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FACHINFORMATION
TAUCHEN MIT KONTAKTLINSEN
Tauchen mit Kontaktlinsen – geht das?
Jeder Tauchgang in unbekannte Tiefen ist selbst für erfahrene Tauchsportler ein einzigartiges Erlebnis. Die
Erkundung fantastischer Unterwasserwelten und deren exotischen Bewohnern in ihrer natürlichen Umgebung
ist Anreiz, um immer wieder aufs Neue hinabzusteigen. Als fehlsichtiger Taucher stellt sich aber die Frage
nach der geeigneten Form der optischen Korrektion, um möglichst gut unter Wasser zu sehen. Wer verantwortungsvoll handeln will, sucht auch hier die fachmännische Beratung bei einem versierten Spezialisten.
Generell gibt es zwei Lösungsmöglichkeiten für Taucher:
1. Die korrigierende Taucherbrille
2. Tauchmaske in Verbindung mit Kontaktlinsen
Bei beiden Korrektionsformen gilt es, die Vor- und Nachteile zu besprechen und abzuwägen. Tauchermasken
mit eingesetzter optischer Wirkung sind die am häufigsten gewählte Variante. Dennoch bietet die korrigierende Taucherbrille nicht immer den Sehkomfort, den man sich wünschen würde oder als Taucher stillschweigend
erwartet. Der mit ihr erhaltene Seheindruck ist nach den allgemein anzuwendenden Kriterien in allen Belangen
als „schlechter“ einzustufen: Gesichtsfeldeinschränkung, veränderter Seheindruck aufgrund des größeren
Hornhautscheitelabstands (bei Myopie verkleinertes, bei Hyperopie vergrößertes Netzhautbild), schlechtere
Abbildungseigenschaften durch die notwendige plane Vorderfläche der Gläser in der Taucherbrille. Wer
diese nachteiligen Folgen einer korrigierenden Taucherbrille vermeiden möchte, erhält mit formstabilen oder
weichen Kontaktlinsen eine gute Alternative. Dabei ist es aber wichtig zu wissen, welche physiologischen
Veränderungen während des Tauchens am vorderen Augenabschnitt stattfinden und wie sich diese auf die
Anpassung von Kontaktlinsen auswirken. Im Folgenden werden zunächst die Auswirkungen von Tauchgängen
auf den Körper beschrieben, um auch deren Einfluss auf die Hornhaut und deren Bedeutung für das Tragen
von Kontaktlinsen zu verstehen. Anpassempfehlungen für ein sicheres Tragen runden den Beitrag ab.
1 Druckverhältnisse
Die physikalische Größe des entstandenen Drucks wird durch die Kraft bestimmt, die auf eine definierte Fläche
wirkt (Einheit = 1 bar = 105 Pa). Der normale Luftdruck auf Meereshöhe beträgt nahezu 1 bar (1013,25 hPa). Pro
10 Meter Tauchtiefe nimmt der Druck um 1 bar zu. Taucht man in eine Tiefe von 10 Metern, so erhöht sich der
Druck auf 2 bar, in 70 Metern Tiefe beträgt er demnach 8 bar. [0]
Unser Körper hat das Bestreben, die inneren Druckverhältnisse dem Umgebungsdruck anzugleichen. Dieser
Vorgang dauert solange an, bis das Niveau des Umgebungsdrucks erreicht ist. Ein zunehmender Umgebungsdruck wirkt sich jedoch auf Gase und Flüssigkeiten in unserem Körper unterschiedlich aus. Physikalisch erfahren
Flüssigkeiten praktisch keine Volumenabnahme. Das Volumen von Gasen hingegen wird kleiner. Deren Veränderung wird über das Gesetz von Boyle-Mariotte beschrieben. Druck und Volumen verhalten sich bei
konstanter Temperatur umgekehrt proportional zueinander. Nimmt eine Gasblase in 30 Metern Tiefe und
einem herrschenden Umgebungsdruck von 4 bar ein Volumen von 1 mm3 ein, so vergrößert sie sich beim
Auftauchen bis 10 Meter Tauchtiefe, bei der nur noch 2 bar Druck herrschen, auf 2 mm3. An der Wasseroberfläche wird das Volumen der Gasblase auf 4 mm3 anwachsen. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt. [0]
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Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt. [0]
Betrachtet man die Volumenverdopplung einer Gasblase in Abhängigkeit der Tauchtiefe, so tritt eine
Verdopplung zwischen 30 Metern und 10 Metern Tauchtiefe ein. Das Volumen nimmt während den letzen 10
Metern aber nochmals auf das Doppelte zu. [0]
2 Auswirkungen im menschlichen Körper
In einer Gasblase, die aus mehreren Gasen besteht, wirkt der Druck jedes einzelnen Gases als Partialdruck. Der
Umgebungsdruck ist die Summe der jeweiligen Partialdrücke. Der Partialdruck eines Gases entscheidet im
wesentlichen dessen Wirkung auf den menschlichen Körper. Werden Gase von Flüssigkeiten umschlossen,
können sie sich unter besonderen Bedingungen in den Flüssigkeiten lösen. Diese Löslichkeit hängt u.a. vom
Partialdruck des Gases, der Aufnahmefähigkeit der jeweiligen Flüssigkeit und der Umgebungstemperatur der
beteiligten Stoffe ab [0]. Beim Tauchvorgang kommt Sauerstoff und Stickstoff eine besondere Bedeutung zu.
Hierbei spielt Stickstoff, der über die Atmung aufgenommen wird, eine wichtige Rolle [0]. Dieses Gas ist sehr
reaktionsträge (inert), kann aber physikalisch wirken. Daher werden solche Gase als Inertgase bezeichnet.
Inertgase werden vom Gewebe, das zu großen Teilen aus Flüssigkeit besteht, aufgenommen, bis eine Sättigung eintritt und keine weitere Gasmenge aufgenommen werden kann. Dies wiederum hängt vom Partialdruck ab, also von der Tauchtiefe. Wird abgetaucht, so findet eine Aufsättigung von aufgenommenen Inertgasen statt, die beim Auftauchen während einer Druckentlastung (Dekompression) wieder abgegeben
werden. Wird beim Auftauchen die Dekompressionsphase zu schnell ausgeführt, findet also kein ausreichender Druckausgleich zwischen den Komponenten statt, können Gasbläschen aus dem Gewebe austreten. Wenn sich die abgegebenen Stickstoffbläschen im Gewebe ansammeln, kann es zur Dekompressionserkrankung (Taucherkrankheit) kommen, welche schwerwiegende neurologische Symptome verursachen
kann. Aber auch aus anderen Gewebearten wie der Hornhaut am Auge können bei ungenügenden Dekompressionspausen kleine Gasblasen entweichen. Wenn ohne Zeitverzug aufgetaucht würde, was natürlich nur
ein Gedankenexperiment darstellen soll, würde das ausperlende Gas so schnell aus der Hornhaut entweichen, wie dies bei einer geschüttelten Sprudelflasche geschieht. Angemessene zeitliche Verzögerungen beim
Auftauchen sind also notwendig. Um Dekompressionsunfälle zu verhindern, werden regelmäßige Stopps
eingehalten. [0][0]
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3 Präcorneale Gasentwicklung
Es kann davon ausgegangen werden, dass beim Auftauchen durch die Einhaltung der erforderlichen Dekompressionspausen keine oder eine marginale Gasblasenentwicklung direkt aus der Hornhaut vorkommt.
Jedoch können sich Stickstoffbläschen in der Tränenflüssigkeit bilden, deren Entstehung im Tränenfilm selbst
stattfindet. Diese Bläschenbildung ist harmlos und resultiert keineswegs eines Dekompressionsunfalls. Dennoch
sollte diese Begebenheit bei der Anpassung formstabiler Kontaktlinsen berücksichtigt werden, da sich sonst ein
Nebelsehen einstellen kann, wenn die Gasbläschen unzureichend abtransportiert werden und sich zwischen
Hornhaut und Kontaktlinse ansammeln (Abbildung 2). Natürlich sollte dieses Phänomen auch dem Kontaktlinseträger bekannt sein, damit er bei etwaigem Gasbläschenaustritt nicht unnötig in Unruhe verfällt. [0]
Abbildung 2: Eventuelle Gasbläschenbildung unter formstabiler KL,die abtransportiert werden müssen
4 Anpassung von Kontaktlinsen
Generell kann eine Anpassung weicher und formstabiler Kontaktlinsen bei Tauchern vorgenommen werden.
Es gelten die selben Vor- und Nachteile der beiden Systeme, wie bei einer "normalen" Anpassung. Die Stärke
der Kontaktlinse kann wie gewohnt bestimmt werden.
Mit weichen Linsen lässt sich eine dekompressionsbedingte Bläschenbildung größtenteils vermeiden, da kein
nennenswertes Tränenreservoir zwischen Hornhautvorderfläche und Kontaktlinsenrückfläche vorhanden ist. Es
findet allenfalls eine geringe Bläschenbildungen im peripheren Randbereich statt, die sich nicht weiter
bemerkbar macht [0]. Die Verwendung weicher Linsen kann auch dann noch Anwendung finden, wenn eine
relativ ungünstige Tränenbeschaffenheit vorliegt. Die extrem hohe Luftfeuchtigkeit unter der Tauchermaske
verhindert eine Verdunstung des Tränenfilms. Nachteilig wäre der Gebrauch weicher Kontaktlinsen in schmutzigem Gewässer, da ein Kontakt von Linse und eventuell kontaminiertem Wasser nicht auszuschließen ist. Die
Beschaffenheit des Materials einer weichen Kontaktlinse erlaubt ein Eindringen von schmutzigem Wasser in die
Linsenmatrix. Es ist daher unbedingt auf optimale manuelle Reinigung und Desinfektion der Kontaktlinsen beim
Tauchen zu achten. Zu beachten wäre noch, ob man in Salzwasser taucht.
Kommt die weiche Kontaktlinse mit salzhaltigem Wasser in Verbindung, wird der Wassergehalt in der Linse
reduziert. Die Parameter der Kontaktlinse verändern sich und tendieren zu einer steileren Linsenrückfläche.
Dies kann dazu führen, dass die Linse auf dem Auge festsitzt. Abhilfe bietet künstliche Tränenflüssigkeit, die vor
dem Herausnehmen eingeträufelt wird.Bei der Anpassung formstabiler Kontaktlinsen ist darauf zu achten, dass
eventuell entstandene Gasbläschen durch fortwährende Erneuerung des Tränenfilms unter der Linse weggespült werden. Hier ist eine Erhöhung der Lidschlagfrequenz von Nutzen. Die Lidschlagfrequenz wird gerade
beim Tauchen, wie auch bei anderen konzentrationserforderlichen Ausübungen, stark herabgesetzt.
Bewusste und regelmäßige Lidschläge wirken der ungewollten Blasenansammlungen entgegen. Erforderlich
ist außerdem ein freies Gleiten der Linse auf der Hornhaut. Sitzt die Linse zu fest oder ist deren Bewegung eingeschränkt, ist dies für Tauchgänge kontraindiziert, da sich ausperlendes Gas ansammeln kann. Die formstabile
Linse sollte demnach möglichst parallel bis leicht flach angepasst werden, aber nicht zentral aufliegen. Ob die
Kontaktlinse mehrkurvig oder asphärisch gestaltet sein sollte, richtet sich nach der jeweiligen Hornhauttopographie.
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Asphärische Rückflächengeometrien eignen sich ab einer Hornhautexzentrizität von 0,3 sehr gut. Der Durchmesser der Kontaktlinse kann wie gewohnt gewählt werden, wobei ein etwas kleinerer Durchmesser eine gute
Tränenunterspülung begünstigt. Das verwendete Linsenmaterial sollte einen möglichst hohen Dk-Wert aufweisen. Hervorgerufen durch eine gute Benetzungsfähigkeit des Materials haften entstandene Gasblasen
schlechter an der Linsenoberfläche und gleiten schneller nach außen. [0][0]
Abbildung 3: Eingeschlossene Gasblasen unter der KL eines Tauchers [0](mit freundlicher Genehmigung von U. Ehrmann, DLRG Ulm)
In Abbildung 3 sind hinter einer angepassten, formstabilen Kontaktlinse eines Tauchers Gasblaseneinschlüsse
zu sehen, die nicht oder nur unzureichend abtransportiert wurden. Dies ist harmlos, stellt aber eine optische
Einschränkung dar. Die eingeschlossenen Gasbläschen verursachen ein temporäres Nebelsehen. Sie bilden
aufgrund mechanischen Drucks kleine Dellen auf der Hornhaut, die eine Refraktionsanomalie hervorrufen
(Abbildung 4). Diese verschwindet nach angemessener Zeit ohne therapeutische Maßnahme [0].
Abbildung 4: Dellen auf der Hornhaut verursachentemporäres Nebelsehen
In diesem Negativbeispiel müsste die Kontaktlinse deutlich flacher angepasst werden. Zudem ist ein kleinerer
Durchmesser für die notwendige Tränenzirkulation und somit den Abtransport der ausgetretenen Gasblasen
von Vorteil.
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5 Schluss
Um fehlsichtigen Tauchern die Möglichkeit zu geben, die ganze Vielfalt der Unterwasserwelt genießen zu
können, sollte bei der Versorgung nicht ausschließlich an die korrigierende Taucherbrille gedacht werden.
Auch Kontaktlinsen eignen sich hervorragend und bieten stets klare Sicht über und unter Wasser. Selbst nach
dem Auftauchen verfügt der Linsenträger sofort über die nötige Korrektion. Darüber hinaus ist die oft kritisierte
Verlustgefahr von Kontaktlinsen sogar bei Maskenspülung relativ gering, da reflektorisch die Augen geschlossen werden. Um das Risiko eines potentiellen Verlustes der getragenen Kontaktlinsen selbst einschätzen zu
lernen, ist es ratsam, eine Maskenspülung in der eigenen Badewanne zu simulieren und unter Wasser die
Augen mit den angepassten Linsen zu öffnen. Solche geübte Situationen helfen beim Tauchgang, ein sicheres
Ausblasen der Maske nach einer Flutung vornehmen zu können. Ein weiteres Vorurteil besagt, dass eventuell
eingeschlossene Gasbläschen so groß werden können, dass sie die Linse vom Auge wegdrücken. Diese Aussage ist eindeutig nicht zutreffend, da die Menge an gesättigtem Stickstoff bei Weitem nicht ausreicht, um so
einen Kraftakt zu vollbringen. Der Anpassung von Kontaktlinsen bei Tauchsportlern steht also nichts im Wege.
Literaturnachweis
[0]
Holland, R.: „Formstabile Kontaktlinsen beim Tauchen”. In: Neues Optiker Journal, Band 31 (1989) Heft
2, Seite 74-80
[0]
Holland, R.: „Kontaktlinsen beim Tauchsport”. In: Die Kontaktlinse, Band 28 (1994) Heft 7-8, Seite 30-35
[0]
Muth, C.-M.; Radermacher, P.: „Kompendium der Tauchmedizin”. Köln: Deutscher Ärzte Verlag, 2006.
–ISBN 3-7691-1205-9
[0]
Muth, C.-M.; Wendling, J.; Tetzlaff, K.: „Tauchtauglichkeitsuntersuchungen bei Sporttauchern mit
besonderer Berücksichtigung medizinischer Grenzfälle”. In: Deutsche Zeitschrift Für Sportmedizin, Jahrgang 53,
Nr. 6 (2002), Seite 174
[0]
Online im Internet: http://www.peter-rachow.de/dekompression.htm (Stand: 23.02.2006)
[0]
Socks, J.; Molinari, J.-F.: „Hinab ins Meer mit weichen Kontaktlinsen”. In: Die Kontaktlinse, Band 21 (1987)
Heft 5, Seite 6-7
[0]
Wenzel, J.; Muth, C.-M.: „Physikalische und physiologische Grundlagen des Tauchens”. In: Deutsche
Zeitschrift Für Sportmedizin, Jahrgang 53, Nr. 6 (2002), Seite 162-163
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