Refluxkrankheit: Hilft Natron bei übersäuertem Magen? Kurzantwort: Natron, das alte Sodbrennen-Hausmittel, wirkt zwar schnell und unkompliziert gegen das Brennen im Brustbereich, ist aber aus medizinischer Sicht ein untaugliches Mittel. Denn nach Abklingen seiner Säure neutralisierenden Wirkung führt es sogar zu einer Magensäureüberproduktion bzw. zu einer verstärkten Säurebildung. Speiseröhre Ich (w., 62) habe seit Jahren Beschwerden mit dem Magen und der Speiseröhre. Ein Magen-Darm-Spezialist stellte fest, dass ich an einer intrazellulären Übersäuerung leide und mein Magen zudem zu viel Magensäure produziert. Es zeigten sich auch Schädigungen der Speiseröhre von der aggressiven Magensäure. Nun habe ich gelesen, dass auch Natron bei Säurebeschwerden helfen kann. Gäbe es eventuell auch noch andere nichtmedikamentöse Mittel? G. S. in L. Dr. med. Nico Wiegand, Facharzt FMH für Gastroenterologie und Innere Medizin, Hirslanden Klinik St. Anna Luzern Sie leiden sehr wahrscheinlich unter der sogenannten Refluxkrankheit. Dabei kommt es zu einem übermässigen Rückfluss von Mageninhalt beziehungsweise Magensäure in die Speiseröhre. Beschwerden wie Sodbrennen, Aufstossen oder sogar Brustschmerzen sind Folgen der Reizung und Schädigung der Speiseröhrenschleimhaut. Das Problem liegt nicht darin, dass zu viel Magensäure produziert wird, sondern dass der saure Mageninhalt in die Speiseröhre gelangt. Dies ist auf eine Schwäche und/oder vermehrte Entspannung des unteren Schliessmuskels der Speiseröhre zurückzuführen. Magensäure-Sekretion hemmen Die Therapie der Wahl besteht darin, dass die Sekretion der Magensäure gehemmt wird, und zwar am besten mit den sogenannten Protonenpumpen-Hemmern (Arzneistoffe, die die Bildung von Magensäure unterdrücken). Unter deren Wirkung ist der Rückfluss in die Speiseröhre nicht mehr sauer und die Refluxkrankheit in den allermeisten Fällen sehr gut behandelt. Natron ist kein taugliches Mittel Natriumhydrogencarbonat (kurz Natron) ist ein Salz, das Säure neutralisierende Eigenschaften hat und zusammen mit Säure das Gas Kohlendioxid (CO2) freisetzt. Es ist unter anderem im Backpulver und in Basenmischungen enthalten. Das alte Sodbrennen-Hausmittel Natron wirkt zwar oft schnell und unkompliziert gegen das Brennen im Brustbereich, ist aber aus medizinischer Sicht ein veraltetes Mittel und sollte nicht mehr eingesetzt werden. Denn es sorgt sogar für eine Magensäureüberproduktion oder zumindest für verstärkte Säurebildung nach beendeter Wirkung. Unangenehm ist auch die schnell einsetzende CO2-Entwicklung im Magen. Alternative Massnahmen Zur Behandlung der Refluxkrankheit können verschiedene nichtmedikamentöse Massnahmen empfohlen werden: Kopfende des Bettes erhöhen; zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr essen; sich nach dem Essen nicht hinlegen; wenn nötig das Körpergewicht reduzieren; nicht rauchen und den Alkoholkonsum verringern; eng anliegende Kleidung und Druck auf den Magen vermeiden; kleine Portionen essen und die Nahrung langsam zu sich nehmen sowie Fette, Schokolade, Kaffee und andere auslösende Genussmittel reduzieren. Die bei Ihnen nachgewiesene intrazelluläre Übersäuerung hat keinen Zusammenhang mit der Refluxkrankheit und auch nicht mit der Magensäure. Die Magensäure ist nur in einem sehr begrenzten Raum (Magen) vorhanden. Sie wird durch die Speisen selbst und nach Übertritt in den Zwölffingerdarm auch durch körpereigene Säfte (vor allem der Bauchspeicheldrüse) ausreichend neutralisiert. Die Magensäure selbst hat deshalb keinen nennenswerten Einfluss auf den Säure-Zustand des Körpers. Dr. med. Nico Wiegand Quelle: Neue Luzerner Zeitung 10. Juni 2013