Mechanik II / Vorlesung 25 / Prof. Popov Erzwungene Schwingungen mit zwei Freiheitsgraden (HSG 5.4.2) I. Erzwungene ungedämpfte Schwingungen. Wir betrachten das skizzierte System: 1 2 F(t) x1 x2 Die Bewegungsgleichungen lauten m1 x1 = −k1 x1 + k2 ( x2 − x1 ) m2 x2 = − k2 ( x2 − x1 ) + F (t ) k1 k x1 + 2 ( x2 − x1 ) m1 m1 k F (t ) x2 = − 2 ( x2 − x1 ) + m2 m2 Die allgemeine Lösung dieser nicht homogenen DGL ist gleich der Summe einer Partikularlösung der nicht homogenen Gleichung und der allgemeinen Lösung der homogenen Gleichung. (a) Homogene Gleichung. In ungedämpften Systemen kann man statt des Exponentialansatzes ein Sinus- oder Kosinusansatz verwenden: x1 = X cos ωt , x2 = Y cos ωt . Einsetzen in die Bewegungsgleichungen liefert k k −ω 2 X = − 1 X + 2 (Y − X ) m1 m1 k −ω 2Y = − 2 (Y − X )0 m2 oder nach Umformung k1 + k2 k (1) − ω2 X − 2 Y = 0 m m 1 1 k k2 (2) X + 2 − ω2 Y = 0 m2 m2 Bedingung für die Lösbarkeit des Systems (charakteristische Gleichung): k1 + k2 k − ω2 − 2 m1 m1 ∆= =0 k2 k2 − − ω2 m2 m2 − k (k + k ) kk ∆ = ω − 2 + 1 2 ω2 + 1 2 = 0 m1 m1m2 m2 4 1 k2 ( k1 + k2 ) k1k2 . (4) ± + − 4 m2 m1 m1m2 2 2 1 x1 = − Eigenfrequenzen: k +k (ω 2 )1,2 = 12 mk2 + ( 1 m 2 ) ± 1 2 Eigenformen bekommt man, indem man (3) in (1) oder (2) einsetzt. Das machen wir aber jetzt nicht. Die Determinante (3) kann man nach dem Theorem von Viet umformen (wird später benutzt): ∆ = (ω 2 − ω12 )(ω 2 − ω22 ) . (5) (b) Partikularlösung der nicht homogenen Gleichung. Die äußere Kraft sei F (t ) = F0 cos ωt . In ungedämpften Systemen werden die Lösungen in der gleichen Form wie die Krafterregung gesucht: x1 = X cos ωt , x2 = Y cos ωt . Einsetzen in die Bewegungsgleichungen liefert k1 + k2 k (6) − ω2 X − 2 Y = 0 m m 1 1 k k2 F X + 2 − ω 2 Y = 0 = f0 m2 m2 m2 Die Determinanten ∆ X und ∆Y sind k 0, − 2 m1 k ∆X = = f0 2 , m1 k f0 , 2 − ω 2 m2 − k1 + k2 − ω2 , 0 m1 k +k ∆Y = = f0 1 2 − ω 2 . k m1 − 2, f0 m2 Somit ∆ k2 / m1 , (8) X = X = f0 2 ∆ (ω − ω12 )(ω 2 − ω22 ) Y= (3) (7) ( k + k ) / m1 − ω 2 . ∆Y = f 0 21 22 ∆ (ω − ω1 )(ω 2 − ω22 ) (9) X und Y werden ∞ groß bei ω = ω1 und ω = ω2 (zwei Resonanzen). Numerisches Beispiel. Betrachten wir das uns bekannte System mit m1 = m2 = 1 , k1 = k2 = 1 . Die Eigenfrequenzen wurden in der vorigen 1 Vorlesung berechnet. Sie können auch mit (4) berechnet werden: ω1 = 1.62 , ω2 = 0.62 . Die Schwingungsamplituden (8) und (9) sind 1 X = f0 2 (10) 2 (ω − 1.62 )(ω 2 − 0.622 ) 2 − ω2 Y = f0 2 (ω − 1.622 ) (ω 2 − 0.622 ) (11) Y 1 2 2 1 x1 Unter diesen Bedingungen reduziert sich das Zweimassensystem auf den in der Skizze gezeigten Einmassenschwinger. Nur der erste Körper schwingt und zwar mit der Frequenz ωt2 = ( k1 + k2 ) / m1 . II. Erzwungene Schwingungen bei einer periodischen, nicht sinusförmigen Anregung. X ω L ϕ R m l Schubkubelgetriebe Aus den Gleichungen (10) und (11) kann man folgende Schlussfolgerungen ziehen: Beide Amplituden werden sowohl bei ω1 = 1.62 , als auch bei ω2 = 0.62 unendlich (Resonanz). Das Verhältnis der Amplituden ist Y / X = 2 − ω2 . 2 lim Y / X = 2 − ω1 = −0.62 ω →ω1 lim Y / X = 2 − ω2 = 1.62 . 2 ω →ω2 Das bedeutet, dass bei jeder der zwei Resonanzen genau die jeweilige Eigenform angeregt wird. ⇒ Methode zur experimentellen Untersuchung von Eigenformen. Die Schwingungsamplitude X ist immer von Null verschieden. Die Schwingungsamplitude Y dagegen wird Null bei ωt2 = 2 . [Im allgemeinen Fall ωt2 = ( k1 + k2 ) / m1 ]. Das bedeu- tet, dass trotz der anregenden Kraft, die auf den zweiten Körper wirkt, bewegt er sich nicht! Das ist der sogenannte Tilgereffekt. Die entsprechende Frequenz ist Tilgerfrequenz. ⇒ Praktische Anwendung zur Schwingungstilgung. Bestimmung der Tilgerfrequenz ohne Lösung des Gleichungssystems Die Tilgerfrequenz kann man sehr einfach bestimmen, wenn man bemerkt, dass sich der zweite Körper bei einer Erregung mit der Tilgerfrequenz nicht bewegen darf. L = R cos ϕ + l 2 − R 2 sin 2 ϕ . l 2 − R 2 sin 2 ϕ = l 1 − ( R / l ) sin 2 ϕ ≈ 2 R2 2 2 1 l 1 − ( R / l ) sin 2 ϕ = l − sin ϕ 2l 2 1 Da sin 2 ϕ = (1 − cos 2ϕ ) ⇒ 2 R2 R2 L = R cos ϕ + l − + sin 2ϕ = 4l 4l R2 R2 R cos ωt + l − + sin 2ωt 4l 4l Bewegungsgleichung mx = − k ( x − x0 (t )) , wo- R2 sin 2ωt . 4l 1) Wenn x0 (t ) = R cos ωt , dann bei x0 (t ) = R cos ωt + −mω 2 x + kx = kR cos ωt , kR cos ωt R cos ωt x= = . 2 2 k − mω 1 − (ω / ω0 ) R2 cos 2ωt , dann 4l R 2 / 4l ) cos 2ωt ( . x= 2 1 − ( 2ω / ω0 ) 2) Wenn x0 (t ) = R2 3) Wenn x0 (t ) = R cos ωt + sin 2ωt , dann 4l R 2 / 4l ) cos 2ωt ( R cos ωt x= + . 2 2 1 − (ω / ω0 ) 1 − ( 2ω / ω0 ) 2