3.6 DER ELEKTRISCHE RESONANZKREIS G enerell versteht man in der Physik unter Resonanz Vorgänge, bei denen ein schwingungsfähiges System durch Energiezufuhr mit seiner Eigenfrequenz angeregt wird. Dabei kann die Amplitude des angeregten Systems auf ein vielfaches der Erregeramplitude ansteigen. Ein elektrischer Resonanzkreis lässt sich mit Hilfe einer Kapazität und einer Induktivität realisieren. Da eine reale Induktivität stets einen parasitären ohmschen Widerstand besitzt (es sei denn es handelt sich um eine supraleitende Spule), liegt bei einem realen elektrischen Resonanzkreis eine gedämpfte Schwingung vor. Abb. 1: Schaltung zur Erzeugung einer gedämpften elektrischen Schwingung. Die Schalter S1 und S2 sind in der Praxis häufig elektronische Schalter in Form von Transistoren, Thyristoren oder IGBTs. Die Funktionsweise der Schaltung wird im Folgenden erläutert: Ist S1 geschlossen und S2 geöffnet, dann wird der Kondensator C über den Ladewiderstand Rl auf die Spannung U0 aufgeladen. Nach dem Ladevorgang ist im Kondensator die Energie WC 1 CU 02 2 (3.55) gespeichert. Anschließend wird der Schalter S1 geöffnet und S2 geschlossen. Der Kondensator C bildet nun zusammen mit R und L einen Resonanzkreis. Es kommt zu einer gedämpften Schwingung, die solange andauert, bis die im Kondensator gespeicherte Energie infolge ohmscher Verluste dissipiert ist. Ist der Kreis geschlossen, dann ist der Spannungsabfall an den einzelnen Komponenten gegeben durch: bg bg bg 1 Qt C U R RQ t t U L LQ UC Anwendung der 1. Kirchhoffschen Regel ergibt die zugehörige DGL, mit: bg bg bg bg bg t R Q t 1 Q t 0 ; mit Q 0 Q0 , Q 0 0 . Q L LC Für R=0 verschwindet der dissipative Term und es ergibt sich die DGL für den harmonischen Oszillator. Es lässt sich demnach eine Resonanzfrequenz definieren, mit: Resonanzfrequenz: 20 1 . LC (3.56) Folglich gilt: bg bg bg bg bg t R Q t 20 Q t 0 ; mit Q 0 Q0 , Q 0 0 . Q L Eine Laplace-Transformation der Gleichung ergibt: (3.57) bg bg bg bg bg bg ~ L Q s Q s ~ L Q s sQ s Q0 ~ s s2 Q LQ s sQ0 Folglich gilt: bg bg FG H bg IJ K R~ R . ~ ~ s2 Q s s Q s 20 Q s Q0 s L L (3.58) Umformen ergibt die Spektralfunktion, mit: bg ~ Q s Q0 s RL . s s RL 20 (3.59) 2 Umkehrtransformation: bg Q t Q0 z s RL ds st . e 2 s0 i 2i s s RL 20 s0 i (3.60) Der Integrand hat Polstellen erster Ordnung in s1,2=-R/2L±i für die folgenden Fälle: b g Unterkritisch gedämpfter Kreis, mit 20 Kritisch gedämpfter Kreis, mit R 0 0 . 2L Überkritisch gedämpfter Kreis, mit i R 2 2L (3.61) (3.62) b g R 2 2L . 2 0 . (3.63) Von Bedeutung in diesem Kontext ist zunächst der unterkritisch gedämpfte Kreis, mit den Bedingungen: 20 FG R IJ H 2LK 20 2 b g R 2 2L Für das komplexe Integral in der Inversionsformel gilt: z s RL ds st e 2 s0 i 2i s s RL 20 s0 i z s RL ds st e s0 i 2i s s1 s s2 s0 i b gb g ; mit s1,2 Anwendung des Residuensatzes ergibt: z s RL ds st e 2 C 2i s s RL 20 z s RL ds st e C 2i s s1 s s2 b gb g RS UV s s s s s b gb g T W R L Res e st 1 e s1t b e 2RL t e 2RL t 2 s1 s e s2 t 2 s1 s2 s2 s1 R L g b R L s s1 , s2 g RS c c h T RScosbt g R sinbt gUV 2L T W 1 it R e e it eit e it 2 4iL hUVW R i . 2L Ferner gilt: z s RL ds st e 2 C 2i s s RL 20 z r s RL ds st e 2 + 2i s s RL 20 z ir -ir s RL ds st . e 2 2i s s RL 20 Das Jourdansche Lemma besagt, dass für den Grenzübergang r→+∞ das Integral über den Halbkreis r verschwindet. Folglich gilt: z RS b g T s RL ds st R Rt e 2 e 2 L cos t sin t s0 i 2i s s RL 20 2L s0 i b gUVW . (3.64) Einsetzen ergibt: bg Q t Q0e 2RL t RScosbt g R sinbt gUV . 2L T W (3.65) Wegen Q=CU ergibt sich die Spannung am Kondensator C als Funktion der Zeit: bg U t U 0e 2RL t RScosbt g R sinbt gUV . 2L T W (3.66) Für den idealen Schwingkreis ist R=0 und es ergibt sich: bg b g U t U 0 cos 0t . (3.67) Differentiation von Gleichung (4) ergibt die Stromstärke im Kreis als Funktion der Zeit: bg FG b g H sinbt g b gIJK 2RL CU e FGH cosbt g 2RL sinbt gIJK R Rt Q t CU 0e 2 L sin t cos t 2L 20 CU 0e 2RL t 2RL t 0 Wegen 02=1/LC ergibt sich für die Stromstärke im Resonanzkreis: Stromstärke im Kreis: U Rt I t 0 e 2 L sin t . L bg b g (3.68) Bei relativ großen Kapazitäten und Ladespannungen, können entsprechend hohe Spitzenimpulsströme in der Größenordnung von I~CU0 auftreten. Für die Stromanstiegsrate im Kreis gilt: bg FG b g H b gIJK . U Rt R I t 0 e 2 L cos t sin t L 2L (3.69) Im Gegensatz zur maximalen Spitzenimpulsstromstärke, erreicht die Stromanstiegsrate unmittelbar nach dem Einschalten des Kreises ihren Maximalwert. Für die aktiven Bauelemente stellt dies eine extreme Belastung dar, die bei der Konzeption einer solchen Schaltung berücksichtigt werden muss. Als Abschätzung lassen sich einige Näherungen für den Spitzenimpulsstrom und die maximale Stromanstiegsrate im Kreis angeben. Unter der Voraussetzung dass R<<2 L ist, ergibt sich für die Schwingfrequenz die Bedingung 2~ 02 und wegen 02=1/LC ergibt sich: I max 0CU 0 C U0 LC C U0 L Analog dazu ist die maximale Stromanstiegsrate gegeben durch: Imax 20 CU 0 U 0 L Die Ergebnisse bilden für die praktische Anwendung und Auslegung des Schaltungsentwurfs wichtige Richtlinien. In der Regel sind die Ladespannung, sowie die Kondensatorkapazität und die Eigeninduktivität des zugehörigen Kreises vorgegeben bzw. bekannt. Daraus ergeben sich sofort die maximal möglichen Werte für den Impulsstrom und dessen Anstiegsrate. Das für die Schaltung vorgesehene aktive Bauelement lässt sich dann auf Grund dieser Vorgaben aussuchen. Maximaler Spitzenstrom und Anstiegsrate im Kreis: C I max U0 L U Imax 0 L (3.70) Neben der Dynamik der elektrischen Größen ist die Leistung im Kreis und die durch ohmsche Verluste dissipierte Energie von Bedeutung. Bildet nun das Produkt aus Spannung und Strom im Kreis, dann ergibt sich: bg bgbg U R F I e G sinbt g cosbt g sin bt gJ H K L 2L FF R I I U 2R e G G J sin bt g cosbt g sinbt gJ H K 2R L H L K W t U t I t 2 0 RL t 2 0 RL t 2 2 2 Der erste Term ist stets positiv und wird als Wirkleistung bezeichnet, während der zweite Term mit periodisch alternierendem Vorzeichen die Blindleistung ist. Das Produkt UI heißt Scheinleistung. Wirkleistung im Resonanzkreis: bg PW t FG IJ H K U 02 RL t R e 2R L 2 b g sin 2 t . (3.71) Blindleistung im Resonanzkreis: bg QB t b g b g U 02 RL t e sin t cos t . L Integration der Scheinleistung ergibt die im Kreis dissipierte Energie WDiss, mit: (3.72) z bgbg U F RI G J dte 2 R H L K z WDiss 0 dtU t I t 2 2 0 RL t 0 U 02 1 4 L 2 2RL U 02 2 20 L 1 CU 02 2 b g 2 b g sin 2 t U 02 1 4 L 2 2RL b g U 02 L z 0 dte RL t b g b g sin t cos t 2 Wie aus dem Prinzip der Energieerhaltung zu erwarten, entspricht die im Kreis dissipierte Energie der im Kondensator zum Zeitpunkt t=0 gespeicherten Energie. Im Resonanzkreis dissipierte Energie: WDiss 1 CU 02 . 2 (3.73) Eine weitere sehr wichtige Größe ist die so genannte Güte des Resonanzkreises, die definiert ist als das 2 -fache des Verhältnisses aus der maximal gespeicherten Energie und der bei der Resonanzfrequenz 0 pro Zyklus =2/ dissipierten Energie. Für den Resonanzkreis gilt: Definition: Güte. W Q: 2 max . WDiss 0 (3.74) Der Ausdruck lässt sich umformen: Q 2 LI 2 RI 2 20 1 2 1 2 0L R Folglich gilt: Q 0L . (3.75) R Ein sehr niedriger ohmscher Widerstand Anwendungsgebiete von Schwingkreisen sind: HF-Sender Frequenzfilter Resonanztransformatoren Plasmaanregung bedingt demnach eine entsprechend hohe Kreisgüte. 3.6.1 Sinusförmige Anregung eines Resonanzkreises Bei der sinusförmigen Anregung von Schwingkreisen treten im Resonanzfall, wenn die Anregungsfrequenz mit der Eigenfrequenz 0 des Systems übereinstimmt, einige Besonderheiten auf, die für Anwendungen als Frequenzfilter von Bedeutung sind. Abb. 2: Schwingkreis als Frequenzfilter. Die Eingangsspannung ist sinusförmig und der Kondensator und die Spule stellen für die Quelle einen Blindwiderstand dar. Es gilt: 1 iC 1 R i L C Z R iL FG H IJ K Mit 02=1/LC lässt sich die Eingangsimpedanz umschreiben als: F FG IJ I GH H K JK 2 Z R iL 1 I 0 Ue Z Ue 1 R iLFH 1 d i IK 0 2 F R iLF1 FG IJ I I G GH H K JK JK L FH 1 d i IK H 2 1 Ue R2 2 0 0 2 2 2 Die Ausgangsspannung ist: U a IR Ue R Z Folglich gilt für die Übertragungsfunktion: bg R2 bg H F R iLF1 FG IJ I I G GH H K JK JK L FH 1 d i IK H 2 R H 2 0 0 2 2 2 R FH d i IK R 2 2 L2 1 0 2 2 Offensichtlich besitzt der Betrag der Übertragungsfunktion ein Maximum bei = 0. Es gilt dann: b g H 0 1 bg Für ist H b g 0 Für 0 ist H 0 Offensichtlich fungiert der Resonanzkreis als Frequenzfilter. Die Halbleistungsfrequenz 1 und 2 ist definiert als Frequenz, für die die Übertragungsfunktion den folgenden Betrag annimmt: Definition: Halbleistungsfrequenz. c h 1 . 2 H 1,2 (3.76) Für den Serienresonanzfilter sind die Halbleistungsfrequenzen gegeben durch: 1 FG IJ H K F RI G J H 2LK R R 20 2L 2L 2 R 20 2L 2 (3.77) 2 Die Bandbreite des Filters ist definiert als die Differenz zwischen den Halbleistungsfrequenz Definition: Bandbreite. : 1 2 . (3.78) Für den Serienresonanzfilter gilt: R L 0 Q Je größer die Güte des Resonanzfilters ist, umso schmaler ist die Bandbreite des Filters. Abb. 3: Frequenzverhalten der Übertragungsfunktion für den Serienresonanzfilter. Die Phasenverschiebung Übertragungsfunktion: zwischen Eingangssignal und Ausgangssignal ergibt sich aus der bg bg bg bb g tan ab g L F F I I 1 G J R GH H K JK F L F F I I I b g arctanG G 1 G J J J H R H H K KK H a ib 2 0 2 0 Für = 0 sind Eingangs- und Ausgangsspannung in Phase. b g 2 b g 2 lim 0 lim Beispiel: Blindleistungskompensation. Zielsetzung bei der Blindleistungskompensation ist es, den Anteil des Blindstroms beim Verbraucher zu reduzieren. Aufgrund der periodischen Natur der Blindleistung (sie pendelt während einer Periode zwischen Erzeuger und Verbraucher) kann sie nicht in andere Energieformen umgewandelt werden. Allerdings führt ein Mehrbedarf an Blindleistung zu einer stärkeren Belastung des Stromversorgungsnetzes und der Erzeugeranlagen. Dieser Mehrbedarf an Blindleistung wird Großkunden zusätzlich berechnet. Ein Großkunde besitzt somit ein Interesse daran, seinen Bedarf an Blindleistung zu drosseln. Dieser Bedarf ist oft sehr groß, da Industrieanlagen mit Fließbändern, Maschinen, Produktionsmittel, etc. im hohen Maße induktive Lasten darstellen. Abb. 4: Zur Blindleistungskompensation. Um den Blindstromanteil, der durch i L verursacht wird zu reduzieren, wird eine geeignete Kapazität in Reihe geschaltet, um eine Resonanz des Systems mit der 50Hz Netzfrequenz herzustellen. iL i 1 0 ; für 2 C LC Dadurch ergibt sich eine annähernd reelle Last mit einer entsprechend reduzierten Blindleistung. Man sagt, die Blindleistung wird kompensiert.