Gesteinswelt Wielfresen

Werbung
Gesteinswelt Wielfresen
Gesteine zum Angreifen….
Mit der Errichtung eines neuen Gemeindezentrums im Jahre 2009 und der damit verbundenen Planung
eines Ortsplatzes beschloss die Gemeinde Wielfresen die im Gemeindegebiet vorkommenden Gesteine in
die Gestaltung miteinzubeziehen. Am 23. August 2014 wurde der neue Ortsplatz feierlich eingeweiht und
damit auch die Gesteinswelt Wielfresen der Öffentlichkeit vorgestellt. Die zwanzig, bis einige Tonnen
schweren Gesteins-Blöcke und Platten wurden zum überwiegenden Teil geschnitten und die Flächen
anpoliert, damit die Gesteine ihr „Innenleben“ besser zur Geltung bringen können. Diese Art der
Präsentation hat sich bereits bei der Gestaltung des Geopark Glashütten in der Gemeinde Gressenberg
bestens bewährt. Nach der Errichtung des in Unterfresen befindlichen Geosteig Hohl-Felsen 2007/2008 des wohl schönsten Eklogitvorkommens Österreichs -, ist nun auch die Gesteinswelt Wielfresen als
vorläufig letztes Glied im Netzwerk des touristisch-erdwissenschaftlich interessanten Koralm Kristall Trail
eingebunden worden. Die Gesteine wurden nach ihrem Vorkommen zu Gruppen zusammengestellt, wie
z.B. die Eklogitblöcke vom Hohl-Felsen. Auch Gesteine, die als nutzbare Rohstoffe dienten, bilden eine
Gruppe. Highlights unter den präsentierten Gesteinen sind zweifelsfrei die verschiedenen Eklogit-Typen
vom Hohl-Felsen. Dieses unter hohen Druck- und Temperaturbedingungen vor etwa 90 Millionen Jahren
entstandene Gestein wurde weltweit erstmals 1822 aus der Kor- und Saualpe durch den französischen
Mineralogen René-Just Haüy benannt. Seit über 200 Jahren pilgern Erdwissenschafter aus der ganzen
Welt hierher, um die beeindruckende Gesteinswelt des Koralmkristallins zu studieren. Die ausgestellten
Gesteine mögen die Besucher des Ortsplatzes anregen, nicht nur dem sehenswerten Geosteig HohlFelsen oder dem Geopark Glashütten einen Besuch abzustatten, sondern auch im gesamten
Koralmgebiet, so z.B. entlang des 70 km langen Koralm Kristall Trail die breit gefächerte Gesteinspalette
vom Plattengneis bis zum Pegmatit kennen zu lernen.
Zwanzig Gesteins-Blöcke und Platten aus
dem Gemeindegebiet umsäumen den
neuen Ortsplatz. Auch im Eingangsbereich
des Gemeindehauses besteht der Boden
aus örtlichem Baustein: Silbrig-glänzender
Gneis-Glimmerschiefer vom Mesnitzbach.
Marmor, Gneis-Glimmerschiefer, Pegmatit und Quarz als nutzbare Gesteine
Beim Bau des Rückhaltebeckens an der Mesnitz wurden großen Blöcke von Gneis-Glimmerschiefer und
tektonisch stark ausgewalztem Pegmatit gewonnen. Unten: Kontakt Gneis-Glimmerschiefer mit Pegmatit.
Typische Gesteine der Koralpe: Plattengneis,
Disthenparamorphosenschiefer (Block) und
Eklogit
Disthenparamorphosenschiefer vom Hirschenkogel
Eine polierte Platte von Eklogit des Vorkommens Hohl-Felsen zeigt sogar im
Dezimeterbereich eine große Variation in der Mineralzusammensetzung.
Rechts: Ausschnitt dieser Platte mit Granat (rot), Omphacit (grün), MagnesioHornblende (schwarzgrün), Kyanit und Zoisit/Klinozoisit (weiß).
Der 2007/2008 als Teil des Koralm Kristall Trail errichtete Geosteig Hohl-Felsen in Unterfresen erschließt
das wohl schönste Eklogitvorkommen Österreichs.
In zwei Hälften geteilter Block aus Granat-Pyroxen-Fels (siehe auch Ausschnitt im Titelfoto) und zwei
Pegmatitblöcke aus der Wiel
Calcium-reicher Granat (rot) und Pyroxen (grün)
bilden neben Quarz die Hauptbestandteile
dieses bunten Gesteins.
Dieser Pegmatitblock mit großen Disthenparamorphosen (blaugrau) und schwarzem Turmalin aus der
Wiel gehört wie der Granat-Pyroxen-Fels zu den gesteinskundlichen Leckerbissen.
Verschiedene Eklogit-Typen vom Geosteig Hohl-Felsen in Unterfresen
Detail von Eklogitblock 3 mit Größenvergleich
Granat (rot), Omphacit (grün), Magnesio-Hornblende
(schwarzgrün), Kyanit und Zoisit/Klinozoisit (weiß)
Ein Blick in die kleine Ausstellung von Mineralien und Gesteinen aus dem Gemeindegebiet
von Wielfresen im neuen Gemeindehaus.
Im Mittelpunkt steht der Eklogit vom Geosteig
Hohl-Felsen.
Von Anton Gutschi (Unterfresen) zu Schmuckstücken verarbeiteter Eklogit.
Oben: eine perfekte, von Heinz Bieler (Graz)
gefertigte Eklogitkugel.
Weitere Informationen zur Gesteinswelt Wielfresen
Die Gesteinswelt Wielfresen am Ortsplatz ist ganzjährig frei zugänglich. Die kleine Sonderausstellung
mit Gesteinen und Mineralien aus dem Gemeindegiet und daraus gefertigten Schmuckstücken und
Kugeln kann während der Amtsstunden besichtigt werden. Führungen am Ortsplatz bzw. zum
Eklogitvorkommen Geosteig Hohl-Felsen sind nach telefonischer Vereinbarung möglich.
Gemeindeamt Wielfresen Unterfresen 39, 8551 Wies
Amtsstunden: Montag und Freitag 8-12 und 13-17 Uhr, Dienstag und Donnerstag 7.30-12.30 Uhr
Tel.: +43(0)3468 E-mail: [email protected]
Fachliche Anfragen an: [email protected]
Weiterführende Literatur
Walter Postl
GEOPARK GLASHÜTTEN – Ein Führer durch die Gesteinswelt der Koralpe, 89 Seiten + 2 Faltkarten
(Koralm Kristall Trail, Via GeoAlpina), 185 Abbildungen, Format 210 x 106 mm, Verlag der
Geologischen Bundesanstalt (Neulinggasse 38, 1030 Wien, www.geologie.ac.at), ISBN: 978-3-85316051-0. Herausgeber: Geologische Bundesanstalt & Gemeinde Gressenberg; Druck: Medienfabrik Graz
GmbH, 2009.
Bezug über die Geologische Bundesanstalt oder über die Gemeinde Gressenberg, 8541 Gressenberg
33, Tel. 03467-7400, [email protected]. Verkaufspreis € 3.60 + Versandkosten
Geologischer Steckbrief der Koralpe
Der am Ostrand der Alpen gelegene Gebirgszug der Koralpe erstreckt sich im geografischen Sinne auf
einer Länge von 40 Kilometern vom Packsattel im Norden bis in die Gegend von Lavamünd im Süden. Im
geologischen Sinne ist das vorwiegend aus Umwandlungsgesteinen (Metamorphiten) aufgebaute
Kristallin der Koralpe viel weiträumiger, da deren Gesteinsserien jene der Stubalpe weit nach Norden
überlagern. Das Koralm-Kristallin besteht aus einer Tausende Meter mächtigen Abfolge von Gneisen und
Glimmerschiefern. Dieser aus kristallinen Schiefern bestehende Kernbereich ragt rednerpultartig gegen
Südwesten ansteigend aus den umgebenden jungen Ablagerungen des Steirischen Beckens und des
Lavanttales heraus.
Innerhalb der Gneise gibt es Einschaltungen von Marmoren und Kalksilikatgesteinen, Eklogiten,
Amphiboliten, Gabbros und Pegmatiten. Der durch Scherbewegungen in der Erdkruste „ausgewalzte“
Plattengneis spielt unter den verschiedenen Gneistypen eine Hauptrolle und bildet einen für die Koralpe
typischen und markanten Bewegungshorizont. Im Westen grenzt die Koralpe tektonisch an die Saualpe
und im Süden, von Glimmerschiefern und Serpentiniten des Plankogel-Komplexes überlagert, findet sie
gewissermaßen im Bacherngebirge (Pohorje, Slowenien) ihre Fortsetzung. Im „Wolfsberger Fenster“ trifft
man auf Granatglimmerschiefer und einen rund 260 Millionen Jahre alten Granitgneis, die aber nicht dem
Koralm-Kristallin zuzurechnen sind. Innerhalb der sehr komplex zusammengesetzten Ostalpinen Einheit
gehören die Koralpe, wie auch die benachbarte Saualpe zum Koralpe-Wölz-Decken-System.
Im Wechselspiel zwischen Ozean- und Gebirgsbildungsprozessen sind auch die Gesteine des KoralmKristallins Zeugnisse eines sehr bewegten „Lebenslaufes“. Am Ende des Erdaltertums (Paläozoikum) lag
der Bauplatz für das ostalpine Kristallingebiet und somit auch der zukünftigen Koralpe, mitten in dem aus
allen Erdteilen bestehenden Superkontinent Pangäa, allerdings viel weiter südlich als dies heute der Fall
ist. Das Fundament bildeten sandig-tonige Sedimentgesteine, die sich vor mehr als 400 Millionen Jahren
abgelagert haben. Im Perm kam es zu einer Dehnung der Kruste und des darunter liegenden festen
Erdmantels. Dabei erfuhr das „Baumaterial“ der Koralpe eine erste Umwandlung (Metamorphose) bei
höheren Temperaturen. Es drangen dabei auch Schmelzen ein, die als Gabbros und Pegmatite
auskristallisierten und beim Bau der zukünftigen Koralpe mitverarbeitet wurden.
Als am Beginn der Trias, vor rund 250 Millionen Jahren, Pangäa immer mehr zu zerbrechen begann, breitete
sich zwischen den auseinanderdriftenden Kontinenten Europa und Afrika ein mit dem Pazifik verbundener,
tropischer Ozean und rund 100 Millionen Jahre später der mit dem Atlantik in Verbindung stehende
Penninische Ozean aus. Vor 135 Millionen Jahren löste sich ein Sporn kontinentaler Kruste vom Nordrand
Afrikas. Dieser Sporn war ab diesem Zeitpunkt ein Teil der Adriatischen Platte, die sich nordwärts gegen
Europa zu bewegte. Erst ab 80 Millionen Jahren vor heute begab sich auch Afrika auf Kollisionskurs gegen
Europa. Die Ozeane wurden verdrängt und keilförmig sich stapelnde Gesteinsdecken (Orogenkeil) bildeten
in dieser Knautschzone die Vorstufe zur Gebirgsbildung unserer Alpen. Krustenteile wurden mit dem
absinkenden schweren Mantel in die Tiefe gezogen. Bei diesem als Subduktion genannten Vorgang
gelangte das „Baumaterial“ der Koralpe in Tiefen bis zu 80 Kilometern. Dabei kam es zur jüngsten
Gesteinsumwandlung, der eoalpinen Metamorphose, die ihren Höhepunkt vor rund 90 Millionen Jahren
erreichte. Bei hohen Druck- und Temperaturbedingungen wurde u.a. Gabbro in Eklogit umgewandelt, einem
sehr typischen Gestein, das weltweit erstmals 1822 von René Just Hauy aus der Kor- und Saualpe
beschrieben worden ist. Aber auch die jetzt vorliegenden Gneise, Glimmerschiefer, Amphibolite, Marmore
usw. wurden in dieser Zeitspanne der Metamorphose, die vor etwa 70 Millionen Jahren abgeschlossen war,
gebildet. Durch Erosion und tektonische Vorgänge gelangten Teile dieser Gesteine wieder allmählich an die
Oberfläche. Die Anhebung zum heute über 2000 Meter hohen Gebirge begann allerdings erst vor etwa 15
Millionen Jahren, als Ausgleich zur Absenkung des Steirischen Beckens.
Den letzten Schliff erhielt die Koralpe (mundartlich Koa = Kar) während der Eiszeiten, wobei nur die
Gipfelbereiche vergletschert waren. Im Großen Kar, Seekar und Bärentalkar sind die typischen Kennzeichen
für die eiszeitliche Landschaftsformung am auffälligsten. Allerdings dürften die sanften, rundlichen Formen in
höheren Lagen schon sehr viel früher entstanden sein, so auch die typische Bildung von Felsöfen.
Gleichzeitig mit der Hebung des Gebirges setzte auch der Abtrag der Gesteine ein. Seither wurden
ungeheure Mengen an Schotter, Sand und Ton in das bis 3000 Meter tiefe Steirische Becken, aber auch in
das Lavantaler Becken, befördert. Noch heute wird über die Gebirgsbäche der Koralpe, wie die Schwarze
und Weiße Sulm, permanent Nachschub geliefert. Mit viel Fantasie bis ins Schwarze Meer…
Rohstoffe
Schon seit der Steinzeit dient die Koralpe als Rohstofflieferantin. Werkzeuge aus
dem harten und zähen Eklogit beweisen dies. Den Stainzer Plattengneis haben
bereits die Römer benutzt und der weit verbreitete Gangquarz war im 17. und 18.
Jahrhundert der wichtigste Rohstoff zur Waldglaserzeugung. Marmor diente zum
Kalkbrennen, Feldspat zur Porzellanerzeugung und Glimmer zur Erzeugung von
Isolationsmaterial. Eisenglimmer (Hämatit) wird immer noch zur Herstellung von
Rostschutzfarben im Kärntner Waldenstein abgebaut. Der Eifelturm in Paris erhielt
schon Anstriche aus Waldensteiner Rostschutzfarbe, aber auch die Brücke über
den Bosporus oder die Hafenbrücke von Sidney. Schließlich dient die in den
1980er-Jahren im Bereich der Weinebene erkundete größte Lithium-Lagerstätte
Europas als stille Rohstoffreserve. Bei dem Lithium-hältigen Gestein handelt es
sich um einen Pegmatit.
So manche Fest- und Lockergesteine der Koralpe fungieren als wichtige
Wasserspeicher oder Wassertransporteure.
Ausschnitt aus Digitaler Geologischer Karte der Steiermark (Quelle: GIS Steiermark)
Texte & Fotos: Walter Postl, 2014
Herunterladen