Pferdehaltung und –fütterung

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6. Pferdefütterung
Themen
• Biologie der Verdauung
• Praxis der Fütterung
• Haltungs- und Verfahrenstechnik
Ernährung und Fütterung
Kikkuli-Text (14. Jh. v. Chr.)
Trainingsanleitung und Rationsgestaltung
für hethitische Streitwagenpferde:
‚Drei Teile Weizen, zwei Teile Gerste, fünf
Teile Heu‘
Praxis heute:
Heu/Hafer-Ration für ein 500 kg Reitpferd
bei mittlerer Arbeitsleistung: 5 kg Hafer
und 5 kg Heu
Der Verdauungstrakt des Pferdes
• Maulhöhle
• Schlund (Speiseröhre)
• Magen
• Dünndarm (Duodenum, Jejunum, Ileum)
• Dickdarm
- Blinddarm (Caecum)
- Unterer Grimmdarm (ventrales Colon)
- Oberer Grimmdarm (dorsales Colon)
- Hinterer Grimmdarm (kleines Colon)
- Mastdarm (Rectum)
Maulhöhle
Futteraufnahme
Selektion
Zerkleinerung => mechanische Verdauung
Einspeicheln
- Aufnahmezeit: 1 kg Hafer: 10 min.
1 kg Heu: 40-50 min.
- Speichelfluss: 40-90 ml/min => 3-5 kg
Speichel/kg Heu
1-1,5 kg Speichel/kg
Kraftfutter
Quelle: MEYER 1995
Maulhöhle
• Speichel (Muzine) => Gleitfähigkeit
Einspeichelung des Futters bedeutend für:
- pH-Absenkung im Magen
- Dünndarmverdauung
- Fermentation im Dickdarm
• Zur Gewährleistung ausreichender Fresszeiten:
– Mindestens 0,5 bis 0,8 kg/100 kg LM kaufähiges
Raufutter
(„kaufähig“ vergleichbar zur „strukturierten“ Rohfaser)
– Anteil strukturiertes Futter (kaufähiges Raufutter) von 18
bis 25% der Gesamt-TM-Aufnahme
Quelle:
JEROCH et. al. 1999
Die Speiseröhre
• Gefahr der Schlundverstopfung bei:
- Nicht eingeweichte quellungsfähige
Futtermittel (Melasse, Pellets)
- Hastig aufgenommene Äpfel (nicht
zerteilte!), Rüben oder Obst
Magen
a) Mageneingang mit
Schlund
b) Drüsenloser
Blindsack
c) Fundusdrüsenzone
d) Pylorusdrüsenzone
e) Magenausgang
(Pylorus)
Quelle: MEYER 1995
Magen
• Nur begrenzt dehnungsfähig
Fester Cardiaverschluss => keine retrograde Entleerung
• Magenblindsack mit Fermentation
=> Problematisch: frisches Heu und Stroh
Ab Fundusbereich pH-Absenkung bis pH 2
• vorherige Einspeichelung wichtig:
hoher Kraftfutteranteil => schnellere Aufnahme
=> weniger Speichel => höherer TS-Gehalt im
Magen
=> verzögerte pH-Absenkung => Mangelnde
Barrierewirkung
• Fütterungspraxis:
– Kleine Mengen Kaftfutter/Mahlzeit – häufige Fütterung/Tag
– pro Mahlzeit max. 0,5% der LM Hafer
Dünndarm
Länge 18-24 m
Hocheffiziente Enzymatische Verdauung
Gute Protein-, Stärke- und Fettverdauung
Eingeschränkte Amylaseaktivität
Dünndarmverdaulichkeit Stärke:
aus Hafer 84%
aus Maiskörnern 29%
aus gewalzter Gerste 21%
Störungen der Dünndarmverdauung:
- Folge gestörter Magenverdauung
- selten primäre Störungen
Dickdarm
• Am Ende des Ileum wird verstärkt Bikarbonat in den
Dünndarm gegeben => Pufferung des pHs im
Dickdarm
ca. 3-6 mal/h wird 200 – 1500 ml
Ileumchymus in den Caecum gespritzt
• Caecum und Colon sind Gärkammern
- Zersetzung der Rohfaser
- Zersetzung von im Dünndarm unverdauten
Nährstoffen
- Mikrobielle Vitaminsynthese
Probleme der Verdauung
(Dickdarm)
Hohe Ileocaecale Flüsse leicht fermentierbarer
Nährstoffe:
>>> Gasbildung (Kolik)
>>> Durchfall
Rohfaser
=> Fördert Elektrolytfluss/Puffervermögen
=> Führt zu einer Chymus-TS die nur langsam
mikrobiell angegriffen werden kann
=> Kaum Stärke, kein Zucker, wenig Protein
1. Erhaltungsbedarf
Der Erhaltungsbedarf Energie lässt sich mit der Formel
0,6 MJ DE/kg LM0,75
• => Warmblut 600 kg LM: 73 MJ DE
• Verdauliche Energie: Bruttoenergie – Verluste über Kot
• Untersuchungen zur umsetzbaren Energie
(Berücksichtigung von Harn und Gärgasen) fehlen fast
vollständig
• Proteinbedarf Erhaltung :
– Annahme ausgeglichene N-Bilanz
3 g DCP je kg LM0,75
=> Warmblut 600 kg LM: 365g DCP
2. Leistungsbedarf
Energie- und Proteinbedarf für
Bewegung
Bewegungsart (je 1h)
Schritt
Trab, leicht
mittel
schnell
Galopp
kJ DE/kg LM
7-10
27
40
57
81
• Beispiel: 1h mittlerer Trab, 600kg LM:
40 kJ DE/kg LM x 600 kg LM = 24 MJ DE
• Proteinbedarf Bewegungsleistung: Steigt nur gering
u.a. zum Sichern der intestinalen Eubiose Verhältnis
von 5 g DCP / 1MJ DE anstreben
Mengenelemente
•
•
•
•
•
•
Ca : P => 1,6 : 1
Ca: 5 g / 100 kg LM
K: gleich Ca
Na: 40% Ca
Mg: 40% Ca
Praxis: Für arbeitende Pferde (10 kg und
mehr Schweißverlust sind möglich) sind
zum Ersatz von Na, Cl, K Lecksteine
anzubieten!
Fütterung des
Hochleistungspferdes
Die in seiner Evolution entstandene Ausrichtung auf lange
Fresszeiten und die Aufnahme großer Raufuttermengen,
stellt den Halter eines Hochleistungspferdes vor
vielfältige Probleme:
Einer eingeschränkten Futteraufnahme und einer
physiologisch notwendigen Mindestmenge an Raufutter
steht ein hohes Maß an Energiebedarf gegenüber.
Erschwert wird eine leistungsangepasste Fütterung
durch das Fehlen von Futterwerten auf Basis der
metabolisierbaren Energie.
Anforderung an eine
Hochleistungspferdefütterung
- Energie muss schnell verfügbar sein (z. B.
im Vollblutrennen)
- Möglichst geringes Gewicht des MagenDarm-Inhalts ohne Passagezeit zu
vermindern
- Keine erheblichen Eiweißüberschüsse
- Ersetzen der Elektrolytverluste
Beispiel: Problem
Energieversorgung
Futteraufnahme: 2 bis 3kg TS/100kg LM
Raufutterbedarf: 0,8 bis 1 kg/100kg LM
• Pferd 600kg LM, schwere Arbeit, Futteraufnahme 15kg
Energiebedarf 145MJ DE, Proteinbedarf: 725g DCP
Raufutter: 5kg Heu (nach Blüte; 7,3MJ DE/kg, 44g
DCP/kg)
=> 36,5MJ DE, 220g DCP
• Es werden noch 108,5MJ DE und 505g DCP benötigt
=> 10,9MJ DE/kg TS; 50,5g DCP/kg TS
vgl. Hafer: 11,5MJ DE/kg; 85g DCP/kg TS
=> 345g Proteinüberschuss
(außerdem Ca-Mangel und deutlicher PÜberschuss)
Futtermittel
Raufutter
•
kurz gehäckseltes Raufutter (<3cm)
>>>Verstopfungsgefahr!
• Stroh als Heuersatz: nur 0,5 bis 1kg/100kg LM
=>Verstopfungsrisiko
• bei proteinreichen Kraftfutterrationen wirkt Stroh
ausgleichend, ebenso erweitert Stroh das enge
Ca:P-Verhältnis in Getreiderationen
•
•
•
•
Stroh hat hohen Ligningehalt
=> hydrophob
=> geringere Darmfüllung
=> weniger leistungshemmendes Gewicht
Getreide (‘Kraftfutter’)
• Hafer: Haferstärke gut dünndarmverdaulich
Hohes Protein-Energie Verhältnis (85g/11,5MJ)
• Gerste: schlechtere Dünndarmverdaulichkeit
Mittleres Protein-Energie-Verhältnis (87g/12,8MJ)
Wenn Gerste, dann: Braugerste und schroten
• Mais: Schlechte Dünndarmverdaulichkeit
Gutes Protein-Energie-Verhältnis (64g/13,6MJ)
Schroten, thermisch behandeln (MiFu-Industrie)
• Restriktionen: max 0,3kg/100kg LM Gerste oder Mais
• Problem: Durch starke Fermentation energetische
Verluste,
Rechnerisch ermittelte Energie stimmt nicht (DE vs. ME)
Zuckerrübenprodukte
• Melasse, Trockenschnitzel, Melasseschnitzel
=> Ca-reich => Ausgleich einer Getreideration
• Melasse: K, Na-reich => Einsatz bei
Leistungspferden mit hohen Schweißverlusten
• Löst aber Durst und Durchfälle aus =>
Einsatzmenge begrenzen und mit geringen
Mengen beginnen
Fette (Pflanzenöle)
•
•
•
•
•
Positive Wirkung auf Magen und Darm
Staubbindender Effekt
Essentielle Fettsäuren
Hoher Energiegehalt (36,1 MJ DE)
ca. 200 g pro Mahlzeit, 600 g pro Tag
problemlos möglich
Quelle: FN 2003
Technik der Futtervorlage
Anforderungen des Automaten an
Pferd und Halter
• Verletzungsverhütende Konstruktion und Installation
• Anatomisch an das Pferd angepasst
• Gut zu reinigen, hygienische Bauweise
• Dem Pferd Sicherheit geben, das es in Ruhe seine
Nahrung aufnehmen kann
• Einfache Bedienung für Jedermann
• Technisch zuverlässig und wartungsfrei
Fütterungssysteme
Einzelplatzversorgung
Raufutter Dosiergerät
-Bevorratung von Heu
-gesteuerte Abgabe des
Futters mit
automatischem Schieber
-nur mit den Lippen
herausziehen des Futters
- einzeln oder in Gruppe
anwendbar
Quelle: weinsberger International
Fütterungssysteme
Einzelplatzversorgung
Kraftfutter Dosiergerät
- individuell gesteuerte
Abgabe des Futters
- Bis zu 12 Portionen am Tag
- Abgabe volumetrisch über
Zellenraddosierung
- Etwas mehr als mit den
Lippen aufgenommen
werden kann
- Körner- und Pelletfutter
tauglich
Quelle: weinsberger International
Fütterungssysteme
Kraftfutterversorgung zentrale
Entnahme
-
für Stallungen mit mehreren
Boxen
Entnahme aus zentralem Silo
Beschickung über
Rohrkettenförderer der
einzelnen Dosiergeräte
Quelle: Daltec
Fütterungssysteme
Kraftfutterversorgung dosiert
über Laufschiene
-
-
Dosiergerät montiert auf
einer Laufschiene
Dosiergerät fährt jede Box
einzeln an und dosiert die
Programmiert Menge über
Fallrohr in den Trog
Versorgung von 100 Pferden
möglich
9 Futtersorten dosierbar 4
Kraft-/ 4 Mineralfutter / 1
flüssig
Quelle: aktivstall
Fütterungssysteme
Transponderfütterung
• Pferd wird über Chip oder
Halfter erkannt und
individuell gefüttert
• In Gruppenhaltung
realisierbar
• Für alle Pferdearten
begehbar
• Kraftfuttergabe während der
Raufuttergabe
• Pferde können nicht
gleichzeitig fressen
Quelle: aktivstall
Kosteneinsparung
2 Pferde
4 Pferde
8
Pferde
20
Pferde
Anschaffung
1427,00€
2555,00€
5088,00
€
11867,00
€
23734,00
€
Ersparnis durch
KFDG pro Jahr
672,50€
1345,00€
2690,00
€
6725,00€
13450,00
€
Eingefahren
in 2,1
Jahren
in 1,9
Jahren
in 1,9
Jahren
in 1,8
Jahren
in 1,7
Jahren
Die Ersparnis errechnet sich aus Futtereinsparung und Arbeitszeiten:
Futter:
40
Pferde
4kg/Pferd/Tag/Jahr = 1460 kg X 0,40€ = 584,00€ Futter/ Jahr
durch KFDG Einsparung von 20%
= 116,88€
Zeit: herkömmlich 7,70€ Std. 3 X 2min./Pferd = 6min/Tag
Kosten/Jahr/Pferd = 281,05€
durch KFDG Füllung 8X/Monat = 96/Jahr X 5min= 8Std. X 7,70€
Ersparnis
Futterersparnis + Zeitersparnis = €/Pferd
= 61,60€
= 219,45€
= 336,33€
Quelle: weinsberger international
Vor- und Nachteile dieser Technik
Seither:
2-3 große Futterportionen
Freßgier; verstreuen des Futters
verloren
hastiges Fressen Verdauungsprobleme
Starres Zeitraster Personalaufwand
Nicht angepasste Futtermenge
Unruhe im Stall durch Futterneid
unnatürlich
Vorteil:______________________________
-12 kleine Portionen über den Tag verteilt
kleine Portionen nichts geht
gleichmäßiges, ruhiges Fressen
kontinuierlich, Personalfreie Futtergabe
Präzise Futtermenge je Pferd
harmonisches Fressverhalten
artgerecht
Nachteile:
teure Anschaffung
Einsatzsicherheit
Bezug zum Pferd wird verringert
Quelle: weinsberger international
Zusammenfassung I
• Haltung und Verhalten der Pferdes stehen in
einem engen Zusammenhang
• Bewegungsmangel aufgrund unzureichender
Haltung ist die wichtigste Ursache für
Verhaltensanomalien und unerwünschtes
Verhalten
Zusammenfassung II
• Fütterung sollte weitgehend dem
arttypischen, physiologisch angepasstem
Fressverhalten folgen:
– Viele, kleine Portionen
– Energie der Leistung anpassen (die meisten
Pferde sind heute zu fett!)
– Mineralstoffgehalte beachten (CA:P!)
– Kolikgefahren kennen
– Rau- und Strukturfutter: staubarm, frei von
Schaderregern wie Schimmel, nur beste
Qualitäten und eher zu viel als zu wenig
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