Lebensqualität, Heim und gesellschaftliche Wohlfahrt

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Lebensqualität, Heim und
gesellschaftliche Wohlfahrt
Heilbronn
29.01.2014
Univ.-Prof. Dr. Hermann Brandenburg
Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar, Pflegewissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Gerontologische Pflege
www.pthv.de
Wo liegt Vallendar?
Vallendar
bei Koblenz
Quelle: http://www.orte-indeutschland.de/bundeslaender-karte.html le:
 Pflegewissenschaftliche Fakultät seit 2006
Gliederung
1.
Kurze Geschichte der Debatte um Lebensqualität
2.
Lebensqualität aus der Sicht verschiedener Disziplinen
3.
Zugänge zur Erfassung (Messung) von Lebensqualität
4.
Einige Befunde zur Lebensqualität im Heim
5.
Lebensqualität - die Gefahr des externen Zugriffs
6.
Lebensqualität im Heim – einige Prüfsteine
Thesen
•
Lebensqualität ist (auch) ist ein ambivalentes Konzept, denn die damit
verbundenen Interessen müssen offen gelegt und diskutiert werden.
•
Die verschiedenen Perspektiven auf die Lebensqualität (Profis, Angehörige,
Betroffene) sind nicht identisch.
•
Beim Für und Wider von Lebensqualität sollten theoretische Fragen (was ist das
eigentlich?), methodische Herausforderungen (wie kann man das Phänomen
erfassen?) und praktische Aspekte (welche Interessen und Ziele werden
verfolgt?) unterschieden werden.
•
Lebensqualität ist von finanziellen, sozialen, wohnräumlichen und personellen
Ressourcen abhängig, denn Altern ist „soziales Schicksal“ (Hans Thomae).
•
Lebensqualität ist auch im Heim möglich – aber sie nicht voraussetzungsfrei!
Entscheidend ist, ob das Heim sich als Institution versteht, die ihr
„Gewordensein“ reflektiert.
1.
Kurze Geschichte der
Debatte um Lebensqualität
Woher kommt der Begriff?
1970er Jahre:
Lebensqualität verbunden mit einem kühnen politischen
Anspruch. Es ging um die Integration von sozialer Lage,
demokratischer Entwicklung und der „Utopie“ eines
verbesserten Lebens.
Sozialindikatorenbewegung (sozialpolitisches
Gestaltungsprogramm mit wissenschaftlicher
Berichterstattung)
Und heute?
Lebensqualität verbunden mit der konkreten Analyse und
Verbesserung von spezifischen Bereichen, z.B.
Lebensqualität im Alter, im Heim, in der Pflege
Gerontologische Studien („Differentielle Gerontologie“
[ [Hans Thomae, Ursula Lehr, Andreas Kruse]), welche die
Unterschiede zwischen alternden Individuen
betonen, die größer sind als die zwischen den
Altersgruppen (z.B. jung und alt)
Integration von objektiver und subjektiver
Lebensqualität
Die Entwicklung ging von …

den gesellschaftlichen Utopien (damit verbunden auch eine
Gesellschaftskritik) hin zu konkreten Lebenswelten und dem
Ziel ihrer Verbesserung (Optimierung)

d.h. vom Anspruch der Änderung der Gesellschaft hin zur
Änderung in der Gesellschaft
 das hat positive wie auch negative Seiten, denn einerseits
richtet sich der Blick auf reale Verbesserungen in einem
Teilbereich (Beispiel: Umgangsformen bei Menschen mit Demenz), die
Analyse und Kritik der Verhältnisse insgesamt unterbleibt
jedoch (Beispiel: Gesellschaftliches Bild von Menschen mit Demenz und
Probleme der Ausgrenzung)
2.
Lebensqualität aus der
Sicht verschiedener Disziplinen
Lawton
• Der amerikanische Gerontologe Lawton hat
ein „good life model“ vorgestellt:
• Verhaltenskompetenz (z.B. Alltagskompetenz, Kognition)
• Psychologisches Wohlbefinden
• Wahrgenommene Qualität in sozialen Beziehungen (z.B. in der Familie,
Freunde)
• Objektive Umwelt (z.B. die Wohnsituation)
Lebensqualität ist eine Wechselwirkung von
Person und Umwelt
Kruse
• Der deutsche Gerontologe Kruse betont
folgende Aspekte:
• Selbstaktualisierungstendenz (bedingt einerseits geeignete
Rahmenbedingungen und andererseits die Möglichkeit Aktivitäten
nachzugehen, die man selbst gewählt hat)
• Anregende, schützende, motivierende Umwelt (dazu gehört auch die
fachliche und ethische Qualität medizinisch-pflegerischer Versorgung,
ebenso wie die soziale und spirituelle Begleitung)
Lebensqualität kann verwirklicht werden, wenn
die Potentiale der Person erkannt werden
Amann
• Der österreichische Gerontologe Amann weist
auf folgende empirische Befunde hin:
• Teilhabe ist eine Grundvoraussetzung aller sozialen Integration, und soziale
Integration ist einer der wichtigsten Angelpunkte für Lebensqualität.
• Die Zufriedenheit ist bei jenen signifikant höher, die sozial engagiert sind
und Tätigkeiten ausüben, welche für andere als nützlich definiert werden.
• Empirische Befunde belegen, dass relativ schlechte soziale Lagen typischeweise mit Ausgrenzung, Versorgungsproblemen, Teilhabeminderung und
Pflegebedürftigkeitsrisiko einhergehen
Lebensqualität ist abhängig von sozialen Faktoren
Jenkins
• Der amerikanische Philosoph Jenkins macht
darauf aufmerksam, dass
• Lebensqualität (in einem umfassenden Sinne) nicht auf subjektives
Wohlbefinden, Glück oder die Verfügbarkeit von (materiellen) Ressourcen
reduziert werden darf. Letztlich geht es nicht ohne eigene Aktivitäten,
Anstrengungen und gemeinsame Erlebnisse mit anderen (Familie,
Freunde, Partner) möglich ist. Es gibt kein Argument dafür, warum wir
dieses Spektrum des Lebens nicht auch alten Menschen (auch im Heim)
zugestehen sollten. Dies tun wir aber nicht, wenn wir Lebensqualität auf
eine Wellness-Welt reduzieren, der sie nicht mehr entfliehen können – „a
life is greater than the sum of its sensations“ (Jenkins 2000)
Lebensqualität ist nur ein Teil des guten Lebens
Das bedeutet …
• Es gibt unterschiedliche wissenschaftliche Zugänge zur Lebensqualität
• Psychologen betonen das subjektive Wohlbefinden, Soziologen
verweisen auf die Bedeutung gesellschaftlicher Faktoren, Philosophen
verbinden Lebensqualität mit der Frage nach dem „guten“ Leben
• Konsequenz: Die meisten alten Menschen (auch Menschen mit
Demenz) haben Potentiale zur Verwirklichung von Lebensqualität. Es
kommt darauf an diese zu erkennen und zu fördern. Dabei sind
Umweltbedingungen (und dazu gehört auch die Pflege) entscheidend
3.
Zugänge zur Erfassung (Messung)
von Lebensqualität
Lebensqualität
Quality of Life ist ein komplexes Konstrukt
(Lawton 1983)
Wer hat ein Interesse an der
Messung von Lebensqualität (QoL)?
• Measuring quality of life and related mood states
such as anxiety and depression, is progressing –
largely driven by the requirements of
pharmacological research
R.T. Woods (Professor of Clinical Psychology of Older People, University of Wales Bangor, UK)
Mittlerweile sind mehr als 1000 Skalen verfügbar, die QoL messen. Die Zahl der Beiträge
stieg in der klinisch-medizinischen Forschung von 5 (1973) auf aktuell 1000 neue Artikel pro
Jahr weltweit.
Ein erster grundlegender Zugang
• Medical (health-related quality of life [HRQoL])
• Fokus auf ‚objektiven‘ Messungen (in der Regel durch
Ärzte, Pflegende, Angehörige)
• Problem: Fehlende Übereinstimmung
zwischen Proxies und Betroffenen /
Gleichsetzung von QoL mit Gesundheit und
Alltagskompetenz
Ein zweiter grundlegender Zugang
• QoL as subjective phenomenon
• Fokus auf ‚authentische‘ Self-Reports
• Problem: Aussagekraft ist abhängig von
Kognition, Sprache etc. (Smith et al. 2005)
Erhebungsmethoden
Self Reports
Proxy Reports
Direct Observation
Verbale Befragung der
betroffenen Person
Üblicherweise durch
Angehörige oder
Pflegepersonal
Affekte und Emotionen
können gemessen
werden, einfacher ist das
gezeigte Verhalten
Grundsätzlich auch bei
Menschen mit Demenz
möglich, aber nicht bei
schwerer Demenz)
Befunde deuten darauf hin,
dass Proxys die LQ geringer
einschätzen als die
Betroffenen
Unsicherheit, ob das
Beobachtete tatsächlich
für die LQ des Betroffenen
relevant ist
Setzen eine Kompetenz zur
Interviewführung voraus
(Training)
„Proxy ratings may be influenced by
the proxy‘s own expectations and
belief system, the prior relationship
with the person being rated and
current levels of depression“
(Logson et al. 2002, 511)
Hohe Raterkompetenz
(Affect Appartent Rating
Scale)
(Fragebogen, Tests, Interviews)
Lebensqualität im Heim
Instrument
Heidelberger Instrument zur Erfassung
der Lebensqualität demenzkranker
Menschen (H.I.L.D.E.) (Becker et al. 2010)
Instrument zur Erfassung von
Lebensqualität (INSEL)(Oswald et al.
Theoretische
Grundlage
Lawton (1994): Good life model
Lawton 1983, Spalding und Frank 1985,
Kane und Kane 2003 u.a.
Ziel
Qol soll – unabhängig vom Stadium der
Erkrankung – auf der Basis wissenschaftlich
fundierter, standardisierter Kriterien erfasst
und beurteilt werden
QoL soll – bezogen auf alle Bewohner
im Heim – quantitativ und qualitativ
erfasst werden , dabei erfolgt ein
Perspektivenabgleich
Ableitung von Interventionen zur Erhaltung
und Förderung der individuellen
Lebensqualität (Profilentwicklung)
Entwicklung einer
„Lebensqualitätskultur“ in den
Einrichtungen
2014)
Konsequenz
• Die methodische Erfassung von Lebensqualität ist eine
Herausforderung
• Messinstrumente zu QoL können nur ein Zugang sein.
Standardisierte Verfahren sind (häufig) nur an
vergleichbaren Summenscores, nicht an individuellen
Profilen interessiert. Die Erfassung der verschiedenen
Perspektiven (Betroffene, Pflegeteams, Externe) ist
notwendig
4.
Einige Befunde
zur Lebensqualität im Heim
Was ist für die Bewohner wichtig?
 Gute Einstellungen, wohnliche Atmosphäre, Sicherheit, Essen und
Service, qualitativ hochwertige Pflege, Sauberkeit und Hygiene
(Spalding & Frank 1985)
 Körperliches Wohlbefinden, Sicherheit, Unterstützung, Würde
und Autonomie bzw. Wahlmöglichkeiten, z.B. Einrichtung
verlassen, Kontrolle über Post/ Telefon (Kane & Kane 2003, 2005; Kane 1991)
Wünsche von Heimbewohnern
(Sonntag et al. 2003)
 Stichprobe von 1656 Bewohnern aus 24 Heimen; Frage: „Haben
Sie Wünsche bezüglich Ihrer Lebenssituation hier im Heim?
 Ergebnis: „ Pflege mit Herz, Gesundheit oder Sterben“
 Vor allem Verbesserungen in der psychosozialen Betreuung
werden als wichtig erachtet (Soziale Begegnung, Aktivitäten,
Wahlmöglichkeiten, Kontrolle über das eigene Leben)
Pflegeerwartungen – aus der Sicht der Bewohner
(Bowers 2001)
 Care-as-Service: Instrumentelle Aspekte der Pflege: Effizienz, Kompetenz,
Wertschätzung
 Der Bewohner als Nutzer von Dienstleistungen („ich habe ja bezahlt …)
 Care-as-Relating: Affektive Aspekte der Pflege: Freundschaft,
Reziprozität
der Beziehungen
 Der Bewohner und seine Kontaktsituation („die kümmern sich um mich, sind richtig
nett …)
 Care-as-Comfort: Förderung der Selbständigkeit im Alltag
 Der Bewohner und seine Einschränkungen („I tell them I have to go to the
bathroom and I can‘t wait and they still don‘t come“)
Wichtigkeit
A
N
G
E
H
Ö
R
I
G
E
Unterschiedliche Sichtweisen:
Bewohner und Angehörige
(Josat 2006)
•
•
Wohlfühlen &
Zurechtfinden
•
•
Pflegerische &
hauswirtschaftliche Versorgung
•
•
Heimausstattung &
Lage
Soziale Kontakte
Autonomie
Wichtigkeit
BEWOHNERINNEN
Unterschiedliche Sichtweisen:
Pflegende und Angehörige
 Pflegende schätzen die Lebensqualität in der Mehrzahl der
Aspekte günstiger ein, legen besonderen Wert auf
Pflegequalität und weniger Wert auf Autonomie
 Angehörige schätzen die Lebensqualität in der Mehrzahl der
Aspekte kritischer ein als Pflegende, legen besonderen Wert
auf Unterstützung, Anregung, sinnvolle Beschäftigung
Daraus folgt …
• Es gibt grundlegende Merkmale der Lebensqualität,
die für alle alten Menschen Gültigkeit haben - aber
die Perspektiven unterscheiden sich
• Keine Perspektive (weder die von Bewohnern noch
von Mitarbeitern noch der Leitung) allein ist richtig
• Entscheidend ist ein Aushandlungsgeschehen
(Dialog), bei dem die verschiedenen Sichtweisen
miteinander „abgeglichen“ werden
5.
Lebensqualität –
die Gefahr eines externen Zugriffs
Prüfung der Qualität in der
stationären und ambulanten Pflege
• Zeit: 01.07.2008-31.12.2010
• Personal: 2006: 175 VZÄ, 2010: 596 (95,8% davon
Pflegefachkräfte)
• Stationär: 13.229 (79% der Einrichtungen)
• Ambulant: 11.653 (60% der Einrichtungen)
MDS (2012)
1. Bei der einrichtungsbezogenen Struktur- und Prozessqualität
haben sich stationäre und ambulante Dienste verbessert, z.B.
Fortbildungsplanung, Hygienemanagement
2. Bei der personenbezogenen Prozess- und Ergebnisqualität
(Versorgungsqualität) sind bei einzelnen Kriterien ebenfalls
Verbesserungen erkennbar (z.B . Ernährung), bei anderen
Kriterien besteht weiter Verbesserungsbedarf
(Dekubitusprophylaxe)
MDS 2012
Stationär:
Ambulant:
Dekubitus: Bei 74,5% der Bewohner mit
chron. Wunden erfolgt die Behandlung
nach aktuellem Wissensstand
(Expertenstandard)
Dekubitus: bei 78,8% der Personen mit einer
chron. Wunde erfolgt die Behandlung nach
aktuellem Wissensstand (Expertenstandard)
Sturzprophylaxe: 71% der Bewohner, bei
denen dies erforderlich war
Sturzprophylaxe: bei 50% der Personen mit
Sturzrisiko wurde beraten
Ernährung: bei 95 der Bewohner war der
Ernährungszustand angemessen
Ernährung: In 86,7% wurden vereinbarte
Leistungen durchgeführt und dokumentiert
Umgang bei Demenz: Bei 57% liegen
Daten zur Erfassung des Wohlbefindens
vor (Vorlieben, Wünsche, Gewohnheiten)
Umgang mit Demenz: Bei 61,9%wurden
biographische und andere Besonderheiten
dokumentiert
Zufriedenheit: 90% der Bewohner geben
an, dass die Anforderungen immer erfüllt
sind (Pflegende nehmen sich Zeit, , Essen
schmeckt immer etc.)
Zufriedenheit: 90% der Befragten geben an,
dass die Anforderungen immer erfüllt sind
(dito)
Ein Schwerpunktthema
des MDS 2012
• Versorgung von Menschen mit Demenz
• Beispiel: Wohlbefinden und Lebensqualität
• Wird das Wohlbefinden nicht erfasst, so liegt der Anteil der
Bewohner mit Beachtung der Biografie bei der
Tagesgestaltung bei 50,7%, während der Anteil bei
Einrichtungen mit Erfassung des Wohlbefindens bei 87,7% lag
Zufriedenheitsbefragung oder Lebensqualität?
• Anders als bei der direkten pflegerischen Versorgung gibt es nach
Angaben des MDS noch keine „praktikablen und adäquat
informierenden Erfassungsverfahren für die Beurteilung der
Lebensqualität / des Wohlbefindens von Menschen mit Demenz“
(MDS 2012, 124)
• Die Notwendigkeit eines solches Instruments wird betont (Überprüfung
konkreter Maßnahmen zur Förderung des Wohlbefindens und stärkere Beachtung der
Nutzerperspektive)
• Zufriedenheitsbefragungen (durch Bewohner) werden als
methodisch problematisch beurteilt, ebenso die Einschätzung von
QoL durch Pflegende
Konsequenz für den MDS (2012)
• Beurteilung der Lebensqualität MDK-Prüfer
• D.H. Befragung von Betroffenen durch externe Prüfer.
Kernstück ist die „unmittelbare Beobachtung von
Pflegeheimbewohnern mit Demenz durch den MDK-Prüfer“
•
Ein Praxistest hat gezeigt, dass Menschen mit Demenz mitteilen können, „wie sie
sich fühlen“ (MDS 2012, 126). Der Test hat deutlich gemacht, dass „dieses
beobachtbare emotionale Verhalten von den Prüfern des MDK als ein Marker von
Wohlbefinden des demenzkranken Bewohners gedeutet und interpretiert werden
kann“ (MDS 2012, 127)
Es ist wahrscheinlich, dass ….
• Lebensqualität zukünftig in den Heimen extern überprüft
wird. Dazu werden entsprechende Verfahren entwickelt
• Fazit: Die externe Überprüfung von OoL durch MDKBegutachter ist m.E. ein qualitativer Sprung. Es geht am
Ende um einen vergleichbaren Summenscore, der die
Überwachung / Kontrolle der Heime auch im Bereich des
psychosozialen Wohlbefindens möglich macht
6.
Lebensqualität im Heim
– einige Prüfsteine
1.
Funktionalität oder Lebensqualität?
 Bislang Fokus auf Sicherheit, Gesundheit (und
Pflege)
 Jetzt: Gutes Leben, Wohnen, Lebensqualität
 Autonomie, Privatheit und Sicherheit tragen am
meisten zur Lebensqualität im Heim bei!
2.
Versorgung oder Selbständigkeit?
 Studie: Pflegebedarf und Leistungsstruktur in
vollstationären Pflegeeinrichtungen (2002)
 Forschungsgesellschaft für Gerontologie (Universität
Dortmund)
 Institut für Pflegewissenschaft (Universität Bielefeld)
Hilfeformen und Alltagsverrichtungen
Anteile in Prozent der Maßnahmen, nur Einzelbetreuung
Nahrungsaufnahme
Kleiden
Waschen
Duschen/ Baden
Toilettengang
Vollständige Teilweise
Übernahme Übernahme
Unterstützung
Anleitung
Beaufsichtigung
47,1
76,9
77,5
80,1
80,7
19,2
4,0
2,7
2,8
4,8
13,9
3,6
3,2
2,3
3,2
6,9
1,5
2,1
1,2
2,2
13,0
13,9
14,5
13,6
9,1
Quelle: Projektbericht, Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und Bewertung durch den
Landespflegeausschuss Nordrhein-Westfalen, Duisburg 2002, S. 94
Hilfeformen differenziert nach Grad der
Selbständigkeit
Teilweise selbstständig
(N= 271)
Vollständige Übernahme
Teilweise Übernahme
Unterstützung
Anleitung
Beaufsichtigung
Zusammen
58,3
26,8
7,1
6,1
1,6
100,0
Unselbstständig
(N= 318)
94,9
3,9
0,8
0,5
0,0
100,0
Quelle: Projektbericht, Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und Bewertung durch den
Landespflegeausschuss Nordrhein-Westfalen, Duisburg 2002, S. 95
3.
Traditionelle oder besondere
Versorgung bei Demenz?
 Integrativ versus segregativ?
 Die Euphorie bei Special Care Units (SCU), d.h.
segregativer Versorgung bei Menschen mit Demenz, ist
vorbei
 Diskussion in Deutschland zu Pflegeoasen
4.
„Klassisches“ Heim oder
„Verüberflüssigung“ der Heime
 Einerseits Notwendigkeit der Reformen (vor allem
bezogen auf die Kritik an negativen
Institutionalisierungsfolgen)
 Andererseits ein Nachdenken über alternative
Wohnformen (ambulante Wohngruppen für
Menschen mit Demenz)
5.
Faire Kooperation zwischen Profis und
bürgerschaftlich Engagierten
 Wird über Inhalte guter Pflege und Versorung
gesprochen?
 Gibt es ein professionelle Moderation der
Verständigungskultur?
 Wechselseitige Anerkennung
6.
Öffnung der Heime
 Öffnung von innen
 Öffnung von außen
 Wichtig: Sieht das Heim sich als Bestandteil eines
sorgenden Gemeinwesens?
 Bietet es konkret eine Antwort auf die
Versorgungsbedarfe des Quartiers/ Stadtteils?
Sechs Prüfkriterien
1. Lebensqualität
2. Selbständigkeit
3. Besondere Versorgung (bei Demenz)
4. Wohnkultur / Kleinräumigkeit
5. Faire Kooperation aller Engagierten
6. Öffnung der Heime ins Wohnquartier
Heim, Gesellschaft und Wohlfahrt
• Welche Form der Versorgung alter Menschen wollen wir
eigentlich?
• Welche Ressourcen müssen dafür von der Gesellschaft
nachhaltig zur Verfügung gestellt?
• In welcher Art und Weise wird öffentlich das Thema Altern,
Heim und Pflege debattiert?
Thesen
•
Lebensqualität ist (auch) ist ein ambivalentes Konzept, denn die damit
verbundenen Interessen müssen offen gelegt und diskutiert werden.
•
Die verschiedenen Perspektiven auf die Lebensqualität (Profis, Angehörige,
Betroffene) sind nicht identisch.
•
Beim Für und Wider von Lebensqualität sollten theoretische Fragen (was ist das
eigentlich?), methodische Herausforderungen (wie kann man das Phänomen
messen?) und praktische Aspekte (welche Interessen und Ziele werden
verfolgt?) unterschieden werden.
•
Lebensqualität ist von finanziellen, sozialen, wohnräumlichen und personellen
Ressourcen abhängig, denn Altern ist „soziales Schicksal“ (Hans Thomae)
•
Lebensqualität ist auch im Heim möglich – aber sie nicht voraussetzungsfrei!
Entscheidend ist, ob das Heim sich als Institution versteht, die ihr Gewordensein
reflektiert.
Lucas Cranach der Ältere
(1472-1553): Der Jungbrunnen
Quelle: http://www.kunstkopie.de/a/lucas-cranach/derjungbrunnen.html (Abruf v. 26.11.2011)
Herzlich Dank
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