Grundlagen - Freie Universität Berlin

Werbung
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
25. Januar 2002 ( /amd/nukleon/13/home/ag-kleinert/kleinert/kleinert/books/pfadis/pfdic1.tex)
Ein tiefer Sinn wohnt in den alten Bräuchen.
Man muß sie ehren.
F. Schiller,
Maria Stuart
1
Grundlagen
Pfadintegrale sind ein theoretisches Hilfsmittel zur Beschreibung fluktuierender
Linienstrukturen. Diese kommen in der Natur auf vielfältige Weise vor, als
Bahnkurven
von Teilchen im Raumzeitkontinuum, als Polymere in Lösungen, als Vortexlinien
in Supraflüssigkeiten oder als Defektlinien in Kristallen und Flüssigkristallen. Die
Fluktuationen können quantenmechanischen, thermodynamischen oder statistischen
Ursprungs sein. Pfadintegrale verhelfen damit zu einem einheitlichen Verständnis
völlig verschiedener physikalischer Erscheinungen. Da wir wiederholt auf Begriffe
der klassischen Mechanik, Quantenmechanik und statistischen Mechanik Bezug
nehmen, beginnen wir mit einer Zusammenfassung der Grundlagen dieser Gebiete.
In Abschnitt 1.6 zeigen wir Lücken der Quantenmechanik auf, die in den Kapiteln 8
und (8) durch Pfadintegrale geschlossen werden.1
1.1
Klassische Mechanik
Die Bahnkurven eines physikalischen Systems der klassischen Mechanik werden
durch einen Satz zeitabhängiger verallgemeinerter Koordinaten q1 (t), . . . , qN (t)
beschrieben. Eine Lagrangefunktion
L(qi , q̇i , t),
(1.1)
die von q1 , . . . , qN und den dazugehörigen Geschwindigkeiten q̇1 , . . . , q̇N abhängt,
bestimmt vollständig die Dynamik des Systems. Dabei bezeichnet der Punkt auf
den Koordinaten qi deren zeitliche Ableitung dqi /dt. Die Lagrangefunktion ist eine
höchstens quadratische Funktion der Geschwindigkeiten q̇i . Das Zeitintegral
A[qi ] =
Z
tb
ta
dt L(qi (t), q̇i (t), t)
(1.2)
über die Lagrangefunktion entlang eines beliebigen Pfads qi (t) nennt man die
Wirkung dieses Pfads. Der Pfad qi (t), den das System tatsächlich beschreibt, heißt
1
Wer mit den Grundlagen vertraut ist, kann gleich mit Abschnitt 1.6 beginnen.
1
2
1 Grundlagen
klassischer Pfad qikl (t). Er zeichnet sich dadurch aus, daß seine Wirkung im Vergleich
mit der aller anderen Funktionen, die dieselben festen Endpunkte q(tb ), q(ta )
besitzen, extremal ist. In vielen Fällen lohnt es sich, beliebige Pfade durch ihre
Abweichungen δqi (t) vom klassischen Pfad zu beschreiben:
qi (t) = qikl (t) + δqi (t).
(1.3)
Um die Extremaleigenschaft mathematisch ausdrücken zu können, führt man
die Variation der Wirkung ein. Sie ist definiert als der lineare Term in der
Taylorentwicklung von A[qi ] nach Potenzen von δqi (t):
δA[qi ] ≡ {A[qi + δqi ] − A[qi ]}lin.
(1.4)
Das Extremalprinzip für den klassischen Pfad lautet dann
δA[qi ]
qi (t)=qikl (t)
=0
(1.5)
für alle Variationen um den klassischen Pfad δqi (t) ≡ qi (t) − qikl (t), die an den
Endpunkten verschwinden:
δqi (ta ) = δqi (tb ) = 0.
(1.6)
Da die Wirkung das Zeitintegral der Lagrangefunktion ist, läßt sich das
Extremalprinzip auch durch Differentialgleichungen ausdrücken. Dazu berechnen
wir die Variation von A[qi ] explizit als
δA[qi ] = {A[qi + δqi ] − A[qi ]}lin
=
Z
tb
=
Z
tb
=
Z
tb
ta
ta
ta
dt {L (qi (t) + δqi (t), q̇i (t) + δ q̇i (t), t) − L (qi (t), q̇i (t), t)}lin
dt
(
∂L
∂L
δqi (t) +
δ q̇ (t)
∂qi
∂ q̇i i
dt
(
tb
∂L
d ∂L
∂L
−
δqi (t) +
δqi (t) .
∂qi dt ∂ q̇i
∂ q̇i
ta
)
)
(1.7)
Der letzte Ausdruck entsteht nach einer partiellen Integration des Terms δ q̇i . Hier
haben wir die Einsteinsche Summenkonvention benutzt, nach der über mehrfach
auftretende Indizes summiert wird. Sie soll im ganzen Buch vorausgesetzt werden.
Die Endpunktterme (Oberflächen- oder Randterme) bei ta und tb können wegen
(1.5) weggelassen werden. Auf diese Weise finden wir für die klassische Bahn qikl (t)
die sogenannten Euler-Lagrange-Gleichungen:
d ∂L
∂L
=
.
dt ∂ q̇i
∂qi
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.8)
3
1.1 Klassische Mechanik
Unterwirft man die Lagrangefunktion einer Legendre-Transformation, so ergibt
sich die Hamiltonfunktion, die eine weitere äquivalente Formulierung der klassischen
Mechanik ermöglicht:
∂L
H≡
q̇ − L(qi , q̇i , t).
(1.9)
∂ q̇i i
Ihr Wert entlang einer klassischen Bahn zu einem beliebigen Zeitpunkt kann im
allgemeinen mit der Gesamtenergie des Systems identifiziert werden. Gemäß der
allgemeinen Theorie der Legendre-Transformationen2 sind die natürlichen Variablen
in H nicht mehr qi und q̇i , sondern qi und die verallgemeinerten Impulse pi , die
definiert werden durch
∂
pi ≡
L(qi , q̇i , t).
(1.10)
∂ q̇i
Damit H (pi (t), qi (t), t) als Funktion der richtigen Variablen pi , qi geschrieben werden
kann, müssen die Gleichungen (1.10) für pi nach q̇i aufgelöst werden:
q̇i = vi (pi , qi , t).
(1.11)
Setzt man dies in (1.9) ein, so erhält H die Gestalt
H (pi , qi , t) = pi vi (pi , qi , t) − L (qi , vi (pi , qi , t) , t) .
(1.12)
Drückt man die Wirkung mit Hilfe der Hamiltonfunktion aus, so ergibt sich folgendes
Funktional von pi (t) und qi (t):
A[pi , qi ] =
Z
tb
ta
h
i
dt pi (t)q̇i (t) − H(pi (t), qi (t), t) .
(1.13)
Dies ist die sogenannte kanonische Form der Wirkung. Die klassischen Bahnen,
kl
die jetzt bestimmt sind durch die kanonischen Variablen pkl
i (t), qi (t), machen die
Wirkung extremal in bezug auf alle benachbarten Bahnen, wenn die qi (t) bei festen
Endpunkten [siehe (1.3), (1.5)] und die pi (t) ohne Einschränkungen variiert werden:
qi (t) = qikl (t) + δqi (t),
δqi (ta ) = δqi (tb ) = 0,
(1.14)
pi (t) = pkl
i (t) + δpi (t).
Die Variation um eine beliebige Bahn ist
δA[pi , qi ] =
Z
tb
=
Z
tb
ta
ta
"
∂H
∂H
δpi −
δq
dt δpi (t)q̇i (t) + pi (t)δ q̇i (t) −
∂pi
∂qi i
dt
("
#
"
#
∂H
∂H
δpi − ṗi (t) +
δqi
q̇i (t) −
∂pi
∂qi
tb
+pi (t)δqi (t) .
)
#
(1.15)
tb
2
Für eine elementare Einführung siehe H.B. Callen, Classical Thermodynamics, John Wiley
and Sons, New York, 1960. More details are also found later in Eqs. (4.40) and (4.41).
4
1 Grundlagen
kl
Sie verschwindet, wenn die klassischen Bahnen pi (t) = pkl
i (t), qi (t) = qi (t) die
Hamiltonschen Bewegungsgleichungen
∂H
,
∂qi
∂H
.
=
∂pi
ṗi = −
q̇i
(1.16)
erfüllen. Sie beschreiben dieselben Bahnen wie die Euler-Lagrange-Gleichungen
(1.8), wie man unter Benutzung von (1.9) und (1.10) leicht nachprüft. Der 2Ndimensionale Raum aller pi und qi wird Phasenraum genannt.
Man beachte, daß sich bei einer Teilchenbewegung längs einer klassischen Bahn
die Wirkung wegen (1.15) um
δA[pi , qi ] = pi (tb )δqi (tb ) − pi (ta )δqi (ta )
(1.17)
ändert. Eine beliebige Funktion
O(pi (t), qi (t), t)
ändert sich entlang eines ebenfalls beliebigen Pfads wie folgt:
∂O
∂O
∂O
d
O (pi (t), qi (t), t) =
ṗi +
q̇i +
.
dt
∂pi
∂qi
∂t
(1.18)
Wenn der Pfad eine Lösung der Bewegungsgleichungen ist, können wir hier (1.16)
einsetzen und finden
dO
∂H ∂O ∂O ∂H ∂O
=
−
+
dt
∂pi ∂qi
∂pi ∂qi
∂t
∂O
.
≡ {H, O} +
∂t
(1.19)
Das neue Symbol {. . . , . . .} heißt Poisson-Klammer und ist definiert durch
{A, B} ≡
∂A ∂B ∂B ∂A
−
.
∂pi ∂qi
∂pi ∂qi
(1.20)
Die Poisson-Klammer hat folgende leicht zu beweisende Eigenschaften:
{A, B} = − {B, A}
{A, {B, C}} + {B, {C, A}} + {C, {A, B}} = 0
Antisymmetrie,
(1.21)
Jacobi-Identität.
(1.22)
Wenn die Poisson-Klammer zweier Größen verschwindet, so sagt man, daß diese
beiden Größen vertauschbar sind.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
5
1.1 Klassische Mechanik
Offensichtlich sind die Hamilton-Gleichungen selbst ein Spezialfall von (1.19):
d
∂H ∂pi
∂p ∂H
∂H
pi = {H, pi } =
− i
=−
,
dt
∂pj ∂qj
∂pj ∂qj
∂qi
d
∂H ∂qi
∂q ∂H
∂H
qi = {H, qi } =
− i
=
.
dt
∂pj ∂qj
∂pj ∂qj
∂pi
(1.23)
Die Poisson-Klammern der Phasenraumvariablen pi (t), qi (t) haben für einen
beliebigen Zeitpunkt die besonders einfache Form
n
n
pi , qj
pi , pj
n
qi , qj
o
= δij ,
o
= 0.
o
(1.24)
= 0,
Eine nicht explizit zeitabhängige Funktion O(pi , qi ), die mit H vertauschbar ist
(d.h. {O, H} = 0), ist wegen (1.19) eine Bewegungskonstante. Insbesondere kommt
es häufig vor, daß H selbst zeitunabhängig ist, d.h. die Form
H = H(pi , qi )
(1.25)
hat. Da H mit sich selbst vertauscht, ist dann die Gesamtenergie eine Konstante
der Bewegung längs des klassischen Pfads.
Der Lagrangeformalismus hat den Vorzug, daß er unabhängig von der Wahl
der Koordinaten qi ist. Betrachten wir z.B. einen anderen Satz von Koordinaten
Qi zur Beschreibung des Systems, der mit den qi durch eine lokale 3 oder
Punkttransformation verknüpft ist:
qi = fi (Qj , t).
(1.26)
Damit diese Transformation sinnvoll eingesetzt werden kann, muß sie wenigstens in
einer gewissen Umgebung des klassischen Pfads umkehrbar sein:
Qi = f −1 i (qj , t).
(1.27)
Andernfalls könnten Qi und qi nicht das gleiche System parametrisieren. Dies
bedeutet aber, daß die Jacobi-Determinante der fi von null verschieden sein muß:
det
∂fi
∂Qj
!
6= 0.
(1.28)
Als Funktion der Qi aufgefaßt nimmt die ursprüngliche Lagrangefunktion die Form
L′ Qj , Q̇j , t ≡ L fi Qj , t , f˙i Qj , t , t
3
(1.29)
Der Begriff lokal ist in Anlehnung an die Feldtheorie gewählt, wo er die Bedeutung an einem
bestimmten Raumzeitpunkt hat. Hier steht er nur für zu einer bestimmten Zeit .
6
1 Grundlagen
an, und die Wirkung wird zu
A =
Z
=
Z
tb
ta
tb
ta
dt L′ Qj (t), Q̇j (t), t
(1.30)
dt L fi Qj (t), t , f˙i Qj (t), t , t .
Eine Variation des oberen Ausdrucks bezüglich δQj (t), δ Q̇j (t) unter der
Nebenbedingung δQj (ta ) = δQj (tb ) = 0 liefert die Bewegungsgleichungen
d ∂L′
∂L′
−
= 0.
dt ∂ Q̇j
∂Qj
(1.31)
Der untere Ausdruck ergibt
δA =
Z
tb
=
Z
tb
ta
ta
dt
dt
∂L
∂L ˙
δfi +
δf
∂qi
∂ q̇i i
!
!
d ∂L
∂L tb
∂L
−
δfi +
δf .
∂qi dt ∂ q̇i
∂ q̇i i ta
(1.32)
Da die δqi beliebig sind, sind es auch die δfi . Außerdem müssen mit δqi (ta ) =
δqi (tb ) = 0 auch die δfi (t) an den Endpunkten verschwinden. Wir stellen daher fest,
daß die Euler-Lagrange-Gleichungen im neuen Koordinatensystem die gleiche Form
haben wie im alten und beide Koordinatensätze gleichermaßen geeignet sind, das
Extremum der Wirkung zu bestimmen.
Man beachte, daß die lokale Natur der Koordinatentransformation eine starke
Einschränkung für die Transformation der verallgemeinerten Geschwindigkeiten q̇i (t)
darstellt. Sie ist zwangsläufig linear in den Q̇j :
∂fi
∂f
q̇i = f˙i (Qj , t) =
Q̇j + i .
∂Qj
∂t
(1.33)
Im Phasenraum gibt es ebenfalls die Möglichkeit, lokal die kanonischen
Koordinaten pi , qi durch andere Pj , Qj zu ersetzen. Nehmen wir an, daß sie über
folgende Beziehungen miteinander zusammenhängen:
pi = pi (Pj , Qj , t),
qi = qi (Pj , Qj , t),
(1.34)
mit den Umkehrtransformationen
Pj = Pj (pi , qi , t),
Qj = Qj (pi , qi , t).
(1.35)
Während nun die Euler-Lagrange-Gleichungen unter beliebigen lokalen Koordinatentransformationen invariant bleiben, verändern die Hamilton-Gleichungen bei lokalen
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
7
1.1 Klassische Mechanik
Phasenraumtransformationen pi (t), qi (t) → Pj (t), Qj (t) im allgemeinen ihre Form.
Diejenigen, bei denen das nicht der Fall ist, heißen kanonisch. Sie sind dadurch
charakterisiert, daß sie die Wirkung bis auf beliebige unwesentliche Randterme
forminvariant lassen, d.h.
Z
tb
ta
dt (pi q̇i − H(pi , qi , t)) =
Z
tb
ta
dt Pj Q̇j − H ′ (Pj , Qj , t)
tb
+F (Pj , Qj , t)
ta
(1.36)
.
Dabei haben wir die t-Argumente in den Phasenraumvariablen der Kürze
halber fortgelassen. Die Funktion H ′ (Pj , Qj , t) spielt die Rolle einer neuen
Hamiltonfunktion. Der Zusammenhang zwischen H ′(Pj , Qj , t) und H(pi , qi , t) muß
so beschaffen sein, daß die Wirkung wenigstens für jeden Pfad in einer gewissen
Umgebung der klassischen Bahn, der die gleichen Endpunkte verbindet, den
gleichen Wert annimmt. Wenn man solch ein H ′ finden kann, dann folgt aus
dem Extremalprinzip, daß Pj (t) und Qj (t) den folgenden Hamilton-Gleichungen
gehorchen:
∂H ′
Ṗi = −
,
∂Qi
(1.37)
∂H ′
Q̇i =
.
∂Pi
Die Invarianz (1.36) kann auf eine andere Art ausgedrückt werden. Setzt man auf
der linken Seite die neuen Koordinaten Pj (t), Qj (t) in das Integral ein, so entsteht
Z
tb
ta
dt
(
pi
∂qi
∂q
∂qi
Ṗj +
Q̇j + i
∂Pj
∂Qj
∂t
!
)
− H(pi (Pj , Qj , t), qi (Pj , Qj , t), t) .
(1.38)
Auf die rechte Seite gebracht wird aus (1.36) die Gleichung
Z (
∂q
P j − pi i
∂Qj
!
dQj − pi
∂qi
dP
∂P!j )j
∂q
− H + pi i − H dt
∂t
′
=
tb
−F (Pj , Qj , t) .
(1.39)
ta
Sie enthält jetzt ein Kurvenintegral in einem (2N + 1)-dimensionalen Raum, der
von den Phasenraumvariablen pi , qi und der Zeit aufgespannt wird. Die rechte Seite
besagt, daß das Ergebnis der Integration nur von den Endpunkten abhängt. Daraus
schließen wir, daß der Integrand das totale Differential der Funktion −F ist. Bei
Anwendung des Schwarzschen Satzes über die Vertauschbarkeit der Ableitungen
von −F ergeben sich die zu jeder Zeit gültigen Gleichungen
∂pi ∂qi
∂q ∂pi
− i
= δkl ,
∂Pk ∂Ql ∂Pk ∂Ql
8
1 Grundlagen
∂pi ∂qi
∂q ∂pi
− i
= 0,
∂Pk ∂Pl ∂Pk ∂Pl
(1.40)
∂pi ∂qi
∂qi ∂pi
−
= 0
∂Qk ∂Ql ∂Qk ∂Ql
und
∂(H ′ − H)
=
,
∂Pl
∂pi ∂qi
∂q ∂p
− i i
∂t ∂Pl
∂t ∂Pl
∂qi ∂pi
∂(H ′ − H)
∂pi ∂qi
−
=
.
∂t ∂Ql
∂t ∂Ql
∂Ql
(1.41)
Die linken Seiten der ersten drei Ausdrücke definieren die Lagrange-Klammern für
Pi (t) und Qi (t), mit denen sie die Form annehmen
(Pk , Ql ) = δkl ,
(Pk , Pl ) = 0,
(Qk , Ql ) = 0.
(1.42)
Umkehrbar eindeutige zeitabhängige Koordinatentransformationen, die diese
Gleichungen erfüllen, heißen symplektisch. Nach einer kleinen Rechnung unter
Benutzung der Ableitungsmatrix

ihrer Inversen
J =
∂Pi /∂pj
∂Pi /∂qj
∂Qi /∂pj
∂Qi /∂qj

J −1 = 
∂pi /∂Pj
∂qi /∂Pj
E=
−δij
,
∂pi /∂Qj
∂qi /∂Qj
und der symplektischen Einheitsmatrix
0

δij
0
!


(1.43)
(1.44)
(1.45)
sieht man leicht, daß die Lagrange-Klammern (1.42) äquivalent zu den PoissonKlammern sind:
{Pk , Ql } = δkl ,
{Pk , Pl } = 0,
{Qk , Ql } = 0.
(1.46)
Dies folgt aus der Tatsache, daß die aus den Lagrange-Klammern gebildete 2N ×2NMatrix


−(Qi , Pj )
−(Qi , Qj )

L≡
(1.47)
(Pi , Pj )
(Pi , Qj )
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
9
1.1 Klassische Mechanik
auch als (E −1 J −1 E)T J −1 geschrieben werden kann, während die aus den PoissonKlammern gebildete Matrix
 n
Pi , Qj
o
n
− Pi , Pj
P≡ n
o
Qi , Qj

n
o 
− Qi , Pj

o 
(1.48)
gleich J(E −1 JE)T ist. Deshalb gilt L = P −1 , und (1.42) ist in der Tat äquivalent zu
(1.46). Man beachte, daß die Lagrange-Klammern (1.42) und somit auch die PoissonKlammern (1.46) dafür sorgen, daß pi q̇i − Pj Q̇j ein vollständiges Differential einer
gewissen Funktion von Pj und Qj im 2N-dimensionalen Phasenraum ist:
pi q̇i − Pj Q̇j =
d
G(Pj , Qj , t).
dt
(1.49)
Die Poisson-Klammern (1.46) für Pi , Qi haben die gleiche Form wie (1.24) für die
ursprünglichen Koordinaten pi und qi . Die anderen beiden Gleichungen (1.41) stellen
einen Zusammenhang zwischen der alten und der neuen Hamiltonfunktion her.
Die Lagrange-Klammern (1.42) und somit auch die Poisson-Klammern (1.46) sind
sowohl notwendige als auch hinreichende Bedingungen dafür, daß die Transformation
pi , qi → Pj , Qj kanonisch ist.
Kanonische Transformationen lassen das Volumen im Phasenraum invariant. Um
dies einzusehen, benutzen wir die Tatsache, daß das Matrizenprodukt J(E −1 JE)T
gleich der 2N ×2N Einheitsmatrix (1.48) ist. Damit ist sofort bewiesen, daß det J =
±1 ist und
YZ
i
[dpi dqi ] =
YZ h
i
dPj dQj .
j
Selbstverständlich ist die Durchführung einer kanonischen Transformation ein
reflexiver Vorgang, bei dem man ebensogut pi , qi als die neuen und Pj , Qj als die
alten Variablen ansehen kann statt umgekehrt. Schließlich ist nach Vertauschen der
rechten und linken Seite von (1.36) der entstehende Integrand – analog zu (1.39) –
ein vollständiges Differential in den alten Koordinaten pi , qi und t.
Nach Einführung neuer kanonischer Koordinaten Pj , Qj kann man eine neue
Poisson-Klammer
∂A ∂B
∂B ∂A
{A, B}′ ≡
−
(1.50)
∂Pj ∂Qj
∂Pj ∂Qj
definieren,
und die Bewegungsgleichung für eine beliebige observable Größe
O Pj (t), Qj (t), t wird unter Benutzung von (1.37)
dO n ′ o′ ∂O
= H ,O +
.
dt
∂t
(1.51)
10
1 Grundlagen
Sie hat damit dieselbe Form wie die ursprüngliche Bewegungsgleichung
(1.19). Aus der Definition der neuen Poisson-Klammer folgen die kanonischen
Vertauschungsbeziehungen trivialerweise:
n
Pi , Qj
n
Pi , Pj
n
o′
o′
Qi , Qj
o′
= δij ,
(1.52)
= 0,
= 0.
Eine große Klasse kanonischer Transformationen kann mit Hilfe von sogenannten
erzeugenden Funktionen F konstruiert werden, die ähnlich der bereits in (1.36)
aufgetauchten Funktion F in Einsatz kommen, aber nun jeweils zur Hälfte als
Funktion der neuen und der alten kanonischen Variablen angesetzt werden. Ein
Beispiel mag dies verdeutlichen:
F = F (qi , Qj , t).
(1.53)
Man betrachtet jetzt die Gleichung
Z
tb
ta
dt[pi q̇i − H(pi , qi , t)] =
Z
tb
ta
dt[Pj Q̇j − H ′ (Pj , Qj , t) +
d
F (qi , Qj , t)],
dt
(1.54)
ersetzt Pj Q̇j durch −Ṗj Qj + d(Pj Qj )/dt, definiert
F (qi , Pj , t) ≡ F (qi , Qj , t) + Pj Qj
(1.55)
und führt die Differentiation von F (qi , Qj , t) aus. Das ergibt
Z
tb
ta
=
n
dt pi q̇i + Ṗj Qj − [H(pi , qi , t) − H ′(Pj , Qj , t)]
Z
tb
ta
(
o
)
∂F
∂F
∂F
dt
(qi , Pj , t)q̇i +
(qi , Pj , t)Ṗj +
(q , P , t) .
∂qi
∂Pj
∂t i j
(1.56)
Ein Vergleich beider Seiten liefert für die kanonische Transformation die Gleichungen
pi =
Qj
∂
F (qi , Pj , t),
∂qi
∂
=
F (qi , Pj , t).
∂Pj
(1.57)
Die zweite Gleichung zeigt, daß die Beziehung (1.55) zwischen F (qi , Pj , t) und
F (qi , Qj , t) einer Legendre-Transformation entspricht.
Die neue Hamiltonfunktion ist
H ′ (Pj , Qj , t) = H(pi , qi , t) +
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
∂
F (qi , Pj , t).
∂t
(1.58)
11
1.1 Klassische Mechanik
Natürlich hätten wir anstelle von (1.53) genausogut auch Funktionen mit den
Abhängigkeiten F (qi , Pj , t), F (pi , Qj , t), F (pi , Pj , t) wählen können, um auf ähnliche
Weise einfache kanonische Transformationen zu erzeugen.
Eine besonders wichtige kanonische Transformation ergibt sich durch die Wahl
einer erzeugenden Funktion F (qi , Pj ), die zu zeitunabhängigen Impulsen Pj ≡ αj
führt. Die dazugehörigen Koordinaten Qj nennt man dann zyklisch. Um solche
zyklischen Koordinaten für ein beliebiges System herzuleiten, suchen wir nach
einer erzeugenden Funktion F (qj , Pj , t), die auf eine identisch verschwindende
transformierte Hamiltonfunktion H ′ in (1.58) führt. Dann verschwinden ja auch
die Ableitungen nach allen Koordinaten und die neuen Impulse Pj sind konstant.
Wir versuchen deshalb, die Gleichung
∂
F (qi , Pj , t) = −H(pi , qi , t)
∂t
zu befriedigen. Dabei müssen die Impulsvariablen in der Hamiltonfunktion die erste
der beiden Gleichungen (1.57) erfüllen. Das führt auf die partielle Differentialgleichung für F (qi , Pj , t)
∂t F (qi , Pj , t) = −H(∂qi F (qi , Pj , t), qi , t),
(1.59)
die als Hamilton-Jacobi-Gleichung bekannt ist.
Eine Erzeugende, die diese Gleichung löst, wird von der Wirkung (1.13) zur
Verfügung gestellt. Wenn man alle Lösungen, die von einem festen Anfangspunkt
ausgehen, bis zu einem beliebigen Endpunkt qi zur Zeit t verfolgt und deren
Wirkungen berechnet, erhält man eine Funktion A(qi , t). Diese erfüllt wegen (1.17)
genau die erste Gleichung in (1.57):
pi (t) =
∂A
(q , t).
∂qi i
(1.60)
Außerdem hat die Wirkung die zeitliche Ableitung
d
A(qi (t), t) = pi (t)q̇i (t) − H(pi (t), qi (t), t).
dt
Wegen (1.60) bedeutet das
∂t A(qi , t) = −H(pi , qi , t).
(1.61)
Wenn man die Impulse pi auf der rechten Seite nach (1.60) ersetzt, ergibt sich die
Hamilton-Jacobi-Gleichung:
∂t A(qi , t) = −H(∂qi A(qi , t), qi , t).
(1.62)
12
1.2
1 Grundlagen
Relativistic Mechanics in Curved Spacetime
The classical action of a relativistic spinless point particle in a curved fourdimensional spacetime is usually written as an integral
A = −Mc
Z
dτ L(q, q̇) = −Mc
Z
q
dτ gµν q̇ µ (τ )q̇ ν (τ ),
(1.63)
where τ is an arbitrary parameter of the trajectory. It can be chosen in the final
trajectory to satisfy L(q, q̇) ≡ 1, in which case it coincides with the proper time of
the particle. The Euler-Lagrange equation (1.8) reads
"
#
d
1
1
∂µ gκλ q̇ κ q̇ λ .
gµν q̇ ν =
dt L(q, q̇)
2L(q, q̇)
(1.64)
For the proper time τ with L(q, q̇) ≡ 1, this simplifies to
1
d gµν q̇ ν =
∂µ gκλ q̇ κ q̇ λ .
dt
2
or
(1.65)
1
gµν q̈ =
(1.66)
∂ g − ∂λ gµκ q̇ κ q̇ λ .
2 µ κλ
At this point one introduces den Riemannschen Zusammenhang oder das ChristoffelSymbol erster Art
1
Γ̄λνµ ≡ (∂λ gνµ + ∂ν gλµ − ∂µ gλν ),
(1.67)
2
und das Christoffel-Symbol zweiter Art
ν
Γ̄κν µ ≡ g µσ Γ̄κνσ .
(1.68)
Dann kann die Gleichung (1.66) als
q̈ µ + Γ̄µκλ q̇ κ q̇ λ = 0
(1.69)
geschrieben werden. Since the solutions of this equation minimize the length of a
curve in spacetime, they are called geodesics.
1.3
Quantenmechanik
Die Erweiterung der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik wurde
unumgänglich, als man erkennen mußte, daß die klassische Physik die Stabilität
der atomaren Elektronenbahnen und die diskrete Natur der Spektrallinien nicht
erklären konnte. Man war bald in der Lage, diese Phänomene auf die Tatsache
zurückzuführen, daß sich kleine Materieteilchen, beispielsweise Elektronen, bei
Ausbreitung über sehr kleine Entfernungen wie Wellen verhalten (Materiewellen).
Wellen können nicht auf beliebig kleine Volumina zusammengepreßt werden, ohne
daß ihre Wellenzahl und damit ihr Impuls und ihre Energie unendlich groß werden,
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
13
1.3 Quantenmechanik
und diese Eigenschaft verhindert den Absturz der Elektronen in den Atomkern, zu
dem sie nach den Gesetzen der klassischen Physik verurteilt wären. Die diskrete
Natur der Zustände eines Elektrons im Atom ergibt sich dann aus der Existenz
stehender elektromagnetischer Wellen in einem Hohlraum, die der Analogie wegen
auch bei Materiewellen in einem Potentialtopf vorhanden sein müssen.
Die unmittelbarste Anschauung von der Wellennatur kleiner Teilchen gewinnt
man in Beugungsexperimenten an periodischen Strukturen, zum Beispiel bei der
Elektronenbeugung an Kristallen. Wenn ein Elektronenstrahl mit festem Impuls
p einen Kristall durchquert, verläßt er ihn in ganz bestimmten, scharf definierten
Winkeln zur Einfallsrichtung. Es handelt sich um die wohlbekannten Bragg-Reflexe.
Sie sehen den Interferenzmustern elektromagnetischer Wellen sehr ähnlich. In der
Tat ist es möglich, beide Interferenzphänomene mit dem gleichen mathematischen
Formalismus zu beschreiben. Ein freies Teilchen mit Impuls p wird beschrieben
durch eine lokale Feldstärke oder Wellenfunktion
Ψp (x, t) = eikx−iωt ,
(1.70)
wobei k als Wellenzahlvektor bezeichnet wird, der proportional zum Impuls p ist.
Jedes Streuzentrum, sagen wir im Punkt x′ , wird zur Quelle einer Kugelwelle der
Wellenlänge λ = 2π/|k| mit dem räumlichen Verhalten eikR /R, wobei R ≡ |x − x′ |
ist. Am Detektor müssen alle eintreffenden Feldstärken zur resultierenden Feldstärke
Ψ(x, t) aufsummiert werden. Das Betragsquadrat dieser im allgemeinen komplexen
Größe |Ψ(x, t)|2 ist proportional zur Zahl der Elektronen, die auf dem Detektor
auftreffen.
Das übliche Gedankenexperiment, bei dem diese Regeln auf einfachste Weise
zur Anwendung kommen, ist das Doppelspaltexperiment. Ein Elektronenstrahl
trifft vertikal auf einen flachen Schirm mit zwei parallelen Spalten mit Abstand
d voneinander. Hinter dem Schirm wird die Anzahl der Teilchen gemessen, die pro
Zeiteinheit in einen bestimmten Raumwinkel abgelenkt werden (siehe Abb. 1.1):
dN
dt
2
1
1
∝ eik(R+ 2 d sin ϕ) + eik(R− 2 d sin ϕ) eikx
Abbildung 1.1 Wahrscheinlichkeitsverteilung der Teilchen hinter einem Doppelspalt.
14
1 Grundlagen
2 1
1
1
dN
∝ |Ψ1 + Ψ2 |2 ≈ eik(R+ 2 d sin ϕ) + eik(R− 2 d sin ϕ) 2 .
dt
R
(1.71)
Dabei gibt ϕ den Ablenkwinkel bezüglich der Einfallsrichtung an.
Bei der Beschreibung eines einzelnen Teilchens verwendet man für die
Wellenfunktion Ψ(x, t) konventionsgemäß eine Wahrscheinlichkeitsnormierung. Das
Betragsquadrat |Ψ(x, t)|2 gibt die Wahrscheinlichkeitsdichte dafür an, daß sich
das Teilchen am Ort x befindet, d.h. d3 x |Ψ(x, t)|2 ist die Wahrscheinlichkeit,
mit der es im Volumenelement d3 x um den Punkt x herum angetroffen
wird. Der Normierungsfaktor wird so gewählt, daß das Integral über die
Wahrscheinlichkeitsdichte den Wert 1 ergibt.
Aus dem experimentell beobachteten Zusammenhang zwischen Impuls und
Ablenkwinkel ϕ des gebeugten Teilchenstrahls kann man den Zusammenhang
zwischen Impuls und Wellenvektor herleiten,
p = h̄k.
(1.72)
Hierbei ist h̄ eine universelle Konstante mit der Dimension einer Wirkung,
h̄ ≡
h
= 1, 0545919(80) × 10−27 erg sec.
2π
(1.73)
(Die Zahl in Klammern gibt die Meßunsicherheit in den beiden letzten Ziffern davor
an.) Ein ähnlicher Zusammenhang besteht zwischen Energie und Frequenz der Welle
Ψ(x, t). Er kann aus Lichtabsorptionsmessungen bestimmt werden, z.B. wenn ein
Elektron durch ein Lichtquantum aus der Oberfläche eines Metalls herausgeschlagen
wird wie beim Photoeffekt. Aus dem Schwellenverhalten des Photoeffekts liest
man ab, daß eine elektromagnetische Welle mit der Zeitabhängigkeit e−iωt folgende
Energie auf das Elektron übertragen kann:
E = h̄ω.
(1.74)
Die Proportionalitätskonstante h̄ ist die gleiche wie in (1.72). Der Grund dafür sind
folgende Eigenschaften der elektromagnetischen Wellen: Einerseits erfüllen Frequenz
ω und Wellenvektor k die Beziehung ω/c = |k|. Andererseits sind Energie und
Impuls durch die Beziehung E/c = |p| verknüpft. Daher gehorchen die Quanten
der elektromagnetischen Wellen, die Photonen, sicher der Beziehung (1.72) und die
Konstante h̄ muß dieselbe sein wie in (1.74).
Da Materiewellen und Photonen also beide dem gleichen Zusammenhang (1.72)
genügen, bietet es sich an, für die Energie-Frequenz-Beziehung (1.74) eine universelle
Gültigkeit zu postulieren, ganz gleich ob die Teilchen massiv oder masselos sind.
In der quantenmechanischen Beschreibung entsprechen den freien Teilchen ebene
Wellen, die für eine Wellenlänge λ = 2π/|k| = 2πh̄/|p| folgendes Raumzeitverhalten
zeigen:
Ψp (x, t) = N ei(px−Ep t)/h̄ .
(1.75)
Dabei ist N eine Normierungskonstante. Beschränkt man sich bei Berechnungen auf
ein endliches Volumen, dann wählt man N üblicherweise so, daß das Integral über
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
15
1.3 Quantenmechanik
die Wahrscheinlichkeitsdichte der Wellenfunktion den Wert 1 ergibt. Ist die Funktion
hingegen im ganzen Raum definiert, so normiert man die Wellenfunktion gewöhnlich
auf eine feste Wahrscheinlichkeitsstromdichte. Der Zusammenhang zwischen Energie
Ep und Teilchenimpuls hat die gleiche Form wie in der klassischen Mechanik. Für
nichtrelativistische Punktteilchen lautet er Ep = p2 /2M, für relativistische Teilchen
q
mit Masse gilt Ep = c p2 + M 2 c2 und für masselose Teilchen wie z.B. Photonen
Ep = c|p|. Die bekannte Beziehung Ep = h̄ω für Photonen und Materiewellen stellt
die Energieerhaltung in der Quantenmechanik sicher.
Im allgemeinen sind Energie und Impuls eines quantenmechanischen Teilchens
nicht so genau definiert wie im Fall der ebenen Welle (1.75). Ein lokalisiertes Teilchen
wird als Überlagerung von vielen ebenen Wellen beschrieben:
Ψ(x, t) =
Z
d3 p
f (p)ei(px−Ep t)/h̄ .
(2πh̄)3
(1.76)
Mit Hilfe einer inversen Fouriertransformation können wir f (p) ausrechnen:
f (p) =
Z
d3 x e−ipx/h̄ Ψ(x, 0).
(1.77)
Bei geeigneter Wahl von f (p) kann man Ψ(x, t) stets an eine gegebene
Anfangsbedingung, sagen wir zum Zeitpunkt t = 0, anpassen. So kann Ψ(x, 0)
beispielsweise eine um den Raumpunkt x̄ sehr scharf konzentrierte Funktion
sein. Dann ist f (p) näherungsweise eine reine Phase, f (p) ∼ e−ipx̄/h̄ , und die
Welle enthält alle Impulse mit der gleichen Wahrscheinlichkeit. Umgekehrt gilt:
Je breiter die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsfunktion ist, desto weniger streut die
Impulsverteilung. Im Limes ist f (p) nur für genau einen Impuls p̄ von null
verschieden, und man findet für das Teilchen an allen Punkten des Raums die
gleiche Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Dabei weist die Wahrscheinlichkeitsamplitude
ein oszillierendes Verhalten auf: Ψ(x, t) ∼ ei(p̄x−Ep̄ t)/h̄ .
Im allgemeinen sind die Breiten von Ψ(x, 0) im Ortsraum und f (p) im
Impulsraum zueinander umgekehrt proportional:
∆x ∆p ∼ h̄.
(1.78)
Dies ist die qualitative Aussage von Heisenbergs Unschärfebeziehung. Wenn die Welle
in einem endlichen Gebiet lokalisiert ist und gleichzeitig über einen einigermaßen
scharf definierten mittleren Impuls p̄ verfügt, spricht man von einem Wellenpaket.
Man kann dann zeigen, daß sich dessen Schwerpunkt mit einer Geschwindigkeit
v̄ = ∂Ep̄ /∂ p̄,
(1.79)
bewegt. Das ist aber genau die Geschwindigkeit eines klassischen Teilchens mit
Impuls p̄.
Nehmen wir nun an, daß wir ein nichtrelativistisches Teilchen mit Masse M vor
uns haben. Die klassische Hamiltonfunktion und damit die Energie Ep sind gegeben
durch
p2
H(p) = Ep =
.
(1.80)
2M
16
1 Grundlagen
Daher finden wir für die Wellenfunktion Ψp (x, t) die folgende Gleichung:
Z
d3 p
i(px−Ep t)/h̄
= 0.
3 f (p)[H(p) − Ep ]e
(2πh̄)
(1.81)
Die Variablen in der geschweiften Klammer lassen sich nun durch Differentialoperatoren ersetzen:
p̂ = −ih̄∂x ,
(1.82)
Ê = ih̄∂t ,
die wir vor das Integral schreiben dürfen. Wir können demnach (1.81) umformen in
die Differentialgleichung
[H(−ih̄∂x ) − ih̄∂t ] Ψ(x, t) = 0.
(1.83)
Das ist die Schrödingergleichung für ein freies Teilchen. Diese Gleichung legt nahe,
daß die Bewegung eines Teilchen mit einer beliebigen klassischen EinteilchenHamiltonfunktion H(p, x, t) der folgenden natürlichen Verallgemeinerung von (1.83)
gehorcht:
(1.84)
Ĥ − ih̄∂t Ψ(x, t) = 0.
Dabei ist Ĥ der Differentialoperator
Ĥ ≡ H(−ih̄∂x , x, t).
(1.85)
Die Ersetzungsregel p̂ → −ih̄∂x , die von der klassischen Hamiltonfunktion
H(p, x, t) auf Ĥ führt, werden wir als Korrespondenzprinzip bezeichnen.4 In
den Abschnitten 1.7–1.8 wird sich zeigen, daß dieses Prinzip problemlos nur für
kartesische Koordinaten gilt.
Die Gültigkeit der Schrödingergleichung (1.84) ist durch das Experiment
bestätigt. Besonders genau hat man dies für das Coulomb-Potential untersucht, bei
dem der Hamiltonoperator
p̂2
e2
Ĥ(p, x) =
−
(1.86)
2M
r
die Quantenmechanik des Wasserstoffatoms in den Relativkoordinaten von Elektron
und Proton beschreibt.
Da
das
Betragsquadrat
der
Wellenfunktion
|Ψ(x, t)|2
als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretiert wird, muß für ein Einteilchensystem das
Integral über das gesamte Volumen auf 1 normiert sein:
Z
4
d3 x |Ψ(x, t)|2 = 1.
(1.87)
Unsere Formulierung weicht von der historischen ab, die in der Anfangsphase der Quantenmechanik gewisse Übersetzungsregeln von klassischen in quantenmechanische Beziehungen
aufstellte. Die obige Ersetzungsregel für die Impulse ist auch als Jordan-Regel bekannt.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
17
1.3 Quantenmechanik
Die Dynamik des Systems stellt sicher, daß diese Normierung für alle Zeiten
erhalten bleibt. Wenn Ψ(x, t) der Schrödingergleichung (1.84) gehorcht, kann diese
Bedingung nur in dem Fall erfüllt sein, daß der Hamiltonoperator ein hermitescher
Differentialoperator5 ist, d.h. falls er für beliebige Wellenfunktionen Ψ1 , Ψ2 die
Gleichung
Z
Z
∗
3
d x [ĤΨ2 (x, t)] Ψ1 (x, t) ≡ d3 x Ψ∗2 (x, t)ĤΨ1 (x, t)
(1.88)
erfüllt. Die linke Seite dieser Gleichung kann mit Hilfe des hermitesch adjungierten
Operators Ĥ † des Operators Ĥ ausgedrückt werden. Dies ist der eindeutig bestimmte
Operator, der für alle Zustände Ψ1 (x, t), Ψ2 (x, t) die Identität
Z
d
3
x Ψ∗2 (x, t)Ĥ † Ψ1 (x, t)
≡
Z
d3 x [ĤΨ2 (x, t)]∗ Ψ1 (x, t)
(1.89)
befriedigt. Ein Operator Ĥ heißt hermitesch, wenn er mit seiner Adjungierten Ĥ †
übereinstimmt:
Ĥ † = Ĥ.
Ein Hamiltonoperator muß immer hermitesch sein. Dies sieht man durch
Berechnung
der Zeitableitung des Integrals über zwei beliebige Wellenfunktionen
Z
3
∗
d x Ψ2 (x, t)Ψ1 (x, t). Mit Hilfe der Schrödingergleichung (1.84) beweist man, daß
diese dann und nur dann verschwindet, wenn Ĥ hermitesch ist:
ih̄∂t
=
Z
Z
d3 x Ψ∗2 (x, t)Ψ1 (x, t)
d3 x Ψ∗2 (x, t)ĤΨ1 (x, t) −
Z
d3 x [ĤΨ2 (x, t)]∗ Ψ1 (x, t) = 0.
(1.90)
Insbesondere ist das Normierungsintegral d3 x |Ψ(x, t)|2 = 1 zeitunabhängig, wie
oben gefordert.
Umgekehrt kann man für jeden nicht-hermiteschen Operator Ĥ stets einen
Eigenzustand finden, dessen Norm sich mit der Zeit verändert.6
Da p̂ = −ih̄∂x und x selbst hermitesche Operatoren sind, ist Ĥ automatisch
ebenfalls ein hermitescher Operator, falls er sich als Summe aus kinetischer und
potentieller Energie schreiben läßt:
R
H(p, x, t) = T (p, t) + V (x, t).
(1.91)
Dies ist für nichtrelativistische Teilchen in kartesischen Koordinaten x immer
der Fall. Wenn p und x miteinander multipliziert im gleichen Term von H
5
Probleme, die durch die Unbeschränktheit und Unstetigkeit des Hamiltonoperators und anderer
quantenmechanischen Operatoren auftreten, wie z.B. Einschränkungen der Definitionsbereiche,
sind hier ausgeklammert, da sie gut verstanden sind. Entsprechend wird der Unterschied
zwischen hermiteschen und selbstadjungierten Operatoren übergangen. Zu diesen Themen siehe
J. v. Neumann, Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik , Springer, Berlin, 1932. Die in
Kapitel 9 auftauchenden und gelösten Probleme mit Pfadintegralen haben allerdings einen engen
Bezug zu denen der Operatorquantenmechanik, der noch einer genaueren Untersuchung bedarf.
6
Ein beliebiger Eigenzustand von (H − H † )/i mit von null verschiedenem Eigenwert leistet dies.
18
1 Grundlagen
vorkommen, z.B. in dem Ausdruck p2 x2 , führt das Korrespondenzprinzip auf keinen
eindeutigen quantenmechanischen Operator Ĥ, sondern es gibt zunächst unendlich
viele mögliche hermitesche Operatoren, die im Beispiel jeweils aus einem Produkt
von zwei p̂- und zwei x̂-Operatoren in verschiedenen Anordnungen bestehen [etwa
α(p̂2 x̂2 + β x̂2 p̂2 )/2 + γ p̂x̂2 p̂ mit α + β + γ = 1], und die alle den gleichen klassischen
Limes p2 x2 besitzen. Auf den ersten Blick scheint es, als könne nur experimentell
entschieden werden, welches die korrekte Operatorenreihenfolge ist. Dies ist das
berüchtigte Operatorordnungsproblem der Quantenmechanik , das Theoretikern in
der Vergangenheit viel Kopfzerbrechen bereitet hat. Für geometrisch verursachte
Ordnungsprobleme gelang es uns kürzlich, ein einfaches geometrisches Prinzip
anzugeben, das anscheinend immer auf die physikalisch korrekte Operatorordnung
führt. Solange wir dieses noch nicht ausführlich erörtert haben, nehmen wir zwecks
Vermeidung von Zweideutigkeiten vorerst an, daß H(p, x, t) immer die Form (1.91)
hat. Auf Ausnahmen wird stets ausdrücklich hingewiesen.
Das allgemeinere dynamische N-Teilchenproblem im euklidischen Raum läßt
sich mit den 3N kartesischen Koordinaten xν (ν = 1, . . . , N) parametrisieren. Der
Hamiltonoperator hat dann die Form
H(p̂ν , xν , t) =
p̂2ν
+ V (xν , t),
ν=1 2Mν
N
X
(1.92)
wobei die Argumente pν , xν in H und V für alle pν , xν mit ν = 1, 2, 3, . . . , N stehen.
Die Wellenfunktion Ψ(xν , t) gehorcht der N-Teilchen-Schrödingergleichung,
(
1.4
−
N
X
ν=1
"
h̄2
∂ 2 + V (xν , t)
2Mν xν
#)
Ψ(xν , t) = ih̄∂t Ψ(xν , t).
(1.93)
Diracs Bra-Ket-Formalismus
Mathematisch kann man die Wellenfunktion Ψ(x, t) als Vektor in einem
unendlichdimensionalen komplexen Vektorraum ansehen, der Hilbertraum genannt
wird. Die Ortsraumvariablen x übernehmen dann die Rolle der in diesem
Fall überabzählbar unendlich vielen Vektorindizes. Wir können wie im
endlichdimensionalen Vektorraum eine Komponentendarstellung der Vektoren
angeben. Dem D-dimensionalen Vektor v mit den Komponenten vi , deren Indizes die
Werte i = 1, . . . , D durchlaufen, entspricht im quantenmechanischen Zustandsraum
der Vektor Ψ mit den Komponenten Ψ(x, t) und den Indizes x:
Ψ(x, t) ≡ Ψx (t).
(1.94)
Im komplexen Vektorraum ist die Norm eines Vektors gewöhnlich definiert durch
|v|2 =
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
X
i
vi∗ vi .
(1.95)
19
1.4 Diracs Bra-Ket-Formalismus
Die kontinuierliche Version davon ist
2
|Ψ| =
Z
d
3
x Ψ∗x (t)Ψx (t)
Z
=
d3 x Ψ∗ (x, t)Ψ(x, t).
(1.96)
Die Normierungsbedingung (1.87) besagt, daß die physikalischen Zustände die Norm
|Ψ| = 1 haben, d.h. daß sie Einheitsvektoren in diesem Hilbertraum sind.
In einem Vektorraum gibt es stets viele Möglichkeiten, eine Orthonormalbasis
von Vektoren bi a auszuwählen, nach denen dann jeder andere Vektor entwickelt
werden kann als
X a
vi =
(1.97)
bi va ,
a
wobei die Koeffizienten va durch das Skalarprodukt
va ≡
ausgerechnet
werden.
Die
Orthonormalitätsbeziehung
X
bi a∗ vi
letzte
X
(1.98)
i
Gleichung
′
′
bi a∗ bi a = δ aa .
ist
eine
Folge
der
(1.99)
i
In völliger Analogie mit dem endlichdimensionalen Fall gibt es viele Möglichkeiten,
im quantenmechanischen Hilbertraum Orthonormalbasen von Funktionen f a (x) zu
finden. Jede andere Funktion kann nach einer solchen Orthonormalbasis entwickelt
werden:
X a
Ψ(x, t) =
f (x)Ψa (t).
(1.100)
a
Die Koeffizienten sind
Ψa (t) =
Z
d3 x f a (x)∗ Ψ(x, t),
(1.101)
wie sofort aus der Orthonormalitätsbeziehung
Z
′
′
d3 x f a (x)∗ f a (x) = δ aa
(1.102)
folgt. Genauso können wir jeden anderen vollständigen Funktionssatz als Basis g b(x)
verwenden. Wenn dieser orthonormal ist,
Z
d3 x g b (x)∗ g b (x) = δ bb ,
′
′
(1.103)
g b (x)Ψb (t)
(1.104)
gilt die Entwicklung
Ψ(x, t) =
X
b
mit den Koeffizienten
Ψb (t) =
Z
d3 x g b(x)∗ Ψ(x, t).
(1.105)
20
1 Grundlagen
Wenn wir hier (1.100) einsetzen, können die Koeffizienten durch die folgende Formel
ineinander umgerechnet werden:
Ψb (t) =
X Z
3
b
∗ a
d x g (x) f (x) Ψa (t).
a
(1.106)
Es ist äußerst nützlich, das Skalarprodukt zweier Basisfunktionen in der
sogenannten Klammerschreibweise anzugeben, und zwar
hb|ai ≡
Z
d3 x g b (x)∗ f a (x).
(1.107)
Dementsprechend schreiben sich die Komponenten der Zustandsvektoren Ψ(x, t) in
(1.101) und (1.105) als
Ψa (t) = ha|Ψ(t)i,
(1.108)
Ψb (t) = hb|Ψ(t)i.
Die Transformationsformel (1.106) erhält dann die Form
hb|Ψ(t)i =
X
a
hb|aiha|Ψ(t)i.
(1.109)
Die rechte Seite dieser Gleichung gewinnt man formal durch Einschieben des
Einheitsoperators in der symbolischen Schreibweise
X
a
|aiha| = 1
(1.110)
zwischen hb| und |Ψ(t)i auf der linken Seite:
hb|Ψ(t)i = hb|1|Ψ(t)i =
X
a
hb|aiha|Ψ(t)i.
(1.111)
Da eine solche Entwicklung nur dann durchgeführt werden kann, wenn die
Funktionen g b(x) eine vollständige Basis bilden, ist die Beziehung (1.110) ein
abstraktes Kriterium für die Vollständigkeit der Basisfunktionen. Deshalb heißt
(1.110) auch Vollständigkeitsbeziehung. Dirac hat als erster vorgeschlagen, das
Klammerskalarprodukt in zwei Teile zu zerlegen, wie wir es in (1.110) getan haben,
und die abstrakten Objekte ha| und |ai nach dem englischen Wort bracket“ für
”
Klammer“ Bra und Ket (d.h. Klam und Mer ) zu nennen.
”
In der Klammerschreibweise sieht die Orthonormalitätsbeziehung für die Basis
a
f (x) und g b (x) so aus:
ha|a′ i =
hb|b′ i =
Z
Z
′
′
d3 x f a (x)∗ f a (x) = δ aa ,
′
′
d3 x g b(x)∗ g b (x) = δ bb .
(1.112)
Besonders wichtig ist die Orthonormalbasis, die aus den sogenannten lokalen
Basisfunktionen besteht. Diese können folgendermaßen konstruiert werden: Man
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
21
1.4 Diracs Bra-Ket-Formalismus
denke sich das räumliche Kontinuum als Grenzfall einer diskreten kubischen
Gitterstruktur mit Gitterkonstante ǫ. Die Mittelpunkte der Würfel mögen bei
xn = (n1 , n2 , n3 )ǫ,
n1,2,3 = 0, ±1, ±2, . . .
(1.113)
liegen. Es sei hn (x) ein Satz von Funktionen, die im ganzen Raum den Wert null
annehmen mit Ausnahme eines einzigen Würfels der Größe ǫ3 , dessen Mittelpunkt
bei xn liegt, d.h. für jede Komponente xi von x ist
hn (x) =
(
√
1/ ǫ3
|xi − xni | ≤ ǫ/2,
0
(1.114)
sonst.
Dieser Satz von Funktionen ist offenbar orthonormal, d.h.
Z
′
′
(1.115)
hn (x)Ψn (t),
(1.116)
d3 x hn (x)∗ hn (x) = δ nn .
Man betrachte nunmehr die Entwicklung
Ψ(x, t) =
X
n
mit den Koeffizienten
Ψn (t) =
Z
3
n
∗
d x h (x) Ψ(x, t) ≈
q
ǫ3 Ψ(xn , t).
(1.117)
Sie stellt eine ausgezeichnete Näherung für das wirkliche Ψ(x, t) dar, wenn es
nur hinreichend glatt ist und die Gitterkonstante ǫ klein ist gegen den Abstand,
auf dem Ψ(x, t) typischerweise variiert. Sofern Ψ(x, t) integrierbar ist, wird das
Integral über die Summe (1.116) sicher gegen das Integral über Ψ(x, t) konvergieren.
Das gleiche gilt auch für Skalarprodukte, die mit Ψ(x, t) und einer beliebigen
anderen Wellenfunktion gebildet werden, und somit auch für alle beobachtbaren
Wahrscheinlichkeitsamplituden. Sie können näherungsweise aus den Komponenten
in (1.117) berechnet werden. So wie oben die Funktionen f a (x), g b(x) als Basis
benutzt wurden, können die Funktionen hn (x) als Näherungsbasis dienen, und zwar
mit jeder beliebigen Genauigkeit, wenn man nur ǫ klein genug wählt. Es ist nützlich,
abstrakte Bras und Kets für die Basisfunktionen hn (x) einzuführen. Sie werden
mit hxn | und |xn i bezeichnet. Die Orthonormalitätsbeziehung (1.115) erhält in der
Klammerschreibweise die Form
n
n′
hx |x i ≡
Z
′
′
d3 x hn (x)∗ hn (x) = δ nn .
(1.118)
Die Komponenten Ψn (t) kann man als Skalarprodukte ansehen:
n
Ψn (t) ≡ hx |Ψ(t)i ≈
q
ǫ3 Ψ(xn , t).
(1.119)
22
1 Grundlagen
Einen Basiswechsel zum Beispiel zu den Zuständen |ai kann man gemäß den oben
vorgestellten Regeln durchführen, indem man eine Vollständigkeitsbeziehung vom
Typ (1.110) einschiebt. Das ergibt
Ψn (t) = hxn |Ψ(t)i =
X
a
hxn |aiha|Ψ(t)i.
(1.120)
Auch die Umkehrbeziehung ist gültig:
X
ha|Ψ(t)i =
n
ha|xn ihxn |Ψ(t)i.
(1.121)
Diese ist natürlich nur eine Näherung für das Integral
Z
d3 x f a (x)∗ hx|Ψ(t)i.
(1.122)
Die Vollständigkeit der Basis hn (x) kann nun durch eine ähnliche abstrakte
Beziehung wie für die anderen Basen ausgedrückt werden:
X
n
|xn ihxn | ≈ 1,
(1.123)
mit dem einzigen Unterschied, daß hier statt des Gleichheitszeichens nur das
Ungefährzeichen gilt, das sich jedoch im Limes der Gitterkonstanten ǫ → 0 in ein
richtiges Gleichheitszeichen verwandelt.
In der traditionellen Analysis werden Folgen von immer feiner werdenden
Riemann-Summen schließlich zu Integralen. Indem wir hier formal den gleichen
Grenzübergang durchführen, erhalten wir neue, kontinuierliche Skalarprodukte
1
hx|Ψ(t)i ≈ √ 3 hxn |Ψ(t)i,
ǫ
(1.124)
wobei jeweils xn der Gitterpunkt ist, der x am nächsten liegt. Wegen (1.119) is die
reche Seite gleich
≈ Ψ(xn , t).
(1.125)
Im Grenzwert ǫ → 0 fallen x und xn zusammen, und wir setzen
hx|Ψ(t)i ≡ Ψ(x, t).
(1.126)
Die Vollständigkeitsbeziehung kann ähnlich geschrieben werden:
ha|Ψ(t)i ≈
X
ha|xn ihxn |Ψ(t)i
≈
X
ǫ3 ha|xihx|Ψ(t)i
n
Im Grenzwert ǫ → 0 wird dies zu
ha|Ψ(t)i =
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
n
Z
(1.127)
x=xn
d3 x ha|xihx|Ψ(t)i.
.
(1.128)
23
1.4 Diracs Bra-Ket-Formalismus
Das gleiche Ergebnis erhält man auch durch Einschieben einer formalen
Vollständigkeitsbeziehung mit den Grenzwerten der Bras und Kets hx| und |xi der
lokalen Basis zwischen die Vektoren ha| und |Ψ(t)i:
Z
d3 x |xihx| = 1.
(1.129)
Im Grenzwert ǫ → 0 kann man mit Wellenfunktionen als Komponenten der
Zustandsvektoren |Ψ(t)i bezüglich der lokalen Basis |xi genauso arbeiten wie mit
jedem anderen Satz von Komponenten bezüglich beliebiger Basisvektoren |ai. So
läßt sich der Ausdruck
Z
ha|Ψ(t)i =
d3 x ha|xihx|Ψ(t)i
(1.130)
als eine nach Formel (1.109) durchgeführte Entwicklung einer Komponente von
|Ψ(t)i in einer Basis |ai nach den Basisvektoren |bi=|xi
ˆ
ansehen.
Um
die Transformationseigenschaften
möglichst
effizient
in
den
Formalismus einzubeziehen, hat es sich eingebürgert, einen beliebigen physikalischen
Zustandsvektor basisunabhängig zu behandeln und ihn als Ket |Ψ(t)i zu bezeichnen.
Die Komponenten dieses Vektors können in jeder gewünschten Basis mit Hilfe der
entsprechenden Vollständigkeitsbeziehung
X
a
|aiha| = 1
(1.131)
ermittelt werden. Sie liefert die Entwicklung
|Ψ(t)i =
X
a
|aiha|Ψ(t)i.
(1.132)
Eine solche Reihe kann mit einem beliebigen Bra hb| von links multipliziert werden,
und man gewinnt einmal mehr die Formel (1.111):
hb|Ψ(t)i =
X
a
hb|aiha|Ψ(t)i.
(1.133)
Insbesondere können wir von der Vollständigkeitsbeziehung für die lokalen
Basiszustände
Z
d3 x |xihx| = 1
(1.134)
Gebrauch machen und erhalten die Entwicklung
|Ψ(t)i =
Z
d3 x |xihx|Ψ(t)i,
(1.135)
die uns einmal mehr vor Augen führt, daß die Wellenfunktion Ψ(x, t) = hx|Ψ(t)i als
die x-te Komponente des Zustandsvektors |Ψ(t)i in der lokalen Basis |xi angesehen
werden kann, welche ihrerseits als Grenzwert der diskreten Basisvektoren |xn i
aufzufassen ist:
1
(1.136)
|xi ≈ √ 3 |xn i ,
ǫ
24
1 Grundlagen
wobei xn der am nächsten bei x liegende Gitterpunkt ist.
Bra-Vektoren eignen sich für die Beschreibung eines Systems ebensogut wie
Ket-Vektoren. Die Konsistenz des Formalismus ist dadurch gewährleistet, daß die
Skalarprodukte
Z
ha|bi =
d3 x f a (x)∗ g b(x),
Z
(1.137)
hb|ai =
d3 x g b (x)∗ f a (x)
die Gleichung
hb|ai ≡ ha|bi∗
(1.138)
erfüllen. Für die Entwicklung eines Ket-Vektors nach einer Basis folgt
|Ψ(t)i =
X
|aiha|Ψ(t)i,
(1.139)
hΨ(t)|aiha|.
(1.140)
a
für einen Bra gilt entsprechend
hΨ(t)| =
X
a
Wenn wir schließlich die erste Gleichung mit dem Bra hx| und die zweite mit dem
Ket |xi multiplizieren, ergeben sich Beziehungen, die zueinander komplex-konjugiert
sind.
Der
Diracsche
Bra-Ket-Formalismus
ist
elegant
und leicht zu handhaben. Allerdings ist die Existenz der lokalen Basiszustände |xi
zunächst unvereinbar mit einer Grundvoraussetzung der Quantenmechanik, nach
der physikalische Zustandsvektoren wegen der Wahrscheinlichkeitsinterpretation für
Einteilchenzustände stets auf eins normiert sein müssen. Die oben eingeführten |xi
gehorchen dieser Bedingung nicht. Das Skalarprodukt zwischen zwei verschiedenen
Zuständen hx|, |x′i lautet nämlich
hx|x′ i ≈
1 n n′
1 nn′
,
3 hx |x i = 3 δ
ǫ
ǫ
(1.141)
′
wobei xn , xn die den Punkten x und x′ benachbarten Gitterpunkte darstellen.
Daraus folgt, daß für x 6= x′ das Skalarprodukt null wird. Andererseits wird es
für x = x′ im Grenzwert ǫ → 0 unendlich. Für alle ǫ gilt dabei
ǫ3
X
n′
1 nn′
δ = 1.
ǫ3
(1.142)
Der durch einen Grenzübergang definierte Zustand |xi ist daher kein normierbarer
Zustandsvektor im Hilbertraum. Die Eleganz des Formalismus wird nun bedeutend
erhöht, wenn man die Normierbarkeitsbedingung Gl. (1.87) abschwächt und
sogenannte uneigentliche Zustände |xi zum physikalischen Hilbertraum hinzufügt.
Wir werden sogar alle Zustände zulassen, die sich durch einen Grenzprozeß von
normierten Zustandsvektoren annähern lassen.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
25
1.4 Diracs Bra-Ket-Formalismus
In Analogie zu den Besonderheiten der Zustände |xi sind auch ihre
Skalarprodukte wie hx|x′ i keine echten Funktionen der Mathematik. Dennoch lassen
sie sich in vieler Hinsicht formal wie ordinäre Funktionen behandeln. Dazu führt man
das Diracsche Symbol δ (3) (x − x′ ) ein:
hx|x′ i ≡ δ (3) (x − x′ ).
(1.143)
Die rechte Seite wird entsprechend der Gleichung (1.141) für endliche aber kleine ǫ
durch
′
1
(1.144)
δ (3) (x − x′ ) ≈ 3 δ nn
ǫ
definiert. Also verschwindet δ (3) (x−x′ ) überall in x, außer in einer unendlich kleinen
Umgebung des Punktes x ≈ x′ . Für ǫ → 0 hat δ (3) (x − x′ ) die Eigenschaft
δ (3) (x − x′ ) = 0
für
x 6= x′ .
(1.145)
Für x = x′ muß die Funktion“ δ (3) (x − x′ ) so groß sein, daß ihr Volumenintegral
”
entsprechend Gl. (1.142) eins ergibt:
Z
d3 x′ δ (3) (x − x′ ) = 1.
(1.146)
Man beachte, daß eine ordentliche mathematische Funktion niemals die Bedingungen
(1.145) und (1.146) gleichzeitig erfüllen kann. Nur die Näherungsausdrücke für das
δ-Objekt sind wirkliche Funktionen. In dieser Hinsicht verhält es sich mit den
Skalarprodukten hx|x′ i genauso wie mit den Zuständen |xi selbst: Die einen wie
die anderen sind als Grenzwerte von wohldefinierten Objekten aufzufassen.
Wenn wir die verallgemeinerten Zustände |xi in den Raum der physikalischen
Zustände aufnehmen, sollten wir offensichtlich auch Ausdrücke wie hx|x′ i für das
Skalarprodukt auf ähnliche Weise zu verallgemeinerten Funktionen erklären. In
der Mathematik ist es im Rahmen der Distributionstheorie, die auch Theorie der
verallgemeinerten Funktionen genannt wird, gelungen, Ausdrücke wie δ (3) (x − x′ )
konsistent zu handhaben. Sie werden dadurch definiert, daß ihre Wirkung auf gewisse
Klassen von Funktionen, die sogenannten Testfunktionen, innerhalb von Integralen
festgelegt wird. Die Testfunktionen sind beliebig oft differenzierbare Funktionen, die
im Unendlichen hinreichend schnell verschwinden. Dadurch sind die Distributionen
lineare Funktionale auf diesen Testfunktionen.
Sei f (x) eine solche Testfunktion, dann erfüllt δ (3) (x − x′ ) die Bedingung
Z
d3 x δ (3) (x − x′ )f (x′ ) = f (x)
(1.147)
für alle f (x). In der Quantenmechanik spielen die Wellenpakete Ψ(x, t) die Rolle
der Testfunktionen.
Dirac war der Erfinder sowohl des Bra-Ket-Formalismus als auch der
verallgemeinerten Funktion δ (3) (x − x′ ). Letztere heißt daher Diracsche δ-Funktion.
26
1 Grundlagen
In der Bra-Ket-Schreibweise kann die Schrödingergleichung auch in einer basisunabhängigen Form als Operatorgleichung geschrieben werden,
Ĥ|Ψ(t)i ≡ H(p̂, x̂, t)|Ψ(t)i = ih̄∂t |Ψ(t)i,
(1.148)
die durch die folgenden Bedingungen an den kanonischen Operator zu ergänzen ist:
hx|p̂ ≡ −ih̄∂x hx|,
hx|x̂ ≡ xhx|.
(1.149)
(1.150)
Ein beliebiges Matrixelement erhält man durch Multiplikation mit den
entsprechenden Kets, wie z.B. den lokalen Basisvektoren |x′ i:
hx|p̂|x′ i = −ih̄∂x hx|x′ i = −ih̄∂x δ (3) (x − x′ ),
(1.151)
hx|x̂|x′ i = xhx|x′ i = xδ (3) (x − x′ ).
(1.152)
Die ursprüngliche Differentialoperatorform der Schrödingergleichung (1.84) gewinnt
man, indem man ihre basisunabhängige Form (1.148) mit den Bras hx| von links
multipliziert:
hx|H(p̂, x̂, t)|Ψ(t)i = H(−ih̄∂x , x, t)hx|Ψ(t)i
= ih̄∂t hx|Ψ(t)i.
(1.153)
Offenbar sind die Operatoren p̂ und x̂ in jeder Basis hermitesche Matrizen:
ha|p̂|a′ i = ha′ |p̂|ai∗ ,
(1.154)
ha|x̂|a′ i = ha′ |x̂|ai∗ ,
(1.155)
ebenso wie der Hamiltonoperator
ha|Ĥ|a′ i = ha′ |Ĥ|ai∗ ,
(1.156)
wenn er nur die übliche Form (1.91) hat.
Im verallgemeinerten Hilbertraum, der von den Zuständen |xi aufgespannt wird,
läßt sich jeder Operator basisunabhängig als Funktion der Operatoren p̂, x̂ und der
Zeitvariablen t schreiben
Ô(t) ≡ O(p̂, x̂, t).
(1.157)
Ganz allgemein heißt ein basisunabhängig geschriebener Operator hermitesch, wenn
seine Matrixdarstellungen für jede beliebige Basis diese Eigenschaft besitzen. Der
hermitesch-adjungierte Operator O † (t) ist definiert durch die Matrixelemente
ha|O †(t)|a′ i ≡ ha′ |O(t)|ai∗.
(1.158)
Unter Verwendung dieser Definition können wir die Gleichungen (1.154) - (1.156)
nun auch in basisunabhängiger Form schreiben
p̂ = p̂† ,
x̂ = x̂† ,
Ĥ = Ĥ † .
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.159)
27
1.5 Observable Größen
1.5
Observable Größen
Basistransformationen sind ein wichtiges Hilfsmittel für die Analyse des physikalisch
beobachtbaren Gehalts eines Zustandsvektors. Nehmen wir als Beispiel A = A(p, x)
eine beliebige zeitunabhängige reelle Funktion der Phasenraumvariablen p und x.
Die Impulse p und Orte x selbst, die Hamiltonfunktion H(p, x) und der Drehimpuls L = x × p sind wichtige Beispiele für A. In der Quantenmechanik wird
jeder klassischen Observablen eine quantenmechanische Observable zugeordnet. Ihr
entspricht ein hermitescher Operator, den man erhält, indem man im klassischen
Ausdruck jedes p durch den Operator p̂ ersetzt und jedes klassische x durch x̂:
 ≡ A(p̂, x̂).
(1.160)
Diese Ersetzungsregel ist eine Erweiterung des Korrespondenzprinzips für
den Hamiltonoperator (1.85) auf Funktionen im Phasenraum, die damit zu
quantenmechanischen Observablen werden. Dabei wird vorausgesetzt, daß die einfache Ersetzung einen eindeutig bestimmten hermiteschen Operator liefert, d.h.
daß es kein Operatorordnungsproblem gibt, wie wir bereits im Anschluß an
(1.91) für den Hamiltonoperator vorausgesetzt hatten.7 Wenn Mehrdeutigkeiten
auftreten, reicht das naive Korrespondenzprinzip nicht mehr aus, um den zu
einer Observablen gehörigen Operator festzulegen. Dann muß die korrekte Operatorordnung aus experimentellen Ergebnissen ermittelt werden, wenn sie nicht
durch einfache geometrische Prinzipien festlegbar ist, wie es in Kapitel 8 für den
Hamiltonoperator möglich sein wird.
Wenn eine quantenmechanische Observable  hermitesch ist, dann besitzt sie
die nützliche Eigenschaft, daß alle ihre Eigenvektoren |ai zusammengenommen
Â|ai = a|ai
(1.161)
stets als Basis im Hilbertraum dienen können. Die Vektoren |ai erfüllen die
Vollständigkeitsbeziehung
X
|aiha| = 1.
(1.162)
a
Entscheidend für die physikalische Interpretation der Quantenmechanik sind die
Koeffizienten der Entwicklung
|Ψ(t)i =
X
a
|aiha|Ψ(t)i.
(1.163)
Für einen beliebigen Zustandsvektor |Ψ(t)i geben die Skalarprodukte
ha|Ψ(t)i
(1.164)
die Wahrscheinlichkeitsamplituden dafür, daß eine Messung der Observablen A an
einem System im Zustand |Ψ(t)i den Wert a ergibt.
7
Man beachte, daß es für den Drehimpulsoperator selbst L̂ = x̂ × p̂ kein Ordnungsproblem gibt.
28
1 Grundlagen
Die Wellenfunktion Ψ(x, t) selbst ist ein Beispiel für eine solche Auswertung. Wenn
wir sie als Skalarprodukt
Ψ(x, t) = hx|Ψ(t)i
(1.165)
schreiben, erkennen wir, daß sie unmittelbar die Wahrscheinlichkeitsamplitude dafür
angibt, bei Messung des Teilchenorts x̂ im Zustand |Ψ(t)i den Wert x zu finden,
wodurch |Ψ(x, t)|2 die Wahrscheinlichkeitsdichte im Ortsraum wird.
Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt den Impulsoperator p̂. Seine
Eigenzustände erhält man durch Lösen der Eigenwertgleichung
p̂|pi = p|pi.
(1.166)
Wenn wir sie mit hx| von links multiplizieren und (1.149) benutzen, so finden wir
die Differentialgleichung
hx|p̂|pi = −ih̄∂x hx|pi = phx|pi.
(1.167)
Eine ihrer Lösungen ist
1
hx|pi ∝ √ 3 eipx/h̄ .
(1.168)
L
Bis auf einen Normierungsfaktor ist dies genau die ebene Welle, die in (1.70) zur
Beschreibung freier Teilchen mit Impuls p eingeführt worden ist.
Damit die Impulseigenzustände |pi eine endliche Norm haben können, muß das
System auf ein endliches Volumen, z.B. einen würfelförmigen Kasten mit Seitenlänge
L beschränkt bleiben. In diesem Fall ist das Impulsspektrum diskret. Wenn wir
periodische Randbedingungen wählen, sind die möglichen Impulseigenwerte
pm =
2πh̄
(m1 , m2 , m3 ),
L
mi = 0, ±1, ±2, . . . .
(1.169)
Wir wählen nun die Konstante vor dem Ausdruck exp (ipm x/h̄) so, daß die Norm
des Zustandes eins beträgt:
1
hx|pm i = √ 3 exp (ipm x/h̄) .
L
(1.170)
Die diskreten Zustände |pm i gehorchen der Gleichung
Z
2
d3 x |hx|pm i| = 1.
(1.171)
In einem Kasten endlicher Größe bilden die Zustände |pm i eine Basis:
X
m
|pm ihpm | = 1.
(1.172)
Wir können mittels dieser Beziehung und der Matrixelemente hx|pm i jede
Wellenfunktion entwickeln:
Ψ(x, t) = hx|Ψ(t)i =
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
X
m
hx|pm ihpm |Ψ(t)i.
(1.173)
29
1.5 Observable Größen
Wenn der Kasten sehr groß ist, kann die Summe über die diskreten Impulse pm
näherungsweise durch ein Integral im Impulsraum wiedergegeben werden:8
X
m
≈
Z
d3 pL3
.
(2πh̄)3
(1.174)
Im Grenzwert L → ∞ kann man die Zustände pm benutzen, um uneigentliche
Basisvektoren zu definieren:
q
(1.175)
|pi ≈ L3 |pm i,
q
genauso wie |xn i oben verwendet wurde zur Definition von |xi ∼ (1/ ǫ3 )|xn i [siehe
(1.136)]. Die im Grenzfall kontinuierliche Basis aus Impulseigenzuständen |pi ist
orthonormal:
hp|p′ i = (2πh̄)3 δ (3) (p − p′ ),
(1.176)
wobei δ (3) (p − p′ ) wiederum die Diracsche δ-Funktion ist. Diese Zustände erfüllen
die Vollständigkeitsbeziehung
Z
d3 p
|pihp| = 1.
(2πh̄)3
(1.177)
Im Grenzwert L → ∞ wird die Entwicklung (1.173) daher zu
Ψ(x, t) =
Z
d3 p
hx|pihp|Ψ(t)i,
(2πh̄)3
(1.178)
mit den Impulseigenfunktionen
hx|pi = eipx/h̄ .
(1.179)
Das stimmt genau mit der Fourierzerlegung überein, die wir weiter oben im
Zusammenhang mit der allgemeinen Teilchenwelle Ψ(x, t) in (1.76), (1.77) eingeführt
haben. Dazu identifiziert man:
hp|Ψ(t)i ≡ f (p)e−iEp t/h̄ .
(1.180)
Der Bra-Ket-Formalismus reproduziert automatisch die Technik der Fouriertransformation. Die Fouriersche Umkehrformel entsteht, wenn man einfach eine
R
Vollständigkeitsbeziehung in der Form d3 x|xihx| = 1 zwischen Bra und Ket in
hp|Ψ(t)i einschiebt:
hp|Ψ(t)i =
=
8
Z
Z
d3 x hp|xihx|Ψ(t)i
3
−ipx/h̄
d xe
(1.181)
Ψ(x, t).
Eine Ausnahme ist das superflüssige Helium, wo der Grundzustand |p = 0i gesondert
berücksichtigt werden muß, weil sich in ihm aufgrund der sogenannten Bose-Einstein-Kondensation
eine große Zahl von Teilchen versammelt. Siehe L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Statistische
Physik , Teil 1, Akademie-Verlag, Berlin, 1991, § 62.
30
1 Grundlagen
Die Amplituden hp|Ψ(t)i werden Impulsraumwellenfunktionen genannt.
R
Indem man die Vollständigkeitsbeziehung d3 x|xihx| = 1 zwischen die
Impulseigenzustände auf der linken Seite der Orthonarmalitätsbeziehung (1.176
einsetzt, erhalten wir die Fourierdarstellung der δ-function:
hp|p′ i =
=
Z
d3 x hp|xihx|p′ i
Z
′
d3 x e−i(p−p )x/h̄ .
(1.182)
Wir haben bereits festgestellt [siehe die auf (1.76) und (1.77) folgenden
Erläuterungen], daß die Wellenfunktionen im Orts- und im Impulsraum aufgrund
der Eigenschaften der Fouriertransformation Breiten haben, die einander umgekehrt
proportional sind. Wenn ein Wellenpaket im Ortsraum in einem Gebiet der
Ausdehnung ∆x lokalisiert ist, muß seine Impulsraumwellenfunktion eine Breite ∆p
aufweisen mit
∆x ∆p ∼ h̄.
(1.183)
Im
Rahmen
der
abstrakten
Hilbertraum-Betrachtungsweise
folgt diese Unschärfebeziehung aus der Nichtvertauschbarkeit der Operatoren x̂ und
p̂. Es gelten nämlich die kanonischen Vertauschungsregeln
[p̂i , x̂j ] = −ih̄δij ,
[x̂i , x̂j ] = 0,
[p̂i , p̂j ] = 0.
(1.184)
Ganz allgemein kann an einem quantenmechanischen System eine Observable Â
dann und nur dann den scharfen Meßwert a annehmen, wenn das System sich in
einem Eigenzustand von  mit Eigenwert a befindet:
Â|ai = a|ai.
(1.185)
Dann können wir nämlich aufgrund der oben angegebenen Regel folgende
Entwicklung vornehmen:
X
|Ψ(t)i =
|aiha|Ψ(t)i,
(1.186)
a
2
in der |ha|Ψ(t)i| die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, daß irgendein Eigenwert a
als Meßwert ermittelt wird. Wenn nun ein bestimmter Wert a als einziger eine
nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit aufzuweisen hat, dann muß der Zustand
des Systems mit |ai übereinstimmen.
Nachdem wir alle Eigenwerte und Eigenzustände einer Observablen  gefunden
haben, stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen eine andere Observable B̂
in jedem der Eigenzustände von  ebenfalls nur einen scharfen Meßwert liefert. Dies
ist zunächst dann der Fall, wenn die Zustände |ai auch Eigenzustände von B̂ sind:
B̂|ai = ba |ai,
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.187)
31
1.6 Quantenmechanik verallgemeinerter Lagrange-Systeme
wobei ba ein von a abhängiger Eigenwert sein soll. Wenn dies für alle |ai gegeben
ist, müssen die Operatoren  und B̂ miteinander vertauschbar sein:
B̂ Â|ai = ba a|ai = aba |ai = ÂB̂|ai,
(1.188)
[Â, B̂] = 0.
(1.189)
d.h.
Umgekehrt kann man beweisen, daß diese Bedingung auch hinreichend ist, um
zwei Operatoren gleichzeitig diagonalisierbar zu machen und so gleichzeitig scharfe
Meßwerte zuzulassen.
Alle diese Überlegungen können auf N-Teilchensysteme ausgedehnt werden. Die
Freiheitsgrade in kartesischen Koordinaten sind dann x1 , . . . , xN , und mit dem
Hamiltonoperator H(pν , xν , t) wird die Schrödingergleichung zu
H(p̂ν , x̂ν , t)|Ψ(t)i = ih̄∂t |Ψ(t)i.
(1.190)
Wir können eine lokale Basis |x1 , . . . , xN i einführen mit den Eigenschaften
hx1 , . . . , xN |x′1 , . . . , x′N i = δ (3) (x1 − x′1 ) · · · δ (3) (xN − x′N ),
Z
und definieren
d3 x1 · · · d3 xN |x1 , . . . , xN ihx1 , . . . , xN | = 1,
hx1 , . . . , xN |p̂ν = −ih̄∂xν hx1 , . . . , xN |,
hx1 , . . . , xN |x̂ν = xν hx1 , . . . , xN |.
(1.191)
(1.192)
Die Schrödingergleichung für N Teilchen (1.93) folgt aus (1.190), wenn man sie von
links mit hx1 , . . . , xN | multipliziert. Auf genau die gleiche Weise können wir all die
anderen Formeln, die wir für Einteilchensysteme erarbeitet haben, auf N-TeilchenZustandsvektoren erweitern.
1.6
Quantenmechanik
Lagrange-Systeme
verallgemeinerter
Die Ausdehnung des Formalismus der Quantenmechanik auf Systeme, die mit
verallgemeinerten Koordinaten q1 , . . . , qN beschrieben werden, ist eine nichttriviale
Aufgabe. Nur im speziellen Fall, in dem die qi (i = 1, . . . , N) lediglich die
krummlinige Reparametrisierung eines D-dimensionalen euklidischen Raums sind,
reicht das herkömmliche Korrespondenzprinzip für eine eindeutige Quantisierung
aus. Dann ist N = D, und es genügt, die zunächst in kartesischen Koordinaten
gegebene Schrödingergleichung der gleichen Reparametrisierung zu unterwerfen.
Diesen Fall werden wir zunächst behandeln. Wie allgemein üblich kennzeichnen wir
krummlinige Koordinaten von nun an mit einem griechischen oberen Index und
schreiben sie als q µ anstelle von qi . Dadurch verhalten sich alle zu behandelnden
Gleichungen kovariant unter Koordinatentransformationen. Bei der Einführung der
32
1 Grundlagen
verallgemeinerten Koordinaten in Gl. (1.1) war das noch unnötig, da dort noch keine
Transformationseigenschaften festgelegt waren. Kartesische Koordinaten werden wie
bisher lateinische Indizes tragen, wobei es bei diesen keine Rolle spielt, ob sie unten
oder oben am jeweiligen Symbol stehen. Eine Koordinatentransformation xi = xi (q)
zieht die folgende Beziehung zwischen den partiellen Ableitungen ∂µ ≡ ∂/∂q µ und
∂i ≡ ∂/∂xi nach sich:
∂µ = ei µ (q)∂i .
(1.193)
Die Transformationsmatrix heißt Basis-D-Bein (in 3 Dimensionen Basis-Dreibein,
in 4 Dimensionen Basis-Vierbein, etc.):
ei µ (q) ≡ ∂µ xi (q).
(1.194)
Es sei ei µ (q) die inverse Matrix, reziprokes Basis-D-Bein genannt, mit der
Eigenschaft
ei µ ei ν = δµ ν ,
(1.195)
ei µ ej µ = δ i j .
(1.196)
Es erlaubt die Inversion von (1.193):
∂i = ei µ (q)∂µ ,
(1.197)
und führt auf die krummlinige Transformierte des kartesischen Impulsoperators:
p̂i = −ih̄∂i = −ih̄ei µ (q)∂µ .
(1.198)
Der Hamiltonoperator des freien Teilchens
Ĥ0 = T̂ =
1 2
h̄2 2
∂
p̂ = −
2M
2M x
(1.199)
geht über in
h̄2
Ĥ0 = −
∆,
2M
wobei ∆ der Laplaceoperator in krummlinigen Koordinaten ist:
(1.200)
∆ = eiµ ∂µ ei ν ∂ν
= eiµ ei ν ∂µ ∂ν + (eiµ ∂µ ei ν )∂ν .
(1.201)
An diesem Punkt führen wir den metrischen Tensor ein:
gµν (q) ≡ eiµ (q)ei ν (q),
(1.202)
sowie die durch g µν gνλ = δ µ λ definierte inverse Metrik
g µν (q) = eiµ (q)ei ν (q)
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.203)
33
1.6 Quantenmechanik verallgemeinerter Lagrange-Systeme
und den sogenannten affinen Zusammenhang
Γµν λ (q) = −ei ν (q)∂µ ei λ (q) = ei λ (q)∂µ ei ν (q).
(1.204)
Der Laplaceoperator hat damit die Form
∆ = g µν (q)∂µ ∂ν − Γµ µν (q)∂ν ,
(1.205)
wobei Γµ µλ definiert ist als die Kontraktion
Γµ µλ ≡ g µν Γµν λ .
(1.206)
Der Name metrischer Tensor für gµν in (1.202) liegt auf der Hand: Das infinitesimale
Abstandsquadrat zwischen zwei Punkten, das in den ursprünglichen kartesischen
Koordinaten durch
ds2 ≡ dx2
(1.207)
gegeben ist, wird in krummlinigen Koordinaten durch
ds2 =
∂x ∂x µ ν
µ
ν
µ
ν dq dq = gµν (q)dq dq
∂q ∂q
(1.208)
bestimmt. Das infinitesimale Volumenelement dD x transformiert sich wie folgt
dD x =
√
gdD q,
(1.209)
wobei
g(q) ≡ det (gµν (q))
(1.210)
die Determinante des metrischen Tensors darstellt. Mit dieser Determinante bilden
wir die Größe
1
(1.211)
Γµ ≡ g −1/2 (∂µ g 1/2 ) = g λκ (∂µ gλκ )
2
und stellen fest, daß diese einem in den letzten beiden Indizes kontrahierten
Zusammenhang entspricht:
(1.212)
Γµ = Γµλ λ .
Mit der inversen Metrik (1.203) haben wir überdies
Γµ µν = −∂µ g µν − Γµ νµ .
(1.213)
Wir nutzen jetzt die Tatsache aus, daß vor einer Koordinatentransformation xi (q)
die Ableitungen ∂µ , ∂ν vor xi (q) vertauschbar sind, so daß Γµν λ symmetrisch in µν
ist, d.h. Γµν λ = Γνµ λ und Γµ νµ = Γν . Daher kann (1.213) als
1
√
Γµ µν = − √ (∂µ g µν g)
g
(1.214)
34
1 Grundlagen
geschrieben werden. Dies erlaubt uns, den Laplaceoperator ∆ auf folgende
kompaktere Form zu bringen:
1
√
∆ = √ ∂µ g µν g∂ν .
g
(1.215)
Dieser Ausdruck wird Laplace-Beltrami-Operator genannt.9
Wir haben also gezeigt, daß für einen Hamiltonoperator im euklidischen Raum
der Form
1 2
H(p, x) =
p + V (x)
(1.216)
2M
die Schrödingergleichung in krummlinigen Koordinaten die Gestalt
h̄2
∆ + V (q) ψ(q, t) = ih̄∂t ψ(q, t)
Ĥψ(q, t) ≡ −
2M
#
"
(1.217)
annimmt, wobei VR(q) eine Abkürzung für V (x(q)) ist. Das Skalarprodukt zweier
Wellenfunktionen d3 xψ2∗ (x, t)ψ1 (x, t), das die Übergangsamplituden des Systems
bestimmt, transformiert sich zu
Z
√
dD q gψ2∗ (q, t)ψ1 (q, t).
(1.218)
Man muß sich klarmachen, daß eine unmittelbare Anwendung des kanonischen
Formalismus auf die in krummlinige Koordinaten umgeschriebene euklidische
Lagrangefunktion
M 2
ẋ − V (x)
(1.219)
L(x, ẋ) =
2
keineswegs direkt zur selben Schrödingergleichung führen würde. Da sich die
Geschwindigkeiten wie
ẋi = ei µ (q)q̇ µ
(1.220)
transformieren, ist die umgeschriebene Lagrangefunktion
M
g (q)q̇ µ q̇ ν − V (q).
2 µν
Die kanonisch-konjugierten Impulse sind
L(q, q̇) =
pµ ≡
∂L
ν
µ = Mgµν q̇ .
∂ q̇
(1.221)
(1.222)
Die entsprechenden quantenmechanischen Impulsoperatoren p̂µ müssen bezüglich
des Skalarprodukts (1.218) hermitesch sein und den kanonischen
Vertauschungsbeziehungen genügen:
[p̂µ , q̂ ν ] = −ih̄δµ ν ,
[q̂ µ , q̂ ν ] = 0,
[p̂µ , p̂ν ] = 0.
9
Mehr dazu in (11.23)–(11.29).
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.223)
1.6 Quantenmechanik verallgemeinerter Lagrange-Systeme
35
Eine offensichtliche Lösung ist
p̂µ = −ih̄g −1/4 ∂µ g 1/4 ,
q̂ µ = q µ .
(1.224)
Unter Verwendung des Ausdrucks (1.211) kann dies umgeformt werden zu
p̂µ = −ih̄(∂µ + 12 Γµ ).
(1.225)
Man
betrachte
nunmehr
die klassische Hamiltonfunktion, die aus der Lagrangefunktion (1.221) durch eine
Legendre-Transformation hervorgeht. Aufgrund von (1.222) lautet sie einfach
H = pµ q̇ µ − L =
1 µν
g (q)pµ pν + V (q).
2M
(1.226)
Eine naive Anwendung des Korrespondenzprinzips ist hier nicht möglich, da die
Impulsoperatoren p̂µ nicht mit den q µ -Variablen in der Metrik vertauschbar sind,
so daß es unklar ist, welche Operatorordnung zwischen g µν (q) und p̂µ , p̂ν herrschen
soll. Ein hermitescher Hamiltonoperator sollte schon entstehen, aber diese Forderung
reicht nicht, um die Ordnung festzulegen. Man könnte zum Beispiel folgende
symmetrische Ordnung wählen
Ĥkan =
1
p̂ g µν (q)p̂ν + V (q),
2M µ
(1.227)
bei der der entstehende Operator hermitesch ist. Er unterscheidet sich jedoch von
dem korrekten Schrödinger-Operator in (1.217). Die kinetische Energie enthält den
Differentialoperator
∆kan = (∂µ + 21 Γµ ) g µν (q) (∂ν + 21 Γν ),
(1.228)
den wir im folgenden als kanonischen Laplaceoperator bezeichnen werden. Er
unterscheidet sich vom Laplace-Beltrami-Operator (1.215) in (1.217) durch
∆ − ∆kan = − 12 ∂µ (g µν Γν ) − 41 g µν Γν Γµ .
(1.229)
Man beachte, daß sich der korrekte Hamiltonoperator ergibt, wenn man Paare von
Hilfsfaktoren der Gestalt g 1/4 und g −1/4 symmetrisch zwischen die Impulsoperatoren
verteilt:10
1 −1/4
Ĥ =
g
p̂µ g 1/4 g µν (q)g 1/4 p̂ν g −1/4 + V (q).
(1.230)
2M
Dieser Operator gehört zur gleichen klassischen Hamiltonfunktion (1.226) wie der
Operator (1.227). Leider ist diese Vorgehensweise durch das Korrespondenzprinzip
nicht vorgegeben; es kann ja die Hilfsfaktoren gar nicht kennen und auch nicht
festlegen, in welcher Reihenfolge sie in den Hamiltonoperator eingehen.
10
Siehe auch die Arbeit von B. Podolsky, Phys. Rev. 32 , 812 (1928).
36
1 Grundlagen
Das einfachste System, für das die kanonische Quantisierung versagt, ist das
zweidimensionale freie Teilchen in Polarkoordinaten q 1 = r und q 2 = ϕ:
x1 = r cos ϕ, x2 = r sin ϕ.
(1.231)
Da das infinitesimale Abstandsquadrat die Gestalt ds2 = dr 2 + r 2 dϕ2 besitzt, lautet
die Metrik
!
1 0
,
(1.232)
gµν =
0 r 2 µν
mit der Determinanten
g = r2
und der Inversen
g
µν
=
1 0
0 r −2
(1.233)
!µν
.
(1.234)
1
1
∆ = ∂r r∂r + 2 ∂ϕ 2 .
r
r
(1.235)
Der Laplace-Beltrami-Operator wird zu
Der kanonische Laplaceoperator hat andererseits das Aussehen
1 2
∂
r2 ϕ
1
1
1
= ∂r 2 + ∂r − 2 + 2 ∂ϕ 2 .
r
4r
r
∆kan = (∂r + 1/2r)2 +
(1.236)
Die Diskrepanz (1.229) ist daher
∆kan − ∆ = −
1
.
4r 2
(1.237)
Man beachte, daß diese nicht verschwindet, obwohl kein Ordnungsproblem
aufzutreten scheint, wenn man nach naiv durchgeführter kanonischer Quantisierung
den Ausdruck p̂µ g µν (q) p̂ν in (1.236) betrachtet. Erst nachdem man die
Notwendigkeit erkannt hat, Hilfsfaktoren g 1/4 einzuschieben und nicht weiß, an
welcher Stelle, entsteht ein Operatorordnungsproblem.
Wenn die Koordinaten qi in der Lagrangefunktion nicht als bloße
Reparametrisierung des euklidischen Raums auftauchen, sondern eine nichttriviale
Geometrie besitzen, können wir den Laplace-Beltrami-Operator nicht mehr durch
eine Transformation des kartesischen Laplaceoperators herleiten. Da die kanonischen
Quantisierungsregeln bei krummlinigen Koordinaten nicht eindeutig sind, gibt
es sofort Schwierigkeiten mit der Quantisierung eines solchen Systems. Deshalb
sind in der Literatur Alternativen für die kanonische Quantisierung diskutiert
worden, die auch für nichteuklidische Räume eine eindeutige Herleitung der
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
1.7 Teilchen auf einer Kugeloberfläche
37
Schrödingergleichung ermöglichen sollen.11 Glücklicherweise gibt es eine große
Klasse von nichtkartesischen Systemen, die eine eindeutige quantenmechanische
Beschreibung aus ganz anderen Gründen zulassen. Diesen Systemen ist die
Eigenschaft gemein, daß ihre Hamiltonfunktionen eine Funktion der Erzeugenden
der Bewegungsgruppe in dem nicht-euklidischen Koordinatensystem ist. Unserer
Meinung nach muß das Korrespondenzprinzip in diesen Fällen auf die
Poisson-Klammern zwischen Gruppengeneratoren untereinander und zwischen
Gruppengeneratoren und Koordinaten angewandt werden und nicht auf die
Poisson-Klammer der kanonischen Variablen p, q. Die Klammern zwischen den
Generatoren allein definieren die Struktur der Gruppe, während die zwischen
Generatoren und Koordinaten die definierende Darstellung im Konfigurationsraum
festlegen. Die richtige Verallgemeinerung der kanonischen Vertauschungsregeln
besteht nun aus der Ersetzung dieser Poisson-Klammern durch Kommutatoren.
Die kanonischen Vertauschungsregeln
können dann als Spezialfall dieses
Gruppenkorrespondenzprinzips aufgefaßt werden. Die Bewegungsgruppe des
euklidischen Raums ist die euklidische Gruppe. Sie umfaßt Translationen und
Rotationen. Die Erzeugenden der Translationen sind die Impulse, die der Rotationen
sind die Drehimpulse. Nach obigem Gruppenkorrespondenzprinzip müssen die
Poisson-Klammern zwischen Generatoren und Koordinaten durch Kommutatoren
ersetzt werden. Für die Translationen und Koordinaten ergeben sich so die
kanonischen Vertauschungsregeln, und dies ist der Grund, warum sie zuverlässig
sind. In Systemen, in denen die Hamiltonfunktion von anderen Erzeugenden
als denen der Translationen abhängt, z.B. den Drehimpulsen, müssen deren
Vertauschungsregeln innerhalb der Gruppe für die Quantisierung direkt verwendet
werden, und nicht die kanonischen Vertauschungsregeln.
Die interessantesten Beispiele für Systeme ohne Translationsinvarianz sind ein
Teilchen auf einer Kugeloberfläche oder ein Kreisel. Beide verdienen, in einem
eigenen Abschnitt dargestellt zu werden.
1.7
Teilchen auf einer Kugeloberfläche
Für ein Teilchen, das sich auf einer Kugeloberfläche mit Radius R bewegt, lautet
die Lagrangefunktion in Kugelkoordinaten
L=
mit
11
MR2 2
(θ̇ + sin2 θ ϕ̇2 )
2
x1 = R sin θ cos ϕ, x2 = R sin θ sin ϕ, x3 = R cos θ.
(1.238)
(1.239)
Siehe dazu B.S. DeWitt, Rev. Mod. Phys. 29 , 377 (1967); K.S. Cheng, J. Math. Phys. 13 ,
1723 (1972); H. Kamo and T. Kawai, Prog. Theor. Phys. 50 , 680, (1973); T. Kawai, Found. Phys.
5 , 143 (1975); H. Dekker, Physica 103A, 586 (1980); G.M. Gavazzi, Nuovo Cimento A 101 , 241
(1981).
Einen alternativen Zugang findet man in: N.M.J. Woodhouse, Geometric Quantization, Oxford
University Press, Oxford, 1992.
38
1 Grundlagen
Daraus folgen die kanonisch-konjugierten Impulse
pθ = MR2 θ̇,
pϕ = MR2 sin2 θ ϕ̇
(1.240)
1
1 2
2
p .
2 pθ +
2MR
sin2 θ ϕ
(1.241)
und die klassische Hamiltonfunktion
H=
Gemäß den kanonischen Quantisierungsregeln wären die Impulse durch Operatoren
zu ersetzen:
1
p̂θ = −ih̄ 1/2 ∂θ sin1/2 θ, p̂ϕ = −ih̄∂ϕ .
(1.242)
sin θ
Wie im vorangegangenen Abschnitt ausgeführt, ist nicht zu erwarten, daß das
Einsetzen dieser Operatoren in die Hamiltonfunktion (1.241) den korrekten
Hamiltonoperator liefert. Leider lassen sich in diesem Falle auch die Koordinaten
θ, ϕ der gekrümmten Kugeloberfläche nicht durch konventionelle Koordinatentransformationen in kartesische Koordinaten umwandeln.12 Daher kann die Quantisierung
nicht mit den einfachen kartesischen Quantisierungsregeln
[p̂i , x̂j ] = −ih̄δi j ,
[x̂i , x̂j ] = 0,
[p̂i , p̂j ] = 0
(1.243)
durchgeführt werden. Hilfestellung bietet nur die Symmetriegruppe der Bewegungen
auf der Kugeloberfläche. Der Drehimpuls
L=x×p
(1.244)
kann in kartesischen Koordinaten eindeutig quantisiert werden:
L̂ = x̂ × p̂.
(1.245)
Mit den Vertauschungsregeln für die Erzeugenden der Rotationsgruppe ergibt sich
[L̂i , L̂j ] = ih̄L̂k ,
i, j, k = zyklisch.
(1.246)
Man beachte, daß kein Ordnungsproblem auftritt, denn die x̂i und die p̂i
tauchen in jedem Lˆk mit verschiedenen Indizes auf. Eine wichtige Eigenschaft der
Drehimpulsoperatoren ist ihre Homogenität in x. Sie hat zur Folge, daß beim
Übergang von kartesischen zu Kugelkoordinaten
x1 = r sin θ cos ϕ, x2 = r sin θ sin ϕ, x3 = r cos θ
12
(1.247)
Interessanterweise existieren jedoch nichteindeutige infinitesimale Koordinatentransformationen, die einen gekrümmten Raum lokal in einem flachen Raum umwandeln können. Sie werden in
Kapitel 8 eingeführt und zu diesem Zweck benutzt.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
39
1.7 Teilchen auf einer Kugeloberfläche
die Radialkoordinate herausfällt und die Differentialoperatoren für die Komponenten
des Drehimpulses nur die Winkel θ, ϕ enthalten:
L̂1 = ih̄ sin ϕ ∂θ + cot θ cos ϕ ∂ϕ ,
L̂2 = ih̄ − cos ϕ ∂θ + cot θ sin ϕ ∂ϕ ,
L̂3 = −ih̄∂ϕ .
(1.248)
Es existiert nun eine natürliche Vorschrift für die Quantisierung von Systemen,
bei denen der Operator L̂i eine fundamentale Rolle spielt. Wir schreiben die
Hamiltonfunktion (1.241) als Funktion der klassischen Drehimpulskomponenten
L1 = MR2 − sin ϕ θ̇ − sin θ cos θ cos ϕ ϕ̇ ,
L2 = MR2 cos ϕ θ̇ − sin θ cos θ sin ϕ ϕ̇ ,
L3 = MR2 sin2 θ ϕ̇,
(1.249)
als
1
2
(1.250)
2L
2MR
und ersetzen diese durch die Operatoren (1.248). So erhalten wir den
Hamiltonoperator
H=
h̄2
1
1
1
2
L̂
=
−
∂ϕ2 .
∂θ (sin θ ∂θ ) +
Ĥ =
2
2
2MR
2MR sin θ
sin2 θ
(1.251)
Das Eigenfunktionssystem von L̂2 ist wohlbekannt. Es können Eigenfunktionen so
bestimmt werden, daß eine Komponente von L̂i gleichzeitig mit L̂2 diagonal ist.
Üblicherweise wählt man die Kugelflächenfunktionen, welche die dritte Komponente
L̂3 diagonalisieren:
Ylm (θ, ϕ) = (−1)
m
"
2l + 1 (l − m)!
4π (l + m)!
#1/2
Plm (cos θ)eimϕ ,
(1.252)
wobei Plm (z) für die zugeordneten Legendre-Polynome steht:
Plm (z) =
l+m
1
2 m/2 d
2
l
(1
−
z
)
l
l+m (z − 1) .
2 l!
dx
Die Kugelflächenfunktionen
Skalarprodukts:
Z
0
π
dθ sin θ
sind
Z
0
2π
orthonormal
bezüglich
∗
dϕ Ylm
(θ, ϕ)Yl′m′ (θ, ϕ) = δll′ δmm′ .
(1.253)
des
invarianten
(1.254)
Zwei wichtige Dinge können wir aus diesem Beispiel für eine gruppentheoretische
Quantisierung lernen. Erstens stimmt der korrekte Hamiltonoperator (1.251) nicht
40
1 Grundlagen
mit dem Operator überein, den die kanonische Quantisierung liefert [d.h., der durch
Einsetzen von (1.242) in (1.241) entsteht]. Das richtige Ergebnis würde aber nach
Einschieben von Hilfsfaktoren
g −1/4 = r −1 sin−1/2 θ,
g 1/4 = R sin1/2 θ
(1.255)
zwischen die Impulsoperatoren entsprechend Gl. (1.230) erhalten. Zweitens
entspricht der korrekte Hamiltonoperator dem Laplace-Beltrami-Operator zur
Metrik
!
1
0
2
.
(1.256)
gµν = R
0 sin2 θ
Er schreibt sich nämlich in unserem speziellen Fall
∆=
1
1
1
∂2
∂θ (sin θ∂θ ) +
2
R sin θ
sin2 θ ϕ
und
h̄2
∆
Ĥ = −
2M
(1.257)
(1.258)
ist der korrekte Hamiltonoperator.
1.8
Der Kreisel
Auch für den Kreisel ist der geeignete Ausgangspunkt einer Quantisierung nicht
die Lagrangefunktion, sondern die Hamiltonfunktion. Im symmetrischen Fall, in
dem zwei der Trägheitsmomente zusammenfallen, lautet diese als Funktion der
klassischen Drehimpulse:
H=
1
1
(Lξ 2 + Lη 2 ) +
L 2.
2Iξ
2Iζ ζ
(1.259)
Dabei sind Lξ , Lη , Lζ die Komponenten des Bahndrehimpulses bezüglich der
Hauptachsen des Kreisels und Iξ , Iη ≡ Iξ , Iζ die entsprechenden Trägheitsmomente.
Der klassische Drehimpuls eines Systems aus Massenpunkten ist
L=
X
ν
xν × pν ,
(1.260)
wobei über alle Massenpunkte summiert wird. Der Operator des Gesamtdrehimpulses
X
x̂ν × p̂ν
(1.261)
L̂ =
ν
gehorcht den Drehimpulskommutatoren (1.246). Da sich bei Drehungen die
Abstände zwischen den Massenpunkten nicht verändern, sind die Rotationsoperatoren mit den Zwangsbedingungen des starren Körpers vertauschbar, wenn
man letztere als Multiplikationsoperatoren auffaßt. Sofern der Schwerpunkt eines
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
41
1.8 Der Kreisel
starren Körpers mit dem Koordinatenursprung zusammenfällt, hat der Körper
nur drei Freiheitsgrade, die seine Orientierung im Raum bestimmen. Diese
kann mit Hilfe derjenigen Rotationsmatrix beschrieben werden, die den Körper
von einer festgelegten Ausgangsorientierung in seine jeweilige Lage bringt. Die
Ausgangsorientierung kann so gewählt werden, daß die Hauptachsen mit den
Koordinatenachsen zusammenfallen. Eine beliebige Orientierung erreicht man durch
eine geeignete Drehung aller Punkte des Körpers. Die Menge aller Drehungen
entspricht der Menge aller orthonormalen 3 × 3-Matrizen Rij . Der Raum
dieser Matrizen hat drei Freiheitsgrade, und jede Matrix läßt sich in folgendes
Matrizenprodukt zerlegen:
R(α, β, γ) = R3 (α)R2 (β)R3 (γ),
(1.262)
wobei R3 (α) und R3 (γ) Rotationsmatrizen um die z-Achse mit Drehwinkel α und γ
sind, während R2 (β) eine Drehung mit β um die y-Achse beschreibt. Wir benutzen
nun die Exponentialdarstellung
Ri (δ) ≡ e−iδLi /h̄ ,
(1.263)
in der δ den jeweiligen Drehwinkel und Li mit i = 1, 2, 3 die 3×3-Matrixerzeugenden
der Rotationen mit den Komponenten
(Li )jk = −ih̄ǫijk
(1.264)
bezeichnet. Sie gehorchen den gleichen Vertauschungsbeziehungen wie die Drehimpulse in (1.246). Die Winkel α, β, γ heißen Eulerwinkel .
Die 3 × 3-Drehmatrizen ermöglichen es, infinitesimale Drehungen um die
drei Koordinatenachsen als Differentialoperatoren bezüglich der drei Eulerwinkel
auszudrücken. Sei ψ(R) die Wellenfunktion des Kreisels für die verschiedenen durch
die Rotationsmatrix R angegebenen Orientierungen. Unter einer weiteren Rotation
mit den drei Eulerwinkeln α′ , β ′ , γ ′ geht sie in ψ ′ (R) = ψ(R−1 (α′ , β ′, γ ′ )R) über. Die
Transformation wird durch einen unitären Differentialoperator
′
′
′
Û(α′ , β ′ , γ ′ ) ≡ e−iα L̂3 e−iβ L̂2 e−iγ L̂3
(1.265)
beschrieben, wobei L̂i die Differentialoperator-Darstellung der Erzeugenden
bezeichnet. Zu ihrer Berechnung nutzen wir aus, daß die zu (1.262) inverse 3 × 3 Matrize R−1 (α, β, γ) die folgenden Ableitungen besitzt:
− ih̄∂α R−1 = R−1 L3 ,
−ih̄∂β R−1 = R−1 (cos α L2 − sin α L1 ),
(1.266)
−ih̄∂γ R−1 = R−1 [cos β L3 + sin β(cos α L1 + sin α L2 )] .
Die erste Beziehung ist trivial, während die zweite aus dem Rotationsverhalten
e−iαL3 /h̄ L2 eiαL3 /h̄ = cos α L2 − sin α L1
(1.267)
42
1 Grundlagen
folgt, die eine Konsequenz der Lie-Reihe
i2
[A, [A, B]] + . . .
2!
und der Vertauschungsregeln zwischen den 3 × 3-Matrizen Li ist. Für die dritte
schließlich benötigt man zusätzlich das entsprechende Rotationsverhalten von L3 :
e−iA BeiA = 1 − i[A, B] +
e−iβL2 /h̄ L3 eiβL2 /h̄ = cos βL3 + sin βL1 .
(1.268)
Durch Umkehrung der Beziehungen (1.266) finden wir für die Drehimpulse folgende
Differentialoperatordarstellung:13
L̂1
L̂2
!
cos α
∂ ,
= ih̄ cos α cot β ∂α + sin α ∂β −
sin β γ
!
sin α
= ih̄ sin α cot β ∂α − cos α ∂β −
∂ ,
sin β γ
(1.269)
L̂3 = −ih̄∂α .
Durch Exponenzieren erhalten wir
Û (α′ , β ′, γ ′ )R−1 (α, β, γ)Û −1(α′ , β ′ , γ ′ ) = R−1 (α, β, γ)R(α′, β ′ , γ ′ )
(1.270)
Die transponierten Drehmatrizen genügen daher der Gleichung
Û(α′ , β ′ , γ ′ )R(α, β, γ)Û −1(α′ , β ′ , γ ′ ) = R−1 (α′ , β ′ , γ ′ )R(α, β, γ),
so daß, wie gewünscht,
Û(α′ , β ′ , γ ′ )ψ(R) = ψ ′ (R).
(1.271)
(1.272)
Um den Hamiltonoperator aufschreiben zu können, benötigen wir die Komponenten
von L̂ bezüglich des körperfesten Systems. Sie ergeben sich durch Rotation der 3×3Matrizen Li mit R(α, β, γ):
Lξ = RL1 R−1 = cos γ cos β(cos α L1 + sin α L2 )
+ sin γ(cos α L2 − sin α L1 ) − cos γ sin β L3 ,
Lη = RL2 R−1 = − sin γ cos β(cos α L1 + sin α L2 )
+ cos γ(cos α L2 − sin α L1 ) + sin γ sin β L3 ,
(1.273)
Lζ = RL3 R−1 = cos β L3 + sin β(cos α L1 + sin α L2 )
und darauffolgende Ersetzung Li → L̂i . Ein Blick auf (1.269) zeigt, daß die gesuchten
Operatoren folgendermaßen aussehen:
L̂ξ
L̂η
!
cos γ
= ih̄ − cos γ cot β ∂γ − sin γ ∂β +
∂ ,
sin β α
)
sin γ
= ih̄ sin γ cot β ∂γ − cos γ ∂β −
∂ ,
sin β α
L̂ζ = −ih̄∂γ .
13
Siehe auch die ursprüngliche Arbeit von C. van Winter, Physica 20 , 274 (1954).
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.274)
43
1.8 Der Kreisel
Ihre Kommutatoren stimmen bis auf das Vorzeichen mit denen der Li in (1.246)
überein:14
[L̂ξ , L̂η ] = −ih̄L̂ζ ,
ξ, η, ζ = zyklisch.
(1.275)
Den Grund für den Zeichenwechsel versteht man durch Schreiben der Erzeugenden
als
L̂ξ = aiξ L̂i , L̂η = aiη L̂i , L̂ζ = aiζ L̂i ,
(1.276)
wobei aiξ , aiη , aiζ die Komponenten der körperfesten Achsen sind. Unter Rotationen
verhalten sie sich wie [L̂i , ajξ ] = ih̄ǫijk akξ , d.h. sie sind Vektoroperatoren. Diese
Eigenschaft führt, wie eine kurze Rechnung bestätigt, auf den Vorzeichenunterschied
zwischen (1.275) und (1.246).
Um den Hamiltonoperator zu erhalten, setzen wir gemäß dem Korrespondenzprinzip Operatordächer auf die La von (1.259). Das Energiespektrum und die
Wellenfunktionen erhält man rein algebraisch aus den Kommutatorbedingungen für
L̂ξ , L̂η , L̂ζ . Das Spektrum ist
2
ELΛ = h̄
"
!
#
1
1
1
L(L + 1) +
−
Λ2 ,
2Iξ
2Iζ
2Iξ
(1.277)
wobei L(L+1) mit L = 0, 1, 2, . . . die Eigenwerte von L̂2 sind und Λ = −L, . . . , L die
von L̂ζ . Die Wellenfunktionen sind die Darstellungsmatrizen der Rotationsgruppe
für beliebige Drehimpulse L. Sofern man die Eulerwinkel α, β, γ als Koordinaten
verwendet, kann man sie schreiben als
L
ψLΛm (α, β, γ) = DmΛ
(α, β, γ).
(1.278)
Dabei ist m die magnetische Quantenzahl, d.h. der Eigenwert von L̂3 , und mit Hilfe
von (1.265) zerlegt man
′
L
i(mα+m γ) L
Dmm
dmm′ (β)
′ (α, β, γ) = e
(1.279)
mit den Drehfunktionen um die y-Achse
dLmm′ (β)
(L + m′ )!(L − m′ )!
=
(L + m)!(L − m)!
"
β
× cos
2
!m+m′
β
sin
2
#1/2
!m−m′
(m′ −m,m′ +m)
PL−m′
(cos β),
(1.280)
(α,β)
wobei Pl
(z) die Jacobi-Polynome sind.15 Mit Hilfe von hypergeometrischen
Funktionen
ab
a(a + 1) b(b + 1) z 2
F (a, b, c; z) ≡ 1 + z +
+ ... .
(1.281)
c
c(c + 1)
2!
14
Auf Funktionen angewandt, die nicht von α abhängen, stimmen die Operatoren nach Ersetzung
von β → θ und γ → ϕ mit denen in (1.248) bis auf das Vorzeichen überein.
15
Einzelheiten zu den Darstellungsmatrizen der Drehgruppe entnehme man A.R. Edmonds,
Angular Momentum in Quantum Mechanics, Princeton University Press, 1960.
44
1 Grundlagen
ausgedrückt lauten sie:
(α,β)
≡
Pl
(−1)l Γ(l + β + 1)
l!
Γ(β + 1)
×F (−l, l + 1 + α + β; 1 + β; (1 + z)/2).
(1.282)
Die Funktionen dLmm′ (β) gehorchen der Differentialgleichung


2
d
m2 + m′ − 2mm′ cos β  L
d2
−
dmm′ (β)
−
cot
β
+
dβ
dβ 2
sin2 β
= L(L + 1)dLmm′ (β).
(1.283)
Die
Skalarprodukte
zwischen
zwei
Wellenfunktionen
müssen
mit einem Integrationsmaß berechnet werden, das unter Drehungen invariant ist.
Dieses Maß ist gegeben durch
Z
2π
0
Z
π
0
Z
0
2π
dαdβ sin βdγ ψ2∗ (α, β, γ)ψ1(α, β, γ).
(1.284)
Für die oben angegebenen Eigenzustände (1.279) haben wir
Z
0
2π
Z
0
π
Z
0
2π
L1 ∗
L2
dαdβ sin βdγ Dm
′ m (α, β, γ)Dm′ m (α, β, γ)
1
2
1
= δm′1 ,m′2 δm1 ,m2 δL1 ,L2
2
8π 2
.
2L1 + 1
(1.285)
Es ist lehrreich, dieses Ergebnis dem falschen gegenüberzustellen, welches sich
aus der kanonischen Quantisierung mit der Lagrangefunktion als Ausgangspunkt
ergeben würde. Als Funktion der Eulerwinkel lautet die Lagrangefunktion
1
L = [Iξ (ωξ 2 + ωη 2 ) + Iζ ωζ 2 ],
(1.286)
2
wobei ωξ , ωη , ωζ die Komponenten der Winkelgeschwindigkeit im körperfesten
Bezugssystem des Kreisels sind. Sie werden aus den Komponenten im Ruhesystem
ω1 , ω2 , ω3 durch eine Drehung erhalten. Letztere ergeben sich sofort aus der
Beziehung
ωk Lk = iṘR−1
(1.287)
als
ω1 = −β̇ sin α + γ̇ sin β cos α,
ω2 = β̇ cos α + γ̇ sin β sin α,
ω3 = γ̇ cos β + α̇.
(1.288)
Nach der Rotation (1.273) in das körperfeste System werden diese zu
ωξ = β̇ sin γ − α̇ sin β cos γ,
ωη = β̇ cos γ + α̇ sin β sin γ,
ωζ = α̇ cos β + γ̇.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.289)
45
1.8 Der Kreisel
Damit ist die Lagrangefunktion
1
L = [Iξ (β̇ 2 + α̇2 sin2 β) + Iζ (α̇ cos β + γ̇)2 ].
2
(1.290)
Wenn wir α, β, γ als Lagrange-Koordinaten q µ , µ = 1, 2, 3 ansehen, kann L mit Hilfe
der Metrik


Iξ sin2 β + Iζ cos2 β 0 Iζ cos β


0
Iξ
0
gµν = 
(1.291)

Iζ cos β
0
Iζ
auf die allgemeine Form (1.221) gebracht werden. der Determinante ist
g = Iξ2 Iζ sin2 β.
(1.292)
R
√
Das Integralmaß im Skalarprodukt (1.218) ist daher d3 q g mit der Determinanten
g = Iξ2 Iζ sin2 β
(1.293)
und stimmt, von einem trivialen konstanten Faktor abgesehen, mit dem
rotationsinvarianten Maß (1.284) überein. Ein ähnliches Maß gilt für den
unsymmetrischen Kreisel mit Iξ 6= Iη 6= Iζ , für den g die einfache Form g =
R
Iξ η Iζ sin2 β hat, obwohl die Metrik gµν in diesem Fall viel komplizierter ist als
in (1.291) (siehe Anhang 1A).
Die kanonisch-konjugierten Impulse (1.222) sind für die Lagrangefunktion (1.221):
pα = ∂L/∂ α̇ = Iξ α̇ sin2 β + Iζ cos β(α̇ cos β + γ̇),
pβ = ∂L/∂ β̇ = Iξ β̇,
pγ = ∂L/∂ γ̇ = Iζ (α̇ cos β + γ̇).
(1.294)
Die Matrix des metrischen Tensors gµν besitzt eine Inverse
g µν
µν
1
0
− cos β
1


2
0
sin
β
0
=


2
Iξ sin β − cos β
0
cos2 β + Iξ sin2 β/Iζ

,
(1.295)
und die kanonische Hamiltonfunktion wird
H=


2


1
1  1 2  cos β
2 cos β
1
2
pβ +
+  pγ 2 +
p p .
2
2 pα −
2 Iξ
Iξ sin β Iζ
Iξ sin β
Iξ sin2 β α γ
(1.296)
Auf den ersten Blick gibt sie keinen Anlaß zu einem Ordnungsproblem. Man
könnte daher meinen, es sei natürlich, die Impulse einfach durch die entsprechenden
hermiteschen Operatoren (1.224) zu ersetzen:
p̂α = −ih̄∂α ,
p̂β = −ih̄(sin β)−1/2 ∂β (sin β)1/2 = −ih̄(∂β +
p̂γ = −ih̄∂γ .
1
cot β),
2
(1.297)
46
1 Grundlagen
Setzen wir diese in (1.296) ein, erhalten wir den kanonischen Hamiltonoperator
Ĥkan = Ĥ + Ĥdis
(1.298)
mit
I
h̄2
Ĥ ≡ −
∂β 2 + cot β∂β + ξ + cot2 β ∂γ 2
2Iξ
Iζ
"
!
2 cos β
1
∂ ∂
+ 2 ∂α 2 −
sin β
sin2 β α γ
und
1
3
1
1
Ĥdis ≡ (∂β cot β) + cot2 β =
− .
2
2
4
4 sin β 4
#
(1.299)
(1.300)
Der erste Term Ĥ stimmt mit dem richtigen quantenmechanischen Hamiltonoperator
überein, der oben durch Einsetzen der körperfesten Drehimpulsoperatoren (1.274)
in die Hamiltonfunktion (1.259) gewonnen wurde. Der Term Ĥdis ist die Differenz
zwischen dem kanonischen und dem korrekten Hamiltonoperator. Diese Differenz
ist von null verschieden, obwohl es keinen unmittelbaren Anlaß für ein Operatorordnungsproblem gibt, genau wie vorher im Radialkoordinatenausdruck (1.251).
Den korrekten Hamiltonoperator könnte man erhalten, indem man wie im
Radialkoordinatenbeispiel den klassischen Term pβ 2 in H durch den Operator
g −1/4 p̂β g 1/2 p̂β g −1/4 wie in (1.230) ersetzt.
Außerdem entspricht wie beim zweidimensionalen freien Teilchen der korrekte
Hamiltonoperator des symmetrischen Kreisels dem Laplace-Beltrami-Operator,
der mit der Metrik (1.291) und ihrer Inversen (1.295) gebildet wird. Nach
einer etwas längeren Rechnung läßt sich verifizieren, daß dies auch für den
völlig unsymmetrischen Kreisel gilt (siehe Anhang 1A). Da die Lagrangefunktion
des Kreisels nicht durch Reparametrisierung eines euklidischen Raums mit
krummlinigen Koordinaten erhalten werden kann, ist dies ein nichttriviales Resultat,
das die Ersetzung
gµν (q)pµ pν → −h̄2 ∆
(1.301)
als Verallgemeinerung des Korrespondenzprinzips auf nichteuklidische Räume
nahelegt. 16
Was ist die charakteristische nichteuklidische Eigenschaft des α, β, γ-Raums? Wir
werden später in Kapitel 8 sehen, daß die wichtigste Größe in gekrümmten Räumen
der Krümmungsskalar R ist. Die genaue Definition wird in (10.38) gegeben. Für den
asymmetrischen starren Kreisel ist (siehe Anhang 1A)
(Iξ + Iη + Iζ )2 − 2(Iξ2 + Iη2 + Iζ2 )
.
R=
2Iξ Iη Iζ
16
(1.302)
Wir werden in den Kapiteln 8 und 8 zeigen, daß sich diese Vermutung im Rahmen unserer
Pfadintegraltheorie auf gekrümmten Räumen ohne Torsion bestätigt.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
1.9 Der Zeitentwicklungsoperator
47
Der Kreisel ist somit ein weiteres Beispiel für ein System, das sich in einem
Raum mit konstanter Krümmung bewegt und bei dem ein verallgemeinertes
Korrespondenzprinzip bezüglich der Erzeugenden der Rotationsgruppe zu einer
eindeutigen Quantisierung führt. Kapitel 6 wird zeigen, daß der α, β, γ-Raum mit
der dreidimensionalen Oberfläche einer vierdimensionalen Kugel identifiziert werden
kann.
Einen wichtigen nichteuklidischen Raum mit physikalischer Relevanz kennen
wir aus der allgemeinen Relativitätstheorie. Dort benutzt man ursprünglich ein
Raum-Zeit Kontinuum, das mit beliebiger Krümmung versehen sein kann. In
neueren Weiterentwicklungen der Theorie läßt man auch eine nichtverschwindende
Torsion zu. Die Frage nach dem richtigen Korrespondenzprinzip in dieser sehr
allgemeinen Situation, in der die Gruppenquantisierungsregel nicht mehr anwendbar
ist, hat zu viel Verwirrung in der Literatur geführt [siehe die auf (1.237)
folgenden Anmerkungen]. Im vorliegenden Buch geben wir eine eindeutige Antwort
in Form eines neuen Quantenäquivalenzprinzips, das auf der Anwendung einfacher geometrisch Prinzipien innerhalb des Pfadintegralformalismus beruht und
einen natürlichen Übergang von der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik in einem beliebigen Bezugssystem gestattet (siehe die Kapitel 8 und 8). Der
Konfigurationsraum kann Krümmung und Torsion tragen. Mehrere Argumente
und Beispiele belegen, daß unser Prinzip richtig ist. Insbesondere wird es für
die oben anhand einiger Beispiele erläuterten gekrümmten Räume die gleichen
Kommutatoren liefern wie die Gruppenquantisierungsregel.17
1.9
Der Zeitentwicklungsoperator
Wenn der Hamiltonoperator die spezielle Form Ĥ = H(p̂, x̂) besitzt, d.h. wenn
in ihm keine explizite Zeitabhängigkeit vorkommt, kann die basisunabhängige
Schrödingergleichung (1.148) sofort gelöst werden. Wir erhalten dann folgenden
Zusammenhang zwischen einem Anfangszustand |Ψ(ta )i zum Zeitpunkt ta und dem
Zustand |Ψ(tb )i zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt tb :
|Ψ(tb )i = e−i(tb −ta )Ĥ/h̄ |Ψ(ta )i.
(1.303)
Û (tb , ta ) = e−i(tb −ta )Ĥ/h̄
(1.304)
Der Operator
heißt Zeitentwicklungsoperator . Wenn H(p̂, x̂, t) explizit zeitabhängig ist, gestaltet
sich die Integration der Schrödingergleichung etwas komplizierter als im obigen
Fall. Sie ist am einfachsten iterativ durchzuführen: Das Zeitintervall wird in eine
große Zahl N + 1 von kleinen Stücken der Breite ǫ mit ǫ ≡ (tb − ta )/(N + 1)
eingeteilt, wobei die Randpunkte der Einteilungsintervalle bei tn = ta + nǫ mit
n = 0, . . . , N +1 liegen sollen. Dann verwenden wir die Schrödingergleichung (1.148),
17
H. Kleinert, Mod. Phys. Lett. A 4 , 2329 (1989); Phys. Lett B 236 , 315 (1990).
48
1 Grundlagen
um die Wellenfunktion an jeder dieser Stützstellen mit der Wellenfunktion an der
vorhergehenden Stützstelle in Beziehung zu setzen:
i
h̄
Z
ta +ǫ
i
1−
h̄
Z
ta +2ǫ
i
1−
h̄
Z
ta +(N +1)ǫ
|Ψ(ta + ǫ)i ≈
1−
|Ψ(ta + 2ǫ)i ≈
..
.
|Ψ(ta + (N + 1)ǫ)i ≈
E
dt Ĥ(t) Ψ(ta ) ,
ta
dt Ĥ(t) |Ψ(ta + ǫ)i,
ta +ǫ
(1.305)
!
dt Ĥ(t) |Ψ(ta + Nǫ)i.
ta +N ǫ
Auf diese Weise finden wir die für kleine Zeitabschnitte näherungsweise gültige
Zeitentwicklung bis zur Zeit tb = tN +1 :
|Ψ(tb )i
i
1−
h̄
Z
tb
i
1−
h̄
Z
tN
i
h̄
Z
t1
=
×
×···×
1−
tN
dt′N +1
tN−1
ta
dt′N
Ĥ(t′N +1 )
Ĥ(t′N )
!
(1.306)
dt′1 Ĥ(t′1 ) |Ψ(ta )i.
Der Zeitentwicklungsoperator entspricht also ungefähr dem Produkt
i
Û(tb , ta ) ≈ 1 −
h̄
Z
tb
tN
dt′N +1
Ĥ(t′N +1 )
i
×···× 1−
h̄
Z
t1
ta
dt′1
Ĥ(t′1 )
.
(1.307)
Dieses Produkt wird ausmultipliziert und führt im Grenzwert N → ∞ auf die Reihe
−i
i Z tb
dt1 Ĥ(t1 ) +
Û(tb , ta ) = 1 −
h̄ ta
h̄
−i
+
h̄
3 Z
tb
ta
dt3
Z
t3
ta
dt2
Z
2 Z
t2
ta
tb
ta
dt2
Z
t2
ta
dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 )
(1.308)
dt1 Ĥ(t3 )Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ) + . . . .
Sie ist unter dem Namen Neumann-Liouville-Entwicklung oder auch Dyson-Reihe
bekannt.
Man beachte, daß die Zeitargumente der Integranden im Hamiltonoperator
kausal geordnet sind: Operatoren mit späteren Zeiten stehen links von solchen mit
früheren Zeiten. Es ist nützlich, den sogenannten Zeitordnungsoperator einzuführen,
der ein beliebiges Produkt von Operatoren
Ôn (tn ) · · · Ô1 (t1 )
(1.309)
chronologisch umordnet. Genauer gesagt definieren wir:
T̂ (Ôn (tn ) · · · Ô1 (t1 )) ≡ Ôin (tin ) · · · Ôi1 (ti1 ),
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.310)
49
1.9 Der Zeitentwicklungsoperator
Abbildung 1.2 Veranschaulichung der Zeitordnungsvorschrift in Gleichung (1.312).
wobei tin , . . . , ti1 einer kausalen Umbenennung der Zeiten tn , . . . , t1 entspricht, d.h.
tin > tin−1 > · · · > ti1 .
(1.311)
Der Zeitordnungsoperator ist linear in jedem Faktor. Mit ihm kann die NeumannLiouville-Entwicklung wesentlich kompakter als oben geschrieben werden. Man
nehme zum Beispiel den dritten Term in (1.308),
tb
Z
ta
dt2
t2
Z
ta
dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ).
(1.312)
Das Integrationsgebiet ist das Dreieck oberhalb der Winkelhalbierenden in dem
Quadrat t1 , t2 ∈ [ta , tb ] in der (t1 , t2 )-Ebene (siehe Abb. 1.2). Man vergleiche dies
mit dem fehlenden“ Integral über dem unteren Dreieck:
”
Z
tb
ta
dt2
Z
tb
t2
dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ).
(1.313)
Es stimmt mit (1.312) bis auf die Operatorordnung überein. Die Ordnung kann mit
Hilfe des Zeitordnungsoperators T̂ korrigiert werden. Wenn wir diesen auf (1.313)
anwenden, ergibt sich
Z
Z
tb
T̂
ta
tb
dt2
t2
dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ),
(1.314)
und kann geschrieben werden als
Z
tb
ta
dt2
Z
tb
t2
dt1 Ĥ(t1 )Ĥ(t2 ).
(1.315)
Eine Vertauschung in der Integrationsreihenfolge führt auf
Z
tb
ta
dt1
Z
t1
ta
dt2 Ĥ(t1 )Ĥ(t2 ).
(1.316)
Nach Vertauschen von t1 mit t2 , stimmt dies mit (1.312) überein. Da die
Zeitargumente in (1.312) richtig geordnet sind, können wir T̂ davor schreiben, ohne
etwas zu verändern. Deshalb ist (1.312) gleich
1
T̂
2
Z
tb
ta
dt2
Z
tb
ta
dt1 Ĥ(t2 )Ĥ(t1 ).
(1.317)
50
1 Grundlagen
Auf der rechten Seite laufen die Integrationen über das ganze Quadrat in der (t1 , t2 )Ebene, so daß die beiden Integrale faktorisiert werden können zu
1
T̂
2
tb
Z
ta
dt Ĥ(t)
2
.
(1.318)
Auf ähnliche Art läßt sich der Summand auf die Form nter Ordnung bringen.
1
T̂
n!
Z
tb
ta
dtn
1 = T̂
n!
Z
Z
tb
ta
tb
ta
dtn−1 · · ·
Z
tb
ta
dt1 Ĥ(tn )Ĥ(tn−1 ) · · · Ĥ(t1 )
n
(1.319)
dt Ĥ(t) .
Deshalb hat der Zeitentwicklungsoperator Û (tb , ta ) folgende Reihenentwicklung:
i
Û (tb , ta ) = 1 − T̂
h̄
Z
tb
ta
dt Ĥ(t) +
1 −i
+···+
n! h̄
n
T̂
1 −i
2! h̄
Z
tb
ta
2
T̂
Z
dt Ĥ(t)
tb
ta
n
dt Ĥ(t)
2
(1.320)
+ ... .
Indem man den Zeitordnungsoperator vor die Reihe zieht, erhält man die einfache
Formel
Z
i tb
dt Ĥ(t) .
(1.321)
Û (tb , ta ) = T̂ exp −
h̄ ta
Wenn Ĥ nicht von der Zeit abhängt, wird die Zeitordnungsoperation überflüssig, das
Integral kann trivial ausgerechnet werden, und wir erhalten das bekannte Ergebnis
(1.304).
1.10
Eigenschaften des Zeitentwicklungsoperators
Aufgrund seiner Definition hat der Operator Û (tb , ta ) einige wichtige Eigenschaften,
die wir im folgenden aufzählen:
a) Kompositionsgesetz
Werden zwei Zeitverschiebungen nacheinander ausgeführt, gilt für ihre Operatoren
Û die Beziehung
Û (tb , ta ) = Û(tb , t′ )Û (t′ , ta ),
t′ ∈ (ta , tb ).
(1.322)
Für zeitunabhängige Hamiltonoperatoren, für die Û (tb , ta ) durch (1.304) gegeben
ist, ist die Beziehung evident. Sie bedeutet, daß die Û-Operatoren eine Darstellung
der Abelschen Gruppe aller Zeitverschiebungen bilden. Aber auch im allgemeinen
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
51
1.10 Eigenschaften des Zeitentwicklungsoperators
Fall (1.321) gilt diese Eigenschaft, wie aus einer einfachen Umformung ersichtlich
wird:
!
Z
Z
i tb
i t′
T̂ exp −
Ĥ(t) dt
Ĥ(t) dt T̂ exp −
h̄ t′
h̄ ta
"
i
= T̂ exp −
h̄
= T̂ exp −
i
h̄
Z
tb
Z
t′
tb
ta
i
Ĥ(t) dt exp −
h̄
Z
t′
ta
!#
Ĥ(t) dt
(1.323)
Ĥ(t) dt.
b) Unitarität
Der allgemeine Ausdruck (1.321) für den Zeitentwicklungsoperator Û(tb , ta )
ist zunächst einmal für kausale (bzw. retardierte) Zeitpunktpaare hergeleitet
worden, für die tb nach ta folgt. Wir können ihn selbstverständlich auch für den
antikausalen (bzw. avancierten) Fall definieren, d.h. wenn tb früher als ta ist. Das
Kompositionsgesetz (1.322) ist auch für das antikausale Û erfüllt und es muß gelten:
−1
Û(tb , ta ) = Û(ta , tb ) .
(1.324)
Nehmen wir nämlich zwei zeitlich aufeinanderfolgende Zustände desselben Systems
mit der Beziehung
|Ψ(ta )i = Û(ta , tb )|Ψ(tb )i,
(1.325)
so läßt sich durch Multiplizieren beider Seiten mit Û −1 (ta , tb ) die zeitliche
Reihenfolge umdrehen:
|Ψ(tb )i = Û(ta , tb )−1 |Ψ(ta )i.
(1.326)
Der Operator auf der rechten Seite ist offenbar der Zeitentwicklungsoperator Û(tb , ta )
von einer späteren Zeit ta zu einer früheren tb , d.h. er muß gleich Û (tb , ta ) sein.
Für ein System, dessen Hamiltonoperator nicht von der Zeit abhängt, ist der
Zeitentwicklungsoperator direkt durch den Exponentialausdruck
Û (tb , ta ) = e−i(tb −ta )Ĥ/h̄ ,
tb < ta
(1.327)
tb < ta .
(1.328)
gegeben und erfüllt trivialerweise (1.324):
−1
Û (tb , ta ) = Û(ta , tb ) ,
Wir wollen diese Eigenschaft auch für einen zeitabhängigen Hamiltonoperator
nachprüfen. Durch Lösen der Schrödingergleichung (1.148) für den Zustandsvektor
sieht man sofort, daß der Operator Û (tb , ta ) für tb < ta eine Darstellung besitzt,
die derjenigen in (1.321) bis auf die Vertauschung der Zeitargumente gleich ist. Man
kann ihn in folgender Form schreiben [vgl. (1.321)]:
Û(tb , ta ) = Tˆ exp
i
h̄
Z
tb
ta
Ĥ(t) dt ,
(1.329)
52
1 Grundlagen
wobei Tˆ für den Zeitanti ordnungsoperator steht, der in Analogie mit (1.310) und
(1.311) definiert wurde. Dieser Operator gehorcht der Beziehung
Tˆ Ô1 (t1 )Ô2 (t2 )
†
= T̂ Ô2 (t2 )Ô1 (t1 ) .
(1.330)
Die Verallgemeinerung auf ein Produkt von n Operatoren dürfte offensichtlich sein.
Wir können nun unmittelbar folgern, daß
Û † (tb , ta ) = Û (ta , tb )
(1.331)
ist. Zusammen mit der Unitaritätsbeziehung (1.328) ist damit (1.324) für den
allgemeinen Fall bewiesen.
c) Schrödingergleichung für Û(tb , ta )
Da Û(tb , ta ) die bei verschiedenen Zeiten vorliegenden Wellenfunktionen eines
beliebigen System durch die Gleichung
|Ψ(tb )i = Û(tb , ta )|Ψ(ta )i
(1.332)
miteinander verknüpft, folgt aus der Schrödingergleichung (1.190), daß der Operator
Û die Gleichungen
ih̄∂t Û (t, ta ) = Ĥ Û(t, ta ),
(1.333)
−1
−1
= −Û (t, ta ) Ĥ
ih̄i∂t Û(t, ta )
erfüllt.
Eine wichtige Rolle in allen Teilen diese Buches wird von den Matrixelementen
des Zeitentwicklungsoperators bezüglich der lokalisierten Basiszustände gespielt:
(xb tb |xa ta ) ≡ hxb |Û (tb , ta )|xa i.
(1.334)
Wir werden sie als Zeitentwicklungsamplituden bezeichnen. Die Funktionalmatrix
(xb tb |xa ta ) wird auch Propagator genannt.
Die Operatorgleichungen (1.333) haben zur Folge, daß diese Größen der Schrödingergleichung
i
h
(1.335)
H(−ih̄∂xb , xb , tb ) − ih̄∂tb (xb tb |xa , ta ) = 0
genügen. Für die Quantenmechanik nichtrelativistischer Teilchen sind nur
Propagatoren von früheren zu späteren Zeiten relevant. Man führt daher den
sogenannten kausalen Propagator (oder retardierten Propagator ) ein:18
(xb tb |xa ta ) ≡
18
(
hxb |Û(tb , ta )|xa i,
0,
tb > ta ,
tb < ta .
(1.336)
Man vergleiche die retardierte Greensche Funktion, die später in Abschnitt 14.1 eingeführt
wird.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
53
1.10 Eigenschaften des Zeitentwicklungsoperators
Da wir es im folgenden stets mit kausal zeitgeordneten Ausdrücken zu tun haben,
lohnt sich an dieser Stelle nicht die Einführung einer neuen Bezeichnung, um den
Unterschied zur Amplitude (1.335) zu betonen.
Die Fallunterscheidung wird am einfachsten mit Hilfe der Heaviside-Funktion
beschrieben, die definiert ist durch
Θ(t) ≡
1,
0,
t ≥ 0,
t < 0.
(1.337)
Damit schreibt man dann
(xb tb |xa ta ) ≡ Θ(tb − ta )hxb |Û(tb , ta )|xa i.
(1.338)
Die Ableitung der Heaviside-Funktion ist Diracs δ-Funktion
∂t Θ(t) = δ(t).
(1.339)
Der kausale Propagator erfüllt die Schrödingergleichung
h
i
H(−ih̄∂xb , xb , tb ) − ih̄∂tb (xb tb |xa ta ) = −ih̄δ(tb − ta )δ (3) (xb − xa ).
(1.340)
Die rechte Seite entstammt dem Term
h
i
− ih̄ ∂tb Θ(tb − ta ) hxb |Û(tb , ta )|xa i = −ih̄δ(tb − ta )hxb |xa i.
(1.341)
Die Kausalität ist eine sehr nützliche Eigenschaft. Ein kausaler Propagator
verschwindet, wenn die Zeitdifferenz t = tb − ta negativ wird. Für einen
zeitunabhängigen Hamiltonoperator hängt der Propagator nur von der Zeitdifferenz
ab. Funktionen f (t) mit dieser Eigenschaft haben eine wichtige Eigenschaft im
Fourierraum. Die Fouriertransformierte
f˜(E) ≡
Z
∞
0
dt f (t)eiEt/h̄
(1.342)
ist in der oberen Hälfte der komplexen Energieebene analytisch. Diese Eigenschaft ist
eine notwendige und hinreichende Bedingung dafür, daß bei der Rücktransformation
f (t) ≡
∞
Z
−∞
dE ˜
f (E)e−iEt/h̄
2πh̄
(1.343)
ein Heaviside-Funktionsfaktor Θ(t) auftaucht: Für t < 0 kann der Integrationsweg in
der unteren Halbebene mit einem unendlich großen Halbkreis geschlossen werden.
Da die Fouriertransformierte dort keine Singularitäten besitzt, kann der Weg zu
einem Punkt zusammengezogen werden, so daß f (t) = 0 folgt. Dann und nur dann
ist f (t) eine kausale Funktion.
Die Heavisidefunktion T heta(t) selbst ist die elementarste kausale Funktion,
deren Fouriertransformierte genau einen Pol genau unterhalb des Ursprungs in der
komplexen Energieebene ethält:
Θ(t) =
Z
∞
−∞
i
dE
e−iEt .
2π E + iη
(1.344)
54
1 Grundlagen
Dabei ist η eine beliebig kleine positive Zahl.
Die fouriertransformierten Zeitentwicklungsamplituden
Z
(xb |xa )E =
∞
ta
dtb exp {iE(tb − ta )/h̄} (xb tb |xb ta )
(1.345)
enthalten
in
besonders
kompakter
Form
alle
Informationen
über das Energiespektrum und die Wellenfunktionen eines physikalischen Systems.
Wir wollen sie als Festenergieamplituden bezeichnen.
Für eine System mit einem zeitabhängigen Hamiltonoperator wird Gl. (1.338)
mit (1.327) zu
(xb tb |xa ta ) = Θ(tb − ta )hxb | exp{−iĤ(tb − ta )/h̄}|xa i.
(1.346)
Nehmen wir einmal an, die zeitunabhängige Schrödingergleichung sei vollständig
gelöst, d.h. die Eigenfunktionen |ψn i der Gleichung
Ĥ|ψn i = En |ψn i.
(1.347)
wären alle bekannt. Sie erfüllen die Vollständigkeitsbeziehung
X
n
|ψn ihψn | = 1.
(1.348)
Diese kann zwischen die Dirac-Klammern auf der rechten Seite von (7.1)
eingeschoben werden und führt auf die Spectraldarstellung
(xb tb |xa ta ) = Θ(tb − ta )
X
n
ψn (xb )ψn∗ (xa ) exp {−iEn (tb − ta )/h̄} ,
(1.349)
wobei
ψn (x) = hx|ψn i
(1.350)
die zu den Eigenzuständen |ψn i gehörigen sind. Im allgemeinen hat das System
auch ein kontinuierliches Spektrum und die Vollständigkeitsbeziehung (7.2) enthält
ein Integral
Z
X
n
|ψn ihψn | +
dν|ψν ihψν | = 1.
(1.351)
Der Kürze halber wird das Integral aber zumeist weggelassen.
For a free particle with a Hamilton operator Ĥ = p̂2 /2M, the spectrum is
completely continuous. The eigenfunctions are (1.179) with energies E(p) = p2 /2M.
Inserting the completeness relation (1.177) into Eq. (1.346), we obtain for the time
evolution amplitude of a free particle the Fourier representation
(xb tb |xa ta ) =
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
Z
ih̄ 2
dD p
p (tb − ta ) .
D exp ip(xb − xa ) −
2M
(2πh̄)
"
#
(1.352)
55
1.10 Eigenschaften des Zeitentwicklungsoperators
The momentum integrals in (2.14) can easily be done. First we perform a quadratic
completion in the exponent and rewrite it as
1 xb − xa
i M (xb − xa )2
p−
(tb − ta ) +
.
M tb − ta
h̄ 2 tb − ta
(1.353)
′
Then we replace the momentum variable by the shifted one p = p −
(xb − xa )/(tb − ta )M , and the amplitude (1.352) becomes
!
ih̄ 2
ih̄
ip(xb − xa ) −
p (tb − ta ) =
2M
2M
i M (xb − xa )2
(xb tb |xa ta ) = F (tb − ta ) exp
,
h̄ 2 tb − ta
"
#
(1.354)
where F (tb − ta ) is the shifted momentum integral
ih̄ ′ 2
d D p′
′
p (tb − ta )
(1.355)
F (tb − ta ) ≡
D exp ip (xb − xa ) −
2M
(2πh̄)
√
This can be performed using the Fresnel integral formula. Wenn i den Phasenfaktor
≡ eiπ/4 bezeichnet, so lautet diese
( √
Z ∞
dx
a 2
1
a > 0,
√i,
√ exp i x = q
(1.356)
a < 0.
2
−∞
2π
|a| 1/ i,
#
"
Z
Die korrekten Phasen erhält man durch analytische Fortsetzung der Gaußschen
Formel
Z ∞
1
α 2
dx
√ exp − x = √ ,
Re α > 0,
(1.357)
2
α
−∞
2π
die für α > 0 sicher konvergiert; ebenso in der gesamten komplexen rechten αHalbebene. Das Integral (2.41) konvergiert auch noch auf der imaginären Achse
6= 0, wie man sofort nach der Substitution x2 → z sieht. Da die Fresnel-Formel nur
eine spezielle analytische Fortsetzung der Gaußschen ist, wollen wir im folgenden
meistens nur von Gaußschen Integralen reden und von einer Fresnel-Formel nur
dann, wenn der imaginäre Charakter betont werden soll.
Applying this formula to (1.355), we obtain
1
F (tb − ta ) = q
D,
2πih̄(tb − ta )/M
(1.358)
so that the full time evolution amplitude of a free massive point particle is
1
(xb tb |xa ta ) = q
D
2πih̄(tb − ta )/M
i M (xb − xa )2
.
exp
h̄ 2 tb − ta
#
"
(1.359)
In the limit tb → ta , the left-hand side becomes the scalar product hxb |xa i =
δ (D) (xb − xa ), implying the following limiting formula for the δ-function
δ
(D)
(xb − xa ) =
1
lim q
D
2πih̄(tb − ta )/M
tb −ta →0
i M (xb − xa )2
exp
.
h̄ 2 tb − ta
"
#
(1.360)
56
1 Grundlagen
Inserting Eq. (1.352) into (1.345), we have for the fixed-energy amplitude the
integral representation
(xb |xa )E =
∞
Z
0
d(tb − ta )
Z
p2
dD p
i
p(xb − xa ) + (tb − ta ) E −
.
exp
h̄
2M
(2πh̄)D
(1.361)
(
"
!#)
Performing the time integration yields
(xb |xa )E =
Z
dD p
ih̄
.
D exp [ip(xb − xa )]
E − p2 /2M
(2πh̄)
(1.362)
In order to find an explicit expression, it is more convenient to calculate the Fourier
transform (1.359):
(xb |xa )E =
Z
1
∞
0
d(tb − ta ) q
D
2πih̄(tb − ta )/M
i
M (xb −xa )2
exp
E(tb − ta ) +
h̄
2 tb − ta
(
"
#)
,
(1.363)
For E < 0, we set
κ≡
and using the formula
Z
0
∞
ν−1 −iγt+iβ/t
dtt
e
β
=2
γ
q
−2ME/h̄2
!ν/2
(1.364)
q
q
eiνπ/2 K−ν (2 βγ), Kν (2 βγ)
(1.365)
where Kν (z) = K−ν (z) is the modified Bessel function,19 we find
M κD−2 KD/2−1 (κR)
(xb |xa )E = −2i
.
h̄ (2π)D/2 (κR)D/2−1
(1.366)
where R ≡ |xb − xa |. For E > 0 we set
k≡
and the formula
Z
0
∞
ν−1 iγt+iβ/t
dtt
e
q
2ME/h̄2
β
= iπ
γ
!ν/2
−iνπ/2
e
(1.367)
(1)
H−ν
(2
q
βγ),
(1.368)
where Hν(1) (z) is the Hankel function,20 yields
(xb |xa )E =
19
20
M k D−2 HD/2−1 (kR)
π
.
h̄ (2π)D/2 (kR)D/2−1
I.S. Gradshteyn and I.M. Ryzhik, op. cit., Formulas 3.471.10 and 8.432.6
ibid., Formulas 3.471.11 and 8.421.7
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.369)
57
1.11 Scattering
The relation21
Kµ (e−iπ/2 z) =
π iπµ/2 (1)
ie
Hµ (z)
2
(1.370)
connects the two formulas with each other when continuing the energy from positive
to negative values, which replaces κ by e−iπ/2 k = −ik.
For large distances, the asymptotic behavior22
Kν (z) ≈
r
π −z
e ,
2z
Hν(1) (z)
≈
s
2 i(z−νπ/2−π/4)
e
πz
(1.371)
show that the fixed-energy amplitude bahaves for E > 0 like
(xb |xa )E =
1.11
M D−2
1
1
k
eikR/h̄ .
(D−1)/2
(D−1)/2
h̄
(2πi)
(kR)
(1.372)
Scattering
Most observations of quantum phenomena are obtained form scattering processes
of fundamental particles. Consider a particle impinging with a momentum pa and
energy E = Ea = p2a /2M upon a nonzero potential concetrated around the origin.
After a long time, it will be be found far from the potential with some momentum
pb and the same energy E = Eb = p2b /2M. The probability amplitude for such a
process is given by the time evolution amplitude in the momentum representation
(pb tb |pa ta ) ≡ hpb |e−iĤ(tb −ta )/h̄ |pa i
(1.373)
in the limit tb → ∞ and ta → −∞. Long before and after the collision, this amplitude
oscillates with a frequency ω = E/h̄ characteristic for free particles of energy E. In
order to have a time-independent limit, we remove these oscillations, from (1.373),
and define the scattering matrix (S-matrix) by the limit
hpb |Ŝ|pa i ≡
lim
tb −ta →∞
ei(Eb tb −Ea ta )/h̄ hpb |e−iĤ(tb −ta )/h̄ |pa i.
(1.374)
Most of the particles will not scatter at all, so that this amplitude must contain a
leading term
hpb |Ŝ|pa i = hpb |pa i + hpb |Ŝ|pa i′ ,
(1.375)
where
hpb |pa i = hpb |e−iĤ(tb −ta )/h̄ |pa i = (2πh̄)3 δ (3) (pb − pa )
(1.376)
shows the normalization of the states [recall (1.176)]. This leading term is commonly
subtracted from (1.374) to find the true scattering amplitude. Moreover, since potential scattering conserves energy, the subtracted amplitude contains a δ-function
21
22
ibid., Formula 8.407.1.
ibid., Formulas 8.451.6 and 8.451.3
58
1 Grundlagen
ensuring energy conservation, and it is useful to divide this out, defining the so-called
reactance matrix (R-matrix) by
hpb |Ŝ|pa i ≡ (2πh̄)3 δ (3) (pa − pa ) − 2πh̄iδ(Eb − Ea )hpb |R̂|pa i.
(1.377)
The scattering matrix is a unitary quantity which must conserve the total particle
number. In the states |pm i introduced in Eq. (1.170) which have the completeness
relation (1.172), the S-matrix normalized to unity in a finite volume V amplitude
satisfies the unitarity relation
X
m′
′
′
′′
hpm |Ŝ|pm ihpm |Ŝ † |pm i = 1.
(1.378)
Remembering the relation (1.175) between the discrete states |pm i and their
continuous limits |pi, we see that
hpb m |Ŝ|pa m i =
1
hpb |Ŝ|pa i,
L3
(1.379)
m
where L3 is the spatial volume, and pm
b and pa are the discrete momenta closest to
pb and pa .
The absolute square of hpb m |Ŝ|pa m i this gives the probability Ppb ←pa for the
scattering from the initial momentum state pa to the final momentum state pb .
Omitting the unscattered particles, we have
Ppb ←pa =
1
2
6 2πh̄δ(0) 2πh̄δ(Eb − Ea )|hpb |R|pa i| .
L
(1.380)
The δ-function at the origin is made finite by imagining
the scattering process to
R
take place in in a finite total time T . Then 2πh̄δ(0) = dt eiEt/h̄ |p=0 = T , and the
probability is proportional to the time T :
Ppb ←pa =
1
2
6 T 2πh̄δ(Eb − Ea )|hpb |R|pa i| .
L
(1.381)
By summing this over all discrete final momenta, or equivalently, by integrating
this over the phase space of the final momenta [recall (1.174)], we find the total
probability per unit time for the scattering to take place
1
dP
= 6
dt
L
Z
d3 pb L3
2
3 2πh̄δ(Eb − Ea )|hpb |R|pa i| .
(2πh̄)
(1.382)
The momentum integral can be split into an integral over the final energy and the
final solid angle dΩ = dθdϕ. For non-relativistic particles, this goes as follows
Z
1
M
d 3 pb
3 =
3
(2πh̄)
(2πh̄) (2πh̄)3
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
Z
dΩ
Z
0
∞
dEb pb ,
(1.383)
59
1.11 Scattering
where dΩ = dφb d cos θb is the element of solid angle into which the particle is
scattered. The energy integral removes the δ-function in (1.382), and makes pb equal
to pa .
The differential scattering cross section dσ/dΩ is defined as the probability that
a single impinging particle ends up in a solid angle dΩ per unit time and unit current
density. From (1.382) we identify
dσ
dṖ 1
1 Mp
21
=
= 3
,
3 2πh̄|Rpb pa |
dΩ
dΩ j
j
L (2πh̄)
(1.384)
where we have set
hpb |R̂|pa i ≡ Rpb pa ,
(1.385)
M2
dσ
2
=
2 |Rpb pa | .
dΩ
(2πh̄)
(1.387)
for brevity. In a volume L3 , the current density of a single impinging particle is
simply the velocity:
1 p
(1.386)
j= 3 ,
L M
so that the differential cross section becomes
If theqscattered particle moves relativistically, we have to replace M in (1.383) by
E=
p2 + M 2 inside the momentum integral, where p = |p|, so that
Z
∞
1
d3 p
=
dΩ
dp p2
3
3
0
(2πh̄)
(2πh̄)
Z
Z ∞
1
dΩ
=
dEE p.
0
(2πh̄)3
Z
Z
(1.388)
In the relativistic case, the initial current is not proportional to p/M but to the
relativistic velocity v = p/E so that
1 p
.
L3 E
(1.389)
dσ
E2
2
=
2 |Rpb pa | .
dΩ
(2πh̄)
(1.390)
j=
Hence the cross section becomes
To lowest order in the interaction strength, the operator Ŝ in (1.374) is
Ŝ ≈ 1 − iV̂ /h̄.
(1.391)
For a time-independent scattering potential, this implies
Rpb pa ≈ Vpb pa /h̄,
(1.392)
60
1 Grundlagen
where
Vpb pa ≡ hpb |V̂ |pa i =
Z
d3 xei(pb −pa )x/h̄ V (x).
(1.393)
Then (1.390) reduces to the so called Born approximation (Born 1926)
dσ
E2
2
≈
2 2 |Vpb pa | ,
dΩ
(2πh̄) h̄
(1.394)
The amplitude whose square is equal to the differential cross section is usually
denoted by fpb pa , i.e., one writes
dσ
= |fpb pa |2 .
dΩ
(1.395)
Thus we can identify
fpb pa ≡ −
M
R
2πh̄2 pb pa
(1.396)
where we have chosen the sign to agree with the convention in the textbook by
Landau and Lifshitz.23
There exists a heuristic limiting formula expressing the scattering amplitude in
terms of the time evolution amplitude. For this we note that a δ-function can be
obtained from a large-time limit
M
M
tb
δ(pb − pa ) =
lim
δ(Eb − Ea ) =
pb
pb tb →∞ 2πih̄M
1/2
(p − pa )2 tb
exp i b
,
2Mh̄
"
#
(1.397)
where pb = |pb |. In this form, one may perform a “gentleman’s inversion” of the
δ-function in Eq. (1.377). For pb = pa , this leads to the following expression for the
scattering amplitude
fpb pa
p
=− b
M
√
2πih̄M
(2πh̄)3
3
lim
1
tb →∞ t1/2
b
ei(Eb tb −Ea ta )/h̄ [(pb tb |pa ta )−hpb |pa i] .
(1.398)
This treatment of a δ-function is certainly not satisfactory. In order to proceed
with more care, we take recourse to a small operator calculation. We rewrite the
limit (1.374) with the help of the time evolution operator (2.5) as follows:
hpb |Ŝ|pa i ≡
=
23
lim
ei(Eb tb −Ea ta )/h̄ (pb tb |pa ta )
lim
hpb |ÛI (tb , ta )|pa i.
tb −ta →∞
tb ,−ta →∞
(1.399)
See for example the textbook by L.D. Landau and E.M. Lifshitz, Quantum Mechanics,
Pergamon Press London, 1965.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
61
1.11 Scattering
where we have introduced the time evolution operator in the so-called interaction
picture
ÛI (tb , ta ) ≡ eiH0 tb /h̄ e−iHtb /h̄ eiHta /h̄ e−iH0 ta /h̄
(1.400)
The operator ÛI (tb , ta ) satisfies the same composition law (1.322) as the ordinary
time evolution operator:
ÛI (t, ta ) = ÛI (t, tb )ÛI (tb , ta ).
(1.401)
e−iHt/h̄ ÛI (0, ta ) = ÛI (0, ta − t)e−iH0 t/h̄ ,
(1.402)
Now we observe that
so that in the limit ta → −∞
e−iHt/h̄ ÛI (0, ta ) → ÛI (0, ta )e−iH0 t/h̄ ,
(1.403)
and therefore
lim
tb ,−ta →∞
ÛI (tb , ta ) = lim eiH0 tb /h̄ e−iHtb /h̄ ÛI (0, ta ) = lim eiH0 tb /h̄ ÛI (0, ta )e−iH0 tb /h̄,
tb ,−ta →∞
tb ,−ta →∞
(1.404)
which allows us to rewrite (1.399) as
hpb |Ŝ|pa i ≡
lim
tb ,−ta →∞
ei(Eb −Ea )tb /h̄ hpb |ÛI (0, ta )|pa i.
(1.405)
The operator ÛI (tb , ta ) satisfies the equation of motion
ih̄∂tb ÛI (tb , ta ) = VI (tb )ÛI (tb , ta ),
where
V̂I (t) ≡ eiH0 t/h̄ V̂ e−iH0 t/h̄
(1.406)
(1.407)
is the potential in the interaction picture. This equation of motion can be turned
into an integral equation
i
ÛI (tb , ta ) = 1 −
h̄
Z
t
dtVI (t)ÛI (t, ta ).
(1.408)
dteiĤ0 t/h̄ V (t)e−iĤt/h̄ ÛI (tb , ta ).
(1.409)
−∞
Using the property (1.401), this becomes
i
ÛI (tb , ta ) = 1 −
h̄
Z
t
−∞
Inserting this equation between free-particle states hpb | and |pb i, and using
Eq. (1.402) we obtain at tb = 0
i
hpb |ÛI (0, ta )|pb i = hpb |pb i −
h̄
Z
t
−∞
dtei(Eb −Ea −iη)t/h̄ hpb |V (t)ÛI (0, ta )|pb i. (1.410)
62
1 Grundlagen
A small damping factor eηt/h̄ was inserted to ensure convergence at t = −∞. For a
time-independent potential, the integral be done yielding
hpb |ÛI (0, ta )|pb i = hpb |pb i −
1
hp |V Û (0, ta )|pb i.
Eb − Ea − iη b I I
(1.411)
This is the famous Lippmann-Schwinger equation. Inserting this into (1.405), we
obtain the equation for the scattering matrix
"
#
1
hpb |Ŝ|pa i = lim e
hpb |pa i −
hp |V̂ ÛI (0, ta )|pb i .
tb ,−ta →∞
Eb − Ea − iη b
(1.412)
The first term in brackets is nonzero only if the momenta pa and pb are equal, in
which case also the energies are equal, Eb = Ea , so that the the prefactor can be
set equal to one. In front of the second term, the prefactor oscillates rapidly as the
time tb grows large, making any finite function of Eb vanish, as a consequence of the
Riemann-Lebesgue lemma. The second term contains, however, a pole at Eb = Ea
for which the limit has to be done more carefully. Consider therefore
i(Eb −Ea )tb
ei(Eb −Ea )tb /h̄
lim
=
tb →∞ E − E − iη
b
a
(
0,
i/η,
Eb =
6 Ea ,
Eb = Ea .
(1.413)
It is easy to see that such a property defines a δ-function in the energy:
ei(Eb −Ea )tb
= 2πiδ(Eb − Ea ).
tb →∞ E − E − iη
b
a
lim
(1.414)
Indeed, if we integrate the left-hand side over a smooth function f (Eb ) and set
Eb ≡ Ea + ξ/tb .
(1.415)
Then the Eb -integral can be rewritten as
Z
∞
−∞
dξ
eiξ
f (Ea + ξ/ta ) .
ξ + iη
(1.416)
In the limit of large ta , the function f (Ea ) can be taken out of the integral and the
contour of integration can then be closed in the upper half of the complex energy
plane, yielding 2πi. Thus we obtain from (1.412) the formula (1.377), with the Rmatrix
1
(1.417)
hpb |R̂|pa i = hpb |V ÛI (0, ta )|pb i.
h̄
For a small potential V , we approximate n ÛI (0, ta ) ≈ 1, and find the Born
approximation (1.392).
With the help of he explict operator expression (1.399) for ÛI (0, ta ) we see that
the S-matrix (1.405) is given by the formula
hpb |Ŝ|pa i = lim ei(Eb −Ea )tb /h̄ hpb |Û(0, ta )|pa ie−iEa ta /h̄ .
ta →−∞
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.418)
63
1.11 Scattering
Note that in contrast to (1.374), the time evolution of the initial state goes now
only over the negative time axis rather than the full one. It is useful to analyze the
behavior of interacting the state ÛI (0, ta )|pa i in x-space. From Eq. (1.403), we see
that it is an eigenstate of the full Hamilton operator Ĥ with the initial energy Ea .
Multiplying this state by hx| from the left, and inserting a complete set of momentum
eigenstates, we calculate
hx|ÛI (0, ta )|pa i =
Z
d3 p
hx|pihp|ÛI (0, ta )|pa i =
(2πh̄)3
Z
d3 p
hx|pihp|ÛI (0, ta )|pa i.
(2πh̄)3
Using Eq. (1.411), this becomes
hx|ÛI (0, ta )|pa i = hx|pa i +
Z
Z
3 ′
dx
′
d 3 pb
eipb (x−x )/h̄
V (x′ )hx′ |ÛI (0, ta )|pa i.
(2πh̄)3 Ea −p2b /2M +iη
(1.419)
The function
(x|x′ )Ea =
Z
ih̄
d3 pb ipb (x−x′ )/h̄
3e
2
(2πh̄)
Ea − p /2M + iη
(1.420)
is recognized as the the fixed-energy amplitude (1.362) of the free particle. In three
dimensions it reads [see (1.372)]
′
′
(x|x )Ea
2M eipa |x−x |/h̄
i
=−
,
h̄ 4π|x − x′ |
pa =
q
2MEa .
(1.421)
In order to find the scattering amplitude, we consider the wave function (1.419) far
away from the scattering center, i.e., to large |x|. Under the assumption that V (x′ )
is nonzero only for small x′ , we approximate |x − x′ | ≈ r − x̂x′ , where x̂ is the unit
vector in the direction of x, and (1.419) becomes
hx|ÛI (0, ta )|pa i ≈ eipa x/h̄ −
eipa r
4πr
Z
d4 x′ e−ipa x̂x
′
2M
′
′
2 V (x )hx |ÛI (0, ta )|pa i.
h̄
(1.422)
In the limit ta → −∞, the factor multiplying the spherical wave factor eipa r/h̄ /r
is the scattering amplitude f (x̂)pa , whose absolute square gives the cross section.
For scattering to a final momentum pb , the outgoing particles are detected far away
from the scattering center in the direction x̂ = p̂b . Because of energy conservation,
we may set pa x̂ = pb and obtain the formula
fpb pa
M
= lim −
ta →−∞
2πh̄2
Z
d4 xb e−ipb xb V (xb )hxb |ÛI (0, ta )|pa i.
(1.423)
By studying the interacting state ÛI (0, ta )|pa i in x-space, we have avoided the
singular δ-function of energy conservation.
64
1 Grundlagen
The important observation is now, that in the limit ta → −∞, the amplitude
hxb |ÛI (0, ta )|pa i can be obtained from the time evolution amplitude (xb tb |xa ta ) as
follows:
hxb |ÛI (0, ta )|pa i = hxb |Û (0, ta )|pa ie−iEa ta /h̄
=
lim
ta →−∞
−2πih̄ta
M
!3/2
(1.424)
2
(xb tb |xa ta )ei(pa xa −pa ta /2M )/h̄ This follows directly from the Fourier transformation
−iEa ta /h̄
hxb |Û(0, ta )|pa ie
=
Z
2
d3 xa (xb tb |xa ta )ei(pa xa −pa ta /2M )/h̄ ,
xa =pa ta /M
.
(1.425)
by substituting the dummy integration variable xa by pta /M. Then the right-hand
side becomes
2
−ta 3 Z 3
d p (xb 0|pta ta )ei(pa p−pa )ta /2M h̄ .
(1.426)
M
Now, for large −ta , the momentum integration is squeezed to p = pa , and we obtain
(1.424). The appropriate limiting formula for the δ-function
(−t )D/2
i ta
δ (D) (pb − pa ) = lim √ a
exp −
(pb − pa )2
D
ta →−∞
h̄
2M
2πih̄M
(1.427)
is easily obtained from Eq. (1.360) by an obvious substitution of variables. The
exponential on the right-hand side can just as well be multipled by a factor
2
2 2
2
ei(pb −pa ) /2M h̄ , so that it becomes e−i(pa p−pa )ta /2M h̄ , leading to the δ-function used in
2
deriving (1.424) from the Fourier integral (1.426). The phase factor ei(pa xa −pa ta /2M )/h̄
on the right-hand side of Eq. (1.424) which is unity in the limit is left for later
convenience in Eq. ??.
Formula (1.424) is areliable starting point for extracting the scattering amplitude
fpb pa from the time evolution amplitude in x-space (xb 0|xa ta ) at xa = pa ta /M by
isolating the coefficient of eipa r/h̄ /r.
As a cross check we insert the free-paricle amplitude (1.359) into (1.424) and
obtain ihe free undistrubed wave function eipa x , which is the correct first term in
(1.419) associated with unscattered particles.
1.12
Heisenbergbild
Der unitäre Zeitentwicklungsoperator Û(t, ta ) ermöglicht eine oft benutzte
Umformulierung der Schrödingerschen Quantenmechanik. Die neue Formulierung
heißt Heisenbergbild und zeichnet sich durch eine enge formale Verwandtschaft
mit der klassischen Mechanik aus. Heisenberg postulierte, daß der Übergang von
der klassischen zur Quantenmechanik in einem einfachen Ersetzen der kanonischen
Variablen im Phasenraum pi (t), qi (t) durch Matrizen besteht. Diese Matrizen nannte
er pH (t), qH (t). Das Heisenbergsche Postulat kann nur solange richtig sein, wie die
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
65
1.12 Heisenbergbild
kanonischen Quantisierungsregeln gelten. Wenn wir also q schreiben, beschränken
wir uns immer auf kartesische Koordinaten. Um dies zu verdeutlichen, verwenden wir
lieber x für den Ortsoperator und bezeichnen die entsprechende Heisenbergmatrix
mit xH (t).
Die Heisenbergmatrizen gehorchen formal denselben Gleichungen wie die
klassischen Größen, wenn man beim Übergang zur Quantenmechanik nur alle
Poisson-Klammern durch das Produkt von i/h̄ mit dem Matrizenkommutator
ersetzt. Folglich gehen die Poisson-Klammern (1.24) über in die kanonischen
Vertauschungsregeln für die Heisenbergmatrizen bei gleicher Zeit:
[pH (t), xH (t)] = −ih̄,
[pH (t), pH (t)] = 0,
(1.428)
[xH (t), xH (t)] = 0.
Die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen (1.23) werden zu den Heisenbergschen
Gleichungen
i
ṗH (t) =
[H , p (t)] ,
h̄ H H
(1.429)
i
ẋH (t) =
[H , x (t)] ,
h̄ H H
wobei
HH ≡ H (pH (t), xH (t), t)
(1.430)
der Hamiltonoperator im Heisenbergbild ist. Auch die Bewegungsgleichung für
observable Funktionen O(pi (t), xi (t), t), die wir in (1.19) hergeleitet haben, geht
über in eine Matrizenkommutatorgleichung für die Heisenbergobservablen
OH ≡ O(pH (t), xH (t), t).
(1.431)
Sie lautet:
d
i
∂
OH = [HH , OH ] + OH .
(1.432)
dt
h̄
∂t
Diese Regeln bezeichnet man als das Heisenbergsche Korrespondenzprinzip.
Den Zusammenhang zwischen Schrödingerbild und Heisenbergbild stellt der
Zeitentwicklungsoperator her. Es sei Ô irgendeine Observable in Schrödingers
Beschreibung:
Ô(t) ≡ O(p̂, x̂, t).
(1.433)
Wenn |Ψ(t)i ein beliebiger Satz von Basisfunktionen ist, die allesamt Lösungen der
Schrödingergleichung sind, dann kann der Operator durch Angabe seiner Matrixelemente vollständig beschrieben werden:
Oab (t) ≡ hΨa (t)|Ô(t)|Ψb (t)i.
(1.434)
Wir können jetzt den unitären Operator Û (t, ta ) benutzen, um zu einer neuen
zeitunabhängigen Basis |Ψa i überzugehen, die definiert ist durch
|Ψa (t)i ≡ Û (t, ta )|Ψa i,
(1.435)
66
1 Grundlagen
wobei ta eine beliebige aber feste Anfangszeit ist. Die Schrödingeroperatoren
der kanonischen Koordinaten p̂ und x̂ gehen folgendermaßen in zeitabhängige
Heisenbergoperatoren p̂H (t) und x̂H (t) über
p̂H (t) ≡ Û −1 (t, ta ) p̂ Û (t, ta ),
x̂H (t) ≡ Û −1 (t, ta ) x̂ Û (t, ta ).
(1.436)
Die Operatoren p̂H (t) und x̂H (t) stimmen mit p̂ bzw. x̂ zu diesem Zeitpunkt
überein. Ebenso können wir beliebige Observablen Ô(t) in entsprechende
Heisenbergoperatoren umtransformieren:
ÔH (t) ≡ Û −1 (t, ta )O(p̂, x̂, t)Û (t, ta )
≡ O (p̂H (t), x̂H (t), t) .
(1.437)
Die Heisenbergmatrizen OH (t) erhält man nun aus den Heisenbergoperatoren
ÔH (t), indem man ihre Matrixelemente bezüglich einer geeigneten Basis aus
zeitunabhängigen Vektoren |Ψa i bildet. Die Matrixelemente von OH (t) sind gegeben
durch
OH (t)ab ≡ hΨa |ÔH (t)|Ψb i.
(1.438)
Man beachte, daß die Zeitabhängigkeit dieser Matrixelemente allein auf die
Zeitabhängigkeit der Operatoren zurückzuführen ist:
d
d
(1.439)
OH (t)ab ≡ hΨa | ÔH (t)|Ψb i.
dt
dt
Das ist anders als in der Schrödingerdarstellung (1.434), wo die rechte Seite
aufgrund der Zeitabhängigkeit der Wellenfunktionen zwei weitere Terme enthalten
würde. Da diese Terme in (1.439) aber nicht vorhanden sind, ist es möglich,
die Bewegungsgleichungen der Heisenbergmatrizen unabhängig von der Basis
zu untersuchen, indem man die Heisenbergoperatoren selbst und nicht ihre
Komponenten bezüglich einer Basis betrachtet.
Es ist leicht nachprüfbar, daß sie in der Tat die Regeln des Heisenbergschen
Korrespondenzprinzips erfüllen. Man betrachte die Zeitableitung einer beliebigen
Observablen ÔH (t):
d
Ô (t) =
dt H
!
d −1
Û (t, ta ) Ô(t)Û (t, ta )
dt
!
!
d
∂
−1
−1
Ô(t) Û(t, ta ) + Û (t, ta )Ô(t)
Û (t, ta ) ,
+Û (t, ta )
∂t
dt
die man folgendermaßen umschreiben kann:
"
!
#
d −1
Û (t, ta ) Û (t, ta ) Û −1 (t, ta )Ô(t)Û (t, ta )
dt
h
i
d
+ Û −1 (t, ta )Ô(t)Û (t, ta ) Û −1 (t, ta ) Û (t, ta )
dt
!
∂
+Û −1 (t, ta )
Ô(t) Û(t, ta ).
∂t
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
(1.440)
67
1.13 Klassische Statistik und Quantenstatistik
Mit (1.333) wird dies zu
!
i
d
∂
i h −1
ÔH (t) =
Ô(t) Û .
Û Ĥ Û, ÔH + Û −1
dt
h̄
∂t
(1.441)
Wenn wir hier (1.437) einsetzen, finden wir die Bewegungsgleichung
i
ih
∂
d
ÔH (t) =
Ô
ĤH , ÔH (t) +
dt
h̄
∂t
!
(t).
(1.442)
H
Indem wir ihre Matrixelemente bezüglich einer zeitunabhängigen Basis |Ψa i des
Hilbertraums bilden, erhalten wir dieselbe Gleichung für die Matrizen. Sie heißt
dann Heisenbergsche Bewegungsgleichung. Für die Phasenraumvariablen pi (t), xi (t)
stimmen diese Gleichungen natürlich mit den Hamiltonschen Bewegungsgleichungen
(1.16) überein.
Wir haben also gezeigt, daß Heisenbergs Matrixmechanik völlig äquivalent zur
Schrödingertheorie ist, und daß die Heisenbergmatrizen der Form nach denselben
Hamilton-Gleichungen gehorchen wie klassische Observablen.
1.13
Klassische Statistik
und Quantenstatistik
Man betrachte ein physikalisches System mit fester Teilchenzahl und ohne explizite
Zeitabhängigkeit im Hamiltonoperator. Wenn man es mit einem thermischen
Reservoir der Temperatur T in Kontakt bringt, können seine thermodynamischen
Eigenschaften mit Hilfe der folgenden Regeln ermittelt werden: Auf der Ebene der
klassischen Mechanik ist für jedes Volumenelement des Phasenraums
dp dq
dp dq
=
h
2πh̄
(1.443)
die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Systems proportional zum Boltzmannfaktor
e−H(p,q)/kB T ,
(1.444)
wobei kB die Boltzmannkonstante ist:
kB = 1, 3806221(59) × 10−16 erg/Kelvin.
(1.445)
Die Zahl in Klammern gibt die Meßunsicherheit in den beiden letzten Ziffern an.
Die Größe 1/kB T , welche die Dimension einer inversen Energie hat, wird gewöhnlich
mit β bezeichnet. Wenn wir den Faktor kB außer acht lassen, können wir β auch
kurz als inverse Temperatur bezeichnen. Entsprechend geben wir meistens auch
Temperaturwerte in Energieeinheiten kB · Kelvin und nicht in Kelvin an. Dann
können wir die Boltzmannkonstante in allen Formeln weglassen.
68
1 Grundlagen
Das Integral über die Boltzmannfaktoren aller Phasenraumelemente24
Zkl (T ) ≡
Z
dp dq −H(p,q)/kB T
e
2πh̄
(1.446)
heißt klassische Zustandsfunktion. Diese Funktion enthält die gesamte
thermodynamische Information, die die klassische
Physik über ein System liefern
Z
kann. Natürlich steht das Integrationssymbol dp dq/2πh̄ im Falle eines Systems
YZ
mit vielen Freiheitsgraden für das Produkt
n
dpn dqn /2πh̄.
In der Quantenstatistik wird die Hamiltonfunktion durch den Operator Ĥ ersetzt
und das Integral über den Phasenraum durch die Spur im Hilbertraum. Das führt
zur quantenstatistischen Zustandssumme
−H(p̂,x̂)/kB T
Z(T ) ≡ Tr e
−Ĥ/kB T
≡ Tr e
,
(1.447)
wobei Tr Ô die Spur des Operators Ô bezeichnet. Wir haben für die
kartesischen Ortsoperatoren x̂ und nicht q̂ geschrieben, da das System nur
in kartesischen Koordinaten eine problemlose kanonische Quantisierung erlaubt.
Im Fall des Kreisels gilt die Spurformel auch, allerdings müssen als Basis des
Hilbertraums die Eigenzustände des Drehimpulsoperators verwendet werden. Für
allgemeinere Lagrangesysteme geben wir in den Kapiteln 8 und 8 eine neue
Quantisierungsvorschrift an.
An diesem Punkt ist folgende wichtige Beobachtung angebracht: Die
Quantenzustandssumme steht in einem sehr einfachen Zusammenhang mit dem
quantenmechanischen Zeitentwicklungsoperator. Um diesen Zusammenhang zu
betonen, definieren wir die Spur dieses Operators als die quantenmechanische
Zustandssumme:
ZQM (tb , ta ) ≡ Tr Û (tb , ta ) = Tr e−i(tb −ta )Ĥ/h̄ .
(1.448)
Offensichtlich erhält man die quantenstatistische Zustandssumme Z(T ) aus der
quantenmechanischen durch analytische Fortsetzung des Arguments tb − ta zu
negativen imaginären Werten:
tb − ta = −
ih̄
≡ −ih̄β.
kB T
(1.449)
Aus diesem einfachen Grund reicht es aus, die Spur des Zeitentwicklungsoperators
zu verstehen, um alle thermodynamischen Gleichgewichtseigenschaften beschreiben
zu können.
Es ist bei der Untersuchung von einigen Vielkörpersystemen ratsam, von
einem Gleichgewicht mit einem Teilchenreservoir auszugehen, das ein bestimmtes
24
Da wir immer bei festem Raumvolumen arbeiten, unterdrücken wir das sonst in der
Thermodynamik übliche Argument V im folgenden.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
69
1.13 Klassische Statistik und Quantenstatistik
chemisches Potential µ festlegt und durch die großkanonische quantenstatistische
Zustandssumme
−(Ĥ−µN̂ )/kB T
(1.450)
ZG (T, µ) = Tr e
beschrieben wird. Hierbei ist N̂ der Operator, der die Teilchenzahl eines Zustandes
mißt. Die Operatordifferenz im Exponentialausdruck
ĤG = Ĥ − µN̂
(1.451)
wird großkanonischer Hamiltonoperator genannt.
Ausgehend von der Zustandssumme definieren wir die freie Energie
F (T ) = −kB T log Z(T )
(1.452)
und ihre großkanonische Variante
FG (T, µ) = −kB T log ZG (T, µ).
(1.453)
Die mittlere Energie oder innere Energie wird definiert durch
E = Tr Ĥe−Ĥ/kB T
.
Tr e−Ĥ/kB T .
(1.454)
Man kann sie aus der Zustandssumme Z(T ) erhalten, indem man die Ableitung nach
der Temperatur bildet:
E = Z −1 kB T 2
∂
∂
Z(T ) = kB T 2
log Z(T ).
∂T
∂T
(1.455)
Ausgedrückt mit Hilfe der freien Energie wird dies zu
E = −T
∂
F (T ) + F (T ).
∂T
(1.456)
Für ein großkanonisches Ensemble können wir die mittlere Teilchenzahl einführen
als
.
−(Ĥ−µN̂ )/kB T
−(Ĥ−µN̂ )/kB T
.
(1.457)
Tr e
N = Tr N̂ e
Aus der großkanonischen Zustandssumme kann man diese Größe folgendermaßen
ableiten:
∂
N = ZG −1 (T, µ)kB T ZG (T, µ),
(1.458)
∂µ
oder auch, indem man die großkanonische freie Energie benutzt:
N =−
∂
F (T, µ).
∂µ G
(1.459)
Die mittlere Energie in einem großkanonischen System
−(Ĥ−µN̂ )/kB T
E = Tr Ĥe
.
−(Ĥ−µN̂ )/kB T
Tr e
(1.460)
70
1 Grundlagen
erhält man in Analogie zu (1.455) und (1.456) aus der Ableitung
E − µN = ZG −1 (T, µ)kB T 2
∂
Z (T, µ)
∂T G
(1.461)
∂
F (T, µ) + FG (T, µ).
= −T
∂T G
In thermodynamischen Untersuchungen gibt es eine Größe von besonders
fundamentaler Bedeutung, die Entropie. Bevor wir sie definieren, wollen wir einige
Vorüberlegungen anstellen. Berechnen wir einmal die Zustandssumme
−Ĥ/kB T
Z(T ) = Tr e
(1.462)
unter Benutzung der Eigenzustände |ni des Hamiltonoperators, d.h.
Z(T ) =
X
e−En /kB T .
(1.463)
n
Wir können die Summe auch als Integral schreiben,
Z(T ) =
Z
dε ρ(ε)e−ε/kB T ,
(1.464)
wobei
ρ(ε) =
X
δ(ε − En )
n
(1.465)
die Zustandsdichte im Energieintervall ε ∈ (E, E + dE) ist. Diese kann übrigens
auch als Operatorspur geschrieben werden:
ρ(ε) = Tr δ(ε − Ĥ).
Das Integral
N(E) =
Z
0
E
dε ρ(ε)
(1.466)
(1.467)
gibt die Anzahl der Zustände mit Energien kleiner als E an. Für sehr große
Teilchenzahlen ist die Dichte eine steil ansteigende Funktion der Energie. Für ein
System mit N freien Teilchen z.B. lautet die Formel für die Anzahl der Zustände
mit Energien kleiner als E
N(E) =
X
pi
Θ(E −
N
X
p2i /2M),
(1.468)
i=1
wobei jeder der Teilchenimpulse pi über alle diskreten Impulse pm in (1.169) läuft,
die ein einzelnes Teilchen in einem endlichen Kasten mit Volumen V = L3 annehmen
kann. Für große V wird die Summe zu einem Integral, und es gilt25
N(E) = V
N
"
N Z
Y
i=1
25
N
X
d 3 pi
p2i /2M).
Θ(E
−
3
(2πh̄)
i=1
#
(1.469)
Es sei jedoch an die wichtige Ausnahme des Bose-Einstein-Kondensats erinnert, auf die bereits
in der Fußnote zu (1.174) hingewiesen wurde.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
71
1.13 Klassische Statistik und Quantenstatistik
h
Die Anzahl N(E) ist also gleich dem Produkt von V /(2πh̄)3
√
Ω3N einer 3N-dimensionalen Kugel mit Radius 2ME:26
N(E) =
"
V
(2πh̄)3
#N
Ω3N
≡
"
V
(2πh̄)3
#N
(2πME)3N/2
.
Γ( 23 N + 1)
iN
mit dem Volumen
(1.470)
Daher ist die Dichte ρ = ∂N /∂E
"
V
ρ(E) =
(2πh̄)3
#N
2πM
(2πME)3N/2−1
.
Γ( 23 N)
(1.471)
Sie wächst mit einer großen Potenz E 3N/2−1 der Energie. Dennoch konvergiert das
Integral für die Zustandssumme (1.464), und das ist natürlich auf den exponentiellen
Abfall des Boltzmannfaktors e−E/kB T zurückzuführen. Wenn die Funktionen ρ(ε)
und e−ε/kB T miteinander multipliziert werden, ist das Resultat eine Funktion mit
einem sehr scharfen Maximum bei der mittleren Energie E des Systems, deren
Lage von der Temperatur T abhängt. Für ein System aus N freien Teilchen gilt
beispielsweise
ρ(ε)e−ε/kB T ∝ e(3N /2−1) log ε−ε/kB T .
(1.472)
Diese Funktion hat ein scharfes Maximum bei
ε = E(T ) = kB T
3N
3N
− 1 ≈ kB T
.
2
2
(1.473)
Die Breite des Maximums findet man durch Entwicklung von (1.472) in δε ≡ ε −
E(T ):
(
)
3N
3N
E(T )
1
2
exp
log E(T ) −
−
(δε) + · · · .
(1.474)
2
kB T
2E 2 (T ) 2
√
Wenn δε die Größenordnung E(T )/ N erreicht, sinkt die Exponentialfunktion auf
die Hälfte
Die Breite ist also
√ des bei E(T ) ≈ kB T 3N/2 liegenden Maximalwerts.
√
E(T )/ N und hat damit die relative Ordnung 1/ N , d.h. das Maximum ist für
große N sehr scharf. Die Funktion kann also in sehr guter Näherung durch eine
Diracsche δ-Funktion ersetzt werden:
ρ(ε)e−ε/kB T ≈ δ(ε − E(T ))N(T )e−E(T )/kB T .
(1.475)
Die Größe N(T ) mißt die Gesamtzahl der Zustände, über die das System bei der
Temperatur T verteilt ist.
26
Die Oberfläche einer Kugel in D Dimensionen ist SD = 2π D/2 RD−1 /Γ(D/2), also ist das
Volumen ΩD = SD RD /D.
72
1 Grundlagen
Die Entropie S(T ) kann jetzt mit Hilfe von N(T ) definiert werden:
N(T ) = eS(T )/kB .
(1.476)
Wenn wir (1.475) mit (1.476) in (1.464) einsetzen, entsteht im Grenzwert großer N:
Z(T ) = e−[E(T )−T S(T )]/kB T .
(1.477)
Die freie Energie kann daher mittels (1.452) ausgedrückt werden:
F (T ) = E(T ) − T S(T ).
(1.478)
Ein Vergleich mit (1.456) zeigt, daß sich die Entropie direkt aus der freien Energie
ergibt als
∂
S(T ) = − F (T ).
(1.479)
∂T
Für großkanonische Ensembles studiert man die Zustandssumme
ZG (T, µ) =
Z
dε dn ρ(ε, n)e−(ε−µn)/kB T ,
(1.480)
wobei jetzt der Ausdruck
ρ(ε, n)e−(ε−µn)/kB T
(1.481)
ein scharfes Maximum bei ε = E(T, µ), n = N(T, µ) besitzt und näherungsweise
geschrieben werden kann als
ρ(ε, n)e−(ε−µn)/kB T ≈ δ (ε − E(T, µ)) δ (n − N(T, µ))
×eS(T,µ)/kB e−[E(T,µ)−µN (T,µ)]/kB T .
(1.482)
Setzen wir dies wieder in (1.480) ein, so finden wir für große N
ZG (T, µ) = e−[E(T,µ)−µN (T,µ)−T S(T,µ)]/kB T .
(1.483)
Für die großkanonische freie Energie (1.453) folgt daraus der Zusammenhang
FG (T, µ) = E(T, µ) − µN(T, µ) − T S(T, µ).
(1.484)
Ein Vergleich mit (1.461) zeigt, daß man die Entropie direkt aus der Ableitung der
großkanonischen freien Energie
S(T, µ) = −
bestimmen kann.
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
∂
F (T, µ)
∂T G
(1.485)
Appendix 1A Asymmetrischer Kreisel
Appendix 1A
73
Asymmetrischer Kreisel
Die Lagrangefunktion des asymmetrischen Kreisels mit drei verschiedenen
Trägheitsmomenten
1
L = [Iξ ωξ 2 + Iη ωη 2 + Iζ ωζ 2 ]
(1A.1)
2
hat anstelle von (1.291) die Metrik
g11 = Iξ sin2 β + Iζ cos2 β − (Iξ − Iη ) sin2 β sin2 γ,
g21 = −(Iξ − Iη ) sin β sin γ cos γ,
g31 = Iζ cos β,
g22 = Iη + (Iξ − Iη ) sin2 γ,
g32 = 0,
g33 = Iζ .
Ihre Determinante ist
g = Iξ Iη Iζ sin2 β,
(1A.2)
(1A.3)
und die inverse Metrik hat die Komponenten
g 11 =
g 21 =
g 31 =
g 22 =
g 32 =
g 33 =
1
{Iη + (Iξ − Iη ) sin2 γ}Iζ ,
g
1
sin β sin γ cos γ(Iξ − Iη )Iζ ,
g
1
{cos β[− sin2 γ(Iξ − Iη ) − Iη ]}Iζ ,
g
1
{sin2 β[Iξ − sin2 γ(Iξ − Iη )]}Iζ ,
g
1
{sin β cos β sin γ cos γ(Iη − Iξ )}Iζ ,
g
1
{sin2 βIξ Iη + cos2 βIη Iζ + cos2 β sin2 γ (Iξ − Iη )Iζ }.
g
(1A.4)
Damit können wir die Komponenten des affinen Zusammenhanges Γµν λ berechnen,
der hier mit dem Riemannschen Zusammenhang, dem Christoffel-Symbol,
übereinstimmt [siehe Gl. (1.10.7) zur Berechnung aus der Metrik]. In vorliegenden
νλ
Raum ohne Torsion ist Γνλ
µ = Γ̄µ ]. Wir finden
Γ̄11 1 = [cos β cos γ sin γ(Iη2 − Iη Iζ − Iξ2 + Iξ Iζ )]/Iξ Iη ,
Γ̄21 1 = {cos β[sin2 γ(Iξ2 − Iη2 − (Iξ − Iη )Iζ )
+Iη (Iξ + Iη − Iζ )]}/2 sin βIξ Iη ,
Γ̄31 1 = {cos γ sin γ[Iη2 − Iξ2 + (Iξ − Iη )Iζ ]}/2Iξ Iη ,
Γ̄22 1 = 0,
74
1 Grundlagen
Γ̄32 1 = [sin2 γ(Iξ2 − Iη2 − (Iξ − Iη )Iζ ) − Iη (Iξ − Iη + Iζ )]/2 sin βIξ Iη ,
Γ̄33 1 = 0,
Γ̄11 2 = {cos β sin β[sin2 γ(Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη )) − Iξ (Iξ − Iζ )]}/Iξ Iη ,
Γ̄21 2 = {cos β cos γ sin γ[Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη )]}/2Iξ Iη ,
Γ̄31 2 = {sin β[sin2 γ(Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη )) − Iξ (Iξ − Iη − Iζ )]}/2Iξ Iη ,
Γ̄22 2 = 0,
Γ̄32 2 = [cos γ sin γ(Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη ))]/2Iξ Iη ,
Γ̄33 2 = 0,
Γ̄11 3 = {cos γ sin γ[sin2 β(Iξ Iη (Iξ − Iη ) − Iζ (Iξ2 − Iη2 ) + Iζ2 (Iξ − Iη ))
+(Iξ2 − Iη2 )Iζ − Iζ2 (Iξ − Iη )]}/Iξ Iη Iζ ,
Γ̄21 3 = {sin2 β[sin2 γ(2Iξ Iη (Iη − Iξ ) + Iζ (Iξ2 − Iη2 ) − Iζ2 (Iξ − Iη ))
+Iξ Iη (Iξ − Iη ) + Iη Iζ (Iη − Iζ )] − sin2 γ((Iξ2 − Iη2 )Iζ − Iζ2 (Iξ − Iη ))
−Iη Iζ (Iξ + Iη − Iζ )}/2 sin βIξ Iη Iζ ,
Γ̄31 3 = [cos β cos γ sin γ(Iξ2 − Iη2 − Iζ (Iξ − Iη ))]/2Iξ Iη ,
Γ̄22 3 = cos γ sin γ(Iη − Iξ )/Iζ ,
Γ̄32 3 = {cos β[sin2 γ(Iη2 − Iξ2 + (Iξ − Iη )Iζ ) + Iη (Iξ − Iη + Iζ )]}/2 sin βIη Iξ ,
Γ̄33 3 = 0.
(1A.5)
Nun berechnen wir den Ricci-Tensor, der später in (10.37) eingeführt wird:
R̄11 = {sin2 β[sin2 γ(Iη3 − Iξ3 − (Iξ Iη − Iζ2 )(Iξ − Iη ))
+((Iξ + Iζ )2 − Iη2 )(Iξ − Iζ )] + Iζ3 − Iζ (Iξ − Iη )2 }/2Iξ Iη Iζ ,
R̄21 = {sin β sin γ cos γ[Iη3 − Iξ3 + (Iξ Iη − Iζ2 )(Iη − Iξ )]}/2Iξ Iη Iζ ,
R̄31 = −{cos β[(Iξ − Iη )2 − Iζ2 ]}/2Iξ Iη ,
R̄22 = {sin2 γ[Iξ3 − Iη3 + (Iξ Iη − Iζ2 )(Iξ − Iη )] + Iη3 − (Iξ − Iζ )2 Iη }/2Iξ Iη Iζ ,
R̄32 = 0,
R̄33 = −[(Iξ − Iη )2 − Iζ2 ]/2Iξ Iη .
(1A.6)
Eine Kontraktion mit g µν gibt den Krümmungsskalar
R = [2(Iξ Iη + Iη Iζ + Iζ Iξ ) − Iξ2 − Iη2 − Iζ2 ]/2Iξ Iη Iζ .
(1A.7)
Literaturhinweise
I. Newton, Mathematische Prinzipien der Naturlehre, Wiss. Buchgesellschaft,
Darmstadt, 1963,
H. Kleinert, PATH INTEGRALS
Literaturhinweise
75
J.L. Lagrange, Analytische Mechanik , Springer, Berlin, 1887,
G. Hamel, Theoretische Mechanik , Springer, Berlin, 1949,
H. Goldstein, Klassische Mechanik , Akad. Verlagsgesellschaft, Frankfurt, 1963,
W. Weizel, Lehrbuch der Theoretischen Physik , Springer, Berlin, 1963,
R. Abraham and J.E. Marsden, Foundations of Mechanics, Benjamin, New York,
1967,
C.L. Siegel and J.K. Moser, Lectures on Celestial Mechanics, Springer, Berlin, 1971,
A. Sommerfeld, Mechanik , Harri Deutsch, Frankfurt, 1977,
L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Mechanik , Akademie-Verlag, Berlin, 1990,
P.A.M. Dirac, The Principles of Quantum Mechanics, Clarendon, Oxford, 1958,
L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Quantenmechanik , Akademie-Verlag, Berlin, 1990,
L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Statistische Physik , Teil 1, Akademie-Verlag,
Berlin, 1991,
E.M. Lifschitz und L.P. Pitaevski, Statistische Physik , Teil 2, Akademie-Verlag,
Berlin, 1992.
Herunterladen