Projektkennblatt Deutschen Bundesstiftung Umwelt 13037 32

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06/02
Projektkennblatt
der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt
Az
13037
Referat
32
Fördersumme
604.523,40 €
Antragstitel
Förderschwerpunkt Biotechnologie: Entwicklung eines biotechnologischen Verfahrens zur fermentativen Gewinnung der Aminosäure L-Serin
unter besonderer Berücksichtigung von Aspekten der Ökobilanzierung
Stichworte
Schwerpunkt-Biotechnologie,
Verfahren
Laufzeit
4 Jahre und 11 Monate
Projektbeginn
21.09.1998
Ökonomie,
Mikrobiologie,
Projektende
04.09.2003
Förderbereich 1991 – 1998
II.4.Umweltvorsorge, angewandte Umweltforschung
Umweltvorsorge, angewandte Umweltforschung
Bewilligungsempfänger Forschungszentrum Jülich GmbH
Institut für Biotechnologie I
Postfach
Kooperationspartner
Umweltchemikalien,
Projektphase(n)
1
Umweltforschung
Tel
02461/61-3294
Fax
02461/61-2710
Projektleitung
Herr Prof. Dr. Hermann Sahm
Bearbeiter
52425 Jülich
Frau Dr. Peters-Wendisch
AMINO GmbH
38373 Frellstedt
Universität Hannover, Lehrstuhl für Ordnungs- und Prozesspolitik
Hannover
Zielsetzung und Anlaß des Vorhabens
Der steigende Bedarf an der Aminosäure L-Serin für die Pharma- und Ernährungsmittelindustrie erfordert die Etablierung einer Alternative zur energieaufwändigen und emissionsträchtigen klassischen sauren Hydrolyse proteinogener Rohstoffe. Ziel des Projekts ist daher die Entwicklung eines hocheffizienten
biotechnologischen Verfahrens zur gezielten Herstellung der Aminosäure L-Serin aus Glukose mittels
rekombinanter Bakterienstämme, bei der lediglich kompostierbare Biomasse als Reststoff neben dem
L-Serin anfällt. Das herkömmliche und das fermentative Verfahren werden dann in neuartiger Weise mittels Ökobilanzierung verglichen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden
Ziel war die gezielte Entwicklung eines Bakterienstamms, mit dem die Produktion der Aminosäure
L-Serin möglich ist. Durch genetische und molekulare Arbeiten wird die normalerweise gedrosselt ablaufende L-Serin-Synthese in dem Bakterium Corynebacterium glutamicum erhöht. Dadurch kommt es zu
erhöhter intrazellulärer Synthese von L-Serin und letztlich zu dessen Ausscheidung in das umgebende
Medium, aus dem L-Serin isoliert werden kann. Zunächst wurden hierzu die verantwortlichen L-SerinBiosynthesegene aus C. glutamicum isoliert, durch Mutation dereguliert und mittels geeigneter Vektoren
in C. glutamicum überexprimiert. Des Weiteren wurde der Abbau von L-Serin durch Deletion oder Reduktion der Expression der entsprechenden Gene verhindert. Nach jedem Teilschritt wurde der entsprechende Stamm auf seine Fähigkeit L-Serin ins Medium auszuscheiden getestet. Die besten Stämme
wurden im Labormaßstab bei der Amino GmbH überprüft. Parallel erstellte der Lehrstuhl Ordnungs- und
Prozesspolitik eine Ökobilanzierung und Wirtschaftlichkeitsanalyse der Referenzprozesse Gewinnung
von L-Serin durch "Saure Hydrolyse" bzw. "Fermentation". Dieses beinhaltete folgende Teilschritte: Festlegung von Zieldefinition und Untersuchungsrahmen, Bilanzierung der mit dem L-Serin herstellenden
Verfahren verknüpften Inputs und Outputs (Sachbilanz), Beurteilung der Sachbilanzergebnisse bezüglich ihrer Umweltwirkungen (Wirkungsbilanz) sowie eine Gesamtbewertung von Sach- und Wirkungsbilanz. Für die Erhebung der Basisdaten gab es eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen der Amino GmbH.
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Ergebnisse und Diskussion
Zur gezielten Konstruktion eines L-Serin-Produktionsstamms wurde das Bakterium C. glutamicum verwendet, das bezüglich seiner Fähigkeit andere Aminosäuren, wie L-Lysin und L-Glutamat in großen
Mengen zu bilden gut untersucht ist. Zunächst wurde die L-Serin-Biosynthese untersucht. Die drei verantwortlichen Gene serA, serC und serB wurden aus C. glutamicum kloniert. Die Regulation der L-SerinBiosynthese erfolgt auf Enzymaktivitätsebene durch Hemmung des ersten Enzyms des Biosynthesewegs, der 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase (PGDH, serA) durch L-Serin. Durch die Konstruktion von
mutierten Allelen des serA-Gens von C. glutamicum mittels PCR wurden gezielt PGDH-Muteine erzeugt,
die sich nicht mehr durch L-Serin hemmen lassen. Die alleinige Überexpression des deregulierten serAGens führte nicht zu einer gesteigerten L-Serin-Bildung, wie dies z. B. für die L-Lysin-Bildung bekannt
ist. Auch die Überexpression aller drei Biosynthesegene im Wildtyp führte zu keiner signifikanten Steigerung der L-Serin-Bildung. Dies deutet darauf hin, dass neben der Hemmung auf Aktivitätsebene weitere,
bisher unbekannte Regulationsmechanismen des L-Serin-Biosynthesewegs vorhanden sind. Neben der
L-Serin-Biosynthese wurde auch der Abbau von L-Serin untersucht. L-Serin dient als Vorstufe zur Synthese zahlreicher anderer zellulärer Metabolite. Es konnte gezeigt werden, dass vor allem die Umsetzung von L-Serin zu Pyruvat, katalysiert durch das Enzym L-Serin-Dehydratase, sowie die Bildung von
Glycin und C1-Kohlenstoffeinheiten aus L-Serin durch das Enzym Serinhydroxymethyltransferase eine
große Bedeutung haben. Das Ausschalten bzw. die Reduktion dieser Reaktionen führte bei gleichzeitiger Überexpression der L-Serin-Biosynthesegene zu einer signifikanten Steigerung der L-Serin-Bildung,
jedoch überstieg die Ausbeute bezogen auf das eingesetzte Substrat nie 0,05 %. Die L-SerinBiosynthese erfolgt ausgehend von dem Glykolyseintermediat 3-Phosphoglycerat. Um eine mögliche
Limitation in der Bereitstellung dieser Vorstufe für die L-Serin-Bildung auszuschalten wurden durch gengerichtete Mutagenese Mutanten hergestellt, die einen Block in der Glykolyse unterhalb der Abzweigung
zum L-Serin aufweisen, bzw. Glykolyseintermediate anstauen. Die Kombination dieser Mutationen mit
der Überexpression der L-Serin-Biosynthesegene und einer Reduktion des L-Serin-Abbaus führte letztlich zu einer Steigerung der L-Serin-Ausbeute um das 140-fache, auf bis zu 7,5 % mit einer Produktausbeute von 2,5 g/l. Als Zielparameter für die industrielle Produktion wurde in der Modellbildung für die Ökobilanz und die Wirtschaftlichkeitsanalyse für das fermentative Verfahren von 30 g/l Produktausbeute
(Anteil des L-Serins im zellfreien Fermentermedium) und 47 % Aufarbeitungsausbeute (Ausbeute im
Aufreinigungsverfahren nach der Fermentation) ausgegangen. Unter diesen Rahmenbedingungen zeigen sich signifikante ökologische Vorteile des neuartigen fermentativen Verfahrens gegenüber dem etablierten Referenzverfahren der sauren Hydrolyse. Bei fast allen ökologisch relevanten Input- und Outputgrößen liegen bei der Fermentation z. T. deutlich günstigere Mengenverhältnisse im Vergleich zur
sauren Hydrolyse vor. Insbesondere in den zentralen ökologischen Bereichen Energiebedarf, Wasserverbrauch und Salzfrachten ist das fermentative Verfahren der sauren Hydrolyse überlegen. Aus ökonomischer Sicht bietet die Fermentation bei diesen Zielparametern relativ zur sauren Hydrolyse und unter den Rahmenbedingungen des deutschen Produktionsstandortes zwar Kostenvorteile, um im internationalen Wettbewerb dauerhaft bestehen zu können und insbesondere um angesichts des in den letzten
Jahren herrschenden Preisdrucks auf dem Markt für Aminosäuren auch in ungünstigen Marktphasen mit
ausreichenden Deckungsbeiträgen produzieren zu können, ist jedoch eine weitere Erhöhung der Ausbeuten erforderlich. Da die Verbesserung der Aufarbeitungsausbeute nur verfahrenstechnischen Kriterien unterliegt und von der Stammentwicklung unabhängig ist, existiert somit ein zusätzliches Optimierungspotenzial des Verfahrens über den Kern der Forschungsarbeiten hinaus.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
1. Patentanmeldung 100 09 799.5 (25.02.2000): Peters-Wendisch, P. G., Eggeling, L. und Sahm, H.:
„Nukleotidsequenzen kodierend für Proteine beteiligt an der Biosynthese von L-Serin und Verfahren
zu dessen Herstellung".
2. [Zusatzanmeldung (06.09.2000): Peters-Wendisch, P. G., Simic, P., Eggeling, L. und Sahm, H.:
„Verbessertes Verfahren zur mikrobiellen Herstellung von L-Serin sowie ein dazu geeigneter genetisch veränderter Mikroorganismus“]
3. Patentanmeldung 102 31 297.4 (10.07.2002): Peters-Wendisch, P., Netzer, R., Eggeling, L., Faurie,
R., Klaßen, B., Sahm, H.: „Gezielte Deregulation der 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase aus C. glutamicum“.
4. Patentanmeldung (März 2003): Peters-Wendisch, P., Netzer, R., Eggeling, L., Sahm, H.: „Verfahren
zur Produktion von L-Serin durch Ausschaltung von L-Serin-Dehydratase Aktivität in Bakterien, am
Beispiel Corynebacterium glutamicum“.
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5. Peters-Wendisch, P., Eggeling, L., Netzer, R., Sahm, H., Serger, H., Müller, U., Willke, B. und Faurie, R. (2001): Mikrobielle L-Serinproduktion unter besonderer Berücksichtigung der Ökobilanzierung. In: Erb, R. & Heiden, S. (Hrsg.) (2001): Biokatalyse, Sonderausgabe BIOSpektrum: 65-69.
6. Faltblatt für die BioTechnica 2001: Mikrobielle L-Serin-Produktion.
7. Peters-Wendisch, P., Netzer, R., Eggeling, L., Sahm, H. (2002): 3-Phosphoglycerate dehydrogenase
from Corynebacterium glutamicum: the C-terminal domain is not essential for activity but is required
for inhibition by L-serine. Appl Microbiol Biotechnol. 60(4):437-441.
8. Peters-Wendisch, P., Netzer, R., Eggeling, L., Sahm, H.: L-Serine biosynthesis in Corynebacterium
glutamicum. Poster, VAAM-Tagung 2003, Berlin.
9. Netzer, R., Peters-Wendisch, P., Etterich, H., Eggeling, L., Sahm, H.: The role of L-serine dehydratase for growth and L-serine production of Corynebacterium glutamicum. Vortrag KI001, VAAMTagung 2003, Berlin.
10. Netzer, R., Peters-Wendisch, P., Lange, C., Wendisch, V. F., Eggeling, L.: Role of 3phosphoglycertate mutase and pyruvate kinase in Corynebacterium glutamicum for growth and Lserine production. Vortrag KD011, VAAM-Tagung 2002, Göttingen.
11. Netzer, R., Peters-Wendisch, P., Lange, C., Wendisch, V. F., Eggeling, L., Sahm, H.: „Investigations
of the glycolysis and L-serine biosynthesis in Corynebacterium glutamicum“ Poster VAAM Workshop: Biologie bakterieller Naturstoffproduzenten Nov. 2001, Berlin.
12. Dock, Ch. (1999): "Isolation von Corynebacterium glutamicum-Mutanten, die keine FeedbackHemmung der Phosphoglycerat-Dehydrogenase besitzen" Studienarbeit der Universität Braunschweig, durchgeführt bei der Amino GmbH.
13. Netzer, R. (in Vorbereitung): „Untersuchungen zur Regulation der Glykolyse und zur L-Serinbildung
mit Corynebacterium glutamicum“. Promotionsarbeit der Universität Düsseldorf, durchgeführt am Institut für Biotechnologie 1 des Forschungszentrums Jülich.
14. Stolz, M. (in Vorbereitung): „Einfluss der Serinhydroxymethyltransferase (glyA) auf die Serin-Bildung
mit Corynebacterium glutamicum“. Diplomarbeit der Fachhochschule Aachen, Abt. Jülich, durchgeführt am Institut für Biotechnologie 1 des Forschungszentrums Jülich.
Fazit
Durch gezieltes „Metabolic Engineering“ des Stoffwechsels von C. glutamicum konnte ein Stamm entwickelt werden, mit dem L-Serin mit einer 0,25 %-igen Produktausbeute produziert werden kann. Damit
wurde eine außerordentliche Steigerung der L-Serin-Bildung gegenüber der Ausgangssituation erreicht.
Es wurde gezeigt, dass am Abbau von L-Serin in vivo ein bisher noch wenig untersuchtes Enzym beteiligt ist. Darüber hinaus sind vermutlich eine Reihe weiterer Reaktionen am Abbau beteiligt, die durch den
Ansatz des gezielten Metabolic Engineering nicht erfasst werden können.
Die Arbeiten haben gezeigt, dass es ein großes Potenzial gibt, L-Serin fermentativ aus Glukose, und
damit umwelt- und ressourcenschonend zu produzieren, dass es jedoch eine Vielzahl bisher unbekannter Faktoren in der Zelle gibt, die die L-Serin-Bildung beeinflussen. Die bisherige Produktivität reicht
noch nicht aus, um L-Serin wirtschaftlich zu produzieren. Aufgrund des Wissens, das in diesem Projekt
erarbeitet wurde, ist es nun möglich in zukünftigen Arbeiten die erforderlichen Hochleistungsproduktionsstämme zu gewinnen. Durch die Realisierung dieses Ziels kann in Zukunft L-Serin auf ökologisch
wesentlich verträglichere Weise und unter Gewährleistung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des
beteiligten mittelständischen Produzenten hergestellt werden.
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