DTG1009_17-18_Wawrzinek 25.09.2009 14:58 Uhr Seite 17 Ortho Tribune 17 Mikrotraumatisierung des kortikalen Knochens nach Insertion von Mikroschrauben von Christian Wawrzinek und OA Dr.Thorsten Sommer KIEL – Die skelettale Verankerung mithilfe von Mikroschrauben hat in den letzten Jahren zunehmend Einzug in die tägliche kieferorthopädische Therapie gehalten. Die Vermeidung von reziproken Zahnbewegungen, Unabhängigkeit von der Patientencompliance sowie häufig reduzierte Behandlungsdauer und -kosten sind nur einige der vielen Vorteile dieser Technik. Trotz der mittlerweile starken Verbreitung der Mikroschrauben in der kieferorthopädischen Therapie sind die Verlustraten der eingesetzten Mikroschrauben nach wie vor als recht hoch zu betrachten. So wird die Häufigkeit des Schraubenverlustes durch Fraktur oder Lockerung der Schrauben in der Regel zwischen 0 und 30 Prozent angegeben. Daher beschäftigt sich eine Vielzahl der aktuellen Studien zum Thema der Mikroschrauben eingehend mit den Ursachen des Schraubenverlustes. Als ursächlich wurden präoperative Faktoren wie z. B. die Wahl des Insertionsortes, intraoperative Faktoren wie das Setzen eines Insertionstraumas und schließlich postoperative Faktoren, z. B. die Fehlbelastung der Mikroschrauben, genannt. Da noch sehr wenig über die Auswirkungen der intraoperativen Faktoren bekannt ist, sollte mit dieser Studie die intraoperative Traumatisierung des Knochens näher untersucht werden. Nach aktuellem Wissensstand soll bei der Insertion einer Mikroschraube versucht werden, eine möglichst hohe Primärstabilität zu erreichen. Als verlässliches Maß für die Primärstabilität einer Mikroschraube gilt deren Eindrehmoment bei Insertion. Primärstabilität bedeutet die initiale Stabilität einer Schraube direkt post insertionem durch möglichst großen Kontakt zwischen Schraubengewinde und Knochen. Aus dem Bereich der dentalen Implantologie ist bekannt, dass die Primärstabilität nach der Insertion eines Implantates allerdings kontinuierlich durch knöcherne Umbauvorgänge reduziert wird. Dieser Knochenumbau ist die Reaktion des Knochens auf das Insertionstrauma. Er stärkt zwar langfristig den Halt der Schraube im Knochen erneut als sogenannte Sekundärstabilität. Doch zwischen den beiden Phasen der Primär- und Sekundärstabilität entsteht ein für die Stabilität der Schraube kritischer Zeitraum. Während dieser Zeitspanne ist weniger neue Sekundärstabilität durch Knochenanbau erzeugt worden als Primärstabilität durch Knochenabbau verloren gegangen ist. Diese Phase eingeschränkter Stabilität wird als „Stabilitätslücke“ bezeichnet. Aus dem Bereich der dentalen Implantologie ist allerdings auch bekannt, dass eine zu große Primärstabilität einen negativen Einfluss auf die Ausprägung der Stabilitätslücke haben kann: Wird etwa ein besonders kleiner Vorbohrdurchmesser oder gar keine Vorbohrung gewählt, so ist nach Insertion zwar mit einer großen Primärstabilität zu rechnen. Aber durch starke Kompression des zirkumferenten Knochens auftretende große Ring- spannungen können zu Mikrotraumen in Form von Rissen, lokaler Ischämie und Knochennekrosen führen. Ein Auftreten von Mikrotraumen hat per se allerdings keinen pathologischen Wert. Sie treten hingegen bereits unter physiologischen Belastungen des Knochens auf und induzieren – zumindest in vitalem Knochen – den aktiven Knochenumbau. So wird solch traumatisiertes Knochengewebe physiologischerweise wieder durch neu gebildeten Ersatzknochen substituiert. Eine umfangreiche Mikrotraumatisierung des Knochens bei der Mikroschraubeninsertion könnte aber so extensive Knochenumbauvorgänge induzieren, dass wiederum eine niedrige Gesamtstabilität im Bereich der Stabilitätslücke resultiert. Ein vorzeitiger Schraubenverlust könnte die Folge sein. Material und Methoden Im Rahmen dieser Studie sollte untersucht werden, wie umfangreich der Knochen bei der Insertion von Mikroschrauben traumatisiert wird und welche Auswirkungen diese Schädigungen des knöchernen Schraubenlagers haben könnten. Hierzu wurden an sechs präparierten Schweinebeckenknochen 75 Vorbohrungen mit einem Durchmesser von 1,0 mm vorgenommen. Anschließend wurden insgesamt 60 Mikroschrauben – 20 vom Typ „Aarhus Mini Implant“ (1,5 mm x 7,7 mm), 20 vom Typ „AbsoAnchor“ (1,3 mm x 8 mm) und 20 vom Typ „DualTop“ (1,4 mm x 8 mm) – nach Herstellerangaben inseriert (Präparate der Schraubengruppe). Um eine Kompression des Knochens durch den Schrau- Abb. 1: Insertionstiefe entsprechend des Versuchsaufbaus. benkragen zu vermeiden, wurde jeweils nur so tief inseriert, dass etwa 0,5 mm des Gewindeanteils außerhalb des Knochens verblieben (Abb. 1 und 2). In die restlichen 15 Pilotbohrungen wurden zu Referenzzwecken keine Schrauben inseriert (Referenzgruppe). Aus den Knochensegmenten wurden anschließend 75 kortikale Querschnittspräparate hergestellt, die dann für die Analyse im Raster-Elektronenmikroskop aufbereitet wurden. Bei einer Vergrößerung von 500:1 wurden die Mikrorisse im periimplantären Knochen ab einer Länge von 50 µm registriert.Die statistische Auswertung erfolgte anhand der Variablen „Rissanzahl“, „Gesamtsumme der Risslängen“, „längster Riss“, „Radius der maximalen Rissausbreitung“, und „maximale Rissbreite“. Ergebnisse In allen Präparaten der Schraubengruppe konnten Mikrotraumen in Form von Abb. 2: Insertierte Minischrauben laut Versuchsaufbau. Abb. 3: Mikrorisse linear entlang des Faserverlaufs. Abb. 4: Mikrorisse linear entlang des Faserverlaufs. Abb. 5: Mikrorisse linear entlang des Faserverlaufs. Abb. 6: Mikrorisse linear entlang des Faserverlaufs. Abb. 7: Referenzprobe: Pilotbohrung ohne Schraubeninsertion. Mikrorissen gefunden werden. Die Risse verliefen hauptsächlich entlang des osteonalen Faserverlaufs und zeigten in der Regel eine lineare Ausrichtung (Abb. 3 bis 6).Vereinzelt traten allerdings auch breitere Risse auf, die nicht dem knöchernen Faserverlauf folgten. Vermehrte Rissbildungen waren in den knöchernen Bereichen sichtbar, die den äußeren Kanten der Schraubengewinde benachbart waren. Signifikante Unterschiede im Ausmaß der Mikrotraumen konnten zwischen den drei verwendeten Schraubensystemen nicht eindeutig festgestellt werden. Mikrorisse mit einer Länge von bis zu 1.500 µm wurden registriert. Die Länge der Risse pro Präparat lag innerhalb der Schraubengruppe bei 179,77 µm ± 151,51 µm. Die Werte der gemessenen Rissanzahl variierten in dieser Gruppe zwischen fünf und 30 pro Präparat, im Mittel lagen sie bei 15,92 ± 5,60. Im Mittel betrugen in dieser Gruppe die Summe der Risslängen 2.856,23 µm ± 1.215,80 µm, der längste Riss pro Präparat 531,02 µm ± 260,53 µm, der maximal gemessene Radius der Rissausdehnung 914,17 µm ± 201,49 µm und die maximale Rissbreite 14,33 µm ± 6,94 µm. Auch die Referenzproben wiesen – in geringerem Umfang als in der Schraubengruppe – Mikrorisse auf (Abb. 7). Die Risse verliefen fast ausschließlich entlang des osteonalen Knochenaufbaus. Die Länge der Risse pro Präparat in der Referenzgruppe lag im Mittel bei 149,43 µm ±85,76 µm. In dieser Gruppe reichten dieWerte der gemessenen Rissanzahl von einem bis zu zehn Rissen pro Präparat, im Mittel lagen sie bei 6 ± 2,88. Im Mittel betrugen in der Gruppe der Referenzpräparate die Summe der Risslängen 896,56 µm ± 566,12 µm, der längste Riss pro Präparat 238,12 µm ± 116,47 µm, der maximal gemessene Radius der Rissausdehnung 669,05 µm ± 105,87 µm und die maximale Rissbreite 5,33 µm ± 2,61 µm. Durch Insertion der Schrauben resultierte ein statistisch signifikanter ª DTG1009_17-18_Wawrzinek 25.09.2009 14:59 Uhr Seite 18 18 Ortho Tribune ª ser Studie konnte gezeigt werden, dass durch die Insertion von kieferorthopädischen Mikroschrauben eine Schädigung des Knochens in Form von Mikrorissen in erheblichem Ausmaß auftritt. Die drei verwendeten Schraubensysteme schienen dabei einen ähnlich starken Einfluss auf die Bildung von Mikrorissen zu haben. Das hier aufgezeigte Ausmaß der Schädigungen des Knochens in Umgebung von inserierten Mikroschrauben lässt erkennen, dass es hierdurch Anstieg der Mikrotraumen in allen oben genannten Variablen gegenüber den Referenzproben (Abb. 8 und 9). Diskussion und Schlussfolgerungen Mikrotraumen bzw. Mikrorisse geringen Ausmaßes sind physiologischerweise in alveolärem Knochen vorhanden. Sie stellen bekanntermaßen eine Induktion für physiologische Knochenumbauvorgänge dar. In die- bereits zu einer Verringerung der Schraubenstabilität kommen kann. Für den stabilen Halt der Schraube über die Dauer der Behandlung erscheint es so bereits aus diesem Grunde sinnvoll, eine starke Traumatisierung des Knochens bei der Insertionsprozedur zu vermeiden. Auch im Hinblick auf die Begrenzung zu intensiver Knochenumbauvorgänge, die sich einer Traumatisierung von vitalem Knochen anschließen und den Halt einer Mikroschraube weiter verschlechtern, sollte versucht werden, die Verformung des Knochens bei Schraubeninsertion auf niedrigem Niveau zu halten. Mit dieser Arbeit konnte die Bedeutung der Mikrotraumatisierung des Knochens bei Insertion von Mikroschrauben dargestellt werden. In zukünftigen Studien sollte nun untersucht werden, welchen Einfluss die verschiedenen Insertionsparameter auf die Bildung der Mikrotraumen haben. Außerdem gilt es Abb. 8: Vergleich der Versuchsgruppen nach Anzahl der Risse. ANZEIGE Abb. 9: Vergleich der Versuchsgruppen nach längstem Riss. ungn*preis n h c e r l Beispieersorgung Komponente *Einzelz *inkl. Verschlußschraube *inkl. Verschlußschraube VISION LOGIC Konisches wurzelförmiges Implantat mit Tri-Lobe Rotationsschutz Selbstschneidendes knochenverdichtendes Implantat mit Platform-Switching und Innen-Hex ahnv 89,.............. .. .. .. ) t d a a t e Implan elf Thr .15,Logic, S .............. .. (Vision, .. .. .. .. .. ............ .......0,fosten.. Abheilp osten.... f p k c u r =Abd pfosten .....12,Einbring .............. .. .. .. .. .. .. .... plantat.. ..... 39,Modellim .............. .. .. .. .. .. .. ...... osten.... Titan-Pf E p Gesamt zzgl. Mw 155,- reis zu überprüfen, ob die aktuellen Schraubendesigns so angepasst werden können, dass bei ausreichender Primärstabilität eine Verringerung der Knochenschädigung erreicht werden kann. So könnte eine Reduktion der Verlustraten von orthodontischen Mikroschrauben gelingen. 0T Kontakt: Dr. Thorsten Sommer Klinik für Kieferorthopädie UK S-H Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 16 24116 Kiel Tel.: 04 31/5 97-28 81 Fax: 04 31/5 97-29 55 [email protected] St. Die Literaturliste ist auf Anfrage in der Redaktion erhältlich. Kurzvita Christian Wawrzinek *inkl. 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Preis der DGKFO auf der kieferorthopädischen Jahrestagung für das Poster „Microdamage in cortical bone due to overtightening of orthodontic micro-screws“ DTG1009_19-20_Wichelhaus 25.09.2009 17:52 Uhr Seite 19 Ortho Tribune 19 Vom Kleinkind bis zum Senior: Die weitreichende Bedeutung der kieferorthopädischen Behandlung von Prof. Dr. Andrea Wichelhaus, Schweiz Abb. 2: Innerhalb von einem Jahr lässt sich der offene Biss durch minimalinvasive therapeutische Maßnahmen schließen und die weitere Entwicklung der Kieferknochen und Zähne kann normal ablaufen. lungen zu den primären Anwendungsbereichen. In den vergangenen Jahren hat es speziell in der Erwachsenenkieferorthopädie Neuentwicklungen gegeben. Immer mehr Erwachsene sind daran interessiert, eine schiefe Zahnreihe doch noch einmal zu korrigieren. Bei Kindern und Jugendlichen sind neben genetisch bedingten Fehlstellungen des Kiefers 40 Prozent der kieferorthopädischen Behandlungen auf Lutschen oder die schlechte Pflege der Milchzähne zurückzuführen. Auch die Zahl der erwachsenen Patienten nimmt stetig zu. Dabei geht es nicht nur um ästhetische Aspekte, sondern auch um die Kaufunktion. Um etwa Platz für Implantate zu schaffen, ist oftmals eine kieferorthopädische Vorbehandlung nötig. Kieferorthopädische Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen Abb. 3 und 4: Kreuzbiss: der Schmalkiefer im Oberkiefer führt zu einer falschen Verzahnung im Seitenzahnbereich. Dabei stehen die Oberkieferzähne weiter innen und die Unterkieferzähne weiter außen. Abb. 5 und 6: Nach forcierter Gaumennahterweiterung und Dehnung des Oberkiefers entwickelt sich der Zahnbogen normgerecht und ermöglicht einen regulären Durchbruch der übrigen Seitenzähne. Abb. 7: Die Kieferfehlstellung zeigt ein deutliches Knochendefizit im Unterkiefer. Dadurch entsteht eine große Stufe zwischen den Oberkiefer- und Unterkieferfrontzähnen. 1. Interzeptive Behandlung 2. Funktionskieferorthopädische Behandlung 3. Festsitzende Behandlung. punkt versäumt, ist in vielen Fällen eine orthopädische Beeinflussung der Kieferfehlstellun- ª ANZEIGE 2009 Orthodontics The Midfacial Region Contemporary Diagnostics and Modern Treatment PRAGUE November 26–28, 2009, Nosticky-Palace www.orthodontics-ios.eu Bei der interzeptiven Behandlung (Abb. 1 bis 6) ist das Ziel die Korrektur von Zahnfehlstellungen, die durch äußere Umstände, beispielsweise schädigende exogene Umwelteinflüsse, hervorgerufen wurden. Hierzu zählen insbesondere der offene Biss und der Kreuzbiss. In vielen Fällen können so umfangreiche Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt vermieden werden. Die funktionskieferorthopädische Behandlung (Abb. 7 und 8) greift orthopädisch in das Wachstum der Kiefer ein. Dabei kann das Wachstum des Oberkiefers oder Unterkiefers gehemmt oder gefördert werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist, in Abhängigkeit von dem Schweregrad der Kieferfehlstellung, dass die Therapie zum richtigen Zeitpunkt be- Total number of international credit hours: 14 Sponsored by: DENTAURUM, DTI Institute ild ungsp 12+6 kte Abb. 10: Lippen-Kiefer-Gaumenspalte im frühen Wechselgebiss während der Behandlung mit herausnehmbaren Geräten zur Nachentwicklung der Kiefer. Die herausnehmbare und festsitzende Behandlung von Kindern und Jugendlichen wird in verschiedene Anwendungsgebiete gegliedert: gonnen wird. Beim Großteil der Patienten ist dies im Alter zwischen dem achten und zwölften Lebensjahr. Wird dieser Zeit- un Abb. 9: Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und Situation der Kiefer im Säuglingsalter. Abb. 8: Durch herausnehmbare funktionskieferorthopädische und festsitzende Apparaturen wurde die Kieferfehlstellung korrigiert und ermöglicht nun einen normalen Mundschluss und Abbeißfunktion für den Patienten. Zahnfehlstellungen sind bei Kindern häufig durch ein herausnehmbares System oder eine festsitzende Spange zu beheben. Welche Form notwendig ist, hängt vom Alter und vom individuellen Problem ab. Nur in schweren Fällen oder bei Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten ist eine Operation notwendig. Abb. 11 und 12: Lippen-Kiefer-Gaumenspalte vor und in der Endphase der orthodontischen Behandlung. b Abb. 1: Der offene Biss oder die fehlende Überlappung der Frontzähne kann durch das Lutschen und/oder Atmen durch den Mund entstehen. Dies begünstigt Erkrankungen der oberen Atemwege. den Behandlung bei Kindern und Jugendlichen, gehören die Spaltbehandlung und die (interdisziplinäre) Behandlung schwieriger Zahnfehlstel- Fort BASEL – Das therapeutische Spektrum der kieferorthopädischen Behandlung umfasst viele Bereiche. Neben der herausnehmbaren und festsitzen- DTG1009_19-20_Wichelhaus 25.09.2009 17:52 Uhr Seite 20 20 Ortho Tribune Prof. Dr. Andrea Wichelhaus im Interview Abb. 13: Patientin mit fehlenden Zähnen im Bereich der Oberkieferfront und Zahnformanomalie (zu schmale Zähne). Abb. 14: Nach kieferorthopädischer festsitzender Therapie, chirurgischer Implantatversorgung, prothetischer Behandlung mit Kronen und Keramikschalen (Veneers) zeigt sich ein funktionell und ästhetisch gutes Behandlungsergebnis. „Die Erwachsenenbehandlung ist ganz klar zunehmend …“ Sehen Sie einen verstärkten Trend zu kieferorthopädischen Maßnahmen im Erwachsenenalter? Ja, auf jeden Fall. Das dentale Bewusstsein nimmt zu: nicht nur in der Ästhetik, sondern auch in der Funktion. Die prothetischen Versorgungen sind ja auch besser geworden, das heißt, man braucht bessere Ausgangsbedingungen, um einen Zahnersatz machen zu können. Wir machen ganz häufig auch Vorbehandlungen, z.B. vor Implantaten und prothetischer Behandlung. Das Bewusstsein hat sich geändert und die Erwachsenenbehandlung ist ganz klar zunehmend. Warum und wann sollten sich Erwachsene, deren Zähne seit Jahren schief stehen, behandeln lassen? Natürlich aus funktionellen Gründen, das ist das, was wir primär sehen. Wenn Zähne falsch stehen, werden sie häufig auch falsch belastet. Das kann den Zahnhalteapparat schädigen, das Zahnfleisch kann sich frühzeitig zurückziehen oder die Zähne stehen zu eng, um sie gut reinigen zu können, was dann zu einer frühen Karies führen kann. Der Patient sieht natürlich primär nicht die funktionellen zahnärztlichen Aspekte, sondern die ästhetischen. Und man weiß ja, dass die Zähne einen wichtigen Punkt in der Gesichtsästhetik darstellen. Abb. 15 bis 17: Kieferorthopädische und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgische Behandlung bei vererbt bedingtem Wachstumsüberschuss im Unterkiefer. Nach der Behandlung besteht eine normgerechte Verzahnung, die eine weitere zahnärztliche Versorgung auch in höheren Lebensjahren erst ermöglicht. ª gen nicht mehr möglich und es können dann nur noch kompensatorische orthodontische Maßnahmen bzw. orthodontischchirurgische Korrekturen durchgeführt werden. Spaltbehandlung (Abb. 9 bis 12) Die Behandlung von Spalten im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich erfordert ein interdisziplinäres Team an der Klinik. Die kieferorthopädische Behandlung erstreckt sich vom Säuglings- bis ins Erwachsenenalter. Die kieferorthopädische Aufgabe besteht neben der Wachstumsunterstützung des Spaltkiefers in einer korrekten Einreihung der Zähne in die entsprechende Position, damit im Anschluss eine korrekte prothe- Stichwort Ästhetik: gerade auffällige Brackets werden häufig als ästhetisch störend empfunden. Welche Möglichkeiten bietet die moderne Kieferorthopädie den Patienten? Im Prinzip kann man für alle Patienten etwas anbieten. Neben den konventionellen Stahlbrackets gibt es keramische Varianten, die man von außen auf die Zähne kleben kann. Wem das immer noch zu auffällig ist, dem kann auch eine feste Spange an der Zahninnenseite befestigt werden, sodass man von außen gar nichts mehr sieht. Dann gibt es noch eine weitere Alternative, mit der man jedoch nicht alle Fehlstellungen wird behandeln können: das sind durchsichtige tische Versorgung des Spaltbereichs mit Brücken oder Implantaten erfolgen kann. Interdisziplinäre Behandlung schwierigerer Zahnfehlstellungen (Abb. 13 bis 17) Schwierige Zahnfehlstellungen sind Zahnfehlstellungsanomalien, die in der Regel nur im interdisziplinären Team lösbar sind. Dazu gehören Patienten mit multiplen Nichtanlagen von Zähnen. Die kieferorthopädisch-orthodontische Aufgabe Schienen, die in Form von Kunststoffkappen über die Zähne gestülpt werden. Allerdings sind die festen Apparaturen präziser und wirksamer. Was wird von den Patienten bevorzugt? Der Patient möchte natürlich einen Eingriff, der so konservativ und wenig invasiv wie möglich ist. Die Wahl der Apparatur hängt davon ab, welche Fehlstellung beim Patienten vorliegt. Wenn die Zähne nur wenig gedreht sind, kann ich das mit minimalem Aufwand korrigieren. Bei größeren Fehlstellungen, wenn beispielsweise Zähne entfernt werden müssen, weil nicht genug Platz vorhanden ist, ist eine geklebte Variante mit festen Brackets besser, weil der gesamte Zahn mitsamt der Wurzel gezielt bewegt werden kann. Diese Aspekte sind für die Stabilität des Behandlungsergebnisses entscheidend. Welche Vorteile haben feste Apparaturen gegenüber herausnehmbaren Spangen? Das hat in erster Linie biomechanische Vorteile. Mit herausnehmbaren Apparaturen können die Zähne nur gekippt, aber nicht körperlich bewegt werden. Wenn ich den Zahn im Ganzen an eine andere Position setzen muss, brauche ich eine festsitzende Zahnspange. Inwiefern unterscheidet sich die kieferorthopädische Behandlung eines Erwachsenen von der eines Kindes? Rein biologisch gesehen haben junge Patienten eine bessere Gewebereaktion beim Knochenumbau. Das heißt aber nicht, dass man kieferorthopädische Eingriffe bei älteren Patienten nicht mehr durchführen darf. Neben der Beseitigung von optisch störenden Fehlstellungen deckt die Kieferorthopädie noch andere wichtige Bereiche ab – Stichwort: Kiefergelenksprobleme/Schnarchen, etc. Wie gut sind hier die Erfolgsaussichten nach einem kieferchirurgischen Eingriff? Kieferchirurgische Behandlungen werden bei Patienten durchgeführt, die starke skelettale Abweichungen haben, die man vielleicht im Kindesalter nicht behandeln hat. Wenn der Kiefer ausgewachsen ist, kann man keine orthopädischen Effekte mehr erzielen. Der Vorteil in einer frühen Behandlung liegt darin, dass das Wachstum zu beeinflussen ist. Man kann orthopädisch arbeiten. Neben den festsitzenden Zahnspangen haben auch die herausnehmbaren ihre Indikation bei Jugendlichen: weniger um Einzelzähne zu bewegen, sondern mehr um orthopädische Effekte zu erzielen. Wird das nicht in jungen Jahren durchgeführt und die Abweichung ist stark ausgeprägt, kann man das im Erwachsenenalter nur noch operativ beseitigen. Wenn beispielsweise der Unterkiefer sehr groß ist und die Unterkieferfront über die Oberkieferfront beißt, kann man den Unterkiefer in toto nur noch künstlich brechen und zurücksetzen. Die Erfolgsaussichten sind bei solchen Eingriffen sehr gut. In jungen Jahren hätte hier Professorin Dr. med. dent. Andrea Wichelhaus eine konservative Behandlung durchgeführt werden können, im Erwachsenenalter ist nun ein operativer Eingriff nötig. Kiefergelenkserkrankungen treten im Erwachsenenalter auf und können verschiedene Ursachen haben. Dysfunktionen, Bindegewebsschwäche etc. Bei der Behandlung von Kompressionsgelenken beispielsweise bedarf es immer eines interdisziplinären Teams aus Kieferorthopäde, Prothetiker oder Chirurg. Auch die Behandlung von Spalten im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich gehört meiner Meinung nach in ein interdisziplinäres Zentrum und an eine Klinik. Recht vielen Dank für das Gespräch! OT Interview: Jeannette Enders, DT Das biomechanische System, also Kräfte und Drehmomente, müssen anders aufgebracht werden und man muss eine andere Technik verwenden. Erwachsenenbehandlungen sind daher aufwendiger. Aber eine Behandlung ist generell möglich und keine Frage des Alters. Mein ältester Patient war 75 Jahre alt. besteht in der Schaffung einer korrekten axialen Position aller Zähne, die eine Voraussetzung für die anschließend chirurgische, konservistische und prothetische Versorgung der Zähne darstellt. Soll beispielsweise ein Implantat als Ersatz für den fehlenden Zahn gesetzt werden, muss der Raum im Knochen groß genug sein, um das Implantat positionieren zu können. Dafür ist eine korrekte Wurzelposition erforderlich. Zahnfehlstellungen im Er- wachsenenalter, die nicht ausschließlich die Zähne, sondern in einem hohen Maß die Kiefer betreffen, benötigen eine kombinierte kieferorthopädische und chirurgische Behandlung. Erst durch die kieferorthopädische Vorbehandlung ist es dem Chirurgen möglich, die Kiefer exakt zueinander zu positionieren und damit die Kaufunktion wieder herzustellen. Erwachsenenkieferorthopädie Durch die wissenschaftlichen Neuerungen im Bereich der Diagnostik, Materialforschung und Biomechanik lassen sich innerhalb des Spektrums der kieferorthopädischen Behandlung Zahnfehlstellungen mit konservativen Methoden leichter und schneller behandeln. Kombinierte operative und kieferorthopädische Verfahren gehören zwar immer noch zur Routine in der kieferorthopädischen Behandlung, werden jedoch durch neue, konservative Verfahrenstechniken ergänzt. OT DTG1009_21_Forestadent 25.09.2009 15:01 Uhr Seite 21 Ortho Tribune 21 Optimale Kraft von Anfang bis Ende PFORZHEIM – Mit dem Bio Finisher® stellt FORESTADENT einen neuen Vierkantbogen für den perfekten Behandlungsabschluss vor. ter Brackets und neutraler Verzahnung eine schlechte Interkuspidation im Seitenzahnbereich bzw. ein Steilstand der Front zu beobachten. Ursachen hierfür können ein zu wenig oder falsch erfolgter Torque bzw. das häufige Spannen von Elastikketten beim Lückenschluss sein. Mit dem BioFinisher®- Bogen von FORESTADENT können retrudierte Zähne problemlos wieder aufgerichtet werden. Dabei überträgt der annähernd slotfüllende BioFinisher® als letzter Behandlungsbogen aufgrund seiner Dimensionierung nahezu vollständig die im jeweiligen Bracket voreingestellten Werte. 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Fuhrmann · 9.–10.10.2009, Stuttgart • 2-D-Lingual Anwendertreffen · 24.10.2009, Frankfurt am Main • 1. Wiener KFO-Treffen – Skelettale Verankerung, Nivellierung, BracketDrahtkombination · O.Univ.-Prof.Dr.Hans-Peter Bantleon · Univ.-Prof. Dr.Adriano Crismani · 31.10.2009,Wien November 2009 • Twin-Block nach Dr. Geserick und die dazugehörige Abrechnung · Dr. Marc Geserick · Dieter Petermann · 6.11.2009, München • Orthodontische Minischrauben, innovative Verankerungsstrategien und ihre Anwendungsgebiete · Dr. Björn Ludwig · Dr. Bettina Glasl · 6.11.2009,Traben-Trarbach • KFO-Abrechnung nach neuer GOZ · HeikeHerrmann · 7.11.2009, München • Kompakt-Kurs Lingualtechnik · Dr.Alexander Gebhardt · 13.–14.11.2009,Wien • 2-D-Brackets zur Behandlung von leichten Frontengständen · Dr. Heiko Goldbecher · 13.11.2009, Halle/Saale • Einbau des Functional Mandibular Advancer (FMA) · Michael Sattel · 21.11.2009, Gauting/München • KFO-Abrechnung nach neuer GOZ · Heike Herrmann · 21.11.2009, Leipzig • Quick – Arbeiten mit selbstligierenden Brackets · Dr. Lars-Michael Fuck, · 28.11.2009, Frankfurt am Main "SPªªªª3OFORTIMPLANTATIONENªNURªZWEIª7OªPOSTª/0 :EMENTIERTEª:IRKON0REP#APSªFŚRªª'ª4ª2ªªªª'ª"ª2ª 'EWINDELĔNGENªVONªªBISªªMMªALLEªMM "SPªª3OFORTIMPLANTATIONªªMITª:IRKON0REP#APª +/34%.,/3%ª#HAMPIONS®&/24"),$5.' ª3TUNDENªnªª0UNKTE $Rª!RMINª.EDJATªnªLIVE! :AHNARZTª3PEZIALISTª)MPLª$IPLOMATEª)#/) %NTWICKLERªª2EFERENTªDERª-)-)®ª#/#)ª -EHRª)NFOSª$OWNLOAD!NMELDUNGª+URSTERMINE 3ERVICE4ELEFONªªªªsª&AXªªª ).&/ªª/NLINE"ESTELLUNG WWWCHAMPIONSIMPLANTSCOM CHAMPIONS-IMPLANTS GMBH "ORNHEIMERª,ANDSTRAEªªsªª&LONHEIM 4ELªªªªsª&AXªªª WWWCHAMPIONSIMPLANTSCOM DTG1009_22_KFO 25.09.2009 15:01 Uhr Seite 22 22 Ortho Tribune Chance für erfolgreiche Positionierung Junge KFO in der Zahnarztpraxis von Dr. Ingo Strübbe* OBERURSEL – Es gibt viele Gründe, um in der Zahnarztpraxis unternehmerisch zu denken. Leistungskürzungen durch gesetzliche Krankenkassen, steigender Wettbewerb durch die Privatisierung zahnärztlicher Leistungen und erhöhte Bereitschaft der Menschen, in Gesundheit zu investieren, sind nur einige Punkte. Bei betriebswirtschaftlichen Strategien geht es immer auch darum, eine richtige Position im Markt zu finden. Die Einbindung von Leistungen aus der jungen Kieferorthopädie in die Zahnarztpraxis kann eine Marktnische füllen und sowohl als Patientenbindungs- als auch als Patientengewinnungsinstrument fungieren. Dabei kann die Einbindung der jungen Kieferorthopädie in die Zahnarztpraxis sowohl für den Stadt- als auch den Landzahnarzt eine sinnvolle Strategie sein. Steigender Konkurrenzdruck und Wettbewerb in städtischen Gebieten erfordern ein besonderes Portfolio, der zunehmende Ärztemangel in ländlichen Regionen beansprucht ein breites Leistungsspektrum. * Dr. Ingo Strübbe ist Zahnmediziner und Dipl.Wirtschaftsingenieur aus Lauenau und Mitbegründer das Fachkreises Junge Kieferorthopädie. Der Fachkreis ist ein Zusammenschluss kieferorthopädisch tätiger Zahnärzte, der es sich zum Ziel gemacht hat, das Bewusstsein für die „kleinen“ kieferorthopädischen Fälle und die medizinische Notwendigkeit einer frühen Behandlung bei Eltern als auch Zahnärzten zu schärfen. Chancen und Risiken der Kieferorthopädie in der Zahnarztpraxis Über 400.000 Kinder pro Jahrgang benötigen eine kieferorthopädische Frühbehandlung. Etwa die Hälfte davon wird von KFOFachärzten behandelt, die andere Hälfte bleibt zumeist unversorgt. Hier liegt Potenzial für den allgemeinen Zahnarzt. Die Kieferorthopädie ist heute geprägt von den sogenannten fünf kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG), die 2003 von den gesetzlichen Krankenkassen eingeführt wurden. Einige KIG-Fälle (KIG I und II) wurden aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen ausgeschlossen, da es sich bei diesen Fällen angeblich nur um eine gestörte Ästhetik handelt. Genau dies ist aber in den meisten Fällen nicht die Realität. Unbehandelte Fehlstellungen bei Kleinkindern manifestieren sich später oft in schweren Fällen, die nur durch teure und langwierige Behandlungen behoben werden können. Bei einer Frühbehandlung jedoch reichen meist einfache Maßnahmen aus, um das Kieferwachstum in die richtige Bahn zu lenken und auf natürliche Weise zu formen. Doch nicht nur aus zahnmedizinischer Sicht ist die Integration von KFO-Leistungen sinnvoll: Der Ausschluss einiger KIG-Gruppen aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ist ein erster Schritt im Zuge der Privatisierung der KFO in der Mit Informationsbroschüren über Kieferfehlstellungen bei Kindern im Wartezimmer kann das Praxismarketing vorangetrieben werden. Zahnmedizin. Wer sich jetzt mit der jungen Kieferorthopädie beschäftigt, nutzt nicht nur aktuelle, sondern auch künftige wirtschaftliche Chancen. Die Kieferorthopädie ist jedoch ein komplexes Feld, das sich nicht mal eben in den Praxisalltag integrieren lässt. Die Konzentration auf einfache Fälle der KIG I und II sowie auf Selbstzahlerleistungen ist daher viel wichtiger, als ein umfassendes KFO-Portfolio anzubieten. Schwere Fälle mit festsitzenden Apparaturen oder Kassenfälle mit herausnehmbaren Apparaturen entsprechen dem Marktsegment der Fachärzte, auf das zumindest bei Einführung der jungen KFO in die allgemeine Zahnarztpraxis verzichtet werden sollte. Ohnehin bieten die leichten kieferorthopädischen Fälle genügend Potenzial. Etwa die Hälfte aller behandlungsbedürftigen Kinder lassen sich in diese Kategorie einordnen. Da der apparative Aufwand für die KFO relativ gering ist, lässt sich das neue Behandlungsspektrum ohne große Investitionen integrieren. Lediglich in gute Fortbildungen muss investiert werden. Erfolgreiche Positionierung mit KFO Kieferorthopädie in der allgemeinen Zahnarztpraxis bietet mehr Chancen als zeitnahe Umsatzsteigerung. Vielmehr ist es ein ideales Instrument zur langfristigen Patientenbindung und -neugewinnung. Schließlich werden Kinder, die aufgrund der KFO-Leistungen in die Praxis kommen, meist auch weiter behandelt. Der Zahnarzt vermittelt zudem verstärkt Kompetenz durch das Angebot kieferorthopädischer Leistungen und kann dadurch auch weitere Familienmitglieder gewinnen. KFO ist ein geeignetes Mittel, den Patientenstamm – der oftmals zusammen mit dem Behandler altert und sich ausdünnt – zu verjüngen und so auch die Rentabilität der Praxis für die Zukunft zu sichern. Schließlich geht es bei jeder erfolgreichen Strategie nicht nur um aktuelle Umsatz- und Liquiditätszahlen, sondern auch um die Steigerung des Werts der Praxis bei der Übergabe. Wer zudem geeignete Marketingkanäle nutzt, wie beispielsweise Werbung, Pressearbeit, Patientenveranstaltungen oder Website, hebt sich durch die neue Leistung, die eben nicht jeder Zahnarzt durchführt, von der Konkurrenz ab. Statistiken zeigen, dass pro KFO-Patient in der Praxis, zwei weitere NichtKFO-Patienten die Zahnarztpraxis aufsuchen. Wie bei anderen Neueinführungen gilt es auch Kindgerecht aufbereitete Informationsmaterialien unterstützen die Sensibilisierung Eltern und Kinder auf die Junge KFO. hier, die wichtigsten Aspekte bei der Markteinführung zu beachten. Fragen wie: „Wie verkaufe ich kieferorthopädische Fälle?“, „Wie führe ich meine Mitarbeiter, wie bilde ich sie fort?“ und „Wie kommuniziere ich meine neue Leistung?“ sollten im Rahmen eines Aktionsplans beantwortet werden. Für wen eignet sich KFO in der allgemeinen Zahnarztpraxis? Generell lohnt sich der Blick auf die KFO für jeden Zahnarzt, dessen Ziel es ist, neue Patienten zu gewinnen. Die KFO bietet aber nicht nur Möglichkeiten, das Patientenaufkommen zu erhöhen, sondern auch mit diesem besonderen Portfolio Patienten zu gewinnen, die in ihre Zahngesundheit und die ihrer Kinder investieren möchten. Dies wird sich auch in einer verstärkten Auslastung weiterer Privatleistungen in der Zahnarztpraxis widerspiegeln. Besonders naheliegend ist die Integration von KFO-Leistungen in Zahnarztpraxen mit kinderzahnheilkundlichem Schwerpunkt. Nicht nur Leerzeiten lassen sich so füllen, sondern die gezielte Einbindung der neuen Leistung in bestehende Strukturen ermöglicht wirtschaftliches Arbeiten – beispielsweise bei ProphylaxeSchulungen, welche die bessere Auslastung der Prophylaxehelfer sichert. Patienten schätzen es, wenn sie die Dienstleistung Zahnmedizin aus einer Hand angeboten bekommen, und nehmen diese meist dankend an. Dieser Aspekt kommt auch beim Zahnarzt in städtischen Gebieten zum Tragen. Für ihn hat die junge KFO in der patientenorientierten Zahnarztpraxis Servicecharakter, mit dem er sich von der Konkurrenz abhebt. In länd- lichen Gebieten geht es ebenfalls darum, das Leistungsspektrum möglichst vielseitig zu gestalten. Sobald der nächste Facharzt mehrere Kilometer entfernt praktiziert, sichert KFO die langfristige Treue junger Patienten. Fazit Die „Junge“ Kieferorthopädie in die allgemeine Zahnarztpraxis zu integrieren, bietet unter bestimmten Voraussetzungen ideale Möglichkeiten, um Patienten zu gewinnen, sie an sich zu binden und damit mittelund vor allem langfristig Liquidität, Umsatz und Rentabilität der Praxis zu sichern. Aufgrund der zunehmenden Privatisierung der KFO kann sich ein kieferorthopädisch ausgerichteter Zahnarzt heute einen nennenswerten Vorsprung erarbeiten. Mit der richtigen Qualifikation und nötigen Sensibilität für die kleinen kieferorthopädischen Fälle gelingt es, Patienten auf Jahre an die Praxis zu binden, denn: „Die kleinen Patienten von heute sind die großen Patienten von morgen.“ OT Kontakt: Fachkreis Junge Kieferorthopädie Feldbergstraße 57 61440 Oberursel Tel.: 0 61 71/9 12 00 [email protected] www.junge-kfo.de Fortbildungstipp • Göttingen: 11.11.2009 • Dr. Tanja Roloff: „Patientenbindung durch Kinderbehandlung“ • Infos unter www.orthos.de DTG1009_23_Veranstaltungen 25.09.2009 15:02 Uhr Seite 23 Ortho Tribune 23 Aktuelle Konzepte der kieferorthopädisch-prothetischen Zusammenarbeit Zahnmedizin interdisziplinär Prof. Dr. Timo Peltomäki (links), Prof. Dr. Christoph Hämmerle Universität Irchel, Symposium am 24. Oktober 2009 ZÜRICH – An diesem interdisziplinären Symposium soll die Zusammenarbeit der Kieferorthopäden und der rekonstrukKlinik für Kronen- und Brückenprothetik, Teilprothetik und zahnärztliche Materialkunde (KBTM) Direktor: Prof. Dr. Christoph Hämmerle tiv tätigen Zahnärzte aus Sicht der Universität und der Privatpraxis beleuchtet werden. Es werden Konzepte für die gemeinsame Problemerken- nung, Diagnostik und Therapie von namhaften Referenten beider Fachdisziplinen vorgestellt und diskutiert. Was tun, wenn Zähne bei jungen Patienten durch ein Trauma verloren ge- hen oder gar nicht erst angelegt sind? Wie sollten Lücken im Front- und Seitenzahnbereich am besten verteilt sein? Wie sollen die Zähne nach Kieferorthopädie und Rekonstruktion reti- niert werden? Soll im parodontal geschädigten Gebiss kieferorthopädisch behandelt werden? Diese und weitere Themen werden an diesem Samstag besprochen. OT ANZEIGE Klinik für Kieferorthopädie und Kinderzahnmedizin (KO/KZM) Direktor: Prof. Dr. Timo Peltomäki – Datum/Ort: 24. Oktober 2009 Universität Irchel, Zürich – Zeit: 8.00 bis 17.30 Uhr Kontakt: Christina Montada Universität Zürich Zentrum für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde Kliniken für Kronen/Brückenprothetik und Kieferorthopädie Plattenstr. 11 8032 Zürich Tel.: 044/634 32 60 Fax: 044/634 42 06 [email protected] www.dent.uzh.ch/fbk Günstig? Aber sicher! Das extrem schlanke UNO erlaubt Ihnen ein IOS 2009 besonders wirtschaftliches Arbeiten. Denn das einteilige und sehr schmale Implantat ist trotz seiner hohen Qualität nicht nur sehr preiswert, es lässt sich auch in kürzester Zeit und damit besonders effizient einsetzen. Und die neue Kugelkopfvariante NARROW begeistert sogar ganz neue Patientengruppen für eine Implantatlösung. Eben typisch MIS. 7. International Orthodontic Symposium in Prag Thema: „The midfacial Region – Contemporary Diagnosics And Modern Treatment“ Datum/Ort: 27.–28.November 2009, Prag Vorkurs am 26.November 2009 mit Dr. Derek Mahony, Sydney Präsident: Prof. Dr. Ralf Radlanski Referenten: Dr. Axel Berens, Prof. Dr. Axel Bumann, Dr. Thosten Brandt, Dr. Karin Habersack, Dr. Petra Hofmanova, Niels Hulsink, Prof. Dr. Christopher J. Lux, Dr. Benedict Wilmes, Dr. Heinz Winsauer Fortbildungspunkte: – 12 für den Besuch des Kongresses – 6 für die Teilnahme am Vorkurs q Bitte rufen Sie uns an, um einen persönlichen Beratungstermin zu vereinbaren q Bitte schicken Sie mir den kostenlosen Produkt-Katalog 2009 Veranstalter: IOS Hannover Anmeldung: [email protected] oder www.orthodontics-ios.eu oder Fax: 05 11/55 01 55 Name Telefon Straße, Nr. PLZ, Ort DT M.I.S. Implant Technologies GmbH Paulinenstraße 12 a • 32427 Minden Tel.: 05 71- 972 76 90 • Fax: 05 71- 972 76 91 www.mis-implants.de