Power D ie Agroindustrie erzeugt mittels Kunstdüngern und Pestiziden möglichst grosse Mengen billiger Nahrungsmittel. Sie nimmt dabei einen Rückgang der Bodenfruchtbarkeit in Kauf, belastet das Grundwasser und zerstört das eingespielte Ökosystem. Zudem verbraucht die Herstellung der Kunstdünger viel Erdöl. Pflanzen, die mit Kunstdüngern, mineralischen Salzen also, gedüngt sind, fallen durch die dunkle, oft bläulichgrüne Blattfarbe auf. Dank der erhöhten Salzkonzentration nehmen die Pflanzen mehr Wasser auf, verlieren so aber an Lebenskraft. Zwar werden so grössere Mengen produziert, die Gemüse aber werden krankheitsanfälliger, vitaminarmer und weniger vital. Gesunde Böden – vitale Lebensmittel Kräuterjauche lässt Kabis, Tomaten oder Kürbis schnell Während des Zweiten Weltkrieges wurden in der Schweiz auf jedem Flecklein Boden Nahrungspflanzen angebaut. Es ging ums nackte Überleben. Heute leben wir in üblem Überfluss: Im Zeitalter der überverarbeiteten, ungesunden FastfoodKost ist es wichtig, gesundes, vitaminreiches Gemüse und ebensolche Salate zu essen. Solches kann nur auf gesunden Böden wachsen. Untersuchungen zeigen, dass sowohl auf ausgelaugten wie auf überdüngten Böden gezogenes Gemüse und Salate erschreckend wenig Spurenelemente und Vitamine aufweisen. Schnelllösliche, mineralische Dünger töten und vertreiben die Bodenlebewesen, speziell die Würmer – auf einem gesunden Boden hat es viele fruchtbare Wurmkothäufchen. wachsen. Im Gegensatz zu Kunstdünger tut die Jauche Ohne Giftspritze und Jätfimmel das auf gesunde, umweltfreundliche Art: Der Boden wird fruchtbarer und das Gemüse vitaminreicher. Text und Fotos: Kurt Forster Mit Kräuterjauchen kann man das Erholungspotenzial des Bodens anregen und die natürlichen Lebensprozesse fördern. In einem gesunden, ungespritzten Garten finden wir auch viele Wildkräuter und Insekten. Garten NATUR kick für den Garten Ein reichhaltiges Tierleben findet sich nur in einem Garten ohne Kunstdünger und chemische Spritzmittel. Unsere Gärten brauchen eine gewisse Anzahl Schädlinge wie Blattläuse und Co., wollen wir die Vielfalt der Nützlinge vom Marienkäferchen bis zur Blaumeise er- Brennnessel – die Wunderpflanze Die Brennnessel (Urtica dioica; siehe Artikel auf Seite 42) wächst fast überall, ist aber ein Anzeiger für stickstoffreichen, also nährstoffreichen Boden. Sie strotzt vor wertvollen Inhaltsstoffen: Verglichen mit Kulturpflanzen enthält sie das Zehnfache an Vitalstoffen. Neben vielen Nährstoffen enthält sie Spurenelemente, hochwertige Eiweisse, acht essenzielle Aminosäuren sowie Ameisen-, Zitronen- und Essigsäure. Im Frühling sind die Jungpflanzen eine vitaminreiche, Blut reinigende Salatbeigabe. Im Sommer ernähren sich viele Schmetterlingsraupen von ihnen – zum Beispiel die vom Kleinen Fuchs, Tagpfauenauge, Admiral oder Schönbär. Für Jauchen ist die Brennnessel eine der besten Zutaten. Sie wirkt pflanzenstärkend und wehrt gleichzeitig Blattläuse und Spinnmilben ab. leben. Dies heisst aber auch, dass wir eine grosse Toleranz gegen Brennnesseln, Gänseblümchen, Löwenzahn, Vogelmiere, Schafgarbe, Gundermann oder Taubnesseln entwickeln. Sie alle sind Grundlage eines vielfältigen, vitalen Gesamtsystems. All diese Wildkräuter bilden die Basis für unsere Kräuterbrühen (siehe auch Natürlich 2-2005). Kräuterjauchen verwendet man primär zur schnellen Nährstoffversorgung von Starkzehrern, wie Tomaten, Kürbissen, Kohlgewächsen, Gurken, Sellerie. In der Hauptwachstumszeit im Hochsommer, wenn eine schnelle Versorgung mit Nährstoffen erforderlich ist, sind Kräuterjauchen genau das Richtige. Diese haben aber noch viele weitere positive Auswirkungen: Sie enthalten verschiedenste Spurenelemente in fein abgestimmten Dosen und sorgen so für eine sanfte, vielseitige Ernährung und Kräftigung der Pflanzen. Jauchen, speziell von Brennnesseln, Wermut und Schachtelhalm, wirken zudem vorbeugend gegen verschiedene Pilzkrankheiten und Schadinsekten. Vitalität und Vielfalt All die Wildpflanzen wie Brennnessel, Beinwell, Gundermann, Löwenzahn und Schafgarbe sind widerstandsfähig und benötigen ausser Rückschnitt keine besondere Pflege. Sie bereiten viel Freude mit ihren Blüten, mit denen sie Hummeln, Schmetterlinge und andere Nützlinge in den Garten locken. Im Frühling bereichern einige der Wildkräuter Salate mit einem vielfältigen Vitaminkick. Die Schnellwüchsigen wie Beinwell oder Brennnessel liefern zum Mulchen der Beete viel Blattmasse. Und nicht zuletzt sind sie die Grundlage für Kräuterjauchen, mit denen Starkzehrer mit Nährstoffen und wohl dosierten Spurenelementen versorgt werden. All die Wildkräuter leisten einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit und Vitalität jedes Gartenbiotops. Herstellung der Kräuterjauchen Früher entwickelten die Bauern ihre eigenen Kräuterjauchenrezepte. Die unterschieden sich, je nachdem welcher Effekt erwünscht war. Mit dem Aufkommen von Kunstdüngern und Pestiziden ver- Beinwell – der Alleskönner Beinwell, auch als Wallwurz bekannt (Symphytum officinale) und Comfrey (Symphytum peregrimum), aus der Familie der Rauhblattgewächse (Borraginaceae) sind kalzium-, kalium-, silizium- und magnesiumreich; zusätzlich enthalten sie viel düngenden Stickstoff. Das im Comfrey enthaltene Allatoin ist zellbildend und wachstumsbegünstigend. Neben den medizinalen Funktionen – speziell für Gewebe und Knochen – kann man die jungen Blätter im Frühling als vitaminreiche Salatbeigabe verwenden; ebenso die blauen, schmackhaften Blütchen. Diese werden gerne von Bienen und Hummeln besucht. Die raschwüchsige Pflanze kann mehrmals im Jahr geschnitten werden. Ihre grossen Blätter sind besonders guter Mulch für Starkzehrer, eine ausgezeichnete Grundlage für Jauchen und wirken als Kompostaktivator. Natürlich | 5-2005 27 NATUR Garten Ackerschachtelhalm – gegen Pilzkrankheiten Der Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense) wächst auf feuchten, verdichteten Böden, manchmal auch im Garten. Besser aber erntet man ihn im Freiland, da er sich rasch verbreitet. Zusammen mit Löwenzahn hilft er, verdichtete Böden aufzuschliessen. Der Schachtelhalm enthält viel Kieselsäure; deshalb verwendete man die Pflanze früher zur Reinigung von Pfannen und Geschirr. Kieselsäure stärkt die Zellwände. Sind Pilz- Wasser entzogen. Dazu verwendet man Quell- oder sauberes Regenwasser. Bei Tees und Brühen werden die Kräuter in Wasser eingeweicht und auf- oder ausgekocht und vor Gebrauch durchgeseiht. Sie sind in ihrer Wirkung weniger stark als die Kräuterjauchen. Die Herstellung der Jauchen erfolgt am besten in 10- bis 50-Liter-Holzoder -Plastikgefässen. Metallgefässe sind weniger gut geeignet, da sie Metallionen abgeben. Grundsätzlich können wir fast alle Wildkräuter frisch oder getrocknet verwenden. Favoriten sind Brennnessel, Beinwell, Löwenzahn, Schachtelhalm, Wermut und Schafgarbe. Das Gefäss mit Wasser und den zerkleinerten Kräutern füllen und es an einen sonnigen Platz stellen. Damit wir die Wildkräuter nicht im ganzen Garten verbreiten, ernten wir sie vor der Samenreife. Bei Jauchen werden die Kräuter vergoren; dabei entstehen unangenehme Gerüche. Da die Vergärungsprozesse Sauerstoff benötigen, wird hin und wieder umgerührt, damit keine Faulungsprozesse einsetzen. Das Vergären der Pflanzenteile löst die darin enthaltenen Nährstoffe und Spurenelemente heraus. Je nach Temperatur dauert der Vorgang etwa 10 bis 20 Tage; dann ist die Jauche gebrauchsfertig. Wenn wir die gärende Jauche mit Steinmehlen überstäuben, verhindern wir einen unangenehmen Gestank. Siliziumreiche Steinmehle stärken ausserdem die Gesundheit der Pflanzen. Sie sorgen für starke Zellwände. Wechseln wir die Art der Steinmehle zwischen vulkanischen, silizium- oder magnesiumreichen Gesteinsarten und Algenmehl, so versorgen wir unsere oft verarmten Böden mit verschiedensten Spurenelementen. Vor dem Düngen lässt man den Boden auf Nährstoffe prüfen. Haben wir die Kräuterjauche ausgebracht, so bleibt ein Rest von Blatt- und Stielresten in der Steinmehlsauce zurück. Dieses Gemisch ist eine Wohltat und ein Wachstumskick für Kürbisse, Melonen, Gurken und Tomatenstöcke. Wir müssen aber darauf achten, dass wir keine Wurzelstücke und Samenreste ausbringen, da sonst die Gefahr besteht, dass der gesamte Garten von diesen vitalen Wildkräutern überwuchert wird. ■ Literaturhinweis: – Robert Sulzberger: «Bauerngärten», blv garten plus, Fr. 15.60 Foto: Thomas Vogel Foto: René Berner schwand dieses Wissen. Aber für eine kurzfristige Ertragssteigerung scheint heute jedes Mittel recht. Wer aber langfristig und gesund ernten will, stellt besser einen Pflanzenauszug oder gar eine Kräuterjauche her und düngt damit seinen Garten. Am besten sammelt man durch eigene Beobachtungen Erfahrungen, welche Kräutermischungen am besten wirken. Man verwendet primär lokale Kräuter aus Garten, Feldern und Äckern. Bei allen Pflanzenauszügen werden den Pflanzen die Wirkstoffe mit Hilfe von Löwenzahn – die Vitaminbombe Löwenzahn (Taraxacum officinalis; siehe Natürlich 4-05) enthält neunmal so viel Vitamin C und vierzigmal soviel Vitamin A wie herkömmlicher Kopfsalat und dreimal so viel Eisen wie Spinat. Der Löwenzahn reinigt das Blut, bringt es zum Fliessen und unterstützt das Herz. Die Bitterstoffe wirken positiv auf den ganzen Verdauungsapparat. Er gilt in der Ernährungslehre als eines der positivsten Lebensmittel – Rudolf Steiner bezeichnete den Löwenzahn als Himmels- keime bereits ins Pflanzengewebe eingedrungen und zu einem Mycel herangewach- Verwendung der Jauchen boten. Mit seiner Pfahlwurzel schliesst er sen, ist es zu spät, ihn mit natürlicher In der Hauptwachstumszeit wird Jauche in der Verdünnung 1:10 bis 1:20 direkt an die Wurzeln der Starkzehrer gegossen. In der Verdünnung 1:50 kann Jauche auch über die Pflanzen gegossen werden; das bewirkt zusätzlich eine gewisse Schädlings- und Pilzabwehr. Wegen Verbrennungsgefahr darf dies nicht bei starker Sonneneinstrahlung erfolgen. verdichtete Böden bis in grössere Tiefen Kräuterjauche zu bekämpfen. Vorbeugend mehrmals gespritzt wirkt eine Schachtelhalmbrühe mit Schafgarbe und Zwiebelresten recht erfolgreich. So werden die Zellwände gestärkt und das Eindringen von Pilzkeimen erschwert. Ein zu dichter Pflanzenwuchs fördert Pilzkrankheiten. 28 Natürlich | 5-2005 auf. Die Wurzel gilt zusätzlich als Milchstube für junge Regenwürmer, der Löwenzahn trägt auch so zur Humusbildung bei. Aus den Wurzeln lässt sich ein Kaffee-Ersatz zubereiten. Die Milch ist ungiftig. In den Kräuterjauchen ist er eine ausgezeichnete Kaliumquelle.