Die Herkunft des oberösterreichischen Täufertums von Grete Mecensefjy E h e noch T i r o l das eigentliche österreichische Täuferland wurde, hatte die täuferische Lehre in Oberösterreich weite Verbreitung gefunden; besondere M i t t e l punkte waren Steyr, Freistadt, Wels und Linz. Durch Gerichtsakten und die Schriften führender Täufer sind wir über die dortige Bewegung gut unterrichtet. Das Buch von A. Nicoladoni aus dem J a h r e 1 8 9 3 : J o h a n n e s Bünderlin v o n Linz und die oberösterreichischen Täufergemeinden in den J a h r e n 1525—1531, in dessen zweitem Teile eine Fülle von Täuferaussagen abgedruckt sind, wird ergänzt durdi die Geständnisse des in Erlangen gefangenen und in K a d o l z b u r g 1528 hingerichteten Ambrosius Spitelmeier aus Linz 1 . W o r a u f geht dieses lebendige und opferfreudige oberösterreichische T ä u f e r t u m zurück? In seinem Aufsatze: Die Zwickauer Propheten, T h o m a s M ü n t z e r und die T ä u f e r (Theol. Zs. 8/4, Basel 1952) verwahrt sich H a r o l d S. Bender, der B i o graph C o n r a d Grebels, m i t allem Nachdruck dagegen, den U r s p r u n g des friedlichen Täufertums, wie es nach dem großen Bauernkrieg in b e w u ß t e r A b k e h r v o n T h o m a s M ü n t z e r in Süddeutschland zu finden ist, anderswo als in Zürich zu suchen. Bender hat v o l l k o m m e n recht, wenn er die Schriften der sächsischen R e f o r m a t o r e n und besonders die Geschichtsschreibung des Justus Menius für die Auffassung verantwortlich macht, die die Wiedertäufer mit Thomas M ü n t zer in Beziehung setzt, und wenn er die Meinung ablehnt, als hätte sich eine friedliche Richtung des Täufertums erst nach der Katastrophe v o n M ü n s t e r 1 5 3 5 herausgebildet. Nicht ganz beipflichten k a n n ich seiner Behauptung, daß der Brief C o n r a d Grebels und seiner Freunde an T h o m a s M ü n t z e r v o m 5. September 1 5 2 4 2 nur K r i t i k , Ablehnung und Gegensätze enthält; K r i t i k an Beibehaltung von Zeremonien und Übung v o n Gewalttat, das ist w a h r , aber er enthält doch auch die Feststellung, daß die Briefschreiber durch M ü n t z e r s Schrift „wider den falschen G l o u b e n und t o u f f " sind besser unterrichtet, befestigt und w u n d e r barlich erfreut worden 3 . D e n Schweizern waren Müntzers Schriften „ V o n dem gedichteten G l a u b e n " , die „Ausgedrückte E n t b l ö ß u n g des falschen Glaubens" und die „Protestation oder E n t b i e t u n g " bekannt. In der Auffassung der T a u f e stimmten sie mit ihm überein. Vergleichen wir Schweizer Täuferaussagen mit dem oberösterreichischen täuferischen Glaubensgut, so fällt hier ein mystisch-spiritualistischer Zug auf, 1. Q u e l l e n zu r G e s c h i c h t e d e r W i e d e r t ä u f e r I I , Markgraftum Brandenburg in: Quellen und Forschungen zur Reformationsgesdiidite X V I , 1934, S. 24ff. u. pass. 2. Q u e l l e n z u r G e s c h i c h t e d e r T ä u f e r in d e r S c h w e i z , hg. v. L. v. Muralt u. W. Schmid, I. Bd., 1952, S. 13 ff. 3. E b d . , S. 14. 252 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:36 PM den wir in der Schweiz kaum nachweisen können. W o h l heißt es in dem oben angeführten B r i e f e Grebels an M ü n t z e r : „Rechte gleubige Christen sind schaff m i t t e n under den wölfen, schaff der Schlachtung, müssend in angst und nott, trübsal, ferfolgung, liden und sterben getoufft werden, in dem für probiert w e r d e n " 4 ; Äußerungen solcher A r t sind weit verbreitet. Nirgends wird in den oberösterreichischen Gemeinden auf eine Verbindung mit der Schweiz Bezug g e n o m m e n , w o h l aber taucht der N a m e des Mannes wiederholt auf, der in seinen Anfängen dem Kreise Müntzers zuzurechnen ist und der Täuferapostel Oberösterreichs genannt wurde: des Buchbinders und Buchführers Hans H u t . D a r ü b e r , daß H u t in enger Verbindung mit Müntzer gestanden hat, kann kein Zweifel sein. D i e „Ausgedrückte E n t b l ö ß u n g des falschen Glaubens" wurde im S p ä t s o m m e r 1 5 2 4 zu N ü r n b e r g durch die Gesellen des Buchdruckers J o h a n n H e r g o t im A u f t r a g e H a n s H u t s aus Bibra gedruckt, dem sie M ü n t z e r wahrscheinlich nach seiner Flucht aus Allstedt übergeben hatte 5 . Zu derselben Zeit t r a t e n die Schweizer m i t M ü n t z e r in Beziehung. H u t hat wahrscheinlich auch nach der Schlacht bei Frankenhausen, deren Zeuge er wurde, an Müntzers L e h r e v o m gewaltsamen U m s t u r z gehangen und ist erst durch H a n s D e n k in Augsburg zum w e h r - oder widerstandslosen T ä u f e r t u m b e k e h r t worden®; Tatsache ist, daß er bei dem Streitgespräch m i t Balthasar H u b m a i e r in N i k o l s b u r g im F r ü h j a h r 1527 gegen dessen Lehre, daß der Christ als O b r i g k e i t auch das Schwert führen dürfe, die Wehrlosigkeit v e r t r a t 7 , deshalb gefangengenommen wurde, sich aber dem Gefängnis durch die Flucht e n t z o g und bald darauf in Wien als T ä u f e r wirkte. V o n hier trat er seinen Siegeszug nach W e s t e n an, taufte in Melk, v o n w o er zwei Brüder m i t n a h m , v o r allem aber in Oberösterreich, in Steyr, Wels, L i n z und Freistadt. Wahrscheinlich ist er aber nicht der G r ü n d e r der dortigen Täufergemeinden gewesen, sondern hat diese schon vorgefunden. D i e Täufergemeinde in S t e y r stand u n t e r der F ü h r u n g des Schloßpredigers J a k o b P o r t n e r ; dieser hat H u t bei angesehenen B ü r g e r n , so bei Veit Pfefferl am G r ü n m a r k t , eingeführt, w o er predigte und vielleicht auch taufte; denn daß unter dem Eindrucke seiner gewaltigen Predigt viele Menschen in den Städten Oberösterreichs, w o er eine weithinreichende T ä t i g k e i t entfaltete, das Zeichen der T a u f e genommen haben, k a n n nicht bezweifelt werden. V o n einem seiner Sendboten, Lienhard D o r f b r u n n e r , der nach Überlieferung der einen ein katholischer Priester aus W e i ß e n b u r g in F r a n k e n , der andern ein Deutschordensherr aus N ü r n b e r g ge4. E b d . I, S. 17. 5. C. H i n r i c h s , Thomas Müntzer. Politische Schriften in : Hallische Monographien 17, 1950, S. 30. 6. P. W a p p l e r , Die Täuferbewegung in Thüringen von 1526—1584, Beiträge zur neueren Geschichte Thüringens II, 1913, S. 27f.; W. N e u s e r , Hans Hut, Leben und Wirken bis zum Nikolsburger Religionsgespräch, 1913, S. 22 ff. 7. W. N e u s e r , S. 35ff. 253 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:36 PM wesen sein soll und damals bei einem Messerschmied in Steyr arbeitete, wird es selbst bezeugt 8 . Der Oberösterreicher Leonhard Schiemer, der unter der Wirkung von Huts Predigt in Wien sich von Oswald Glaidt hatte taufen lassen, wurde von der Gemeinde in Steyr als „Lehrmeister" ausgesandt; er war einer der hervorragendsten Täuferapostel 9 . Von Steyr zog Hut über Wels und Linz nach Freistadt, wo er ebenfalls eifrig tätig war. Das Vorhandensein solch blühender täuferischer Gemeinwesen blieb der Obrigkeit nicht verborgen. Da die örtlichen Gewalten ihm nicht scharf genug gegen die „Ketzer" vorgingen, entsandte König Ferdinand als seinen Anwalt und Ankläger den Magister Wolfgang Künigl, unter dem es in Steyr und Freistadt zu großen Täuferprozessen kam 1 0 . Das Bekenntnis der Täufer in Steyr, wie wir es auf Grund ihrer Aussagen wahrscheinlich von Künigl selbst aufgezeichnet finden, verrät nichts Außergewöhnliches11. Sie lehnen die Kindertaufe als nutzlos ab, weil zuvor das Wort Gottes gepredigt und gehört werden und nur der gläubig Gewordene getauft werden soll. Die Taufe sei das Zeichen, mittels dessen sie in die Bruderschaft aufgenommen werden. Die Bruderschaft hatte audi für den von Hut getauften Linzer Ambrosius Spitelmeier ausschlaggebende Bedeutung. Die geistige Verwandschaft seiner Aussagen mit denen seiner Landsleute ist augenfällig. Wie Spitelmeier erklären diese, daß sie in ihrer Bruderschaft alle Dinge gemein haben; zu einer umfassenden Verwirklichung dieses Gedankens, der in Nikolsburg bereits in die Tat umgesetzt worden war, ist es in Oberösterreich nicht gekommen. Außerhalb der Brüderschaft oder des Bündnisses stehen die Gottlosen, die am Jüngsten Tag, dessen Ankunft die Frommen in Bälde erwarteten, gerichtet werden würden; die durch Leiden, die rechte Taufe des Bluts, selig geworden, werden mit Christus regieren. Von den sieben Sakramenten halten sie nichts; sie feiern das Nachtmahl mit Brot und Wein, sooft sie aus einer Versammlung voneinandergehen, zum Gedächtnis. Die Gegenwart Christi im Abendmahl erkennen sie nicht an, denn Christus sei mit seinem Leib im Himmel. Die toten Heiligen könnten nicht Fürbitter sein, die lebendigen Heiligen seien die Brüder und Schwestern ihrer Bruderschaft. Das Ergebnis des Steyrer Täuferprozesses war die Hinrichtung von dreizehn Menschen, darunter auch einer Frau. Weitaus aufschlußreicher als die Steyrer sind die Freistädter Täuferakten. Überraschend ist, daß die sedis Angeklagten jede Beziehung zu Hut leugnen, sie hätten weder von ihm noch von Zwingli oder Luther verführerische Lehre 8. A. N i c o l a d o n i , S. 205. 9. L. M ü l l e r , Glaubenszeugnisse oberdeutscher Taufgesinnter. Quellen und Forschungen zur Reformationsgesdiidite, Bd. X X , 1938, S. 43 ff. 10. A. N i c o l a d o n i , S. 76f. 11. E b d . , S. 162ff. 254 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:36 PM gelernt 12 , und doch ist ihre Auffassung eng mit der seinen verwandt. Leugneten sie diese Verwandschaft nur, um den Apostel zu schützen? H u t war nicht der Gründer der Freistädter Gemeinde. Diese geht vielleicht auf den Oberösterreicher Hans Schlaffer zurück, der mit H u t in Nikolsburg war und dann auf dem Freistadt benachbarten Schlosse Weinberg bei den Herren von Zelking weilte. Eine Aussage Spitelmeiers leitet von Hut zu den Freistädter Täubern hinüber; er sagte bei seinem Verhör in Ansbach: „ H a t mich getauft Hans Hut, ein warer prophet von got gesant durch anzeigung der creatur, in welchen der willen gottes verschlossen ist." 1 3 Was es mit dieser Lehre von der Creatur für eine Bewandtnis hat, erfahren wir aus einem Traktat „ A m anfanng ains cristenlichen lebens", der dem Bekenntnis der Freistädter Täufer angehängt ist 14 . Hier lesen wir, daß das Evangelium gepredigt ist in allen Creaturen; aus der sichtbaren Creatur kann man nach dem Römerbrief des Apostel Paulus (1,20) den unsichtbaren Gott erkennen; Christus hat die armen Laien das Evangelium in ihren eigenen Handwerken gelehrt, er hat von Baum, Disti, Dornen, vom Haus, von neuem Fleck in altem Kleid, vom Wein in alten Schläuchen gesprochen. Wie die Creaturen dem Menschen unterworfen sind, so ist der Mensch Gott unterworfen und wie der Mensch mit der Creatur umgeht, so geht Gott mit dem Menschen um, bis er dahin gebracht wird, „darzue er geschaffen ist". Der Mensch muß, soll er selig werden, das Evangelium vom gekreuzigten Sohn Gottes hören, daran glauben, sich unter die gewaltige H a n d Gottes beugen und selbst durch Leiden gehen. Jedes Glied am Leibe Christi muß leiden. Dieser Traktat der Freistädter Täufer ist in den ersten 60 Zeilen fast wörtlich gleichlautend mit dem Traktat Hans Schlaffers „Kurzer bericht und leer eines recht christlichen lebens" 1 5 , um die Zitate einiger Bibelstellen vermehrt. Dann weichen die beiden Schriften voneinander ab. Schlaffer wird allegorisch, deutet die Länge, Breite, Tiefe und H ö h e Christi in ausführlicher Weise, wobei die Tiefe charakterisiert wird als die „nidrigkait und glassenheit, darein ein jeder gefüert wird und haist die hell, ja das auch einen gedünkt, er sei von Gott wie von allen creaturen verlassen. Dise tüefe haist das zaichen Jonas. Also geschadi auch Christo am creitz". Dieselbe Deutung des Zeichens des Jonas bringt auch der Freistädter Traktat, nachdem er von der Rechtfertigung aus dem Glauben gehandelt hat. Es ist die Hölle der Verzweiflung, in die die Menschen so wie Christus am Kreuz hinabsteigen müssen 16 . Zur weiteren Verfolgung des Stammbaumes des Freistädter Traktates ist zu sagen, daß Schlaffers Abhandlung abhängig ist von der Schrift Hans Huts „Von dem geheimnus der tauf, baide des Zeichens und des wesens, ein anfang eines 12. 13. 14. 15. 16. A. N i c o l a d o n i , S. 250, 252ff. Q u e l l e n z u r G e s c h i c h t e d e r W i e d e r t ä u f e r II, S. 50. A. N i c o l a d o n i , S. 250ff. L. M ü l l e r , Glaubenszeugnisse, S. 94ff. A. N i c o l a d o n i , S. 252. 255 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:36 PM rechten warhaftigen christlichen lebens, J o a n : 5" 1 7 . D o r t heißt es: Zum ersten spricht Christus, geet hin in die weit und predigent das evangelion aller creaturen ... Im evangelion aller creatur wirt nichtz änderst anzaigt und gepredigt, dan allein Christus der gekreuzigete, aber nit allein Christus das haubt, sondern der ganz Christus mit allen glidmaßen, disen Christum predigen und lernen alle creaturen. Der ganze Christus mueß leiden in allen glidmaßen." 1 8 Dann folgt eine ausführliche Beschreibung, in welcher Weise Christus in anschaulichen Gleichnissen, an Beispielen des täglichen Lebens das Evangelium erläutert hat: Dem Gärtner an den Bäumen, dem Fischer am Fischfang, dem Zimmermann am Haus, dem Goldschmied an der Probe des Goldes, den Weingärtnern am Weingarten, den Kaufleuten an den Perlen u.s.f. Aus solchen Gleichnissen soll der Mensch mit fleiß wahrnehmen, wie alle Creatur des Menschen Werk leiden muß und kommen also durch schmerzen „zue irem end, darzue sie geschaffen seind". Hans Schlaffer faßt die Vorstellung von der Predigt des Evangeliums in Gleichnissen in einem Satz zusammen: Also mueß das evongelion gepredigt werden allen creaturen wie Christus selbs getan hat durch bäum, disti, dorn, vom hauß, item von neuen fledc, alten klaid, neuen wein, alten schleichen, vom akerman und mit vil andern creaturischen exemplen bewisen 1 ». Im Geiste des Ambrosius Spitelmeier spiegelt sich diese Lehre folgendermaßen: In summa ist unser 1er nichts anders, den das wir allen menschen den willen gottes durch die creatur lauter als durch sichparlidie ding die unsichparliche ding zuerkenen geben, darumb si got den dem menschen fur äugen gesteh hat. Also haben audi seine apostel gelernt (— gelehrt), den die ganz geschieht ist nichts anders den ein creatur 2 0 . Christus ist „nit vili mit puechern umbganngen, allain u m b der halsstarigen schrifft gelertn willen hat er die schrifft gebraucht, sy damit uberwysen, umb wellicher auch noch die schrifft gebraucht mues werden, und nit umb des gemainen mans willen, dann der gemain man ist mer zu unnderweisn in den creaturen dann durch die geschrifft. N u n sagt auch die ganntz schrifft nichts, dann was sy mit creaturen antzaigt, unnd ist die ganntz geschrifft mit eyteln creaturen besdiriben", sagen die Freistädter Täufer 2 1 . Zur Veranschaulichung der Verwandtschaft gebe ich einige Sätze in den Fassungen der drei Traktate wieder: Hans H u t Alle tierlen seind dem menschen underworfen; sol sich der mensch der 17. 18. 19. 20. 21. H i n s Schlaffer N u n , sol sich der mensdi eines tüerlens freyen und sich des brauchen, so mueß Freistädter T ä u f e r ... sol sich der mensch ains thierleins freuen und gebraudien, so mues es des L. M ü l l e r , S. 12ff. E b d . , S. 5ff. L. M ü 11 e r , Glaubenszeugnisse, S. 94 f. Q u e l l e n z u r G e s c h i c h t e d e r W i e d e r t ä u f e r I I , S. 48. A. N i c o l a d o n i , S. 251. 256 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:36 PM ains gebrauchen, m u e ß ers es des menschen willen er- mcnschen willen erdulden, zuvor willen dulden, nämlich also: der das b e r a i c e n , kochen und b r a - mensch e r w ü r g t das tiier- würg, ten, u n d das tierlen m u e ß len, er schneid leiden. Also tuet auch G o t schneids und kochts, und · mit sol wen es in dem Verachtete- grat ist, so ist es dem men- sich G o t unser gebrauchen sten grad ist, so ist es d e m schen am allerliebsten. Also o d e r genießen, so miiessen mensdien allerliebe- auch der mensch, soll er wir z u e v o r v o n i h m ge- sten und k a n n es genües- darzue k u m e n , zu was er r e c h t f e r t i g e t u n d rain ge- sen. Also auch der mensdi, geschaffen ist, so m u ß er m a c h t werden v o n soll er darzue k u m e n , zu sich got seinem h e r r n unn- was er beschaffen ist, so derwerffen, ergeben u n n d seim seinen willen leiden, dann nach dem seim menschen; und a u ß e n 1 1 . innen mueß beropft, er am er zer- sich G o t t er wann h e r r n undergeben u n d sei- durch nen durch das thierlein er- rauff, koch, zer- kaut, und und es im vili veraditisten leiden leiden. Dan triebsaligkait viel leiden und mensch d a r z u e k o m e n 1 4 . trüebsal, da mueß mus unnd willen der der mensdi darzue k u m e n , d a zue er gesdiaffen ist an- fcnglich 2 3 . Die Abhängigkeit der drei Traktate voneinander ist nicht zu leugnen, ebensowenig aber die Abhängigkeit Huts von Müntzer. Sie ist nicht nur durch W o r t e wie Creatur, Bruder Sanftleben 25 , die zarten Sdiriftgelehrten îe , die Verwerfung des „falschen und ertichten glaubens" 27 , Gelassenheit 88 erwiesen, sie wird besonders in der Überzeugung der süddeutschen Täufer deutlich, daß der Mensdi durch Leiden zum Glauben an Gottes Verheißungen bereitet und dadurch des ewigen Lebens teilhaftig wird. Niemand, sagt Hut, mag die Wahrheit erlangen, er folge dann den Fußstapfen Christi und seiner Auserwählten in der Schule der Trübsal*®. Diese Lehre stammt von Thomas Müntzer. Die große Trübsal, die dem Glauben vorangehen müsse, nennt dieser audi die Furdit Gottes. Wem Gott gnädig sein will, der muß Gott aus dem Abgrund seines Herzens fürchten, wie es Abraham und Maria getan haben. Dagegen war Zadiariae und Elisabeth der Geist der Furdit Gottes zur Ankunft des Glaubens nicht eröffnet 3 0 . Die Ankunft des Glaubens muß erduldet werden mit dem höchsten 2 2 . L . M ü l l e r , Glaubenszeugnisse, S. 18. 2 3 . E b d . , S. 9 4 . 2 4 . A. N i c o l a d o n i , S. 2 5 0 f . In Freistadt ist damals kein T o d e s u r t e i l gefällt w o r den. D i e sechs A n g e k l a g t e n haben w i d e r r u f e n . 2 5 . - 2 7 . L. M ü l l e r , Glaubenszeugnisse, S. 14. 2 8 . E b d . , S. 2 6 . 2 9 . E b d . , S. 14. 30. Ο . Η . Β r a η d t , T h o m a s M ü n t z e r . Sein L e b e n u n d seine Schriften, 1 9 3 3 , S. 172 f . ; Η i n r i c h s , T h o m a s M ü n t z e r , S. 3 9 f . ; vgl. auch H . H o l l , G e s a m m e l t e A u f s ä t z e z u r K i r c h e n g e s c h i d u e I , 6. A u f l . 1 9 3 2 , S. 4 2 5 ff. 257 8 Archiv 47/2 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:36 PM »zittern und forditen". Die biblische Grundlage ist Phil. 2 , 1 2 : Euer Heil sollt ihr vollstrecken mit „zittern und fordit"» 1 . „Ob du auch schon die biblien gefressen hättest, hilft dir nit, du mußt die scharfe Pflugschar leiden. " z i Die Einleitung zu Huts Schrift „Von dem geheimnus der tauf", die mit den Worten beginnt: „Die raine forcht Gottes wünsdi ich zum anfang götlidier Weisheit", ist in Müntzers Geist erdacht und geschrieben. Vorbild für das menschliche Leiden ist das Leiden Christi. Dem Bilde von der Zubereitung der Tierlein durch den Menschen ist eng verwandt die Vorstellung vom Zerstoßen und Zerkleinern des Kornes, das die Täufer aus Luthers „Sermon von dem hochwürdigen Sacrament des heiligen wahren Leichnams Christi" (1519) eher übernommen haben als aus der Zwölfapostellehre oder dem 63. Briefe des Cyprian", denn Kirchenväter werden von ihnen nidit erwähnt. Leonhard Schiemer antwortet auf den Vorwurf, daß die Brüder aus einem Fläschlein tränken, „es wüsse der teufel nit, was darinnen sei": Der Trank dises fläschles ist nicht anders, dann ein gestoßen, gepulverts, zerrübens und betrüebtes herz, gestoßen mit dem mörser des creitzes, dann die weinbeer in Gottes Weingarten müessen alle under der weinpreß oder treten der trüebsal gepreßt oder getrogelt werden, sunsten wirt kein wein daraus 34 . Der Ausdruck „Abgrund der Seelen", den Müntzer von Johannes Tauler übernommen hat 35 , kommt bei Ulrich Stadler, dem Tiroler Täufer, vor in seiner Schrift „Vom lebendigen Wort und gesdiribnen" 38 . Wir kehren zum Ausgangspunkt dieser kurzen Betrachtung zurück; gestützt auf diese Hinweise, die sicherlich noch vermehrt werden könnten, mag die Behauptung gerechtfertigt erscheinen, daß in dem süddeutschen Täufertum, innerhalb dessen Oberösterreich eine entscheidende Rolle spielt, praktische Handhabung der Spättaufe — wahrscheinlich, aber nicht nachweisbar schweizerischen Ursprungs — zusammengeflossen ist mit Lehren von der Notwendigkeit des Eintrittes in den neuen Bund, in denen deutlich ein schwärmerisch-spiritualistischer Ton anklingt. Sie sind der Gedankenwelt Thomas Müntzers entnommen und den Täufern in Österreich durch Hans Hut übermittelt worden. 31. O . H . B r a n d t , S. 166, C. H i n r i c h s , S. 58. 32. O . H . B r a n d t , S. 139. 33. L. M ü l l e r , Der Kommunismus der mährischen Wiedertäufer, 1927, S. 66. 34. L. M ü l l e r , Glaubenszeugnisse, S. 72. 35. J. K. S e i d e m a n n , Thomas Müntzer, eine Biographie, 1842, S. 55ff. 36. L. M ü l l e r , Glaubenszeugnisse, S. 212; W. W i s w e d e l , Zum Problem „Inneres und Äußeres W o r t " bei den Täufern des 16. Jahrhunderts, Archiv f. Reformationsgeschichte, 46. Jg., 1954, S. 13. 258 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:36 PM ABSTRACT In his article "Die Zwickauer Propheten, Thomas Müntzer und die Täufer" (Theologische Zeitschrift 8/4, 1952), Harold S. Bender very definitely denies any relationship between Thomas Müntzer and the Anabaptists of Southern Germany. Bender is of course right in stating the fact that the nonresistant Anabaptists of Switzerland had nothing to do with the warlike tendencies of T h . Müntzer. But there is not only criticism in Conrad Grebel's and his comrades' letter of Sept. 5, 1524 to him; there is also approval of Müntzer's attitude toward infant baptism; and the writers acknowledge that they had learned much by Müntzer's teaching. In the documents concerning the Anabaptist congregations in Upper Austria, there is no trace of Swiss influence, whereas we often come across the name of a man w h o has been called " T h e Apostle of Upper Austria", Hans H u t , a disciple of Müntzer. H e came to Austria after having renounced the use of violence under the influence of Hans Denk in Augsburg. We do not know the origin of the very active congregations of Anabaptists in Steyr, Wels, Linz, and Freistadt. Hans Schlaffer was perhaps t h e founder of the Freistadt congregation. His treatise "Short Account and Instruction of a Truly Cristian life" (Kurzer bericht und leer eines recht christlichen Lebens) is to some extent contained verbatim in an appendix 1 attached to the evidence used against the Freistadt Anabaptists who were brought to trial by Kind Ferdinand I, Archduke of Austria and brother of Charles V. T h e treatise by Schlaffer depends on Hans H u t ' s writing "Of the Mystery of Baptism, both its Sign and Essence the Beginning of a T r u l y Christian life" (Von dem geheimnus der tauf, baide des Zeichens und des wesens, ein anfang eines rechten warhaftigen christlichen lebens). There is a touch of the mystic in his description of the gospel of all the creatures as taught by Christ in the parables. A creature, for instance an animal, has to suffer and must be killed, cut, and cooked before it is able to serve man as food. Likewise man has to undergo suffering, trials, and ordeals sent by God before he may be fit to become a true Christian. T o demonstrate the relationship between the three mentioned treatises the author draws a parallel between three paragraphs of the different treatises containing the same thought. T h e same teaching of the creatures is to be found in the writings of another Upper-Austrian Anabaptist Leonhard Sdiiemer. These mystical ideas taught by H u t have their origin in Müntzer's writings, although it must be clearly stated that Austrian Anabaptists were as peaceful and nonresistant as those in Switzerland. 1. "In the Beginning of a Christian life" (Am anfanng ains cristenlichen lebens). 259 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:36 PM