Monatspredigt Juli/August 2014 Pfr. Gerhard Neumann Mein Herr und mein Gott Johannes 20,24-29 24 Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben. 26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! Liebe Gemeinde, kennen Sie die Erfahrung, dass Ihnen Menschen, Ihr Mann, Ihre Frau, Freunde, Bekannte, begeistert von etwas erzählen, das sie ganz eingenommen und erfüllt hat? Vielleicht von einer Fortbildung, einer Konferenz, auf der ein Redner begeistert gesprochen hat oder von einer Begegnung, die einen besonderen Eindruck hinterlassen hat. Wir aber hören uns das Ganze mit einigem Abstand an und sagen dann zuweilen Sätze wie: „Ja, schon gut, jetzt komm mal wieder auf den Boden.“ Oder wir sind einfach freundlich, lassen den anderen in Ruhe ausreden und denken uns unser Teil: „Er wird schon wieder zu sich kommen - sie wird sich schon wieder beruhigen.“ So muss es einem Thomas gegangen sein, als ihm seine Mitjünger erzählten, sie hätten eine Erscheinung gehabt. Ihnen sei der lebendige Jesus begegnet. Ja, er sei plötzlich 2 in der Mitte gewesen, obwohl die Türen und Fenster verschlossen waren. Ja, sagten diese Männer: Wir haben den Herrn gesehen und wurden darüber froh. Nur Thomas war nicht dabei. Vielleicht kennen wir auch das, dass uns Menschen von Dingen erzählen, die sich früher mal ereignet haben sollen. Nur ich war nicht dabei. Da erzählen Gemeinden aus ihrer Vergangenheit grossartige Geschichten, wie sie die lebendige Gegenwart Gottes erlebt haben. Nur ich war nicht dabei. Die Geschichte von Thomas steht auch dafür, dass man die lebendige Gegenwart Gottes nicht einkochen kann, so, wie man früher im Herbst Obst einkochte, um es im nächsten Jahr aus dem Keller zu holen und davon zu leben. Geistliches Leben gibt es nicht aus zweiter Hand, weder für Thomas damals noch für uns heute. Was seine Mitjünger versuchen, ihm nahe zu bringen, erreicht ihn nicht. Denn das, was ihm die anderen berichten, scheint ihm dann doch zu unglaublich. Deswegen sagt er: „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meine Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich es nicht glauben.“ Dreifach will Thomas es überprüfen: Die Nägelmale sehen, die Finger in die Nägelmale legen und die Hand in seine Seite. Dreifach! Thomas nimmt sich das Recht heraus, misstrauisch zu sein gegenüber den schönen Worten der Mitjünger und ihrer schönen Predigt über die Gräber hinweg. Was für schöne Predigten werden täglich an den Gräbern gehalten. Im Grab aber liegt der Tote. Und selbst wenn er nicht mehr dort ist, was beweist das schon? Angesichts dieser Realität nimmt sich Thomas das Recht, dem frommen Reden der Jünger nicht zu glauben. Immerhin ist er dafür als der ungläubige Thomas in die Geschichte eingegangen. Zugleich aber auch als derjenige, der gewagt hat, seinem Zweifel Ausdruck zu geben und damit zum Schutzpatron aller Zweifelnden, Realisten und Fragenden geworden ist. Deswegen heissen landauf, landab die Gottesdienste für Zweifelnde: Thomas-Gottesdienste. So aber haben die Fragen eines Thomas bis heute vielen Menschen den Weg eröffnet, damit Jesus ihnen nahe kommen konnte. Dabei fiel Thomas allerdings auch nicht völlig aus dem Rahmen. Auch die anderen Jünger hatten den Frauen ja nicht geglaubt, als sie vom Grab kamen und von der Begegnung mit dem Auferstandenen erzählten. Auch ihnen musste der Lebendige erst nahe kommen, damit sie froh 3 wurden, als sie den Herrn sahen. Nicht anders wird es hier beschrieben. Jesus lässt sich auf einen fragenden Thomas ein. Auch wenn Thomas am Ende über seine Fragen hinausführt wird, am Anfang lässt Jesus sich ein auf den Zweifel eines Thomas. Er darf seine Fragen stellen. Er schweigt nicht, obwohl die anderen fast betrunken sind von ihrer Begeisterung. Er lässt sich seine Fragen nicht verbieten. Sie sind ihm viel zu wichtig. Sie brennen ihm auch viel zu sehr unter den Nägeln. Und nun lassen Sie uns die Frage eines Thomas einmal genauer anschauen. Was will er denn genau? Worauf zielt das, was er sagt? Die wunden Punkte will Thomas sehen und betasten. Das ist kein Zufall, dass hier die Wunden ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Denn das ist für Thomas das Entscheidende. Alle fromme Rede vom Leben aus Gott 4 und dass das Leben stärker sei als der Tod und dass die Gräber aufgetan werden und die Herrlichkeit Gottes alle Erdenschwere aufhebe; das alles muss sich messen lassen, muss sich erweisen im Blick auf die geschlagenen Wunden. Weil Jesus das weiss, hat er den Jüngern seine Wunden gezeigt. Und weil Thomas es weiss, fragt er jetzt danach: Wie kann das Leben weitergehen bei den Verletzungen, die Menschen zugefügt wurden und werden? Wie kann das Miteinander von Menschen heil werden bei den vielen Wunden, die sie einander zugefügt haben und die dazwischen stehen? Wie kann Leben wieder hergestellt werden trotz tödlicher Verwundungen? Wie kann überhaupt angesichts nicht wiedergutzumachenden Unrechts, das jeden Tag in dieser Welt geschieht, wie kann da die Vision von einem neuen Leben aufrechterhalten werden? Ja, das Anliegen eines Thomas reicht sogar noch tiefer. Denn am Kreuz ist ja nicht nur ein Freund gestorben, sondern der Gott-Nahe, der Erwählte, der geliebte Sohn des Vaters. Deswegen aber bleibt dort auch der alte Glaube eines Thomas auf der Strecke. Dort hat er die Ohnmacht Gottes erlebt und den scheinbaren Sieg der Finsternis über das Licht. Dort hat er erlebt, dass Gott nicht mehr hilft. Diese Erfahrung aber reicht bis an die Fundamente der Existenz. Dort starb der alte Glaube an den immer hilfreichen und durchtragenden Gott. O ja: Man kann sich über die Wunden hinwegheben wie in schönen Reden über die Realität des Todes. Zum Glück kommt dieser Thomas in der Bibel vor. Er bewegt mich schon ein ganzes Leben lang dazu, mich diesen Fragen zu stellen. Und Thomas will es wissen: Gibt es diese Auferstehungswirklichkeit, von der ihm die anderen erzählen, wirklich? Dann aber will ich die Wunden sehen und betasten. Ist ER aber nicht der Verwundete, ist er nicht mein Herr und mein Gott. Dann ist er vielleicht sogar der Teufel, der immer wieder verspricht, dass wir uns unseren Fuss nicht an einem Stein stossen werden, so wir denn ihm unser Vertrauen schenken. Das aber kann nicht mein Herr und mein Gott sein. Denn in ihm kann ich mich nicht bergen. Da kommen grosse Teile meines Lebens nicht vor. Da kommen die Teile meines Lebens nicht vor, die in besonderer Weise der Wandlung und Verklärung bedürfen: Meine Wunden und meine Verletzungen. Deswegen zum Teufel mit dem Teufel, der keine Wunden hat und so tut als wenn er Gott wär. „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meine Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich es nicht glauben.“ 5 Liebe Gemeinde, unter dem Kreuz wird offenbar, was wir wirklich glauben. Einem Petrus wurde z.B. unter dem Kreuz klar, wie sehr er an sich selber glaubte und welche Hoffnungen er auf seine eigenen Kräfte setzte. O ja, er hatte vorher viele fromme Reden gehalten und viel davon geredet, was er alles für Jesus tun wolle, aber eigentlich glaubte er dabei an sich selbst und an seine eigene Kraft. Und es würde noch ein ganzes Stück Weg brauchen bis er zu dem Fels werden würde, von dem Jesus gesagt hatte, dass er auf ihn bauen wolle. Worauf Petrus aber bis dahin eigentlich baute, das wurde offenbar unter dem Kreuz. Einem Thomas aber wurde unter dem Kreuz offenbar, dass er nur glaubte, was er sah. Das war schon lange so. Nur jetzt wurde es offenbar. So eine Haltung steht bei Christen nicht hoch im Kurs. Deswegen verbergen wir sie 6 ja auch und gestehen uns oft ein halbes Leben lang nicht ein, wie beeindruckbar wir durch Sichtbares sind. Dann aber entsteht daraus ein Christentum, das unbedingt Sichtbares, Vorzeigbares, hervorbringen muss, etwas, das gesehen und betastet werden kann. Bis in die Wortwahl hinein werde ich zuweilen an Thomas erinnert: Wenn ich die Gegenwart Gottes nicht sehen und tasten kann, glaube ich nicht. Und so gibt sich ein Erfolgschristentum bis heute durch die Anbetung des Sichtbaren selber die Ehre. Und Jesus? Wendet er sich angewidert ab angesichts dieses Nicht-Glaubens und unbedingt Sehen-Wollens? Nein, er bleibt drin in dieser Geschichte. Er bleibt an der Seite eines Thomas, denn Jesus ist sanftmütig und von Herzen demütig. So sehr liegt ihm an diesem fragenden, zweifelden Jünger, dass er einen weiten Weg mit ihm geht, wie mit einem Petrus und den Emmausjüngern und mit uns. Das alles aber mit dem Ziel, damit die Erlösung in einem Menschen Raum greife, damit das Leben aus Gott sich entfalte und weiter reiche als alle Begrenzungen, die wir uns selber auferlegen. Bei diesem Erlösungsweg, den Jesus mit uns geht, ist die Zeit immer ein Faktor. Wir wünschen uns die Erfüllung unserer Gebete möglichst sofort, zumindest der ernsthaften. Und das Anliegen eines Thomas ist ein ausserordentlich ernsthaftes. Jesus aber kommt erst einen Sonntag später, sozusagen im nächsten Gottesdienst. Eine Woche lang muss Thomas warten, wo er doch nach der Wahrheit fragt und eine tiefe Gottessehnsucht in sich trägt. Wie oft mögen die anderen ihn in dieser Woche bestürmt haben, ihnen doch zu glauben: „Mensch Thomas, wenn wir es Dir doch sagen.“ Doch Thomas bleibt dabei: „Wenn ich ihn nicht selber sehe…“ Das muss man durchhalten. Wenn dieser Jesus von Nazareth der Lebendige ist, dann wird er sich auch durch alle Fragen und Zweifel erweisen. Wenn es diese andere starke Wirklichkeit des Lebens gibt, dann wird sie sich erweisen und selber bezeugen. Darauf zu hoffen und zu warten, das will durchgehalten sein. Vielleicht spüren wir an dieser Stelle, dass der ungläubige Thomas so ganz ungläubig nicht ist. Er schliesst ja nicht aus, dass das Leben aus Gott, dass der Lebendige, sich ihm erweisen könnte. Nur will er dieser Wahrheit persönlich nahe kommen. Nach acht Tagen kommt Jesus, wieder am ersten Tag einer neuen Woche. Alles wird genauso beschrieben wie acht Tage zuvor. Er tritt in die Mitte. Wieder mit demselben Zuspruch: Friede sei mit Euch! Dann aber 7 wendet er sich Thomas zu, und es ist diese unglaubliche Art der Zuwendung Jesu, wie wir sie aus dem ganzen Evangelium kennen. Er lässt sich ganz tief ein auf diesen Wunsch seines Jüngers. Fast wörtlich wird der Wunsch eines Thomas aufgenommen: Nun, reiche deine Finger her und sieh meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite. Es ist das grosse Entgegenkommen Gottes, damit die Erlösung in Menschen Raum greifen kann. Es ist das Kommen Gottes mitten hinein in die Sichtbarkeit, die die Menschen zur Bedingung machen, sogar für ihren Glauben. Und Gott lässt sich ein. Es ist fast nicht zu glauben. In Jesus Christus kommt der unsichtbare Gott in die Sichtbarkeit dieser Welt. Er wird zu einem Teil dieser sichtbaren Welt. Das grosse Entgegenkommen Gottes. Nur, wer sieht es? Und wie viele Menschen sind denn gläubig geworden durch das, was sie im 8 Leben Jesu gesehen haben? Am Ende nur ein römischer Hauptmann unter dem Kreuz, und selbst sein Glaube bleibt schillernd. Nein, es ist nicht die Sichtbarkeit, die den Glauben hervorbringt. Diese Illusion wird durch das Leben Jesu ein für alle Mal entlarvt. Und wenn ein religiöses Christentum noch so sehr darauf drängt, dass der Glaube sichtbar werden muss, damit die Menschen dann zum Glauben kommen, weil sie so beeindruckt sind von dem, was sie sehen. Es ist eine Illusion. Nicht die Sichtbarkeit überzeugt, sondern allein die Person gewordene Liebe. Liebe Gemeinde, wir sind mitten im Johannesevangelium. Da geht es um die Liebe. Hast du mich lieb? Das ist die Frage, die einem Petrus ganz am Ende gestellt wird. Die Geschichte kommt noch. Das hat Petrus noch vor sich, damit die Erlösung in ihm weiter Raum greifen kann. Hier in der Geschichte von Thomas aber geht es auch um die Liebe Gottes und wie sie einen Menschen erreicht, einen Wahrheitssucher, der es genau wissen will. Nicht das, was Thomas sieht, überzeugt ihn, sondern die Begegnung mit dem Liebenden, der ihm nachgeht, der zu ihm kommt, der sich ihm bezeugt. Wer den Text aufmerksam liest, der merkt, wie in dem Moment, in dem der Liebende den Raum betritt, die Fragen eines Thomas zur Ruhe finden. Er fragt nichts mehr. Denn der liebende lebendige Gott ist ihm nahe gekommen. Das Geheimnis ist gross, soviel grösser als das, was Thomas sah und was er sehen wollte. Thomas ist der Liebe Gottes begegnet, die nicht tot zu kriegen ist. Diese Liebe stirbt nicht an ihren Wunden und Verletzungen. Unsere Liebe stirbt daran. Manchmal in einem Moment, ja von einer Sekunde zur anderen. Wenn aber die Liebe stirbt, kann sie keiner mehr zum Leben erwecken. Gottes Liebe aber ist nicht gestorben, sie ist nicht auf der Strecke geblieben, als sie versuchten, ihr den Garaus zu machen und den letzten Todesstoss zu versetzen. Nein, die Liebe Gottes sucht uns, sie sucht uns in unserem Fragen und Zweifel wie einen Thomas. Sie lässt sich sogar ein auf die Bedingungen, die wir stellen. Und was nun? Müssen wir an diese Liebe glauben, weil der Prediger heute Morgen so intensiv davon redet? Nein, müssen wir nicht. Denn die liebende Wirklichkeit Gottes sucht angesichts unserer persönlichen Fragen und Zweifel, auch angesichts unserer persönlichen Wunden und Verletzungen, nach einem persönlichen Zugang zu meinem Herzen. Es braucht die Begegnung aus erster Hand. Und wie können wir die Liebe Gottes ergreifen, wenn sie 9 uns nahe kommt? Nicht anders als ein Thomas auch. Indem wir es aussprechen: Mein Herr und mein Gott. Darauf zielt diese ganze Geschichte. Darin kommt Thomas zum Glauben. Mein Herr und mein Gott. Darin finden die Fragen und Zweifel eines Thomas ihren Ort und ihr Gegenüber. Wie können uns Fragen und Zweifel hin und herziehen, uns umtreiben, uns Angst machen. Wie kann uns die Frage nach Gerechtigkeit umtreiben angesichts unendlichen Unrechts auf unserer Erde? Wie kann uns die Frage nach der Barmherzigkeit umtreiben mitten in dieser zutiefst unbarmherzigen Welt? Diese Fragen kommen nicht zur Ruhe. Sie treiben uns vor sich her. Sie treiben uns durchs Leben. Und sie nähren sich aus unseren Wunden und Verletzungen. Der Mensch aber sucht Antworten, indem er nach sichtbarer Gerechtigkeit und Barmher- 10 zigkeit Ausschau hält, für sich selbst und für andere. Da hinein redet diese Ostergeschichte. Sie erzählt uns davon, dass Thomas am Ende bekennt: Mein Herr und mein Gott. Es sind die letzten Worte, die wir von Thomas im Evangelium hören werden. Darin ist auch alles gesagt, denn er hat seinen Herrn und Meister gefunden, wieder gefunden, zum ersten Mal wirklich gefunden. Viele Menschen halten es heute für etwas höchst Erstrebenswertes, ihr eigener Herr zu sein. Die Vorstellung, es nicht zu sein, ist zutiefst verbunden mit der Empfindung von Unfreiheit und Abhängigkeit. Die Ostergeschichten erzählen uns: Es gibt etwas so viel Grösseres und Weiterreichendes. Die Begegnung mit einer liebenden göttlichen Wirklichkeit, die so einladend und so entgegenkommend ist, dass sich in meinem Innern das Bekenntnis formt: Mein Herr und mein Gott. Die unendliche Sehnsucht aber nach einem liebenden Gegenüber, dessen Liebe meinem Leben, meinen Fragen und Zweifeln standhält, erfüllt sich. Was für eine Geschichte! Doch auch das ist noch nicht das Ende. Es ist eher ein Anfang. Es gibt noch ein Wort Jesu, das eine Richtung vorgibt, für einen Thomas genauso wie für uns: „Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ Gibt es etwas Grösseres als dem Auferstandenen persönlich und sichtbar begegnet zu sein? Ja, es gibt eine Seligkeit - in unserer Sprache passt hier vielleicht am ehesten das Wort Glück -, es gibt ein Glück, das ist grösser. Denn glücklich sind die, die nicht sehen und doch glauben. Jene, die nicht Wunder verlangen, Ungewöhnlichkeiten, sondern die Botschaft Gottes vernehmen aus dem Alltägli- chen. Selig, die nicht zwingend Beweise fordern, sondern wissen, dass alles, was von Gott kommt, immer noch in einer letzten Schwebe bleiben muss, damit der Glaube nicht aufhöre, Wagnis zu sein. Selig, die wissen, dass im Glauben das Herz nicht überwältigt wird, dass keine Gewalt da ist, die mit unausweichlicher Gewissheit zwingt. Was von Gott kommt, rührt leise an, kommt sachte, lässt Freiheit; fordert auf zur tiefen, stillen, ruhigen Entscheidung im Herzen. Selig sind, die aus den tausendmal gehörten Worten der christlichen Botschaft, die gar nicht mit charismatischer Kraft erfüllt sind, den Herrn erkennen. Und aus den Ereignissen des Alltages, die immer das gleiche bringen: Arbeit und Ausruhen, Sorge und wieder Gelingen, eine Freude und eine Begegnung und ein Leid. Die aus alledem den Herrn erkennen, die sind 11 selig. Denn sie wissen, wie nahe ihnen der lebendige Gott ist. Gott nahe zu sein aber ist unser Glück. Amen. Gebet Herr, Jesus, Du hast einen Thomas berufen, einen Zweifler. Und nun steht er seit 2000 Jahren für alle diejenigen unter uns, die es genau wissen wollen, die ihre Fragen stellen und die nicht aus der Begeisterung anderer leben. Es bedeutet Trost, wenn Du zu uns sprichst: Friede sei mit euch. Begegne uns als der Lebendige, damit die geschlagenen Wunden ihre Macht verlieren und wir im Lichte Deiner Wunden aufatmen. Dann aber werden wir zu Dir sagen: Mein Herr und mein Gott. Amen. Du aber gehst mit uns Zweifelnden deinen Weg. Deine Liebe sucht und findet ihren Weg zu uns. So bitten wir Dich mit Vertrauen: Komm hinein in die Lebenssituationen, in denen uns das Sichtbare und Fühlbare bedrängt, in denen wir vor allem das Kreuz spüren, das auf uns lastet. 12 Gehalten am 27.04.14 Baptistengemeinde Zürich Evangelische Freikirche Steinwiesstrasse 34 8032 Zürich www.baptisten.ch/zuerich