Informationsbroschüre Prostatakarzinom 1. Auflage, Januar 2012 © Speciality European Pharma GmbH Bahnstraße 29 – 31, 40878 Ratingen Telefon: (0 21 02) 92 92 90 Telefax: (0 21 02) 929 29 29 [email protected] Inhalt Anatomie und Funktion der Prostata 4 Prostatakarzinom: Ursachen und Symptome 5 Diagnosemöglichkeiten7 Therapiemöglichkeiten9 Nebenwirkungen15 Therapieleitlinien16 Kontaktadressen17 Glossar18 1 2 Lieber Patient, Liebe Angehörige, Lieber Angehöriger, Sie und/oder ein Ihnen nahestehender Angehöriger sind mit der (möglichen) Diagnose des Prostatakarzinoms konfrontiert worden. Solch eine Diagnose ist schockierend und wirft viele Fragen auf. Dieser Ratgeber soll Ihnen helfen, einige dieser Fragen zu beantworten und sich über die Krankheit und deren Therapiemöglichkeiten zu informieren. In Deutschland erkranken pro Jahr laut Robert-KochInstitut rund 49.000 Männer an Prostatakrebs. Damit ist das Prostatakarzinom die häufigste Krebserkrankung der Männer im Alter zwischen 60 und 80 Jahren. Die Überlebenschancen sind jedoch gut, da nur etwa 10 % der Erkrankten daran versterben. Je nach Schweregrad der Erkrankung gibt es sowohl operative als auch medikamentöse Therapiemöglichkeiten, die wir im Folgenden näher erklären werden. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass dieser Ratgeber nicht das persönliche Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt ersetzt sondern lediglich als unterstützende Information dient. Ihre Speciality European Pharma GmbH 3 Anatomie und Funktion der Prostata Die inneren Geschlechtsorgane eines Mannes werden aus dem Hoden, den Nebenhoden, Samenleiter, Samenblasen, kleineren Drüsen und der Prostata gebildet. Prostata Die Prostata hat beim gesunden Mann etwa die Größe einer Kastanie und wird auch Vorsteherdrüse genannt. Sie liegt nahe am Mastdarm sowie an der Harnblase und umschließt einen Teil der oberen Harnröhre. 4 Als Hauptaufgabe erfüllt die Prostata die Sekretbildung, welches das Sperma verflüssigt. Zusammen mit anderen Enzymen und Eiweißen verleiht das Sekret der Samenflüssigkeit ihren typischen Geruch, ihre milchig-trübe Verfärbung sowie die Dünnflüssigkeit. Die Funktionsfähigkeit sowie das Wachstum der Prostata werden durch das Geschlechtshormon Testosteron gesteuert. Die Testosteronbildung geschieht in den Hoden und wird über Hormone gesteuert, die im Gehirn freigesetzt werden und die Produktion des Geschlechtshormons anregen. Prostatakarzinom: Ursachen und Symptome Hauptursache für die Bildung des Prostatakrebses ist das Geschlechtshormon Testosteron, das in den Hoden gebildet wird und für das Wachstum der Prostata verantwortlich ist. Als weitere Ursachen können genetische Faktoren als auch die Ernährung sowie das Alter eine Rolle spielen. Bei jedem zweiten Mann verändert sich die Prostata ab dem 50. Lebensjahr ohne jedoch Krebs zu entwickeln. Eine regelmäßige Untersuchung ab dem 50. Lebensjahr 5 wird empfohlen. 90 % der Erkrankten sind bereits älter als 60 Jahre. Das Prostatakarzinom verursacht in einem frühen Krankheitsstadium kaum Symptome, weshalb die frühzeitige Diagnose häufig bei Vorsorgeuntersuchungen gestellt wird oder auf dem Zufall beruht. Erst bei fortgeschrittenem Stadium zeigen sich Symptome wie Erektionsstörungen, Gewichtsverlust, Knochenund Rückenschmerzen, Blut im Urin oder Ejakulat oder Störungen bei der Blasenentleerung. Am häufigsten treten Blasenentleerungsstörungen auf, da die Prostata einen Teil der oberen Harnröhre umschließt und bei einer Vergrößerung diese einengt. Blasenentleerungsstörungen sind typisch für ein Prostatakarzinom, können aber auch auf eine gutartige Ver6 größerung der Prostata hindeuten und müssen daher vom Arzt genau untersucht werden. Diagnosemöglichkeiten Als frühzeitiges Indiz für ein Prostatakarzinom kann eine Veränderung des PSA-Wertes dienen. Als PSA wird das Prostata spezifische Antigen bezeichnet, das in der Prostata zusammen mit dem Sekret gebildet wird und im Blutkreislauf nachweisbar ist. Eine vermehrte PSA-Bildung kann auf eine bösartige Veränderung des Prostatagewebes hindeuten. Es kann jedoch auch auf eine Entzündung oder gutartige Prostatavergrößerung zurückzuführen sein. Eine Ultraschall- oder Tastuntersuchung zur genaueren Diagnostik ist daher ratsam. Dabei wird ein Ultraschall- 7 kopf oder Finger durch das Rektum eingeführt. Veränderungen, wie z. B. der Form und Größe der Prostata sind hierbei auf dem Monitor sichtbar. Tastbar sind Veränderungen der Form oder Größe nur in einem sehr späten Stadium. Durch eine Tastuntersuchung werden lediglich 2 – 5 % der Prostatakarzinome erkannt, die häufig aufgrund ihres fortgeschrittenen Stadiums nicht mehr heilbar sind. Eine (digitale) rektale Untersuchung ist unangenehm aber vollkommen schmerzfrei und dauert nur wenige Minuten. Sollte sich der Verdacht des Prostatakarzinoms nicht entkräften, wird eine Gewebeentnahme, auch Biopsie genannt, empfohlen. Nur diese Untersuchung kann sicheren Aufschluss über eine Veränderung der Prostata geben. Bei der Biopsie entnimmt der Arzt unter Narkose mehrere Gewebeproben aus der Prostata. Diese Gewebeproben werden anschließend im Labor auf Krebszellen untersucht. Die Gewebeentnahme ist für den Patienten ungefährlich und aufgrund der Narkose schmerzlos. Sollte durch die Biopsie ein bösartiger Tumor der Prostata diagnostiziert werden, sind weitere Untersuchungen unerlässlich. Hierbei muss festgestellt werden in welchem Stadium sich die Erkrankung befindet. Mittels Harnröhrenspiegelungen, Computer-Tomographie und ähnliches lässt sich feststellen, ob der Tumor auf 8 die Prostata beschränkt ist oder bereits andere Organe, wie z. B. Knochen und/oder Lymphknoten befallen hat. Die anschließende Therapie basiert auf dem Schweregrad der Erkrankung. Therapiemöglichkeiten Sollte das Prostatakarzinom sehr langsam wachsen und die Lebenserwartung mehr als 10 Jahre betragen, kann in Absprache mit dem Patienten die Therapie verschoben werden. Dabei wird der Status des Karzinoms regelmäßig erhoben und eine Behandlung erst begonnen, wenn Symptome auftreten oder die Situation für den Patienten lebensbedrohlich wird. Diese Form der Behandlung wird als „watchful waiting“ bezeichnet. Sollte der Prostatakrebs lokal begrenzt sein, d.h. sich innerhalb der Prostata befinden, wird eine Operation empfohlen. Dabei wird die Prostata vollständig entfernt. Diese Art der Therapie wird als radikale Prostatektomie bezeichnet. Der Prostatakrebs gilt danach als geheilt und stellt keine weitere Bedrohung für den Patienten dar. Als weitere Möglichkeit besteht die Strahlentherapie. Bei der Strahlentherapie wird der Tumor von außen oder von innen bestrahlt und zerstört. Eine innere Strahlentherapie wird als Brachytherapie bezeichnet. Dazu 9 werden in die Prostata radioaktive Teilchen, sogenannte „Seeds“, eingesetzt, die den Tumor gezielt in unmittelbarer Nähe bekämpfen. Dabei ist eine höhere und fokussierte Strahlung möglich als vergleichsweise bei der äußeren Bestrahlung. Nach einer erfolgreichen Strahlentherapie ist ein erneuter Ausbruch der Krankheit selten aber möglich. Bei einem fortgeschrittenen Prostatakarzinom ist eine radikale Prostatektomie keine Therapiemöglichkeit, da sich der Tumor bereits außerhalb der Prostata in anderen Organen befindet und/oder Knochen- und Lymphgewebe befallen hat. Hier ist eine Bestrahlung in Kombination mit einer Hormonentzugstherapie zu empfehlen, um die Größe des Tumors zu verkleinern sowie ein weiteres Ausbreiten zu unterbinden. 10 Bei einer Hormonentzugstherapie wird die Bildung des Geschlechtshormons Testosteron, was für das Wachstum der Prostata verantwortlich ist, unterbunden. Dem Krebs wird somit der Grundstoff für ein weiteres Wachstum genommen. Bei einer Hormonentzugstherapie können entweder sogenannte LHRH-Agonisten, GnRH-Blocker oder alternativ Antiandrogene eingesetzt werden. LHRH (=Luteinisierendes Hormon-Releasing-Hormon, wird auch GnRH =Gonadotropin Releasing Hormone genannt) ist das Hormon, welches vom Gehirn aus über verschiedene andere Hormone (LH und FSH) die Bildung von Testosteron im Hoden anregt. Sogenannte LHRHAgonisten führen vorerst zu einer übermäßigen Produktion von Testosteron bis letztendlich der Hoden kein Testosteron mehr bilden kann (durch eine sogenannte negative Rückkopplung). Bei dieser medikamentösen Therapie wird somit zunächst der Testosteronspiegel und auch der PSA-Wert erhöht, welches zusätzlicher Nährstoff für das Wachstum des Karzinoms sein kann. Um diesen Anstieg zu unterbinden, werden zusätzlich bei dieser Therapieform so lange Antiandrogene verabreicht, bis der Hoden die Produktion des Testosterons eingestellt hat. Nach diesem sogenannten „Flare-up“ können die Antiandrogene abgesetzt werden, was in der Regel nach wenigen Wochen erfolgt. Danach ist nur noch die Gabe des LHRHAgonisten notwendig. 11 Sogenannte GnRH-Blocker, wie z.B. der Wirkstoff Abarelix, blockieren das GnRH und somit die Produktion von Testosteron direkt. Die Produktion von GnRH (=LHRH) wird dabei nicht gesteigert. Dadurch wird bereits nach wenigen Tagen keinerlei Testosteron mehr produziert. Der Nährstoff für ein weiteres Wachstum des Tumors ist durch die direkte Blockade bereits nach wenigen Tagen nicht mehr vorhanden. Eine zusätzliche Medikamentengabe zur Initialunterdrückung das Testosterons ist bei dieser Therapie nicht notwendig. Antiandrogene beeinflussen die Testosteronbildung nicht, sorgen aber dafür, dass das Testosteron in der Prostata nicht mehr wirksam werden kann und damit auch 12 nicht in den Tumorzellen. Bei der sogenannten maximalen Androgenblockade (MAB) werden beide Therapien, die LHRH-agonisten oder die GnRH-Blocker zusammen mit Antiandrogenen verordnet. Man versucht hiermit nicht nur die Produktion des Testosterons in den Hoden anzuhalten, sondern auch die Wirkung, des noch von der Nebenniere produzierten Testosterons zu unterbinden. So kann kein Testosteron mehr in der Prostata wirksam werden. Eine medikamentöse Behandlung wirkt sich ebenso wie die Strahlentherapie auf das Wachstum und Verbreitung des Tumors aus. Sie kann eine Verkleinerung der Prostata bewirken und somit den Erfolg einer Strahlentherapie maßgeblich unterstützen. Alternativ zur medikamentösen Hormonentzugstherapie können durch eine Operation beide Hoden entfernt werden. Dies hat den Selben Effekt: Die Bildung von Testosteron wird gestoppt. Ist das Prostatakarzinom bereits sehr weit fortgeschritten und/oder spricht nicht mehr auf eine medikamentöse Hormonentzugstherapie (sog. Kastrationsrefraktärer Tumor) an, wird eine Chemo- oder Strahlentherapie angewandt. Bei einer Chemotherapie werden sogenannte Zytostatika eingesetzt, die die Zellteilung unterbinden und die krankhaften Zellen zerstören. In der Regel vermehren sich Krebszellen besonders schnell, wodurch eine Chemothe13 rapie sehr wirksam ist. Das Prostatakarzinom wächst jedoch im Vergleich zu anderen Krebsarten sehr langsam, d.h. die Zellteilung-/vemehrung dauert vergleichsweise lange, wodurch der Erfolg einer Chemotherapie nicht sehr hoch ist. Eine Chemotherapie wird daher häufig nur eingesetzt, um die Lebensqualität zu verbessern und die Überlebenszeit zu verlängern. Häufig erfolgt eine Chemotherapie in Begleitung mit einer Schmerztherapie. Sollte das Prostatakarzinom bereits gestreut und sogenannte Metastasten gebildet haben, treten diese häufig in den Lymphknoten oder Knochen auf. Dies führt zu starken Schmerzen und schnellen Knochenbrüchen. In diesen Fällen wird eine Bestrahlung der Metastase (Strahlentherapie) durchgeführt, um das Voranschreiten der Streuung zu unterbinden und die Schmerzen zu lindern. Sollten bereits so viele Metastasen vorhanden sein, dass eine Bestrahlung einzelner Herde nicht mehr möglich ist, können Medikamente gespritzt werden, die im ganzen Körper und insbesondere den Knochen wirken. Diese Medikamente wirken sich jedoch stark auf die Blutbildung und das Knochenmark aus und können dies schädigen. Weiterhin können sogenannte Biophosphate eingenommen werden, die den Knochenabbau und somit die Gefahr von Knochenbrüchen minimieren. 14 Nebenwirkungen Bei allen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten kann es zu Nebenwirkungen kommen. So können zum Beispiel nach der Biopsie Wundheilungsstörungen, wie z.B. Entzündungen an den Einstichstellen, Blutungen, Fieber oder Schüttelfrost auftreten. Als wichtigste Nebenwirkungen sind bei der radikalen Prostatektomie Impotenz, Harninkontinenz und Harnröhrenenge zu nennen. 15 Die Hormonentzugstherapie führt medikamentös zu einer Kastration des Mannes, was unter anderem Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen, sexuelle Störungen, sowie Antriebslosigkeit hervorrufen kann. Das Selbe gilt für die operative Kastration mittels Entfernung der Hoden. Eine Chemotherapie kann unter anderem zu Haarausfall, Durchfällen, Erbrechen und Nervenschädigungen führen. Weiterhin werden häufig auch naheliegende gesunde Zellen zerstört, was zu weiteren Nebenwirkungen/ Komplikationen führen kann. Eine Strahlentherapie kann ebenfalls zu Übelkeit und Erbrechen sowie zu möglichen Entzündungen von naheliegendem Gewebe oder Organen führen. Therapieleitlinien Für ausführliche Informationen über die Prostatakrebserkrankung und deren Therapie empfehlen wir Ihnen den evidenzbasierten Patientenratgeber der Deutschen Krebsgesellschaft, den Sie unter www.krebsgesellschaft.de ­herunterladen können. 16 Kontaktadressen Weitere Informationen erhalten Sie unter: Deutsche Krebshilfe e.V. Buschstraße 32 53113 Bonn Telefon: (0228) 729 90-0 Telefax: (02 28) 729 90-11 E-Mail: [email protected] Internet: www.krebshilfe.de Bundesverband Prostatakrebshilfe e.V. (BPS) Alte Straße 4 30989 Gehrden Telefon: (0 51 08) 92 66 46 Telefax: (0 51 08) 92 66 47 E-Mail: [email protected] Internet: www.prostatakrebs-bps.de Krebsinformationsdienst Deutsches Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 280 69120 Heidelberg Telefon: (0800) 420 30 40, täglich von 8 bis 20 Uhr E-Mail: [email protected] Internet: www.krebsinformationsdienst.de 17 Glossar Antiandrogene Arzneistoffe, die die Wirkung der männlichen Geschlechtshormone hemmen. Biophosphate Medikamente die den Knochenabbau hemmen. Biopsie Entnahme einer Gewebeprobe zur mikroskopischen Untersuchung. Brachytherapie Art einer Strahlentherapie bei der radioaktive Kapseln, sogenannte Seeds, in unmittelbarer Nähe des Tumors eingesetzt werden. Chemotherapie Medikamentöse Therapie, um Tumore am Wachstum zu hindern oder abzutöten. Computertomographie Computergestütztes Röntgenverfahren bei dem die Organe in einzelnen Schichten dargestellt werden. 18 Flare-up Anstieg des Testosterons nach Einnahme von LHRH-Agonisten. Gonadotropin-Releasing-Hormon-Blocker Medikamente zur vollständigen Blockierung des Testosterons innerhalb weniger Tage. Hormonentzugstherapie Medikamentöse Therapie zur Unterdrückung männlicher Geschlechtshormone. Impotenz Verlust der Erektionsfähigkeit. Inkontinenz Unvermögen den Harndrang zu kontrollieren. Kastration Operative Entfernung der Hoden oder Unterdrückung derer Funktion anhand von Arzneimittel. Karzinom Bösartiger Tumor. 19 LHRH-Agonisten Medikamente, mit einer ähnlichen Wirkung des natürlichen Luteinisierungs-Hormon-ReleasingHormon, zur Unterdrückung der männlichen Geschlechtshormone. Metastase Tochtergeschwulst des ursprünglichen Tumors in anderen Körperregionen/Organen. Prostatektomie Chirurgische Entfernung der Prostata. PSA Abkürzung für Prostata spezifisches Antigen, welches in der Prostata gebildet wird. Eine vermehrte Bildung dieses Antigens deutet auf eine Veränderung der Prostata hin, die genau untersucht werden muss. Rektum Auch Enddarm genannt, verbindet Dickdarm und After. Seeds Radioaktive Kapsel für die Brachytherapie. 20 Testosteron Männliches Geschlechtshormon, das überwiegend in den Hoden gebildet wird. Tumor Unkontrolliertes, gut- oder bösartiges, Gewebewachstum. Zytostatika Medikamente zur Chemotherapie. 21