Lebensmittelhygiene

Werbung
Lebensmittelhygiene
1
1.1
1.2
1.3
1.4
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.5.1
2.5.1.1
2.5.1.2
2.6.
2.6.1
2.6.2
2.6.3
2.6.4
2.6.5
2.6.5.1
2.6.5.2
2.6.5.3
2.6.5.4
2.6.5.5
2.6.5.6
2.6.6
2.6.7
2.7
2.8
2.9
2.10
2.11
3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
4
4.1
4.1.1
4.1.2
4.1.3
4.1.4
4.1.5
Gesundheitsschädigung durch Lebensmittel
Biologische und mikrobiologische Schadenursachen
Chemische Rückstände und Verunreinigungen, Zusatzstoffe
Zusatzstoffe
Gewichtung der gesundheitlichen Risiken
Grundzüge der Mikrobiologie
Mikrobiologie
Größenverhältnisse
Geschichtliche Daten
Die Stellung der Mikroorganismen (MO) in der Natur
Lebensräume der Mikroorganismen
Bedeutung und Funktion der Mikroorganismen in der Natur
Kreislauf des Kohlenstoffes
Kreislauf des Stickstoffs
Die Bakterien
Schematischer Bau einer Bakterienzelle
Die wichtigsten Bakterienformen
Arten der Begeißelungen
Form und Arten der Lage von Bakteriensporen
Ernährung, Wachstum und Vermehrung der Bakterien
Hauptnährstoffe
Spurenelemente (Bedarf je nach Bakterienart verschieden)
Wachstumsfaktoren (je nach Bakterienart unterschiedlicher Bedarf)
pH - Wert
Temperatur
Sauerstoff
Die Vermehrung der Bakterien
Die Einteilung der Bakterien
Die Schimmelpilze
Die Hefen
Die Viren
Die Protozoen
Enzyme
Das Prinzip der Keimzahlbestimmung
Probenahme
Einwaage
Homogenisieren
Dezimalverdünnung des Homognisates
Bebrütung (Inkubation)
Auswertung
Mikroorganismen und Lebensmittel
Technologische Nutzung von Mikroorganismen zur Herstellung oder
Veredelung von Lebensmitteln
Milchsäurebakterien
Propionsäurebakterien
Essigsäurebakterien
Hefen
Schimmelpilz e
3
3
3
3
3
4
4
4
4
5
5
5
5
6
6
6
7
7
7
7
8
8
8
9
9
9
9
10
11
12
13
13
14
14
14
15
15
15
15
16
16
16
16
17
17
17
17
1
4.2
4.2.1
4.2.2
4.3
4.3.1
4.3.1.1
4.3.1.1.1
4.3.1.1.2
4.3.1.2
4.3.1.3
4.3.1.4
4.3.1.4.1
4.3.1.4.2
4.3.1.4.3
4.3.1.4.4
4.3.1.5
5
5.1
5.1.1
5.1.2
5.1.3
5.1.4
5.2
5.2.1.
5.2.2
5.2.3
5.2.4
5.2.5
6.
6.1
6.1.1
6.1.2
7
7.1
7.1.1
7.1.2
7.1.3
7.1.4
7.1.5
7.2
7.2.1
7.2.2
7.2.3
7.2.4
8
8.1
8.2
Lebensmittelverderb
Definition
Ursachen
Gefährdung der Gesundheit durch Mikroorganismen
Infektionskrankheiten, Zoonosen
Lebensmittelinfektionen
Salmonellen
Enteritis erregende Salmonellen
Salmonella typhi und S. paratyphi
Campylobacter jejuni
Lebensmittelvergiftungen
Staphylococcus aureus
Bacillus cereus
Clostridium perfringens
Clostridium botulinum
Mycotoxin bildende Pilze
Verfahren zur Haltbarmachung von Lebensmitteln
Physikalische Verfahren der Haltbarmachung
Trocknung
Hitzebehandlung
Anwendung tiefer Temperaturen
Strahlenbehandlung
Chemische Verfahren
Das Räuchern
Das Salzen
Das Pökeln
Das Säuern
Chemische Konservierungsmittel
Mikrobiologische Anforderungen an Lebensmittel
Gesetzliche Bestimmungen
Beurteilungskriterien
Folgende Indikatorkeime sind gebräuchlich
Gute Herstellungspraxis
Persönliche Hygiene
Händehygiene
Allgemeine Körperhygiene
Nase, Mundhöhle und Rachen
Krankheiten und Verletzungen
Arbeitskleidung
Betriebshygiene
Schädlingsbekämpfung
Vorbeugende Maßnahmen
Meldung
Vorbereitungs- und Schutzmaßnahmen
Anhang
Literaturverzeichnis
Erklärung von Fremdwörtern
18
18
18
19
20
21
21
21
22
22
23
23
24
25
25
26
27
27
28
28
29
29
29
29
29
30
30
2
1
GESUNDHEITSSCHÄDIGUNG DURCH LEBENSMITTEL
Die Ursachen möglicher Gesundheitsschädigungen durch Lebensmittel sind mannigfaltig
und sehr zahlreich. sie lassen sich grob in folgende Gruppen einteilen:
•
•
•
1.1
Biologische und mikrobiologische Schadensursachen
Chemische Rückstände und Verunreinigungen
Zusatzstoffe
BioIogische und mikrobiologische Schadenursachen
Die mit Abstand größte Bedeutung haben Mikroorganismen sowie von Mikroorganismen
gebildete Giftstoffe. Als weitere Ursachen sind zu nennen:
•
•
•
1.2
Chemische Rückstände und Verunreinigungen, Zusatzstoffe
•
•
•
•
•
•
•
1.3
Tierische Parasiten (z.B. Bandwürmer, Trichinen)
Giftige Tiere (z.B. Kugelfische, Barben, Muränen)
Giftige Pflanzeninhaltstoffe (z.B. Blausäure in Bittermandeln, Solanin in
Kartoffeln, Oxalsäure in Rhabarber, Saponine in verschiedenen
Pflanzenarten, Koffein in Kaffee und Schwarztee usw.). Dieser Gruppe sind
ebenso die Nitrosamine (entstehen aus Nitrat z.B. beim Braten von Cervelat)
und biogene Amine zuzuordnen, Schadstoffe, die in Lebensmitteln oder
deren Rohstoffen durch biologische oder chemische Vorgänge gebildet
werden können.
Pflanzenschutzmittel (Insektizide, Akarizide, Fungizide, Herbizide)
Reinigungsmittel
Desinfektionsmittel
Filterhilfsmittel
Anstrich- und Holzschutzmittel
Tierarzneimittel und nutritive Futtermittelzusätze (Rückstände im Fleisch)
z.B. Antibiotika, Hormone, Beruhigungsmittel
Umweltchemikalien
z.B. Schwermetalle, Chlorierte Kohlenwasserstoffe (FCKW), Dioxine
Zusatzstoffe
Gesundheitliche Risiken sind nur bei unsachgemäßer Anwendung zu erwarten. Als
Zusatzstoffe gelten: Konservierungsmittel, Farbstoffe, Antioxidantien, Gelier- und
Verdickungsmittel, Antiklumpmittel, Aromastoffe, Geschmacksverstärker, Enzyme und
Oberflächenbehandlungsmittel.
1.4
Gewichtung der gesundheitlichen Risiken
Ordnet man die Schadenursache nach der Schwere und Häufigkeit der verursachten
gesundheitlichen Schädigung, so ergibt sich die folgende Reihenfolge:
3
•
•
•
•
•
Überernährung, Fehlernährung, Unterernährung
Krankmachende Mikroorganismen, mikrobiell gebildete Gifte
Natürliche Giftstoffe (Pflanzengifte)
Chemische Rückstände und Verunreinigungen
Zusatzstoffe
2
GRUNDZÜGE DER MIKROBIOLOGIE
2.1
Mikrobiologie
Mikrobiologie ist die Lehre von den Kleinlebewesen, den sogenannten Mikroorganismen
(Mikro = klein, Organismen Lebewesen). Man unterscheidet die Hauptgruppen Pilze,
Bakterien, Algen und Protozoen. Die Viren, obwohl keine Lebewesen, werden häufig
ebenfalls zu den Mikroorganismen gezählt. In der Lebensmittelhygiene spielen vor allem
Pilze (Schimmelpilze und Hefen) und Bakterien eine Rolle.
2.2
Größenverhältnisse
Die Größe der Mikroorganismen mißt man im Mikrometer (µm), d.h. in Tausendstel
Millimeter. Ein Nanometer ist 1/1000 µm. Größenmäßig verhält sich ein Bakterium zu
einem Fingerhut wie ein Kind zum Mount Everest. Einige Beispiele (ungefähre Größen):
•
•
•
•
•
•
•
Maul- und Klauenseuchevirus
Kinderlähmungsvirus
Staphylokokkus
Bierhefe
Pilzfaden (Durchmesser)
Pflanzenzelle
menschliches Haar (Durchmesser)
10 nm
30 nm
1 µm
10 µm
10-40 µm
50 µm
200 µm
2.3
Geschichtliche Daten
1648
Der Holländer A. van Leeuwenhoek entdeckt in seinem Zahnbelag mit Hilfe
seines selbst gebauten Mikroskopes die ersten Bakterien.
Der italienische Abt Spallanzani stellte fest, daß Fleisch weniger rasch
verwest, wenn es vorher gekocht wird (Keimabtötung).
Erster Impfversuch durch E. Jenner: Kuhpocken schützen gegen
Menschenpocken.
Der Pariser Koch Appert erfindet die erste Konserve und begründet damit
einen wichtigen Industriezweig.
Cagniard- Latour erkennt, daß Hefen Lebewesen sind, und Schwann kann
zeigen, daß diese für die alkoholische Gärung verantwortlich sind.
Einführung der Hände- Desinfektion in der Geburtshilfe durch Semmelweis,
wonach die Fälle von Wochenbettfieber rapide zurückgehen.
Louis Pasteur entdeckt die Milchsäuregärung.
Louis Pasteur beweist, daß Fäulnis und Gärung mikrobielle Vorgänge sind
und diese unter anaeroben Bedingungen ablaufen.
Robert Koch, ein deutscher Arzt, kann nachweisen, daß Bakterien den
Milzbrand bei Schafen und Rindern hervorrufen.
1769
1798
1809
1837
1847
1857
1861
1878
4
1880
1882
1875–1900
1908
1929
1952
Laverati isoliert den Malaria- Erreger.
Koch klärt die Ursache der Tuberkulose und der Cholera ab.
Die meisten der wichtigen Krankheitserreger entdeckt.
Erste Schutzimpfungen gegen Tuberkulose.
Entdeckung des Penicillins durch den Engländer Fleming.
Waksman findet das Antibiotikum gegen Tuberkulose, das Streptomycin.
2.4
Die SteIIung der Mikroorganismen (MO) in der Natur
Die Mikroorganismen lassen sich weder in das Tier-, noch in das Pflanzenreich einordnen.
Sie bilden eine Gruppe, die man Urwesen, Erstlinge oder wissenschaftlich Protisten nennt.
Die Pilze, Algen (ausgenommen Blaualgen) ähneln den Pflanzen, manche Protozoen
dagegen stehen dem Tierreich näher. Die Viren nehmen eine absolute Sonderstellung ein.
2.5.
Lebensräume der Mikroorganismen
MO sind fast überall anzutreffen; in der Luft, im Wasser, auf Pflanzen, auf Menschen und
Tieren, also allgegenwärtig (ubiquitär);
Die überwiegende Mehrzahl der Mikroorganismen befindet sich im Boden. In einem
Gramm guter Ackererde, dies entspricht ungefähr einem Fingerhut voll, sind ungefähr eine
Milliarde Mikroorganismen enthalten (In der Schweiz leben 4 Millionen Menschen).
In 1000 Liter Stadtluft (1m³) finden wir 300 -1500 Mikroorganismen, im Rhein oberhalb
Basel lassen sich pro Milliliter bis zu 50 000 Keime zählen.
2.5.1
Bedeutung und Funktion der Mikroorganismen in der Natur
Ohne die Aktivität der MO wäre das Gleichgewicht im Naturhaushalt derart gestört, daß
Leben in der heutigen Form auf der Erde nicht mehr möglich wäre. Die wohl wichtigste
Funktion erfüllen die MO in den biochemischen Kreisläufen des Kohlenstoffes,
Stickstoffes, Phosphors und Schwefel. Die ersten Zwei werden hier näher behandelt.
2.5.1.1
Kreislauf des Kohlenstoffes
Bekanntlich setzen nach dem Tod von Pflanzen und Tieren Fäulnis- und
Verwesungsprozesse ein. Es handelt sich dabei um mikrobielle Abbauvorgänge, bei
denen organische Substanzen, z.B. Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette, in einer Vielzahl
von Teilschritten in immer einfachere Stoffe zerlegt werden.
Die MO führen dieses Abbauwerk so weit, bis nur noch Kohlendioxyd, Wasser, Stickstoff,
Phosphor, Schwefel und einige andere Bioelemente übrigbleiben. Man nennt diese
Umwandlung von organischer Materie in anorganische Materie Mineralisation.
Die in diesem Mineralisationsprozeß freigesetzten Baustoffe werden von den Pflanzen
wieder zum Aufbau von neuer organischer Substanz verwendet.
Das Pflanzenmaterial dient wiederum der Ernährung von Mensch und Tier.
5
Eine für das Leben auf der Erde besonders wichtige Funktion erfüllen die Mikroorganismen im Kreislauf des Kohlenstoffes. Sie tragen maßgeblich dazu bei, daß das
Gleichgewicht zwischen Verbrauch und Produktion von kohlenstoffhaltigen Verbindungen
erhalten und damit auch der CO2 (Kohlendioxyd)- Gehalt der Luft konstant bleibt.
Mann schätzt, daß die grünen Pflanzen, die in der Atmosphäre enthaltene Menge CO2
(ca.0.03%) innerhalb von 20 bis 40 Jahren restlos verbrauchen würden. Dies hätte zur
Folge, daß die Pflanzen ihre „Arbeit“ dann einstellen müßten. Durch die Mineralisation der
Mikroorganismen und durch die Atmung von Mensch und Tier wird dieser Kreislauf
aufrecht erhalten und die Atmosphäre wieder aufgefüllt. Durch die Verbrennung von
fossilen Brennstoffen besteht heute die Gefahr, daß zuviel CO2 produziert wird, welches
von den Pflanzen nicht mehr abgebaut werden kann. Nach Meinung einzelner
Wissenschaftler führt dies zu dem sogenannten Treibhauseffekt.
2.5.1.2
Kreislauf des Stickstoffs
Ebenso unentbehrlich sind die Mikroorganismen im Kreislauf des Stickstoffes, dem
wichtigsten Baustein des Eiweiß. Sie führen den organisch gebundenen Stickstoff in
Ammoniak (NH4+) und Nitrat (NO3) über und ermöglichen so wieder neues
Pflanzenwachstum. Von besonderer Bedeutung ist die Fähigkeit einiger Mikroorganismen,
Luftstickstoff (N2), der für die Pflanze nicht zugänglich ist, zu binden und somit verwertbar
zu machen.
2.6
Die Bakterien
2.6.1
Schematischer Bau einer Bakterienzelle
Ka
Z
Cm
K
Ge
SP
Cp
Legende zur Zeichnung
z
Zellwand: Sie hat eine Schutzfunktion und verleiht der Zelle ihre
charakteristische Form. Sie ist verantwortlich für die Gramfärbung, einem
sehr wichtigen Unterscheidungsmerkmal der Bakterien.
Cm
Cytoplasmamembran: Sie reguliert den Stofftransport, d.h. den Eintritt von
Nährstoffen in die Zelle, sowie den Austritt von Stoffwechselprodukten. Auf
der Cytoplasmamembran sind einige für den Stoffwechsel wichtige Enzyme
lokalisiert.
Cp
Cytoplasma: Es besteht zur Hauptsache aus dünnen Membranen, Enzymen
und Nukleinsäuren. Im Cytoplasma spielen die, für das Leben der
Bakterienzellen unentbehrliche Stoffwechselvorgänge ab.
Ze
Zelleinschlüsse: Es handelt sich dabei um Reservestoffe, z.B. Fetttröpfchen,
Kohlenhydrate, Polyphosphate etc..
6
K
Kernähnlicher Körper: Sie enthalten die Erbsubstanz, die sogenannten
Chromosomen.
Kapsel: Sie besteht aus Schleim und schützt die Bakterienzelle vor äußeren
Einflüssen, z.B. vor ihrer Vernichtung durch z.B. weiße Blutkörperchen. Nicht
alle Bakterien haben eine Kapsel.
Geißeln (Flagellen): Es sind Bewegungsorgane, mit deren Hilfe sich die
Bakterien in wäßrigen Lösungen fortbewegen können. Begeißelte Bakterien
(nicht alle Bakterien sind begeißelt) können Geschwindigkeiten von 200 µm
bzw. die 50fache Körperlänge pro Sekunde erreichen.
Sporen: Es handelt sich um eine Dauerform, die sich durch eine mehr oder
weniger ausgeprägte Temperaturwiderstandsfähigkeit auszeichnet. So
können sie Pasteurisationen und stundenlanges Kochen überstehen. Die
Fähigkeit zur Sporenbildung ist mit einigen Ausnahmen auf die Gattung
Bacillus
und
Clostridium
beschränkt.
Diese
spielen
in
der
Lebensmittelhygiene als Lebensmittelverderber eine große Rolle. Die Form
der Sporen sowie die Art ihrer Lage in der Mutterzelle sind Kriterien für die
Bestimmung der Bakterienart.
Ka
Ge
SP
2.6.2
Die wichtigsten Bakterienformen
•
•
•
•
•
•
•
•
2.6.3
monopolar
monotrich
Einzelne kugelbakterien (Mikrokokken)
Kugelbakterien in Zweiergruppen (Diplokokken)
Kugelbakterien in Ketten (Streptokokken)
Kugelbakterien in Haufen (Staphylokokken)
Sarcinen (würfelartig)
Stäbchenbakterien
Spirillen
Vibrionen
Arten der Begeißelungen
monopolar
polytrich
bipolar
monotrich
bipolar
polytrich
2.6.4.
Form und Arten der Lage von Bakteriensporen
2.6.5
Ernährung, Wachstum und Vermehrung der Bakterien
peritrich
Sowohl die Bakterien, als auch die übrigen Mikroorganismen, können sich nur in
Anwesenheit von Wasser vermehren. Das Gesetz "ohne Wasser kein Leben" hat also
auch in der Welt der Kleinlebewesen Gültigkeit. Es gibt Pilze, die bereits bei einem
Wassergehalt des Substrates (Nährboden) um 12% wachsen; Bakterien vermehren sich
dagegen erst bei einem Wassergehalt oberhalb von 20%.
7
Nicht alles in einem Substrat vorhandene Wasser ist frei und steht damit den
Mikroorganismen zur Verfügung. Die relative Feuchtigkeit oder Wasseraktivität ist ein Maß
für das Wasser, welches den Mikroorganismen zum Leben (vor allem der Vermehrung)
zur Verfügung steht. Die Wasseraktivität (aw- Wert) ist als Verhältnis des
Wasserdampfdruckes über dem Substrat zum Wasserdampfdruck des reinen Wassers
definiert.
Für den Aufbau von Zellsubstanz sind Nährstoffe, Energie, und je nach MikroorganismenArt verschiedene Wachstumsfaktoren notwendig.
2.6.5.1
Hauptnährstoffe
•
•
•
•
•
2.6.5.2
Wasserstoff
Sauerstoff
Kohlenstoff
Stickstoff
Phosphor
(H)
(O)
(C)
(N)
(P)
Schwefel
Eisen
Kalzium
Magnesium
Kalium
(S)
(Fe)
(Ca)
(Mg)
(K)
Spurenelemente (Bedarf je nach Bakterienart verschieden)
•
•
•
•
•
•
2.6.5.3
Natrtium
Chlor
Vanadium
Molybdän
Zink
Kupfer
(Na)
(Cl)
(V)
(Mo)
(Zn)
(Cu)
Kobalt
Nickel
Bor
Silizium
Selen
Mangan
(Co)
(Ni)
(B)
(Si)
(Se)
(Mn)
Wachstumsfaktoren (je nach Bakterienart unterschiedlicher Bedarf)
•
•
Vitamine
Aminosäuren
Die meisten Bakterien decken ihren Bedarf an Energie aus der Oxidation ("Verbrennung")
von organischen Verbindungen. Einige Bakterien gewinnen die Energie aus der Oxidation
von anorganischen Verbindungen ("Nitratatmung", "Sulfatatmung"), und ein sehr kleiner
Teil der Bakterien ist in der Lage, mit Hilfe spezieller Bakterienchlorophylle Lichtenergie
einzufangen.
Die Nährstoffe liegen in der Natur mehrheitlich in Form organischer Verbindungen vor. Zur
Verarbeitung dieser Substanzen verfügen die Bakterien über eine Vielzahl von Enzymen.
Enzyme, auch Fermente genannt, sind biologische Katalysatoren, die chemische
Reaktionen in Gang bringen und beschleunigen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden.
Die Enzyme sind verantwortlich dafür, daß aus den aufgenommenen Nährstoffen
körpereigene Substanz gebildet wird. Die Enzymtätigkeit spielt sich nicht nur im
Zellinneren ab. Außerhalb der Zelle sorgen spezifische Enzyme für die Umwandlung der
angebotenen Nährstoffe in eine für die Zelle aufnehmbare Form.
8
Enzyme sind es auch, die den Transport der Nährstoffe durch die Zellwand und die
Plasmamembran ins Zellinnere bewerkstelligen.
Nebst einem genügenden Nährstoffangebot müssen noch weitere Bedingungen erfüllt
sein, damit Wachstum der Bakterien möglich ist. Es handelt sich dabei in erster Linie um
den pH- Wert, die Temperatur und den Sauerstoffgehalt.
2.6.5.4
pH- Wert
Die meisten Organismen gedeihen am besten bei pH 7, d.h. wenn die H+ und die OH-Ionen in etwa der gleichen Konzentration vorliegen. Es gibt aber auch Bakterien, die ein
leicht alkalisches (OH-- Überschuß) oder saures Milieu (H+- Überschuß) bevorzugen. Die
meisten Pilze wachsen am besten bei einem pH- Wert etwas unter 7. Wir unterscheiden
Organismen mit geringer (pH min >5), mittlerer (pH min 4 bis 5) und starker Säuretoleranz
2.6.5.5
Temperatur
Hinsichtlich ihrer Temperaturansprüche lassen sich die Bakterien in drei Gruppen
einteilen. Die Hauptgruppe, die mesophilen, hat ihr Temperaturoptimum zwischen +30°C
und +400°C. Die psychrophilen wachsen am besten bei Temperaturen unter +150°C. Als
thermophil werden Organismen bezeichnet, welche Temperaturen oberhalb +500°C
bevorzugen.
2.6.5.6
Sauerstoff
Das Wachstum vieler Bakterien ist an das Vorhandensein von molekularem Sauerstoff
gebunden; man spricht in diesem Fall von obligat aeroben Organismen. Für eine Anzahl
Bakterien ist Luftsauerstoff giftig; sie gedeihen nur in Abwesenheit von Sauerstoff, d.h.
unter anaeroben Bedingungen. Bakterien, die sowohl unter aeroben als auch unter
anaeroben Bedingungen wachsen können, nennt man fakultativ anaerob. Daneben gibt es
noch sogenannte naikroaerophile Bakterien, die nur sehr kleine Sauerstoffkonzentrationen
(meistens um 5 %) bevorzugen.
2.6.6
Die Vermehrung der Bakterien
Die einzelligen Bakterien vermehren sich durch Spaltung, weshalb sie früher Spaltpilze
genannt wurden. Aus einer Zelle entstehen zwei, aus zwei Zellen vier usw. Die Vermehrungsgeschwindigkeit ist je nach Art außerordentlich groß. Es gibt Bakterien, die sich
unter Idealbedingungen in nur 15 Minuten verdoppeln. Nach "n" Teilungen sind aus einem
Bakterium 2 n Tochterzellen entstanden. Waren in der Bakterienkultur anfänglich N Zellen
vorhanden, so zählen wir nach n Teilungsschritten N x 2 n Zellen.
Wenn die Vermehrung einer Bakterienkultur in einer grafischen Darstellung
veranschaulicht wird, erkennt man vier charakteristische Phasen, die von der ersten
Teilung der Mutterzelle bis zum Tod der Zellen durchlaufen werden. Man nennt diese
Phasen Wachstumsphasen.
Sie laufen nach folgendem Schema ab:
9
•
•
•
•
2.6.7
Anlaufphase: Die Bakterien passen sich an die neue Umgebung an und
mobilisieren die für den Aufbau der angebotenen Nährstoffe notwendigen
Enzyme. Die Vermehrungsgeschwindigkeit nimmt ständig zu.
Exponentielle Phase: Sie ist gekennzeichnet durch eine konstante maximale
Teilungsrate der Bakterien.
Stationäre Phase: Sie stellt sich ein, wenn die Bakterienkultur aufhört zu
wachsen, z.B. weil ein wichtiger Nährstoff aufgebraucht ist oder weil sich
giftige Stoffwechselprodukte angesammelt haben.
Absterbephase: Die Bakterienzellen sterben ab und werden durch zelleigene
Enzyme aufgelöst.
Die Einteilung der Bakterien
Die Klasse "Bacteria" (- Bakterien) wird in Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten
eingeteilt. Es gibt etwa 50 Familien, 250 Gattungen und einige tausend Arten.
Nachstehend einige Beispiele von Bakterien, die in der Lebensmittelhygiene oder
Lebensmitteltechnologie von Bedeutung sind.
Familie
Gattung
Art
Enterobactenaceae
Escherichia
Erwinia
Salmonella
Shigella
E.coli
E. carotovora
typhi
paratyphi
typhimunum
Sh. Sonnei
Sh. Dysenteriae
Pseudomonadaceae
Pseudomonas
Ps. Aeruginosa
Bacillaceae
Bacillus
Clostridium
subtilis
cereus
Cl. botulinum
Cl. perfringens
Cl. butyricum
Lactobacillaceae
Lactobacillus
Lb. bulgaricus
Lb. helveticus
Lb. Plantarum
Propionibacteriaceae
Propionibacterium
freudenreichii
Micrococcaceae
Staphylococcus
St. Aureus
Streptococcaceae
Streptococcus
Str. faecalis
Str. faecium
Str. pyogenes
Str. lactis
Str. thermophilus
Leuconostoc
10
2.7
Die Schimmelpilze
Die Schimmelpilze stehen Entwicklungs- geschichtlich auf einer höheren Stufe als die
Bakterien. Sie unterscheiden sich von diesen hauptsächlich durch den Bau und die Form
der Zellen, die Existenz von echten Zellkernen, sowie die Art der Fortpflanzung.
Die meisten Pilze bestehen aus fadenförmigen Zellen, die man Pilzfäden oder Hyphen
nennt. Für die Gesamtheit aller Hyphen wird der Begriff Mycel verwendet. Die Hyphen,
bestehend aus Zellwand und Cytoplasma, sind meist stark verzweigt. Bei den höheren
Pilzen sind sie durch Querwände (Septen) zellig gegliedert (septiert).
Bei verschiedenen höheren Pilzen bilden die Hyphen größere, gewebeartige Zellverbände.
Solche Verbände stellen beispielsweise Hutpilze dar.
Pilze können sich geschlechtlich (sexuell) als auch ungeschlechtlich (asexuell)
fortpflanzen. Bei vielen Arten kommen beide Vorgänge gleichzeitig vor Die der
Fortpflanzung dienenden Organe und Mechanismen sind sehr mannigfaltig und werden
zur Klassifikation der Pilze herangezogen.
Die geschlechtliche Fortpflanzung erfolgt durch Sporen, die durch Vereinigung von
Geschlechtszellen oder geschlechtlich funktionierenden Pilizellen und anschließender
Verschmelzung von geschlechtlich differenzierten Zellkernen erzeugt werden.
Da die Zellkerne die hauptsächlichen Träger der Erbeigenschaften sind, ermöglicht die
Kernverschmelzung eine Neukombination des Erbmaterials und damit die Erzeugung von
Nachkommen, die andere Eigenschaften als ihre „Eltern" aufweisen.
Die sehr weit verbreitete Art der ungeschlechtlichen Fortpflanzung erfolgt ebenfalls durch
Sporenbildung. Diese Sporen entstehen allerdings nicht durch einen geschlechtlichen
Vorgang. Sie werden je nach Art der Bildung Konidien oder Sporangiosporen genannt.
Diese sind oft intensiv gefärbt und für die schwarze oder braune Verfärbung der
Lebensmittel verantwortlich.
Konidienträger mit Konidien von
•
•
•
A
B
C
Penicillium
Aspergillus
Botrytis
(Pinselschimmel)
(Gießkannenschimmel)
(Grauschimmel)
Sporangium mit
Sporangiosporen von
Mucor
(Köpfchenschimmel)
Wichtig zu wissen ist, daß auch ein Pilzfaden oder gar nur ein Bruchstück davon wieder zu
einem neuen Pilzkörper heranwachsen kann.
11
Pilze sind im Gegensatz zu den Pflanzen und einigen wenigen Bakterien nicht zur Kohlendioxid- Assimilation befähigt. Sie sind immer auf eine organische Kohlenstoffquelle (z.B.
Zucker, Stärke, Zellulose, Fett, organische Säuren etc.) angewiesen.
Bezüglich der Ernährung sind die Pilze anspruchslos. Sie vermögen auf zahlreichen, recht
verschiedenen Substanzen wie Holz, Leder, Tapeten, Papier, Textilien zu wachsen. Viele
unserer Lebensmittel stellen sehr beliebte Nährböden für Pilze dar. Pilze sind im
allgemeinen sauerstoffbedürflig und wachsen deshalb bevorzugt an der Oberfläche der
befallenen Produkte.
Die Mehrzahl aller Pilze lebt von toten organischen Stoffen (z.B. abgestorbenen Pflanzen)
Es gibt aber auch Pilze, die lebende Organismen befallen können. Viele solcher
parasitischer Pilze sind als Erreger von Pflanzenkrankheiten bekannt. Es gibt auch Tier-,
Insekten- und Menschen- pathogene Arten.
Eine bekannte Pilzkrankheit (Mykose) des Menschen ist der sogenannte Fußpilz.
Verschiedene Pilze produzieren für den Menschen sehr giftige Stoffwechselprodukte, sog.
Mykotoxine. Die gefährlichsten dieser Stoffe sind die Aflatoxine, welche Krebs erzeugen.
Man vermutet, daß es ebenso viele Pilz- wie Pflanzenarten gibt, d.h. gegen 300.000. Pilze
werden wie andere Lebewesen in Klassen, Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten
unterteilt.
Die Begriffe „Schimmelpilze" und „Hefen" lassen sich nicht gegeneinander abgrenzen.
Schimmelpilze sind meist mehrzellige Fadenpilze mit einem pulverigen, watteartigen oder
wolligen Aussehen Viele Schimmelpilze weisen eine deutliche Färbung auf.
2.8
Die Hefen
Der Begriff „Hefen" umfaßt eine Gruppe von recht unterschiedlichen Pilzen. Die Hefen
wachsen im Gegensatz zu den Schimmelpilzen meist als Einzeller. Der Aufbau der
Hefezelle gleicht dem der Bakterienzelle. Im Unterschied zu den Bakterien besitzen sie,
wie die Schimmelpilze, einen deutlich abgegrenzten Zellkern.
Hefen sind unbeweglich.
Die Hefen vermehren sich durch Sprossung. Dabei bildet sich auf der Zelloberfläche eine
Ausstülpung, die sich rasch vergrößert, bis sie etwa halb so groß ist wie die Mutterzelle
Bei den meisten Hefen trennen sich dann die beiden Zellen, bei anderen bleiben sie
zusammen. Bestimmte Hefearten bilden Verbände von langen, schlauchartigen Zellen,
welche auf Flüssigkeiten als Haut (Kahmhaut oder Kahmdecke) in Erscheinung treten.
Osmophile Hefen sind vor allem auf den Abbau von Zucker spezialisiert.
Alle Hefen können Zucker in Anwesenheit von Sauerstoff abbauen, was als „Atmung"
bezeichnet wird. Ist kein Sauerstoff vorhanden, können alle Hefen, bis auf eine
(Rhodotorula) Zucker zu Alkohol und CO2 (Kohlendioxid) abbauen, in diesem Fall spricht
man von " Gärung".
Auch unter den Hefen gibt es für den Menschen gesundheitsgefährdende Arten.
12
2.9
Die Viren
Die Bezeichnung „Virus" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Gift. Der Begriff
wurde für krankmachende Substanzen verwendet, welche durch Bakterienfilter nicht
zurückgehalten wurden. Erst 1930 wurde erkannt, daß Viren kleine Partikel sind.
Die Viren bestehen aus Eiweiß (Protein) und Nukleinsäuren. Es gibt stäbchenförmige und
kugelig aussehende (Polyeder) Viren. Einige Viren können echte Kristalle bilden.
Viren sind keine selbständige Organismen, da sie nicht in der Lage sind zu wachsen oder
sich durch Teilung zu vermehren. Sie bedienen sich lebender Zellen zu ihrer Vermehrung,
indem sie der Wirtszelle den "Befehl" geben, nur noch Virusmaterial zu produzieren. Die
Wirtszelle stirbt danach immer ab.
Die Viren sind also immer parasitisch. Sie rufen Krankheiten bei Mensch, Tier und
Pflanzen hervor. Es gibt aber auch Viren, die Bakterien befallen. Diese Viren werden
Bakteriophagen genannt. Bakteriophagen sind in der Käse- und Joghurtherstellung sehr
gefürchtet, da sie die Milchsäurebakterien abtöten und dadurch die Gärung stören können.
Alle bisherigen Versuche, Bakterienkrankheiten mittels Bakteriophagen zu bekämpfen,
sind mißlungen.
In der Lebensmittelhygiene spielen Viren insofern eine Rolle, als sie durch Lebensmittel
übertragen werden können. So wird beispielsweise die infektiöse Gelbsucht fast
ausschließlich durch Lebensmittel (z.B. Austern) und Trinkwasser übertragen.
Modell des Bakteriophagen T 2,
gezeichnet nach einer Aufnahme
mit einem Elektronenmikroskop:
Unten in der Mitte die Endplatte,
darauf die kontraktile Scheide,
ein hohler Stift trägt den Kopf mit
der DNA
2.10
Die Protozoen
Einige Merkmale der Protozoen:
•
•
•
•
•
•
•
einzellige Lebewesen, mehrheitlich dem Tierreich nahestehend; einige
besitzen Chlorophyll und haben damit Pflanzencharakter
mehrheitlich mikroskopisch klein (10 bis 100 1 um); einige sind mit bloßem
Auge sichtbar
mehrheitlich beweglich
Fortpflanzung teils geschlechtlich, teils durch Teilung oder beide Arten
nebeneinander
Ernährung durch feste oder gelöste Nährstoffe (komplexe Enzymsysteme);
für viele Protozoen stellen Bakterien einen wichtigen Teil der Nahrung dar
es sind über 30'000 Arten bekannt; einige davon erregen beim Menschen
oder bei höheren Tieren gefährliche Krankheiten
Hauptvorkommen: Erdboden, Meere, Seen, Flüsse; viele leben mit höheren
Tieren zusammen (z.B. im Verdauungstrakt; sehr wichtig bei Wiederkäuern)
13
Die Protozoen werden in vier Hauptgruppen eingeteilt:
Flagelaten, Rhizopoda (Amöbenruhr), Sporentierchen (Malaria) und Wimperntierchen.
2.11
Enzyme
Enzyme, auch Fermente genannt, sind die Katalysatoren der lebenden Zelle. Man spricht
auch von Biokatalysatoren. Katalysatoren sind Stoffe, die eine chemische Reaktion in
Gang bringen und beschleunigen, ohne dabei verändert oder verbraucht zu werden.
Enzyme bestehen aus Eiweiß also aus Aminosäuren zusammengesetzten Verbindungen.
Enzyme wirken bereits in kleinsten Mengen; durch Hitzeeinwirkung werden sie zerstört.
Alle chemischen Reaktionen und Umsetzungen in einem Organismus werden durch
Enzyme ausgelöst. Die Gesamtheit der chemischen Umsetzung in einem Organismus
(z.B. Abbau und Verbrennung von Nährstoffen, Bildung von neuem Zellmaterial) nennen
wir Stoffwechsel. Der von einem Enzym umzusetzende Stoff heißt Substrat. Die
Wirkungsweise der Enzyme ist sehr spezifisch, d.h. ein bestimmtes Enzym katalysiert eine
ganz bestimmte Reaktion, zudem wirken viele Enzyme substratspezifisch, dies bedeutet,
sie wirken nur auf ein ganz bestimmtes Substrat. Die Erkennung und die Verbindung
zwischen Enzym und Substrat erfolgt nach dem Schlüssel- Schloß- System.
Enzymproteine sind Biokatalysatoren und ermöglichen eine Umwandlung des Substrates
bei "normalen" Temperaturen. Ohne Enzyme würden für den gleichen Prozeß wesentlich
höhere Temperaturen benötigt. Zudem ist die Reaktionsgeschwindigkeit 10 mal höher mit
Enzymen. Im letzten Jahrzehnt wurde festgestellt, das Enzyme ihre Aktivität regulieren
können. Abhängig von der Menge an "Endprodukt" wird die Enzym- Reaktion gestoppt
bzw. aufgenommen.
Beispiel für Enzyme:
Enzym
Substrat
Reaktionsprodukt
Amylase
Maltase
Invertase
Lactase
Protease
Triptase
Lipase
Cellulase
Urease
Stärke
Maltose
Saccharose (Zucker)
Lactose (Milchzucker)
Eiweiß
Peptone
Lipid (Fett)
Zellulose
Harnstoff
Maltose
Glucose (Traubenzucker)
Fructose (Fruchtzucker)
Glucose (Traubenzucker)
Peptone
Aminosäuren
Fettsäure
Glucose (Traubenzucker)
Ammoniak und CO2
3
DAS PRINZIP DER KEIMZAHLBESTIMMUNG
3.1
Probenahme
Bei der Probenahme ist darauf zu achten, daß sich der Mikroorganismen- Gehalt nicht
verändert. Die Probe wird mit einem sterilen Werkzeug entnommen und in ein steriles
Gefäß überführt. Leicht verderbliche Proben müssen gekühlt (<5°C) und so rasch als
möglich ins Labor überführt werden.
14
3.2
Einwaage
Im Labor wird eine bestimmte Menge der zu untersuchenden Probe in ein steriles Gefäß
(Glaskolben, Stomacherbeutel etc.) eingewogen und mit steriler Verdünnungslösung vermischt. Als Verdünnungslösung wird gewöhnlich physiologische Kochsalzlösung (0,85 %
NaCI) mit einem Zusatz von 0, 1 % Pepton verwendet.
In der Regel werden 10 g Probe eingewogen und 90 ml Verdünnungslösung zugesetzt.
Der Mikroorganismen- Gehalt wird dadurch um den Faktor 10 verkleinert.
3.3
Homogenisieren
Die eingewogene Probe wird mit der Verdünnungslösung in einem speziellen Gerät (z.B.
Mixer oder Stomacher) gut vermischt. Dadurch werden die in der Probe vorhandenen Mikroorganismen gleichmäßig (homogen) in der Lösung verteilt. (Verdünnung 1:10; 10-1 )
3.4
DezimaIverdünnung des Homogenisates
Ein Milliliter (1 ml) der homogenisierten Probe bzw. des wäßrigen Überstandes wird mit
einer Pipette in ein Reagenzröhrchen mit 9 ml Verdünnungslösung gegeben.
Anschließend wird das Röhrchen zwecks gleichmäßiger Verteilung der überführten Keime
gut geschüttelt.
Dabei hat sich die Keimkonzentration wiederum um einen weiteren Faktor von 10
verringert, also 1/100 oder 10-2 (Angenommen, die Probe enthält 500.000 Keime, dann
befinden sich in diesem Reagenzröhrchen pro ml noch 5.000 Keime).
Dann wird diesem Röhrchen mit der Verdünnung 1/100 (10-2) die Menge von 1 ml
entnommen und im nächsten Röhrchen mit 9 ml Verdünnungslösung gut vermischt.
Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis eine mit dem Plattenzählverfahren bestimmbare
Keimdichte erreicht wird. Ist der ungefähre Keimgehalt der Probe nicht bekannt, muß die
Verdünnungsreihe sicherheitshalber bis zur Verdünnungsstufe 10-6 ausgeführt werden.
Nun wird aus jeder Verdünnung je 1 ml in eine Petrischale pipettiert und mit flüssigem, auf
45°C abgekühltem Nährmedium (Agar) vermischt. Die Zusammensetzung des
Nährmediums richtet sich nach der zu bestimmenden Keimart oder Keimgruppe.
Bei einigen Keimarten wird das Probenmaterial bzw. die entsprechenden
Dezimalverdünnungen nicht in das Nährmedium eingegossen, sondern auf vorbereitete
Agarplatten ausgespatelt.
3.5
Bebrütung (Inkubation)
Die angesetzten Platten werden jetzt im Brutschrank bebrütet. Alle lebensfähigen Keime,
die auf dem betreffenden Nährmedium wachsen können, beginnen sich zu vermehren und
bilden nach einer gewissen Zeit für das Auge sichtbare Kolonien. Die Bebrütungsdauer
sowie die Bebrütungstemperatur richten sich nach der zu prüfenden Keimart oder -Gruppe
(z.B. aerobe Keime 3 bis 5 Tage bei + 30°C).
15
3.6
Auswertung
Um ein Ergebnis nicht zu verfälschen, ist es notwendig, nur Platten auszuzählen die mehr
als 30 und weniger als 300 Kolonien aufweisen. Die ausgezählte Kolonienzahl,
vervielfältigt mit dem Verdünnungsfaktor, ergibt die Keimzahl pro Gramm der Probe.
Werden also zum Beispiel 33 Keime ausgezählt auf der Platte mit der Verdünnung 10-4
(1/10.000), so sind in der in 1 ml Probe 330.000 Keime vorhanden.
Bei wichtigen Analysen werden alle Proben im Doppelansatz angesetzt, d.h. es werden
jeweils zwei Agarplatten ausgespatelt von der gleichen Verdünnungsreihe. Aus den
Ergebnissen wird dann das statistische Mittel berechnet.
4
MIKROORGANISMEN UND LEBENSMITTEL
4.1
Technologische Nutzung von Mikroorganismen zur Herstellung oder
Veredelung von Lebensmitteln
Bei der Herstellung verschiedener Lebensmittel spielen Mikroorganismen eine wichtige
Rolle. Ohne ihre Hilfe wäre die Veredelung vieler pflanzlicher und tierischer Rohstoffe
nicht möglich. Die rnikrobiellen Stoffwechsel- Vorgänge, die sich dabei abspielen, faßt
man unter dem Begriff „Gärung" und „Reifung“ zusammen bzw. spricht von fermentierten
oder mikrobiell gereiften Produkten.
Früher liefen die mikrobiellen Gärungs- und Reifungs- Vorgänge meist spontan, d.h. ohne
Zutun des Menschen ab (z.B. Säuerung von Milch, Gärung von Traubenmost). Heute
werden diese Prozesse mehrheitlich gesteuert durch Zugabe ausgewählter, in
Laboratorien hergestellter und geprüfter Mikroorganismen- Kulturen.
Ein mikrobieller Stoffwechsel- Vorgang, der in einem Lebensmittel erwünscht oder
technologisch notwendig ist, kann in einem anderen Lebensmittel Verderbnis bewirken. So
stellen beispielsweise Milchsäure- Bakterien, welche zur Herstellung von SauermilchProdukten eingesetzt werden, für Trinkmilch Verderbnis- Organismen dar.
4.1.1
Milchsäure- Bakterien
Milchsäure- Bakterien wandeln Zucker (z.B. Milchzucker) in einem Vorgang, den man
Milchsäure- Gärung nennt, in Milchsäure um. Je nach Bakterienart entstehen dabei noch
Kohlendioxid, sowie Essigsäure und Spuren anderer Substanzen, die zur Aromabildung im
fermentierten Produkt beitragen.
Zucker
> Milchsäure (+ Essigsäure +CO2)
Bekannte und wichtige Lebensmittel, die durch Milchsäure- Gärung gewonnen werden,
sind verschiedene Sauermilch- Produkte wie Joghurt, Sauermilch, Buttermilch und Kefir.
Beim Kefir läuft neben der Milchsäure- Gärung auch noch eine alkoholische Gärung
einher.
Weitere Produkte, bei denen die Milchsäure- Gärung einen wichtigen Vorgang darstellt,
sind die meisten Käsesorten, verschiedene fermentierte Gemüse wie Sauerkraut,
milchsaure Gemüsesäfte, Sauerteig sowie verschiedene Rohwurst- Arten wie Salami.
16
Die Milchsäure- Bakterien stellen eine heterogene Gruppe von Organismen dar, welche
den Gattungen Lactobacillus, Streptococcus, Leuconostoc und Pediococcus zugeordnet
werden. Je nach Produkt wird die Milchsäure- Gärung durch eine ganz bestimmte
Bakterienart oder aber durch eine Kombination verschiedener Arten in Gang gesetzt.
4.1.2
Propionsäurebakterien
Die Propionsäure- Bakterien vergären Milchsäure zu Propionsäure unter Bildung von Kohlendioxid und Essigsäure.
Milchsäure
> Propionsäure + Essigsäure + CO2
Die Propionsäure- Gärung ist ein wichtiger Vorgang bei der Herstellung von Emmentaler
Käse. Sie ist mitbestimmend für das typische Aroma, und das gebildete Kohlendioxid ist
für die Entstehung der weit bekannten Löcher verantwortlich.
4.1.3
Essigsäure- Bakterien
Die Essigsäure- Bakterien (Acetobacter- und Gluconobacter- Arten) oxidieren Äthylalkohol
zu Essigsäure.
Äthylalkohol > Essigsäure + H20
Die Essigsäure- Gärung ist ein streng aerober Vorgang. Mit Hilfe der EssigsäureBakterien wird aus Wein Essig hergestellt.
4.1.4
Hefen
Einige Hefearten, von denen Saccharomyces cerevisiae Lebensmittel- technologisch die
wichtigste ist, können verschiedene Zuckerarten zu Äthylalkohol und Kohlendioxid
vergären:
Zucker
> Äthylalkohol + CO2
Dieser Vorgang wird alkoholische Gärung genannt. Bier und Wein sind die bei uns am
besten bekannten Produkte, die durch alkoholische Gärung hergestellt werden.
Eine alkoholische Gärung liegt auch der Triebkraft der Bäckerhefe zu Grunde. Das
gebildete Kohlendioxid sammelt sich in Form von Bläschen an und bewirkt dadurch die
gewünschte Lockerung des Teiges.
4.1.5
Schimmelpilz
Der Einsatz von Schimmelpilzen beschränkt sich bei und im wesentlichen auf einige
Weichkäse- und Rohwurst- Arten (Camembert, Roquefort, Brie, Gorgonzola; Salami). Bei
der Schimmel- Reifung entstehen für das jeweilige Produkt charakteristische AromaStoffe. Daneben verleihen die Schimmelpilze dem Produkt das typische Aussehen.
17
In Ostasien haben Schimmelpilz- Fermentations- Produkte eine Jahrhunderte alte
Tradition, und die Produktpalette ist dementsprechend größer. Wichtigste Rohstoffe sind
dort Sojabohnen Weizen, und Reis. Beispiele sind Sojasauce (Hefen), Tofu
(Schimmelpilze), Reiswein (Hefen) etc..
Die Nutzung der Mikroorganismen durch den Menschen, beschränkt sich nicht nur auf den
Lebensmittelbereich. Die Biotechnologie, d.h. die technologische Auswertung von
spezifischen mikrobiellen Stoffwechsel- Leistungen, ist weltweit zu einem sehr
bedeutenden Industriezweig herangewachsen. In speziellen Behältern, die man Fermenter
nennt, werden verschiedenste Substanzen und Produkte hergestellt wie Antibiotika,
Vitamine, Dextrane (z.B. als Blutplasmaersatz), Aminosäuren (z.B. für die WürzeHerstellung), organische Säuren, Gibberelline (Pflanzenwuchsstoffe), Enzyme (z.B.
Proteasen für Waschmittel oder Pektinasen für die Klärung von Obstsäften) und Biogas
(z.B. aus landwirtschaftlichen Abfällen oder Klärschlamm).
4.2
Lebensmittelverderb
4.2.1
Definition
Unter dem Begriff „Verderb" verstehen wir stoffliche Umsetzungen oder irgendwelche Veränderungen, die den Gebrauchswert eines Lebensmittels einschränken.
Ein verdorbenes Lebensmittel ist in der Regel auch in seiner sinnlich erfaßbaren
Beschaffenheit (Aussehen Konsistenz, Geruch, Geschmack) so deutlich verändert, daß es
für den Verbraucher nicht mehr annehmbar ist. Es gibt aber auch Fälle, wo der Tatbestand
der Verdorbenheit durch die Sinnesorgane nicht wahrgenommen werden kann (z.B.
ekelerregende Einflüsse bei der Herstellung oder Überschreitung von bestimmten
mikrobiologischen Grenzwerten).
4.2.2
Ursachen
Verderbsursachen können chemischer, physikalischer, biologischer, biochemischer oder
mikrobiologischer Natur sein.
Mikrobieller Verderb ist Teil eines wichtigen, sinnvollen und unentbehrlichen Kreislaufes in
der Natur, innerhalb dessen organische Substanz (Bestandteile von toten Pflanzen und
Tieren) in ihre Bausteine zerlegt wird, die wiederum dem Aufbau neuer, lebender
Substanz dienen.
Der Begriff „mikrobieller Verderb" bezieht sich allein auf sinnlich wahrnehmbare oder nicht
wahrnehmbare stoffliche Umsetzungen in einem Lebensmittel und ist nicht gleichzusetzen
mit Gesundheitsrisiko. Sowohl harmlose als auch Gesundheits- gefährdende (pathogene
und toxigene) Mikroorganismen können Verderb verursachen.
Die meisten mikrobiellen Verderbnis- Erreger sind jedoch gesundheitlich harmlos.
Mikroorganismen, deren Anwesenheit in einem Lebensmittel erwünscht oder sogar
erforderlich sind, können in einem anderen Lebensmittel Verderb verursachen So gelten
Hefen zur Herstellung von Wein in Traubensaft als Verderb- Organismen.
18
4.3
Gefährdung der Gesundheit durch Mikroorganismen
Mikrobiologische Schadenursachen, die über das Lebensmittel auf den Menschen
übertragen werden, sind Bakterien, Viren oder höhere Organismen, wie Protozoen oder
andere Parasiten.
Sie stammen aus primären oder sekundären Kontaminationen und können beim
Menschen Infektionskrankheiten oder durch Giftstoffe, die sich bilden, Intoxikationen
hervorrufen.
In manchen Fällen treten die Symptome der Vergiftung mit denen der Infektion kombiniert
auf. Wir sprechen dann von Toxin- Infektionen.
Bestätigte Ausbrüche von Lebensmittel- Bedingten Epidemien in den USA 1983-1987
Ursache
Anzahl der Ausbrüche
Einzelfälle
600
232
36
41
909
50'304
1'244
203
2789
54'540
Bakterien
Chemische Substanzen
Parasiten
Viren
Gesamt
Meldepflichtige Erkrankungen 1986-1990, bei deren Entstehung die Beteiligung von
Lebensmitteln erwiesen oder wahrscheinlich ist
Jahr
1986
1987
1988
1989
1990
Übrige Formen Shigella
TriciClostridium Salmonella Salmonella Salmonella
botulinum typhi
paratyphi
von Enteritisnella
(alles andere) Infektionen
Fälle Tote Fälle Tote Fälle Tote Fälle Tote Fälle Tote Fälle Tote Fälle
30
1
230
4
153
2 33271 48
19508
0
1635 2
6
18
0
228
4
149
3 39342 65
22932
3
1871 0
4
28
2
199
1
126
1 49564 57
22715
3
1739 1
3
8
1
2()3 2
124
0 63600 100 27150
1
2034 0
6
10
0
194
0
126
0 91237 116 30652
4
1869 0
6
Bestätigte Ausbrüche und Einzelerkrankungen in den USA im Jahre 1987 - 1990
Ausbrüche
N
%
Parasiten
Trichinella Spiralis
Total
Viren
HepatitisA
Norwalk Virus
Total
Einzelerkrankungen
N
%
Todesfälle
4
4
2.9
2.9
15
15
0.2
0.2
0
0
9
1
10
6.6
0.7
7.4
187
365
552
1.9
3.8
5.7
0
0
0
19
Bakterien
Bacillus cereus
Campylobacter
Clostridium botulinum
Clostndium perfringens
Salmonella
Shigella
Staphylococcus aureus
Streptococcus Gruppe A
Vibrio parahaemolyticus
Total
Chemische Substanzen
Ciguatoxin (Fischvergiftung)
Schwermetalle
Pilzgifte
Scombrotoxin (Fischvergiftung)
Andere
Total
INSGESANIT BESTÄTIGT
4.3.1
N
Ausbrüche
%
Einzelerkrankungen
N
%
Todesfälle
2
3
11
2
52
9
1
1
2
83
1.5
2.2
8.1
1.5
38.2
6.6
0.7
0.7
1.5
61.0
9
39
18
290
1846
6494
100
123
9
8928
0.1
0.4
0.2
3.0
19.1
67.3
1.0
1.3
0.1
92.5
0
0
2
()
2
0
0
0
0
4
11
2
2
22
2
39
8.1
1.5
1.5
16.2
1.5
28.7
35
19
2
95
6
157
0.4
0.2
0
1.0
0.1
1.6
0
0
1
0
0
1
136
100.0
9652
100.0
5
Infektionskrankheiten, Zoonosen
Viele Infektionskrankheiten können zwischen Wirbeltieren und Menschen wechselseitig
übertragen werden. Wir bezeichnen sie als Zðonosen (griech. Zðon = Lebewesen, Tier;
Nósos = Krankheit). Bei der Entstehung dieser Erkrankung können Lebensmittel als
Vehikel wirken. Doch stellt der orale (oder besser alimentäre (lebensmittelbedingte) Weg
nur einen von mehreren möglichen dar.
Lebensmittelinfektionen (und -intoxikationen) im engeren Sinne sind Erkrankungen, die mit
enteralen Erscheinungen einher gehen, also mit Erbrechen, Durchfall, abdominalen
(Unterleib) Krämpfen.
Hier ein paar Beispiele für Verursacher von Lebensmittelinfektionen.
Streptobacillus moniliformis
Brucella spec
Zecken
Leptospira
Erysipelothrix
Erreger der Rattenbiß- Krankheit
Brucellose- Fieber bei Rindern, Schafen
und Ziegen
Encephalitis Virus
Infektion über Kontakt mit frei lebenden
KIeinsäugern
Symptome sind Fieber, Kopf- und
Muskelschmerzen,
Leberund
Nierenschaden
Rotlauf bei Schweinen führt beim Mensch
zu
einer
juckenden,
rotbraunen
Schwellung.
20
4.3.1.1
Lebensmittelinfektionen
Das gemeinsame Kennzeichen dieser Erkrankung ist, daß eine relativ große Anzahl von
Organismen erforderlich ist, um die Krankheit ausbrechen zu lassen. Hauptsächlich sind
hier Angehörige der Familie Enterobacteriaceae vertreten. Da ihr natürlicher Standort der
Darm von Tieren und Menschen ist, hängt die Entstehung dieser LebensmittelVergiftungen immer mit einer unmittelbaren, auch indirekten fäkalen Kontamination
zusammen. Die Infektion wird durch Giftstoffe in der Zellwand des MO hervorgerufen.
Diese Giftstoffe werden durch eine Zerstörung der Zellwand z.B. im Darm freigesetzt.
Folgende Mikroorganismen gehören zu dieser Gruppe
•
•
•
•
Salmonellen
Campylobacter
Shigella
Enteropathogene E. coli
Die in Lebensmittel mit am häufigsten auftretenden Mikroorganismen Salmonella und
Campylobacter werden auf den nächsten Seiten näher erläutert.
4.3.1.1.1
Salmonellen
Die Salmonellen lassen sich grundsätzlich in die 2000 Arten umfassende Enteritis
erregegenden Salmonellen (z.B. Salmonella Typhimunum, S. enteritidis) und die
Salmonellen der Typhus-Paratyphus-Gruppe (S. Typhi, und S. paratyphi A, B, und C)
einteilen.
Salmonellen können auf Pflanzen, im Kot, in Jauche und Gülle, im Klärschlamm, in
Futtermittel und in Lebensmitteln über Wochen, z.T. auch über Monate und Jahre lebensund infektionstüchtig bleiben. Gegenüber dem Einfrieren sind die Salmonellen sehr
empfindlich. Sie werden jedoch auch bei längerer Einwirkung dieser Temperaturen häufig
nur subletal geschädigt.
Salmonellen sind sehr Hitze- empfindlich. Je höher die Konzentration an Fett, Eiweiß und
Kohlenhydraten sowie bei erniedrigten aw- Wert ist die Salmonelle wesentlich
unempfindlicher gegenüber Hitze.
4.3.1.1.2
Enteritis erregende Salmonellen
Kontaminationsquelle
Die Infektionsquelle für den Menschensind vorwiegend tierischen Lebensmittel. Die
Infektionsquellen für die Nutztiere sind Kraftfutter- Mischungen, die aus Tierkörper- Mehl
hergestellt worden sind. Fischmehle haben hier eine besondere Bedeutung. Da die
Salmonellen mit dem Kot ausgeschieden werden, ist eine Ausbreitung in einem
Tierbestand, besonders bei Massen- Tierhaltung, stark begünstigt. Besonders häufig ist
Schlachtgeflügel kontaminiert. Die Kontaminations- Kette kann bereits beim Küken
beginnen, wenn das Eiinnere bereits mit SaImonellen kontaminiert war. Bei der
Schlachtung kann es durch das Absetzten von Kot zu sogenannten Kreuzkontaminationen
kommen, was zur Folge hat, daß bereits frisches Fleisch kontaminiert ist.
21
Fische und Muscheln, z.B. Miesmuscheln und die roh verzehrten Austern, sowie andere
Seetiere, können in küstennahen Gewässern durch Abwässer infiziert werden. Eine
Kontamination der Fische ist auch nach dem Fang durch den Kot von Möwen möglich. Da
eine relativ hohe Infektionsdosis von mindestens 100.000 bis 1.000.000 lebende Erreger
notwendig ist, ist eine Übertragung von Mensch auf Mensch sehr unwahrscheinlich. Der
Mensch ist somit nur der Endpunkt der Infektionskette. Diese hohe Anzahl an Salmonellen
bedeutet, daß die Salmonellen Gelegenheit haben müssen sich im Lebensmittel zu
vermehren.
Inkubationszeit und Symptome
Eine akute Gastroenteritis beginnt nach einer Inkubationszeit von wenigen Stunden bis zu
zwei Tage. Im Darm wird durch Lysis (Auflösung) der Salmonellen ein ,J'Ü~fi~" in der
Zellwand frei, welches auf die Darmschleimhaut einwirkt und zahlreiche wäßrige, selten
blutige Durchfälle hervorruft. Teilweise tritt Fieber auf Bei einer Vielzahl von infizierten
Personen sind die Symptome sehr schwach bis teilweise nicht merkbar. Kritisch können
die Salmonellen für Menschen mit einem schwachen Immunsystem sein (ältere Menschen
und Säuglinge). Als Therapie werden Elektrolyt- Lösungen verabreicht um den
Flüssigkeits- Haushalt zu stabilisieren, und in extremen Fällen Antibiotika verabreicht.
4.3.1.2
Salmonella und S. paratyphi
Kontaminationsquelle
Der Mensch ist das einzige Erreger- Reservoir Ausgehend von einem Erkrankten oder
Dauerausscheider können die Salmonellen direkt auf einen anderen Menschen oder
indirekt über Fäkal- kontaminierte Lebensmittel, Wasser, Gerätschaften, Eßgeschirr,
Handtücher, Aborte u.a. übertragen werden. Da sich die Salmonellen im Körper
vermehren, ist eine Infektionsdosis von 100 – 1.000 lebenden Zellen ausreichend.
Krankheitsbild
Die Erreger werden oral aufgenommen und gelangen in den Dünndarm. Nach einer
Inkubationszeit von 14 Tagen, brechen die sich in dieser Zeit vermehrten Salmonellen
massiv in die Blutbahn ein und führen zu Fieber mit Temperaturen bis 40°C. Typisch für
die akute Krankheitsphase (1 bis 2 Wochen) sind starke Kopfschmerzen und eine
ausgeprägte Bewußtseinstrübung (Typhus = Rauch, Nebel). Die Erreger können in dieser
Zeit verschiedene Organe wie Leber, Milz, Nierenbecken befallen und verursachen
Entzündungen. Die Besiedlung der Leber bzw. der Gallenblase kann auch nach der
Gesundung über Monate, Jahre teilweise lebenslang bestehen. Diese Salmonellen
werden über den Stuhl ausgeschieden. Man spricht dann von Dauerausscheidern.
Um die Vermehrung der Erreger im Körper zu hemmen, umfaßt die Therapie des Typhus
vor allem die Gabe von Antibiotika.
4.3.1.3
Campylobacter jejuni
Campylobacter- Infektionen sind in der Tiermedizin seit langem bekannt, hauptsächlich als
Abort bei Wiederkäuern und Durchfall bei verschiedenen Haustieren. Daß dieser
Mikroorganismus auch pathogen für Menschen ist, blieb Jahrzehnte lang unentdeckt.
22
Beim Menschen ruft der Erreger nach oraler Aufnahme und einer Inkubationszeit von 2 bis
11 Tagen eine Erkrankung hervor, die sich zunächst in Fieber, Kopf- und
Muskelschmerzen äußert. Bald entwickelt sich ein gastroenteritisches und
enterocolitisches Stadium mit Erbrechen, Durchfällen und heftigen Leibschmerzen. Die
Infektion kann unter Umständen schwere Komplikationen nach sich ziehen wie
Blutvergiftung und bei Kleinkindern Hirnhautentzündung.
Infektionsquellen
Die Vermutung, daß Carnpylobacter jejuni auch Lebensmittelinfektionen hervorrufen kann,
hat sich nach einer Reihe von z.T. umfangreichen Epidemien bestätigt, die nach dem
Verzehr von Rohmilch aufgetreten sind. Wahrscheinlich ist der Erreger vom erkrankten
oder auch vom symptomlos ausscheidenden Tier her durch fäkale Kontamination in die
Milch gelangt. Weitere Infektionsquellen waren rohes oder unzureichend erhitztes
Geflügelfleisch und Hühnerleber, evtl. auch rohes Hackfleisch.
Allem Anschein nach bilden Wildvögel (Seemöwen u.a. Wassergeflügel, Saatkrähen und
Stadttauben) ein natürliches Reservoir, dem die recht häufig nachgewiesene
Kontamination von Oberflächengewässern mit dem Erreger gutgeschrieben wird. Aber
auch Zucht- und Nutzgeflügel, sowie Schafe, Schweine und Rinder beherbergen zu einem
hohen Anteil den Erreger im Darm.
4.3.1.4
Lebensmittelvergiftungen
Bei der mikrobiell bedingten Vergiftung ist die schädigende Ursache ein Toxin, daß vom
MO entweder im Lebensmittel oder auch erst im Darm des Menschen gebildet wird.
Jedenfalls findet keine Infektion im Wirtsorganismus statt und bei den meisten echten
Lebensmittel- Vergiftungen ist der Ausbruch der Krankheit gar nicht an die Aufnahme des
lebenden Erregers gebunden.
Eine Erkrankung kann zustande kommen, unabhängig davon, ob der Erreger sich im Lebensmittel vermehrt oder bestimmte schädliche Stoffwechsel- Produkte (Toxine) bildet.
Meist stellt der alimentäre (Lebensmittel- bedingte) Weg nur eine von verschiedenen
Übertragungsmöglichkeiten dar.
Voraussetzung für eine Giftproduktion ist immer eine Vermehrung der Bakterien im Lebensmittel. Je stärker die Bakterienvermehrung, um so mehr Gift wird gebildet. Folgende
pathogene (krankmachende) Mikroorganismen gehören zu dieser Gruppe.
4.3.1.4.1
Staphylococcus aureus
Kontaminationsquelle
Die Kontaminationsquelle ist der Mensch. Ausgehend von offenen, schlecht abgedeckten
Wunden (besonders an den Händen) über den Rachenraum, die Rachenschleimhaut und
die Nasenschleimhaut.
Die Übertragung erfolgt über Niesen Husten, Haare, Schuppen usw. Fast jeder dritte
Mensch ist Träger von Staphylokokken.
23
Inkubationszeit
Nach Aufnahme des Toxins welches vom MO gebildet wird und hitzestabil ist. Die für eine
Erkrankung notwendige Menge an Toxin liegt, abhängig vom Toxintyp (A-E) zwischen 0,2
und 25 ~g. Um diese Menge an Gift zu produzieren sind >106 Staph./g notwendig. Diese
Anzahl von Staphylokokken ist nach einer 6 stündigen Standzeit bei einer Temperatur von
10°C bis 40°C des Lebensmittels erreicht.
Symptome
Diarrhöe, Übelkeit und Erbrechen ohne Fieber, klingt nach 1-2 Tagen ab. Gefährlich für
Kleinkinder.
Risikolebensmittel
Alle Eiweiß- und Kohlehydrat- haltigen Lebensmittel mit hohem Wassergehalt sind
gefährdet. Dies sind Fleisch, Wurstwaren Eier, Milch / Kuchenfüllungen, Nudeln, Reis,
Saucen usw.
Vorbeugende Maßnahmen sind
•
•
•
4.3.1.4.2
Einhalten der Personalhygiene
Kühlen von nicht sterilen Produkten
Vermeiden längerer Standzeiten bei Temperaturen > +5°C. (Siehe
Hygieneverordnung)
Bacillus cereus
Kontaminationsquelle
Die Kontaminationsquelle ist Erde und somit alle Lebensmittel, die mit Erde in Berührung
kommen. Bei diesem MO ist zu beachten, daß es sich um einen Sporenbildner handelt.
Inkubationszeit und Symptome
Vom Bacillus cereus ist bekannt, daß er zwei unterschiedliche Toxin- Typen bilden kann.
Es handelt sich hierbei um ein Erbrechens- Toxin und ein Diarrhöe- Toxin. Das DiarrhöeToxin wirkt nach 8 - 16 Stunden und klingt nach 12 - 24 Stunden wieder ab. Das
Erbrechens- Toxin wirkt nach 1/2 - 6 Stunden mit Übelkeit und Erbrechen, eventuell verbunden mit Bauchkrämpfen. Die Symptome klingen nach 6 - 24 Stunden ab. Das
Erbrechens- Toxin tritt in der Regel nur bei Reis auf.
Risikolebensmittel
Hiervon sind meistens Eiweiß- reiche Lebensmittel betroffen, wie Gemüse, Saucen,
Suppen, Dessert, Fleisch (durch Verwendung von Gewürzen) Reis.
Vorbeugung
Erwärmte Lebensmittel rasch abkühlen, nicht bei Zimmertemperatur stehen lassen!
24
4.3.1.4.3
Clostridium perfringens
Kontaminationsquelle
Ausgangspunkt der Infektionskette ist der Erdboden und der menschliche oder tierische
Darmtrakt. Die Erreger bzw. die Sporen können durch direkte fäkale Verunreinigungen
oder indirekt über den Erdboden, Staub oder Abwässer in die Lebensmittel (Rind- und
Geflügelprodukte) gelangen.
Inkubationszeit und Symptome
Bei der Sporulation der Keime, die mit dem Lebensmittel in den Darm gelangen wird ein
Enterotoxin gebildet. Diese Enterotoxin löst eine Diarrhöe mit Unterleibsschmerzen aus.
Die Krankheitssymptome verschwinden nach 10 - 24 Stunden. Komplikationen werden nur
selten bei resistenzgeschwächten, besonders bei älteren Personen beobachtet. Neben
Diarrhöen werden abhängig vom Mikroorganismen- Typ (A-D) auch Wundinfektionen
(Gasbrand) und Darmbrand verursacht.
Risikolebensmittel
Hierbei handelt es sich um Geflügel- und Fleischsalate, Fleischpasteten, Suppen, Saucen.
Wichtig ist, daß der Mikroorganismus nur unter anaeroben Bedingungen wächst.
4.3.1.4.4
Clostridium botulinum
Allgemeine Infos
C. botulinum hat seinen natürlichen Standort im Erdboden oder in den Sedimenten
(Ablagerungen) von Seen, Tümpeln, Fließgewässern und Küsten- nahen Gewässern. Die
ubiquitär vorkommenden Bakterien können in tierischen (lat. holuhis Wurst) und
pflanzlichen Lebensmitteln Exotoxine bilden. Die einzelnen Botulinum- Arten können
unterschiedliche Gifte produzieren. Die gebildeten Toxine sind Hitze- empfindlich.
Kontaminationsquelle
Somit sind mit Erdbodenverunreinigungen, Staub oder mit Erdboden selbst verunreinigte
Gerätschaften Ursache für eine Kontamination des Lebensmittels. Fische und Seetiere
können durch Sedimente der Gewässer infiziert werden.
Inkubationszeit und Symptome
Nach einer Inkubationszeit von 12 bis 36 Stunden kommt es zu den ersten klinischen
Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Magen- Darmstörungen. Die durch das Toxin
verursachte Lähmung der Augenmuskulatur kann zu Doppelsehen, Lichtsehen, Flimmern
und Pupillenstarre, die Lähmung der Schlund- und Zungenmuskulatur zu
Sprachstörungen, Schluckbeschwerden zum Versiegen der Speichelsekretion und zum
Austrocknen der Schleimhäute führen. Die größte Gefahr besteht in erster Linie in einer
Atemlähmung und in einer nachfolgenden Lungenentzündung (wenn Atemlähmung
überlebt wird). Werden die Symptome richtig gedeutet, besteht die Möglichkeit, mittels
eines Gegengiftes entgegen zu wirken. Mit Antibiotika soll eine sekundäre Infektion
verhindert werden.
25
Risikolebensmittel
Hausgemachte Gemüse- und Fleischkonserven, eingedoste nicht saure Lebensmittel,
nicht bzw. schlecht gepökelte Fleischwaren.
Vorbeugende Maßnahmen sind
•
•
•
•
•
4.3.1.5
Durch folgende Maßnahmen ist ein sicherer Schutz vor dem Wachstum und
der Toxinbildung von C. botulinum möglich:
Erhitzung von Lebensmitteln, die bei einer Temperatur von > 10°C gelagert
werden, auf 121°C für mindestens 3 Minuten, bei Lagerungen < 10°C auf
Temperaturen von 90°C mindestens 5 Minuten
Ansäuern der Lebensmittel auf einen pH- Wert < 4,5
Kühllagern von Lebensmitteln mit einem aw- Wert > 0,97 bei Temperaturen
unter 3°C bzw. bei Lebensmittel mit einem aw- Wert <0,97 (<0,95) unter
10°C.
Absenken des aw- Wertes durch Salzen (Pökeln), Zuckern, Trocknen oder
Gefrieren.
Mycotoxinbildende Pilze
Allgemeine Infos
Verschiedene Schimmelpilzarten können in Lebens- und Futtermitteln giftige StoffwechselProdukte, sogenannte Mycotoxine, bilden. Im Gegensatz zu den Bakteriengiften, die eine
akute, d.h. sofort auftretende Vergiftung bewirken, zeichnen sich die Mycotoxine im allgemeinen durch eine chronische, d.h. langsam verlaufende Wirkung aus. Die Anwesenheit
von Mycotoxinen in Lebensmitteln kann folgende Ursache haben.
•
•
•
Verderb der Lebensmittel durch Schimmelpilze
Verarbeitung toxinhaltiger Roh- und Zwischenprodukte bei der Herstellung
von Lebensmitteln
Verfütterung toxinhaltigen Futters und Übergang der Mycotoxine in die Milch
oder in das Fleisch („carry over").
Es sind über 100 Mycotoxine bekannt. Einige davon, so die Aflatoxine (gebildet von Aspergillus flavus), können Krebs erzeugen.
Risikolebensmittel
Hierzu zählen sämtliche Nußarten, wobei die Erdnuß am stärksten gefährdet ist, Getreide
(Cerealien), Brot (Backwaren), Obst und Obstsäfte, Gemüse, Gewürze, Milch, Käse,
Fleisch- und Fischprodukte
Vorbeugende Maßnahmen sind
•
•
Produktion gering belasteter Rohprodukte (gesundes Saatgut, richtiger
Dünger, vernünftiger Pflanzenschutz, sachgerechte Ernte, optimale
Lagerung und Transport des Erntegutes)
Reduzieren der Pilzbelastung der Rohprodukte (Aussortieren von
verschimmelten Produkten, Einsatz Keim- reduzierender Methoden)
26
•
•
•
•
5
Abtötung der Pilze im Zwischen- und Endprodukt durch Sterilisation bzw.
Pasteurisation
Vermeidung sekundäre Kontamination durch geeignete Abpackung und
Verpackung
Hemmung des Pilzwachstums auf nicht sterilen Produkten durch
konservierende Maßnahmen wie Kühlen, Tiefgefrieren, Zusatz von
Konservierungsstoffen und aw- Wert Absenkung
Die Verwendung von Mycotoxin- freien Futtermitteln für Produkte tierischer
Herkunft
VERFAHREN ZUR HALTBARMACHUNG VON LEBENSMITTELN
Weltweit verursachen Mikroorganismen jährlich Nahrungsmittelverluste in der Größenordnung von Milliarden von Franken. Große Mengen pflanzlicher Nahrungsmittel werden
bereits vor der Ernte durch Mikroorganismen zerstört. Die meisten Lebensmittel sind in der
Form, wie sie uns die Natur zur Verfügung stellt, sehr instabil, das heißt, sie sind nicht
lange haltbar. Häufigste Ursache von Lebensmittelverderbnis sind Mikroorganismen.
Daneben gibt es aber auch physikalische, chemische und biochemische Vorgänge,
welche die Qualität eines Lebensmittels nachteilig beeinflussen können.
Seit der Mensch seßhaft geworden ist (ca. vor 101000 Jahren), war er ständig bestrebt,
die Haltbarkeit der Lebensmittel zu verlängern, um Vorräte für die unsichere Zukunft
anlegen zu können. Die Ältesten und heute noch gebräuchlichen Haltbarkeitsverfahren
sind das Trocknen, das Räuchern und das Salzen. Die technischen und industrielle
Revolution hat den Menschen eine Reihe neuer Möglichkeiten zum Haltbarmachen von
Lebensmitteln eröffnet, so die Anwendung von Hitze, Kälte und chemischen
Konservierungsstoffen.
Außer in jenen Fällen, wo Mikroorganismen absichtlich zugesetzt wurden (z.B.
Gärprodukte) sind Mikroorganismen in Lebensmitteln grundsätzlich als unerwünscht
anzusehen. Je kleiner der Befall eines Lebensmittels durch Mikroorganismen, um so
größer ist seine Haltbarkeit.
Bei der Herstellung von Lebensmitteln sind deshalb folgende Leitsätze zu beachten.
Je nach Lebensmittel und Herstellungstechnologie ist eine gewisse mikrobielle
Verunreinigung unvermeidbar. Bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln geht es darum,
diese Mikroorganismen abzutöten oder im Wachstum zu hemmen. Für den Begriff
Haltbarmachung wird auch das Wort Konservierung verwendet.
5.1
Physikalische Verfahren der Haltbarmachung
5.1.1
Trocknung
Wird einem Lebensmittel, daß für die Mikroorganismen lebensnotwendige Wasser
entzogen, so stellen diese die Vermehrung oder das Wachstum ein und sterben
mehrheitlich ab. Nur Sporen sind in der Lage, eine mehrjährige Trockenheit zu überdauern
und lebensfähig zu bleiben. Verfahren des Wasserentzuges sind Vakuum- Trocknung,
Rösten, Sprüh- Trocknung, Luft- Trocknung, Walzen- Trocknung und Gefrier- Trocknung.
27
5.1.2
Hitzebehandlung
Man unterscheidet zwischen Pasteurisation und Hitzesterilisation. Die Pasteurisation ist
eine schonende Hitzebehandlung, bei der alle vegetativen Zellen einschließlich der nicht in
Sporenform vorliegenden pathogenen Keime, abgetötet werden. Pasteurisiert wird bei
Temperaturen zwischen 65°C und 85°C, wobei die Pasteurisationsdauer mit zunehmender
Temperatur abnimmt. Bei Milch werden folgende Temperaturen und Einwirkzeiten
angewendet:
•
•
•
62-65°C während 30-32 Minuten
72-75°C während 15-30 Sekunden
85°C während 4 Sekunden
(Dauererhitzen)
(Kurzzeiterhitzung)
(Hocherhitzen)
Bei empfindlichen flüssigen Lebensmitteln hat sich mehrheitlich die HochtemperaturKurzzeit- Erhitzung durchgesetzt. Achtung, pasteurisierte Produkte sind nur beschränkt
haltbar!
Bei der Sterilisation versucht man, unter Einwirkung von sehr hohen Temperaturen (110°C
bis 130°C ) alle Mikroorganismen einschließlich der Sporen, abzutöten. Die Erhitzung
erfolgt im Autoklaven unter Druck Sterilisierte Produkte dürfen keine vermehrungsfähigen
Mikroorganismen mehr enthalten. Die Sterilisationsverfahren ermöglichen es. Lebensmittel
in Behältern, die die Kontamination mit Keimen nach der Hitzebehandlung ausschließen,
über längeren Zeitraum haltbar zu machen.
5.1.3
Anwendung tiefer Temperaturen
Die Nutzung der Kälte zur Frischhaltung und Konservierung von Lebensmitteln ist schon
sehr lange bekannt. Als es noch keine Kältemaschinen und Kühlschränke gab, wurde Eis
und Schnee als Kühlmittel verwendet. Schnee und insbesondere Natureis wurde zu
wichtigen Handelsgütern, die über weite Distanzen transportiert wurden. So wurde
norwegisches Eis bis nach Ostindien und Südafrika verfrachtet.
Im Gegensatz zur Hitze führt die Kälte allein im allgemeinen nicht zu einer Abtötung der
Mikroorganismen. Sie bewirkt lediglich eine Verlangsamung der Stoffwechsel- Prozesse
und damit eine Hemmung des Mikroorganismen- Wachstums.
Viele Mikroorganismen. darunter praktisch alle Lebensmittelvergifter, können sich bei
Kühlschranktemperaturen zwischen 0°C und 5°C nicht mehr vermehren. Jene Bakterien,
Pilze und Hefen, die sich unter diesen Bedingungen noch entwickeln können. werden
bekanntlich psychrotolerante MO genannt. Es sind Hefen und Schimmelpilze bekannt. die
sich bei Temperaturen von -7°C bis -12°C noch vermehren können. Wegen der
psychrotoleranten Verderbnis erregenden MO sind Lebensmittel im Kühlschrank
aufzubewahren.
Eine bessere und viel längere Haltbarkeit kann durch das Tiefkühlen erreicht werden, ein
Konservierungsverfahren, das heute sogar in den meisten Privathaushalten zur Selbstverständlichkeit geworden ist. In tiefgekühlten Lebensmittel wird die Vermehrung der MO
gänzlich unterbunden. Es ist jedoch zu beachten, daß im Lebensmittel vorhandene
mikrobielle Verderbniserreger und Lebensmittelvergifter mehrheitlich am Leben bleiben
und nach dem Auftauen wieder aktiv werden. Die Lagertemperatur von tiefgekühlten
Lebensmitteln darf nicht über –18°C ansteigen!
28
5.1.4
Strahlenbehandlung
Folgende Strahlen haben keimtötende Wirkung
•
•
•
•
Ultraviolette Strahlen (UV)
Neutronenstrahlen Alphastrahlen
Betastrahlen (Elektronenstrahlen)
Gammastrahlen (elektromagnetische Strahlen)
Die Neutronen- und Alphastrahlen kommen für die Bestrahlung von Lebensmitteln nicht in
Frage. Die Neutronenstrahlen erzeugen im bestrahlten Gut Radioaktivität und die
Alphastrahlen dringen zu wenig tief in das Lebensmittel ein. Am verbreitetsten ist die
Anwendung von Gammastrahlen. In der Schweiz ist die Bestrahlung von Lebensmitteln
Bewilligungspflichtig. Eine Ausnahme stellt die Behandlung von Trinkwasser mit UVStrahlen dar.
5.2
Chemische Verfahren
5.2.1.
Das Räuchern
Die antimikrobielle Wirkung des Räucherns beruht einerseits auf keimhemmenden und
keimtötenden Substanzen, die im Rauch enthalten sind (z.B. Phenole, Formaldehyd,
Kresole). Andererseits bewirkt das Räuchern eine Senkung des Wassergehaltes.
Je nach Höhe der Rauchtemperatur spricht man von Kalt- (etwa 30°C), Warm- (etwa
45°C) oder Heiß- Räuchern (etwa 75°C bis 100°C).
Für die Rauchherstellung verwendet man Späne oder Sägemehl von weichen Laubhölzern
wie Buche, Eiche, Erle und Ahorn. Nadelhölzer sind hierzu weniger geeignet.
5.2.2
Das Salzen
Die keimhemmende Wirkung von Kochsalz (NaCI) beruht hauptsächlich auf der
Erniedrigung der Wasseraktivität, dem sogenannten aw- Wert.
Für die Entwicklung der Mikroorganismen in einem Lebensmittel ist nicht der
Gesamtwassergehalt maßgebend, sondern nur der Gehalt an verfügbarem Wasser.
Kochsalz teilt mit einer Anzahl anderer Substanzen die Eigenschaft, Wasser zu binden. Je
mehr Kochsalz einem Lebensmittel zugesetzt wird, um so mehr Wasser wird gebunden
bzw. um so weniger steht den MO zum Wachstum zu Verfügung. Bei KochsalzKonzentrationen oberhalb 10% werden die meisten schädlichen Mikroorganismen im
Wachstum gehemmt.
5.2.3
Das Pökeln
Das Pökeln ist ein Konservierungsverfahren, daß bei Fleisch und Fleischwaren
angewendet wird. Man versteht darunter eine Behandlung mit einem Salzgemisch aus
Kochsalz und Natriumnitrat oder Natriumnitrit. Anstelle von Natriumnitrat kann auch
Kaliumnitrat eingesetzt werden.
29
Das Pökeln richtet sich vor allem gegen anaerobe Bakterien wie z.B. Clostridium
botulinum, dem gefürchtetsten aller Lebensmittel- Vergifter. Die keimhemmende Wirkung
ist das Nitrit. Das Nitrat besitzt in den beim Pökeln angewendeten Konzentrationen keine
antimikrobielle Wirkung. Diese kommt erst nach Umwandlung des Nitrats durch
nitratreduzierende MO zu Nitrit zustande.
Eine wichtige Nebenwirkung des Pökelns ist die Umwandlung des Muskelfarbstoffes
Myoglobin in das kochbeständige Nitrosomyoglobin. Man nennt diesen Prozeß der dem
Pökelfleisch die typische rote Farbe verleiht, Umröter.
5.2.4
Das Säuern
Die meisten Bakterien haben ihr pH- Optimum im neutralen oder schwach alkalischen
Bereich. Durch Säure- Zusatz (z.B. Essig) kann der pH- Wert gesenkt werden und damit
die Entwicklung bestimmter Bakterienarten gehemmt werden. Bei der Milch- und
Essigsäure- Gärung erfolgt die pH- Senkung auf natürliche Weise.
Hefen und Schimmelpilze sind im allgemeinen Säure- toleranter als Bakterien und lassen
sich deshalb durch Säuern weniger gut unter Kontrolle halten.
5.2.5
Chemische Konservierungsmittel
Von den vielen bekannten chemischen Substanzen mit antimikrobiellen Eigenschaften
eignen sich nur wenige für die Konservierung von Lebensmitteln.
In der Schweiz sind gemäß der Verordnung über die in Lebensmitteln zulässigen
Zusatzstoffe (Zusatzstoff- Verordnung) folgende Konservierungsmittel zugelassen.
•
•
•
•
•
•
•
•
Ameisensäure (E 236)
Schweflige Säure (Schwefeldioxid E 220)
Natriumhydrogensulfit (E 222)
Natriumsulfit (E 221)
Natrium- und Kahumdisulfit (E 223 bzw. E 224)
Propionsäure (E 280)
Benzoesäure und deren Salze (E 210, E 211, E 212, E 213)
Sorbinsäure und deren Salze (E 200, E 201, E 202, E 203)
Die Einsatzmöglichkeiten und die jeweils erlaubten Höchstmengen sind gesetzlich
geregelt.
30
Herunterladen