Lebensmittelhygiene 1 1.1 1.2 1.3 1.4 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.5.1 2.5.1.1 2.5.1.2 2.6. 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4 2.6.5 2.6.5.1 2.6.5.2 2.6.5.3 2.6.5.4 2.6.5.5 2.6.5.6 2.6.6 2.6.7 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 Gesundheitsschädigung durch Lebensmittel Biologische und mikrobiologische Schadenursachen Chemische Rückstände und Verunreinigungen, Zusatzstoffe Zusatzstoffe Gewichtung der gesundheitlichen Risiken Grundzüge der Mikrobiologie Mikrobiologie Größenverhältnisse Geschichtliche Daten Die Stellung der Mikroorganismen (MO) in der Natur Lebensräume der Mikroorganismen Bedeutung und Funktion der Mikroorganismen in der Natur Kreislauf des Kohlenstoffes Kreislauf des Stickstoffs Die Bakterien Schematischer Bau einer Bakterienzelle Die wichtigsten Bakterienformen Arten der Begeißelungen Form und Arten der Lage von Bakteriensporen Ernährung, Wachstum und Vermehrung der Bakterien Hauptnährstoffe Spurenelemente (Bedarf je nach Bakterienart verschieden) Wachstumsfaktoren (je nach Bakterienart unterschiedlicher Bedarf) pH - Wert Temperatur Sauerstoff Die Vermehrung der Bakterien Die Einteilung der Bakterien Die Schimmelpilze Die Hefen Die Viren Die Protozoen Enzyme Das Prinzip der Keimzahlbestimmung Probenahme Einwaage Homogenisieren Dezimalverdünnung des Homognisates Bebrütung (Inkubation) Auswertung Mikroorganismen und Lebensmittel Technologische Nutzung von Mikroorganismen zur Herstellung oder Veredelung von Lebensmitteln Milchsäurebakterien Propionsäurebakterien Essigsäurebakterien Hefen Schimmelpilz e 3 3 3 3 3 4 4 4 4 5 5 5 5 6 6 6 7 7 7 7 8 8 8 9 9 9 9 10 11 12 13 13 14 14 14 15 15 15 15 16 16 16 16 17 17 17 17 1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.1.1 4.3.1.1.1 4.3.1.1.2 4.3.1.2 4.3.1.3 4.3.1.4 4.3.1.4.1 4.3.1.4.2 4.3.1.4.3 4.3.1.4.4 4.3.1.5 5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.2 5.2.1. 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 6. 6.1 6.1.1 6.1.2 7 7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.5 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 8 8.1 8.2 Lebensmittelverderb Definition Ursachen Gefährdung der Gesundheit durch Mikroorganismen Infektionskrankheiten, Zoonosen Lebensmittelinfektionen Salmonellen Enteritis erregende Salmonellen Salmonella typhi und S. paratyphi Campylobacter jejuni Lebensmittelvergiftungen Staphylococcus aureus Bacillus cereus Clostridium perfringens Clostridium botulinum Mycotoxin bildende Pilze Verfahren zur Haltbarmachung von Lebensmitteln Physikalische Verfahren der Haltbarmachung Trocknung Hitzebehandlung Anwendung tiefer Temperaturen Strahlenbehandlung Chemische Verfahren Das Räuchern Das Salzen Das Pökeln Das Säuern Chemische Konservierungsmittel Mikrobiologische Anforderungen an Lebensmittel Gesetzliche Bestimmungen Beurteilungskriterien Folgende Indikatorkeime sind gebräuchlich Gute Herstellungspraxis Persönliche Hygiene Händehygiene Allgemeine Körperhygiene Nase, Mundhöhle und Rachen Krankheiten und Verletzungen Arbeitskleidung Betriebshygiene Schädlingsbekämpfung Vorbeugende Maßnahmen Meldung Vorbereitungs- und Schutzmaßnahmen Anhang Literaturverzeichnis Erklärung von Fremdwörtern 18 18 18 19 20 21 21 21 22 22 23 23 24 25 25 26 27 27 28 28 29 29 29 29 29 30 30 2 1 GESUNDHEITSSCHÄDIGUNG DURCH LEBENSMITTEL Die Ursachen möglicher Gesundheitsschädigungen durch Lebensmittel sind mannigfaltig und sehr zahlreich. sie lassen sich grob in folgende Gruppen einteilen: • • • 1.1 Biologische und mikrobiologische Schadensursachen Chemische Rückstände und Verunreinigungen Zusatzstoffe BioIogische und mikrobiologische Schadenursachen Die mit Abstand größte Bedeutung haben Mikroorganismen sowie von Mikroorganismen gebildete Giftstoffe. Als weitere Ursachen sind zu nennen: • • • 1.2 Chemische Rückstände und Verunreinigungen, Zusatzstoffe • • • • • • • 1.3 Tierische Parasiten (z.B. Bandwürmer, Trichinen) Giftige Tiere (z.B. Kugelfische, Barben, Muränen) Giftige Pflanzeninhaltstoffe (z.B. Blausäure in Bittermandeln, Solanin in Kartoffeln, Oxalsäure in Rhabarber, Saponine in verschiedenen Pflanzenarten, Koffein in Kaffee und Schwarztee usw.). Dieser Gruppe sind ebenso die Nitrosamine (entstehen aus Nitrat z.B. beim Braten von Cervelat) und biogene Amine zuzuordnen, Schadstoffe, die in Lebensmitteln oder deren Rohstoffen durch biologische oder chemische Vorgänge gebildet werden können. Pflanzenschutzmittel (Insektizide, Akarizide, Fungizide, Herbizide) Reinigungsmittel Desinfektionsmittel Filterhilfsmittel Anstrich- und Holzschutzmittel Tierarzneimittel und nutritive Futtermittelzusätze (Rückstände im Fleisch) z.B. Antibiotika, Hormone, Beruhigungsmittel Umweltchemikalien z.B. Schwermetalle, Chlorierte Kohlenwasserstoffe (FCKW), Dioxine Zusatzstoffe Gesundheitliche Risiken sind nur bei unsachgemäßer Anwendung zu erwarten. Als Zusatzstoffe gelten: Konservierungsmittel, Farbstoffe, Antioxidantien, Gelier- und Verdickungsmittel, Antiklumpmittel, Aromastoffe, Geschmacksverstärker, Enzyme und Oberflächenbehandlungsmittel. 1.4 Gewichtung der gesundheitlichen Risiken Ordnet man die Schadenursache nach der Schwere und Häufigkeit der verursachten gesundheitlichen Schädigung, so ergibt sich die folgende Reihenfolge: 3 • • • • • Überernährung, Fehlernährung, Unterernährung Krankmachende Mikroorganismen, mikrobiell gebildete Gifte Natürliche Giftstoffe (Pflanzengifte) Chemische Rückstände und Verunreinigungen Zusatzstoffe 2 GRUNDZÜGE DER MIKROBIOLOGIE 2.1 Mikrobiologie Mikrobiologie ist die Lehre von den Kleinlebewesen, den sogenannten Mikroorganismen (Mikro = klein, Organismen Lebewesen). Man unterscheidet die Hauptgruppen Pilze, Bakterien, Algen und Protozoen. Die Viren, obwohl keine Lebewesen, werden häufig ebenfalls zu den Mikroorganismen gezählt. In der Lebensmittelhygiene spielen vor allem Pilze (Schimmelpilze und Hefen) und Bakterien eine Rolle. 2.2 Größenverhältnisse Die Größe der Mikroorganismen mißt man im Mikrometer (µm), d.h. in Tausendstel Millimeter. Ein Nanometer ist 1/1000 µm. Größenmäßig verhält sich ein Bakterium zu einem Fingerhut wie ein Kind zum Mount Everest. Einige Beispiele (ungefähre Größen): • • • • • • • Maul- und Klauenseuchevirus Kinderlähmungsvirus Staphylokokkus Bierhefe Pilzfaden (Durchmesser) Pflanzenzelle menschliches Haar (Durchmesser) 10 nm 30 nm 1 µm 10 µm 10-40 µm 50 µm 200 µm 2.3 Geschichtliche Daten 1648 Der Holländer A. van Leeuwenhoek entdeckt in seinem Zahnbelag mit Hilfe seines selbst gebauten Mikroskopes die ersten Bakterien. Der italienische Abt Spallanzani stellte fest, daß Fleisch weniger rasch verwest, wenn es vorher gekocht wird (Keimabtötung). Erster Impfversuch durch E. Jenner: Kuhpocken schützen gegen Menschenpocken. Der Pariser Koch Appert erfindet die erste Konserve und begründet damit einen wichtigen Industriezweig. Cagniard- Latour erkennt, daß Hefen Lebewesen sind, und Schwann kann zeigen, daß diese für die alkoholische Gärung verantwortlich sind. Einführung der Hände- Desinfektion in der Geburtshilfe durch Semmelweis, wonach die Fälle von Wochenbettfieber rapide zurückgehen. Louis Pasteur entdeckt die Milchsäuregärung. Louis Pasteur beweist, daß Fäulnis und Gärung mikrobielle Vorgänge sind und diese unter anaeroben Bedingungen ablaufen. Robert Koch, ein deutscher Arzt, kann nachweisen, daß Bakterien den Milzbrand bei Schafen und Rindern hervorrufen. 1769 1798 1809 1837 1847 1857 1861 1878 4 1880 1882 1875–1900 1908 1929 1952 Laverati isoliert den Malaria- Erreger. Koch klärt die Ursache der Tuberkulose und der Cholera ab. Die meisten der wichtigen Krankheitserreger entdeckt. Erste Schutzimpfungen gegen Tuberkulose. Entdeckung des Penicillins durch den Engländer Fleming. Waksman findet das Antibiotikum gegen Tuberkulose, das Streptomycin. 2.4 Die SteIIung der Mikroorganismen (MO) in der Natur Die Mikroorganismen lassen sich weder in das Tier-, noch in das Pflanzenreich einordnen. Sie bilden eine Gruppe, die man Urwesen, Erstlinge oder wissenschaftlich Protisten nennt. Die Pilze, Algen (ausgenommen Blaualgen) ähneln den Pflanzen, manche Protozoen dagegen stehen dem Tierreich näher. Die Viren nehmen eine absolute Sonderstellung ein. 2.5. Lebensräume der Mikroorganismen MO sind fast überall anzutreffen; in der Luft, im Wasser, auf Pflanzen, auf Menschen und Tieren, also allgegenwärtig (ubiquitär); Die überwiegende Mehrzahl der Mikroorganismen befindet sich im Boden. In einem Gramm guter Ackererde, dies entspricht ungefähr einem Fingerhut voll, sind ungefähr eine Milliarde Mikroorganismen enthalten (In der Schweiz leben 4 Millionen Menschen). In 1000 Liter Stadtluft (1m³) finden wir 300 -1500 Mikroorganismen, im Rhein oberhalb Basel lassen sich pro Milliliter bis zu 50 000 Keime zählen. 2.5.1 Bedeutung und Funktion der Mikroorganismen in der Natur Ohne die Aktivität der MO wäre das Gleichgewicht im Naturhaushalt derart gestört, daß Leben in der heutigen Form auf der Erde nicht mehr möglich wäre. Die wohl wichtigste Funktion erfüllen die MO in den biochemischen Kreisläufen des Kohlenstoffes, Stickstoffes, Phosphors und Schwefel. Die ersten Zwei werden hier näher behandelt. 2.5.1.1 Kreislauf des Kohlenstoffes Bekanntlich setzen nach dem Tod von Pflanzen und Tieren Fäulnis- und Verwesungsprozesse ein. Es handelt sich dabei um mikrobielle Abbauvorgänge, bei denen organische Substanzen, z.B. Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette, in einer Vielzahl von Teilschritten in immer einfachere Stoffe zerlegt werden. Die MO führen dieses Abbauwerk so weit, bis nur noch Kohlendioxyd, Wasser, Stickstoff, Phosphor, Schwefel und einige andere Bioelemente übrigbleiben. Man nennt diese Umwandlung von organischer Materie in anorganische Materie Mineralisation. Die in diesem Mineralisationsprozeß freigesetzten Baustoffe werden von den Pflanzen wieder zum Aufbau von neuer organischer Substanz verwendet. Das Pflanzenmaterial dient wiederum der Ernährung von Mensch und Tier. 5 Eine für das Leben auf der Erde besonders wichtige Funktion erfüllen die Mikroorganismen im Kreislauf des Kohlenstoffes. Sie tragen maßgeblich dazu bei, daß das Gleichgewicht zwischen Verbrauch und Produktion von kohlenstoffhaltigen Verbindungen erhalten und damit auch der CO2 (Kohlendioxyd)- Gehalt der Luft konstant bleibt. Mann schätzt, daß die grünen Pflanzen, die in der Atmosphäre enthaltene Menge CO2 (ca.0.03%) innerhalb von 20 bis 40 Jahren restlos verbrauchen würden. Dies hätte zur Folge, daß die Pflanzen ihre „Arbeit“ dann einstellen müßten. Durch die Mineralisation der Mikroorganismen und durch die Atmung von Mensch und Tier wird dieser Kreislauf aufrecht erhalten und die Atmosphäre wieder aufgefüllt. Durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen besteht heute die Gefahr, daß zuviel CO2 produziert wird, welches von den Pflanzen nicht mehr abgebaut werden kann. Nach Meinung einzelner Wissenschaftler führt dies zu dem sogenannten Treibhauseffekt. 2.5.1.2 Kreislauf des Stickstoffs Ebenso unentbehrlich sind die Mikroorganismen im Kreislauf des Stickstoffes, dem wichtigsten Baustein des Eiweiß. Sie führen den organisch gebundenen Stickstoff in Ammoniak (NH4+) und Nitrat (NO3) über und ermöglichen so wieder neues Pflanzenwachstum. Von besonderer Bedeutung ist die Fähigkeit einiger Mikroorganismen, Luftstickstoff (N2), der für die Pflanze nicht zugänglich ist, zu binden und somit verwertbar zu machen. 2.6 Die Bakterien 2.6.1 Schematischer Bau einer Bakterienzelle Ka Z Cm K Ge SP Cp Legende zur Zeichnung z Zellwand: Sie hat eine Schutzfunktion und verleiht der Zelle ihre charakteristische Form. Sie ist verantwortlich für die Gramfärbung, einem sehr wichtigen Unterscheidungsmerkmal der Bakterien. Cm Cytoplasmamembran: Sie reguliert den Stofftransport, d.h. den Eintritt von Nährstoffen in die Zelle, sowie den Austritt von Stoffwechselprodukten. Auf der Cytoplasmamembran sind einige für den Stoffwechsel wichtige Enzyme lokalisiert. Cp Cytoplasma: Es besteht zur Hauptsache aus dünnen Membranen, Enzymen und Nukleinsäuren. Im Cytoplasma spielen die, für das Leben der Bakterienzellen unentbehrliche Stoffwechselvorgänge ab. Ze Zelleinschlüsse: Es handelt sich dabei um Reservestoffe, z.B. Fetttröpfchen, Kohlenhydrate, Polyphosphate etc.. 6 K Kernähnlicher Körper: Sie enthalten die Erbsubstanz, die sogenannten Chromosomen. Kapsel: Sie besteht aus Schleim und schützt die Bakterienzelle vor äußeren Einflüssen, z.B. vor ihrer Vernichtung durch z.B. weiße Blutkörperchen. Nicht alle Bakterien haben eine Kapsel. Geißeln (Flagellen): Es sind Bewegungsorgane, mit deren Hilfe sich die Bakterien in wäßrigen Lösungen fortbewegen können. Begeißelte Bakterien (nicht alle Bakterien sind begeißelt) können Geschwindigkeiten von 200 µm bzw. die 50fache Körperlänge pro Sekunde erreichen. Sporen: Es handelt sich um eine Dauerform, die sich durch eine mehr oder weniger ausgeprägte Temperaturwiderstandsfähigkeit auszeichnet. So können sie Pasteurisationen und stundenlanges Kochen überstehen. Die Fähigkeit zur Sporenbildung ist mit einigen Ausnahmen auf die Gattung Bacillus und Clostridium beschränkt. Diese spielen in der Lebensmittelhygiene als Lebensmittelverderber eine große Rolle. Die Form der Sporen sowie die Art ihrer Lage in der Mutterzelle sind Kriterien für die Bestimmung der Bakterienart. Ka Ge SP 2.6.2 Die wichtigsten Bakterienformen • • • • • • • • 2.6.3 monopolar monotrich Einzelne kugelbakterien (Mikrokokken) Kugelbakterien in Zweiergruppen (Diplokokken) Kugelbakterien in Ketten (Streptokokken) Kugelbakterien in Haufen (Staphylokokken) Sarcinen (würfelartig) Stäbchenbakterien Spirillen Vibrionen Arten der Begeißelungen monopolar polytrich bipolar monotrich bipolar polytrich 2.6.4. Form und Arten der Lage von Bakteriensporen 2.6.5 Ernährung, Wachstum und Vermehrung der Bakterien peritrich Sowohl die Bakterien, als auch die übrigen Mikroorganismen, können sich nur in Anwesenheit von Wasser vermehren. Das Gesetz "ohne Wasser kein Leben" hat also auch in der Welt der Kleinlebewesen Gültigkeit. Es gibt Pilze, die bereits bei einem Wassergehalt des Substrates (Nährboden) um 12% wachsen; Bakterien vermehren sich dagegen erst bei einem Wassergehalt oberhalb von 20%. 7 Nicht alles in einem Substrat vorhandene Wasser ist frei und steht damit den Mikroorganismen zur Verfügung. Die relative Feuchtigkeit oder Wasseraktivität ist ein Maß für das Wasser, welches den Mikroorganismen zum Leben (vor allem der Vermehrung) zur Verfügung steht. Die Wasseraktivität (aw- Wert) ist als Verhältnis des Wasserdampfdruckes über dem Substrat zum Wasserdampfdruck des reinen Wassers definiert. Für den Aufbau von Zellsubstanz sind Nährstoffe, Energie, und je nach MikroorganismenArt verschiedene Wachstumsfaktoren notwendig. 2.6.5.1 Hauptnährstoffe • • • • • 2.6.5.2 Wasserstoff Sauerstoff Kohlenstoff Stickstoff Phosphor (H) (O) (C) (N) (P) Schwefel Eisen Kalzium Magnesium Kalium (S) (Fe) (Ca) (Mg) (K) Spurenelemente (Bedarf je nach Bakterienart verschieden) • • • • • • 2.6.5.3 Natrtium Chlor Vanadium Molybdän Zink Kupfer (Na) (Cl) (V) (Mo) (Zn) (Cu) Kobalt Nickel Bor Silizium Selen Mangan (Co) (Ni) (B) (Si) (Se) (Mn) Wachstumsfaktoren (je nach Bakterienart unterschiedlicher Bedarf) • • Vitamine Aminosäuren Die meisten Bakterien decken ihren Bedarf an Energie aus der Oxidation ("Verbrennung") von organischen Verbindungen. Einige Bakterien gewinnen die Energie aus der Oxidation von anorganischen Verbindungen ("Nitratatmung", "Sulfatatmung"), und ein sehr kleiner Teil der Bakterien ist in der Lage, mit Hilfe spezieller Bakterienchlorophylle Lichtenergie einzufangen. Die Nährstoffe liegen in der Natur mehrheitlich in Form organischer Verbindungen vor. Zur Verarbeitung dieser Substanzen verfügen die Bakterien über eine Vielzahl von Enzymen. Enzyme, auch Fermente genannt, sind biologische Katalysatoren, die chemische Reaktionen in Gang bringen und beschleunigen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Die Enzyme sind verantwortlich dafür, daß aus den aufgenommenen Nährstoffen körpereigene Substanz gebildet wird. Die Enzymtätigkeit spielt sich nicht nur im Zellinneren ab. Außerhalb der Zelle sorgen spezifische Enzyme für die Umwandlung der angebotenen Nährstoffe in eine für die Zelle aufnehmbare Form. 8 Enzyme sind es auch, die den Transport der Nährstoffe durch die Zellwand und die Plasmamembran ins Zellinnere bewerkstelligen. Nebst einem genügenden Nährstoffangebot müssen noch weitere Bedingungen erfüllt sein, damit Wachstum der Bakterien möglich ist. Es handelt sich dabei in erster Linie um den pH- Wert, die Temperatur und den Sauerstoffgehalt. 2.6.5.4 pH- Wert Die meisten Organismen gedeihen am besten bei pH 7, d.h. wenn die H+ und die OH-Ionen in etwa der gleichen Konzentration vorliegen. Es gibt aber auch Bakterien, die ein leicht alkalisches (OH-- Überschuß) oder saures Milieu (H+- Überschuß) bevorzugen. Die meisten Pilze wachsen am besten bei einem pH- Wert etwas unter 7. Wir unterscheiden Organismen mit geringer (pH min >5), mittlerer (pH min 4 bis 5) und starker Säuretoleranz 2.6.5.5 Temperatur Hinsichtlich ihrer Temperaturansprüche lassen sich die Bakterien in drei Gruppen einteilen. Die Hauptgruppe, die mesophilen, hat ihr Temperaturoptimum zwischen +30°C und +400°C. Die psychrophilen wachsen am besten bei Temperaturen unter +150°C. Als thermophil werden Organismen bezeichnet, welche Temperaturen oberhalb +500°C bevorzugen. 2.6.5.6 Sauerstoff Das Wachstum vieler Bakterien ist an das Vorhandensein von molekularem Sauerstoff gebunden; man spricht in diesem Fall von obligat aeroben Organismen. Für eine Anzahl Bakterien ist Luftsauerstoff giftig; sie gedeihen nur in Abwesenheit von Sauerstoff, d.h. unter anaeroben Bedingungen. Bakterien, die sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen wachsen können, nennt man fakultativ anaerob. Daneben gibt es noch sogenannte naikroaerophile Bakterien, die nur sehr kleine Sauerstoffkonzentrationen (meistens um 5 %) bevorzugen. 2.6.6 Die Vermehrung der Bakterien Die einzelligen Bakterien vermehren sich durch Spaltung, weshalb sie früher Spaltpilze genannt wurden. Aus einer Zelle entstehen zwei, aus zwei Zellen vier usw. Die Vermehrungsgeschwindigkeit ist je nach Art außerordentlich groß. Es gibt Bakterien, die sich unter Idealbedingungen in nur 15 Minuten verdoppeln. Nach "n" Teilungen sind aus einem Bakterium 2 n Tochterzellen entstanden. Waren in der Bakterienkultur anfänglich N Zellen vorhanden, so zählen wir nach n Teilungsschritten N x 2 n Zellen. Wenn die Vermehrung einer Bakterienkultur in einer grafischen Darstellung veranschaulicht wird, erkennt man vier charakteristische Phasen, die von der ersten Teilung der Mutterzelle bis zum Tod der Zellen durchlaufen werden. Man nennt diese Phasen Wachstumsphasen. Sie laufen nach folgendem Schema ab: 9 • • • • 2.6.7 Anlaufphase: Die Bakterien passen sich an die neue Umgebung an und mobilisieren die für den Aufbau der angebotenen Nährstoffe notwendigen Enzyme. Die Vermehrungsgeschwindigkeit nimmt ständig zu. Exponentielle Phase: Sie ist gekennzeichnet durch eine konstante maximale Teilungsrate der Bakterien. Stationäre Phase: Sie stellt sich ein, wenn die Bakterienkultur aufhört zu wachsen, z.B. weil ein wichtiger Nährstoff aufgebraucht ist oder weil sich giftige Stoffwechselprodukte angesammelt haben. Absterbephase: Die Bakterienzellen sterben ab und werden durch zelleigene Enzyme aufgelöst. Die Einteilung der Bakterien Die Klasse "Bacteria" (- Bakterien) wird in Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten eingeteilt. Es gibt etwa 50 Familien, 250 Gattungen und einige tausend Arten. Nachstehend einige Beispiele von Bakterien, die in der Lebensmittelhygiene oder Lebensmitteltechnologie von Bedeutung sind. Familie Gattung Art Enterobactenaceae Escherichia Erwinia Salmonella Shigella E.coli E. carotovora typhi paratyphi typhimunum Sh. Sonnei Sh. Dysenteriae Pseudomonadaceae Pseudomonas Ps. Aeruginosa Bacillaceae Bacillus Clostridium subtilis cereus Cl. botulinum Cl. perfringens Cl. butyricum Lactobacillaceae Lactobacillus Lb. bulgaricus Lb. helveticus Lb. Plantarum Propionibacteriaceae Propionibacterium freudenreichii Micrococcaceae Staphylococcus St. Aureus Streptococcaceae Streptococcus Str. faecalis Str. faecium Str. pyogenes Str. lactis Str. thermophilus Leuconostoc 10 2.7 Die Schimmelpilze Die Schimmelpilze stehen Entwicklungs- geschichtlich auf einer höheren Stufe als die Bakterien. Sie unterscheiden sich von diesen hauptsächlich durch den Bau und die Form der Zellen, die Existenz von echten Zellkernen, sowie die Art der Fortpflanzung. Die meisten Pilze bestehen aus fadenförmigen Zellen, die man Pilzfäden oder Hyphen nennt. Für die Gesamtheit aller Hyphen wird der Begriff Mycel verwendet. Die Hyphen, bestehend aus Zellwand und Cytoplasma, sind meist stark verzweigt. Bei den höheren Pilzen sind sie durch Querwände (Septen) zellig gegliedert (septiert). Bei verschiedenen höheren Pilzen bilden die Hyphen größere, gewebeartige Zellverbände. Solche Verbände stellen beispielsweise Hutpilze dar. Pilze können sich geschlechtlich (sexuell) als auch ungeschlechtlich (asexuell) fortpflanzen. Bei vielen Arten kommen beide Vorgänge gleichzeitig vor Die der Fortpflanzung dienenden Organe und Mechanismen sind sehr mannigfaltig und werden zur Klassifikation der Pilze herangezogen. Die geschlechtliche Fortpflanzung erfolgt durch Sporen, die durch Vereinigung von Geschlechtszellen oder geschlechtlich funktionierenden Pilizellen und anschließender Verschmelzung von geschlechtlich differenzierten Zellkernen erzeugt werden. Da die Zellkerne die hauptsächlichen Träger der Erbeigenschaften sind, ermöglicht die Kernverschmelzung eine Neukombination des Erbmaterials und damit die Erzeugung von Nachkommen, die andere Eigenschaften als ihre „Eltern" aufweisen. Die sehr weit verbreitete Art der ungeschlechtlichen Fortpflanzung erfolgt ebenfalls durch Sporenbildung. Diese Sporen entstehen allerdings nicht durch einen geschlechtlichen Vorgang. Sie werden je nach Art der Bildung Konidien oder Sporangiosporen genannt. Diese sind oft intensiv gefärbt und für die schwarze oder braune Verfärbung der Lebensmittel verantwortlich. Konidienträger mit Konidien von • • • A B C Penicillium Aspergillus Botrytis (Pinselschimmel) (Gießkannenschimmel) (Grauschimmel) Sporangium mit Sporangiosporen von Mucor (Köpfchenschimmel) Wichtig zu wissen ist, daß auch ein Pilzfaden oder gar nur ein Bruchstück davon wieder zu einem neuen Pilzkörper heranwachsen kann. 11 Pilze sind im Gegensatz zu den Pflanzen und einigen wenigen Bakterien nicht zur Kohlendioxid- Assimilation befähigt. Sie sind immer auf eine organische Kohlenstoffquelle (z.B. Zucker, Stärke, Zellulose, Fett, organische Säuren etc.) angewiesen. Bezüglich der Ernährung sind die Pilze anspruchslos. Sie vermögen auf zahlreichen, recht verschiedenen Substanzen wie Holz, Leder, Tapeten, Papier, Textilien zu wachsen. Viele unserer Lebensmittel stellen sehr beliebte Nährböden für Pilze dar. Pilze sind im allgemeinen sauerstoffbedürflig und wachsen deshalb bevorzugt an der Oberfläche der befallenen Produkte. Die Mehrzahl aller Pilze lebt von toten organischen Stoffen (z.B. abgestorbenen Pflanzen) Es gibt aber auch Pilze, die lebende Organismen befallen können. Viele solcher parasitischer Pilze sind als Erreger von Pflanzenkrankheiten bekannt. Es gibt auch Tier-, Insekten- und Menschen- pathogene Arten. Eine bekannte Pilzkrankheit (Mykose) des Menschen ist der sogenannte Fußpilz. Verschiedene Pilze produzieren für den Menschen sehr giftige Stoffwechselprodukte, sog. Mykotoxine. Die gefährlichsten dieser Stoffe sind die Aflatoxine, welche Krebs erzeugen. Man vermutet, daß es ebenso viele Pilz- wie Pflanzenarten gibt, d.h. gegen 300.000. Pilze werden wie andere Lebewesen in Klassen, Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten unterteilt. Die Begriffe „Schimmelpilze" und „Hefen" lassen sich nicht gegeneinander abgrenzen. Schimmelpilze sind meist mehrzellige Fadenpilze mit einem pulverigen, watteartigen oder wolligen Aussehen Viele Schimmelpilze weisen eine deutliche Färbung auf. 2.8 Die Hefen Der Begriff „Hefen" umfaßt eine Gruppe von recht unterschiedlichen Pilzen. Die Hefen wachsen im Gegensatz zu den Schimmelpilzen meist als Einzeller. Der Aufbau der Hefezelle gleicht dem der Bakterienzelle. Im Unterschied zu den Bakterien besitzen sie, wie die Schimmelpilze, einen deutlich abgegrenzten Zellkern. Hefen sind unbeweglich. Die Hefen vermehren sich durch Sprossung. Dabei bildet sich auf der Zelloberfläche eine Ausstülpung, die sich rasch vergrößert, bis sie etwa halb so groß ist wie die Mutterzelle Bei den meisten Hefen trennen sich dann die beiden Zellen, bei anderen bleiben sie zusammen. Bestimmte Hefearten bilden Verbände von langen, schlauchartigen Zellen, welche auf Flüssigkeiten als Haut (Kahmhaut oder Kahmdecke) in Erscheinung treten. Osmophile Hefen sind vor allem auf den Abbau von Zucker spezialisiert. Alle Hefen können Zucker in Anwesenheit von Sauerstoff abbauen, was als „Atmung" bezeichnet wird. Ist kein Sauerstoff vorhanden, können alle Hefen, bis auf eine (Rhodotorula) Zucker zu Alkohol und CO2 (Kohlendioxid) abbauen, in diesem Fall spricht man von " Gärung". Auch unter den Hefen gibt es für den Menschen gesundheitsgefährdende Arten. 12 2.9 Die Viren Die Bezeichnung „Virus" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Gift. Der Begriff wurde für krankmachende Substanzen verwendet, welche durch Bakterienfilter nicht zurückgehalten wurden. Erst 1930 wurde erkannt, daß Viren kleine Partikel sind. Die Viren bestehen aus Eiweiß (Protein) und Nukleinsäuren. Es gibt stäbchenförmige und kugelig aussehende (Polyeder) Viren. Einige Viren können echte Kristalle bilden. Viren sind keine selbständige Organismen, da sie nicht in der Lage sind zu wachsen oder sich durch Teilung zu vermehren. Sie bedienen sich lebender Zellen zu ihrer Vermehrung, indem sie der Wirtszelle den "Befehl" geben, nur noch Virusmaterial zu produzieren. Die Wirtszelle stirbt danach immer ab. Die Viren sind also immer parasitisch. Sie rufen Krankheiten bei Mensch, Tier und Pflanzen hervor. Es gibt aber auch Viren, die Bakterien befallen. Diese Viren werden Bakteriophagen genannt. Bakteriophagen sind in der Käse- und Joghurtherstellung sehr gefürchtet, da sie die Milchsäurebakterien abtöten und dadurch die Gärung stören können. Alle bisherigen Versuche, Bakterienkrankheiten mittels Bakteriophagen zu bekämpfen, sind mißlungen. In der Lebensmittelhygiene spielen Viren insofern eine Rolle, als sie durch Lebensmittel übertragen werden können. So wird beispielsweise die infektiöse Gelbsucht fast ausschließlich durch Lebensmittel (z.B. Austern) und Trinkwasser übertragen. Modell des Bakteriophagen T 2, gezeichnet nach einer Aufnahme mit einem Elektronenmikroskop: Unten in der Mitte die Endplatte, darauf die kontraktile Scheide, ein hohler Stift trägt den Kopf mit der DNA 2.10 Die Protozoen Einige Merkmale der Protozoen: • • • • • • • einzellige Lebewesen, mehrheitlich dem Tierreich nahestehend; einige besitzen Chlorophyll und haben damit Pflanzencharakter mehrheitlich mikroskopisch klein (10 bis 100 1 um); einige sind mit bloßem Auge sichtbar mehrheitlich beweglich Fortpflanzung teils geschlechtlich, teils durch Teilung oder beide Arten nebeneinander Ernährung durch feste oder gelöste Nährstoffe (komplexe Enzymsysteme); für viele Protozoen stellen Bakterien einen wichtigen Teil der Nahrung dar es sind über 30'000 Arten bekannt; einige davon erregen beim Menschen oder bei höheren Tieren gefährliche Krankheiten Hauptvorkommen: Erdboden, Meere, Seen, Flüsse; viele leben mit höheren Tieren zusammen (z.B. im Verdauungstrakt; sehr wichtig bei Wiederkäuern) 13 Die Protozoen werden in vier Hauptgruppen eingeteilt: Flagelaten, Rhizopoda (Amöbenruhr), Sporentierchen (Malaria) und Wimperntierchen. 2.11 Enzyme Enzyme, auch Fermente genannt, sind die Katalysatoren der lebenden Zelle. Man spricht auch von Biokatalysatoren. Katalysatoren sind Stoffe, die eine chemische Reaktion in Gang bringen und beschleunigen, ohne dabei verändert oder verbraucht zu werden. Enzyme bestehen aus Eiweiß also aus Aminosäuren zusammengesetzten Verbindungen. Enzyme wirken bereits in kleinsten Mengen; durch Hitzeeinwirkung werden sie zerstört. Alle chemischen Reaktionen und Umsetzungen in einem Organismus werden durch Enzyme ausgelöst. Die Gesamtheit der chemischen Umsetzung in einem Organismus (z.B. Abbau und Verbrennung von Nährstoffen, Bildung von neuem Zellmaterial) nennen wir Stoffwechsel. Der von einem Enzym umzusetzende Stoff heißt Substrat. Die Wirkungsweise der Enzyme ist sehr spezifisch, d.h. ein bestimmtes Enzym katalysiert eine ganz bestimmte Reaktion, zudem wirken viele Enzyme substratspezifisch, dies bedeutet, sie wirken nur auf ein ganz bestimmtes Substrat. Die Erkennung und die Verbindung zwischen Enzym und Substrat erfolgt nach dem Schlüssel- Schloß- System. Enzymproteine sind Biokatalysatoren und ermöglichen eine Umwandlung des Substrates bei "normalen" Temperaturen. Ohne Enzyme würden für den gleichen Prozeß wesentlich höhere Temperaturen benötigt. Zudem ist die Reaktionsgeschwindigkeit 10 mal höher mit Enzymen. Im letzten Jahrzehnt wurde festgestellt, das Enzyme ihre Aktivität regulieren können. Abhängig von der Menge an "Endprodukt" wird die Enzym- Reaktion gestoppt bzw. aufgenommen. Beispiel für Enzyme: Enzym Substrat Reaktionsprodukt Amylase Maltase Invertase Lactase Protease Triptase Lipase Cellulase Urease Stärke Maltose Saccharose (Zucker) Lactose (Milchzucker) Eiweiß Peptone Lipid (Fett) Zellulose Harnstoff Maltose Glucose (Traubenzucker) Fructose (Fruchtzucker) Glucose (Traubenzucker) Peptone Aminosäuren Fettsäure Glucose (Traubenzucker) Ammoniak und CO2 3 DAS PRINZIP DER KEIMZAHLBESTIMMUNG 3.1 Probenahme Bei der Probenahme ist darauf zu achten, daß sich der Mikroorganismen- Gehalt nicht verändert. Die Probe wird mit einem sterilen Werkzeug entnommen und in ein steriles Gefäß überführt. Leicht verderbliche Proben müssen gekühlt (<5°C) und so rasch als möglich ins Labor überführt werden. 14 3.2 Einwaage Im Labor wird eine bestimmte Menge der zu untersuchenden Probe in ein steriles Gefäß (Glaskolben, Stomacherbeutel etc.) eingewogen und mit steriler Verdünnungslösung vermischt. Als Verdünnungslösung wird gewöhnlich physiologische Kochsalzlösung (0,85 % NaCI) mit einem Zusatz von 0, 1 % Pepton verwendet. In der Regel werden 10 g Probe eingewogen und 90 ml Verdünnungslösung zugesetzt. Der Mikroorganismen- Gehalt wird dadurch um den Faktor 10 verkleinert. 3.3 Homogenisieren Die eingewogene Probe wird mit der Verdünnungslösung in einem speziellen Gerät (z.B. Mixer oder Stomacher) gut vermischt. Dadurch werden die in der Probe vorhandenen Mikroorganismen gleichmäßig (homogen) in der Lösung verteilt. (Verdünnung 1:10; 10-1 ) 3.4 DezimaIverdünnung des Homogenisates Ein Milliliter (1 ml) der homogenisierten Probe bzw. des wäßrigen Überstandes wird mit einer Pipette in ein Reagenzröhrchen mit 9 ml Verdünnungslösung gegeben. Anschließend wird das Röhrchen zwecks gleichmäßiger Verteilung der überführten Keime gut geschüttelt. Dabei hat sich die Keimkonzentration wiederum um einen weiteren Faktor von 10 verringert, also 1/100 oder 10-2 (Angenommen, die Probe enthält 500.000 Keime, dann befinden sich in diesem Reagenzröhrchen pro ml noch 5.000 Keime). Dann wird diesem Röhrchen mit der Verdünnung 1/100 (10-2) die Menge von 1 ml entnommen und im nächsten Röhrchen mit 9 ml Verdünnungslösung gut vermischt. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis eine mit dem Plattenzählverfahren bestimmbare Keimdichte erreicht wird. Ist der ungefähre Keimgehalt der Probe nicht bekannt, muß die Verdünnungsreihe sicherheitshalber bis zur Verdünnungsstufe 10-6 ausgeführt werden. Nun wird aus jeder Verdünnung je 1 ml in eine Petrischale pipettiert und mit flüssigem, auf 45°C abgekühltem Nährmedium (Agar) vermischt. Die Zusammensetzung des Nährmediums richtet sich nach der zu bestimmenden Keimart oder Keimgruppe. Bei einigen Keimarten wird das Probenmaterial bzw. die entsprechenden Dezimalverdünnungen nicht in das Nährmedium eingegossen, sondern auf vorbereitete Agarplatten ausgespatelt. 3.5 Bebrütung (Inkubation) Die angesetzten Platten werden jetzt im Brutschrank bebrütet. Alle lebensfähigen Keime, die auf dem betreffenden Nährmedium wachsen können, beginnen sich zu vermehren und bilden nach einer gewissen Zeit für das Auge sichtbare Kolonien. Die Bebrütungsdauer sowie die Bebrütungstemperatur richten sich nach der zu prüfenden Keimart oder -Gruppe (z.B. aerobe Keime 3 bis 5 Tage bei + 30°C). 15 3.6 Auswertung Um ein Ergebnis nicht zu verfälschen, ist es notwendig, nur Platten auszuzählen die mehr als 30 und weniger als 300 Kolonien aufweisen. Die ausgezählte Kolonienzahl, vervielfältigt mit dem Verdünnungsfaktor, ergibt die Keimzahl pro Gramm der Probe. Werden also zum Beispiel 33 Keime ausgezählt auf der Platte mit der Verdünnung 10-4 (1/10.000), so sind in der in 1 ml Probe 330.000 Keime vorhanden. Bei wichtigen Analysen werden alle Proben im Doppelansatz angesetzt, d.h. es werden jeweils zwei Agarplatten ausgespatelt von der gleichen Verdünnungsreihe. Aus den Ergebnissen wird dann das statistische Mittel berechnet. 4 MIKROORGANISMEN UND LEBENSMITTEL 4.1 Technologische Nutzung von Mikroorganismen zur Herstellung oder Veredelung von Lebensmitteln Bei der Herstellung verschiedener Lebensmittel spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle. Ohne ihre Hilfe wäre die Veredelung vieler pflanzlicher und tierischer Rohstoffe nicht möglich. Die rnikrobiellen Stoffwechsel- Vorgänge, die sich dabei abspielen, faßt man unter dem Begriff „Gärung" und „Reifung“ zusammen bzw. spricht von fermentierten oder mikrobiell gereiften Produkten. Früher liefen die mikrobiellen Gärungs- und Reifungs- Vorgänge meist spontan, d.h. ohne Zutun des Menschen ab (z.B. Säuerung von Milch, Gärung von Traubenmost). Heute werden diese Prozesse mehrheitlich gesteuert durch Zugabe ausgewählter, in Laboratorien hergestellter und geprüfter Mikroorganismen- Kulturen. Ein mikrobieller Stoffwechsel- Vorgang, der in einem Lebensmittel erwünscht oder technologisch notwendig ist, kann in einem anderen Lebensmittel Verderbnis bewirken. So stellen beispielsweise Milchsäure- Bakterien, welche zur Herstellung von SauermilchProdukten eingesetzt werden, für Trinkmilch Verderbnis- Organismen dar. 4.1.1 Milchsäure- Bakterien Milchsäure- Bakterien wandeln Zucker (z.B. Milchzucker) in einem Vorgang, den man Milchsäure- Gärung nennt, in Milchsäure um. Je nach Bakterienart entstehen dabei noch Kohlendioxid, sowie Essigsäure und Spuren anderer Substanzen, die zur Aromabildung im fermentierten Produkt beitragen. Zucker > Milchsäure (+ Essigsäure +CO2) Bekannte und wichtige Lebensmittel, die durch Milchsäure- Gärung gewonnen werden, sind verschiedene Sauermilch- Produkte wie Joghurt, Sauermilch, Buttermilch und Kefir. Beim Kefir läuft neben der Milchsäure- Gärung auch noch eine alkoholische Gärung einher. Weitere Produkte, bei denen die Milchsäure- Gärung einen wichtigen Vorgang darstellt, sind die meisten Käsesorten, verschiedene fermentierte Gemüse wie Sauerkraut, milchsaure Gemüsesäfte, Sauerteig sowie verschiedene Rohwurst- Arten wie Salami. 16 Die Milchsäure- Bakterien stellen eine heterogene Gruppe von Organismen dar, welche den Gattungen Lactobacillus, Streptococcus, Leuconostoc und Pediococcus zugeordnet werden. Je nach Produkt wird die Milchsäure- Gärung durch eine ganz bestimmte Bakterienart oder aber durch eine Kombination verschiedener Arten in Gang gesetzt. 4.1.2 Propionsäurebakterien Die Propionsäure- Bakterien vergären Milchsäure zu Propionsäure unter Bildung von Kohlendioxid und Essigsäure. Milchsäure > Propionsäure + Essigsäure + CO2 Die Propionsäure- Gärung ist ein wichtiger Vorgang bei der Herstellung von Emmentaler Käse. Sie ist mitbestimmend für das typische Aroma, und das gebildete Kohlendioxid ist für die Entstehung der weit bekannten Löcher verantwortlich. 4.1.3 Essigsäure- Bakterien Die Essigsäure- Bakterien (Acetobacter- und Gluconobacter- Arten) oxidieren Äthylalkohol zu Essigsäure. Äthylalkohol > Essigsäure + H20 Die Essigsäure- Gärung ist ein streng aerober Vorgang. Mit Hilfe der EssigsäureBakterien wird aus Wein Essig hergestellt. 4.1.4 Hefen Einige Hefearten, von denen Saccharomyces cerevisiae Lebensmittel- technologisch die wichtigste ist, können verschiedene Zuckerarten zu Äthylalkohol und Kohlendioxid vergären: Zucker > Äthylalkohol + CO2 Dieser Vorgang wird alkoholische Gärung genannt. Bier und Wein sind die bei uns am besten bekannten Produkte, die durch alkoholische Gärung hergestellt werden. Eine alkoholische Gärung liegt auch der Triebkraft der Bäckerhefe zu Grunde. Das gebildete Kohlendioxid sammelt sich in Form von Bläschen an und bewirkt dadurch die gewünschte Lockerung des Teiges. 4.1.5 Schimmelpilz Der Einsatz von Schimmelpilzen beschränkt sich bei und im wesentlichen auf einige Weichkäse- und Rohwurst- Arten (Camembert, Roquefort, Brie, Gorgonzola; Salami). Bei der Schimmel- Reifung entstehen für das jeweilige Produkt charakteristische AromaStoffe. Daneben verleihen die Schimmelpilze dem Produkt das typische Aussehen. 17 In Ostasien haben Schimmelpilz- Fermentations- Produkte eine Jahrhunderte alte Tradition, und die Produktpalette ist dementsprechend größer. Wichtigste Rohstoffe sind dort Sojabohnen Weizen, und Reis. Beispiele sind Sojasauce (Hefen), Tofu (Schimmelpilze), Reiswein (Hefen) etc.. Die Nutzung der Mikroorganismen durch den Menschen, beschränkt sich nicht nur auf den Lebensmittelbereich. Die Biotechnologie, d.h. die technologische Auswertung von spezifischen mikrobiellen Stoffwechsel- Leistungen, ist weltweit zu einem sehr bedeutenden Industriezweig herangewachsen. In speziellen Behältern, die man Fermenter nennt, werden verschiedenste Substanzen und Produkte hergestellt wie Antibiotika, Vitamine, Dextrane (z.B. als Blutplasmaersatz), Aminosäuren (z.B. für die WürzeHerstellung), organische Säuren, Gibberelline (Pflanzenwuchsstoffe), Enzyme (z.B. Proteasen für Waschmittel oder Pektinasen für die Klärung von Obstsäften) und Biogas (z.B. aus landwirtschaftlichen Abfällen oder Klärschlamm). 4.2 Lebensmittelverderb 4.2.1 Definition Unter dem Begriff „Verderb" verstehen wir stoffliche Umsetzungen oder irgendwelche Veränderungen, die den Gebrauchswert eines Lebensmittels einschränken. Ein verdorbenes Lebensmittel ist in der Regel auch in seiner sinnlich erfaßbaren Beschaffenheit (Aussehen Konsistenz, Geruch, Geschmack) so deutlich verändert, daß es für den Verbraucher nicht mehr annehmbar ist. Es gibt aber auch Fälle, wo der Tatbestand der Verdorbenheit durch die Sinnesorgane nicht wahrgenommen werden kann (z.B. ekelerregende Einflüsse bei der Herstellung oder Überschreitung von bestimmten mikrobiologischen Grenzwerten). 4.2.2 Ursachen Verderbsursachen können chemischer, physikalischer, biologischer, biochemischer oder mikrobiologischer Natur sein. Mikrobieller Verderb ist Teil eines wichtigen, sinnvollen und unentbehrlichen Kreislaufes in der Natur, innerhalb dessen organische Substanz (Bestandteile von toten Pflanzen und Tieren) in ihre Bausteine zerlegt wird, die wiederum dem Aufbau neuer, lebender Substanz dienen. Der Begriff „mikrobieller Verderb" bezieht sich allein auf sinnlich wahrnehmbare oder nicht wahrnehmbare stoffliche Umsetzungen in einem Lebensmittel und ist nicht gleichzusetzen mit Gesundheitsrisiko. Sowohl harmlose als auch Gesundheits- gefährdende (pathogene und toxigene) Mikroorganismen können Verderb verursachen. Die meisten mikrobiellen Verderbnis- Erreger sind jedoch gesundheitlich harmlos. Mikroorganismen, deren Anwesenheit in einem Lebensmittel erwünscht oder sogar erforderlich sind, können in einem anderen Lebensmittel Verderb verursachen So gelten Hefen zur Herstellung von Wein in Traubensaft als Verderb- Organismen. 18 4.3 Gefährdung der Gesundheit durch Mikroorganismen Mikrobiologische Schadenursachen, die über das Lebensmittel auf den Menschen übertragen werden, sind Bakterien, Viren oder höhere Organismen, wie Protozoen oder andere Parasiten. Sie stammen aus primären oder sekundären Kontaminationen und können beim Menschen Infektionskrankheiten oder durch Giftstoffe, die sich bilden, Intoxikationen hervorrufen. In manchen Fällen treten die Symptome der Vergiftung mit denen der Infektion kombiniert auf. Wir sprechen dann von Toxin- Infektionen. Bestätigte Ausbrüche von Lebensmittel- Bedingten Epidemien in den USA 1983-1987 Ursache Anzahl der Ausbrüche Einzelfälle 600 232 36 41 909 50'304 1'244 203 2789 54'540 Bakterien Chemische Substanzen Parasiten Viren Gesamt Meldepflichtige Erkrankungen 1986-1990, bei deren Entstehung die Beteiligung von Lebensmitteln erwiesen oder wahrscheinlich ist Jahr 1986 1987 1988 1989 1990 Übrige Formen Shigella TriciClostridium Salmonella Salmonella Salmonella botulinum typhi paratyphi von Enteritisnella (alles andere) Infektionen Fälle Tote Fälle Tote Fälle Tote Fälle Tote Fälle Tote Fälle Tote Fälle 30 1 230 4 153 2 33271 48 19508 0 1635 2 6 18 0 228 4 149 3 39342 65 22932 3 1871 0 4 28 2 199 1 126 1 49564 57 22715 3 1739 1 3 8 1 2()3 2 124 0 63600 100 27150 1 2034 0 6 10 0 194 0 126 0 91237 116 30652 4 1869 0 6 Bestätigte Ausbrüche und Einzelerkrankungen in den USA im Jahre 1987 - 1990 Ausbrüche N % Parasiten Trichinella Spiralis Total Viren HepatitisA Norwalk Virus Total Einzelerkrankungen N % Todesfälle 4 4 2.9 2.9 15 15 0.2 0.2 0 0 9 1 10 6.6 0.7 7.4 187 365 552 1.9 3.8 5.7 0 0 0 19 Bakterien Bacillus cereus Campylobacter Clostridium botulinum Clostndium perfringens Salmonella Shigella Staphylococcus aureus Streptococcus Gruppe A Vibrio parahaemolyticus Total Chemische Substanzen Ciguatoxin (Fischvergiftung) Schwermetalle Pilzgifte Scombrotoxin (Fischvergiftung) Andere Total INSGESANIT BESTÄTIGT 4.3.1 N Ausbrüche % Einzelerkrankungen N % Todesfälle 2 3 11 2 52 9 1 1 2 83 1.5 2.2 8.1 1.5 38.2 6.6 0.7 0.7 1.5 61.0 9 39 18 290 1846 6494 100 123 9 8928 0.1 0.4 0.2 3.0 19.1 67.3 1.0 1.3 0.1 92.5 0 0 2 () 2 0 0 0 0 4 11 2 2 22 2 39 8.1 1.5 1.5 16.2 1.5 28.7 35 19 2 95 6 157 0.4 0.2 0 1.0 0.1 1.6 0 0 1 0 0 1 136 100.0 9652 100.0 5 Infektionskrankheiten, Zoonosen Viele Infektionskrankheiten können zwischen Wirbeltieren und Menschen wechselseitig übertragen werden. Wir bezeichnen sie als Zðonosen (griech. Zðon = Lebewesen, Tier; Nósos = Krankheit). Bei der Entstehung dieser Erkrankung können Lebensmittel als Vehikel wirken. Doch stellt der orale (oder besser alimentäre (lebensmittelbedingte) Weg nur einen von mehreren möglichen dar. Lebensmittelinfektionen (und -intoxikationen) im engeren Sinne sind Erkrankungen, die mit enteralen Erscheinungen einher gehen, also mit Erbrechen, Durchfall, abdominalen (Unterleib) Krämpfen. Hier ein paar Beispiele für Verursacher von Lebensmittelinfektionen. Streptobacillus moniliformis Brucella spec Zecken Leptospira Erysipelothrix Erreger der Rattenbiß- Krankheit Brucellose- Fieber bei Rindern, Schafen und Ziegen Encephalitis Virus Infektion über Kontakt mit frei lebenden KIeinsäugern Symptome sind Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Leberund Nierenschaden Rotlauf bei Schweinen führt beim Mensch zu einer juckenden, rotbraunen Schwellung. 20 4.3.1.1 Lebensmittelinfektionen Das gemeinsame Kennzeichen dieser Erkrankung ist, daß eine relativ große Anzahl von Organismen erforderlich ist, um die Krankheit ausbrechen zu lassen. Hauptsächlich sind hier Angehörige der Familie Enterobacteriaceae vertreten. Da ihr natürlicher Standort der Darm von Tieren und Menschen ist, hängt die Entstehung dieser LebensmittelVergiftungen immer mit einer unmittelbaren, auch indirekten fäkalen Kontamination zusammen. Die Infektion wird durch Giftstoffe in der Zellwand des MO hervorgerufen. Diese Giftstoffe werden durch eine Zerstörung der Zellwand z.B. im Darm freigesetzt. Folgende Mikroorganismen gehören zu dieser Gruppe • • • • Salmonellen Campylobacter Shigella Enteropathogene E. coli Die in Lebensmittel mit am häufigsten auftretenden Mikroorganismen Salmonella und Campylobacter werden auf den nächsten Seiten näher erläutert. 4.3.1.1.1 Salmonellen Die Salmonellen lassen sich grundsätzlich in die 2000 Arten umfassende Enteritis erregegenden Salmonellen (z.B. Salmonella Typhimunum, S. enteritidis) und die Salmonellen der Typhus-Paratyphus-Gruppe (S. Typhi, und S. paratyphi A, B, und C) einteilen. Salmonellen können auf Pflanzen, im Kot, in Jauche und Gülle, im Klärschlamm, in Futtermittel und in Lebensmitteln über Wochen, z.T. auch über Monate und Jahre lebensund infektionstüchtig bleiben. Gegenüber dem Einfrieren sind die Salmonellen sehr empfindlich. Sie werden jedoch auch bei längerer Einwirkung dieser Temperaturen häufig nur subletal geschädigt. Salmonellen sind sehr Hitze- empfindlich. Je höher die Konzentration an Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten sowie bei erniedrigten aw- Wert ist die Salmonelle wesentlich unempfindlicher gegenüber Hitze. 4.3.1.1.2 Enteritis erregende Salmonellen Kontaminationsquelle Die Infektionsquelle für den Menschensind vorwiegend tierischen Lebensmittel. Die Infektionsquellen für die Nutztiere sind Kraftfutter- Mischungen, die aus Tierkörper- Mehl hergestellt worden sind. Fischmehle haben hier eine besondere Bedeutung. Da die Salmonellen mit dem Kot ausgeschieden werden, ist eine Ausbreitung in einem Tierbestand, besonders bei Massen- Tierhaltung, stark begünstigt. Besonders häufig ist Schlachtgeflügel kontaminiert. Die Kontaminations- Kette kann bereits beim Küken beginnen, wenn das Eiinnere bereits mit SaImonellen kontaminiert war. Bei der Schlachtung kann es durch das Absetzten von Kot zu sogenannten Kreuzkontaminationen kommen, was zur Folge hat, daß bereits frisches Fleisch kontaminiert ist. 21 Fische und Muscheln, z.B. Miesmuscheln und die roh verzehrten Austern, sowie andere Seetiere, können in küstennahen Gewässern durch Abwässer infiziert werden. Eine Kontamination der Fische ist auch nach dem Fang durch den Kot von Möwen möglich. Da eine relativ hohe Infektionsdosis von mindestens 100.000 bis 1.000.000 lebende Erreger notwendig ist, ist eine Übertragung von Mensch auf Mensch sehr unwahrscheinlich. Der Mensch ist somit nur der Endpunkt der Infektionskette. Diese hohe Anzahl an Salmonellen bedeutet, daß die Salmonellen Gelegenheit haben müssen sich im Lebensmittel zu vermehren. Inkubationszeit und Symptome Eine akute Gastroenteritis beginnt nach einer Inkubationszeit von wenigen Stunden bis zu zwei Tage. Im Darm wird durch Lysis (Auflösung) der Salmonellen ein ,J'Ü~fi~" in der Zellwand frei, welches auf die Darmschleimhaut einwirkt und zahlreiche wäßrige, selten blutige Durchfälle hervorruft. Teilweise tritt Fieber auf Bei einer Vielzahl von infizierten Personen sind die Symptome sehr schwach bis teilweise nicht merkbar. Kritisch können die Salmonellen für Menschen mit einem schwachen Immunsystem sein (ältere Menschen und Säuglinge). Als Therapie werden Elektrolyt- Lösungen verabreicht um den Flüssigkeits- Haushalt zu stabilisieren, und in extremen Fällen Antibiotika verabreicht. 4.3.1.2 Salmonella und S. paratyphi Kontaminationsquelle Der Mensch ist das einzige Erreger- Reservoir Ausgehend von einem Erkrankten oder Dauerausscheider können die Salmonellen direkt auf einen anderen Menschen oder indirekt über Fäkal- kontaminierte Lebensmittel, Wasser, Gerätschaften, Eßgeschirr, Handtücher, Aborte u.a. übertragen werden. Da sich die Salmonellen im Körper vermehren, ist eine Infektionsdosis von 100 – 1.000 lebenden Zellen ausreichend. Krankheitsbild Die Erreger werden oral aufgenommen und gelangen in den Dünndarm. Nach einer Inkubationszeit von 14 Tagen, brechen die sich in dieser Zeit vermehrten Salmonellen massiv in die Blutbahn ein und führen zu Fieber mit Temperaturen bis 40°C. Typisch für die akute Krankheitsphase (1 bis 2 Wochen) sind starke Kopfschmerzen und eine ausgeprägte Bewußtseinstrübung (Typhus = Rauch, Nebel). Die Erreger können in dieser Zeit verschiedene Organe wie Leber, Milz, Nierenbecken befallen und verursachen Entzündungen. Die Besiedlung der Leber bzw. der Gallenblase kann auch nach der Gesundung über Monate, Jahre teilweise lebenslang bestehen. Diese Salmonellen werden über den Stuhl ausgeschieden. Man spricht dann von Dauerausscheidern. Um die Vermehrung der Erreger im Körper zu hemmen, umfaßt die Therapie des Typhus vor allem die Gabe von Antibiotika. 4.3.1.3 Campylobacter jejuni Campylobacter- Infektionen sind in der Tiermedizin seit langem bekannt, hauptsächlich als Abort bei Wiederkäuern und Durchfall bei verschiedenen Haustieren. Daß dieser Mikroorganismus auch pathogen für Menschen ist, blieb Jahrzehnte lang unentdeckt. 22 Beim Menschen ruft der Erreger nach oraler Aufnahme und einer Inkubationszeit von 2 bis 11 Tagen eine Erkrankung hervor, die sich zunächst in Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen äußert. Bald entwickelt sich ein gastroenteritisches und enterocolitisches Stadium mit Erbrechen, Durchfällen und heftigen Leibschmerzen. Die Infektion kann unter Umständen schwere Komplikationen nach sich ziehen wie Blutvergiftung und bei Kleinkindern Hirnhautentzündung. Infektionsquellen Die Vermutung, daß Carnpylobacter jejuni auch Lebensmittelinfektionen hervorrufen kann, hat sich nach einer Reihe von z.T. umfangreichen Epidemien bestätigt, die nach dem Verzehr von Rohmilch aufgetreten sind. Wahrscheinlich ist der Erreger vom erkrankten oder auch vom symptomlos ausscheidenden Tier her durch fäkale Kontamination in die Milch gelangt. Weitere Infektionsquellen waren rohes oder unzureichend erhitztes Geflügelfleisch und Hühnerleber, evtl. auch rohes Hackfleisch. Allem Anschein nach bilden Wildvögel (Seemöwen u.a. Wassergeflügel, Saatkrähen und Stadttauben) ein natürliches Reservoir, dem die recht häufig nachgewiesene Kontamination von Oberflächengewässern mit dem Erreger gutgeschrieben wird. Aber auch Zucht- und Nutzgeflügel, sowie Schafe, Schweine und Rinder beherbergen zu einem hohen Anteil den Erreger im Darm. 4.3.1.4 Lebensmittelvergiftungen Bei der mikrobiell bedingten Vergiftung ist die schädigende Ursache ein Toxin, daß vom MO entweder im Lebensmittel oder auch erst im Darm des Menschen gebildet wird. Jedenfalls findet keine Infektion im Wirtsorganismus statt und bei den meisten echten Lebensmittel- Vergiftungen ist der Ausbruch der Krankheit gar nicht an die Aufnahme des lebenden Erregers gebunden. Eine Erkrankung kann zustande kommen, unabhängig davon, ob der Erreger sich im Lebensmittel vermehrt oder bestimmte schädliche Stoffwechsel- Produkte (Toxine) bildet. Meist stellt der alimentäre (Lebensmittel- bedingte) Weg nur eine von verschiedenen Übertragungsmöglichkeiten dar. Voraussetzung für eine Giftproduktion ist immer eine Vermehrung der Bakterien im Lebensmittel. Je stärker die Bakterienvermehrung, um so mehr Gift wird gebildet. Folgende pathogene (krankmachende) Mikroorganismen gehören zu dieser Gruppe. 4.3.1.4.1 Staphylococcus aureus Kontaminationsquelle Die Kontaminationsquelle ist der Mensch. Ausgehend von offenen, schlecht abgedeckten Wunden (besonders an den Händen) über den Rachenraum, die Rachenschleimhaut und die Nasenschleimhaut. Die Übertragung erfolgt über Niesen Husten, Haare, Schuppen usw. Fast jeder dritte Mensch ist Träger von Staphylokokken. 23 Inkubationszeit Nach Aufnahme des Toxins welches vom MO gebildet wird und hitzestabil ist. Die für eine Erkrankung notwendige Menge an Toxin liegt, abhängig vom Toxintyp (A-E) zwischen 0,2 und 25 ~g. Um diese Menge an Gift zu produzieren sind >106 Staph./g notwendig. Diese Anzahl von Staphylokokken ist nach einer 6 stündigen Standzeit bei einer Temperatur von 10°C bis 40°C des Lebensmittels erreicht. Symptome Diarrhöe, Übelkeit und Erbrechen ohne Fieber, klingt nach 1-2 Tagen ab. Gefährlich für Kleinkinder. Risikolebensmittel Alle Eiweiß- und Kohlehydrat- haltigen Lebensmittel mit hohem Wassergehalt sind gefährdet. Dies sind Fleisch, Wurstwaren Eier, Milch / Kuchenfüllungen, Nudeln, Reis, Saucen usw. Vorbeugende Maßnahmen sind • • • 4.3.1.4.2 Einhalten der Personalhygiene Kühlen von nicht sterilen Produkten Vermeiden längerer Standzeiten bei Temperaturen > +5°C. (Siehe Hygieneverordnung) Bacillus cereus Kontaminationsquelle Die Kontaminationsquelle ist Erde und somit alle Lebensmittel, die mit Erde in Berührung kommen. Bei diesem MO ist zu beachten, daß es sich um einen Sporenbildner handelt. Inkubationszeit und Symptome Vom Bacillus cereus ist bekannt, daß er zwei unterschiedliche Toxin- Typen bilden kann. Es handelt sich hierbei um ein Erbrechens- Toxin und ein Diarrhöe- Toxin. Das DiarrhöeToxin wirkt nach 8 - 16 Stunden und klingt nach 12 - 24 Stunden wieder ab. Das Erbrechens- Toxin wirkt nach 1/2 - 6 Stunden mit Übelkeit und Erbrechen, eventuell verbunden mit Bauchkrämpfen. Die Symptome klingen nach 6 - 24 Stunden ab. Das Erbrechens- Toxin tritt in der Regel nur bei Reis auf. Risikolebensmittel Hiervon sind meistens Eiweiß- reiche Lebensmittel betroffen, wie Gemüse, Saucen, Suppen, Dessert, Fleisch (durch Verwendung von Gewürzen) Reis. Vorbeugung Erwärmte Lebensmittel rasch abkühlen, nicht bei Zimmertemperatur stehen lassen! 24 4.3.1.4.3 Clostridium perfringens Kontaminationsquelle Ausgangspunkt der Infektionskette ist der Erdboden und der menschliche oder tierische Darmtrakt. Die Erreger bzw. die Sporen können durch direkte fäkale Verunreinigungen oder indirekt über den Erdboden, Staub oder Abwässer in die Lebensmittel (Rind- und Geflügelprodukte) gelangen. Inkubationszeit und Symptome Bei der Sporulation der Keime, die mit dem Lebensmittel in den Darm gelangen wird ein Enterotoxin gebildet. Diese Enterotoxin löst eine Diarrhöe mit Unterleibsschmerzen aus. Die Krankheitssymptome verschwinden nach 10 - 24 Stunden. Komplikationen werden nur selten bei resistenzgeschwächten, besonders bei älteren Personen beobachtet. Neben Diarrhöen werden abhängig vom Mikroorganismen- Typ (A-D) auch Wundinfektionen (Gasbrand) und Darmbrand verursacht. Risikolebensmittel Hierbei handelt es sich um Geflügel- und Fleischsalate, Fleischpasteten, Suppen, Saucen. Wichtig ist, daß der Mikroorganismus nur unter anaeroben Bedingungen wächst. 4.3.1.4.4 Clostridium botulinum Allgemeine Infos C. botulinum hat seinen natürlichen Standort im Erdboden oder in den Sedimenten (Ablagerungen) von Seen, Tümpeln, Fließgewässern und Küsten- nahen Gewässern. Die ubiquitär vorkommenden Bakterien können in tierischen (lat. holuhis Wurst) und pflanzlichen Lebensmitteln Exotoxine bilden. Die einzelnen Botulinum- Arten können unterschiedliche Gifte produzieren. Die gebildeten Toxine sind Hitze- empfindlich. Kontaminationsquelle Somit sind mit Erdbodenverunreinigungen, Staub oder mit Erdboden selbst verunreinigte Gerätschaften Ursache für eine Kontamination des Lebensmittels. Fische und Seetiere können durch Sedimente der Gewässer infiziert werden. Inkubationszeit und Symptome Nach einer Inkubationszeit von 12 bis 36 Stunden kommt es zu den ersten klinischen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Magen- Darmstörungen. Die durch das Toxin verursachte Lähmung der Augenmuskulatur kann zu Doppelsehen, Lichtsehen, Flimmern und Pupillenstarre, die Lähmung der Schlund- und Zungenmuskulatur zu Sprachstörungen, Schluckbeschwerden zum Versiegen der Speichelsekretion und zum Austrocknen der Schleimhäute führen. Die größte Gefahr besteht in erster Linie in einer Atemlähmung und in einer nachfolgenden Lungenentzündung (wenn Atemlähmung überlebt wird). Werden die Symptome richtig gedeutet, besteht die Möglichkeit, mittels eines Gegengiftes entgegen zu wirken. Mit Antibiotika soll eine sekundäre Infektion verhindert werden. 25 Risikolebensmittel Hausgemachte Gemüse- und Fleischkonserven, eingedoste nicht saure Lebensmittel, nicht bzw. schlecht gepökelte Fleischwaren. Vorbeugende Maßnahmen sind • • • • • 4.3.1.5 Durch folgende Maßnahmen ist ein sicherer Schutz vor dem Wachstum und der Toxinbildung von C. botulinum möglich: Erhitzung von Lebensmitteln, die bei einer Temperatur von > 10°C gelagert werden, auf 121°C für mindestens 3 Minuten, bei Lagerungen < 10°C auf Temperaturen von 90°C mindestens 5 Minuten Ansäuern der Lebensmittel auf einen pH- Wert < 4,5 Kühllagern von Lebensmitteln mit einem aw- Wert > 0,97 bei Temperaturen unter 3°C bzw. bei Lebensmittel mit einem aw- Wert <0,97 (<0,95) unter 10°C. Absenken des aw- Wertes durch Salzen (Pökeln), Zuckern, Trocknen oder Gefrieren. Mycotoxinbildende Pilze Allgemeine Infos Verschiedene Schimmelpilzarten können in Lebens- und Futtermitteln giftige StoffwechselProdukte, sogenannte Mycotoxine, bilden. Im Gegensatz zu den Bakteriengiften, die eine akute, d.h. sofort auftretende Vergiftung bewirken, zeichnen sich die Mycotoxine im allgemeinen durch eine chronische, d.h. langsam verlaufende Wirkung aus. Die Anwesenheit von Mycotoxinen in Lebensmitteln kann folgende Ursache haben. • • • Verderb der Lebensmittel durch Schimmelpilze Verarbeitung toxinhaltiger Roh- und Zwischenprodukte bei der Herstellung von Lebensmitteln Verfütterung toxinhaltigen Futters und Übergang der Mycotoxine in die Milch oder in das Fleisch („carry over"). Es sind über 100 Mycotoxine bekannt. Einige davon, so die Aflatoxine (gebildet von Aspergillus flavus), können Krebs erzeugen. Risikolebensmittel Hierzu zählen sämtliche Nußarten, wobei die Erdnuß am stärksten gefährdet ist, Getreide (Cerealien), Brot (Backwaren), Obst und Obstsäfte, Gemüse, Gewürze, Milch, Käse, Fleisch- und Fischprodukte Vorbeugende Maßnahmen sind • • Produktion gering belasteter Rohprodukte (gesundes Saatgut, richtiger Dünger, vernünftiger Pflanzenschutz, sachgerechte Ernte, optimale Lagerung und Transport des Erntegutes) Reduzieren der Pilzbelastung der Rohprodukte (Aussortieren von verschimmelten Produkten, Einsatz Keim- reduzierender Methoden) 26 • • • • 5 Abtötung der Pilze im Zwischen- und Endprodukt durch Sterilisation bzw. Pasteurisation Vermeidung sekundäre Kontamination durch geeignete Abpackung und Verpackung Hemmung des Pilzwachstums auf nicht sterilen Produkten durch konservierende Maßnahmen wie Kühlen, Tiefgefrieren, Zusatz von Konservierungsstoffen und aw- Wert Absenkung Die Verwendung von Mycotoxin- freien Futtermitteln für Produkte tierischer Herkunft VERFAHREN ZUR HALTBARMACHUNG VON LEBENSMITTELN Weltweit verursachen Mikroorganismen jährlich Nahrungsmittelverluste in der Größenordnung von Milliarden von Franken. Große Mengen pflanzlicher Nahrungsmittel werden bereits vor der Ernte durch Mikroorganismen zerstört. Die meisten Lebensmittel sind in der Form, wie sie uns die Natur zur Verfügung stellt, sehr instabil, das heißt, sie sind nicht lange haltbar. Häufigste Ursache von Lebensmittelverderbnis sind Mikroorganismen. Daneben gibt es aber auch physikalische, chemische und biochemische Vorgänge, welche die Qualität eines Lebensmittels nachteilig beeinflussen können. Seit der Mensch seßhaft geworden ist (ca. vor 101000 Jahren), war er ständig bestrebt, die Haltbarkeit der Lebensmittel zu verlängern, um Vorräte für die unsichere Zukunft anlegen zu können. Die Ältesten und heute noch gebräuchlichen Haltbarkeitsverfahren sind das Trocknen, das Räuchern und das Salzen. Die technischen und industrielle Revolution hat den Menschen eine Reihe neuer Möglichkeiten zum Haltbarmachen von Lebensmitteln eröffnet, so die Anwendung von Hitze, Kälte und chemischen Konservierungsstoffen. Außer in jenen Fällen, wo Mikroorganismen absichtlich zugesetzt wurden (z.B. Gärprodukte) sind Mikroorganismen in Lebensmitteln grundsätzlich als unerwünscht anzusehen. Je kleiner der Befall eines Lebensmittels durch Mikroorganismen, um so größer ist seine Haltbarkeit. Bei der Herstellung von Lebensmitteln sind deshalb folgende Leitsätze zu beachten. Je nach Lebensmittel und Herstellungstechnologie ist eine gewisse mikrobielle Verunreinigung unvermeidbar. Bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln geht es darum, diese Mikroorganismen abzutöten oder im Wachstum zu hemmen. Für den Begriff Haltbarmachung wird auch das Wort Konservierung verwendet. 5.1 Physikalische Verfahren der Haltbarmachung 5.1.1 Trocknung Wird einem Lebensmittel, daß für die Mikroorganismen lebensnotwendige Wasser entzogen, so stellen diese die Vermehrung oder das Wachstum ein und sterben mehrheitlich ab. Nur Sporen sind in der Lage, eine mehrjährige Trockenheit zu überdauern und lebensfähig zu bleiben. Verfahren des Wasserentzuges sind Vakuum- Trocknung, Rösten, Sprüh- Trocknung, Luft- Trocknung, Walzen- Trocknung und Gefrier- Trocknung. 27 5.1.2 Hitzebehandlung Man unterscheidet zwischen Pasteurisation und Hitzesterilisation. Die Pasteurisation ist eine schonende Hitzebehandlung, bei der alle vegetativen Zellen einschließlich der nicht in Sporenform vorliegenden pathogenen Keime, abgetötet werden. Pasteurisiert wird bei Temperaturen zwischen 65°C und 85°C, wobei die Pasteurisationsdauer mit zunehmender Temperatur abnimmt. Bei Milch werden folgende Temperaturen und Einwirkzeiten angewendet: • • • 62-65°C während 30-32 Minuten 72-75°C während 15-30 Sekunden 85°C während 4 Sekunden (Dauererhitzen) (Kurzzeiterhitzung) (Hocherhitzen) Bei empfindlichen flüssigen Lebensmitteln hat sich mehrheitlich die HochtemperaturKurzzeit- Erhitzung durchgesetzt. Achtung, pasteurisierte Produkte sind nur beschränkt haltbar! Bei der Sterilisation versucht man, unter Einwirkung von sehr hohen Temperaturen (110°C bis 130°C ) alle Mikroorganismen einschließlich der Sporen, abzutöten. Die Erhitzung erfolgt im Autoklaven unter Druck Sterilisierte Produkte dürfen keine vermehrungsfähigen Mikroorganismen mehr enthalten. Die Sterilisationsverfahren ermöglichen es. Lebensmittel in Behältern, die die Kontamination mit Keimen nach der Hitzebehandlung ausschließen, über längeren Zeitraum haltbar zu machen. 5.1.3 Anwendung tiefer Temperaturen Die Nutzung der Kälte zur Frischhaltung und Konservierung von Lebensmitteln ist schon sehr lange bekannt. Als es noch keine Kältemaschinen und Kühlschränke gab, wurde Eis und Schnee als Kühlmittel verwendet. Schnee und insbesondere Natureis wurde zu wichtigen Handelsgütern, die über weite Distanzen transportiert wurden. So wurde norwegisches Eis bis nach Ostindien und Südafrika verfrachtet. Im Gegensatz zur Hitze führt die Kälte allein im allgemeinen nicht zu einer Abtötung der Mikroorganismen. Sie bewirkt lediglich eine Verlangsamung der Stoffwechsel- Prozesse und damit eine Hemmung des Mikroorganismen- Wachstums. Viele Mikroorganismen. darunter praktisch alle Lebensmittelvergifter, können sich bei Kühlschranktemperaturen zwischen 0°C und 5°C nicht mehr vermehren. Jene Bakterien, Pilze und Hefen, die sich unter diesen Bedingungen noch entwickeln können. werden bekanntlich psychrotolerante MO genannt. Es sind Hefen und Schimmelpilze bekannt. die sich bei Temperaturen von -7°C bis -12°C noch vermehren können. Wegen der psychrotoleranten Verderbnis erregenden MO sind Lebensmittel im Kühlschrank aufzubewahren. Eine bessere und viel längere Haltbarkeit kann durch das Tiefkühlen erreicht werden, ein Konservierungsverfahren, das heute sogar in den meisten Privathaushalten zur Selbstverständlichkeit geworden ist. In tiefgekühlten Lebensmittel wird die Vermehrung der MO gänzlich unterbunden. Es ist jedoch zu beachten, daß im Lebensmittel vorhandene mikrobielle Verderbniserreger und Lebensmittelvergifter mehrheitlich am Leben bleiben und nach dem Auftauen wieder aktiv werden. Die Lagertemperatur von tiefgekühlten Lebensmitteln darf nicht über –18°C ansteigen! 28 5.1.4 Strahlenbehandlung Folgende Strahlen haben keimtötende Wirkung • • • • Ultraviolette Strahlen (UV) Neutronenstrahlen Alphastrahlen Betastrahlen (Elektronenstrahlen) Gammastrahlen (elektromagnetische Strahlen) Die Neutronen- und Alphastrahlen kommen für die Bestrahlung von Lebensmitteln nicht in Frage. Die Neutronenstrahlen erzeugen im bestrahlten Gut Radioaktivität und die Alphastrahlen dringen zu wenig tief in das Lebensmittel ein. Am verbreitetsten ist die Anwendung von Gammastrahlen. In der Schweiz ist die Bestrahlung von Lebensmitteln Bewilligungspflichtig. Eine Ausnahme stellt die Behandlung von Trinkwasser mit UVStrahlen dar. 5.2 Chemische Verfahren 5.2.1. Das Räuchern Die antimikrobielle Wirkung des Räucherns beruht einerseits auf keimhemmenden und keimtötenden Substanzen, die im Rauch enthalten sind (z.B. Phenole, Formaldehyd, Kresole). Andererseits bewirkt das Räuchern eine Senkung des Wassergehaltes. Je nach Höhe der Rauchtemperatur spricht man von Kalt- (etwa 30°C), Warm- (etwa 45°C) oder Heiß- Räuchern (etwa 75°C bis 100°C). Für die Rauchherstellung verwendet man Späne oder Sägemehl von weichen Laubhölzern wie Buche, Eiche, Erle und Ahorn. Nadelhölzer sind hierzu weniger geeignet. 5.2.2 Das Salzen Die keimhemmende Wirkung von Kochsalz (NaCI) beruht hauptsächlich auf der Erniedrigung der Wasseraktivität, dem sogenannten aw- Wert. Für die Entwicklung der Mikroorganismen in einem Lebensmittel ist nicht der Gesamtwassergehalt maßgebend, sondern nur der Gehalt an verfügbarem Wasser. Kochsalz teilt mit einer Anzahl anderer Substanzen die Eigenschaft, Wasser zu binden. Je mehr Kochsalz einem Lebensmittel zugesetzt wird, um so mehr Wasser wird gebunden bzw. um so weniger steht den MO zum Wachstum zu Verfügung. Bei KochsalzKonzentrationen oberhalb 10% werden die meisten schädlichen Mikroorganismen im Wachstum gehemmt. 5.2.3 Das Pökeln Das Pökeln ist ein Konservierungsverfahren, daß bei Fleisch und Fleischwaren angewendet wird. Man versteht darunter eine Behandlung mit einem Salzgemisch aus Kochsalz und Natriumnitrat oder Natriumnitrit. Anstelle von Natriumnitrat kann auch Kaliumnitrat eingesetzt werden. 29 Das Pökeln richtet sich vor allem gegen anaerobe Bakterien wie z.B. Clostridium botulinum, dem gefürchtetsten aller Lebensmittel- Vergifter. Die keimhemmende Wirkung ist das Nitrit. Das Nitrat besitzt in den beim Pökeln angewendeten Konzentrationen keine antimikrobielle Wirkung. Diese kommt erst nach Umwandlung des Nitrats durch nitratreduzierende MO zu Nitrit zustande. Eine wichtige Nebenwirkung des Pökelns ist die Umwandlung des Muskelfarbstoffes Myoglobin in das kochbeständige Nitrosomyoglobin. Man nennt diesen Prozeß der dem Pökelfleisch die typische rote Farbe verleiht, Umröter. 5.2.4 Das Säuern Die meisten Bakterien haben ihr pH- Optimum im neutralen oder schwach alkalischen Bereich. Durch Säure- Zusatz (z.B. Essig) kann der pH- Wert gesenkt werden und damit die Entwicklung bestimmter Bakterienarten gehemmt werden. Bei der Milch- und Essigsäure- Gärung erfolgt die pH- Senkung auf natürliche Weise. Hefen und Schimmelpilze sind im allgemeinen Säure- toleranter als Bakterien und lassen sich deshalb durch Säuern weniger gut unter Kontrolle halten. 5.2.5 Chemische Konservierungsmittel Von den vielen bekannten chemischen Substanzen mit antimikrobiellen Eigenschaften eignen sich nur wenige für die Konservierung von Lebensmitteln. In der Schweiz sind gemäß der Verordnung über die in Lebensmitteln zulässigen Zusatzstoffe (Zusatzstoff- Verordnung) folgende Konservierungsmittel zugelassen. • • • • • • • • Ameisensäure (E 236) Schweflige Säure (Schwefeldioxid E 220) Natriumhydrogensulfit (E 222) Natriumsulfit (E 221) Natrium- und Kahumdisulfit (E 223 bzw. E 224) Propionsäure (E 280) Benzoesäure und deren Salze (E 210, E 211, E 212, E 213) Sorbinsäure und deren Salze (E 200, E 201, E 202, E 203) Die Einsatzmöglichkeiten und die jeweils erlaubten Höchstmengen sind gesetzlich geregelt. 30