Beratung + Verkauf Gastroenteritis Hilfe gegen Durchfall und Erbrechen von Apothekerin Dr. Juliane Rosner Eine Gastroenteritis setzt im Allgemeinen plötzlich mit starkem Durchfall und Erbrechen ein. Die häufigste Ursache sind Infektionen mit Viren (z.B. Rota-, Adeno-, Corona- und humane Noroviren) und Bakterien (u.a. Salmonellen, Campylobacter, Shigellen, Yersinien, Clostridium difficile, Vibrio cholerae). D Stockbyte / Thinkstock ie Erreger werden meist fäkaloral übertragen. Dabei gelangt infektiöser Stuhl beispielsweise über nicht ausreichend gereinigte Hände in die Nahrung und mit dieser über den Mund wieder in den Magen-Darm-Trakt des nächsten Menschen. Lediglich Noroviren sind derart infektiös, dass nach dem typischen schwallartigen Erbrechen feinste erregerhaltige Tröpfchen in der Luft schweben und auf diesem Weg weitere Personen infizieren können. Infektionen durch Fäkalien in der Umwelt Im vergangenen Jahr geriet das Escherichia-coli-Bakterium EHEC (enterohämorrhagischer E. coli) wegen schwerer Erkrankungsfälle in die Schlagzeilen. Normalerweise gehört das gramnegative Stäbchen E. coli zur natürlichen Darmflora. Die Variante EHEC, die schwere Krankheitssymptome verursachen kann, wird mit dem Kot von Wiederkäuern wie Rind, Schaf und Ziege auf Menschen übertragen, z.B. wenn deren Kot als Dünger verwendet wird. Eine Infektion ist auch über fäkalienverseuchtes Trinkoder Badewasser möglich; außerdem durch eine direkte Übertragung von Tier zu Mensch und von Mensch zu Mensch. PharmaRundschau www.pharmarundschau.de März 2012 21 Beratung + Verkauf Menschen nehmen die gefährlichen Erreger meistens mit der Nahrung auf, beispielsweise mit rohem Fleisch oder Rohmilch, aber auch über Obst und Gemüse, das mit Tierfäkalien gedüngt wurde. Bei einer Lebensmittelvergiftung durch verdorbene Nahrungsmittel sind ebenfalls Bakterien die Auslöser. Sie vermehren sich in den Lebensmitteln und bilden dabei Enterotoxine, die zu Durchfällen und Erbrechen führen. Vertreter dieser Bakterien sind Staphylococcus aureus, Clostridium perfringens, Bacillus cereus und Salmonellen. Da die Enterotoxine beispielsweise von Staphylococcus aureus sehr stabil gegenüber Hitze sind, schützt auch das Kochen bereits verdorbener Speisen nicht. Angriff auf die Schleimhaut Die meisten Erreger zerstören die Schleimhaut in Magen und Darm in unterschiedlichem Ausmaß. Als Folge kann Nahrung nicht mehr verdaut und aufgenommen werden. Die unverdaute Nahrung bindet Wasser im Darm und führt zu dünnflüssigem Stuhl. Bei bakteriellen Durchfallerkrankungen unterscheidet man drei Mechanismen: q Erreger vom Sekretionstyp sind beispielsweise Vibrio cholerae oder ETEC (enterotoxischer E. coli, der Haupterreger der Reisediarrhö). Diese bilden Toxine wie das Cholera- und das Shigatoxin, die auf die Darmschleimhaut einwirken. Die Toxine hemmen Transportproteine Beginn mit Übelkeit und Erbrechen In der Regel wandern die Erreger von oben nach unten durch den MagenDarm-Trakt. Daher beginnt die Erkrankung meist im Magen mit Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Erbrechen. Nach der Aufnahme der Erreger dauert es vier bis 48 Stunden, bis die ersten Symptome auftreten. Nach einigen Stunden kommt dann Durchfall hinzu, während die Magensymptome bereits nachlassen können. Der Durchfall kann je nach Ausmaß der Schleimhautschädigung auch blutig sein. Während des Durchfalls sind die Darmbewegungen gesteigert, was zu krampfartigen Bauchschmerzen führen kann. Auch Fieber als Allgemeinsymptom einer Infektion sowie Schwindelgefühle und Erschöpfung kommen vor. Schneller Flüssigkeitsersatz Bei starken Durchfällen kann es insbesondere bei Kindern und geschwächten Menschen durch den Verlust von Flüssigkeit und Elektrolyten zu einer Austrocknung des Körpers mit entsprechendem Gewichtsverlust kommen. Hemera / Thinkstock 22 in der Darmschleimhaut und führen zu einer unzureichenden Rückresorption von Wasser. Dadurch werden vermehrt Elektrolyte und Wasser in den Darm abgegeben. q Vertreter des Invasionstyps sind beispielsweise Shigellen, Campylobacter, Clostridium difficile oder EHEC. Diese dringen in die Schleimhautzellen des Darms ein, vermehren sich dort und führen zur Zerstörung der Zellen. Die gefährlichen EHEC-Bakterien besitzen ein Protein (Adhäsin), mit dem sie sich an die Epithelzellen der Darmwand anheften. Die meisten EHEC enthalten außerdem einen Bakteriophagen mit dem Bauplan für das Shigatoxin und können diesen Giftstoff in größeren Mengen herstellen. q Erreger des Penetrationstyps sind Salmonellen und Yersinien. Sie werden von der Darmschleimhaut aufgenommen und in das darunter gelegene Bindegewebe geschleust, wo sie eine Entzündungsreaktion verursachen. PharmaRundschau März 2012 Als Folge können Kreislaufprobleme (Schock), Nierenversagen oder Krampfanfälle auftreten. Deshalb ist als erste Maßnahme ein schneller Ersatz von Flüssigkeit und Elektrolyten wichtig. Dazu eignen sich orale standardisierte Rehydratationslösungen, die zusätzlich Glucose enthalten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt derzeit folgende Elektrolytmischung: pro Liter sauberes (oder abgekochtes) Trinkwasser 2,6 g Natriumchlorid, 13,5 g Glucose, 2,9 g Natriumcitrat, 1,5 g Kaliumchlorid. Im Notfall können pro halber Liter abgekochtes Wasser ein halber Teelöffel Salz und fünf Teelöffel Traubenzucker aufgelöst werden. Die Darmschleimhaut abdichten Gerbstoffe können die entzündete Darmschleimhaut oberflächlich abdichten, sodass sich eine schützende Membran ausbildet. Außerdem entziehen sie durch ihre adstringierende Wirkung Bakterien, die sich hier angesiedelt haben, den Nährboden. Dadurch werden Entzündungen gehemmt und Blutungen gestillt; Bakterien und Giftstoffe können nicht mehr eindringen. Gerbstoffe sind unter anderem in schwarzem Tee, Bitterschokolade, Heidelbeeren und Eichenrinde enthalten. Zur Behandlung von Durchfällen wird der Gerbstoff Gallotannin auch mit Ethacridinlactat kombiniert, das lokal desinfizierend wirkt und das Wachstum von Keimen im Darm hemmt. Bei leichtem Durchfall kann Pektin die Darmwand schützen und die Bindung von Bakteriengiften verhindern. Ähnlich wirkt das natürliche Mineral Smektit in Tonerde. Darmbewegungen hemmen Zur kurzfristigen Behandlung der Diarrhö ist Loperamid das Mittel der Wahl. Das synthetische Opioid lähmt die Tätigkeit der Darmmuskulatur und stoppt den Durchfall rasch. Weil dadurch auch die Ausscheidung der Erreger verlangsamt wird, sollte Loperamid bei blu- www.pharmarundschau.de