Dm ′ m (α, β, γ)Dm′ m (α, β, γ) 1 2 1 = δm′1 ,m′2 δm1 ,m2 δL1 ,L2 2 8π 2 . 2L1 + 1 (1.285) Es ist lehrreich, dieses Ergebnis dem falschen gegenüberzustellen, welches sich aus der kanonischen Quantisierung mit der Lagrangefunktion als Ausgangspunkt ergeben würde. Als Funktion der Eulerwinkel lautet die Lagrangefunktion 1 L = [Iξ (ωξ 2 + ωη 2 ) + Iζ ωζ 2 ], (1.286) 2 wobei ωξ , ωη , ωζ die Komponenten der Winkelgeschwindigkeit im körperfesten Bezugssystem des Kreisels sind. Sie werden aus den Komponenten im Ruhesystem ω1 , ω2 , ω3 durch eine Drehung erhalten. Letztere ergeben sich sofort aus der Beziehung ωk Lk = iṘR−1 (1.287) als ω1 = −β̇ sin α + γ̇ sin β cos α, ω2 = β̇ cos α + γ̇ sin β sin α, ω3 = γ̇ cos β + α̇. (1.288) Nach der Rotation (1.273) in das körperfeste System werden diese zu ωξ = β̇ sin γ − α̇ sin β cos γ, ωη = β̇ cos γ + α̇ sin β sin γ, ωζ = α̇ cos β + γ̇. H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.289) 45 1.8 Der Kreisel Damit ist die Lagrangefunktion 1 L = [Iξ (β̇ 2 + α̇2 sin2 β) + Iζ (α̇ cos β + γ̇)2 ]. 2 (1.290) Wenn wir α, β, γ als Lagrange-Koordinaten q µ , µ = 1, 2, 3 ansehen, kann L mit Hilfe der Metrik Iξ sin2 β + Iζ cos2 β 0 Iζ cos β 0 Iξ 0 gµν = (1.291) Iζ cos β 0 Iζ auf die allgemeine Form (1.221) gebracht werden. der Determinante ist g = Iξ2 Iζ sin2 β. (1.292) R √ Das Integralmaß im Skalarprodukt (1.218) ist daher d3 q g mit der Determinanten g = Iξ2 Iζ sin2 β (1.293) und stimmt, von einem trivialen konstanten Faktor abgesehen, mit dem rotationsinvarianten Maß (1.284) überein. Ein ähnliches Maß gilt für den unsymmetrischen Kreisel mit Iξ 6= Iη 6= Iζ , für den g die einfache Form g = R Iξ η Iζ sin2 β hat, obwohl die Metrik gµν in diesem Fall viel komplizierter ist als in (1.291) (siehe Anhang 1A). Die kanonisch-konjugierten Impulse (1.222) sind für die Lagrangefunktion (1.221): pα = ∂L/∂ α̇ = Iξ α̇ sin2 β + Iζ cos β(α̇ cos β + γ̇), pβ = ∂L/∂ β̇ = Iξ β̇, pγ = ∂L/∂ γ̇ = Iζ (α̇ cos β + γ̇). (1.294) Die Matrix des metrischen Tensors gµν besitzt eine Inverse g µν µν 1 0 − cos β 1 2 0 sin β 0 = 2 Iξ sin β − cos β 0 cos2 β + Iξ sin2 β/Iζ , (1.295) und die kanonische Hamiltonfunktion wird H= 2 1 1 1 2 cos β 2 cos β 1 2 pβ + + pγ 2 + p p . 2 2 pα − 2 Iξ Iξ sin β Iζ Iξ sin β Iξ sin2 β α γ (1.296) Auf den ersten Blick gibt sie keinen Anlaß zu einem Ordnungsproblem. Man könnte daher meinen, es sei natürlich, die Impulse einfach durch die entsprechenden hermiteschen Operatoren (1.224) zu ersetzen: p̂α = −ih̄∂α , p̂β = −ih̄(sin β)−1/2 ∂β (sin β)1/2 = −ih̄(∂β + p̂γ = −ih̄∂γ . 1 cot β), 2 (1.297) 46 1 Grundlagen Setzen wir diese in (1.296) ein, erhalten wir den kanonischen Hamiltonoperator Ĥkan = Ĥ + Ĥdis (1.298) mit I h̄2 Ĥ ≡ − ∂β 2 + cot β∂β + ξ + cot2 β ∂γ 2 2Iξ Iζ " ! 2 cos β 1 ∂ ∂ + 2 ∂α 2 − sin β sin2 β α γ und 1 3 1 1 Ĥdis ≡ (∂β cot β) + cot2 β = − . 2 2 4 4 sin β 4 # (1.299) (1.300) Der erste Term Ĥ stimmt mit dem richtigen quantenmechanischen Hamiltonoperator überein, der oben durch Einsetzen der körperfesten Drehimpulsoperatoren (1.274) in die Hamiltonfunktion (1.259) gewonnen wurde. Der Term Ĥdis ist die Differenz zwischen dem kanonischen und dem korrekten Hamiltonoperator. Diese Differenz ist von null verschieden, obwohl es keinen unmittelbaren Anlaß für ein Operatorordnungsproblem gibt, genau wie vorher im Radialkoordinatenausdruck (1.251). Den korrekten Hamiltonoperator könnte man erhalten, indem man wie im Radialkoordinatenbeispiel den klassischen Term pβ 2 in H durch den Operator g −1/4 p̂β g 1/2 p̂β g −1/4 wie in (1.230) ersetzt. Außerdem entspricht wie beim zweidimensionalen freien Teilchen der korrekte Hamiltonoperator des symmetrischen Kreisels dem Laplace-Beltrami-Operator, der mit der Metrik (1.291) und ihrer Inversen (1.295) gebildet wird. Nach einer etwas längeren Rechnung läßt sich verifizieren, daß dies auch für den völlig unsymmetrischen Kreisel gilt (siehe Anhang 1A). Da die Lagrangefunktion des Kreisels nicht durch Reparametrisierung eines euklidischen Raums mit krummlinigen Koordinaten erhalten werden kann, ist dies ein nichttriviales Resultat, das die Ersetzung gµν (q)pµ pν → −h̄2 ∆ (1.301) als Verallgemeinerung des Korrespondenzprinzips auf nichteuklidische Räume nahelegt. 16 Was ist die charakteristische nichteuklidische Eigenschaft des α, β, γ-Raums? Wir werden später in Kapitel 8 sehen, daß die wichtigste Größe in gekrümmten Räumen der Krümmungsskalar R ist. Die genaue Definition wird in (10.38) gegeben. Für den asymmetrischen starren Kreisel ist (siehe Anhang 1A) (Iξ + Iη + Iζ )2 − 2(Iξ2 + Iη2 + Iζ2 ) . R= 2Iξ Iη Iζ 16 (1.302) Wir werden in den Kapiteln 8 und 8 zeigen, daß sich diese Vermutung im Rahmen unserer Pfadintegraltheorie auf gekrümmten Räumen ohne Torsion bestätigt. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 1.9 Der Zeitentwicklungsoperator 47 Der Kreisel ist somit ein weiteres Beispiel für ein System, das sich in einem Raum mit konstanter Krümmung bewegt und bei dem ein verallgemeinertes Korrespondenzprinzip bezüglich der Erzeugenden der Rotationsgruppe zu einer eindeutigen Quantisierung führt. Kapitel 6 wird zeigen, daß der α, β, γ-Raum mit der dreidimensionalen Oberfläche einer vierdimensionalen Kugel identifiziert werden kann. Einen wichtigen nichteuklidischen Raum mit physikalischer Relevanz kennen wir aus der allgemeinen Relativitätstheorie. Dort benutzt man ursprünglich ein Raum-Zeit Kontinuum, das mit beliebiger Krümmung versehen sein kann. In neueren Weiterentwicklungen der Theorie läßt man auch eine nichtverschwindende Torsion zu. Die Frage nach dem richtigen Korrespondenzprinzip in dieser sehr allgemeinen Situation, in der die Gruppenquantisierungsregel nicht mehr anwendbar ist, hat zu viel Verwirrung in der Literatur geführt [siehe die auf (1.237) folgenden Anmerkungen]. Im vorliegenden Buch geben wir eine eindeutige Antwort in Form eines neuen Quantenäquivalenzprinzips, das auf der Anwendung einfacher geometrisch Prinzipien innerhalb des Pfadintegralformalismus beruht und einen natürlichen Übergang von der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik in einem beliebigen Bezugssystem gestattet (siehe die Kapitel 8 und 8). Der Konfigurationsraum kann Krümmung und Torsion tragen. Mehrere Argumente und Beispiele belegen, daß unser Prinzip richtig ist. Insbesondere wird es für die oben anhand einiger Beispiele erläuterten gekrümmten Räume die gleichen Kommutatoren liefern wie die Gruppenquantisierungsregel.17 1.9 Der Zeitentwicklungsoperator Wenn der Hamiltonoperator die spezielle Form Ĥ = H(p̂, x̂) besitzt, d.h. wenn in ihm keine explizite Zeitabhängigkeit vorkommt, kann die basisunabhängige Schrödingergleichung (1.148) sofort gelöst werden. Wir erhalten dann folgenden Zusammenhang zwischen einem Anfangszustand |Ψ(ta )i zum Zeitpunkt ta und dem Zustand |Ψ(tb )i zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt tb : |Ψ(tb )i = e−i(tb −ta )Ĥ/h̄ |Ψ(ta )i. (1.303) Û (tb , ta ) = e−i(tb −ta )Ĥ/h̄ (1.304) Der Operator heißt Zeitentwicklungsoperator . Wenn H(p̂, x̂, t) explizit zeitabhängig ist, gestaltet sich die Integration der Schrödingergleichung etwas komplizierter als im obigen Fall. Sie ist am einfachsten iterativ durchzuführen: Das Zeitintervall wird in eine große Zahl N + 1 von kleinen Stücken der Breite ǫ mit ǫ ≡ (tb − ta )/(N + 1) eingeteilt, wobei die Randpunkte der Einteilungsintervalle bei tn = ta + nǫ mit n = 0, . . . , N +1 liegen sollen. Dann verwenden wir die Schrödingergleichung (1.148), 17 H. Kleinert, Mod. Phys. Lett. A 4 , 2329 (1989); Phys. Lett B 236 , 315 (1990). 48 1 Grundlagen um die Wellenfunktion an jeder dieser Stützstellen mit der Wellenfunktion an der vorhergehenden Stützstelle in Beziehung zu setzen: i h̄ Z ta +ǫ i 1− h̄ Z ta +2ǫ i 1− h̄ Z ta +(N +1)ǫ |Ψ(ta + ǫ)i ≈ 1− |Ψ(ta + 2ǫ)i ≈ .. . |Ψ(ta + (N + 1)ǫ)i ≈ E dt Ĥ(t) Ψ(ta ) , ta dt Ĥ(t) |Ψ(ta + ǫ)i, ta +ǫ (1.305) ! dt Ĥ(t) |Ψ(ta + Nǫ)i. ta +N ǫ Auf diese Weise finden wir die für kleine Zeitabschnitte näherungsweise gültige Zeitentwicklung bis zur Zeit tb = tN +1 : |Ψ(tb )i i 1− h̄ Z tb i 1− h̄ Z tN i h̄ Z t1 = × ×···× 1− tN dt′N +1 tN−1 ta dt′N Ĥ(t′N +1 ) Ĥ(t′N ) ! (1.306) dt′1 Ĥ(t′1 ) |Ψ(ta )i. Der Zeitentwicklungsoperator entspricht also ungefähr dem Produkt i Û(tb , ta ) ≈ 1 − h̄ Z tb tN dt′N +1 Ĥ(t′N +1 ) i ×···× 1− h̄ Z t1 ta dt′1 Ĥ(t′1 ) . (1.307) Dieses Produkt wird ausmultipliziert und führt im Grenzwert N → ∞ auf die Reihe −i i Z tb dt1 Ĥ(t1 ) + Û(tb , ta ) = 1 − h̄ ta h̄ −i + h̄ 3 Z tb ta dt3 Z t3 ta dt2 Z 2 Z t2 ta tb ta dt2 Z t2 ta dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ) (1.308) dt1 Ĥ(t3 )Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ) + . . . . Sie ist unter dem Namen Neumann-Liouville-Entwicklung oder auch Dyson-Reihe bekannt. Man beachte, daß die Zeitargumente der Integranden im Hamiltonoperator kausal geordnet sind: Operatoren mit späteren Zeiten stehen links von solchen mit früheren Zeiten. Es ist nützlich, den sogenannten Zeitordnungsoperator einzuführen, der ein beliebiges Produkt von Operatoren Ôn (tn ) · · · Ô1 (t1 ) (1.309) chronologisch umordnet. Genauer gesagt definieren wir: T̂ (Ôn (tn ) · · · Ô1 (t1 )) ≡ Ôin (tin ) · · · Ôi1 (ti1 ), H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.310) 49 1.9 Der Zeitentwicklungsoperator Abbildung 1.2 Veranschaulichung der Zeitordnungsvorschrift in Gleichung (1.312). wobei tin , . . . , ti1 einer kausalen Umbenennung der Zeiten tn , . . . , t1 entspricht, d.h. tin > tin−1 > · · · > ti1 . (1.311) Der Zeitordnungsoperator ist linear in jedem Faktor. Mit ihm kann die NeumannLiouville-Entwicklung wesentlich kompakter als oben geschrieben werden. Man nehme zum Beispiel den dritten Term in (1.308), tb Z ta dt2 t2 Z ta dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ). (1.312) Das Integrationsgebiet ist das Dreieck oberhalb der Winkelhalbierenden in dem Quadrat t1 , t2 ∈ [ta , tb ] in der (t1 , t2 )-Ebene (siehe Abb. 1.2). Man vergleiche dies mit dem fehlenden“ Integral über dem unteren Dreieck: ” Z tb ta dt2 Z tb t2 dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ). (1.313) Es stimmt mit (1.312) bis auf die Operatorordnung überein. Die Ordnung kann mit Hilfe des Zeitordnungsoperators T̂ korrigiert werden. Wenn wir diesen auf (1.313) anwenden, ergibt sich Z Z tb T̂ ta tb dt2 t2 dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ), (1.314) und kann geschrieben werden als Z tb ta dt2 Z tb t2 dt1 Ĥ(t1 )Ĥ(t2 ). (1.315) Eine Vertauschung in der Integrationsreihenfolge führt auf Z tb ta dt1 Z t1 ta dt2 Ĥ(t1 )Ĥ(t2 ). (1.316) Nach Vertauschen von t1 mit t2 , stimmt dies mit (1.312) überein. Da die Zeitargumente in (1.312) richtig geordnet sind, können wir T̂ davor schreiben, ohne etwas zu verändern. Deshalb ist (1.312) gleich 1 T̂ 2 Z tb ta dt2 Z tb ta dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ). (1.317) 50 1 Grundlagen Auf der rechten Seite laufen die Integrationen über das ganze Quadrat in der (t1 , t2 )Ebene, so daß die beiden Integrale faktorisiert werden können zu 1 T̂ 2 tb Z ta dt Ĥ(t) 2 . (1.318) Auf ähnliche Art läßt sich der Summand auf die Form nter Ordnung bringen. 1 T̂ n! Z tb ta dtn 1 = T̂ n! Z Z tb ta tb ta dtn−1 · · · Z tb ta dt1 Ĥ(tn )Ĥ(tn−1 ) · · · Ĥ(t1 ) n (1.319) dt Ĥ(t) . Deshalb hat der Zeitentwicklungsoperator Û (tb , ta ) folgende Reihenentwicklung: i Û (tb , ta ) = 1 − T̂ h̄ Z tb ta dt Ĥ(t) + 1 −i +···+ n! h̄ n T̂ 1 −i 2! h̄ Z tb ta 2 T̂ Z dt Ĥ(t) tb ta n dt Ĥ(t) 2 (1.320) + ... . Indem man den Zeitordnungsoperator vor die Reihe zieht, erhält man die einfache Formel Z i tb dt Ĥ(t) . (1.321) Û (tb , ta ) = T̂ exp − h̄ ta Wenn Ĥ nicht von der Zeit abhängt, wird die Zeitordnungsoperation überflüssig, das Integral kann trivial ausgerechnet werden, und wir erhalten das bekannte Ergebnis (1.304). 1.10 Eigenschaften des Zeitentwicklungsoperators Aufgrund seiner Definition hat der Operator Û (tb , ta ) einige wichtige Eigenschaften, die wir im folgenden aufzählen: a) Kompositionsgesetz Werden zwei Zeitverschiebungen nacheinander ausgeführt, gilt für ihre Operatoren Û die Beziehung Û (tb , ta ) = Û(tb , t′ )Û (t′ , ta ), t′ ∈ (ta , tb ). (1.322) Für zeitunabhängige Hamiltonoperatoren, für die Û (tb , ta ) durch (1.304) gegeben ist, ist die Beziehung evident. Sie bedeutet, daß die Û-Operatoren eine Darstellung der Abelschen Gruppe aller Zeitverschiebungen bilden. Aber auch im allgemeinen H. Kleinert, PATH INTEGRALS 51 1.10 Eigenschaften des Zeitentwicklungsoperators Fall (1.321) gilt diese Eigenschaft, wie aus einer einfachen Umformung ersichtlich wird: ! Z Z i tb i t′ T̂ exp − Ĥ(t) dt Ĥ(t) dt T̂ exp − h̄ t′ h̄ ta " i = T̂ exp − h̄ = T̂ exp − i h̄ Z tb Z t′ tb ta i Ĥ(t) dt exp − h̄ Z t′ ta !# Ĥ(t) dt (1.323) Ĥ(t) dt. b) Unitarität Der allgemeine Ausdruck (1.321) für den Zeitentwicklungsoperator Û(tb , ta ) ist zunächst einmal für kausale (bzw. retardierte) Zeitpunktpaare hergeleitet worden, für die tb nach ta folgt. Wir können ihn selbstverständlich auch für den antikausalen (bzw. avancierten) Fall definieren, d.h. wenn tb früher als ta ist. Das Kompositionsgesetz (1.322) ist auch für das antikausale Û erfüllt und es muß gelten: −1 Û(tb , ta ) = Û(ta , tb ) . (1.324) Nehmen wir nämlich zwei zeitlich aufeinanderfolgende Zustände desselben Systems mit der Beziehung |Ψ(ta )i = Û(ta , tb )|Ψ(tb )i, (1.325) so läßt sich durch Multiplizieren beider Seiten mit Û −1 (ta , tb ) die zeitliche Reihenfolge umdrehen: |Ψ(tb )i = Û(ta , tb )−1 |Ψ(ta )i. (1.326) Der Operator auf der rechten Seite ist offenbar der Zeitentwicklungsoperator Û(tb , ta ) von einer späteren Zeit ta zu einer früheren tb , d.h. er muß gleich Û (tb , ta ) sein. Für ein System, dessen Hamiltonoperator nicht von der Zeit abhängt, ist der Zeitentwicklungsoperator direkt durch den Exponentialausdruck Û (tb , ta ) = e−i(tb −ta )Ĥ/h̄ , tb < ta (1.327) tb < ta . (1.328) gegeben und erfüllt trivialerweise (1.324): −1 Û (tb , ta ) = Û(ta , tb ) , Wir wollen diese Eigenschaft auch für einen zeitabhängigen Hamiltonoperator nachprüfen. Durch Lösen der Schrödingergleichung (1.148) für den Zustandsvektor sieht man sofort, daß der Operator Û (tb , ta ) für tb < ta eine Darstellung besitzt, die derjenigen in (1.321) bis auf die Vertauschung der Zeitargumente gleich ist. Man kann ihn in folgender Form schreiben [vgl. (1.321)]: Û(tb , ta ) = Tˆ exp i h̄ Z tb ta Ĥ(t) dt , (1.329) 52 1 Grundlagen wobei Tˆ für den Zeitanti ordnungsoperator steht, der in Analogie mit (1.310) und (1.311) definiert wurde. Dieser Operator gehorcht der Beziehung Tˆ Ô1 (t1 )Ô2 (t2 ) † = T̂ Ô2 (t2 )Ô1 (t1 ) . (1.330) Die Verallgemeinerung auf ein Produkt von n Operatoren dürfte offensichtlich sein. Wir können nun unmittelbar folgern, daß Û † (tb , ta ) = Û (ta , tb ) (1.331) ist. Zusammen mit der Unitaritätsbeziehung (1.328) ist damit (1.324) für den allgemeinen Fall bewiesen. c) Schrödingergleichung für Û(tb , ta ) Da Û(tb , ta ) die bei verschiedenen Zeiten vorliegenden Wellenfunktionen eines beliebigen System durch die Gleichung |Ψ(tb )i = Û(tb , ta )|Ψ(ta )i (1.332) miteinander verknüpft, folgt aus der Schrödingergleichung (1.190), daß der Operator Û die Gleichungen ih̄∂t Û (t, ta ) = Ĥ Û(t, ta ), (1.333) −1 −1 = −Û (t, ta ) Ĥ ih̄i∂t Û(t, ta ) erfüllt. Eine wichtige Rolle in allen Teilen diese Buches wird von den Matrixelementen des Zeitentwicklungsoperators bezüglich der lokalisierten Basiszustände gespielt: (xb tb |xa ta ) ≡ hxb |Û (tb , ta )|xa i. (1.334) Wir werden sie als Zeitentwicklungsamplituden bezeichnen. Die Funktionalmatrix (xb tb |xa ta ) wird auch Propagator genannt. Die Operatorgleichungen (1.333) haben zur Folge, daß diese Größen der Schrödingergleichung i h (1.335) H(−ih̄∂xb , xb , tb ) − ih̄∂tb (xb tb |xa , ta ) = 0 genügen. Für die Quantenmechanik nichtrelativistischer Teilchen sind nur Propagatoren von früheren zu späteren Zeiten relevant. Man führt daher den sogenannten kausalen Propagator (oder retardierten Propagator ) ein:18 (xb tb |xa ta ) ≡ 18 ( hxb |Û(tb , ta )|xa i, 0, tb > ta , tb < ta . (1.336) Man vergleiche die retardierte Greensche Funktion, die später in Abschnitt 14.1 eingeführt wird. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 53 1.10 Eigenschaften des Zeitentwicklungsoperators Da wir es im folgenden stets mit kausal zeitgeordneten Ausdrücken zu tun haben, lohnt sich an dieser Stelle nicht die Einführung einer neuen Bezeichnung, um den Unterschied zur Amplitude (1.335) zu betonen. Die Fallunterscheidung wird am einfachsten mit Hilfe der Heaviside-Funktion beschrieben, die definiert ist durch Θ(t) ≡ 1, 0, t ≥ 0, t < 0. (1.337) Damit schreibt man dann (xb tb |xa ta ) ≡ Θ(tb − ta )hxb |Û(tb , ta )|xa i. (1.338) Die Ableitung der Heaviside-Funktion ist Diracs δ-Funktion ∂t Θ(t) = δ(t). (1.339) Der kausale Propagator erfüllt die Schrödingergleichung h i H(−ih̄∂xb , xb , tb ) − ih̄∂tb (xb tb |xa ta ) = −ih̄δ(tb − ta )δ (3) (xb − xa ). (1.340) Die rechte Seite entstammt dem Term h i − ih̄ ∂tb Θ(tb − ta ) hxb |Û(tb , ta )|xa i = −ih̄δ(tb − ta )hxb |xa i. (1.341) Die Kausalität ist eine sehr nützliche Eigenschaft. Ein kausaler Propagator verschwindet, wenn die Zeitdifferenz t = tb − ta negativ wird. Für einen zeitunabhängigen Hamiltonoperator hängt der Propagator nur von der Zeitdifferenz ab. Funktionen f (t) mit dieser Eigenschaft haben eine wichtige Eigenschaft im Fourierraum. Die Fouriertransformierte f˜(E) ≡ Z ∞ 0 dt f (t)eiEt/h̄ (1.342) ist in der oberen Hälfte der komplexen Energieebene analytisch. Diese Eigenschaft ist eine notwendige und hinreichende Bedingung dafür, daß bei der Rücktransformation f (t) ≡ ∞ Z −∞ dE ˜ f (E)e−iEt/h̄ 2πh̄ (1.343) ein Heaviside-Funktionsfaktor Θ(t) auftaucht: Für t < 0 kann der Integrationsweg in der unteren Halbebene mit einem unendlich großen Halbkreis geschlossen werden. Da die Fouriertransformierte dort keine Singularitäten besitzt, kann der Weg zu einem Punkt zusammengezogen werden, so daß f (t) = 0 folgt. Dann und nur dann ist f (t) eine kausale Funktion. Die Heavisidefunktion T heta(t) selbst ist die elementarste kausale Funktion, deren Fouriertransformierte genau einen Pol genau unterhalb des Ursprungs in der komplexen Energieebene ethält: Θ(t) = Z ∞ −∞ i dE e−iEt . 2π E + iη (1.344) 54 1 Grundlagen Dabei ist η eine beliebig kleine positive Zahl. Die fouriertransformierten Zeitentwicklungsamplituden Z (xb |xa )E = ∞ ta dtb exp {iE(tb − ta )/h̄} (xb tb |xb ta ) (1.345) enthalten in besonders kompakter Form alle Informationen über das Energiespektrum und die Wellenfunktionen eines physikalischen Systems. Wir wollen sie als Festenergieamplituden bezeichnen. Für eine System mit einem zeitabhängigen Hamiltonoperator wird Gl. (1.338) mit (1.327) zu (xb tb |xa ta ) = Θ(tb − ta )hxb | exp{−iĤ(tb − ta )/h̄}|xa i. (1.346) Nehmen wir einmal an, die zeitunabhängige Schrödingergleichung sei vollständig gelöst, d.h. die Eigenfunktionen |ψn i der Gleichung Ĥ|ψn i = En |ψn i. (1.347) wären alle bekannt. Sie erfüllen die Vollständigkeitsbeziehung X n |ψn ihψn | = 1. (1.348) Diese kann zwischen die Dirac-Klammern auf der rechten Seite von (7.1) eingeschoben werden und führt auf die Spectraldarstellung (xb tb |xa ta ) = Θ(tb − ta ) X n ψn (xb )ψn∗ (xa ) exp {−iEn (tb − ta )/h̄} , (1.349) wobei ψn (x) = hx|ψn i (1.350) die zu den Eigenzuständen |ψn i gehörigen sind. Im allgemeinen hat das System auch ein kontinuierliches Spektrum und die Vollständigkeitsbeziehung (7.2) enthält ein Integral Z X n |ψn ihψn | + dν|ψν ihψν | = 1. (1.351) Der Kürze halber wird das Integral aber zumeist weggelassen. For a free particle with a Hamilton operator Ĥ = p̂2 /2M, the spectrum is completely continuous. The eigenfunctions are (1.179) with energies E(p) = p2 /2M. Inserting the completeness relation (1.177) into Eq. (1.346), we obtain for the time evolution amplitude of a free particle the Fourier representation (xb tb |xa ta ) = H. Kleinert, PATH INTEGRALS Z ih̄ 2 dD p p (tb − ta ) . D exp ip(xb − xa ) − 2M (2πh̄) " # (1.352) 55 1.10 Eigenschaften des Zeitentwicklungsoperators The momentum integrals in (2.14) can easily be done. First we perform a quadratic completion in the exponent and rewrite it as 1 xb − xa i M (xb − xa )2 p− (tb − ta ) + . M tb − ta h̄ 2 tb − ta (1.353) ′ Then we replace the momentum variable by the shifted one p = p − (xb − xa )/(tb − ta )M , and the amplitude (1.352) becomes ! ih̄ 2 ih̄ ip(xb − xa ) − p (tb − ta ) = 2M 2M i M (xb − xa )2 (xb tb |xa ta ) = F (tb − ta ) exp , h̄ 2 tb − ta " # (1.354) where F (tb − ta ) is the shifted momentum integral ih̄ ′ 2 d D p′ ′ p (tb − ta ) (1.355) F (tb − ta ) ≡ D exp ip (xb − xa ) − 2M (2πh̄) √ This can be performed using the Fresnel integral formula. Wenn i den Phasenfaktor ≡ eiπ/4 bezeichnet, so lautet diese ( √ Z ∞ dx a 2 1 a > 0, √i, √ exp i x = q (1.356) a < 0. 2 −∞ 2π |a| 1/ i, # " Z Die korrekten Phasen erhält man durch analytische Fortsetzung der Gaußschen Formel Z ∞ 1 α 2 dx √ exp − x = √ , Re α > 0, (1.357) 2 α −∞ 2π die für α > 0 sicher konvergiert; ebenso in der gesamten komplexen rechten αHalbebene. Das Integral (2.41) konvergiert auch noch auf der imaginären Achse 6= 0, wie man sofort nach der Substitution x2 → z sieht. Da die Fresnel-Formel nur eine spezielle analytische Fortsetzung der Gaußschen ist, wollen wir im folgenden meistens nur von Gaußschen Integralen reden und von einer Fresnel-Formel nur dann, wenn der imaginäre Charakter betont werden soll. Applying this formula to (1.355), we obtain 1 F (tb − ta ) = q D, 2πih̄(tb − ta )/M (1.358) so that the full time evolution amplitude of a free massive point particle is 1 (xb tb |xa ta ) = q D 2πih̄(tb − ta )/M i M (xb − xa )2 . exp h̄ 2 tb − ta # " (1.359) In the limit tb → ta , the left-hand side becomes the scalar product hxb |xa i = δ (D) (xb − xa ), implying the following limiting formula for the δ-function δ (D) (xb − xa ) = 1 lim q D 2πih̄(tb − ta )/M tb −ta →0 i M (xb − xa )2 exp . h̄ 2 tb − ta " # (1.360) 56 1 Grundlagen Inserting Eq. (1.352) into (1.345), we have for the fixed-energy amplitude the integral representation (xb |xa )E = ∞ Z 0 d(tb − ta ) Z p2 dD p i p(xb − xa ) + (tb − ta ) E − . exp h̄ 2M (2πh̄)D (1.361) ( " !#) Performing the time integration yields (xb |xa )E = Z dD p ih̄ . D exp [ip(xb − xa )] E − p2 /2M (2πh̄) (1.362) In order to find an explicit expression, it is more convenient to calculate the Fourier transform (1.359): (xb |xa )E = Z 1 ∞ 0 d(tb − ta ) q D 2πih̄(tb − ta )/M i M (xb −xa )2 exp E(tb − ta ) + h̄ 2 tb − ta ( " #) , (1.363) For E < 0, we set κ≡ and using the formula Z 0 ∞ ν−1 −iγt+iβ/t dtt e β =2 γ q −2ME/h̄2 !ν/2 (1.364) q q eiνπ/2 K−ν (2 βγ), Kν (2 βγ) (1.365) where Kν (z) = K−ν (z) is the modified Bessel function,19 we find M κD−2 KD/2−1 (κR) (xb |xa )E = −2i . h̄ (2π)D/2 (κR)D/2−1 (1.366) where R ≡ |xb − xa |. For E > 0 we set k≡ and the formula Z 0 ∞ ν−1 iγt+iβ/t dtt e q 2ME/h̄2 β = iπ γ !ν/2 −iνπ/2 e (1.367) (1) H−ν (2 q βγ), (1.368) where Hν(1) (z) is the Hankel function,20 yields (xb |xa )E = 19 20 M k D−2 HD/2−1 (kR) π . h̄ (2π)D/2 (kR)D/2−1 I.S. Gradshteyn and I.M. Ryzhik, op. cit., Formulas 3.471.10 and 8.432.6 ibid., Formulas 3.471.11 and 8.421.7 H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.369) 57 1.11 Scattering The relation21 Kµ (e−iπ/2 z) = π iπµ/2 (1) ie Hµ (z) 2 (1.370) connects the two formulas with each other when continuing the energy from positive to negative values, which replaces κ by e−iπ/2 k = −ik. For large distances, the asymptotic behavior22 Kν (z) ≈ r π −z e , 2z Hν(1) (z) ≈ s 2 i(z−νπ/2−π/4) e πz (1.371) show that the fixed-energy amplitude bahaves for E > 0 like (xb |xa )E = 1.11 M D−2 1 1 k eikR/h̄ . (D−1)/2 (D−1)/2 h̄ (2πi) (kR) (1.372) Scattering Most observations of quantum phenomena are obtained form scattering processes of fundamental particles. Consider a particle impinging with a momentum pa and energy E = Ea = p2a /2M upon a nonzero potential concetrated around the origin. After a long time, it will be be found far from the potential with some momentum pb and the same energy E = Eb = p2b /2M. The probability amplitude for such a process is given by the time evolution amplitude in the momentum representation (pb tb |pa ta ) ≡ hpb |e−iĤ(tb −ta )/h̄ |pa i (1.373) in the limit tb → ∞ and ta → −∞. Long before and after the collision, this amplitude oscillates with a frequency ω = E/h̄ characteristic for free particles of energy E. In order to have a time-independent limit, we remove these oscillations, from (1.373), and define the scattering matrix (S-matrix) by the limit hpb |Ŝ|pa i ≡ lim tb −ta →∞ ei(Eb tb −Ea ta )/h̄ hpb |e−iĤ(tb −ta )/h̄ |pa i. (1.374) Most of the particles will not scatter at all, so that this amplitude must contain a leading term hpb |Ŝ|pa i = hpb |pa i + hpb |Ŝ|pa i′ , (1.375) where hpb |pa i = hpb |e−iĤ(tb −ta )/h̄ |pa i = (2πh̄)3 δ (3) (pb − pa ) (1.376) shows the normalization of the states [recall (1.176)]. This leading term is commonly subtracted from (1.374) to find the true scattering amplitude. Moreover, since potential scattering conserves energy, the subtracted amplitude contains a δ-function 21 22 ibid., Formula 8.407.1. ibid., Formulas 8.451.6 and 8.451.3 58 1 Grundlagen ensuring energy conservation, and it is useful to divide this out, defining the so-called reactance matrix (R-matrix) by hpb |Ŝ|pa i ≡ (2πh̄)3 δ (3) (pa − pa ) − 2πh̄iδ(Eb − Ea )hpb |R̂|pa i. (1.377) The scattering matrix is a unitary quantity which must conserve the total particle number. In the states |pm i introduced in Eq. (1.170) which have the completeness relation (1.172), the S-matrix normalized to unity in a finite volume V amplitude satisfies the unitarity relation X m′ ′ ′ ′′ hpm |Ŝ|pm ihpm |Ŝ † |pm i = 1. (1.378) Remembering the relation (1.175) between the discrete states |pm i and their continuous limits |pi, we see that hpb m |Ŝ|pa m i = 1 hpb |Ŝ|pa i, L3 (1.379) m where L3 is the spatial volume, and pm b and pa are the discrete momenta closest to pb and pa . The absolute square of hpb m |Ŝ|pa m i this gives the probability Ppb ←pa for the scattering from the initial momentum state pa to the final momentum state pb . Omitting the unscattered particles, we have Ppb ←pa = 1 2 6 2πh̄δ(0) 2πh̄δ(Eb − Ea )|hpb |R|pa i| . L (1.380) The δ-function at the origin is made finite by imagining the scattering process to R take place in in a finite total time T . Then 2πh̄δ(0) = dt eiEt/h̄ |p=0 = T , and the probability is proportional to the time T : Ppb ←pa = 1 2 6 T 2πh̄δ(Eb − Ea )|hpb |R|pa i| . L (1.381) By summing this over all discrete final momenta, or equivalently, by integrating this over the phase space of the final momenta [recall (1.174)], we find the total probability per unit time for the scattering to take place 1 dP = 6 dt L Z d3 pb L3 2 3 2πh̄δ(Eb − Ea )|hpb |R|pa i| . (2πh̄) (1.382) The momentum integral can be split into an integral over the final energy and the final solid angle dΩ = dθdϕ. For non-relativistic particles, this goes as follows Z 1 M d 3 pb 3 = 3 (2πh̄) (2πh̄) (2πh̄)3 H. Kleinert, PATH INTEGRALS Z dΩ Z 0 ∞ dEb pb , (1.383) 59 1.11 Scattering where dΩ = dφb d cos θb is the element of solid angle into which the particle is scattered. The energy integral removes the δ-function in (1.382), and makes pb equal to pa . The differential scattering cross section dσ/dΩ is defined as the probability that a single impinging particle ends up in a solid angle dΩ per unit time and unit current density. From (1.382) we identify dσ dṖ 1 1 Mp 21 = = 3 , 3 2πh̄|Rpb pa | dΩ dΩ j j L (2πh̄) (1.384) where we have set hpb |R̂|pa i ≡ Rpb pa , (1.385) M2 dσ 2 = 2 |Rpb pa | . dΩ (2πh̄) (1.387) for brevity. In a volume L3 , the current density of a single impinging particle is simply the velocity: 1 p (1.386) j= 3 , L M so that the differential cross section becomes If theqscattered particle moves relativistically, we have to replace M in (1.383) by E= p2 + M 2 inside the momentum integral, where p = |p|, so that Z ∞ 1 d3 p = dΩ dp p2 3 3 0 (2πh̄) (2πh̄) Z Z ∞ 1 dΩ = dEE p. 0 (2πh̄)3 Z Z (1.388) In the relativistic case, the initial current is not proportional to p/M but to the relativistic velocity v = p/E so that 1 p . L3 E (1.389) dσ E2 2 = 2 |Rpb pa | . dΩ (2πh̄) (1.390) j= Hence the cross section becomes To lowest order in the interaction strength, the operator Ŝ in (1.374) is Ŝ ≈ 1 − iV̂ /h̄. (1.391) For a time-independent scattering potential, this implies Rpb pa ≈ Vpb pa /h̄, (1.392) 60 1 Grundlagen where Vpb pa ≡ hpb |V̂ |pa i = Z d3 xei(pb −pa )x/h̄ V (x). (1.393) Then (1.390) reduces to the so called Born approximation (Born 1926) dσ E2 2 ≈ 2 2 |Vpb pa | , dΩ (2πh̄) h̄ (1.394) The amplitude whose square is equal to the differential cross section is usually denoted by fpb pa , i.e., one writes dσ = |fpb pa |2 . dΩ (1.395) Thus we can identify fpb pa ≡ − M R 2πh̄2 pb pa (1.396) where we have chosen the sign to agree with the convention in the textbook by Landau and Lifshitz.23 There exists a heuristic limiting formula expressing the scattering amplitude in terms of the time evolution amplitude. For this we note that a δ-function can be obtained from a large-time limit M M tb δ(pb − pa ) = lim δ(Eb − Ea ) = pb pb tb →∞ 2πih̄M 1/2 (p − pa )2 tb exp i b , 2Mh̄ " # (1.397) where pb = |pb |. In this form, one may perform a “gentleman’s inversion” of the δ-function in Eq. (1.377). For pb = pa , this leads to the following expression for the scattering amplitude fpb pa p =− b M √ 2πih̄M (2πh̄)3 3 lim 1 tb →∞ t1/2 b ei(Eb tb −Ea ta )/h̄ [(pb tb |pa ta )−hpb |pa i] . (1.398) This treatment of a δ-function is certainly not satisfactory. In order to proceed with more care, we take recourse to a small operator calculation. We rewrite the limit (1.374) with the help of the time evolution operator (2.5) as follows: hpb |Ŝ|pa i ≡ = 23 lim ei(Eb tb −Ea ta )/h̄ (pb tb |pa ta ) lim hpb |ÛI (tb , ta )|pa i. tb −ta →∞ tb ,−ta →∞ (1.399) See for example the textbook by L.D. Landau and E.M. Lifshitz, Quantum Mechanics, Pergamon Press London, 1965. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 61 1.11 Scattering where we have introduced the time evolution operator in the so-called interaction picture ÛI (tb , ta ) ≡ eiH0 tb /h̄ e−iHtb /h̄ eiHta /h̄ e−iH0 ta /h̄ (1.400) The operator ÛI (tb , ta ) satisfies the same composition law (1.322) as the ordinary time evolution operator: ÛI (t, ta ) = ÛI (t, tb )ÛI (tb , ta ). (1.401) e−iHt/h̄ ÛI (0, ta ) = ÛI (0, ta − t)e−iH0 t/h̄ , (1.402) Now we observe that so that in the limit ta → −∞ e−iHt/h̄ ÛI (0, ta ) → ÛI (0, ta )e−iH0 t/h̄ , (1.403) and therefore lim tb ,−ta →∞ ÛI (tb , ta ) = lim eiH0 tb /h̄ e−iHtb /h̄ ÛI (0, ta ) = lim eiH0 tb /h̄ ÛI (0, ta )e−iH0 tb /h̄, tb ,−ta →∞ tb ,−ta →∞ (1.404) which allows us to rewrite (1.399) as hpb |Ŝ|pa i ≡ lim tb ,−ta →∞ ei(Eb −Ea )tb /h̄ hpb |ÛI (0, ta )|pa i. (1.405) The operator ÛI (tb , ta ) satisfies the equation of motion ih̄∂tb ÛI (tb , ta ) = VI (tb )ÛI (tb , ta ), where V̂I (t) ≡ eiH0 t/h̄ V̂ e−iH0 t/h̄ (1.406) (1.407) is the potential in the interaction picture. This equation of motion can be turned into an integral equation i ÛI (tb , ta ) = 1 − h̄ Z t dtVI (t)ÛI (t, ta ). (1.408) dteiĤ0 t/h̄ V (t)e−iĤt/h̄ ÛI (tb , ta ). (1.409) −∞ Using the property (1.401), this becomes i ÛI (tb , ta ) = 1 − h̄ Z t −∞ Inserting this equation between free-particle states hpb | and |pb i, and using Eq. (1.402) we obtain at tb = 0 i hpb |ÛI (0, ta )|pb i = hpb |pb i − h̄ Z t −∞ dtei(Eb −Ea −iη)t/h̄ hpb |V (t)ÛI (0, ta )|pb i. (1.410) 62 1 Grundlagen A small damping factor eηt/h̄ was inserted to ensure convergence at t = −∞. For a time-independent potential, the integral be done yielding hpb |ÛI (0, ta )|pb i = hpb |pb i − 1 hp |V Û (0, ta )|pb i. Eb − Ea − iη b I I (1.411) This is the famous Lippmann-Schwinger equation. Inserting this into (1.405), we obtain the equation for the scattering matrix " # 1 hpb |Ŝ|pa i = lim e hpb |pa i − hp |V̂ ÛI (0, ta )|pb i . tb ,−ta →∞ Eb − Ea − iη b (1.412) The first term in brackets is nonzero only if the momenta pa and pb are equal, in which case also the energies are equal, Eb = Ea , so that the the prefactor can be set equal to one. In front of the second term, the prefactor oscillates rapidly as the time tb grows large, making any finite function of Eb vanish, as a consequence of the Riemann-Lebesgue lemma. The second term contains, however, a pole at Eb = Ea for which the limit has to be done more carefully. Consider therefore i(Eb −Ea )tb ei(Eb −Ea )tb /h̄ lim = tb →∞ E − E − iη b a ( 0, i/η, Eb = 6 Ea , Eb = Ea . (1.413) It is easy to see that such a property defines a δ-function in the energy: ei(Eb −Ea )tb = 2πiδ(Eb − Ea ). tb →∞ E − E − iη b a lim (1.414) Indeed, if we integrate the left-hand side over a smooth function f (Eb ) and set Eb ≡ Ea + ξ/tb . (1.415) Then the Eb -integral can be rewritten as Z ∞ −∞ dξ eiξ f (Ea + ξ/ta ) . ξ + iη (1.416) In the limit of large ta , the function f (Ea ) can be taken out of the integral and the contour of integration can then be closed in the upper half of the complex energy plane, yielding 2πi. Thus we obtain from (1.412) the formula (1.377), with the Rmatrix 1 (1.417) hpb |R̂|pa i = hpb |V ÛI (0, ta )|pb i. h̄ For a small potential V , we approximate n ÛI (0, ta ) ≈ 1, and find the Born approximation (1.392). With the help of he explict operator expression (1.399) for ÛI (0, ta ) we see that the S-matrix (1.405) is given by the formula hpb |Ŝ|pa i = lim ei(Eb −Ea )tb /h̄ hpb |Û(0, ta )|pa ie−iEa ta /h̄ . ta →−∞ H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.418) 63 1.11 Scattering Note that in contrast to (1.374), the time evolution of the initial state goes now only over the negative time axis rather than the full one. It is useful to analyze the behavior of interacting the state ÛI (0, ta )|pa i in x-space. From Eq. (1.403), we see that it is an eigenstate of the full Hamilton operator Ĥ with the initial energy Ea . Multiplying this state by hx| from the left, and inserting a complete set of momentum eigenstates, we calculate hx|ÛI (0, ta )|pa i = Z d3 p hx|pihp|ÛI (0, ta )|pa i = (2πh̄)3 Z d3 p hx|pihp|ÛI (0, ta )|pa i. (2πh̄)3 Using Eq. (1.411), this becomes hx|ÛI (0, ta )|pa i = hx|pa i + Z Z 3 ′ dx ′ d 3 pb eipb (x−x )/h̄ V (x′ )hx′ |ÛI (0, ta )|pa i. (2πh̄)3 Ea −p2b /2M +iη (1.419) The function (x|x′ )Ea = Z ih̄ d3 pb ipb (x−x′ )/h̄ 3e 2 (2πh̄) Ea − p /2M + iη (1.420) is recognized as the the fixed-energy amplitude (1.362) of the free particle. In three dimensions it reads [see (1.372)] ′ ′ (x|x )Ea 2M eipa |x−x |/h̄ i =− , h̄ 4π|x − x′ | pa = q 2MEa . (1.421) In order to find the scattering amplitude, we consider the wave function (1.419) far away from the scattering center, i.e., to large |x|. Under the assumption that V (x′ ) is nonzero only for small x′ , we approximate |x − x′ | ≈ r − x̂x′ , where x̂ is the unit vector in the direction of x, and (1.419) becomes hx|ÛI (0, ta )|pa i ≈ eipa x/h̄ − eipa r 4πr Z d4 x′ e−ipa x̂x ′ 2M ′ ′ 2 V (x )hx |ÛI (0, ta )|pa i. h̄ (1.422) In the limit ta → −∞, the factor multiplying the spherical wave factor eipa r/h̄ /r is the scattering amplitude f (x̂)pa , whose absolute square gives the cross section. For scattering to a final momentum pb , the outgoing particles are detected far away from the scattering center in the direction x̂ = p̂b . Because of energy conservation, we may set pa x̂ = pb and obtain the formula fpb pa M = lim − ta →−∞ 2πh̄2 Z d4 xb e−ipb xb V (xb )hxb |ÛI (0, ta )|pa i. (1.423) By studying the interacting state ÛI (0, ta )|pa i in x-space, we have avoided the singular δ-function of energy conservation. 64 1 Grundlagen The important observation is now, that in the limit ta → −∞, the amplitude hxb |ÛI (0, ta )|pa i can be obtained from the time evolution amplitude (xb tb |xa ta ) as follows: hxb |ÛI (0, ta )|pa i = hxb |Û (0, ta )|pa ie−iEa ta /h̄ = lim ta →−∞ −2πih̄ta M !3/2 (1.424) 2 (xb tb |xa ta )ei(pa xa −pa ta /2M )/h̄ This follows directly from the Fourier transformation −iEa ta /h̄ hxb |Û(0, ta )|pa ie = Z 2 d3 xa (xb tb |xa ta )ei(pa xa −pa ta /2M )/h̄ , xa =pa ta /M . (1.425) by substituting the dummy integration variable xa by pta /M. Then the right-hand side becomes 2 −ta 3 Z 3 d p (xb 0|pta ta )ei(pa p−pa )ta /2M h̄ . (1.426) M Now, for large −ta , the momentum integration is squeezed to p = pa , and we obtain (1.424). The appropriate limiting formula for the δ-function (−t )D/2 i ta δ (D) (pb − pa ) = lim √ a exp − (pb − pa )2 D ta →−∞ h̄ 2M 2πih̄M (1.427) is easily obtained from Eq. (1.360) by an obvious substitution of variables. The exponential on the right-hand side can just as well be multipled by a factor 2 2 2 2 ei(pb −pa ) /2M h̄ , so that it becomes e−i(pa p−pa )ta /2M h̄ , leading to the δ-function used in 2 deriving (1.424) from the Fourier integral (1.426). The phase factor ei(pa xa −pa ta /2M )/h̄ on the right-hand side of Eq. (1.424) which is unity in the limit is left for later convenience in Eq. ??. Formula (1.424) is areliable starting point for extracting the scattering amplitude fpb pa from the time evolution amplitude in x-space (xb 0|xa ta ) at xa = pa ta /M by isolating the coefficient of eipa r/h̄ /r. As a cross check we insert the free-paricle amplitude (1.359) into (1.424) and obtain ihe free undistrubed wave function eipa x , which is the correct first term in (1.419) associated with unscattered particles. 1.12 Heisenbergbild Der unitäre Zeitentwicklungsoperator Û(t, ta ) ermöglicht eine oft benutzte Umformulierung der Schrödingerschen Quantenmechanik. Die neue Formulierung heißt Heisenbergbild und zeichnet sich durch eine enge formale Verwandtschaft mit der klassischen Mechanik aus. Heisenberg postulierte, daß der Übergang von der klassischen zur Quantenmechanik in einem einfachen Ersetzen der kanonischen Variablen im Phasenraum pi (t), qi (t) durch Matrizen besteht. Diese Matrizen nannte er pH (t), qH (t). Das Heisenbergsche Postulat kann nur solange richtig sein, wie die H. Kleinert, PATH INTEGRALS 65 1.12 Heisenbergbild kanonischen Quantisierungsregeln gelten. Wenn wir also q schreiben, beschränken wir uns immer auf kartesische Koordinaten. Um dies zu verdeutlichen, verwenden wir lieber x für den Ortsoperator und bezeichnen die entsprechende Heisenbergmatrix mit xH (t). Die Heisenbergmatrizen gehorchen formal denselben Gleichungen wie die klassischen Größen, wenn man beim Übergang zur Quantenmechanik nur alle Poisson-Klammern durch das Produkt von i/h̄ mit dem Matrizenkommutator ersetzt. Folglich gehen die Poisson-Klammern (1.24) über in die kanonischen Vertauschungsregeln für die Heisenbergmatrizen bei gleicher Zeit: [pH (t), xH (t)] = −ih̄, [pH (t), pH (t)] = 0, (1.428) [xH (t), xH (t)] = 0. Die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen (1.23) werden zu den Heisenbergschen Gleichungen i ṗH (t) = [H , p (t)] , h̄ H H (1.429) i ẋH (t) = [H , x (t)] , h̄ H H wobei HH ≡ H (pH (t), xH (t), t) (1.430) der Hamiltonoperator im Heisenbergbild ist. Auch die Bewegungsgleichung für observable Funktionen O(pi (t), xi (t), t), die wir in (1.19) hergeleitet haben, geht über in eine Matrizenkommutatorgleichung für die Heisenbergobservablen OH ≡ O(pH (t), xH (t), t). (1.431) Sie lautet: d i ∂ OH = [HH , OH ] + OH . (1.432) dt h̄ ∂t Diese Regeln bezeichnet man als das Heisenbergsche Korrespondenzprinzip. Den Zusammenhang zwischen Schrödingerbild und Heisenbergbild stellt der Zeitentwicklungsoperator her. Es sei Ô irgendeine Observable in Schrödingers Beschreibung: Ô(t) ≡ O(p̂, x̂, t). (1.433) Wenn |Ψ(t)i ein beliebiger Satz von Basisfunktionen ist, die allesamt Lösungen der Schrödingergleichung sind, dann kann der Operator durch Angabe seiner Matrixelemente vollständig beschrieben werden: Oab (t) ≡ hΨa (t)|Ô(t)|Ψb (t)i. (1.434) Wir können jetzt den unitären Operator Û (t, ta ) benutzen, um zu einer neuen zeitunabhängigen Basis |Ψa i überzugehen, die definiert ist durch |Ψa (t)i ≡ Û (t, ta )|Ψa i, (1.435) 66 1 Grundlagen wobei ta eine beliebige aber feste Anfangszeit ist. Die Schrödingeroperatoren der kanonischen Koordinaten p̂ und x̂ gehen folgendermaßen in zeitabhängige Heisenbergoperatoren p̂H (t) und x̂H (t) über p̂H (t) ≡ Û −1 (t, ta ) p̂ Û (t, ta ), x̂H (t) ≡ Û −1 (t, ta ) x̂ Û (t, ta ). (1.436) Die Operatoren p̂H (t) und x̂H (t) stimmen mit p̂ bzw. x̂ zu diesem Zeitpunkt überein. Ebenso können wir beliebige Observablen Ô(t) in entsprechende Heisenbergoperatoren umtransformieren: ÔH (t) ≡ Û −1 (t, ta )O(p̂, x̂, t)Û (t, ta ) ≡ O (p̂H (t), x̂H (t), t) . (1.437) Die Heisenbergmatrizen OH (t) erhält man nun aus den Heisenbergoperatoren ÔH (t), indem man ihre Matrixelemente bezüglich einer geeigneten Basis aus zeitunabhängigen Vektoren |Ψa i bildet. Die Matrixelemente von OH (t) sind gegeben durch OH (t)ab ≡ hΨa |ÔH (t)|Ψb i. (1.438) Man beachte, daß die Zeitabhängigkeit dieser Matrixelemente allein auf die Zeitabhängigkeit der Operatoren zurückzuführen ist: d d (1.439) OH (t)ab ≡ hΨa | ÔH (t)|Ψb i. dt dt Das ist anders als in der Schrödingerdarstellung (1.434), wo die rechte Seite aufgrund der Zeitabhängigkeit der Wellenfunktionen zwei weitere Terme enthalten würde. Da diese Terme in (1.439) aber nicht vorhanden sind, ist es möglich, die Bewegungsgleichungen der Heisenbergmatrizen unabhängig von der Basis zu untersuchen, indem man die Heisenbergoperatoren selbst und nicht ihre Komponenten bezüglich einer Basis betrachtet. Es ist leicht nachprüfbar, daß sie in der Tat die Regeln des Heisenbergschen Korrespondenzprinzips erfüllen. Man betrachte die Zeitableitung einer beliebigen Observablen ÔH (t): d Ô (t) = dt H ! d −1 Û (t, ta ) Ô(t)Û (t, ta ) dt ! ! d ∂ −1 −1 Ô(t) Û(t, ta ) + Û (t, ta )Ô(t) Û (t, ta ) , +Û (t, ta ) ∂t dt die man folgendermaßen umschreiben kann: " ! # d −1 Û (t, ta ) Û (t, ta ) Û −1 (t, ta )Ô(t)Û (t, ta ) dt h i d + Û −1 (t, ta )Ô(t)Û (t, ta ) Û −1 (t, ta ) Û (t, ta ) dt ! ∂ +Û −1 (t, ta ) Ô(t) Û(t, ta ). ∂t H. Kleinert, PATH INTEGRALS (1.440) 67 1.13 Klassische Statistik und Quantenstatistik Mit (1.333) wird dies zu ! i d ∂ i h −1 ÔH (t) = Ô(t) Û . Û Ĥ Û, ÔH + Û −1 dt h̄ ∂t (1.441) Wenn wir hier (1.437) einsetzen, finden wir die Bewegungsgleichung i ih ∂ d ÔH (t) = Ô ĤH , ÔH (t) + dt h̄ ∂t ! (t). (1.442) H Indem wir ihre Matrixelemente bezüglich einer zeitunabhängigen Basis |Ψa i des Hilbertraums bilden, erhalten wir dieselbe Gleichung für die Matrizen. Sie heißt dann Heisenbergsche Bewegungsgleichung. Für die Phasenraumvariablen pi (t), xi (t) stimmen diese Gleichungen natürlich mit den Hamiltonschen Bewegungsgleichungen (1.16) überein. Wir haben also gezeigt, daß Heisenbergs Matrixmechanik völlig äquivalent zur Schrödingertheorie ist, und daß die Heisenbergmatrizen der Form nach denselben Hamilton-Gleichungen gehorchen wie klassische Observablen. 1.13 Klassische Statistik und Quantenstatistik Man betrachte ein physikalisches System mit fester Teilchenzahl und ohne explizite Zeitabhängigkeit im Hamiltonoperator. Wenn man es mit einem thermischen Reservoir der Temperatur T in Kontakt bringt, können seine thermodynamischen Eigenschaften mit Hilfe der folgenden Regeln ermittelt werden: Auf der Ebene der klassischen Mechanik ist für jedes Volumenelement des Phasenraums dp dq dp dq = h 2πh̄ (1.443) die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Systems proportional zum Boltzmannfaktor e−H(p,q)/kB T , (1.444) wobei kB die Boltzmannkonstante ist: kB = 1, 3806221(59) × 10−16 erg/Kelvin. (1.445) Die Zahl in Klammern gibt die Meßunsicherheit in den beiden letzten Ziffern an. Die Größe 1/kB T , welche die Dimension einer inversen Energie hat, wird gewöhnlich mit β bezeichnet. Wenn wir den Faktor kB außer acht lassen, können wir β auch kurz als inverse Temperatur bezeichnen. Entsprechend geben wir meistens auch Temperaturwerte in Energieeinheiten kB · Kelvin und nicht in Kelvin an. Dann können wir die Boltzmannkonstante in allen Formeln weglassen. 68 1 Grundlagen Das Integral über die Boltzmannfaktoren aller Phasenraumelemente24 Zkl (T ) ≡ Z dp dq −H(p,q)/kB T e 2πh̄ (1.446) heißt klassische Zustandsfunktion. Diese Funktion enthält die gesamte thermodynamische Information, die die klassische Physik über ein System liefern Z kann. Natürlich steht das Integrationssymbol dp dq/2πh̄ im Falle eines Systems YZ mit vielen Freiheitsgraden für das Produkt n dpn dqn /2πh̄. In der Quantenstatistik wird die Hamiltonfunktion durch den Operator Ĥ ersetzt und das Integral über den Phasenraum durch die Spur im Hilbertraum. Das führt zur quantenstatistischen Zustandssumme −H(p̂,x̂)/kB T Z(T ) ≡ Tr e −Ĥ/kB T ≡ Tr e , (1.447) wobei Tr Ô die Spur des Operators Ô bezeichnet. Wir haben für die kartesischen Ortsoperatoren x̂ und nicht q̂ geschrieben, da das System nur in kartesischen Koordinaten eine problemlose kanonische Quantisierung erlaubt. Im Fall des Kreisels gilt die Spurformel auch, allerdings müssen als Basis des Hilbertraums die Eigenzustände des Drehimpulsoperators verwendet werden. Für allgemeinere Lagrangesysteme geben wir in den Kapiteln 8 und 8 eine neue Quantisierungsvorschrift an. An diesem Punkt ist folgende wichtige Beobachtung angebracht: Die Quantenzustandssumme steht in einem sehr einfachen Zusammenhang mit dem quantenmechanischen Zeitentwicklungsoperator. Um diesen Zusammenhang zu betonen, definieren wir die Spur dieses Operators als die quantenmechanische Zustandssumme: ZQM (tb , ta ) ≡ Tr Û (tb , ta ) = Tr e−i(tb −ta )Ĥ/h̄ . (1.448) Offensichtlich erhält man die quantenstatistische Zustandssumme Z(T ) aus der quantenmechanischen durch analytische Fortsetzung des Arguments tb − ta zu negativen imaginären Werten: tb − ta = − ih̄ ≡ −ih̄β. kB T (1.449) Aus diesem einfachen Grund reicht es aus, die Spur des Zeitentwicklungsoperators zu verstehen, um alle thermodynamischen Gleichgewichtseigenschaften beschreiben zu können. Es ist bei der Untersuchung von einigen Vielkörpersystemen ratsam, von einem Gleichgewicht mit einem Teilchenreservoir auszugehen, das ein bestimmtes 24 Da wir immer bei festem Raumvolumen arbeiten, unterdrücken wir das sonst in der Thermodynamik übliche Argument V im folgenden. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 69 1.13 Klassische Statistik und Quantenstatistik chemisches Potential µ festlegt und durch die großkanonische quantenstatistische Zustandssumme −(Ĥ−µN̂ )/kB T (1.450) ZG (T, µ) = Tr e beschrieben wird. Hierbei ist N̂ der Operator, der die Teilchenzahl eines Zustandes mißt. Die Operatordifferenz im Exponentialausdruck ĤG = Ĥ − µN̂ (1.451) wird großkanonischer Hamiltonoperator genannt. Ausgehend von der Zustandssumme definieren wir die freie Energie F (T ) = −kB T log Z(T ) (1.452) und ihre großkanonische Variante FG (T, µ) = −kB T log ZG (T, µ). (1.453) Die mittlere Energie oder innere Energie wird definiert durch E = Tr Ĥe−Ĥ/kB T . Tr e−Ĥ/kB T . (1.454) Man kann sie aus der Zustandssumme Z(T ) erhalten, indem man die Ableitung nach der Temperatur bildet: E = Z −1 kB T 2 ∂ ∂ Z(T ) = kB T 2 log Z(T ). ∂T ∂T (1.455) Ausgedrückt mit Hilfe der freien Energie wird dies zu E = −T ∂ F (T ) + F (T ). ∂T (1.456) Für ein großkanonisches Ensemble können wir die mittlere Teilchenzahl einführen als . −(Ĥ−µN̂ )/kB T −(Ĥ−µN̂ )/kB T . (1.457) Tr e N = Tr N̂ e Aus der großkanonischen Zustandssumme kann man diese Größe folgendermaßen ableiten: ∂ N = ZG −1 (T, µ)kB T ZG (T, µ), (1.458) ∂µ oder auch, indem man die großkanonische freie Energie benutzt: N =− ∂ F (T, µ). ∂µ G (1.459) Die mittlere Energie in einem großkanonischen System −(Ĥ−µN̂ )/kB T E = Tr Ĥe . −(Ĥ−µN̂ )/kB T Tr e (1.460) 70 1 Grundlagen erhält man in Analogie zu (1.455) und (1.456) aus der Ableitung E − µN = ZG −1 (T, µ)kB T 2 ∂ Z (T, µ) ∂T G (1.461) ∂ F (T, µ) + FG (T, µ). = −T ∂T G In thermodynamischen Untersuchungen gibt es eine Größe von besonders fundamentaler Bedeutung, die Entropie. Bevor wir sie definieren, wollen wir einige Vorüberlegungen anstellen. Berechnen wir einmal die Zustandssumme −Ĥ/kB T Z(T ) = Tr e (1.462) unter Benutzung der Eigenzustände |ni des Hamiltonoperators, d.h. Z(T ) = X e−En /kB T . (1.463) n Wir können die Summe auch als Integral schreiben, Z(T ) = Z dε ρ(ε)e−ε/kB T , (1.464) wobei ρ(ε) = X δ(ε − En ) n (1.465) die Zustandsdichte im Energieintervall ε ∈ (E, E + dE) ist. Diese kann übrigens auch als Operatorspur geschrieben werden: ρ(ε) = Tr δ(ε − Ĥ). Das Integral N(E) = Z 0 E dε ρ(ε) (1.466) (1.467) gibt die Anzahl der Zustände mit Energien kleiner als E an. Für sehr große Teilchenzahlen ist die Dichte eine steil ansteigende Funktion der Energie. Für ein System mit N freien Teilchen z.B. lautet die Formel für die Anzahl der Zustände mit Energien kleiner als E N(E) = X pi Θ(E − N X p2i /2M), (1.468) i=1 wobei jeder der Teilchenimpulse pi über alle diskreten Impulse pm in (1.169) läuft, die ein einzelnes Teilchen in einem endlichen Kasten mit Volumen V = L3 annehmen kann. Für große V wird die Summe zu einem Integral, und es gilt25 N(E) = V N " N Z Y i=1 25 N X d 3 pi p2i /2M). Θ(E − 3 (2πh̄) i=1 # (1.469) Es sei jedoch an die wichtige Ausnahme des Bose-Einstein-Kondensats erinnert, auf die bereits in der Fußnote zu (1.174) hingewiesen wurde. H. Kleinert, PATH INTEGRALS 71 1.13 Klassische Statistik und Quantenstatistik h Die Anzahl N(E) ist also gleich dem Produkt von V /(2πh̄)3 √ Ω3N einer 3N-dimensionalen Kugel mit Radius 2ME:26 N(E) = " V (2πh̄)3 #N Ω3N ≡ " V (2πh̄)3 #N (2πME)3N/2 . Γ( 23 N + 1) iN mit dem Volumen (1.470) Daher ist die Dichte ρ = ∂N /∂E " V ρ(E) = (2πh̄)3 #N 2πM (2πME)3N/2−1 . Γ( 23 N) (1.471) Sie wächst mit einer großen Potenz E 3N/2−1 der Energie. Dennoch konvergiert das Integral für die Zustandssumme (1.464), und das ist natürlich auf den exponentiellen Abfall des Boltzmannfaktors e−E/kB T zurückzuführen. Wenn die Funktionen ρ(ε) und e−ε/kB T miteinander multipliziert werden, ist das Resultat eine Funktion mit einem sehr scharfen Maximum bei der mittleren Energie E des Systems, deren Lage von der Temperatur T abhängt. Für ein System aus N freien Teilchen gilt beispielsweise ρ(ε)e−ε/kB T ∝ e(3N /2−1) log ε−ε/kB T . (1.472) Diese Funktion hat ein scharfes Maximum bei ε = E(T ) = kB T 3N 3N − 1 ≈ kB T . 2 2 (1.473) Die Breite des Maximums findet man durch Entwicklung von (1.472) in δε ≡ ε − E(T ): ( ) 3N 3N E(T ) 1 2 exp log E(T ) − − (δε) + · · · . (1.474) 2 kB T 2E 2 (T ) 2 √ Wenn δε die Größenordnung E(T )/ N erreicht, sinkt die Exponentialfunktion auf die Hälfte Die Breite ist also √ des bei E(T ) ≈ kB T 3N/2 liegenden Maximalwerts. √ E(T )/ N und hat damit die relative Ordnung 1/ N , d.h. das Maximum ist für große N sehr scharf. Die Funktion kann also in sehr guter Näherung durch eine Diracsche δ-Funktion ersetzt werden: ρ(ε)e−ε/kB T ≈ δ(ε − E(T ))N(T )e−E(T )/kB T . (1.475) Die Größe N(T ) mißt die Gesamtzahl der Zustände, über die das System bei der Temperatur T verteilt ist. 26 Die Oberfläche einer Kugel in D Dimensionen ist SD = 2π D/2 RD−1 /Γ(D/2), also ist das Volumen ΩD = SD RD /D. 72 1 Grundlagen Die Entropie S(T ) kann jetzt mit Hilfe von N(T ) definiert werden: N(T ) = eS(T )/kB . (1.476) Wenn wir (1.475) mit (1.476) in (1.464) einsetzen, entsteht im Grenzwert großer N: Z(T ) = e−[E(T )−T S(T )]/kB T . (1.477) Die freie Energie kann daher mittels (1.452) ausgedrückt werden: F (T ) = E(T ) − T S(T ). (1.478) Ein Vergleich mit (1.456) zeigt, daß sich die Entropie direkt aus der freien Energie ergibt als ∂ S(T ) = − F (T ). (1.479) ∂T Für großkanonische Ensembles studiert man die Zustandssumme ZG (T, µ) = Z dε dn ρ(ε, n)e−(ε−µn)/kB T , (1.480) wobei jetzt der Ausdruck ρ(ε, n)e−(ε−µn)/kB T (1.481) ein scharfes Maximum bei ε = E(T, µ), n = N(T, µ) besitzt und näherungsweise geschrieben werden kann als ρ(ε, n)e−(ε−µn)/kB T ≈ δ (ε − E(T, µ)) δ (n − N(T, µ)) ×eS(T,µ)/kB e−[E(T,µ)−µN (T,µ)]/kB T . (1.482) Setzen wir dies wieder in (1.480) ein, so finden wir für große N ZG (T, µ) = e−[E(T,µ)−µN (T,µ)−T S(T,µ)]/kB T . (1.483) Für die großkanonische freie Energie (1.453) folgt daraus der Zusammenhang FG (T, µ) = E(T, µ) − µN(T, µ) − T S(T, µ). (1.484) Ein Vergleich mit (1.461) zeigt, daß man die Entropie direkt aus der Ableitung der großkanonischen freien Energie S(T, µ) = − bestimmen kann. H. Kleinert, PATH INTEGRALS ∂ F (T, µ) ∂T G (1.485) Appendix 1A Asymmetrischer Kreisel Appendix 1A 73 Asymmetrischer Kreisel Die Lagrangefunktion des asymmetrischen Kreisels mit drei verschiedenen Trägheitsmomenten 1 L = [Iξ ωξ 2 + Iη ωη 2 + Iζ ωζ 2 ] (1A.1) 2 hat anstelle von (1.291) die Metrik g11 = Iξ sin2 β + Iζ cos2 β − (Iξ − Iη ) sin2 β sin2 γ, g21 = −(Iξ − Iη ) sin β sin γ cos γ, g31 = Iζ cos β, g22 = Iη + (Iξ − Iη ) sin2 γ, g32 = 0, g33 = Iζ . Ihre Determinante ist g = Iξ Iη Iζ sin2 β, (1A.2) (1A.3) und die inverse Metrik hat die Komponenten g 11 = g 21 = g 31 = g 22 = g 32 = g 33 = 1 {Iη + (Iξ − Iη ) sin2 γ}Iζ , g 1 sin β sin γ cos γ(Iξ − Iη )Iζ , g 1 {cos β[− sin2 γ(Iξ − Iη ) − Iη ]}Iζ , g 1 {sin2 β[Iξ − sin2 γ(Iξ − Iη )]}Iζ , g 1 {sin β cos β sin γ cos γ(Iη − Iξ )}Iζ , g 1 {sin2 βIξ Iη + cos2 βIη Iζ + cos2 β sin2 γ (Iξ − Iη )Iζ }. g (1A.4) Damit können wir die Komponenten des affinen Zusammenhanges Γµν λ berechnen, der hier mit dem Riemannschen Zusammenhang, dem Christoffel-Symbol, übereinstimmt [siehe Gl. (1.10.7) zur Berechnung aus der Metrik]. In vorliegenden νλ Raum ohne Torsion ist Γνλ µ = Γ̄µ ]. Wir finden Γ̄11 1 = [cos β cos γ sin γ(Iη2 − Iη Iζ − Iξ2 + Iξ Iζ )]/Iξ Iη , Γ̄21 1 = {cos β[sin2 γ(Iξ2 − Iη2 − (Iξ − Iη )Iζ ) +Iη (Iξ + Iη − Iζ )]}/2 sin βIξ Iη , Γ̄31 1 = {cos γ sin γ[Iη2 − Iξ2 + (Iξ − Iη )Iζ ]}/2Iξ Iη , Γ̄22 1 = 0, 74 1 Grundlagen Γ̄32 1 = [sin2 γ(Iξ2 − Iη2 − (Iξ − Iη )Iζ ) − Iη (Iξ − Iη + Iζ )]/2 sin βIξ Iη , Γ̄33 1 = 0, Γ̄11 2 = {cos β sin β[sin2 γ(Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη )) − Iξ (Iξ − Iζ )]}/Iξ Iη , Γ̄21 2 = {cos β cos γ sin γ[Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη )]}/2Iξ Iη , Γ̄31 2 = {sin β[sin2 γ(Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη )) − Iξ (Iξ − Iη − Iζ )]}/2Iξ Iη , Γ̄22 2 = 0, Γ̄32 2 = [cos γ sin γ(Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη ))]/2Iξ Iη , Γ̄33 2 = 0, Γ̄11 3 = {cos γ sin γ[sin2 β(Iξ Iη (Iξ − Iη ) − Iζ (Iξ2 − Iη2 ) + Iζ2 (Iξ − Iη )) +(Iξ2 − Iη2 )Iζ − Iζ2 (Iξ − Iη )]}/Iξ Iη Iζ , Γ̄21 3 = {sin2 β[sin2 γ(2Iξ Iη (Iη − Iξ ) + Iζ (Iξ2 − Iη2 ) − Iζ2 (Iξ − Iη )) +Iξ Iη (Iξ − Iη ) + Iη Iζ (Iη − Iζ )] − sin2 γ((Iξ2 − Iη2 )Iζ − Iζ2 (Iξ − Iη )) −Iη Iζ (Iξ + Iη − Iζ )}/2 sin βIξ Iη Iζ , Γ̄31 3 = [cos β cos γ sin γ(Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη ))]/2Iξ Iη , Γ̄22 3 = cos γ sin γ(Iη − Iξ )/Iζ , Γ̄32 3 = {cos β[sin2 γ(Iη2 − Iξ2 + (Iξ − Iη )Iζ ) + Iη (Iξ − Iη + Iζ )]}/2 sin βIη Iξ , Γ̄33 3 = 0. (1A.5) Nun berechnen wir den Ricci-Tensor, der später in (10.37) eingeführt wird: R̄11 = {sin2 β[sin2 γ(Iη3 − Iξ3 − (Iξ Iη − Iζ2 )(Iξ − Iη )) +((Iξ + Iζ )2 − Iη2 )(Iξ − Iζ )] + Iζ3 − Iζ (Iξ − Iη )2 }/2Iξ Iη Iζ , R̄21 = {sin β sin γ cos γ[Iη3 − Iξ3 + (Iξ Iη − Iζ2 )(Iη − Iξ )]}/2Iξ Iη Iζ , R̄31 = −{cos β[(Iξ − Iη )2 − Iζ2 ]}/2Iξ Iη , R̄22 = {sin2 γ[Iξ3 − Iη3 + (Iξ Iη − Iζ2 )(Iξ − Iη )] + Iη3 − (Iξ − Iζ )2 Iη }/2Iξ Iη Iζ , R̄32 = 0, R̄33 = −[(Iξ − Iη )2 − Iζ2 ]/2Iξ Iη . (1A.6) Eine Kontraktion mit g µν gibt den Krümmungsskalar R = [2(Iξ Iη + Iη Iζ + Iζ Iξ ) − Iξ2 − Iη2 − Iζ2 ]/2Iξ Iη Iζ . (1A.7) Literaturhinweise I. Newton, Mathematische Prinzipien der Naturlehre, Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt, 1963, H. Kleinert, PATH INTEGRALS Literaturhinweise 75 J.L. Lagrange, Analytische Mechanik , Springer, Berlin, 1887, G. Hamel, Theoretische Mechanik , Springer, Berlin, 1949, H. Goldstein, Klassische Mechanik , Akad. Verlagsgesellschaft, Frankfurt, 1963, W. Weizel, Lehrbuch der Theoretischen Physik , Springer, Berlin, 1963, R. Abraham and J.E. Marsden, Foundations of Mechanics, Benjamin, New York, 1967, C.L. Siegel and J.K. Moser, Lectures on Celestial Mechanics, Springer, Berlin, 1971, A. Sommerfeld, Mechanik , Harri Deutsch, Frankfurt, 1977, L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Mechanik , Akademie-Verlag, Berlin, 1990, P.A.M. Dirac, The Principles of Quantum Mechanics, Clarendon, Oxford, 1958, L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Quantenmechanik , Akademie-Verlag, Berlin, 1990, L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Statistische Physik , Teil 1, Akademie-Verlag, Berlin, 1991, E.M. Lifschitz und L.P. Pitaevski, Statistische Physik , Teil 2, Akademie-Verlag, Berlin, 1992.