26-29 Jauche

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Power
D
ie Agroindustrie erzeugt mittels
Kunstdüngern und Pestiziden
möglichst grosse Mengen billiger
Nahrungsmittel. Sie nimmt dabei
einen Rückgang der Bodenfruchtbarkeit
in Kauf, belastet das Grundwasser und
zerstört das eingespielte Ökosystem. Zudem verbraucht die Herstellung der Kunstdünger viel Erdöl. Pflanzen, die mit Kunstdüngern, mineralischen Salzen also, gedüngt sind, fallen durch die dunkle, oft
bläulichgrüne Blattfarbe auf. Dank der
erhöhten Salzkonzentration nehmen die
Pflanzen mehr Wasser auf, verlieren so
aber an Lebenskraft. Zwar werden so
grössere Mengen produziert, die Gemüse
aber werden krankheitsanfälliger, vitaminarmer und weniger vital.
Gesunde Böden –
vitale Lebensmittel
Kräuterjauche lässt Kabis, Tomaten oder Kürbis schnell
Während des Zweiten Weltkrieges wurden in der Schweiz auf jedem Flecklein
Boden Nahrungspflanzen angebaut. Es
ging ums nackte Überleben. Heute leben
wir in üblem Überfluss: Im Zeitalter der
überverarbeiteten, ungesunden FastfoodKost ist es wichtig, gesundes, vitaminreiches Gemüse und ebensolche Salate
zu essen. Solches kann nur auf gesunden
Böden wachsen. Untersuchungen zeigen,
dass sowohl auf ausgelaugten wie auf
überdüngten Böden gezogenes Gemüse
und Salate erschreckend wenig Spurenelemente und Vitamine aufweisen.
Schnelllösliche, mineralische Dünger
töten und vertreiben die Bodenlebewesen, speziell die Würmer – auf einem
gesunden Boden hat es viele fruchtbare
Wurmkothäufchen.
wachsen. Im Gegensatz zu Kunstdünger tut die Jauche Ohne Giftspritze und Jätfimmel
das auf gesunde, umweltfreundliche Art: Der Boden
wird fruchtbarer und das Gemüse vitaminreicher.
Text und Fotos: Kurt Forster
Mit Kräuterjauchen kann man das Erholungspotenzial des Bodens anregen und
die natürlichen Lebensprozesse fördern.
In einem gesunden, ungespritzten Garten
finden wir auch viele Wildkräuter und
Insekten.
Garten NATUR
kick für den Garten
Ein reichhaltiges Tierleben findet sich
nur in einem Garten ohne Kunstdünger
und chemische Spritzmittel. Unsere
Gärten brauchen eine gewisse Anzahl
Schädlinge wie Blattläuse und Co., wollen wir die Vielfalt der Nützlinge vom
Marienkäferchen bis zur Blaumeise er-
Brennnessel –
die Wunderpflanze
Die Brennnessel (Urtica dioica; siehe Artikel
auf Seite 42) wächst fast überall, ist aber
ein Anzeiger für stickstoffreichen, also
nährstoffreichen Boden. Sie strotzt vor
wertvollen Inhaltsstoffen: Verglichen mit
Kulturpflanzen enthält sie das Zehnfache
an Vitalstoffen. Neben vielen Nährstoffen
enthält sie Spurenelemente, hochwertige
Eiweisse, acht essenzielle Aminosäuren
sowie Ameisen-, Zitronen- und Essigsäure.
Im Frühling sind die Jungpflanzen eine
vitaminreiche, Blut reinigende Salatbeigabe.
Im Sommer ernähren sich viele Schmetterlingsraupen von ihnen – zum Beispiel die
vom Kleinen Fuchs, Tagpfauenauge, Admiral
oder Schönbär. Für Jauchen ist die Brennnessel eine der besten Zutaten. Sie wirkt
pflanzenstärkend und wehrt gleichzeitig
Blattläuse und Spinnmilben ab.
leben. Dies heisst aber auch, dass wir
eine grosse Toleranz gegen Brennnesseln,
Gänseblümchen, Löwenzahn, Vogelmiere, Schafgarbe, Gundermann oder
Taubnesseln entwickeln. Sie alle sind
Grundlage eines vielfältigen, vitalen
Gesamtsystems. All diese Wildkräuter
bilden die Basis für unsere Kräuterbrühen
(siehe auch Natürlich 2-2005).
Kräuterjauchen verwendet man primär zur schnellen Nährstoffversorgung
von Starkzehrern, wie Tomaten, Kürbissen, Kohlgewächsen, Gurken, Sellerie. In
der Hauptwachstumszeit im Hochsommer, wenn eine schnelle Versorgung mit
Nährstoffen erforderlich ist, sind Kräuterjauchen genau das Richtige. Diese haben
aber noch viele weitere positive Auswirkungen: Sie enthalten verschiedenste
Spurenelemente in fein abgestimmten
Dosen und sorgen so für eine sanfte, vielseitige Ernährung und Kräftigung der
Pflanzen. Jauchen, speziell von Brennnesseln, Wermut und Schachtelhalm, wirken
zudem vorbeugend gegen verschiedene
Pilzkrankheiten und Schadinsekten.
Vitalität
und Vielfalt
All die Wildpflanzen wie Brennnessel,
Beinwell, Gundermann, Löwenzahn und
Schafgarbe sind widerstandsfähig und
benötigen ausser Rückschnitt keine besondere Pflege. Sie bereiten viel Freude
mit ihren Blüten, mit denen sie Hummeln, Schmetterlinge und andere Nützlinge in den Garten locken. Im Frühling
bereichern einige der Wildkräuter Salate
mit einem vielfältigen Vitaminkick. Die
Schnellwüchsigen wie Beinwell oder
Brennnessel liefern zum Mulchen der
Beete viel Blattmasse. Und nicht zuletzt
sind sie die Grundlage für Kräuterjauchen, mit denen Starkzehrer mit Nährstoffen und wohl dosierten Spurenelementen versorgt werden. All die Wildkräuter leisten einen wichtigen Beitrag
zur Gesundheit und Vitalität jedes Gartenbiotops.
Herstellung
der Kräuterjauchen
Früher entwickelten die Bauern ihre eigenen Kräuterjauchenrezepte. Die unterschieden sich, je nachdem welcher Effekt
erwünscht war. Mit dem Aufkommen
von Kunstdüngern und Pestiziden ver-
Beinwell – der Alleskönner
Beinwell, auch als Wallwurz bekannt (Symphytum officinale) und Comfrey (Symphytum
peregrimum), aus der Familie der Rauhblattgewächse (Borraginaceae) sind kalzium-,
kalium-, silizium- und magnesiumreich;
zusätzlich enthalten sie viel düngenden
Stickstoff. Das im Comfrey enthaltene
Allatoin ist zellbildend und wachstumsbegünstigend. Neben den medizinalen
Funktionen – speziell für Gewebe und Knochen – kann man die jungen Blätter im Frühling als vitaminreiche Salatbeigabe verwenden; ebenso die blauen, schmackhaften
Blütchen. Diese werden gerne von Bienen
und Hummeln besucht. Die raschwüchsige
Pflanze kann mehrmals im Jahr geschnitten
werden. Ihre grossen Blätter sind besonders guter Mulch für Starkzehrer, eine ausgezeichnete Grundlage für Jauchen und wirken als Kompostaktivator.
Natürlich | 5-2005 27
NATUR Garten
Ackerschachtelhalm –
gegen Pilzkrankheiten
Der Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense)
wächst auf feuchten, verdichteten Böden,
manchmal auch im Garten. Besser aber
erntet man ihn im Freiland, da er sich rasch
verbreitet. Zusammen mit Löwenzahn hilft
er, verdichtete Böden aufzuschliessen. Der
Schachtelhalm enthält viel Kieselsäure;
deshalb verwendete man die Pflanze früher
zur Reinigung von Pfannen und Geschirr.
Kieselsäure stärkt die Zellwände. Sind Pilz-
Wasser entzogen. Dazu verwendet man
Quell- oder sauberes Regenwasser. Bei
Tees und Brühen werden die Kräuter in
Wasser eingeweicht und auf- oder ausgekocht und vor Gebrauch durchgeseiht.
Sie sind in ihrer Wirkung weniger stark
als die Kräuterjauchen.
Die Herstellung der Jauchen erfolgt
am besten in 10- bis 50-Liter-Holzoder -Plastikgefässen. Metallgefässe sind
weniger gut geeignet, da sie Metallionen
abgeben.
Grundsätzlich können wir fast alle
Wildkräuter frisch oder getrocknet verwenden. Favoriten sind Brennnessel,
Beinwell, Löwenzahn, Schachtelhalm,
Wermut und Schafgarbe. Das Gefäss mit
Wasser und den zerkleinerten Kräutern
füllen und es an einen sonnigen Platz
stellen. Damit wir die Wildkräuter nicht
im ganzen Garten verbreiten, ernten wir
sie vor der Samenreife.
Bei Jauchen werden die Kräuter vergoren; dabei entstehen unangenehme
Gerüche. Da die Vergärungsprozesse
Sauerstoff benötigen, wird hin und wieder umgerührt, damit keine Faulungsprozesse einsetzen. Das Vergären der
Pflanzenteile löst die darin enthaltenen
Nährstoffe und Spurenelemente heraus.
Je nach Temperatur dauert der Vorgang
etwa 10 bis 20 Tage; dann ist die Jauche
gebrauchsfertig.
Wenn wir die gärende Jauche mit
Steinmehlen überstäuben, verhindern wir
einen unangenehmen Gestank. Siliziumreiche Steinmehle stärken ausserdem
die Gesundheit der Pflanzen. Sie sorgen
für starke Zellwände. Wechseln wir die
Art der Steinmehle zwischen vulkanischen, silizium- oder magnesiumreichen
Gesteinsarten und Algenmehl, so versorgen wir unsere oft verarmten Böden
mit verschiedensten Spurenelementen.
Vor dem Düngen lässt man den Boden
auf Nährstoffe prüfen.
Haben wir die Kräuterjauche ausgebracht, so bleibt ein Rest von Blatt- und
Stielresten in der Steinmehlsauce zurück.
Dieses Gemisch ist eine Wohltat und ein
Wachstumskick für Kürbisse, Melonen,
Gurken und Tomatenstöcke. Wir müssen
aber darauf achten, dass wir keine Wurzelstücke und Samenreste ausbringen, da
sonst die Gefahr besteht, dass der gesamte Garten von diesen vitalen Wildkräutern überwuchert wird.
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Literaturhinweis:
– Robert Sulzberger: «Bauerngärten»,
blv garten plus, Fr. 15.60
Foto: Thomas Vogel
Foto: René Berner
schwand dieses Wissen. Aber für eine
kurzfristige Ertragssteigerung scheint
heute jedes Mittel recht.
Wer aber langfristig und gesund ernten
will, stellt besser einen Pflanzenauszug
oder gar eine Kräuterjauche her und
düngt damit seinen Garten. Am besten
sammelt man durch eigene Beobachtungen
Erfahrungen, welche Kräutermischungen
am besten wirken. Man verwendet primär
lokale Kräuter aus Garten, Feldern und
Äckern.
Bei allen Pflanzenauszügen werden
den Pflanzen die Wirkstoffe mit Hilfe von
Löwenzahn –
die Vitaminbombe
Löwenzahn (Taraxacum officinalis; siehe
Natürlich 4-05) enthält neunmal so viel
Vitamin C und vierzigmal soviel Vitamin A
wie herkömmlicher Kopfsalat und dreimal
so viel Eisen wie Spinat. Der Löwenzahn reinigt das Blut, bringt es zum Fliessen und
unterstützt das Herz. Die Bitterstoffe wirken
positiv auf den ganzen Verdauungsapparat.
Er gilt in der Ernährungslehre als eines der
positivsten Lebensmittel – Rudolf Steiner
bezeichnete den Löwenzahn als Himmels-
keime bereits ins Pflanzengewebe eingedrungen und zu einem Mycel herangewach-
Verwendung der Jauchen
boten. Mit seiner Pfahlwurzel schliesst er
sen, ist es zu spät, ihn mit natürlicher
In der Hauptwachstumszeit wird Jauche
in der Verdünnung 1:10 bis 1:20 direkt an
die Wurzeln der Starkzehrer gegossen. In
der Verdünnung 1:50 kann Jauche auch
über die Pflanzen gegossen werden; das
bewirkt zusätzlich eine gewisse Schädlings- und Pilzabwehr. Wegen Verbrennungsgefahr darf dies nicht bei starker
Sonneneinstrahlung erfolgen.
verdichtete Böden bis in grössere Tiefen
Kräuterjauche zu bekämpfen. Vorbeugend
mehrmals gespritzt wirkt eine Schachtelhalmbrühe mit Schafgarbe und Zwiebelresten recht erfolgreich. So werden die Zellwände gestärkt und das Eindringen von
Pilzkeimen erschwert. Ein zu dichter Pflanzenwuchs fördert Pilzkrankheiten.
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auf. Die Wurzel gilt zusätzlich als Milchstube für junge Regenwürmer, der Löwenzahn trägt auch so zur Humusbildung bei.
Aus den Wurzeln lässt sich ein Kaffee-Ersatz
zubereiten. Die Milch ist ungiftig. In den
Kräuterjauchen ist er eine ausgezeichnete
Kaliumquelle.
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