Aus dem Zentrum für operative Medizin Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. A. H. Hölscher Die laparoskopische Radiofrequenzablation hepatozellulärer Karzinome Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Hohen medizinischen Fakultät der Universität zu Köln vorgelegt von Till Herbold aus Bruchsal promoviert am 15.12.2010 1 Dekan: Universitätsprofessor Dr. med. J. Klosterkötter 1. Berichterstatter: Professor Dr. med. D. L. Stippel 2. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. T Goeser Erklärung Ich erkläre hiermit, daß ich die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des Manuskriptes habe ich Unterstützungsleistungen von folgenden Personen erhalten: Professor Dr. med. D. Stippel Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin/ eines Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertationsschrift stehen. Die Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt. Köln, 01.06.2010 Till Herbold 2 Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten wurden vor mir selbst ermittelt und ausgewertet. 3 Inhaltverzeichnis 1 Einleitung ........................................................................................................................... 6 1.1 Geschichte und Prinzip der RFA................................................................................ 6 1.2 Inzidenz, Ätiologie, Prognose des Hepatozellulären Karzinoms ............................... 8 1.2.1 Staging.............................................................................................................. 12 1.2.2 Therapiestratefizierung..................................................................................... 14 1.3 Therapie des HCC mittels RFA ............................................................................... 16 1.3.1 Randomisierte Studien zur RFA ...................................................................... 16 1.3.2 Datenlage bei laparoskopischem Zugang......................................................... 18 1.3.3 Physiologie der Laparoskopie (Druckerhöhung, portale Perfusion, Ultraschallbedingungen) .................................................................................................................... 18 2 Fragestellung .................................................................................................................... 20 3 Methodik .......................................................................................................................... 21 3.1 Beschreibung der medline-Recherche...................................................................... 21 3.2 Indikation der RFA................................................................................................... 21 3.3 Technik der laparoskopischen RFA ......................................................................... 22 3.3.1 Operative Lagerung.......................................................................................... 22 3.3.2 Trokar Positionierung....................................................................................... 23 3.3.3 Laparoskopischer Ultraschall ........................................................................... 23 3.3.4 RFA Algorithmus ............................................................................................. 24 3.3.5 Ablation des Stichkanals .................................................................................. 26 3.3.6 Histologische Tumorsicherung ........................................................................ 26 3.3.7 Bauchdeckenverschluss.................................................................................... 26 3.4 Tumornachsorge....................................................................................................... 26 3.5 Datenerfassung und Statistik .................................................................................... 28 4 Ergebnisse ........................................................................................................................ 29 4.1 Patientendaten .......................................................................................................... 29 4.1.1 Demographische Daten .................................................................................... 29 4.1.2 Anzahl, Größe und RFA der HCCs.................................................................. 30 4.1.3 Follow-up in Köln ............................................................................................ 32 4.2 Ergebnisse der medline-Recherche .......................................................................... 36 4.2.1 Anzahl und Qualität der Artikel ....................................................................... 37 5 Diskussion ........................................................................................................................ 39 5.1 Therapie des HCC .................................................................................................... 39 5.2 Überlegenheit der RFA gegenüber der PEI.............................................................. 39 5.3 Vergleich der perkutanen mit der laparoskopischer RFA ........................................ 41 5.4 Vergleich der RFA mit der Resektion und Transplantation..................................... 44 5.5 Lebertransplantation................................................................................................. 48 5.6 Operativer Zugang bei der RFA............................................................................... 48 5.7 Vergleich der Ergebnisse mit der Literatur .............................................................. 49 5.8 Besonderheiten der laparoskopischen RFA ............................................................. 50 6 Zusammenfassung ............................................................................................................ 53 7 Literaturverzeichnis.......................................................................................................... 55 8 Vorabveröffentlichungen ................................................................................................. 63 9 Anhang ............................................................................................................................. 64 10 Lebenslauf .................................................................................................................... 65 4 Abkürzungsverzeichnis α-FP α-Fetoprotein BCLC Barcelona Clinic Liver Cancer CLIP Cancer of the Liver Italian Program score CI Confidenzintervall CT Computertomographie ELTR European Liver Transplant Registry HCC Hepatozelluläres Karzinom KI Konfidenzintervall Lap. Laparoskopisch LTx Lebertransplantation MELD Model for endstage liver disease MRT Magnetresonanztomographie PAI Perkutane Essigsäure Injektion PEI Perkutane Ethanol Injektion RFA Radiofrequenzablation SD Standardabweichung TACE Transarterielle Chemoembolisation TLV Lebergesamtvolumen ZOA Ablationszone 5 1 Einleitung 1.1 Geschichte und Prinzip der RFA Das physikalische Prinzip der Radiofrequenz induzierten Thermoablation (RFA) ist die Induktion von Wassermolekülbewegungen im Gewebe durch hochfrequente Wechselspannung zwischen 200 und 1200 kHz. Die erzeugte Reibungswärme verteilt sich durch Konduktion und Konvektion im Gewebe. Das technische Prinzip wurde erstmals 1891 von A. d’Arsonval beschrieben (17, 20). Klinisch wurde das Prinzip erstmals 1908 von DeForrest als Elektrokauter zum Schneiden von Gewebe und zur Blutstillung in der Chirurgie genutzt (13, 81). Die technische Entwicklung hat verschiedene Anwendungsformen hervorgebracht, die sich unter anderem durch die Wellenform des Wechselstroms unterscheiden. Ein schneller Spannungsanstieg führt zu oberflächlicher Energieabgabe bis zur Entstehung von Funken. Gedämpfte hochfrequente Spannungen führen zu einer maximalen Energieabgabe in einem räumlichen Abstand von 1-3 mm zur Elektrode. Die Tiefenwirkung wird begrenzt durch die schnelle Erwärmung des der Elektrode benachbarten Gewebes, die zu einer Dehydratation oder gar Karbonisierung des Gewebes um die Elektrode führt. Dieser Effekt in der unmittelbaren Umgebung der Elektrode bewirkt einen schnellen Anstieg der elektrischen Impedanz und damit ein Sistieren des Stromflusses. Nach wenigen Millimetern Gewebedestruktion ist eine vollständige Isolation des Applikators erreicht. Die Wirktiefe begrenzt sich selbst. Im Falle des Elektrokauters ist dieser selbst limitierende Effekt erwünscht. Zur Therapie maligner Leberläsionen sind jedoch minimale Ablationsdurchmesser von circa 2 cm bzw. Ablationsvolumina > 10 cm3 nötig, um eine klinisch detektierbare Läsion komplett in eine Nekrose zu überführen. Eine systematische Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Nadellänge, Nadeldurchmesser, Gewebetemperatur, Stromfluss und Nekroseausmaß wurde von Goldberg et al. 1995 veröffentlicht (23). In den Versuchen an Schlachthaus – Schweinelebern wurden folgende Zusammenhänge dargelegt und mathematisch beschrieben: • Bei konstanter Gewebetemperatur steigt der Stromfluss überproportional mit der Nadellänge. • Ein größerer Nadeldurchmesser korreliert mit einem größeren Nekrosedurchmesser. 6 • Bei konstanter Gewebetemperatur nähert sich der Nekrosedurchmesser mit fortschreitender Zeit asymptotisch einem Maximum. Nach mehr als 6 Minuten findet keine messbare Zunahme mehr statt. • Je länger die Nadel ist, desto näher muss die Gewebetemperatur an 100°C heranreichen, um eine homogene Nekrose entlang der Nadel zu erreichen. Hieraus ergeben sich Limitationen für die Ablation mit einzelnen Nadeln. Bedingt durch die elektrische Leistung der verfügbaren Generatoren und die Notwendigkeit im klinischen Einsatz, den elektrischen Stromkreis über eine Neutralelektrode zu schließen, sind elektrische Leistungen über 150 – 200 Watt nicht zu realisieren. Durch den hohen Stromfluss und die lange Stromflussdauer sind bereits bei diesen elektrischen Leistungen mindestens zwei großflächige Neutralelektroden notwendig, um Hautverbrennungen zu vermeiden (25). Das bedeutet, daß einzelne Elektroden nicht über 8cm lang sein können, um die Parameter Gewebetemperatur 90 – 100°C und elektrische Leistung < 200 Watt zu erfüllen. Eine Nekrose in der Form eines Rotationsellipsoides von 8 x 1,6 x 1,6 cm, die auf diese Art maximal erzeugt werden kann, ist klinisch nicht nutzbar. Die erforderlichen Ablationsvolumina werden heute mittels unterschiedlichster Ablationssonden verschiedener Hersteller erreicht. Je nach Aufbau und Anzahl der Haken unterscheiden sich die Geometrie und das Volumen der Ablationszone. In ihrer Arbeit zeigten Goldberg et al. (24), daß die gleichzeitige Aktivierung mehrerer Elektroden in räumlicher Nähe einen überadditiven Effekt im Vergleich zur sequentiellen Aktivierung dieser Elektroden hat. Mehrere Arbeitsgruppen entwickelten daraufhin Nadelapplikatoren mit ausfahrbaren Haken (41, 65). Hierbei ist die Einhaltung der räumlichen Anordnung von großer Bedeutung. Wenn der für den überadditiven Effekt notwendige Abstand überschritten wird, entstehen irreguläre nicht vorhersehbare Nekrosevolumina, die therapeutisch nicht nutzbar sind. Die Abbildung 1 zeigt einen Nadelapplikator mit ausfahrbaren Haken. Dieser Typ der RFA-Applikatoren hat sich als einer von zwei Standards durchgesetzt. Die zweite therapeutisch genutzte Nadelgeometrie ist ein Kluster aus drei kaliberstärkeren Nadeln, die in einem fixen Abstand in einem gemeinsamen Griff eingelassen sind. 7 Abbildung 1: RFA – Nadelapplikator mit ausfahrbaren Haken 1.2 Inzidenz, Ätiologie, Prognose des Hepatozellulären Karzinoms Inzidenz Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) steht weltweit an 5. Stelle der häufigsten malignen Tumoren (45, 46). In den afrikanischen und südostasiatischen Ländern ist es das häufigste Malignom der männlichen Bevölkerung. In den westlichen Industrieländern hingegen sind primäre Leberzellkarzinome im Vergleich zu anderen soliden Tumoren eher selten. Die Inzidenz der jährlichen Neuerkrankungen des primären hepatozellulären Karzinoms beträgt in Europa und den USA 5/100000 Einwohner. Es erkranken hier deutlich mehr Männer als Frauen mit einem Verhältnis von 4-6:1. Betrachtete man jedoch die afrikanischen und asiatischen Länder, insbesondere China, so zeigt sich eine jährliche Inzidenz von 150/100000 Einwohner. Das Verhältnis Männer zu Frauen ist in diesen Ländern nicht ganz so ausgeprägt zu Ungunsten der Männer verlagert. Die Inzidenz des HCC steigt jährlich aufgrund der zunehmenden Durchseuchung der Bevölkerung der Entwicklungsländer mit Hepatitis-Viren, einem entscheidenden 8 ätiologischen Faktor (18). Aufgrund der hohen viralen Durchseuchungsrate erwartet man bei steigender Inzidenz einen Gipfel der HCC-Neuerkrankungen zwischen 2015 und 2020 (46). Befindet sich der Häufigkeitsgipfel der Erstmanifestation in den europäischen Ländern und den USA um das 5.-6. Lebensjahrzehnt, so manifestiert sich das HCC in den Entwicklungsländern Afrikas und Asiens deutlich früher im 3.-4. Lebensjahrzehnt. Ätiologie Die Leberzirrhose unterschiedlichster Genese (äthyltoxisch, viral, sonstige) ist ein entscheidender Faktor der Ätiologie des HCC (14, 83). 80% der Neuerkrankungen an HCC lassen sich auf eine Leberzirrhose zurückführen. Betrachtete man Patienten mit zirrhotischen Lebererkrankungen, so entwickeln 3-5% dieser Patienten jährlich einen primären malignen Lebertumor (67). Ein weiterer entscheidender Faktor der Ätiologie des HCC ist die virale Hepatitis (62). Die Infektion mit Hepatitis B Viren kann unabhängig von zirrhotischen Veränderungen der Leber die Entwicklung eines HCC induzieren (64). Dabei führt selbst eine abgeheilte Hepatitis ohne persistierende Viruslast und bei bestehendem Antikörpertiter zur erhöhten Wahrscheinlichkeit, ein HCC zu entwickeln. Die Integration des viralen Genoms spielt in Zusammenwirken mit viralen Promotoren hierbei die entscheidende Rolle (64). Die Hepatitis B ist weltweit die häufigste Form der viralen Hepatitiden gefolgt von der Hepatitis C (8). Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Erreger der Hepatitis B hat in den letzten Jahren insbesondere durch die in den westlichen Ländern eingeführten Impfungsprogramme zu einem Rückgang der Neuansteckungen geführt (51). In Taiwan wurde darunter ein Rückgang an Neuerkrankungen von HCC beobachtet (9). Hier ist die Hepatitis C häufiger der Grund für die Entwicklung eines HCC. Weltweit jedoch bleibt die Hepatitis B der ätiologisch bedeutendere Faktor bei der Entwicklung eines HCC. HBsAgpositive Menschen (Virusträger) haben ein um den Faktor 100 größeres Risiko als die HBsAg-negative Population, ein HCC zu entwickeln (4). Ein weiterer ätiologischer Faktor ist die chronische Exposition zu Leberzellgiften. Der Schimmelpilz Aspergillus flavus gedeiht insbesondere in feuchtem Klima auf Getreide und Nüssen. Er produziert ein Toxin, das Aflatoxin B1, welches in den 9 Nahrungsmittelkreislauf geraten kann (82). Dieser hepatotoxische Stoff kann die Entstehung von primären Lebertumoren induzieren. Chronischer Alkohol- oder Steroidkonsum (Anabolika) sind weitere Risikofaktoren, die die Entstehung eines HCC begünstigen. Spezielle Stoffwechselerkrankungen wie die Hämochromatose, der α1-Antitrypsinmangel und die Glykogenspeicherkrankheit Typ I führen durch vermehrte Ablagerung von Stoffwechselprodukten zu zirrhotischen Veränderungen der Leber und stellen ein weiteres Risiko zur Entwicklung eines HCC dar. Prognose An den Folgen eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) versterben weltweit mehr als eine Millionen Patienten pro Jahr (79). Die Diagnose des HCC wird häufig erst im fortgeschrittenen Tumorstadium gestellt. Steht den Patienten in den entwickelten Ländern die Diagnostik und Therapie des HCC zur Verfügung, so entzieht sich den Patienten der Entwicklungsländer vielfach die Möglichkeit jeglicher medizinischer Versorgung. Aufgrund der ausgeprägten Tendenz zur Gefäßinvasion und zur intra- und extrahepatischen Metastasierung (Lunge, Knochen, Haut) ist die Prognose des HCC schlecht. Die mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung beträgt ca. 7 Monate. Dabei gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder ethnischen Gruppen. Dies zeigten Daten der SEER-Datenbank im Zeitraum 1992-1996 (19). Die 4 entscheidenden Faktoren der Prognose der Erkrankung sind (6): • Stadium, Differenzierung und Wachstumsrate des Tumors • Gesundheitszustand des Patienten • Leberfunktion des Patienten • Art der medizinischen Behandlung 10 Abbildung 2: Makroskopie des HCC, zirrhotisch veränderte Leber mit einem gelblichen Tumor nach Ablation eines HCC. 11 Abbildung 3: Histologie des HCC, histologische Aufarbeitung eines Präparates aus einer Leberstanzbiopsie 1.2.1 Staging Die Einteilung einer Tumorerkrankung in ein Stadium (Staging) beschreibt das Ausmaß der Ausbreitung des Tumors. Die Ausbreitung kann annähernd mit klinischen Methoden (z.B. bildgebenden Verfahren), präzise aber nur morphologisch anhand des Operationspräparate bestimmt werden. Es existieren die unterschiedlichsten Systeme zum Staging von Tumorerkrankungen. Der Zweck dieser Systeme ist die Einordnung einer Tumorerkrankung in Stadien zur Beurteilung der Prognose, Festlegung des entsprechenden therapeutischen Vorgehens und Vergleichbarkeit der Daten unterschiedlichen Forschungsgruppen. Die prognostische Abschätzung des zu erwartenden Überlebens nach Therapie eines hepatozellulären Karzinoms ist komplex. Das derzeit am weitesten verbreitete Staging-Verfahren für solide Tumoren ist das TNMSystem. Hierbei werden die lokale Ausbreitung des Primärtumors (T), die regionäre 12 Lymphknotenmetastasierung (N) und die hämatogene Metastasierung (M) berücksichtigt. Die TNM–Klassifikation war in der bis 2002 gültigen Fassung weitestgehend untauglich in der prognostischen Klassifizierung des HCC und wurde daher um prognostisch entscheidende, aber nur nach kompletter Resektion zugängliche, histologische Kriterien ergänzt. Eine wesentliche Rolle spielt die Leberfunktion, die als Child Pugh Klassifikation (30, 63) in die unterschiedlichen Bewertungen eingeht. Die älteste Klassifikation des HCC ist die nach Okuda (60). Der Nachteil dieser Klassifikation ist, dass die relativ frühen, potentiell behandelbaren Stadien schlecht differenziert werden. Daher wurde diese Klassifikation von Llovet et al. 1999 erweitert und als BCLC – Klassifikation (Barcelona Clinic Liver Cancer) publiziert (44). Diese Klassifikation hat weite Verbreitung gefunden, da sie zur Stratifizierung von Behandlungsplänen gut geeignet ist. Die prognostischen Aussagen der Klassifikation wurden jedoch nie empirisch validiert. Mit dem Sorensen PST und den Okuda Stadien gehen zudem zwei Unterklassifikationen in den BCLCScore ein, die subjektive Bewertungen enthalten, so dass die interindividuelle Reproduzierbarkeit nicht gesichert ist. Für Studien hat sich daher die CLIP – Klassifikation (Cancer of the Liver in Italy Program) durchgesetzt (85). Diese Klassifikation wurde bisher als einzige prospektiv verifiziert. Die Kriterien sind in Tabelle 1, das zu erwartende Patientenüberleben in Tabelle 2 dargestellt. Eine weltweit einheitliche Klassifikation des HCC in einem Score ist aufgrund des komplexen Krankheitsbildes, den unterschiedlichen ätiologischen Faktoren, dem heterogenen Krankheitsverlauf und der unterschiedlichsten therapeutischen Vorgehensweisen bis jetzt noch nicht erfolgt. CLIP-Punkte 0 1 2 Child-Pugh Stadium A B C HCC-Morphologie solitär,<50% TLV multiple,<50% TLV >50% TLV α-Fetoprotein (ng/dl) <400 >400 Pfortaderthrombose ja nein Tabelle 1: Kriterien und Punkte der CLIP – Klassifikation (85), TLV = Lebergesamtvolumen 13 CLIP-Punkte Mittlere Überlebenszeit 1-Jahresüberleben 2-Jahresüberleben 0 36 Monate 84 % 65 % 1 22 Monate 66 % 45 % 2 9 Monate 45 % 17 % 3 7 Monate 36 % 12 % 4-6 2 Monate 9% 0% Tabelle 2: Mittlere Überlebenszeit und Überlebenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit der CLIP–Punkte (85) 1.2.2 Therapiestratefizierung Die BCLC–Klassifikation (Barcelona Clinic Liver Cancer) hat heute beim Staging des HCC weite Verbreitung gefunden, da sie zur Stratifizierung von Behandlungsplänen gut geeignet ist. Sie wurde von Llovet JM et al. 1999 publiziert (44). Er analysierte in einem Review im Journal of Gastroenterology 2005 die derzeitige Datenlage der Staging-Systeme des HCC zur Stratefikation der Therapie (46). In seinen Augen ist die BCLC-Klassifikation derzeit das pragmatischste Staging-System für das HCC. In die Zuordnung in 4 Stadien fliesen das Tumorstadium, die Leberfunktion, der physische Zustand und die klinischen Symptome des Patienten ein. Die BCLC-Klassifikation verbindet das Tumor-Staging mit der Behandlungsstrategie und berücksichtigt dabei die Prognose der Erkrankung und die Vorteile der unterschiedlichen therapeutischen Verfahren. Patienten im Stadium 0 weisen ein sehr frühes Tumorstadium mit solitären Tumoren kleiner 2 cm im Durchmesser oder Carcinoma in situ auf. Als therapeutisches Vorgehen sollte eine chirurgische Leberresektion, eine Lebertransplantion, eine Radiofrequenzablation (RFA) oder eine perkutane Ethanolinjektion (PEI) erfolgten. Stadium A beinhaltet ein frühes Tumorstadium mit bis zu 3 Tumoren kleiner 3 cm im Durchmesser. Die Patienten sollten radikal wie in Stadium 0 (chirurgische Resektion, perkutane Therapie, Transplantation) therapiert werden. Eine chirurgische Resektion sollte in diesem Stadium bei solitären Tumoren bei guter Leberfunktion, normalem Bilirubin und 14 Ausschluss einer portalen Hypertonie erfolgen. Perkutane Verfahren (PEI, RFA) sollten bei nicht resezierbaren, kleinen Tumoren angewandt werden. Eine Transplantation ist bei Patienten mit solitärem HCC mit maximal 5 cm Durchmesser und bei Patienten mit bis zu 3 Tumoren mit max. 3 cm Durchmesser bei eingeschränkter Leberfunktion sinnvoll. Diese Kriterien wurden von Mazzaferro in einer Studie zur orthotopen Lebertransplantation bei HCC im Jahre 1996 festgelegt (49). Klinisch asymptomatische Patienten mit multinodalen Tumoren im Stadium B profitieren von einer Chemoembolisation insbesondere bei frühen kompensierten Stadien der Leberzirrhose. Patienten mit fortgeschrittenen, metastasierten Tumoren und physischer Beeinträchtigung im Stadium C sollten eine systemische Chemotherapie erhalten. Patienten im Endstadium D sollten symptomatisch behandelt werden. Die Publikation der BCLC–Klassifikation von Llovet JM et al. 1999 ergab die im Folgenden aufgeführten Ergebnisse (44): • 30% der Patienten wurden radikal therapiert. • 50% der Patienten wurden mit Chemotherapie oder Chemoembolisation behandelt. • 20% der Patienten wurden symptomatisch behandelt. • Die 5-Jahres-Überlebsrate der Patienten, die sich einer radikalen Therapie (chirurgische Resektion, perkutane Therapie, Transplantation) unterzogen, lag zwischen 50 und 70%. • Die 3-Jahres-Überlebensrate der Patienten, die sich einer Chemoembolisation oder einer Chemotherapie unterzogen, lag zwischen 20 und 40%. • Die 1-Jahres-Überlebensrate der Patienten, die symptomatisch therapiert wurden, lag zwischen 10 und 20%. Das BCLC-Staging-System wurde von mehreren europäischen und amerikanischen Arbeitsgruppen angewandt und insbesondere bei frühen Tumorstadien als Behandlungsrichtlinie für sinnvoll erachtet. 15 In der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie der Universität zu Köln erfolgten die Einteilung der Tumorstadien und das therapeutische Vorgehen in Anlehnung an die Kriterien des BCLC Staging Systems. Abbildung 4: BCLC-Staging, Flussdiagramm der Therapie zitiert nach Llovet JM et al. 1999 (44) 1.3 1.3.1 Therapie des HCC mittels RFA Randomisierte Studien zur RFA Es existieren mehrere randomisierte Vergleichsstudien in der Literatur, die sich mit den Ergebnissen unterschiedlicher Therapien des HCC befassen. Hierbei werden die chirurgische Resektion des HCC mit alternativen Therapien (RFA, PEI, PAI, TACE) oder die alternativen Therapien unter sich bezüglich Überlebensrate, Rezidivfreiheit, Lokalrezidivrate, Komplikationsrate verglichen. Die im Folgenden aufgeführten Publikationen ergeben einen Überblick über Vor- und Nachteile der alternativen Therapien des HCC. 16 Shiina S et al publizierten im Jahr 2005 in der Zeitschrift Gastroenterology eine randomisierte Studie zur Behandlung des HCC, in der die Ergebnisse der perkutanen RFA mit der perkutanen Ethanol Injektion (PEI) verglichen wurden (73). Die Ergebnisse stammten aus einem Patientenkollektiv mit 232 Patienten. Die perkutane RFA war hierbei bezüglich der Rezidivfreiheit, der Lokalrezidivrate und der 4-Jahresüberlebensrate signifikant der PEI überlegen. Lin et al zeigten in einer Publikation aus dem Jahre 2005 eine signifikant bessere Lokalrezidivrate und 3-Jahresüberlebensrate bei der Therapie des HCC mittels perkutaner RFA im Vergleich zur PEI und perkutanen Essigsäureinjektion (PAI) (42). Die Komplikationsrate der perkutanen RFA war jedoch im Vergleich mit den anderen Therapien größer. Das Patientenkollektiv dieser Vergleichsstudie umfasste 187 Patienten. Lencioni et al publizierten 2005 die Ergebnisse seiner randomisierten Vergleichsstudie aus einem Kollektiv von 206 Patienten (40). Die Studie ergab signifikant bessere Ergebnisse bezüglich der Rezidivfreiheit nach perkutaner RFA im Vergleich mit PEI und transarterieller Chemoembolisation (TACE). In einem umfassenden Review von Cho et al aus dem Jahr 2009 konnte ein signifikant höheres 3-Jahres-Überleben nach perkutaner RFA im Vergleich mit PEI bei Patienten mit HCC gezeigt werden (11). Chen et al verglichen in einer randomisierten Studie aus dem Jahr 2006 bei 180 Patienten mit HCC im frühen Stadium das Überleben und tumorfreie Überleben nach chirurgischer Resektion und perkutaner RFA (10). Sie fanden keine signifikanten Unterschiede. Die RFA wies jedoch eine geringere Invasivität und eine niedrigere Komplikationsrate auf. Lu et al publizierten 2006 eine randomisierte Studie (48). Bei 105 Patienten mit HCC im frühen Stadium konnten keine signifikanten Unterschiede in Überlebens- und Rezidivraten gezeigt werden. Die invasive chirurgische Resektion ergab keine Vorteile im Vergleich mit der perkutanen RFA. Die hier aufgeführten Publikationen berichten über vergleichbare Ergebnisse der RFA und der chirurgischen Resektion bezüglich der Rezidivfreiheit und des Überlebens bei Patienten mit 17 frühen Stadien des HCC. Bei Patienten mit bekannter Leberzirrhose ist aufgrund des hohen operativen Risikos eine chirurgische Resektion oft nur eingeschränkt möglich. Die hier aufgeführten Publikationen beurteilen die RFA als bestes Verfahren unter den alternativen Therapien mit geringer Invasivität bezüglich der Rezidivfreiheit und des Überlebens. 1.3.2 Datenlage bei laparoskopischem Zugang Es existieren zahlreiche Publikationen zur laparoskopischen RFA bei der Behandlung von Lebertumoren. 6 aktuelle Publikationen befassen sich dabei mit der laparoskopischen RFA von HCC bei größeren Patientenkollektiven (2, 28, 53, 66, 69, 78). Sie beinhalten eine detaillierte Beschreibung des Patientengutes, ein Follow-up von mindestens 12 Monaten und Daten zu Überlebens- und Rezidivraten. 1.3.3 Physiologie der Laparoskopie (Druckerhöhung, portale Perfusion, Ultraschallbedingungen) Die Leber wird von 2 großen Gefäßen mit Blut versorgt. 25% der Leberperfusion erfolgt durch die Arteria hepatica, 75% durch die Vena portae (Pfortader). Sauerstoffreiches Blut strömt aus der Aorta über den Truncus coeliacus in die Arteria hepatica. Hier herrscht beim gesunden Menschen ein arterieller Mitteldruck von ca. 60 mmHg. Aus der Pfortader erhält die Leber sauerstoffarmes, nährstoffreiches Blut aus dem Magendarmtrakt. Die Druckverhältnisse der Pfortader weichen bei Patienten mit zirrhotischen Lebererkrankungen von denen gesunder Menschen deutlich ab. Aufgrund der gestörten Gefäßarchitektur der Leber resultiert ein reduzierter Gesamtdurchmesser des Gefäßbettes. Dies erhöht bei gleicher Perfusion der Leber den Druck im zuführenden Gefäß exponentiell. Dieser Effekt läßt sich nach dem Gesetz von Hagen-Poiseuille berechnen. Mithilfe seiner Formel läßt sich für eine laminäre Strömung im starren zylindrischen Rohr eine Beziehung zwischen Stromstärke (I), Viskosität (η), Druck (P), Länge (l) und Radius des Rohres (r) herleiten: I = r*4 π ∆ P / 8 η l. Der Strömungswiderstand (R) ergibt sich aus der Formel: R = 8 η l / r*4 π. Diese physiologische Veränderung wird als portale Hypertention bezeichnet und ist typisch für zirrhotische Lebererkrankungen. Aufgrund der veränderten Druckverhältnisse kommt es zur Ausbildung von portalvenösen Umgehungskreisläufen und zu portocavalen Shunts. 18 Das physikalische Prinzip der Radiofrequenz induzierten Thermoablation (RFA) ist die Induktion von Wassermolekülbewegungen im Gewebe durch hochfrequente Wechselspannung zwischen 200 und 1200 kHz. Die erzeugte Reibungswärme verteilt sich durch Konduktion und Konvektion im Gewebe. Hierbei wird in der Ablationszone eine Zieltemperatur von >60º C erreicht. Dies bewirkt einen sofortigen Zelltod. Der intravasale Blutstrom hat mit 37 Grad Celsius eine im Vergleich zur Ablationswärme geringere Temperatur und kühlt das umliegende Parenchym während der Wärmeapplikation. Der Umfang der Ablation wird deshalb entscheidend durch die Perfusion des Gewebes beeinflusst. Die Leberperfusion lässt sich auf zwei Arten manipulieren. Das Pringle-Manöver reduziert durch die vorübergehende Kompression des Ligamentum hepatoduodenale die Perfusion der Pfortader und der Arteria hepatica. Das Pringle-Manöver kann im Rahmen der offenen RFA der Leber zur Steigerung des Ablationsausmaßes angewandt werden. Die Steigerung des intraabdominellen Drucks senkt ebenfalls die Leberperfusion. Eine Druckerhöhung des intraabdominellen Druckes auf 24 mmHg, hervorgerufen z.B. durch das Anlegen eines Kapnoperitoneums bei der Laparoskopie, reduziert die Perfusion der Leber um 30-40 % (31, 59, 75). Dieser Effekt steigert bei der laparoskopischen RFA den Durchmesser der Ablationszone der Leber entscheidend. 19 2 Fragestellung Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile, eine systematische Literaturrecherche und die Auswertung der klinischen Ergebnisse der Kölner Klinik. Bezüglich der Daten aus der umfassenden Literaturanalyse der medline-Datenbank ergeben sich folgenden Fragestellungen: • Welche Publikationen existieren zum Thema der laparoskopischen RFA primärer Leberzellkarzinome in zirrhotisch veränderter Leber? • Welche Indikationen zur laparoskopischen RFA werden dort beschrieben? • Welche Technik der laparoskopischen RFA wird in der Literatur beschrieben? • Welche Ergebnisse der laparoskopischen RFA primärer Leberzellkarzinome in zirrhotisch veränderter Leber sind publiziert? Bezüglich der Analyse der Daten der laparoskopischen RFA aus Köln ergeben sich folgende Fragestellungen: • Ist die in Köln angewandte Indikation zur laparoskopischen RFA gerechtfertigt? • Ist die in Köln angewandte chirurgische Technik im Vergleich zur Literatur different? • Welche Ergebnisse wurden bei dem Kölner Patienten-Kollektiv erreicht? • Sind die Kölner Ergebnisse im Vergleich mit der Literatur besser oder schlechter? Ziel dieser Arbeit ist die Diskussion der Indikation, die Beschreibung der operativen Technik und der Vergleich der Ergebnisse der laparoskopischen Radiofrequenzablation anhand der klinischen Daten aus Köln mit vorausgehenden Publikationen anderer Arbeitsgruppen. 20 3 Methodik 3.1 Beschreibung der medline-Recherche Es erfolgte eine Recherche der medline-Datenbank. Es wurden hierzu die Suchbegriffe (hepatocellular or HCC) und (radiofrequency or radio frequency or radio-frequency) und (laparoscopic or laparoscopy) eingegeben. Ergebnis der Suche waren 113 Artikel, die unter folgenden Gesichtspunkten weiter evaluiert wurden. Die Artikel sollten Kollektive mit Patienten mit HCC beinhalten, welche laparoskopisch radiofrequenzabladiert, und die über eine mittlere Nachbehandlung (follow-up) von mindestens 12 Monaten evaluiert wurden. 3.2 Indikation der RFA Alle Patienten, die der Kölner Studie angeschlossen wurden, hatten ein HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose. Die Diagnose des HCC war anhand der anerkannten Standards erfolgt (6). Eines der folgenden 3 Kriterien war zur diagnostischen Sicherung eines HCC nötig: • Der Tumor (>2cm) muß eine früh arterielle Kontrastmittelanreicherung in zwei unterschiedlichen bildgebenden Verfahren zeigen. • Es besteht ein auf über 200 µg/ml erhöhtes α-Fetoprotein bei gleichzeitigem Nachweis eines im Schnittbildverfahren früh arteriell anreichernden Tumors (>2cm). • Der histologische Nachweis eines HCC liegt vor. Es bedarf keiner weiteren Diagnostik zur Sicherung der Diagnose. Kriterien für die operative Therapie der laparoskopischen Radiofrequenzablation waren: • Reduzierte Leberfunktion (MELD-score) mit erhöhtem Risiko eines postoperativen Leberversagens bei Resektion (32) • Ausmaß einer chirurgischen Resektion mit deutlich erhöhtem Risiko eines postoperativen Leberversagens behaftet (32) 21 • Anzahl (maximal 3) und Größe (maximal 3,5cm im Durchmesser) der Tumoren in der präoperativen bildgebenden Diagnostik mittels MRT oder CT • Subkapsuläre Lokalisation der Lebertumoren mit einer Manifestation von ca. 1 cm unter der Leberoberfläche • Aufgrund der zentralen intrahepatischen Manifestation nicht chirurgisch resezierbare Tumoren • Manifestation eines HCC in den oberen Lebersegmenten 2, 7, 8 • Manifestation eines HCC in den Lebersegmenten 3, 5 und partiell 6 mit örtlicher Nähe zu benachbarten Organen (z.B. Darm, Magen) • Örtliche Nähe des HCC zu großen Lebergefäßen • Hohe Komorbidität der Patienten aufgrund von Begleiterkrankungen • Patient auf der Transplantationsliste mit einer zu erwartenden Wartezeit von mehr als 6 Monaten Ausschlußkriterien für die operative Therapie der laparoskopischen Radiofrequenzablation waren: • Nachweis von mehr als 3 intrahepatischen Raumforderungen in der präoperativen bildgebenden Diagnostik mittels MRT oder CT der Leber • Maximaler Durchmesser der intrahepatischen Raumforderungen größer als 3,5 cm in der präoperativen bildgebenden Diagnostik mittels MRT oder CT der Leber Ein vorangegangener abdomineller Eingriff stellte jedoch keine direkte Kontraindikation für die laparoskopische Radiofrequenzablation dar. 3.3 3.3.1 Technik der laparoskopischen RFA Operative Lagerung Der operative Eingriff erfolgte in Intubationsnarkose. Die Patienten wurden in Steinschittlage auf einem Rektumoperationstisch mit ausgelagertem Arm gelagert. Es erfolgte die Rasur der Bauchdecke, die Desinfektion der Haut und das Abdecken des Operationssitus. 22 3.3.2 Trokar Positionierung Ein 12 mm Trokar für die Kamera wurde in einer Minilaparotomie subumbilikal eingebracht, um Verletzung portaler Umgehungkreisläufe zu vermeiden. Es erfolgte die Anlage eines Kapnoperitoneums mit einem intraabdominellen Druck von 24 mmHg unter Insufflation von Kohlenstoffdioxid. Nach primärer Exploration der Bauchhöhle und der Leber erfolgte die Anlage eines weiteren 12 mm Trokars im Bereich des rechten, oberen Quadranten des Bauches. Ca. 8-10 cm unterhalb des Rippenbogens wurde dieser unter optischer Kontrolle mit der endoskopischen Kamera nach Probepunktion mit einer Kanüle positioniert. Die genaue Wahl der Tokarposition war abhängig von der intrahepatischen Tumorlage und entscheidend für den weiteren operativen Verlauf. Intraabdominelle Adhäsionen, die den Ablauf des operativen Eingriffs stören könnten, wurden endoskopisch gelöst. 3.3.3 Laparoskopischer Ultraschall Es erfolgte nun die systematische sonographische Untersuchung der Leber mit dem endoskopischen Ultraschall zur exakten Detektion aller Lebertumoren. Hierzu wurde der laparoskopische 7,5 MHz Linear-Ultraschallkopf (Siemens) unter optischer Kontrolle mit der Kamera über den Zugang im rechten, oberen Abdomen über der Leber positioniert. Der 4 cm lange Scannerkopf sitzt auf einem in allen Ebenen frei beweglichen Doppelgelenk. Dadurch ist eine perfekte akustische Ankopplung des Untraschallkopfes an der Leber möglich. Nach Probepunktion der Bauchdecke mit der Kanüle und Stichinzision der Haut erfolgte die perkutane Positionierung der RFA-Nadel freihand über der Leber unter optischer Kontrolle. Unter sonographischer Kontrolle wurde die RFA-Sonde in die Leber eingestochen und die RFA-Nadeln auf Höhe des Tumors ausgefahren. Korrekturen des Punktionswinkels wurden durch Verschieben der Leber mit dem Ultraschallkopf oder Bewegung des Applikators erreicht. Eine ausreichende Strecke des Stichkanales durch gesundes Lebergewebe von mindestens 2 cm von der Leberkapsel bis zum Tumor wurde konsequent eingehalten. Der Leber angrenzende Organe im Bereich des Ablationsgebietes wurde vor der Ablation des Tumors zum Schutz vor thermischen Schäden mit einem endoskopischen Paddle weggehalten. Die folgende Tumorablation wurde unter Aufzeichnung der Temperaturen der RFA-Nadeln und Ultraschallkontrolle durchgeführt. 23 Abbildung 5: Intraoperative Positionierung der Trokare und der RFA-Nadel und laparoskopischer Ultraschall 3.3.4 RFA Algorithmus Alle in der vorliegenden Schrift ausgewerteten Ablationen wurden mit folgendem Radiofrequenzablationssystem ausgeführt: • Generator: Rita generator model 1500XTM (RITA Medical Systems, Mountain View, CA) (250 Watt maximale Ausgangsleistung) • Applikatornadel: Rita XL oder Rita XLi (5 oder 7 cm maximales Deployment: unter Deployment wird der ausgefahrene, elektrisch aktive Anteil Nadel der Nadel verstanden) • Protokoll der Ablation mit der Applikatornadel Rita XL(77): 24 3 cm Deployment: 1) 0,5 Minuten, 3cm, 80°C, 90 Watt 2) 5 Minuten, 3cm, 105°C, 90 Watt 3) 0,5 Minuten, mittlere „cool down“ Temperatur > 60°C, sonst Wiederholung 1) 4 cm Deployment: 1) 0,5 Minuten, 3cm, 80°C, 90 Watt 2) 0,5 Minuten, 3cm, 105°C, 90 Watt 3) 7 Minuten, 4cm 110°C, 90–130 Watt 4) 0,5 Minuten, mittlere „cool down“ Temperatur > 60°C, sonst Wiederholung 1) 5 cm Deployment: 1) 0,5 Minuten, 3cm, 80°C, 90 Watt 2) 0,5 Minuten, 3cm, 105°C, 90 Watt 3) 7 Minuten, 4cm, 110°C, 90–130 Watt 4) 7 Minuten, 5cm, 110°C, 110–150 Watt 5) 0,5 Minuten, mittlere „cool down“ Temperatur > 60°C, sonst Wiederholung 1) Die Impedanz wurde in allen Fällen < 100 Ohm gehalten. Bei höheren Werten wurde die Ausgangsleistung reduziert und / oder die Nadel um 45° rotiert. • Protokoll der Ablation mit der Applikatornadel Rita XLi (77): 2 cm Deployment: bis zum Erreichen der Zieltemperatur 100ºC, max. 250 Watt 3 cm Deployment: bis zum Erreichen der Zieltemperatur 100ºC, max. 250 Watt 4 cm Deployment: bis zum Erreichen der Zieltemperatur 100ºC, max. 250 Watt 5 cm Deployment: bis zum Erreichen der Zieltemperatur 100ºC, max. 250 Watt 6 cm Deployment: 6 Minuten, 100ºC, max. 250 Watt 7 cm Deployment: 6 Minuten, 100ºC, max. 250 Watt Durch eine Generator gesteuerte Perfusion der Applikatornadel mit physiologischer Kochsalzlösung während der gesamten Ablation wurde die Impedanz in allen Fällen konstant < 100 Ohm gehalten. 25 3.3.5 Ablation des Stichkanals Nach erfolgter Tumorablation wurde zur Vermeidung einer Verschleppung von Tumorzellen eine vollständige Ablation des intrahepatischen und perkutanen Stichkanals beim Zurückziehen der RFA-Sonde durchgeführt. Dieses Vorgehen sollte das Auftreten von Stichkanalmetastasen vermeiden. 3.3.6 Histologische Tumorsicherung Bei allen Patienten ohne bis dato vorliegender Histologie erfolgte nach vollständiger Ablation die Gewinnung einer Histologie aus dem abladierten Tumor mithilfe einer Stanzbiopsie. Die histologische Untersuchung und diagnostische Sicherung des Tumors aus abladiertem Gewebe ist möglich. Dieses Vorgehen der histologischen Sicherung reduziert die Inzidenz von Tumor-Seeding beträchtlich (34, 76). 3.3.7 Bauchdeckenverschluss Es folgte eine abschließende Exploration der Bauchhöhle zum Ausschluß von Blutungen oder Verletzungen benachbarter Organe. Nach Ablassen des Kapnoperitoneums erfolgten der Verschluss der Bauchwandfaszie im Bereich der Trokarstellen mit Vicrylnähten, die Adaptation des subkutanen Fettgewebes mit Vicrylnähten und der Verschluß der Haut mit Prolenenähten. 3.4 Tumornachsorge Die postoperative Nachsorge (follow-up) wurde entsprechend den institutionellen Standards durchgeführt. Es erfolgten Ultraschalluntersuchungen der Leber (teilweise mit USKontrastmittel) und die Kontrolle des α-Fetoprotein Spiegels alle 3 Monate. Eine Schnittbilddiagnostik mittels Magnetresonanztomographie (MRT) oder in ausgewählten Fällen Computertomographie (CT) wurde jährlich durchgeführt. Zusätzlich wurde bei den Patienten ein MRT oder CT am 7. postoperativen Tag und alle 3 Monate im ersten Jahr zur Evaluierung der Ablation und zum Ausschluß eines Tumorrezidivs durchgeführt. Die am 7. 26 postoperativen Tag durchgeführte MRT wurde insbesondere als Vergleichsaufnahme für die folgenden MRTs genutzt. Jegliche neu auftretende Kontrastmittelaufnahme der Leber im Bereich der Ablationszone wurde als Rezidiv interpretiert. Abbildung 6: MRT des Abdomens, T1 Wichtung mit Kontrastmittel. Im Segment 4b der Leber zeigt sich eine tumoröse Raumforderung mit einem Durchmesser von ca. 3cm. 27 Abbildung 7: MRT des Abdomens, T1 Wichtung mit Kontrastmittel. Im Segment 4b der Leber zeigt sich 7 Tage nach laparoskopischer RFA eine Koagulationsnekrose. 3.5 Datenerfassung und Statistik Alle klinischen Daten wurden retrospektiv erhoben. Für die Dokumentation der Patientendaten und der klinischen Daten wurde Visual FoxPro 5.0 (Microsoft) verwandt. Die für die Auswertung benötigten Variablen wurden mit dem Abfragetool der Datenbank in einer Abfrage zusammengefasst und in ein Format konvertiert, das für SPSS lesbar war. Alle Auswertungen erfolgten mit SPSS 17.0 für Windows, Version 17.0.0 (SPSS Inc. Chicago, Il. 2008). Falls nicht anders beschrieben, werden die Werte als Mittelwert ± Standardabweichung angegeben. Für die Verteilung berechneter Werte wird das Konfidenzintervall angegeben (KI). Die verwandten statistischen Verfahren werden bei den jeweiligen Fragestellungen beschrieben. Das Signifikanzniveau wurde einheitlich bei p < 0,05 angesetzt. Überlebenskurven wurden nach Kaplan Meier errechnet. 28 4 Ergebnisse 4.1 4.1.1 Patientendaten Demographische Daten Anzahl der Patienten Im Zeitraum vom 05.02.2002 bis 15.02.2008 unterzogen sich 34 Patienten mit HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose einer laparoskopischen Radiofrequenzablation in der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie der Universität zu Köln. Geschlechterverteilung Im Patientenkollektiv waren 8 (24%) weibliche und 26 (76%)männliche Patienten. Dies entspricht einem Verhältnis (männlich: weiblich) von 3,25:1. Alter der Patienten Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug zum Zeitpunkt des operativen Eingriffes 61,3 ± 10,3 Jahre. Der jüngste Patient war 43 Jahre. Das Alter des ältesten Patienten betrug 78 Jahre. Ätiologie der Leberzirrhose 5 (15%) Patienten wiesen eine Hepatitis B und 23 (67%) eine Hepatitis C auf. 3 (9%) Patienten hatten eine äthyltoxische Leberzirrhose. 3 (9%) Patienten hatten eine ätiologisch unklare Lebererkrankung. Stadium der Leberzirrhose 19 (56%) Patienten hatten eine Leberzirrhose im Stadium Child-Pugh A, 12 (35%) im Stadium Child-Pugh B. 5 (15%) Patienten wiesen zum Zeitpunkt des operativen Eingriffes keine Leberzirrhose auf. 29 Portalvenenthrombose 3 (9%) Patienten zeigten eine Portalvenenthrombose als Zeichen einer fortgeschrittenen Lebererkrankung bereits vor dem operativen Eingriff. Leberfunktion Die Analyse der Leberfunktion ergab im Durchschnitt einen MELD-Score von 10 ± 3,1 Punkten. Der CLIP-Score betrug durchschnittlich 0,85 ± 0,86 Punkte. Voroperationen 2 Patienten waren bereits vor dem Zeitpunkt der laparoskopischen RFA an der Leber operiert worden. 1 Patient hatte sich zuvor einer perkutanen Radiofrequenzablation bei HCC, 1 weiterer Patient einer orthotopen, allogenen Lebertransplantation bei HCC unterzogen. Tumormarker Der durchschnittliche Wert des Tumormarkers α-Fetoprotein betrug vor dem operativen Eingriff 238 ± 570 µg/ml. (n = 34) Anzahl Alter (Jahre) 61,3 ± 10,3 Geschlecht (weiblich / männlich) Hepatitis B / C / sonstige CHILD A / B / C Mittelwert ± SD 8 / 26 5 / 23 / 6 19 / 12 / 0 MELD-score CLIP-score α-FP (µg/ml) 10 ± 3,1 0,85 ± 0,86 238 ± 570 Tabelle 3: Charakteristika des Kölner Patientenkollektivs 4.1.2 Anzahl, Größe und RFA der HCCs Tumoranzahl Im gesamten Kölner Patientenkollektiv konnten 66 Tumormanifestationen eines HCC behandelt werden. 30 Durchschnittlich hatte jeder Patient zum Zeitpunkt des ersten operativen Eingriffs 1,8 ± 1,3 Tumoren. 21 (62%) Patienten wiesen eine solitäre Tumormanifestation der Leber auf. 6 (17%) Patienten zeigten 2 intrahepatische Tumoren. 3 (9%) Patienten hatten 3 intrahepatische Tumoren. 4 (12%) Patienten wiesen mehr als 3 intrahepatische Tumorläsionen auf. Im weiteren Verlauf des Follow up wurden bei mehreren Patienten des Kollektivs bei intrahepatischen Tumorrezidiven erneut eine laparoskopische RFA durchgeführt. Tumorablationen Im gesamten Zeitraum des Follow up erfolgten 66 Ablationen bei HCC. Bei 20 (59%) Patienten erfolgte eine Tumorablation. Bei 6 (17%) Patienten erfolgten 2 Ablationen. 3 (9%) Patienten mußten an 3 Tumoren abladiert werden. 3 (9%) Patienten erhielten 4 Tumorablationen. Bei jeweils 1 (3%) Patient erfolgten 6 bzw. 7 Ablationen. Tumorgröße Der mittlere Tumordurchmesser betrug 23,1 ± 12,9 mm. 33 (50%) Tumoren hatten einen Durchmesser von maximal 2 cm. 16 (24%) Tumoren hatten einen Durchmesser größer 2 bis maximal 3 cm. 10 (15%) der Tumoren hatten einen Durchmesser größer 3 bis maximal 4 cm. 7 (11%) Tumoren erreichten eine Grösse von mehr als 4 cm im Durchmesser. Intraoperative Sonographie Bei 6 (18%) Patienten konnte intraoperativ das Tumorstadium bezüglich der Anzahl der Tumoren korrigiert werden. 44 intrahepatische Tumoren waren zum Zeitpunkt des ersten operativen Eingriffs in der präoperativen bildgebenden Diagnostik (CT, MRT) beschrieben worden. 12 zusätzliche Tumormanifestationen konnten intraoperativ mithilfe des laparoskopischen Ultraschalls erkannt werden. Morbidität Es traten keine intra- oder postoperativen Komplikationen (Blutung, Infektion, Abszeß, Leberversagen, Pfortaderthrombose, Biliom) im Patientenkollektiv auf. Lediglich leicht 31 erhöhte Temperaturen, vorübergehend vermehrte Aszitesbildung und eine Reduktion der Leberfunktion wurden in den ersten postoperativen Tagen bei einzelnen Patienten beobachtet. Es erfolgte keine Transfusion von Blutprodukten als Folge von Blutverlusten während des operativen Eingriffes und im Rahmen des stationären Aufenthaltes. Mortalität Die operative Mortalität, die postoperative Mortalität (30 Tage nach dem Eingriff) und die Mortalität des Krankenhausaufenthaltes betrugen jeweils 0%. Krankenhausaufenthalt Nach einem durchschnittlichen stationären Aufenthalt von 8,3 ± 4,9 Tagen wurden die Patienten aus dem Krankenhaus entlassen. Der kürzeste Krankenhausaufenthalt betrug 2 Tage, der längste 29 Tage. (n = 34) Tumoren 1 / 2 / 3 / > 3 Anzahl 21 / 6 / 3 / 4 Durchmesser des HCC (mm) ≤2/2<x≤3/3<x≤4/>4 33 / 16 / 10 / 7 Ablationen 1 / 2 / 3 / 4 / > 4 20 / 6 / 3 / 3 / 2 Mittelwert ± SD 1,8 ± 1,3 23,1 ± 12,9 1,9 ± 1,5 Tabelle 4: Anzahl, Größe und Anzahl der RFA der HCCs des Kölner Patientenkollektivs 4.1.3 Follow-up in Köln Follow-up Das mittlere Follow-up (Nachsorgezeitraum) betrug 29,7 ± 22,4 Monate. Die kürzeste Nachsorge erfolgte über einen Zeitraum von 4 Monaten. Die längste Nachsorge erfolgt über 95 Monate. Ablationserfolg Eine vollständige Ablation des Tumors wurde bei 29 (85%) Patienten erreicht. Bei 5 (15%) Patienten gelang bei fortgeschrittener Tumorerkrankung (Anzahl oder Größe der Tumoren) keine komplette Ablation der intrahepatischen Tumoren. Hierbei zeigten 2 (6%) Patienten in der postoperativen Schnittbilddiagnostik im Rahmen der Nachsorge eine inkomplette 32 Tumorablation. Ein multifokaler, mit diesem Verfahren nicht kurativ behandelbarer Tumor wurde intraoperativ bei 3 (9%) Patienten entdeckt. Rezidivraten 25 (74%) Patienten entwickelten im Zeitraum des Follow-up ein Tumorrezidiv. 9 (26%) Patienten blieben im gesamten Follow-up tumorfrei. Ein intrahepatisches Tumorrezidiv wurde bei 20 (59%) Patienten beobachtet. 2 dieser Patienten zeigten im Bereich der RFA-Nekrose ein Lokalrezidiv. 3 (9%) Patienten zeigten ein Rezidiv der Lunge oder Pleura. Ossäre Rezidive entwickelten 2 (6%) Patienten. 2 (6%) Patienten hatten ein Rezidiv im Bereich der mesenterialen oder mediastinalen Lymphknoten. 1 (3%) Patient entwickelte eine Hautmetastase. Bei 1 (3%) Patienten trat ein Rezidiv im Bereich des RFA-Sonden-Stichkanals der Bauchdecke (track seeding) nach zuvor durchgeführter perkutaner RFA auf. Die kummulierte Wahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, ein Rezidiv nach laparoskopischer RFA zu entwickeln, betrug nach 1 Jahr 51%, nach 2 Jahren 64%. Therapie der Rezidive Bei 20 (59%) Patienten traten intrahepatische Tumorrezidive auf. 4 (20%) Patienten unterzogen sich keiner weiteren operativen Therapie. 16 (80%) Patienten wurden erneut operativ an diesen Leberherden behandelt (LTx, offene Leberresektion, offene RFA, perkutane RFA). Lebertransplantation 14 (41%) Patienten des Kollektivs unterzogen sich im Zeitraum des Follow-up einer allogenen Lebertransplantation (LTx). Die durchschnittliche Wartezeit der Patienten auf ein Organ betrug 8,5 ± 7,1 Monate nach der RFA. Die transplantierten Patienten waren mit durchschnittlich 57 ± 9 Jahren signifikant jünger als die nicht zur Transplantation gelisteten Patienten mit durchschnittlich 67± 8 Jahren. Überlebensraten Der Median des Überlebens nach Kaplan-Meier betrug 29 ± 8 Monate (95% CI: 13-45). Das durchschnittliche Alter der Patienten zum Todeszeitpunkt betrug 63,1±10 Jahre. 33 Die kumulierten Überlebensraten nach Kaplan-Meier für 1, 2 und 5 Jahre betrugen 79, 61 und 29% (Tabelle 5). Abbildung 8 zeigt das Gesamtüberleben der Kohorte. Überlebensraten in Abhängigkeit von Lebertransplantation Die Lebertransplantation hatte einen signifikanten Einfluss auf die Gesamtüberlebensrate. Das mittlere Überleben nach Kaplan-Meier betrug nach Transplantation 62 ± 11 Monate (95% CI: 41-83) und ohne Transplantation 25 ± 4 Monate (95% CI: 17-32). Die kumulierten Überlebensraten nach Kaplan-Meier für 1, 2 und 5 Jahre nach Transplantation betrugen 92, 77 und 46%. Die kumulierten Überlebensraten nach Kaplan-Meier für 1 und 2 Jahre ohne Lebertransplantation betrugen 70 und 50%. Abbildung 9 zeigt das Gesamtüberleben der Kohorte in Abhängigkeit von der Transplantation. Überlebensraten in Abhängigkeit der Leberfunktion (Child-Pugh) Das mittlere Überleben nach Kaplan-Meier betrug bei Child-Pugh A 51 ± 9 Monate (95% CI: 33-68) und bei Child-Pugh B 26 ± 7 Monate (95% CI: 12-39). Die kumulierten Überlebensraten nach Kaplan-Meier für 1, 2 und 5 Jahre bei Child-Pugh A betrugen 84, 68 und 33%. Die kumulierten Überlebensraten nach Kaplan-Meier für 1, 2 und 5 Jahre bei Child-Pugh A betrugen 65, 28 und 28%. Mortalität 20 (59%) Patienten verstarben im Zeitraum des gesamten Follow-up. 18 dieser Patienten verstarben aufgrund des Progresses des HCC oder den Folgen der Leberzirrhose. 2 weitere Patienten verstarben unabhängig von der Lebererkrankung an den Folgen einer Lungentuberkulose und eines Herzinfarktes. 34 Wert (%) 1 Jahres Überlebensrate 79 2 Jahres Überlebensrate 61 5 Jahres Überlebensrate 29 1 Jahres Rezidivrate 51 2 Jahres Rezidivrate 64 Tabelle 5: Kummulierte Überleben- und Rezidivraten nach laparoskopischer RFA von HCC. Abbildung 8: Kummuliertes Überleben nach laparoskopischer RFA von HCC 35 Abbildung 9: Einfluss der Lebertransplantation auf das kummulierte Überleben nach laparoskopischer RFA von HCC 4.2 Ergebnisse der medline-Recherche Die Recherche in der medline-Datenbank unter den Suchbegriffen (hepatocellular or HCC) und (radiofrequency or radio frequency or radio-frequency) und (laparoscopic or laparoscopy) ergab 113 Artikel, die vor Dezember 2009 publiziert worden waren. 34 dieser Artikel berichteten über die Behandlung von Patienten mit HCC mit der laparoskopischen RFA. Darunter stammten 14 Publikationen von derselben Institution und bezogen sich damit auf ein identisches Patientenkollektiv. Nur die aktuellste dieser Publikation wurde aufgrund der Vollständigkeit der Daten berücksichtigt. 44 Artikel berichteten über technisch andere operative Verfahren (offene/ perkutane Ablationen, laparoskopische Resektionen) bei der Behandlung von HCC oder bezogen sich auf Patientenkollektive, die nur zu geringem Anteil laparoskopisch therapiert wurden. Weitere 24 Publikationen bezogen sich auf die laparoskopische Behandlung von anderen Tumoren als HCC. 9 Artikel waren Reviews und bezogen sich auf Daten aus anderen Publikationen. 2 japanische Veröffentlichungen konnten aufgrund der Sprache nicht berücksichtigt werden. 36 6 Publikationen berichteten über Ergebnisse prospektiver Studien bei Patienten mit HCC in einer Leberzirrhose, die mittels laparoskopischer RFA behandelt worden waren (2, 28, 53, 66, 69, 78). 4.2.1 Anzahl und Qualität der Artikel Insgesamt ergaben sich aus der medline-Recherche 6 Veröffentlichungen, die eine Behandlung von Patienten mit HCC in einer Leberzirrhose mittels laparoskopischer RFA und ein mittleres follow up von mindestens 12 Monaten beinhalteten (2, 28, 53, 66, 69, 78). 5 Publikationen berichten über die Ergebnisse von prospektiven Beobachtungsstudien. Bei 1 Publikation handelt es sich um eine retrospektive Studie. Als Indikation für das operative Vorgehen wurde in allen Studien eine HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose beschrieben. Hierbei wurden nur Patienten mit maximal 4 präoperativ diagnostizierten Tumoren eines maximalen Durchmessers von 5 cm therapiert. Die Wahl des operativen Verfahrens wurde mit der Lage der Tumoren, der Schwierigkeit einer chirurgischen Resektion und der reduzierten Leberfunktion begründet. Alle diese 6 Publikationen beschreiben ein mit der Kölner Gruppe vergleichbares operatives Vorgehen (74). Tabelle 6 fasst die Daten dieser Publikationen zusammen und stellt sie denen des Kölner Kollektivs gegenüber. 37 Patient (n) CLIP / CHILD Hsieh 2004 (28) 40 no data / A 0%, B 70%, C 30% no data Santambrogio 2005 (69) 104 no data / A 59%, B 41%, C 0% 1,47 58 no data / A 69%, B 31%, C 0% 55 no data / 1,8±0,2 A 51%, B 29%, C 20% 26 no data / A 42%, B 35%, C 23% Sakaguchi 2009 (66) 249 no data / A 60%, B 39%, C 1% Köln 2008 34 0,85 ± 0,86 / 1,8 ± 1,3 23,1 ± 12,9 A 56%, B 35%, C 0% Artikel Montorsi 2005 (53) Berber 2005 (2) Tanaka 2009 (78) HCC (n) no data 1 1 HCC (mm) Ø follow up (Monate) Gesamtüberleben 32 ± 10 12,5 82% (1y) 64% (2y) 28,3±10,8 22,5±15,9 44% (4y) 25,7±17,5 85% (1y) 75% (2y) 61% (3y) 45% (4y) no data 78% (1y) 48% (2y) 38% (3y) no data 94% (1y) 94% (2y) 94% (3y) no data 98% (1y) 95% (2y) 64% (5y) 29,7 ± 22,4 79% (1y) 61% (2y) 29%(5y) no data no data 20 24,8±8,9 Tabelle 6: Ergebnisse der Publikationen aus vergleichbaren Patientenkollektiven 38 5 Diskussion 5.1 Therapie des HCC Die Therapie des HCC ist vom Tumorstadium abhängig. Vor Einleitung der Therapie ist das Staging der Tumorerkrankung entscheidend. Die von Llovet JM et al. 1999 publizierte BCLC–Klassifikation (Barcelona Clinic Liver Cancer) hat heute beim Staging des HCC weite Verbreitung gefunden, da sie zur Stratifizierung von Behandlungsplänen gut geeignet ist (44). In die Zuordnung in 4 Stadien fliesen das Tumorstadium, die Leberfunktion, der physische Zustand und die klinischen Symptome des Patienten ein. Die BCLC-Klassifikation verbindet das Tumor-Staging mit der Behandlungsstrategie und berücksichtigt dabei die Prognose der Erkrankung und die Vorteile der unterschiedlichen therapeutischen Verfahren. Im interdisziplinären Behandlungskonzept des Zentrums für integrierte Onkologie der Universität Köln (Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie, Hepatologie, Radiologie) erfolgten die Einteilung des Tumorstadiums und die Entscheidung über das therapeutische Vorgehen in Anlehnung an die Kriterien des BCLC Staging Systems. Patienten im Stadium 0 und A erhielten den Empfehlungen der BCLC–Klassifikation entsprechend eine radikale Therapie. Bei Zutreffen besonderer Auswahlkriterien (siehe Kapitel 3.2) (22, 69, 72) erfolgte bei Patienten im Stadium 0 und A in der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie der Universität zu Köln die Behandlung mit der laparoskopischen RFA. Patienten im Stadium B, C oder D wurden den Empfehlungen der BCLC-Klassifikation von einer operativen Therapie ausgeschlossen. 5.2 Überlegenheit der RFA gegenüber der PEI Die perkutane Ethanol Injektion (PEI) ist ein etabliertes Verfahren bei der Behandlung früher Stadien des HCC und wird seit Anfang der 80er Jahre angewandt. Die Radiofrequenzablation der Leber hat sich hingegen erst in den vergangenen Jahren als neue Therapie bei der Behandlung des HCC durchgesetzt. Beide minimal invasive Verfahren sind mit einer geringen Komplikationsrate behaftet (39, 42, 73). Die Radiofrequenzablation hat jedoch 39 mittlerweile die PEI als Standardmethode der lokalen Ablation verdrängt (46). Die Überlegenheit der RFA bezüglich der Rate an Lokalrezidiven und Gesamtüberleben wurde in mehreren prospektiv, randomisierten Studien gezeigt (39, 42, 73). Shiina et al zeigten in einer prospektiv randomisierten Studie aus dem Jahr 2005 einen deutlichen Vorteil der perkutanen RFA gegenüber der PEI bezüglich der Überlebensraten, der Rezidivrate, der Lokalrezidivrate, der perioperativen Morbidität und Mortalität und der Länge des Krankenhausaufenthaltes. In die Studie eingeschlossen waren Patienten mit bis zu 3 intrahepatischen Tumoren eines HCC mit maximalem Durchmesser von 3 cm (73). Lin et al stimmten in diesen Ergebnissen in seiner Publikation aus dem Jahr 2005 überein. Sie zeigten jedoch in einer prospektiv randomisierten Studie eine höhere Komplikationsrate der RFA gegenüber der PEI und der PAI (perkutane Essigsäure Injektion) (42). Lencioni et al kamen in einer prospektiv randomisierten Studie aus dem Jahr 2003 bei der first-line Therapie von Patienten mit bis zu 3 HCC mit max. Durchmesser von 3 cm auf dieselben Ergebnisse (39). Die RFA als moderneres Verfahren bei der Behandlung des HCC scheint demnach der PEI überlegen zu sein. Ein bedeutender Nachteil dieses Verfahrens sind jedoch die deutlich höheren Kosten. Brunello et al wiesen im Jahr 2008 in einer Publikation auf diesen Nachteil der perkutanen RFA gegenüber der PEI hin (7). Entsprechend den Forderungen von Lencioni et al (39) wurde in der Kölner Gruppe die laparoskopische RFA von HCC bei Patienten mit reduzierter Leberfunktion, mit deutliche erhöhtem operativen Risiko für eine chirurgischen Resektion, mit hoher Komorbidität, mit multiplen Tumormanifestationen und als bridging-Therapie vor geplanter allogener Lebertransplantation angewandt. Die Ergebnisse der laparoskopischen RFA von HCC aus der Kölner Gruppe zeigten keine schwerwiegenden intra- oder postoperativen Komplikationen im Patientenkollektiv. Lediglich leicht erhöhte Temperaturen, vorübergehend vermehrte Aszitesbildung und eine Reduktion der Leberfunktion wurden als Folge des operativen Eingriffs in den ersten postoperativen Tagen beobachtet. Ein Vergleich der Überlebens- und Rezidivraten bezüglich alternativer Therapien (PEI, PAI) war aufgrund von fehlendem Patientenkollektiv an dieser Klinik nicht möglich. 40 5.3 Vergleich der perkutanen mit der laparoskopischer RFA Die Radiofrequenzablation der Leber kann perkutan unter bildgebender Kontrolle, laparoskopisch unter optische Kontrolle oder am offenen Abdomen erfolgen. Alle drei Zugangswege werden abhängig von der klinischen Abteilung, dem Patientenspektrum und dem Tumor angewandt. Bezüglich der Indikationsstellung und der Ergebnisse gibt es zwischen den einzelnen Zugangswegen der RFA deutliche Unterschiede. Rezidivrate In einer kürzlich publizierten Metaanalyse von Mulier S. aus dem Jahr 2005 erreichte die laparoskopische RFA verglichen mit der perkutanen RFA bei HCC eine signifikant geringere Lokalrezidivrate (56). Ein perkutaner Zugang sollte hiernach nur bei Patienten gewählt werden, die eine Laparoskopie nicht tolerieren. Die sicherlich geringere Invasivität des perkutanen Zugangs wiegt nicht die höhere Lokalrezidivrate auf. Diese Ergebnisse sollten aber aufgrund noch zu geringer Fallzahlen mit Vorsicht betrachtet werden (2, 12, 33, 70). Die Lokalrezidivrate des Kölner Kollektivs war mit 6% niedrig. Dennoch entwickelten im Verlauf des Follow-up 74% der Patienten ein intra- oder extrahepatisches Tumorrezidiv. Intraoperative Sonographie Der laparoskopische Zugang ermöglicht durch die systematische Untersuchung der Leber mit dem laparoskopischen Ultraschall ein exakteres Staging des HCC (47) und das Aufdecken zusätzlicher behandlungsbedürftiger Tumorherde (29). Dies ist beim perkutanen Zugang der RFA bei der Behandlung des HCC nicht möglich. Hier ergeben sich zur präoperativen Diagnostik (Sonographie, CT, MRT) keine weiteren Informationen bezüglich des Tumorstagings. Die Kölner Gruppe konnte bei 18% der Patienten zusätzliche, präoperativ in der Schnittbilddiagnostik (Sonographie, CT, MRT) nicht beschriebene Herde des HCC entdecken und abladieren. Anästhesie Die perkutane RFA erfolgt meist unter Lokalanästhesie der Bauchdecke im Bereich der Punktionsstelle der RFA-Nadel am wachen, kooperativen Patienten und ist damit in der technischen Durchführung mit einem geringen Aufwand verbunden. Die laparoskopische RFA erfordert in jedem Fall eine Vollnarkose des Patienten. Insbesondere bei nervösen, nicht 41 kooperativen Patienten stellt sich dies jedoch oftmals als Vorteil heraus und ermöglicht dem Operateur ein leichteres Arbeiten. Im Vergleich mit dem perkutanen Zugang ist dies allerdings mit einem erhöhten technischen und finanziellen Aufwand verbunden. Track-seeding (Tumorzellverschleppung) Die peritoneale Verschleppung von Tumorzellen bei der Punktion des HCC stellt ein großes Risiko für den Patienten dar. Dies betrifft sowohl die diagnostische Punktion, wie auch die therapeutische Ablation des HCC. In der Literatur wird das Risiko einer peritonealen Tumorzellverschleppung bei der Biopsie mit 2,29% und bei der RFA mit 0,61-0,95% angegeben (76). Oberflächlich gelegene Tumoren bergen ein deutlich höheres Risiko einer peritonealen Aussaat von Tumorzellen bei der perkutanen Ablation, bedingt durch den direkten Stichkanal durch die Bauchdecke. Die Laparoskopie ermöglicht hingegen eine indirekte, langstreckig durch gesundes Lebergewebe verlaufende Punktion und verhindert dadurch nach suffizienter Ablation des Stichkanals die Streuung von Tumorzellen. Zur Vermeidung einer Tumorzellverschleppung (Track-seeding) sollte immer die Ablation des Stichkanals (Track-ablation) erfolgen. Bei der Kölner Gruppe wurde eine ausreichende Strecke des Stichkanales durch gesundes Lebergewebe von mindestens 2 cm von der Leberkapsel bis zum Tumor konsequent eingehalten und eine Track-Ablation durchgeführt. Bei 2,9% der Patienten des Kölner Kollektivs wurde eine Tumorzellverschleppung beobachtet. Hier hatte sich nach einer perkutanen RFA eines HCC im Verlauf des Stichkanals durch die Bauchdecke eine Abklatschmetastase gebildet. Dieser im Vergleich zur Literatur hohe Prozentsatz ist bei kleinem Patientenkollektiv der Kölner Gruppe als nicht signifikant zu bewerten. Morbidität und Mortalität Mulier beschrieb 2002 im British Journal of Surgery in einem Review bei 8,9% der Patienten Komplikationen der RFA von Lebertumoren (55). Die Komplikationen umfaßten unter anderem abdominelle Blutungen (1,6%), abdominelle Infektionen (1,1%), Verletzungen der Gallewege (1,0%), Leberversagen (0,8%), Verletzungen viszeraler Organe (0,5%) (Magen, Dickdarm, Dünndarm, Gallenblase, Nieren). Bezogen auf den operativen Zugang betrug die Morbidität beim perkutanen Vorgehen 7,9% und beim laparoskopischen Vorgehen 9,4%. Die Mortalität betrug beim der perkutanen RFA 0,5% im Gegensatz zu 0% bei der laparoskopischen RFA (55). 42 Die perkutane Ablation von Tumoren in lokaler Nähe zu benachbarten Organen birgt das Risiko thermischer oder mechanischer Schäden. Bei der laparoskopischen RFA erfolgt die Platzierung der Ablationssonde unter optischer und sonographischer Kontrolle. Durch die optische Kontrolle wird eine mechanische Verletzung benachbarter Organe vermieden. Unter Zuhilfenahme von speziellen endoskopischen Instrumenten (Paddels) können bei der laparoskopischen Ablation benachbarte Organe auf Abstand gehalten und vor thermischen Schäden bewahrt werden. Die zusätzliche optische Kontrolle mit der Kamera zeigt den Verlauf der Ablation und reduziert Gefahren einer Schädigung benachbarter Organe deutlich (50, 55). Die Durchführung des operativen Eingriffes erfolgte in der Kölner Gruppe durch einen erfahrenen Operateur. Hierbei kam es zur regelmäßigen Anwendung von Paddels zum Schutz benachbarter Organe. Intra- oder postoperative Komplikationen im Sinne von Verletzungen benachbarter Organe wurden nicht beobachtet. Die Mortalität des operativen Eingriffs betrug im Kölner Kollektiv 0%. Durch präventives Vorgehen und operative Erfahrung können bei der RFA viele Komplikationen vermieden werden (55). Tumorlokalisation Nicht jede intrahepatische Tumormanifestation ist aufgrund der Lokalisation für die perkutane Ablation erreichbar. Insbesondere Tumoren im Bereich der oberen Lebersegmente 4a und 8 sind perkutan in der Transversalebene des Schnittbildverfahrens (inplane) nur durch eine transthorakale oder transdiaphragmale Punktion erreichbar. Eine perkutane, transabdominelle, nicht zur Transversalebene verlaufende Punktion der oberen Lebersegmente (offplane) ist deutlich schwerer und birgt das Risiko eines erhöhten Traumas der Leber oder einer inkompletten Ablation des Tumors. Bei der laparoskopischen RFA ist unter sonographischer Kontrolle die Punktion von Tumoren der oberen Lebersegmente offplane technisch unproblematisch. Dagegen erwies sich in der Kölner Gruppe die laparoskopische RFA von Tumoren im dorsalen Segment 6 der Leber als schwierig. Grund dafür war der operative Zugang von ventral bei Lagerung des Patienten in Steinschnittlage, die lange Wegstrecke durch die freie Bauchhöhle und die schwierige Kontrolle der Ablationsnadel bei der Punktion des Tumors. Eine in Bauchlage durchgeführte perkutane RFA ist hier technisch leichter durchführbar. 43 Ablationsausmaß Unter dem erhöhten intraabdominellen Druck des Capnoperitoneums bei der Laparoskopie sinkt die Leberperfusion um 30-40 % (31, 59, 75). Dieser Effekt beeinflusst bei der laparoskopischen RFA die Größe der Ablation entscheidend. Bei reduzierter Perfusion der Leber ist der kühlende Effekt des die Leber perfundierenden Blutes vermindert. Bei erhöhtem intraabdominellem Druck sinkt die Leberperfusion. Dadurch steigt der Durchmesser der Ablationszone der Leber (ZOA). Dieser Effekt ist beim offenen Operationssitus nur durch das Pringle-Manöver zu erreichen. Beim Pringle-Manöver wird vorübergehend durch Kompression des Ligamentum hepatoduodenale die Perfusion der Leber durch die Pfortader und Arteria hepatica reduziert. Dies birgt jedoch ein Risiko einer Pfortaderthrombose. Bei der perkutanen RFA läßt sich die Leberperfusion und die damit verbundene Größe der Ablationszone nicht beeinflussen. Im Patientenkollektiv der Kölner Gruppe wurden Tumoren mit einem Durchmesser von bis zu 50 mm unter einem Capnoperitoneum von 24 mmHg suffizient abladiert. Nach laparoskopischer RFA der Leber wurde keine neu aufgetretene Pfortaderthrombose als Folge des Eingriffs beobachtet. Zusammenfassung der Vorteile Die laparoskopische RFA weist im Vergleich mit der perkutanen RFA bei der Behandlung von Lebertumoren zahlreiche Vorteile auf. Sie ermöglicht ein exakteres Tumorstaging durch die Möglichkeit des endoskopischen Ultraschalls und damit eine geringere Rezidivrate des Tumors. Insbesondere bei der Behandlung multipler oder in den oberen Lebersegmenten gelegener Tumoren ist der laparoskopische Zugang von technischem Vorteil. Das Risiko von Verletzungen benachbarter Organe wird reduziert. Durch die Verminderung der Leberperfusion bei der Anlage eines Kapnoperitoneums erreicht die laparoskopische RFA größere Ablationen. Die laparoskopische RFA ist jedoch mit einem höheren technischen und finanziellen Aufwand im Vergleich mit der perkutanen RFA verbunden. 5.4 Vergleich der RFA mit der Resektion und Transplantation Indikation Die chirurgische Resektion und die Lebertransplantation sind die radikalsten, effektivsten und invasivsten Verfahren bei der Behandlung des HCC und gelten als Goldstandard (5). Dennoch sind sie nicht bei allen Patienten anwendbar. Beide chirurgische Verfahren sind im Vergleich 44 mit der RFA mit einer hohen Morbidität und Mortalität behaftet. Die gestörte Blutgerinnung, das Vorhandensein von portalen Umgehungskreisläufen und die reduzierte Syntheseleistung der Leber bei Patienten mit fortgeschrittenen Lebererkrankungen sind dafür verantwortlich. Als Voraussetzung einer chirurgischen Resektion eines HCC sollte deshalb eine fortgeschrittene Leberzirrhose mit portaler Hypertonie und Bilirubinerhöhung ausgeschlossen werden. Die chirurgische Resektion eines solitären HCC bei unbeeinträchtigter Leberfunktion verspricht exzellente Ergebnisse (3, 84). Die chirurgische Resektion des HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose stößt jedoch häufig bedingt durch die reduzierte Leberfunktion an ihre Grenzen. Nur bei 10-20% der Patienten mit HCC kann bedingt durch die Tumorgröße, die Tumorlokalisation oder die eingeschränkte Leberfunktion eine chirurgische Resektion erfolgen (27). Insbesondere bei multiplen intrahepatischen Tumormanifestationen oder bei zentral an wichtigen Strukturen der Leber gelegenen Tumoren profitieren die Patienten von einem minimal invasivem Verfahren wie der laparoskopischen RFA (12, 26, 52). Entsprechend besonderen Auswahlkriterien (siehe Kapitel 3.2) (22, 69, 72) erfolgte in der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie der Universität zu Köln die Behandlung dieser Patienten mit der laparoskopischen RFA. Morbidität Die Morbidität einer chirurgischen Leberresektion bei Patienten mit Lebertumoren ohne Leberzirrhose wird in der Literatur mit 5-15% angegeben (27). Patienten mit reduzierter Leberfunktion bei Leberzirrhose haben bei der chirurgischen Resektion eines Lebertumors ein noch deutlich größeres Risiko, eine peri- und postoperative Komplikation zu erleiden. Die chirurgische Leberresektion ist verbunden mit einem erhöhten intraoperativen Blutverlust und der Gefahr einer Leberinsuffizienz bei zu ausgedehnten Resektionen und einer zu geringen Syntheseleistung des verbleibenden Leberparenchyms (36). Das akute Leberversagen wird als schwere perioperative Komplikationen bei der chirurgischen Leberresektion bei zirrhotisch veränderter Leber häufig beobachtet. Die RFA vermeidet die Zerstörung von gesundem Lebergewebe durch die nur lokal im Tumor applizierte Wärme. Die Gefahr eines akuten Leberversagens ist hier nur bei multiplen und ausgedehnten Ablationen zu erwarten. Hsieh et al beobachteten bei 7,5% der Patienten seines Kollektives ein transientes Leberversagen nach der laparoskopischen RFA im Zeitraum von 1 Monat (28). Mulier et al beschrieben in einem Review im Jahre 2002 bei 0,8% der Patienten 45 nach RFA (perkutan, laparoskopisch, offen) ein transientes Leberversagen (55). Ein letales Leberversagen nach laparoskopischer RFA wird nur extrem selten beobachtet. In der Kölner Gruppe wurde nach Anwendung der laparoskopischen RFA kein Leberversagen beobachtet. Lediglich leicht erhöhte Temperaturen, vorübergehend vermehrte Aszitesbildung und eine geringgradige Reduktion der Leberfunktion wurden in den ersten postoperativen Tagen beobachtet. Es erfolgten keine Transfusionen von Blutprodukten intra- und postoperativ. Entsprechend den Ergebnissen vergleichbarer, in der Literatur publizierter prospektiver Studien erweist sich die laparoskopische RFA der Leber auch in der Kölner Gruppe als minimal invasives operatives Verfahren mit geringer Mobidität. Mortalität In der Literatur liegt die Mortalität der chirurgischen Resektion der Leber bei 5% (21, 27). Die Mortalität der laparoskopischen RFA von Lebertumoren wird in der Literatur mit 0-2,5% angegeben (28, 55, 71). Eine niedrige Mortalität dieses minimal invasiven Eingriffes bestätigte sich auch im Kölner Patientenkollektiv. Hier wurde kein Todesfall im Rahmen des operativen Eingriffes beobachtet. Die perioperative Mortalität (Tod innerhalb von 30 Tagen nach dem operativen Eingriff) betrug 0%. Rezidivrate Nach Ablationen der Leber werden in der Literatur in Abhängigkeit von Tumorentität, Tumorgröße und Lokalisation (Nähe zu Gefäßen, Leberkapsel) Lokalrezidivraten von 2-40% beschrieben (15, 43, 56). Mulier zeigte in einem umfassenden Review im Jahr 2008 bezüglich der Rezidivraten bei kolorektalen Lebermetastasen in Abhängigkeit vom Zugangsweg der RFA (perkutan, laparoskopisch, offen) beträchtliche Unterschiede (57). Für Tumoren kleiner 3 cm waren die Lokalrezidivraten bei der chirurgischen Resektion und der offenen RFA vergleichbar. Die Lokalrezidivrate bei Tumoren kleiner 3 cm bei der perkutanen oder laparoskopischen RFA war jedoch deutlich höher. Bei Tumoren größer 3 cm erreichen die Ergebnisse der RFA (perkutan, laparoskopisch, offen) bezüglich der Lokalrezidivrate jedoch nie die Ergebnisse der offenen, chirurgischen Resektion (58). Dennoch profitieren die Patienten bei multiplen intrahepatischen Tumormanifestationen oder bei zentral an wichtigen Strukturen der Leber gelegenen Tumoren von einem minimal invasivem Verfahren wie der laparoskopischen RFA (12, 26, 52). 46 Die Lokalrezidivrate des Kölner Kollektivs war mit 6% niedrig. Dennoch entwickelten im Verlauf des Follow-up 74% der Patienten ein intra- oder extrahepatisches Tumorrezidiv. Überleben Ueno verglich in einer 2009 publizierten retrospektiven Kohortenstudie eines Kollektives von 278 Patienten mit frühen Stadien des HCC die Ergebnisse der RFA (perkutan, laparoskopisch, offen) und der chirurgischen Leberresektion (80). Das tumorfreie Überleben nach chirurgischer Resektion war hier insbesondere bei solitären Tumoren signifikant höher. Bei multiplen Tumoren zeigte die RFA jedoch ein besseres Überleben. Seiner Meinung nach sollte die Resektion bei solitären HCC bei guter Leberfunktion und die RFA bei multiplen HCC insbesondere bei Zirrhose durchgeführt werden. Bezüglich des Gesamtüberlebens konnten Montorsi et al keine Unterschiede zwischen Resektion und RFA erkennen (53). Sie wiesen jedoch auf eine erhöhte Lokalrezidivrate bei der RFA hin. Zwei aktuelle prospektiv randomisierte Studien verglichen die RFA mit der chirurgischen Resektion von HCC bei Patienten mit Leberzirrhose (10, 48). Man erhielt vergleichbare Ergebnisse bezüglich der lokalen Tumorkontrolle bei jedoch höherer Komplikationsrate der Resektion. Ein Vergleich des Überlebens der Kölner Studie mit Daten nach chirurgischer Resektion konnten bei fehlender Vergleichsgruppe nicht gezogen werden. Operationszeiten Betrachtet man die Länge des operativen Eingriffes, so ist die chirurgische Resektion im Vergleich mit der lap. RFA das zeitaufwendigere Verfahren (53). Die chirurgische Resektion eines HCC ist im Vergleich zur laparoskopischen RFA meist auch mit einem deutlich längeren stationären Aufenthalt verbunden. Chen et al (10) zeigten in einer prospektiv randomisierten Studie einen ca. 10 Tage längeren Krankenhausaufenthalt nach Resektion. Die Patienten nach laparoskopischer RFA eines HCC konnten hingegen nach ca. 9 Tagen entlassen werden. Im Kölner Kollektiv betrug die Länge des durchschnittlichen Krankenhausaufenthaltes 8,3 ± 4,9 Tage und entsprach damit den publizierten Daten vergleichbarer Studien. 47 5.5 Lebertransplantation Die Lebertransplantation ist die effektivste Therapie bei frühen Stadien des HCC. Diese Therapie ist jedoch aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit der Organe und der beträchtlichen Kosten der Behandlung der Patienten nur beschränkt durchführbar (54, 61). Das European Liver Transplant Registry (ELTR) analysiert und publiziert die Ergebnisse der europaweit durchgeführten Lebertransplantationen. Eine primäre Lebertransplantation erfolgt hiernach bei 58% der Patienten aufgrund einer Leberzirrhose. 13% der Patienten werden aufgrund eines Lebertumors transplantiert. Mit fortgeschrittenem Lebensalter verschieben sich diese Prozentangaben. Die über 60 jährigen Patienten zeigen zu 65% eine Zirrhose und zu 23% einen Lebertumor als Grund der Lebertransplantation. 83% der aufgrund eines Lebertumors transplantierten Patienten weisen ein HCC auf. In der Literatur liegt die Mortalität der Lebertransplantation bei 17% (49). Die ELTR gibt die 30 Tage Mortalität nach Lebertransplantation mit 15% an. Die 10-Jahres Überlebensrate von Patienten mit Lebertumor beträgt nach Lebertransplantation 44%. 15 Patienten des Kölner Kollektivs waren zum Zeitpunkt der laparoskopischen RFA auf der Wartelist zur Lebertransplantation. 14 dieser Patienten wurden im Zeitraum des Follow-up transplantiert. Die durchschnittliche Wartezeit der Patienten bis zur Transplantation betrug 8,5 ± 7,1 Monate. Die transplantierten Patienten waren mit durchschnittlich 57 ± 9 Jahren signifikant jünger als die nicht zur Transplantation gelisteten Patienten mit durchschnittlich 67 ± 8 Jahren. Im Kölner Kollektiv betrug das durchschnittlichen Follow-up nach Lebertransplantation 34,1 ± 21,2 Jahre. Innerhalb des Follow-up verstarben 5 Patienten. Die kumulierten Überlebensraten nach Kaplan-Meier für 1, 2 und 5 Jahre nach Transplantation betrugen 92, 77 und 46%. Im Vergleich mit den ELTR-Daten sind dies schlechtere Ergebnisse, die jedoch sich auf ein anderes, zu kleines Kollektiv der Kölner Gruppe zurückführen lassen. 5.6 Operativer Zugang bei der RFA Die RFA der Leber kann perkutan oder am offenen Abdomen erfolgen. Die Platzierung der Ablationssonde im Tumor und die Kontrolle der Ablation erfolgt unter Bildgebung mit dem Ultraschallgerät, der Computertomographie und unter optischer Kontrolle während einer Laparoskopie oder am offenen Abdomen. 48 Die Wahl des entsprechenden Verfahrens ist stark von der Lage der Tumormanifestation und der Verfügbarkeit des Verfahrens in der Klinik abhängig. Perkutane Ablationen unter Bildgebung mit dem Ultraschallgerät oder der Computertomographie erfolgen häufig in der Hepatologie oder Radiologie (38, 43). Die RFA im Rahmen der Laparoskopie und am offenen Situs ist eine Domäne der Chirurgie (12, 26, 52). Die perkutane RFA erfolgt meist unter Lokalanästhesie der Bauchdecke im Bereich der Punktionsstelle der RFA-Nadel am wachen Patienten. Voraussetzung dafür ist ein kooperativer Patient und ein in der Schnittbilddiagostik (Ultraschall, CT) adäquat punktierbarer Tumor. Bei der laparoskopischen RFA und der RFA am offenen Operationssitus erfolgte die Platzierung der Ablationssonde unter optischer und sonographischer Kontrolle. Durch die optische Kontrolle wird eine Verletzung benachbarter Organe vermieden und die Komplikationen der Leberpunktion reduziert. Das Zugangstrauma bei der laparoskopischen RFA der Leber ist gering. Auch bei Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose zeigt dieses minimal invasive Verfahren eine geringe perioperative Morbidität und Mortalität. Mulier beschrieb 2002 im British Journal of Surgery in einem Review bei 9,5% der Patienten Komplikationen der laparoskopischen RFA von Lebertumoren (55 ). Die Komplikationen umfassten unter anderem abdominelle Blutungen (1,6%), abdominelle Infektionen (1,1%), Verletzungen der Gallewege (1,0%), Leberversagen (0,8%), Verletzungen viszeraler Organe (0,5%) (Magen, Dickdarm, Dünndarm, Gallenblase, Nieren). Die Mortalität der laparoskopischen RFA von Lebertumoren wird in der Literatur mit 0-2,5% angegeben (55, 71). Die Mortalität des Patientenkollektives der Kölner Gruppe betrug 0%. Es wurden keine perioperativen Komplikationen nach laparoskopischer RFA beobachtet. 5.7 Vergleich der Ergebnisse mit der Literatur Tumoranzahl und -größe Im Kölner Kollektiv wurden Patienten mit maximal 3 Tumoren bis zu 3 cm Durchmesser in der präoperativen Schnittbilddiagnostik im CT oder MRT behandelt. Verglichen mit den in der Literatur publizierten, vergleichbaren Kollektiven wurden damit ähnliche Indikationen bezüglich Anzahl und Größe der Tumoren für die laparoskopische RFA gestellt (2, 28, 53, 66, 69, 78). Bei den prospektiven Studien von Hsieh et al und Montorsi et al wurden jedoch auch Patienten mit Tumoren bis zu 5 cm Durchmesser behandelt (28, 53). 49 Überlebensrate Bezüglich der Überlebensraten zeigte das Kölner Kollektiv im Vergleich mit den anderen Publikationen vergleichbare Ergebnisse. Die 1-Jahres-Überlebensrate des Kölner Kollektivs betrug 79%. Die 1-Jahres-Überlebensraten der anderen Kollektive betrugen 78-98% (1, 28, 53; 69). 61% der Kölner Patienten waren 2 Jahre nach dem operativen Eingriff noch am Leben. Die 2-Jahres-Überlebensraten der anderen Kollektive betrugen 48-75% (1, 28, 53; 69). Rezidivrate Die Rezidivrate des HCC in zirrhotisch veränderten Lebern ist trotz radikalen Behandlungsmethoden hoch. Die hohe Rezidivrate des HCC ist bedingt durch das multifokalen Tumorwachstums dieses Tumors und die fehlende Behandlung synchroner Läsionen, die oft aufgrund ihrer geringen Größe unbemerkt bleiben (35). 25 (74%) Patienten des Kölner Kollektivs entwickelten im Zeitraum des Follow-up ein Tumorrezidiv. Ein intrahepatisches Tumorrezidiv wurde bei 59% der Patienten beobachtet. Die 1-Jahres-Rezidivrate betrug 51%. Sie liegt damit deutlich über den Ergebnissen der 6 vergleichbaren Publikationen (28, 53, 69, 78) (46). Hier reichten die 1-Jahres-Rezidivraten von 21-35%. Morbidität und Mortalität Die laparoskopische Radiofrequenzablation ist ein sicheres Therapieverfahren und hat eine geringe Komplikationsrate (16, 69, 74). Mulier beschrieb 2002 im British Journal of Surgery in einem Review bei nur 9,5% der Patienten Komplikationen der laparoskopischen RFA von Lebertumoren (55). In 2 aktuellen Publikationen mit vergleichbarem Kollektiv betrug die perioperative Morbidität 27-35% (28, 69). Im Kölner Kollektiv wurden keine perioperativen Komplikationen beobachtet. 5.8 Besonderheiten der laparoskopischen RFA Staging Die laparoskopische Radiofrequenzablation der Leber ermöglicht ein exaktes Staging mit dem laparoskopischen Ultraschall (47), das Aufspüren zusätzlicher Tumoren (29) und einen sicheren operativen Zugang zu Tumoren, die perkutan nur schwierig oder gar nicht therapierbar sind (68, 69). Die Kölner Gruppe konnte bei 18% der Patienten insgesamt 12 50 zusätzliche, präoperativ in der Schnittbilddiagnostik (CT, MRT, Sonographie) nicht beschriebene Herde des HCC entdecken und abladieren. Track-seeding Die laparoskopische Radiofrequenzablation der Leber erlaubt im Gegensatz zum perkutanen Verfahren bei der Punktion des Tumors ein Platzieren der Ablationssonde durch langstreckig gesundes Leberparenchym insbesondere bei subkapsulär gelegenen Tumoren. Dadurch werden eine direkte Punktion des Tumors und eine mögliche peritoneale Verschleppung von Tumorzellen vermieden. Gleichzeitig ist durch eine langstreckige Ablation des Stichkanals ein Vermeiden von Track-seeding möglich. In der Literatur wird das Risiko einer peritonealen Tumorzellverschleppung bei der Biopsie mit 2,29% und bei der RFA mit 0,61-0,95% angegeben. Es wurde bei 2,9% der Patienten des Kölner Kollektivs eine Tumorzellverschleppung beobachtet. Hier hatte sich nach einer perkutanen RFA eines HCC im Verlauf des Stichkanals durch die Bauchdecke eine Abklatschmetastase gebildet. Tumoren der oberen Lebersegmente Tumoren im Bereich der oberen Lebersegmente 4a und 8 sind mit der lap. RFA im Gegensatz zum perkutanen Zugang problemlos behandelbar. Perkutan ist die Punktion in der Transversalebene des Schnittbildverfahrens (inplane) nur durch einen transthorakalen/ transdiaphragmalen Zugang möglich. Eine perkutane, transabdominelle, nicht zur Transversalebene verlaufende Punktion der oberen Lebersegmente (offplane) ist sehr schwer und birgt das Risiko eines erhöhten Traumas der Leber oder einer inkompletten Ablation des Tumors. Verletzung benachbarter Organe Verletzung benachbarter Organe bei der Behandlung von Lebertumoren lassen sich durch die optische Kontrolle bei der Laparoskopie und die Verwendung von endoskopischen Paddles effektiv vermeiden. Das Risiko von Verletzungen benachbarter Organe durch Punktion oder Wärme ist mit 0,5% sehr gering (50, 55). Im Kölner Kollektiv traten keine Verletzungen benachbarter Organe bei der Punktion und Ablation von HCC auf. Bridging to transplant Die laparoskopische Radiofrequenzablation der Leber wird häufig bei Patienten mit frühen Stadien des HCC eingesetzt, die bereits auf der Warteliste zur Lebertransplantation stehen. 51 Der Eingriff hat keinen negativen Einfluß auf die folgende Transplantation. Der Tumor kann in der Wartezeit bis zur Transplantation minimal invasiv und komplikationsarm behandelt werden. Gleichzeitig ermöglicht der Eingriff ein genaueres Staging des Tumors mit dem laparoskopischen Ultraschall beim Aufdecken zusätzlicher Tumorherde. Die geringe Invasivität und die mit der chirgischen Leberresektion vergleichbaren Überlebens- und Rezidivraten machen die lap. RFA zur first line Therapie des HCC beim bridging bei geplanter Lebertransplantation (1, 36). 52 6 Zusammenfassung Die weltweite Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms steigt mit der Durchseuchung der Bevölkerung mit viralen Hepatitiden. Es steht weltweit an 5. Stelle der häufigsten malignen Tumoren. Aufgrund der hohen viralen Durchseuchungsrate insbesondere in den asiatischen und afrikanischen Ländern erwartet man bei steigender Inzidenz einen Gipfel der HCCNeuerkrankungen zwischen 2015 und 2020. Zum Staging und zur Stratifizierung der Behandlung des HCC hat die BCLC–Klassifikation (Barcelona Clinic Liver Cancer) weite Verbreitung gefunden. Bei chirurgisch behandelbaren, frühen Tumorstadien wird hiernach die offene chirurgische Resektion oder Lebertransplantation als Goldstandard angesehen. Beide chirurgischen Verfahren sind jedoch mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden und nur bei 10-20% der Patienten anwendbar. Die laparoskopische Radiofrequenzablation primärer Leberzelltumoren ist ein neues, minimal invasives, operatives Verfahren. Insbesondere bei Patienten mit Tumoren auf dem Boden einer Leberzirrhose, reduzierter Leberfunktion und multifokalem Tumorwachstum ist dieses Verfahren der offenen Leberresektion als Goldstandard ebenbürtig. Die Analysen der Ergebnisse vieler klinischer Studien der vergangenen Jahre wie auch die Ergebnisse der Kölner Gruppe weisen auf ein mit der Resektion vergleichbares Outcome bezüglich der Rezidivfreiheit und des Überlebens hin. Aufgrund reduzierter Krankenhausaufenthaltsdauer, geringerer Invasivität und kürzerer Operationszeit ist dieser moderne, minimal invasive Eingriff bezüglich der Behandlungskosten dem Goldstandard der offenen Resektion sogar deutlich überlegen. Unter den minimal invasiven Verfahren in der Behandlung von Lebertumoren (PEI, PAI, perkutane RFA) bietet die laparoskopische RFA einige Vorteile. Die Anwendung der RFA im Rahmen einer Laparoskopie ermöglicht ein exakteres Staging mithilfe der laparoskopischen Sonographie und eine Behandlung von Tumoren in schwierigen Lokalisationen ohne Verletzung benachbarter Organe. Die in der Literatur beschriebene Indikationsstellung, das operative Vorgehen, die Ergebnisse und die Vorteile dieses minimal invasiven Verfahrens konnten in der Kölner Gruppe durchgehend bestätigt werden. Die laparoskopische Radiofrequenzablation hepatozellulärer Karzinome in zirrhotisch veränderter Leber verbindet die Vorteile der minimal invasiven Verfahren (perkutane RFA, PEI, PAI) mit denen der chirurgischen Resektion. Sie erreicht bei geringer Invasivität, Morbidität und Mortalität eine hohe Effektivität bezüglich des Überlebens, der 53 Rezidivfreiheit, der Kosten und der Toleranz der Patienten. Als minimal invasives Verfahren ist sie zudem beim Bridging vor geplanter Lebertransplantation gut einsetzbar. 54 7 Literaturverzeichnis 1. 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Stippel: Laparoskopische Radiofrequenzablation hepatozellulärer Karzinome Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, München, 30.04.-04.05.2007 63 9 Anhang Abbildungen Abbildung 1: RFA – Nadelapplikator mit ausfahrbaren Haken Abbildung 2: Makroskopie des HCC, zirrhotisch veränderte Leber mit einem gelblichen Tumor nach Ablation eines HCC. Abbildung 3: Histologie des HCC, histologische Aufarbeitung eines Präparates aus einer Leberstanzbiopsie Abbildung 4: BCLC-Staging, Flussdiagramm der Therapie zitiert nach Llovet JM et al. 1999 (29) Abbildung 5: Intraoperative Positionierung der Trokare und der RFA-Nadel und laparoskopischer Ultraschall Abbildung 6: MRT des Abdomens, T1 Wichtung mit Kontrastmittel. Im Segment 4b der Leber zeigt sich eine tumoröse Raumforderung mit einem Durchmesser von ca. 3cm. Abbildung 7: MRT des Abdomens, T1 Wichtung mit Kontrastmittel. Im Segment 4b der Leber zeigt sich 7 Tage nach laparoskopischer RFA eine Koagulationsnekrose. Abbildung 8: Kummuliertes Überleben nach laparoskopischer RFA von HCC Abbildung 9: Einfluss der Lebertransplantation auf das kummulierte Überleben nach laparoskopischer RFA von HCC Tabellen Tabelle 1: Kriterien und Punkte der CLIP – Klassifikation (30), TLV = Lebergesamtvolumen Tabelle 2: Mittlere Überlebenszeit und Überlebenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit der CLIP – Punkte (30) Tabelle 3: Charakteristika des Kölner Patientenkollektivs Tabelle 4: Anzahl, Größe und RFA der HCCs des Kölner Patientenkollektivs Tabelle 5: Kummulierte Überleben- und Rezidivraten nach laparoskopischer RFA von HCC. Tabelle 6: Ergebnisse der Publikationen aus vergleichbaren Patientenkollektiven 64 10 Lebenslauf Name: Till Herbold Geburtstag: 01.02.1977 Geburtsort: Bruchsal Familienstand: ledig Nationalität: deutsch Schulbildung 08.1983 – 08.1987 Hebelschule Bruchsal 08.1987 – 06.1996 Schönborngymnasium Bruchsal 25.06.1996 Abitur Studium 10.1996 – 09.1998 Vorklinisches Studium an der Universität des Saarlandes in Homburg 16.09.1998 Ärztliche Vorprüfung 10.1998 – 04.2002 Klinisches Studium an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 31.08.1999 1. Staatsexamen 19.03.2002 2. Staatsexamen 05.2002 – 05.2003 Praktischen Jahres im Fürst-Stirum-Klinikum Bruchsal 06.05.2003 3. Staatsexamen Berufstätigkeit 01.07.2003-31.01.2008 Assistenzarzt bei Prof. Dr. med. A. H. Hölscher, Klinik und Poliklinik für Viszeral- und Gefäßchirurgie, Klinikum der Universität zu Köln 01.10.2004 Approbation als Arzt 01.05.2005 Tätigkeit bei der „Deutschen Stiftung Organtransplantation“ (DSO), Chirurgischer Explantationsdienst NRW Süd 65 01.02.2008-31.01.2009 Assistenzarzt bei Prof. Dr. med. D. Pennig, Klinik für Unfallchirurgie, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, St. Vinzenz-Hospital, Köln 01.02.2009- Assistenzarzt bei Prof. Dr. med. A. H. Hölscher, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie, Klinikum der Universität zu Köln 28.10.2009 Anerkennung als Facharzt für Chirurgie bei der Ärztekammer 08.07.2010 Anerkennung der Zusatzbezeichnung Proktologie Berufsbegleitende Fortbildungen 03.2004 Walter-Brendel-Kolleg, Intensiv-Kurs für Transplantationsmedizin, Wildbad Kreuth 03.2005 Operationskurs „experimentelle Nierentransplantation“, Uniklinik Münster 03.2006 23. internationaler Workshop für gastroenterologische Chirurgie, Davos, Schweiz 05.2006 Endoskopischer Workshop „Ösophagusvarizenblutung“, Köln 11.2008 Intensivkurs „Allgemeine und spezielle Notfallmedizin“, Westerland 66