Vorlesung 6

Werbung
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
1/12
3. Orogene Metamorphose (Regionale Metamorphose;
Thermodynamometamorphose; engl. dynamo-thermal metamorphism)
Prozesse und Ursachen:
•
Destruktive Plattenränder: Orogene regionalen Ausmaßes (x00 km * x0 km)
•
Subduktionszonen und Kontinent-Kontinent Kollisionszonen: Versenkung von Gesteinen
in große Tiefe
•
Kompressionstektonik; Metamorphose wird von Deformation begleitet
•
Änderung von P-T und Spannung (stress); geringe Veränderung der Zusammensetzung
durch Dehydration von OH-haltigen Mineralen, Dekarbonatisation von Karbonaten
•
Zeitdauer der Prozesse: lange andauernd (x) - x0 Mio. Jahre
Gliederung
geothermischer Gradient kann variieren (-> Kontrolle durch plattentektonische Position)
•
Hochdruck-Niedrigtemperatur-Metamorphose : Subduktionszonen; niedrig (~10°C/km)
•
Normale Regionalmetamorphose ("Barrow-Typ"): Kollision mit Krustenverdickung;
normaler mittel (~30°C/km)
•
Niedrigdruck-Hochtemperatur-Metamorphose ("Abukuma-Typ"): Extension mit Krustenausdünnung; Vulkanismus und Plutonismus an Inselbögen; erhöht (>30°C/km)
Protolithe (engl. protholith): breites Spektrum möglich; subduzierte ozeanische Kruste
(Basalte etc.), diverse Sedimente und Vulkanite, ältere metamorphe und plutonische
Krustengesteine
Gefüge (engl. fabric):
•
feinkörnig, ungeregelt, teilweise Mineralumwandlung (Pseudomorphosen) bei niedrig
gradiger Metamorphose (Zeolithfazies);
•
mittel- bis grobkörnig, oft porphyroblastisch, deutlich geregelte Gefüge bei mittel- bis
hochgradiger
Metamorphose
(z.B.
Schiefer,
Gneise
der
Grünschiefer
und
Amphibolitfazies);
•
granoblastische weniger deutlich gerichtete Gefüge bei Glimmer- und Amphibol-freien
Gesteinen (z.B. Quarzit, Marmor);
•
nicht gerichtete granoblastische Gefüge bei einigen hochgradig metamorphen Gesteinen
(z.B. Eklogit, Granulit)
J.G. Raith
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
3.1. Hochdruck-Niedrigtemperatur-Metamorphose
•
Starke Perturbation der thermischen Struktur und des isostatischen Gleichgewichtes in der
Kruste und im Mantel im Bereich von Subduktionszonen: kühle ozeanische Lithosphäre
wird rascher subduziert als sich ein thermisches Gleichgewicht einstellen kann.
•
Direkte Beziehung von Hoch-P Niedrig-T Metamorphose zu aktiven Subduktionszonen
kann beobachtet werden: z.B. Japan; Westküste der USA; Ägäis
J.G. Raith
2/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
Fazies der Hoch-P Niedrig-T Metamorphose
•
Zeolith Fazies und Prehnit-Pumpellyit Fazies (Subgreenschist facies)
•
Blauschiefer Fazies
•
Eklogit Fazies
Selten sind Faziesübergänge im Gelände dokumentiert (z.B. Coastal Ranges, Kalifornien)
J.G. Raith
3/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
Charakteristische Minerale und Gesteine
Blauschiefer
auch
als
Glaukophanschiefer
bezeichnet,
entstehen
aus
basaltischen
Protolithen.
Namengebend ist der blaue Na-Amphibol Glaukophan (Na1+ - Al3+ Substitution für Ca2+ Mg2+ ). Ein weiteres typisches Mineral in diesen Gesteinen ist Lawsonit (Ca, Al2 (OH)2
[Si2O7] H2O und im Übergangsbereich zu Eklogiten Na-Al reicher Pyroxen (Omphazit).
Epidot und Na-Glimmer (Paragonit) können auftreten.
In Metapeliten sind zusätzlich
phengitische Hellglimmer, Talk, Chlorit neben Quarz wichtig. Die stabile CaCO3Modifikation in Metakarbonaten ist Aragonit. Plagioklas (Albit) ist nicht stabil. Oft sind in
den Gesteinen magmatische Reliktgefüge erhalten.
Eklogite: Bei noch höheren Drucken entstehen aus basaltischen Ausgangsgesteinen Gesteine
mit der diagnostischen Mineralvergesellschaftung Mg-reicher Granat
+ Omphazit (Na-
reicher Klinopyroxen) ± andere Minerale. Plagioklas ist nicht stabil. P >12-14 kbar; T 4001000 °C.
J.G. Raith
4/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
Granat:
Omphazit:
Wichtige Reaktionen
•
Plagioklas und Hornblende, die typische Mineralvergesellschaftung von Metabasiten
der Amphiboitfazies, sind nicht mehr stabil!
Ab = Jadeit + Quarz (Jadeitkomponente in Omphazit)
An = Ca-Tschermak Komponente + Quarz (in Omphazit)
•
Verfügbarkeit von Wasser entscheidend für Umwandlung von Plagioklas, da sonst
keine Reaktion (oft bleiben wasserfreie magmatische Relikte (z.B. Gabbros) erhalten.
4An ± H2O = 2 Zoisit + Kyanit + Quarz
•
Retrograde Reaktionen laufen in vielen Eklogiten of unvollständig ab ->
Reaktionsgefüge; daraus Rekonstruktion des P-T-t Pfades der immer durch ±
isothermische Dekompression gekennzeichnet ist.
J.G. Raith
5/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
3.2. Regionale Dynamothermo-Metamorphose (Barrow-Typ
Metamorphose)
Ursachen und Prozesse
•
Kollision von Lithosphärenplatten an destruktiven Plattengrenzen (fortgeschrittenes
Stadium des Wilson Zyklus) führt zu Krustenverdickung
•
Isostatischer Ausgleichsbewegung (engl. buoyancy) der verdickten Lithosphäre
(kontinentale Kruste hat niedrigere Dichte als Mantel!); Hebung (engl. uplift) und
Exhumation; Erosion als gegenwirkende Kraft
•
spontaner Anstieg des Drucks in verdickter Kruste; Deformation
•
wesentlich langsamerer thermischer Ausgleich (engl. thermal relaxation)
•
Modellierung der Druck-Temperatur-Zeit (P-T-t) Entwicklung der Gesteine:
-
homogene Verdickung (homogeneous thickening) eines Krustensegmentes
-
Verdickung infolge Überschiebung (overthrusting)
Beide Modelle ergeben ähnliche P-T-t Pfade:
•
beträchtliche Dekompression;
•
thermischer Höhepunkt der Metamorphose wird nach dem Druckhöhepunkt erreicht
("clockwise P-T-t path")
J.G. Raith
6/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
Abb. 1. Thermotektonisches Modell für Kontinentkollision infolge homogener Deformation. a. Steady State
Bedingungen am Beginn der Kollision. (b) Deformation eines Blocks der Lithosphäre durch homogene
Deformation nach der Kollision. Die Isothermen sind weiter von einander entfernt. Eine gestörte Geotherme mit
einem niedrigeren geothermischen Gradienten ist die Folge. (c) Situation etwa 100 Ma nach der Kollision mit
Hebung und Erosion und teilweiser thermischer Ausgleich der Isothermen. (d) Vergleich der gestörten
Geotherme mit der Steady State Geotherme. (e) Entwicklung der Geothermen nach 20, 60 und 120 Ma nach der
Kollision. (f) Tiefe – T- t Kurven von Gesteinen aus unterschiedlicher Tiefe des deformierten Blocks (aus
Mason, 1990).
J.G. Raith
7/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
Fazies der Barrow-Metamorphose
Faziesentwickung des Mitteldruckbereiches zwischen ca. 200-900°C
•
Zeolith Fazies und Prehnit-Pumpellyit Fazies (= Subgrünschieferfazies)
•
Grünschieferfazies
•
Amphibolitfazies
•
Granulitfazies (selten)
Metamorphe Mineralzonen der Regionalmetamorphose (Barrow -Zonen)
Erstmals wurde eine systematische Änderung der mineralogischen Zusammensetzung
metamorpher Gesteine im regionalen Maßstab im SE der schottischen Highlands beschrieben
(Barrow 1912). Metasedimente und Metabasite des Dalradian und Moine (ProterozoikumKambrium), vor allem tonig-siltige Protolithe, spiegeln einen Anstieg der P-T Bedingungen
der Metamorphose von Bedingen der Grünschieferfazies zur Amphibolitfazies wieder.
-
Chlorit-Zone: Chlorit+phengit. Muscovit +Quarz+Albit±Calcit
±Stilpnomelan±Paragonit
-
Biotit-Zone: Biotit+ phengit. Muscovit+Chlorit+Quarz+Albit±Calcit
-
Granat-Zone: Granat+Biotit+Muscovit+Chlorit+Quarz+Albit+Epidot;
Chloritoid
-
Staurolith-Zone: Staurolith+Granat+Biotit+Muscovit+Quarz+Plagioklas (ev.
Chlorit)
-
Kyanit (Disthen)-Zone:
Kyanit±Staurolith+Granat+Biotit+Muscovit+Quarz+Plagioklas
-
Sillimanit-Zone:
Sillimanit±Staurolith+Granat+Biotit+Muscovit+Quarz+Plagioklas+KyanitRelikte
J.G. Raith
8/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
Metamorphosezonierung in Metapeliten der östlichen schottischen Highlands
Mineralvergesellschaftungen in Metapeliten bzw. Metabasiten in den einzelnen Zonen
J.G. Raith
9/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
10/12
Indexmineral, Isograde, Reaktionsisograde
Nach der Definition von Tilley (1924): Jenes Mineral, das erstmalig in einer Zone auftritt und
nach dem die Zone benannt ist, wurde als Indexmineral (index mineral) bezeichnet. Eine im
Gelände kartierbare Grenze/Linie an der erstmalig ein Indexmineral auftritt wurde als
Isograde (engl. isograde) bezeichnet.
Heutige Definition: Das Erstauftreten eines Minerals hängt nicht nur von P-T ab, sondern
auch vom Gesteins- und Fluidchemismus (X). Eine Linie (in 3D eigentlich eine Fläche),
definiert durch das Erstauftreten einer Mineralvergesellschaftung (Minerale sind miteinander
im chemischen Gleichgewicht!), wird als Reaktionsisograde (reaction isograde) bezeichnet.
Wichtige Gesteine der regionalen Versenkungsmetamorphose
siehe auch Übungsunterlagen!
•
Metapelite/Metapsammite:
Phyllit,
Glimmerschiefer,
Paragneis,
Quarzit,
Metakomglomerate
•
Metakarbonatgesteine: Marmore (Kalk-, Dolomitmarmor); Kalk-Silikatgesteine
•
Metamorphe Magmatite: basisch: Grünschiefer, Amphibolit; sauer: Orthogneis
•
Meta-Ultramafite: Serpentinit
J.G. Raith
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
3. 3. Regionalmetamorphose bei niedrigen Drucken (Abukuma-Typ,
Buchan-Typ Metamorphose)
Ursachen und Prozesse
•
Bereiche der kontinentalen Kruste mit erhöhtem Wärmefluß und höheren
geothermischen Gradienten (> 30°km-1) als in stabiler kontinentaler Kruste; nicht
allein mit Verdickung von Kruste erklärbar
•
zusätzliche Zufuhr von Wärme durch
o advektiven Transport von Wärme durch Magmen (z.B. Gabbrointrusionen)
o erhöhter Wärmefluß aus dem asthenosphärischen Mantel in die Lithosphäre
durch Extension
Geotektonik
•
vulkanische und plutonische Bögen
•
Extensionsbereiche von Kruste; kontinentale Riftzonen (z.B. Basin & Range Provinz,
USA), Back Arc Becken
Metamorphe Fazies
Die von Gesteinen durchlaufenen Fazies zwischen der Kontakt- und der Barrow-Typ
Regionalmetamorphose.
•
Grünschieferfazies
•
Amphibolitfazies
•
Granulitfazies.
In einzelnen Gebieten kann man auch charakteristische Zonen kartieren; z.B. Buchan,
Schottland
Biotitzone -> Cordieritzone –> Andalusitzone -> Sillimanitzone (siehe Abb.)
Gesteine
Das gesamte Spektrum an Gesteinen, aber mit Mineralen und Mineralvergesellschaftungen,
die bei niedrigeren Drucken stabil sind.
Metapelite und -psammite sind meist Schiefer oder Gneise mit großen Porphyro- bzw.
Poikiloblasten
•
niedriger und mittlerer Metamorphosegrad: Chlorit, Muscovit, Biotit, Andalusit,
Cordierit, ± Staurolith, Quarz;
J.G. Raith
11/12
LV 620.114 Petrologie der Magmatite und Metamorphite , Teil Metamorphite, Orogene Metamorphose
•
hoher Metamorphosegrad: Sillimanit, Spinell etc.; teilweise sogar Aufschmelzung ->
Migmatite.
Zonen der Buchan-Metamorphose in den schottischen Highlands
J.G. Raith
12/12
Herunterladen